Krebsepidemiologie - Zentrum für Arbeits

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Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e.V.
Wolfgang Clemens
Krebsepidemiologie
Die Suche nach der Krebsursache
und nach Möglichkeiten zur Krebsverhütung
2012
Arzt und Patient
Ein Patient war in die Klinik neu aufgenommen worden. Für ein paar Tage teilte er das Zimmer mit mir. Man lernt
sich kennen, spricht miteinander über dies und jenes. „Warum haben Sie als Arzt Ihre Krebserkrankung nicht
verhütet?“ war schließlich seine Frage, die so etwas wie eine Kritik enthielt. Ein gewisser Vorwurf lag darin, etwas
falsch gemacht zu haben.
„Die Medizin hat bisher auf die Frage nach der Ursache der Krebskrankheiten keine Antwort“, sage ich zu ihm. Das
befriedigt uns beide nicht. Früherkennung soll die Überlebenschancen verbessern. Aber reicht das? Gibt es
tatsächlich keine Möglichkeit zur Verhütung der Krebskrankheiten? Von Risikofaktoren ist die Rede, nicht von den
Ursachen der Krankheit. Das befriedigt den Patienten im anderen Bett gleichfalls nicht.
Recht hat er. Es geht nicht um ein neues Problem. Schon vor mehr als zweitausend Jahren erkrankten Menschen
an Krebs. Und niemand kannte die Ursachen. - Die Krankheiten entstehen eben so, weil man älter wird. - Patienten
erzählen mir von ihrer Krankheit, ihren Lebensgewohnheiten. Sie freuen sich nicht so sehr darüber, daß die
Operation erfolgreich war und ihnen noch eine Überlebenschance gegeben hat. Lieber wären sie natürlich gesund
geblieben und hätten gern auch den behandelnden Ärzten vergebliche Mühen erspart.
So entschloss ich mich, nach der Ursache zu suchen, alle möglichen Zusammenhänge zu betrachten und damit
meine Erfahrung als Hygieniker und Epidemiologe für die Lösung des Problems einzubringen. Seitdem habe ich
keine Ruhe mehr finden können, bin ich die Fragen nicht los geworden, auf die es noch keine Antwort gibt.
Publikationen - Berichte - Befunde - Daten - Meldungen - Diskussionen. - Wie ein großes Puzzle mit zahllosen
Teilen wurden die Erkenntnisse über die Klinik und Epidemiologie der Krebserkrankungen, über die Pathologie,
pathologische Physiologie und Biochemie, über die Belastungen mit karzinogenen Stoffen an den Arbeitsplätzen
und durch die Lebensmittel zu einem neuen Bild zusammengefügt.
Viel Interessantes habe ich erfahren. Möge die eine oder andere hierbei gefundene Antwort eine Anregung sein,
das Problem weiter zu untersuchen oder auch nur mehr Umsicht walten zu lassen. - Denkanstöße sind die
gefundenen Antworten allemal.
Und heute weiß ich: Man kann und man muß gemeinsam Maßnahmen zur Vorsorge ergreifen. Das ist ganz sicher
keine leichte Aufgabe, und niemand kann eine schnelle Lösung des Problems erwarten.
Danke! sage ich all denen, die mir dabei geholfen haben, das Problem zu beleuchten, den Patienten, die mir von
ihrer Krankheit erzählten, meinen Kollegen, den Mitarbeitern in Kliniken, Forschungsinstituten, Bundes- und
Landesbehörden und auch den Bibliothekarinnen, die beim Suchen halfen.
Danke! sage ich auch den Mitgliedern unseres Vereins, die mir mit ihrem Rat und ihren eigenen Erfahrungen halfen
und das umfangreiche Projekt möglich machten. Jede gestellte Frage und viele persönliche Erkenntnisse und
Erfahrungen waren für mich hilfreich.
Dr. sc. med. Wolfgang Clemens
Berlin, Mai 2012
Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e. V.
Wolfgang Clemens
Krebsepidemiologie
Die Suche nach der Krebsursache
und nach Möglichkeiten zur Krebsverhütung
2012
„Europa hat keine gemeinsame Vision bei der Bekämpfung von Krebs und keine
einheitlichen Strategien der Krebsforschung. Stattdessen ist die onkologische
Forschung traditionell stark von Partikulartinteressen geprägt; angefangen bei
denen der Grundlagenwissenschaftler und klinisch-forschenden Ärzte oder der
nationalen Wissenschaftspolitik bis hin zu Aufsichtsbehörden und Geldgebern.
Wir sollten auf internationaler Ebene die in der Onkologie ausgeprägte Fragmentierung und Redundanz der Forschung überwinden und sicherstellen, dass
der Patient die Motivation für unsere Arbeit ist. Die Verbesserung und Verstetigung der Lebensqualität des Krebskranken muss im Vordergrund stehen."
Prof. Dr. med. Alexander Eggermont,
Präsident des Europäischen Krebskongresses 2009
und Präsident der European Cancer Organisation (ECCO)
Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e. V.
Vorsitz: Dr. med. Horst Walt
Weissenseer Weg 111
12369 Berlin
e-Mail: [email protected]
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1. Einführung
Der amerikanische Onkogenetiker Prof. Dr. Robert A. Weinberg, Gründungsmitglied der renomierten
Whitehead Institute für biomedizinische Forschung und Lehrstuhlinhaber am Massachusetts Institute of
Technology, sah in der Mitte der 1980er Jahre bereits alle wesentlichen Fragen zum Entstehungsmechanismus der Krebskrankheit beantwortet. Auf die Frage nach dem Ergebnis der Forschungen stellt
Weinberg fest, man habe eine Menge über die Entstehung von Krebs erfahren. Sie gebe den Forschern
keine Rätsel mehr auf. Man werde in den nächsten Jahren noch viel dazulernen, habe aber die großen
Antworten fest in der Hand: „Chemische Karzinogene dringen in den Körper ein, schädigen ein Gen
von entscheidender Bedeutung im Inneren einer Körperzelle, das dadurch zu einem mutierten,
aktivierten, krebserzeugenden Gen wird. Dieses mutierte Gen erläßt dann einen Marschbefehl für die
Zelle, die daraufhin zu wachsen beginnt. Nach Monaten oder Jahren bilden die Nachkommen dieser
Zelle einen großen, immer weiter wachsenden Tumor, der letzten Endes Gewebe zerstören und den
Krebspatienten sterben lassen wird.“ Den Weg zur Heilung habe man noch nicht gefunden. Doch nach
langer Zeit wisse man, wo man zu suchen hat.
Trotzdem ist die Medizin auch noch schlüssige Antworten auf viele Fragen über die Entstehung der
Krankheiten, so auch über die Epidemiologie der Krebskrankheit, bis in die Gegenwart schuldig
geblieben. Alle bisherigen Erkenntnisse über die Risikofaktoren haben nicht zu einer verläßlichen Basis
für die Verhütung der Erkrankungen geführt. Unkonventionelle und neue Ansätze für die Erforschung der
Probleme sind auch weiterhin unabdingbar.
Es stellen sich die Fragen:
- Gelingt es, das die Krebserkrankungen auslösende Karzinogen und den Weg seiner Verbreitung
festzustellen und damit eine zuverlässige Grundlage für eine wirksame Prävention zu finden?
- Wie muß ein solches Karzinogen aussehen?
- Wie gelangt das Karzinogen in die Zellen?
- Wo kann man es finden?
- Welche Rolle spielen die Ernährungsgewohnheiten bei der Verbreitung der karzinogenen Stoffe angesichts der immer wieder festgestellten Lebensmittelkontaminationen mit mikrobiellen Erregern und
Giften und mit Giften aus der Anwendung verschiedenster chemischer Stoffe im Arbeitsprozess?
- Welche Maßnahmen sind zu einer wirksamen Prävention geeignet und zu ergreifen?
Das Ziel dieser epidemiologischen Untersuchung besteht darin, insbesondere Antworten auf die Fragen
nach der Ursache der Entstehung der Krebserkrankungen zu suchen, die Rolle der karzinogenen Stoffe zu
werten und Möglichkeiten für eine primäre Krebsprävention zu finden.
Material und Methoden:
Die epidemiologische Untersuchung zu den genannten Fragestellungen stützt sich auf eine selektive
Literaturrecherche auf den Gebieten der Medizin und Public Health, der Veterinärmedizin, der Mykotoxinforschung, der Landwirtschaft und der Ernährungsforschung in internationalen und nationalen Fachzeitschriften, auf Forschungsberichte und Veröffentlichungen von Behörden, Forschungsinstituten und
wissenschaftlichen Gesellschaften.
Eine Hypothese über die zu erwartenden Eigenschaften des Karzinogens wird aus den klinischen
Beobachtungen abgeleitet. Die Ergebnisse internationaler Ernährungs- und Krebsstudien und der
gesetzlichen Unfallversicherung werden mit klinischen Beobachtungen und Daten der Krebsregister zur
Krebsmorbidität und -mortalität sowie mit den Ergebnissen aus dem Lebensmittel-Monitoring, in
Beziehung gesetzt. Daraus ergeben sich plausible Antworten auf die Fragen nach der epidemiologischen
Bedeutung verschiedener Karzinogene und Co-Karzinogene, nach deren weltweiter Verbreitung, sowie
nach dem Entstehungsmechanismus der Krebserkrankungen. Aus den Ergebnissen der Untersuchung
ergeben sich Möglichkeiten für eine primäre Prävention.
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* Am Ende des 7. Jahrhunderts v. Ch. starb ein Skythenkönig an einem Prostatakarzinom. Das ganze
Skelett war von Metastasen befallen. Das diagnostizierten Wissenschaftler der Universität Göttingen. Der
40 bis 50 Jahre alte König des nomadischen Reitervolkes lebte in der Eisenzeit in der südlichen
sibirischen Steppe.
* Im 5. Jahrhundert v. Chr. beschrieb Hippokrates Krebserkrankungen im Gesicht, Brust- und Gebärmutterkrebs und Magenkrebs. In seinen Lehrsätzen riet er, bei veralteten bösartigen Knoten der Drüsen
„ist es besser gar nicht (anzurühren und nicht) zur Heilung vorzunehmen, (zumahl wenn sie an solchen
Stellen liegen, wo man äusserlich nicht wohl ankommen kann.) Denn die Kranken sterben schneller, wenn
man sie heilen will, und leben ungeheilt längere Zeit.“ - Zur Ernährung in dieser Zeit im alten
Griechenland erfahren wir: Auf dem Speiseplan standen Brot, Feigen, Oliven, Obst und Gemüse. Zum
Frühstück wurde das Brot in Wein getunkt.
2. Inzidenz und Mortalität
Die Daten der epidemiologischen Krebsregister, die alle Krebserkrankungen ihrer Region hinreichend
vollzählig erfassen, bilden die Basis für die Schätzung der Zahl aller Krebsneuerkrankungen in
Deutschland durch das Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut.
-
In Deutschland erkrankten im Jahre 2000 nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes fast 395.000
Menschen (480/100.000) an einer Krebserkrankung. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken,
wurde mit 44,3 % für die Männer und mit etwa 25,9 % für die Frauen angegeben.
-
In Deutschland starben im Jahre 2000 nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes mehr als
209.000 Menschen (255/100.000) an einer Krebserkrankung. Das Lebenszeitrisiko, an einer Krebserkrankung zu sterben, wurde mit 39,0 % für die Männer und mit 20,9 % für die Frauen angegeben.
-
Bis zum Jahr 2030 wird angesichts der demografischen Entwicklung eine Zunahme der Zahl der
Krebserkrankungen um 50 % erwartet.
-
Die gesundheitlichen Belastungen sind für die Betroffenen oftmals mit erheblichen Einschränkungen
der Lebensqualität verbunden.
-
Die epidemiologischen Ursachen der Krebserkrankungen blieben bisher weitgehend unklar. Ohne
deren Klärung sind jedoch wirksame Vorsorgemaßnahmen nicht durchführbar.
Die Schätzung der Erkrankungshäufigkeit des Robert-Koch-Institutes auf der Basis der Jahre 2003 und
2004 wies etwa 436.500 Krebsneuerkrankungen aus (230.500 Männer und 206.000 Frauen). Die Zahl der
Krebssterbefälle wurde für die Männer mit 110.745 und für die Frauen mit 98.079 Fällen angegeben.
Für das Jahr 2006 wurden 229.200 Erkrankungs- und 112.438 Sterbefälle für die Männer und 197.600
Erkrankungs- und 98.492 Sterbefälle für die Frauen angegeben (s. Tabellen 1 und 2).
Im Jahr 2008 betrug die geschätzte Zahl der Erkrankten 469.800 (246.700 für die Männer und 223.100 für
die Frauen), die Zahl der Sterbefälle 215.442 (115.870 für die Männer und 99.572 für die Frauen).
Tendenz weiter steigend. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, stieg auf 50,7 % für die Männer
und wird mit 42,8 % für die Frauen angegeben.
7
Tabelle 1: Geschätzte Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2006 nach Lokalisationen
(Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. / Robert-Koch-Institut:
Krebs in Deutschland, 7. Ausgabe, 2010)
Lokalisation
Männer
Frauen
gesamt
Mundhöhle- u. Rachen
Speiseröhre
Magen
Darm
Bauchspeicheldrüse
Kehlkopf
Lunge
M. Melanom der Haut
Brustdrüse
Gebärmutterhals
Gebärmutterkörper
Eierstöcke
Prostata
Hoden
Niere
Harnblase
Nervensystem
Schilddrüse
Morbus Hodgkin
Non-Hodgkin Lymphome
Leukämien
übrige
7.930
4.100
10.620
36.300
6.380
3.430
32.500
7.360
60.120
4.960
10.050
19.360
3.880
1.620
1.130
5.850
5.080
8.530
2.930
1.090
7.230
32.440
6.980
460
14.600
8.470
57.970
5.470
11.140
9.670
6.440
8.090
3.290
3.660
890
6.350
4.220
6.210
10.860
5.190
17.850
68.740
13.360
3.890
47.100
15.830
57.970
5.470
11.140
9.670
60.120
4.960
16.490
27.450
7.170
5.280
2.020
12.200
9.300
14.740
Alle bösartartigen Neubildungen
- ohne nichtmelanotischen. Hautkrebs -
229.200
197.600
426.800
Die Einschätzung der Krebssterblichkeit basiert auf den Zahlen der Krebstodesfälle eines Jahres nach der
amtlichen Todesursachenstatistik. Die Todesfälle werden dazu alters- und geschlechtsspezifisch der zu
Grunde liegenden Todesursache zugeordnet. Zur Kodierung dieser Todesursachen wird die ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten) genutzt.
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Tabelle 2: Zahl der Krebssterbefälle in Deutschland 2006 nach Lokalisationen
(Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. / Robert-Koch-Institut:
Krebs in Deutschland, 7. Ausgabe, 2010)
Lokalisation
Mundhöhle- u. Rachen
Speiseröhre
Magen
Darm
Bauchspeicheldrüse
Kehlkopf
Lunge
M. Melanom der Haut
Brustdrüse
Gebärmutterhals
Gebärmutterkörper
Eierstöcke
Prostata
Hoden
Niere
Harnblase
Nervensystem
Schilddrüse
Morbus Hodgkin
Non-Hodgkin Lymphome
Leukämien
übrige
Alle bösartartigen Neubildungen
- ohne nichtmelanotischen. Hautkrebs -
Männer
Frauen
gesamt
3.623
3.642
5.986
13.756
6.729
1.351
28.898
1.266
11.577
154
4.086
3.549
2.955
258
180
2.732
3.720
17.976
1.111
1.047
4.937
13.469
7.213
226
11.873
1.021
17.286
1.492
2.395
5.910
2.629
1.893
2.600
502
162
2.734
3.387
15.605
4.734
4.689
10.923
27.225
13.942
1.577
40.771
2.287
17.286
1.492
2.395
5.910
11.577
154
6.715
5.442
5.555
760
342
6.466
7.107
33.581
112. 438
98.492
210.930
In Deutschland erkranken jährlich - einschließlich der Hautkrebserkrankungen - mehr als 500.000
Menschen an Krebs.
Die ständige Zunahme der Erkrankungshäufigkeit ist ein Ausdruck einer - nicht wahrgenommenen ständigen Zunahme einer karzinogenen Belastung.
Die Früherkennung der Erkrankungen führt nicht zur Verminderung der Erkrankungshäufigkeit. Sie wird
jedoch auch künftig ihre Bedeutung als wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie und für die
Senkung der Krebssterblichkeit behalten.
Von der heute in Deutschland lebenden Bevölkerung werden mehr als 20 Millionen Menschen an einer
Krebserkrankung sterben, wenn nicht wirksame Maßnahmen zur Aufklärung und zur Beseitigung der
Ursachen ergriffen werden!
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3. Ursache und Risikofaktoren
Zahlreiche weltweit durchgeführte Ernährungs- und Krebsstudien haben vielfältige Erkenntnisse über die
Risikofaktoren (Rauchen, Alkohol, Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht, Infektionen und Entzündungen, Hormontherapie u. a.) hervorgebracht, welche die Krebsinzidenz beeinflussen. Sie vermochten
jedoch nicht die Frage nach der Ursache der Krebserkrankungen und nach der Wirkungsweise der
Risikofaktoren zu beantworten.
Der Erkenntnisstand über die Ursachen der Krebserkrankungen und die Rolle von Riskofaktoren wird
von der Arbeitsgemeinschaft bevölkerungsbezogener Krebsregister gemeinsam mit dem Robert-KochInstitut und von der Deutschen Krebshilfe in Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitätskliniken und
-instituten publiziert. Er wird hier beispielhaft für die häufigsten Krebsarten angeführt.
Darmkrebs: Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. Die Erkrankung tritt
überwiegend im Bereich des Dickdarms auf. Erkrankungen des Dünndarms sind außerordentlich selten.
Im Jahr 2000 erkrankten in Deutschland mehr als 66.750 Menschen. Etwa 80 % der Erkrankten sind älter
als 60 Jahre. Es erkranken mehr Frauen als Männer. Die Ursachen für die Entstehung von Darmkrebs sind
bisher nicht eindeutig geklärt. Es scheint eine gewisse erbliche Veranlagung zu bestehen. Die Ernährungsweise soll Einfluß auf die Entstehung der Krankheit haben.
Brustkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 mehr als 47.500
Frauen an Brustkrebs. Zunehmend sind auch jüngere Frauen betroffen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken. 1999 starben 182 Männer an diesem Tumor. Die Ursachen des Brustkrebses - wie der
Krebskrankheiten überhaupt - sind noch weitgehend unerforscht. Ein erhöhtes Risiko wird für Frauen
angegeben, deren nahe Verwandte Brustkrebs hatten, die selbst bereits früher an Brustkrebs erkrankt
waren, die älter als 50 Jahre sind. Brustkrebs war bereits im 19. Jahrhundert die häufigste Krebsart bei
Frauen.
Bronchialkarzinom: 31.819 Männer und 10.434 Frauen erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland an
Bronchialkrebs. Die meisten Patienten sind 50 bis 70 Jahre alt. Seit Jahren steigt die Zahl der Erkrankungen bei Frauen durch veränderte Lebensgewohnheiten (Rauchen). Intensive weltweite Untersuchungen haben einwandfrei bewiesen, dass als wichtigste Ursache für das Bronchialkarzinom der
Zigarettenrauch anzunehmen ist. Als erfolgversprechendster Weg für die Vorbeugung wird entsprechend
die Einschränkung des Tabakkonsums gesehen. Es sei notwendig, über die Faktoren aufzuklären, welche
die Entstehung von Bronchialkarzinomen begünstigen können. Sie gelten als Risikofaktoren für diese
Krankheit. Als weitere Risikofaktoren werden neben dem Rauchen, Infektionen und Umweltfaktoren
(Asbest, Nickel, Chrom, PAK) genannt.
Magenkrebs: In Deutschland erkrankten im Jahr 2000 nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa
21.000 Menschen neu an Magenkrebs, davon 9.865 Männer. Die Ursachen für die Entstehung von
Magenkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt. Als Risikofaktoren werden Infektionen (Helicobacter
pylori), Nahrungs- und Umweltfaktoren (Pökelsalz), Rauchen, Alkohol, erbliche Veranlagung oder
Voroperationen angesehen.
Gebärmutter- und Eierstockkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten in
Deutschland im Jahr 2000 etwa 26.300 Frauen an den Neubildungen der inneren Geschlechtsorgane. Die
Erkrankungen der Gebärmutter betreffen im jüngeren Lebensalter den Gebärmutterhals, nach der
Menopause den Gebärmutterkörper oder genauer gesagt die Gebärmutterschleimhaut. Die Ursachen für
die Entstehung von Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sind bisher nicht eindeutig
geklärt. Eine der Ursachen für den Gebärmutterschleimhautkrebs sehen Wissenschaftler neben anderen in
einem Ungleichgewicht der weiblichen Hormone in den Wechseljahren.
Prostatakrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland
40.670 Männer. Warum Prostatakrebs entsteht, darüber herrscht noch weitgehend Ungewissheit.
Verwiesen wird auf die Bedeutung des männlichen Geschlechtshormons Testosteron und erbliche
Faktoren.
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Nierenkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland
15.155 Personen an einem Nierenkarzinom. Die Ursachen, weshalb ein Nierenkrebs entsteht, sind noch
nicht abschließend erforscht. Umwelteinflüssen wird eine Bedeutung beigemessen. Ob der Umgang mit
Blei, Asbest, Cadmium und aromatischen Kohlenwasserstoffen von Bedeutung ist, konnte bisher nicht
belegt werden.
Harnblasenkrebs: An einem Blasenkarzinom erkrankten nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes
im Jahr 2000 in Deutschland 24.752 Personen.
Bauchspeicheldrüsenkrebs: 13.477 Menschen erkrankten nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes
im Jahr 2000 an einem Pankreaskarzinom. Frauen sind stärker betroffen als Männer. Die Ursachen für die
Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig geklärt.
Hautkrebs: In Deutschland erkranken jährlich etwa 100.000 Menschen an einem Hautkrebs. Eine
Ursache dafür ist nicht bekannt. Übermäßige Sonneneinstrahlung wird als Risikofaktor für die Entstehung
des Hautkrebses angegeben. Teer und Zusätze in Parfüms oder Gesichtswasser können die Wirksamkeit
der UV-Strahlen steigern.
Krebserkrankungen im Kindesalter sind relativ selten. Bei Kindern treten überwiegend embryonale
Tumoren auf. Die Inzidenz wird mit 14 je 100.000 Kinder (etwa 1.800 Fälle) im Jahr angegeben. In den
ersten 15 Lebensjahren erkranken etwa 0,2 % der Kinder überwiegend an Leukämien, Hirntumoren,
Lymphomen, Nierentumoren u. a.. Als Ursache werden Umweltbelastungen und infektiöse Erreger vermutet. Säuglinge mit einem nur unzureichend stimulierten Immunsystem können ein höheres Leukämierisiko haben. Der Anteil krebskranker Kinder an allen Krebserkrankungen beträgt damit weniger als 1 %.
Bösartige Neubildungen sind jedoch die zweithäufigste Todesursache im Kindesalter.
In Deutschland erkranken nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz jährlich etwa 600
Kinder unter 15 Jahren neu an einer Leukämie. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt und konnten
auch durch die große deutsche Studie, die zwischen 1993 und 2002 durchgeführt wurde, wie auch
vergleichbare Projekte in den USA, Kanada und Großbritannien nur wenig erhellt werden. Von den
Umweltfaktoren haben Expositionen mit ionisierender Strahlung sowie vermutlich auch mit Pestiziden
und nichtionisierender Strahlung einen Einfluss auf das Kinderleukämierisiko. Ihr Anteil an der
Gesamtzahl der Erkrankungen ist aber als insgesamt eher gering einzuschätzen.
Unter Bezug auf den Harvard Report on Cancer Prevention aus dem Jahre 1996 publizierte das
Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) eine Abschätzung der Rolle der Risikofaktoren Rauchen,
Ernährung, Alkohol, berufliche Faktoren, genetische Faktoren, Infektionen und Luftschadstoffe bei der
Krebsentstehung der verschiedenen gefährdeten Organe. Nach der Einschätzung des Krebsforschungszentrums könnten durch die Aufgabe des Rauchens 36.000 bis 46.000 Krebsfälle vermieden werden. Das
betrifft die Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf, Lunge,
Niere, Blase. Durch gesunde Ernährung ließen sich weitere 10.000 bis 20.000 Fälle vermeiden. Gefordert
werden Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und Impfungen.
Die Ursachen für das Auftreten der verschiedenen Krebsarten sind bisher nicht bekannt. Darin besteht
der Hauptgrund, dass gegenwärtig keine erfolgversprechenden Vorsorgeprogramme verwirklicht werden können.
Die epidemiologische Ursachenermittlung ist gegenwärtig nicht Gegenstand der medizinischen Krebsforschung.
Die gegenwärtigen Vorstellungen von der Rolle der Risikofaktoren bei der Krebsentstehung bieten keinen
wirklichen Ansatzpunkt für eine grundsätzliche Hinwendung zur Krebsvorsorge. Auch für die „Risikofaktoren“ wird im Zusammenhang mit der Ermittlung der Ursache der Krebserkrankungen die Frage
nach deren Wirkungsweise zu klären sein.
Die Feststellung der Ursache und des Entstehungsmechanismus der Krebserkrankungen könnte auch zu
verläßlichen Einschätzungen über die Wirkungsweise der Risikofaktoren führen und Möglichkeiten für
eine wirksame Prävention eröffnen.
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4. Die berufsbedingten Krebserkrankungen
Bei den berufsbedingten Expositionen wird jedem Karzinogen eine entsprechende Krebsform zugeordnet. Nur in der Arbeitsmedizin hat bisher entsprechend die Kenntnis von den Ursachen der Krebserkrankungen zur Möglichkeit wirksamer Vorsorgemaßnahmen geführt. Eine Vorstellung vom Ausmaß
der berufsbedingten Krebserkrankungen vermittelt die Statistik des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften über die Berufskrankheiten:
- Im Zeitraum 1991 - 2003 wurden insgesamt 22.156 berufsbedingte Krebserkrankungen anerkannt, d. s.
weniger als 0,5 % bezogen auf alle Krebserkrankungen der unterschiedlichen Lokalisationen.
- Für den Zeitraum 1978 bis 2003 dokumentiert der Hauptverband der Berufsgenossenschaften eine Zahl
von 25.729 Fällen bezogen auf die Krebs verursachenden Arbeitsstoffe und auf die Krebslokalisationen.
Tabelle 3: Anerkannte berufsbedingte Krebserkrankungen in Deutschland in den Jahren 1978 –
2003 (Nach Angaben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften)
Krebsverursachender Arbeitsstoff
Zahl der Fälle
Asbest
Ionisierende Strahlen
Aromatische Amine
Eichen-/Buchenholzstaub
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Benzol
Silikotische Schwiele
Chrom und seine Verbindungen
Quarzstaub
Nickel und seine Verbindungen
Arsen und seine Verbindungen
Halogenierte Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide // darunter Dioxin
Halogenkohlenwasserstoffe
18.487
3.531
1.211
513
447
432
326
223
129
125
122
106
77
gesamt
25.729
Für den asbestbedingten Lungen- und Kehlkopfkrebs scheint nach der Einschätzung der Berufsgenossenschaften die Entwicklung von den absoluten Fallzahlen her auf einen überwundenen Höhepunkt
im Jahre 1998 hinzudeuten.
Die Berufsgenossenschaften verweisen darauf, daß berufsbedingte Krebserkrankungen teilweise noch auf
Einwirkungen beruhen, die es spätestens seit der Mitte der 1970er Jahre nicht mehr gibt. So seien
Krebserkrankungen durch Aromatische Amine beispielsweise zwischen 1954 und 1977, AsbestMesotheliome zwischen 1955 und 1977 entstanden. Mit dem Überschreiten des Gipfels der AsbestLungenkrebserkrankungen ist angesichts des bereits bestehenden Asbest-Verwendungsverbotes in den
nächsten Jahren zu rechnen. Danach wird auch die Zahl der berufsbedingten Krebserkrankungen
insgesamt deutlich zurückgehen.
Basler (1991) erscheinen die in der Literatur angegebenen geschätzten Anteile an der Krebsinzidenz von
4 % für karzinogene Noxen am Arbeitsplatz, ebenso von 3 % für geophysikalische Faktoren und ca. 2 %
für karzinogene Chemikalien in der Umwelt (Luft- und Wasserverschmutzung) eher als zu hoch bewertet.
Studien sprächen dafür, dass die Krebssterblichkeit der Bevölkerung nur zu einem sehr geringen Anteil
auf Belastungen durch Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt zurückzuführen ist. Während die
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Zahl der Stoffe, die beim Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste zu verursachen vermag,
nahezu konstant blieb, stieg die Zahl der nur im Tierversuch krebserzeugend wirkenden und der unter
Verdacht stehenden Stoffe exponential an. Toxikologen erklärten die hohe Trefferquote im Tierexperiment zunächst mit der gezielten Suche nach verdächtigen Substanzen. Ames und Mitarbeiter führen
die erstaunlich hohe Rate, mit der sich Testsubstanzen im Tierversuch als kanzerogen erweisen auf die
derzeit gehandhabten Versuchsbedingungen von Kanzerogenitätsstudien zurück. In einem lege artis
durchgeführten Versuch wird Versuchstieren eine nahezu toxische Dauerdosis verabreicht.
Auch Weinberg (1989) verweist auf die Untersuchungen von Ames und Mitarbeitern. Der Amerikaner
hatte Mitte der 1970er Jahre einen Test entworfen, die mutagenen Eigenschaften chemischer Substanzen
zu messen. Er bestimmte deren Potential, in exponierter DNA Mutationen auszulösen. Er fand große
Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, in den Genen des Paratyphuserregers die Mutationen erzeugen zu
können. Manche Verbindungen waren hoch wirksam und zeigten ihre mutagenen Effekte in Konzentrationen, die millionenfach unter jenen lagen, in denen man andere verabreichen mußte, um dieselbe Menge
Mutationen zu erzeugen. Eines der potentesten Mutagene war eine natürliche Verbindung, das von einem
auf Erdnüssen und Getreide wachsenden Schimmelpilz gebildete Aflatoxin, das man zu jenem Zeitpunkt
bereits als eine häufige Ursache für die Entstehung von Leberkrebs in Afrika im Verdacht hatte. Ames
fand auch heraus, daß Dioxin und Asbest die Fähigkeit abging, DNA zu schädigen. Andere Chemikalien
waren eindeutig mutagen, zeigten aber nur ein sehr schwaches karzinogenes Potential.
Die Häufigkeit und die Manifestation der Krebserkrankungen in den betroffenen Organen ist für den
Zeitraum von 26 Jahren in der Tabelle 4 dargestellt. Sie relativiert die epidemiologische Bedeutung der
verschiedenen berufsbedingten Belastungen mit ko-karzinogenen Stoffen.
Tabelle 4: Anerkannte berufsbedingte Krebserkrankungen nach Organen in den Jahren 1978 2003 (Nach Angaben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften)
Organ
Bronchien
Pleura
Harnorgane
Nase
Blut
Kehlkopf
Bauchfell
Haut
Leber
Niere
Obere Atemwege
Magen/Darm
Pericard
übrige
Gesamt
Zahl der Fälle
Anteil %
13.846
8.660
1.223
524
450
400
277
197
53,8
33,7
4,8
2,0
1,7
1,6
1,1
0,8
61
23
20
20
16
12
0,2
0,1
0,1
0,1
0,1
0,0
25.729
100,0
hauptsächlich verursachende Stoffe
Asbest (9.175), Ionisierende Strahlen (3.498)
Asbest (8.658), Ionisierende Strahlen (2)
Aromatische Amine (1.211)
Eichen-/Buchenholzstaub (513), Chrom (6)
Benzol (365), Ionisierende Strahlen (18)
Asbest (229), PAK (26), Nickel (8)
Asbest (277)
Teere, PAK (176), Ionisierende Strahlen (13),
Dioxin (4)
Vinylchlorid (41), HKW (11)
HKW (16)
Arsen (6), Chrom (6), PAK (6)
Halogenierte Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide (16)
Asbest (12)
Der Anteil der Krebserkrankungen durch berufliche Expositionen mit verschiedenen ko-karzinogenen
Stoffen am gesamten Krebsgeschehen beträgt insgesamt weniger als 0,5 % und wird in den kommenden
Jahren mit der Abnahme der asbestbedingten Erkrankungen deutlich zurückgehen.
13
5. Informationen aus Krebsregister und Klinik
Wichtige Informationen über die Erkrankungshäufigkeit, die altersspezifische Morbidität, die Krebslokalisationen und die Geschlechtsverteilung ergeben sich aus den Meldungen an die Krebsregister und
den Beobachtungen in der Klinik. Sie lassen verschiedene Rückschlüsse auf die Epidemiologie der
Krebskankheiten und deren Entstehungsmechanismus zu. /1
Die altersspezifische Morbidität der Krebserkrankungen nimmt infolge der Kumulation
des Karzinogens mit zunehmendem Alter zu.
Sie spiegelt somit eine stetig zunehmende karzinogene Belastung wider, unabhängig davon,
aus welcher Quelle das Karzinogen kommt.
Männer sind insgesamt stärker betroffen als
Frauen (Abb. 1).
Aus der altersspezifischen Morbidität ergibt
sich überhaupt kein Hinweis auf eine Immunreaktion. Weniger als 0,5 % der Erkrankten
sind Kinder unter 15 Jahren.
Abb. 1: Altersspezifische Morbidität 2000
Alle Lokalisationen (n = 77.658)
Das Colonkarzinom ist gegenwärtig die
häufigste Krebserkrankung. Es steht bei
Männern und Frauen jeweils an der zweiten
Stelle unter den Krebslokalisationen. Die
Erkrankungen betreffen weitaus überwiegend
den Dickdarm. Für das Jahr 2002 dokumentierte das Gemeinsame Krebsregister (Krebsinzidenz 2001 und 2002) 7.136 Erkrankungen
des Dickdarms und 195 Erkrankungen des
Dünndarms. Darin widerspiegeln sich die
unterschiedlichen Sekretions- und Resorptionsverhältnisse in den verschiedenen Darmabschnitten (Abb. 2).
Abb. 2: Altersspezifische Morbidität 2000
Dickdarmkrebs (n = 10.958)
/1 (Verwendet werden hier die Daten des Gemeinsamen Krebsregisters der Länder Berlin, Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR): Krebsinzidenz
2000.)
14
Das Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Jede 11. Frau erkrankt in
Deutschland an Brustkrebs. Eine genetisch begründete Disposition wird als Ursache in der Literatur mit 5
- 10 % angegeben. Die hormonelle Stimulierung der Brustdrüse führt zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Durch das Stillen nimmt die karzinogene Belastung und damit die relative Häufigkeit der
Brustkrebserkrankungen zeitweise ab (Gesellschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister, 2006). Die
meisten Erkrankungen gehen von den Milchgängen aus. Die Zellen des Gangendothels nehmen offenbar
das Karzinogen aus der Milch auf. - Läßt sich das Karzinogen in der Muttermilch nachweisen?
Die Leberkarzinome sind in der Mehrzahl Metastasen von Primärtumoren aus anderen Organen,
vorwiegend aus dem Bauchraum. - Solange die Leber nicht geschädigt ist, scheidet sie mit der Galle
toxische Stoffe - auch karzinogene Stoffe - aus. Butenand berichtete über tierexperimentelle Untersuchungen an 800 Versuchstieren, bei denen er in keinem einzigen Fall in den Leberextrakten einen
karzinogenen Stoff nachweisen konnte. - Primäre Leberzellkarzinome entstehen, wenn die Ausscheidung
der Galle - damit auch des Karzinogens - auf der Basis einer Cholestase, z. B. infolge einer Leberzirrhose oder einer chronischen Virushepatitis, gehemmt ist (Durst, 1998). Alkoholiker ohne Leberzirrhose haben kein erhöhtes Leberkrebsrisiko.
In den intra- und extrahepatische Gallengängen und in der Gallenblase erfolgt die Rückresorption
von Wasser aus der Galle (Häring, 1997). Damit erfolgt auch die Aufnahme der darin gelösten
karzinogenen Stoffe durch die Zellen des Endothels der Gallenwege. Eine Leberzirrhose oder
Virushepatitis sind hier als Ko-Faktoren bei der Entstehung der Karzinome nicht erforderlich.
Karzinome der Bauchspeicheldrüse sind zu 70 % im Pankreaskopf lokalisiert. Sie gehen vom Gangepithel des Ductus pankreaticus aus und zeigen damit ein ähnliches Bild, wie die Karzinome der
Milchgänge oder der intra- und extrahepatischen Gallengänge. Wird hier das Karzinogen mit dem
Bauchspeichel ausgeschieden und vom Gangepithel zurückresorbiet?
Nierenkarzinome sind überwiegend Adenokarzinome des proximalen Tubulus. Wasser und
wasserlösliche Stoffe - so auch wasserlösliche Karzinogene - werden in den Nierentubuli aktiv zurückresorbiert. - In den ableitenden Harnwegen im Nierenbecken, im Harnleiter und in der Harnblase treten
Karzinome ausgehend vom Urothel auf. Auch hier erfolgt die Rückresorption von Wasser und darin
gelösten (auch karzinogenen) Stoffen. - Verwiesen wird zudem auf Gefährdungen durch Rauchen und
karzinogene Arbeitsstoffe besonders für Arbeiter der Textil-, Leder- und Farbenindustrie.
Trotz eines bereits seit etwa 1950 anhaltenden Rückganges der Sterblichkeit gehört Magenkrebs zu den
häufigen Krebstodesursachen in Deutschland. - Der weltweit zu beobachtende dramatische Rückgang der
Magenkrebsinzidenz ist nicht das Ergebnis erfolgreicher medizinischer Maßnahmen, so daß verschiedentlich von einem "ungeplanten Triumph" gesprochen wurde (DKFZ, Krebsatlas, 2005). Bei der
Erforschung der Ursachen für Magenkrebs und auch des Rückganges seiner Häufigkeit erwiesen sich die
Ernährungsgewohnheiten als bedeutender Risikofaktor. Wahrendorf (1989) wies auf noch nicht
veröffentlichte Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in Bayern hin. Was hat sich hinsichtlich der
karzinogenen Belastung des Magens seit dieser Zeit so anhaltend verändert?
Eine Antwort auf diese Frage findet sich in den Untersuchungen von Boeing und Frentzel-Beyme u. a.
aus dem Jahre 1991 (s. S. 69).
Der Morbus Hodgkin ist eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems. Im Jahr 2000 erkrankten im
Bereich des Gemeinsamen Krebsregisters 403 Menschen, 100 starben daran. Wie bei anderen Krebserkrankungen ist die Ursache des Morbus Hodgkin bisher nicht geklärt.
Die altersspezifische Morbidität des Morbus Hodgkin unterscheidet sich deutlich von den anderen
Krebserkrankungen. Während die altersspezifische Morbidität der Krebserkrankungen - auch der
Leukämien und Non-Hodgkin-Lymphome - durch die Kumulation eines Karzinogens mit zunehmendem
Alter ansteigt, zeigt sich bei dem Morbus Hodgkin eine Beteiligung aller Altersgruppen. Das läßt
durchaus den Schluß zu, dass es sich beim Morbus Hodgkin wahrscheinlich um eine Erkrankung mit
einer anderen primären Krankheitsursache handeln kann. Diskutiert wird eine virale Genese. Dafür
könnte auch die dargestellte Entwicklung der altersspezifischen Morbidität sprechen.
15
Abb. 3: Altersspezifische Morbidität 2000
Leukämien (n = 2.023)
Abb. 4: Altersspezifische Morbidität 2000 NonHodgkin-Lymphome (n = 717)
Abb. 5: Altersspezifische Morbidität 2000 Morbus
Hodgkin (n = 403)
Die Beobachtungen aus der Klinik sind eine wesentliche Grundlage für die Bestimmung der Eigenschaften des Karzinogens.
Die altersspezifische Morbidität spiegelt eine zunehmende karzinogene Belastung wider. Die Morbidität
nimmt infolge der Kumulation des Karzinogens im Gewebe mit zunehmendem Alter zu.
16
6. Karzinogen und Krebsepidemiologie
Bei der Suche nach dem Karzinogen ist zu bedenken, dass heute eine Vielzahl von mutagenen und/oder
karzinogenen Stoffen bekannt ist. Diese haben eine außerordentlich unterschiedliche Wirksamkeit und
Verbreitung. Die epidemiologische Bedeutung der verschiedenen heute bekannten mutagenen/ karzinogenen Stoffe ist bisher nicht hinreichend untersucht worden. Für jedes Karzinogen muß eine Antwort auf
die Frage nach der klinischen Wirkung und nach der epidemiologischen Bedeutung gefunden werden.
Wie muß das Karzinogen aussehen, das die Krebserkrankungen bei den Menschen und Haustieren
verursachen kann?
Die epidemiologische Bedeutung eines Karzinogens ergibt sich aus dessen Wirksamkeit und dessen
verbreitetem Vorkommen. Die zu erwartenden Eigenschaften des Karzinogens ergeben sich aus den
klinischen und epidemiologischen Beobachtungen.
* Es wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass es sich bei der Krebsentstehung um einen
spezifischen biologischen Vorgang handelt, der sich seit tausenden Jahren weltweit millionenfach in
gleicher Weise wiederholt, der nicht durch beliebig viele unterschiedliche Noxen ausgelöst werden kann.
Die Eigenschaften des gesuchten Karzinogens ergeben sich entsprechend aus den klinischen und
epidemiologischen Beobachtungen.
* Das Auftreten von Krebserkrankungen wurde bereits vor mehr als 2000 Jahren beschrieben. Die
Bezeichnung „Karzinom“ geht auf die Beobachtungen von Hippokrates (um 460 bis 370/380 v. Chr.) am
Brustkrebs in der Klassischen Antike zurück. Das läßt den Schluß zu, dass das krebsauslösende Agens
bereits seit der biblischen Zeit weltweit verbreitet vorkommt.
* Gesucht wird zunächst ein Karzinogen - ggf. eine karzinogene Stoffgruppe -, das angesichts seiner
hohen Wirksamkeit, seiner außerordentlich (welt-)weiten Verbreitung und seines Verhaltens im Körper
den zellbiologischen Vorgang auf der molekularen Ebene an allen Krebslokalisationen auszulösen
vermag. Sollte das zu keinem Ergebnis führen, wird die Suche bezogen auf weitere Stoffe und auf
einzelne Krebslokalisationen bezogen fortzusetzen sein.
* Es wird davon auszugehen sein, daß die Zellen das Karzinogen im Rahmen ihrer physiologischen
Funktionen aktiv aufnehmen.
* Es wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass der alimentäre Übertragungsweg der Hauptpfad für
die Aufnahme des Karzinogens ist und den arbeitsplatzbedingten Belastungen und den Umweltbelastungen nur eine untergeordnete Rolle zukommt.
* Der Darmkrebs ist die häufigste Krebsart. Er entsteht durch die Aufnahme des Karzinogens mit der
Nahrung. Im Dickdarm erfolgt die Resorption und die Rückresorption ausgeschiedenen Karzinogens.
Entsprechend ist das Karzinogen sehr wahrscheinlich in Wasser löslich.
* Das Karzinogen ist widerstandsfähig gegen alle Einflüsse des Verdauungstraktes. Es wird nicht
verstoffwechselt.
* Das Karzinogen gelangt auf dem Wege über die Blutbahn in alle Organe. Es wird von den Drüsen und
Ausscheidungsorganen ausgeschieden. Eine Rückresorption erfolgt in den Milchgängen, den
Nierentubuli, durch das Urothel im Nierenbecken und in der Harnblase, in den Gallengängen und der
Gallenblase und an anderen Lokalisationen. Hier entstehen die meisten Karzinome.
* Das Karzinogen wird mit der Muttermilch ausgeschieden und überträgt damit das Erkrankungsrisiko
auch auf den Säugling.
* Die tägliche Ausscheidung des Karzinogens ist stets kleiner als die tägliche Aufnahme. Das Karzinogen kumuliert entsprechend im Gewebe.
* Die altersspezifische Morbidität zeigt - entsprechend der zunehmenden Bioverfügbarkeit - eine mit
zunehmendem Alter stetige Zunahme der Erkrankungshäufigkeit.
* Es gibt keinen Anhalt für eine spezifische Immunantwort.
Zunächst besteht keine Veranlassung, grundsätzlich von einer Vielzahl am Krebsgeschehen beteiligter
Karzinogene auszugehen.
17
Eigenschaften des Karzinogens
Gesucht wird ein karzinogener Stoff (ggf. eine Stoffgruppe),
-
der bereits vor tausenden Jahren weltweit verbreitet vorkam und zu Krebserkrankungen - z. B. Prostatakarzinom, Brustkrebs, Magen-, Gebärmutter- und Nierenkrebs führte;
-
der als biologischer Stoff (biogenes Gift) in den molekularen Prozessen in der Zelle
wirkt;
-
der primär nicht aus der industriellen Entwicklung mit Arbeitsplatz- und Umweltbelastungen durch Gefahrstoffe stammt;
-
der außerordentlich widerstandsfähig gegen äußere Einflüsse ist;
-
der sehr wahrscheinlich weltweit über kontaminierte Lebensmittel verbreitet wird;
-
der durch die Säure des Magens und durch die Verdauungsvorgänge nicht zerstört
wird;
-
der infolge seiner Löslichkeit in Wasser überwiegend im Dickdarm resorbiert wird;
-
der - gelöst in Alkohol - auch über die Schleimhäute des Mundes, Rachens, der Speiseröhre und des Magens gut resorbiert wird;
-
der im Organismus nicht verstoffwechselt wird;
-
der über die Blutbahn in alle Organe und Gewebe gelangt und grundsätzlich - ggf. auf
der Basis von Vorschädigungen oder in Verbindung mit anderen ko-Karzinogenen - die
Erkrankung an allen Krebslokalisationen zu verursachen vermag;
-
der durch Sekretion/Exkretion durch die Drüsen (z. B. Brust, Prostata, Pankreas,
Speicheldrüsen u. a.), Schleimhäute und durch die Ausscheidungsorgane (Leber,
Niere, Haut) ausgeschieden wird und u. a. im Dickdarm, in den ableitenden Harnwegen, in den intra- und extrahepatischen Gallengängen, im Ductus pancreaticus und
in den Milchgängen zurückresorbiert wird;
-
der infolge sehr geringer Ausscheidung im Gewebe kumuliert, wodurch sich - mit
zunehmender Bioverfügbarkeit - im Alter das Erkrankungsrisiko stetig erhöht;
-
der im Organismus zu keiner Immunantwort führt.
18
Die Elemente des Prozesses der Entstehung der Krebskrankheiten als gesundheitliches Massenphänomen und die Rolle der begünstigenden Faktoren (Risikofaktoren) werden in der Tabelle 5
dargestellt: Das Karzinogen kommt als natürlicher Stoff verbreitet in der Natur vor.
Die Übertragung/Verbreitung erfolgt weitaus überwiegend über Lebensmittel. Deren Kontaminationsgrad ist von den Produktions- und Lagerungsbedingungen abhängig. Sie bestimmt das Ausmaß
des epidemischen Vorganges. Belastungen mit karzinogenen Arbeitsstoffen und Umweltbelastungen
spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Exposition und Disposition beeinflussen das Ausmaß des Krankheitsgeschehens, die Erkrankungshäufigkeit, maßgeblich. Sie umfassen insbesondere die betroffene Population und die begünstigenden
Faktoren (Risikofaktoren), die u. a. Einfluß auf die Inzidenz und/oder auf die Lokalisation der Krebserkrankung haben oder haben können.
Tabelle 5: Der epidemische Prozeß der Krebsentstehung
Elemente des Prozesses der Krebsentstehung
Ursache
Übertragung/Verbreitung
Exposition /Disposition
Maßgebende Faktoren:
*
natürliches Vorkommen * Hauptaufnahmepfad:
des Karzinogens
kontaminierte
Lebensmittel
*
Karzinogene Stoffe am
Arbeitsplatz
(Ko-Karzinogene)
*
(Belastung mit karzinogenen
Arbeitsstoffen)
*
ionisierende Strahlen
*
(Inhalation von
Luftschadstoffen)
Exponierte Population
* Risikofaktoren:
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
Ernährungsgewohnheiten
Alkoholkonsum
Rauchen
chronisch-rezidivierende
Entzündungen durch
Bakterien oder Viren
hormonelle Einflüsse
ionisierende Strahlung
Sonneneinstrahlung
Immunschwäche
immunsuppressive Therapie
erbliche Veranlagung u. a.
Abwehrkräfte
Maßnahmen zur Krebsvorsorge
Beseitigung der Ursache
* Verbot der karzinogenen
Stoffe am Arbeitsplatz
* Strahlenschutz
Vermeidung der Übertragung
* strikte Verminderung der
Kontamination von
Lebensmitteln
* Lebensmittelüberwachung
Verminderung des Erkrankungsrisikos
*
*
*
*
gesunde Ernährung
Einschränkung des Alkoholkonsums
Einschränkung des Rauchens
Sonnenschutz u. a.
Im unteren Teil der Tabelle sind die grundsätzlich möglichen Maßnahmen aufgeführt, die zur Verhütung
der Krankheiten geeignet und durchzuführen sind. Die Vermeidung der Übertragung des
krebserregenden Stoffes ist eine Grundvoraussetzung für die Verhütung der Erkrankungen. Die
entscheidende Bedeutung kommt entsprechend der Verminderung der Kontaminationen der Lebensmittel
mit karzinogenen Stoffen in den verschiedenen Bereichern der Lebensmittelproduktion und -lagerung und
durch lebensmittel-technologische Maßnahmen zu.
19
In zahlreichen Publikationen wird bereits auf die karzinogene Wirkung der Mykotoxine Aflatoxin B1,
Ochratoxin A u. a. hingewiesen. In keiner der Arbeiten gibt es jedoch eine Verknüpfung mit der Frage
nach der epidemiologischen Bedeutung dieser genannten Mykotoxine in Lebensmitteln bei der
Entstehung der jährlich mehr als 400.000 Krebserkrankungen / 210.000 Krebssterbefällen in Deutschland.
Nach Teuscher und Lindequist (1988) spielen chronische Mykotoxikosen für Menschen und Tiere eine
wesentliche Rolle, welche sich bei der Aufnahme der Mykotoxine über einen längeren Zeitraum hinweg
entwickeln. Als Vergiftungsquellen werden schimmelpilzbefallene Nahrungs- und Futtermittel genannt.
Gefährlich sei vor allem der Einsatz verschimmelter Rohstoffe, bei denen nach der Verarbeitung der
Schimmelpilzbefall nicht mehr einfach festzustellen ist. Ein besonderes Risiko stelle die karzinogene
Wirksamkeit vieler Mykotoxine dar. Durch den gleichzeitigen immunsuppressiven Effekt werde die
Entwicklung eines Tumors häufig begünstigt. Nicht selten treten sekundäre bakterielle Infektionen auf,
die sich mit Antibiotika nur sehr schwer oder nicht beherrschen lassen.
Engelhardt (2004) macht darauf aufmerksam, dass die Mykotoxinkontamination von Lebens- und
Futtermitteln heute ein weltweites Problem darstellt. Die UN Food and Agriculture Organization (FAO)
schätzt, dass bis zu 25 % der Weltproduktion von Nahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontaminiert sind.
Etwa 20 % der Cerealienernte der EU enthalten messbare Mengen von Mykotoxinen.
Die karzinogenen oder mutagenen Stoffe unterliegen im Körper manigfaltigen chemischen Einflüssen
und Stoffwechselvorgängen. Viele von ihnen werden entsprechend chemisch verändert, metabolisiert
und/oder ausgeschieden. Andere Stoffe - so die Mykotoxine - überstehen die Verdauungsvorgänge,
werden resorbiert, gelangen über die Blutbahn in alle Ausscheidungsorgane und Drüsen, werden dort
ausgeschieden und danach wieder zurückresorbiert. Sie reichern sich im Körper wegen einer letztlich sehr
geringen Ausscheidung an.
Die Mykotoxine gehören zu den Stoffen mit der höchsten mutagenen Wirksamkeit, auch zu den am
weitesten verbreiteten Karzinogenen. Deshalb besteht in besonderem Maße die Notwendigkeit deren
Rolle bei der Karzinogenese zu untersuchen und das mit ihnen verbundene Erkrankungsrisiko
festzustellen.
Weiterführende Untersuchungen sind erforderlich. Untersuchungen der Pathologen können hilfreich sein,
die festgestellten histopathologischen Befunde und Nebenbefunde darzustellen und deren Ursachen
aufzuklären.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Krebsepidemiologie werden zum Verständnis für die
Vorgänge der Krebsentstehung beitragen und eine entscheidende Grundlage für die Ausarbeitung
einer praktikablen Strategie zur Verhütung der Krebserkrankungen sein.
Bereits die Feststellung, dass für die besonders (welt-)weite Verbreitung karzinogener Stoffe nur der
alimentäre Übertragungsweg in Betracht kommt, begründet die Notwendigkeit einer größtmöglichen
Umsicht und Konsequenz auf dem Gebiet des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit.
Die erforderlichen Maßnahmen richten sich entsprechend auf die Senkung der Mykotoxinbelastung in
den Lebensmitteln und deren Resorption im Organismus.
Bei der Suche nach den Ursachen der Krebserkrankungen stellt sich unmittelbar die Frage: Welche
krebserregenden Stoffe sind heute als Kontaminanten von Lebensmitteln bekannt und vermögen diese
die Krebsentstehung an den verschiedenen Lokalisationen zu verursachen?
Die Rolle der Schimmelpilze und ihrer Toxine bei der Entstehung anderer Krankheiten wird hiermit
ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Sie ist jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung zur Krebsepidemiologie.
20
7. Endotoxine und Mykotoxine
Endotoxine (Lipopolysaccharide) entstehen sowohl in Lebensmitteln als auch im Organismus des
Menschen beim Untergang der Bakterien - auch bei der Antibiotikabehandlung! -. Sie entfalten ihre
toxische Wirkung, wenn sie in ausreichender Menge in die Zirkulation gelangen, unabhängig von der
Bakterienart, aus der sie stammen. Die Feststellung der Endotoxine in Lebensmitteln ist heute möglich
und erlaubt eine Beurteilung der mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit der Ausgangsmaterialien.
Endotoxine sind wasserlöslich und hitzestabil. Sie werden im Dickdarm resorbiert. Ihre Wirkung ist das
Bestimmende bei der Entstehung der lokalen Infektionen und Intoxikationen des Dickdarms. Die
Resorption der Endotoxine stellt sich dabei als aktiver Vorgang durch die Endothelzellen dar. Deshalb
kommt es an der Schleimhaut des Darmes zu den ersten und stärksten Schäden.
Endotoxine gelangen auf dem Weg über die Blutbahn in alle Organe und verursachen dort - in
Abhängigkeit von Menge und Toxizität - Zellschädigungen oder funktionelle Störungen. Das Endothel
der arteriellen Gefäße, einschließlich des arteriellen Teils der Kapillaren ist in besonderem Maße
gleichfalls betroffen.
Die durch bakterielle Endotoxine ausgelösten Erkrankungen stellen sich schließlich primär als eine
Funktionsstörung des Magen-Darm-Traktes und des Herz-Kreislauf-Systems, verbunden mit
Veränderungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des Blutes und der Zellen dar.
Gegen die Endotoxine bildet der Makroorganis-mus Antikörper. Die Lipopolisaccharide sind zugleich
Toxin und die Antigendeterminanten der verschiedenen Bakterien.
Die Endotoxine können bei bestimmten Immunzellen die Ausschüttung hoch wirksamer Substanzen
(endogener Pyrogene) bewirken, die zu Blutdruckabfall, Fieber und Schüttelfrost führen und in schweren
Fällen erhebliche Organschäden bedingen. Endotoxine können im Organismus die Produktion von
Antikörpern auslösen, darunter auch der Autoantikörper. In einer sich selbst verstärkenden Kettenreaktion
aktivieren die Antikörper dann Stoffe im Blut, die zu ausgedehnten Gewebsschädigungen beitragen.
Die Lipopolisaccharide werden im menschlichen Organismus nicht verstoffwechselt, sondern letzten
Endes mit dem Urin ausgeschieden. Auch in der Harnblase vollzieht sich mit der Rück-resorption von
Wasser noch eine Resorption von LPS und möglicherweise auch eine Schädigung der Epithelzellen.
Endotoxine sind hochwirksame biogene (bakterielle) Zellgifte. Sie sind keine Karzinogene!
Am Rande des XI. Internationalen Umweltmedizinischen Symposiums der American Environmental
Health Foundation in Dallas, Texas, USA, äußerte sich Prof. Antonio Vito Costanini, Direktor der WHOForschungsgruppe „Mykotoxine in Lebensmitteln“, über die Entstehung der Arteriosklerose: Die Läsion
des Gefäßendothels besteht schon bevor die Blutfette ansteigen. Die erste Läsion wird durch bakterielle
Endotoxine verursacht. Aber auch Mykotoxine können die Läsionen hervorrufen. Die beste Diät komme
aus Japan: viel Reis, viel Gemüse, viel Fisch. Die klassische japanische Kost ist arm an Mykotoxinen und
kaum fermentiert. Seine Empfehlung lautet: keine Hefe! Das bedeutet auch: kein Bier, kein Brot, kein
Wein u. a.
Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die für Mensch und Tier giftig sind. Sie
wirken im tierischen und menschlichen Organismus sehr unterschiedlich. Sie können beim Menschen
Krebs verursachen (Aflatoxine, Ochratoxin A, Fumonisine), mutagen wirken (Aflatoxine, Sterigmatocystin), Missbildungen auslösen (Ochratoxin A), das Hormonsystem beeinflussen (Zearalenon), das
Immunsystem beeinträchtigen (Aflatoxine, Ochratoxin A) u. a.
Teuscher und Lindequist (1988) beschreiben die Mykotoxine und deren pathogenetische Bedeutung: Sie
sind seit Jahrzehnten bekannt (die Entdeckung des Patulins erfolgte 1938, die des Tricothecens 1948).
Ihre intensive Untersuchung begann jedoch erst 1960 im Zusammenhang mit einem Truthahnsterben in
Großbritannien, das durch von Aspergillus flavus befallenes Erdnußschrot ausgelöst und durch
Aflatoxine verursacht wurde. Bekannt ist ihre Zytotoxizität aus der Anwendung als Antibiotokum. Produzenten der Mykotoxine sind eine Vielzahl von Schimmelpilzen unterschiedlicher systematischer Stellung.
Das Wachstum der Pilze auf Lebens- und Futtermitteln und damit die Mykotoxinbildung werden durch
viele Faktoren bestimmt. Die meisten Mykotoxinbildner haben ein Temperaturoptimum für das
Wachstum von 20 - 25° C. Viele von ihnen gedeihen zwar bei niedrigeren Temperaturen noch, bilden
21
aber unterhalb von 10 bis 5° C keine Mykotoxine mehr. Für ein gutes Wachstum ist nicht nur ein feuchtes
Substrat, sondern meistens auch eine hohe relative Luftfeuchte notwendig. Pilze sind Aerobier. Sie
benötigen für ihr Wachstum, wenn auch nur in geringen Konzentrationen, Sauerstoff. Sie vermögen auf
allen organischen Substraten zu wachsen, die für die Ernährung von Mensch und Tier bestimmt sind.
Die Aflatoxine sind Dihydrodifurano- bzw. Tetrahydrodifuranocyclopentanocumarine (bzw. pyranocumarine). Es sind 17 Aflatoxine bekannt, von
denen jedoch nur 4, Aflatoxin B1 und B2 (blau
fluoreszierend) und Aflatoxin G1 und G2 (grün
fluoreszierend) ursprünglich sind. Die übrigen
leiten sich von diesen 4 Verbindungen durch
sekundäre Veränderungen in biologischen
Systemen, insbesondere Hydroxylierungen, ab
oder sie entstehen spontan in bestimmtem chemischem Milieu. Die Aflatoxine M1 und M2 treten in der
Kuhmilch nach Gabe aflatoxinhaltigen Futters auf.
Produzenten der Aflatoxine sind vor allem Aspergillus flavus und A. parasiticus. Die Pilze gedeihen in
einem Temperaturbereich von 12 - 40°C und bei einem Wassergehalt von mindestens 18 % auf
stärkehaltigen und von etwa 10 % auf ölhaltigen Substraten. Hauptsubstrate sind Erd-nüsse (in
Extremfällen wurden bis 3,5 mg/kg Aflatoxine beobachtet), Baumwollsamen, Getreidefrüchte
(insbesondere Mais, seltener Weizen, Reis, Gerste, Roggen, Hirse, Hafer), Nüsse (Walnüsse, Haselnüsse,
Paranüsse), Pistazienkerne, Copra und pflanzliches Tierfutter.
Bei Fütterung verpilzten Futters können tierische Produkte (Milch, Milchprodukte) mit Aflatoxinen
kontaminiert sein. Bei experimenteller Verfütterung großer Aflatoxinmengen können auch Eier und
Fleisch Aflatoxin enthalten. Aus konta-minierten Erdnüssen hergestelltes, raffiniertes Öl ist weitgehend
frei von Aflatoxinen.
Die Aflatoxine sind wasserlöslich (10-20 mg/1), gut löslich in Methanol. Sie sind relativ hitzestabil und
werden beim Kochen oder Backen von Lebensmitteln nur zu einem geringen Teil zerstört.
Aflatoxine wirken hepatotoxisch und hepatokarzinogen. Die akuten Leberschädigungen sind
charakterisiert durch Zerstörung der Hepatocyten und Gallengangsproliferation. Voraussetzung für die
toxische Wirkung ist die Furofurangruppe mit einer Doppelbindung im endständigen Furanring. Die
karzinogene Wirkung resultiert aus einer Alkylierung der DNA durch die bei der Metabolisierung aus den
Aflatoxinen gebildeten 2,3-Epoxide.
Aflatoxin B1 wird als das stärkste bekannte Karzinogen natürlicher Herkunft angegeben. In pflanzlichen
und tierischen Zellen bewirkt es Chromosomenaberrationen und Brüche der DNA, in einigen
Bakterientestsystemen nach mikrosomaler Aktivierung Genmutationen. In hoher Konzentration kann es
teratogene Effekte ausüben. Extrahepatisch kommt es nach Aufnahme von Aflatoxin B1 zu Hämorrhagien
in Lunge, Nieren und Nebennieren. Bei Ratten wurden außer Leberkrebs auch Karzinome von Kolon und
Niere festgestellt. Die karzinogene Wirkung des Aflatoxins ist Dosisabhängig. Bereits bei einer Belastung
des Futters von 1 µg/kg treten bei 10 % der Versuchstiere Tumoren auf. Mit der Konzentrations-erhöhng
steigt bei genügend langer Aufnahme die Tumorinzidenz bis 100 %. Es wurde keine resistenten Tierarten
gefunden.
Das Internationale Krebsforschungszentrum in Lyon (International Agency for Research on Cancer,
IARC) hat die Aflatoxine als für den Menschen karzinogen eingestuft.
Die Ochratoxine werden von Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet. Die ochratoxin-bildenden
Penicillium-Arten gedeihen bereits bei
Temperaturen von 5 - 10° C gut. Sie sind
daher im Gegensatz zu den wärmeliebenden
Aspergillus-Arten für die Kontamination
von Lebensmitteln in kälteren Klimaten von
besonderer Bedeutung.
22
Matthiaschk (1990) weist auf mutagene und/oder teratogene und/oder karzinogene Wirkungen hin, die für
einige Mykotoxine nachgewiesen wurden. Aflatoxin B1 sei am stärksten karzinogen. Ochratoxin A zeige
bei Ratten gleichfalls eine karzinogene Wirkung.
Ochratoxine (vorwiegend Ochratoxin A, seltener auch B) wurden insbesondere in Getreidefrüchten, auch
in Kaffeebohnen, in Nieren, in Lebern und im Fleisch von Schweinen und Hühnern, die wegen
Ochratoxin A-Vergiftungen (Nephropathien) geschlachtet worden waren, nachgewiesen. Biologisch aktiv
sind vor allem Ochratoxin A sowie seine Methyl- und Ethylester.
Ochratoxine besitzen einen 3,4-Dihydro-3-methylisocumarin-Grundkörper, der amidartig mit einer
Aminosäure (bisher nur L-Phenylalanin gefunden) verknüpft sein kann. Aus dieser Gruppe ist das
Ochratoxin A von besonderer Bedeutung. Es ist eine farblose Substanz, die gut in Wasser und Alkohol
löslich ist.
Als primäre Targetorgane von Ochratoxin A wurden Niere und Leber beschrieben. In der Niere sind
besonders die Tubuli betroffen. Es kommt zu Degeneration der Tubuli, interstitieller Fibrose und im
späteren Stadium zu Hyalinisierung der Glomeruli. In der Leber erfolgen eine Hemmung des aktiven
Glucosetransports sowie der Glycogensynthese und eine Förderung des Glycogenabbaus. Mitochondriale
Transportsysteme werden ebenfalls blockiert.
Mykotoxine wirken mutagen, karzinogen, neurotoxisch, nephrotoxisch, zytotoxisch oder teratogen. Sie
stellen neben den bakteriellen und bakteriell-toxischen Kontaminationen in Lebensmitteln ein
beträchtliches gesundheitliches Gefährdungspotential dar.
Bereits im Jahre 1993 hat die Internationale Krebsforschungsagentur in Lyon (International Agency
for Research on Cancer, IARC) Ochratoxin A als für den Menschen möglicherweise karzinogen
eingestuft.
Im August 2004 berichtete das Forschungsmagazin der EU-Kommission über Ergebnisse und Ziele der
europäischen Mykotoxinforschung: Die Mykotoxine, in erster Linie Aflatoxine, Ochratoxine,
Trichothecene und Patulin, sind gefährlich, weit verbreitet und bösartig. Dass manche von ihnen
kanzerogene Wirkungen haben, ist erwiesen. Pilze können auch zytotoxische oder teratogene
Schadwirkungen verursachen oder das Immunsystem schädigen.
Die Mykotoxine, die von verschiedene Pilzen gebildet werden, können in einer breiten Palette von
Lebensmitteln vorhanden sein. Genannt werden Getreide, Früchte und Gemüse, Äpfel, Birnen, Tomaten,
Möhren, Trauben, Nüsse, Erdnüsse, Kaffee und Kakao. Ihre Gefährlichkeit sei umso beunruhigender, als
sie manchmal schon in unglaublich kleinen Mengen wirken.
Dass ein Lebensmittel nicht schimmlig ist, bürge noch nicht für seine gute Qualität. Die Kontrollen auf
der Stufe des Vertriebs der Erzeugnisse seien ein wichtiger Schutz, aber die Feuerwehr zu spielen, die
eingreift und verseuchte Lebensmittel aus den Regalen entfernt, um Vergiftungen einzudämmen, sei alles
andere als befriedigend. Ein wirklicher Fortschritt müsse von vorbeugenden Maßnahmen auf den
vorgelagerten Stufen ausgehen. Dies sei der Zweck der europäischen Forschungen (s. auch S. 145).
Karzinogene Mykotoxine werden von Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet.
Die ochratoxinbildenden Penicillium-Arten gedeihen bereits bei Temperaturen von 5 - 10° C gut. Sie sind
daher im Gegensatz zu den wärmeliebenden Aspergillus-Arten für die Kontamination von Lebensmitteln
in kälteren Klimaten von besonderer Bedeutung.
Neben der karzinogenen Wirkung sind die Mykotoxine möglicherweise bei der Entstehung chronischentzündlicher Erkrankungen, der Arteriosklerose und der coronaren Herzkrankheit, des Diabetes mellitus
u. a. relevant. Auftretende Mykotoxikosen mit cardialen Symptomen und Schwindel werden allgemein
nicht erkannt, weil an eine solche Möglichkeit nicht gedacht wird. Die weiteren zweifellos bestehenden
pathogenetischen Potentiale der Schimmelpilze, ihrer Allergene und Toxine sind nicht Gegenstand dieser
Untersuchung.
Medizinisch-wissenschaftliche Untersuchungen über die pathogenetische Bedeutung der Mykotoxine,
insbesondere ihrer karzinogenen Eigenschaften und Wirkungsmechanismen sind erforderlich.
23
8. Die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung
Die Mykotoxinforschung hat den letzten drei Jahrzehnten umfangreiche neue Erkenntnisse über das
Vorkommen von karzinogenen Stoffen in Lebensmitteln erbracht. Sie erlauben heute eine neue
Untersuchung und Bewertung des Problems der Krebsentstehung.
Am 30. November 1976 wurde auf der Grundlage des Bundes-Lebensmittel-Gesetzes die AflatoxinVerordnung (BGBl. I S. 1945) erlassen. Sie berücksichtigte die Ergebnisse der Forschung zum
Vorkommen und zur Toxizität der Aflatoxine sowie die derzeitigen Erkenntnisse der Überwachungslaboratorien über die Verbreitung und die Kontaminationsgrade in Lebensmitteln. Sie galt nur
für Erdnüsse, Nüsse, Kokosraspeln, Mohn, Sesam und Getreide und die ausschließlich daraus
hergestellten Lebensmittel. Die zulässigen Höchstwerte betrugen für Gesamtaflatoxin 10 µg/kg und für
Aflatoxin B1 5 µg/kg. Bereits davor war eine Aflatoxin-Futtermittel-Verordnung zur Verhütung von
Mykotoxinvergiftungen bei Nutztieren erlassen worden, welche die gleichen Höchstmengen vorsah.
Otteneder und Majerus (1993) weisen auf die Amtliche Begründung der Bundesregierung zur AflatoxinVerordnung vom 13. 8. 1976 hin, in der festgestellt wird, dass die Kontaminationsraten und die Höhe des
Aflatoxingehaltes durch Vorsichtsmaßnahmen bei der Ernte und Lagerung verringert, aber nicht ganz
ausgeschlossen werden können.
Entsprechend dem Erkenntnisstand im Jahre 1976 hinsichtlich der Bewertung der Rolle der Mykotoxine
bei der Entstehung der Krankheiten wurde beim Erlaß der Aflatoxin-Verordnung keine Nulltoleranz
festgelegt, wie sie bei karzinogenen Stoffen erforderlich gewesen wäre.
Da die Mykotoxine beim Schimmelbefall auf den Rohstoffen entstehen und freigesetzt werden, ist diese
Entscheidung gleichbedeutend mit einer Genehmigung/Zulassung der Verarbeitung von mit karzinogenen
Mykotoxinen kontaminierten Rohstoffen zu Lebensmitteln.
Erörtert wurde die Frage, ob eine Notwendigkeit besteht, auch eine Grenzwertregelung für Ochratoxin A
zu treffen. Ochratoxin A ist in pflanzlichen Lebensmitteln weit verbreitet. Befunde wurden u. a. erhoben
aus Getreide 0,1-15 µg/kg; Mehl, Gries, Flocken 0,1-18 µg/kg; Feigen 0,6 µg/kg; Datteln 0,3-3 µg/kg;
Braumalz 0,1-11 µg/kg; Rohkaffee 3 µg/kg; Gewürzen 1-3 µg/kg u. a. Mit dem Hinweis auf die bei
Ratten und Mäusen nachgewiesene Karzinogenität wurde die Notwendigkeit einer Grenzwertfestlegung
bejaht.
Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung der Aflatoxin-Verordnung im Jahre 1990 wurden die
Grenzwerte herabgesetzt und auf alle Lebensmittel angewendet. Ein zusätzlicher Höchstwert für
Aflatoxin M1 in Milch von 0,050 µg/kg wurde aufgenommen. Für diätetische Lebensmittel und
Kindernahrung wurden niedrigere Grenzwerte in der Diät-Verordnung verankert.
Die Verordnung bestimmte, dass die in der Anlage aufgeführten Erzeugnisse, deren Gehalt an
Aflatoxinen B1, B2, G1, G2 oder M1 die dort für sie festgesetzten Höchstmengen überschreitet, weder
unvermischt noch nach Vermischung als Lebensmittel in den Verkehr gebracht oder zur Herstellung von
Lebensmitteln verwendet werden dürfen.
Otteneder und Majerus informierten über repräsentative Stichprobenuntersuchungen von Humanblutproben, die bei 50 % der Probanden nachweisbare Gehalte an Ochratoxin A (Medianwert: 1,1 µg/l)
ergeben haben. Sie weisen damit auf den langen Verbleib der Toxine im Organismus hin. Diese Tatsache
sollte bei der Grenzwertregelung berücksichtigt werden, weil sie zeige, dass der menschliche Organismus
aufgrund des beträchtlichen Ochratoxin A-Angebotes über die Nahrung deutlich belastet wird.
Die Aflatoxin-Verordnung wurde im Juni 1999 durch die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung
ersetzt. Die o. g. Höchstmengen der Aflatoxin-Verordnung gelten weiter. In einer zweiten Anlage zur
Verordnung werden Erzeugnisse genannt, für welche die im Rahmen von EU-Verordnungen festgelegten
Probenahme- und Analysenverfahren anzuwenden sind.
Genannt werden für die Untersuchungen auf Aflatoxine:
- Erdnüsse, Schalenfrüchte und Trockenfrüchte und deren Verarbeitungserzeugnisse, die zur direkten
Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind,
24
- Erdnüsse, Schalenfrüchte und Trockenfrüchte, die vor ihrem Verzehr oder ihrer Verwendung als
Lebensmittelzutat einer Sortierung oder einer anderen physikalischen Behandlung unterzogen werden
sollen,
- Getreide (einschließlich Buchweizen) und dessen Verarbeitungserzeugnisse, die zum direkten Verzehr
oder als Lebensmittelzutat bestimmt sind,
- Getreide (einschließlich Buchweizen), das vor seinem Verzehr oder seiner Verwendung als
Lebensmittelzutat einer Sortierung oder einer anderen physikalischen Behandlung unterzogen werden
soll,
- Milch (Rohmilch, Werkmilch und wärmebehandelte Milch),
- Gewürze.
Genannt werden für die Untersuchungen auf Ochratoxin A:
- Getreide (einschließlich Reis und Buchweizen) und Getreideerzeugnisse,
- rohe Getreidekörner,
- alle Getreideerzeugnisse (einschließlich verarbeitete Getreideerzeugnisse und Getreidekörner zum
direkten Verzehr),
- getrocknete Weintrauben (Korinthen, Rosinen, Sultaninen).
Mit der Verordnung (EG) Nr. 472/2002 der Kommission vom 12. Februar 2002 wird die Verordnung
466/2001 zur Festsetzung von Höchstmengen in Lebensmitteln geändert und erweitert. In der
Begründung dazu heißt es:
VERORDNUNG (EG) Nr. 472/2002 DER KOMMISSION
vom 12. März 2002
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte
Kontaminanten in Lebensmitteln
„...
(3) Einige Mitgliedstaaten haben Höchstgehalte für
Aflatoxine in Gewürzen und für Ochratoxin A in
bestimmten Lebensmitteln festgelegt bzw. wollen
diese festlegen. Angesichts der zwischen den
Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede und des
Risikos, dass daraus Wettbewerbsverzerrungen
resultieren können, sind unter Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips gemeinschaftliche
Maßnahmen geboten, um die Einheit des Marktes
zu gewährleisten.
(4) Aflatoxine, insbesondere Aflatoxin B1, sind
genotoxische, karzinogene Stoffe. Für diese Art
von Stoffen gibt es keine Schwelle, unterhalb
deren keine schädliche Wirkung beobachtet wird;
infolgedessen kann keine zulässige tägliche Aufnahmemenge festgesetzt werden. Trotz des gegenwärtigen Stands der wissenschaftlich-technischen
Erkenntnisse und der Verbesserung der Erzeugungs- und Lagerungstechniken ist es unmöglich,
das Auftreten dieser Schimmelpilze und folglich
das Vorhandensein von Aflatoxinen in Gewürzen
gänzlich zu verhindern. Daher sollten Höchstgehalte festgesetzt werden, die so niedrig sind, wie
sie vernünftigerweise eingehalten werden können.
...
(7) Ochratoxin A ist ein Mykotoxin, das von
verschiedenen Pilzen (Penicillium- und Aspergillus-Arten) produziert wird. Es kommt natürlicherweise weltweit in einer Reihe von Pflanzenerzeugnissen wie Getreide, Kaffeebohnen, Kakao
und getrockneten Früchten vor. Es wurde beispielsweise in Getreideerzeugnissen, Kaffee,
Wein, Bier und Traubensaft, aber auch in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, nämlich in Schweinenieren, nachgewiesen. Untersuchungen der
Häufigkeit und der Gehalte an Ochratoxin A in
Proben von Lebensmitteln und menschlichem Blut
weisen darauf hin, dass Lebensmittel häufig
kontaminiert sind.
(8) Ochratoxin A ist ein Mykotoxin mit karzinogenen, nephrotoxischen, teratogenen, immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften. Es wurde mit Nierenerkrankungen beim
Menschen in Verbindung gebracht. Ochratoxin A
kann beim Menschen eine lange Halbwertzeit
haben.
(9) Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss
erklärte in seinem Gutachten vom 17. September
1998 zu Ochratoxin A, dass „man die OchratoxinA-Exposition vorsichtshalber so weit wie möglich
verringern und sicherstellen sollte, dass sich die
Exposition eher im unteren Bereich der Spannwei-
25
te annehmbarer Tagesdosen von 1,2 bis 14 ng/kg
Körpergewicht/Tag bewegt, die von anderen Gremien geschätzt wurde, z. B. unter 5 ng/kg Körpergewicht/Tag“.
(10) Mit dem gegenwärtigen wissenschaftlich-technischen Kenntnisstand und trotz der Verbesserung
der Erzeugungs- und Lagerungstechniken ist es
unmöglich, das Auftreten dieser Schimmelpilze
gänzlich zu verhindern. Folglich lässt sich
Ochratoxin A nicht vollständig aus Lebensmitteln
entfernen. Daher sollten Höchstgehalte festgesetzt werden, die so niedrig sind, wie sie vernünftigerweise eingehalten werden können.
(11) Die ernährungsbedingte Aufnahme von Ochratoxin A erfolgt hauptsächlich über Getreide und
Getreideerzeugnisse. Um eine Kontamination so
weit wie möglich zu vermeiden und den Verbraucher zu schützen, ist die Vorbeugung von
größter Bedeutung.
(12) Darüber hinaus empfiehlt es sich, vernünftigerweise einhaltbare Höchstgehalte für Getreide und
Getreideerzeugnisse unter der Bedingung festzusetzen, dass vorbeugende Maßnahmen getroffen
werden, um eine Kontamination auf allen Stufen
der Erzeugungs- und Vermarktungskette zu vermeiden.
(13) Bei getrockneten Weintrauben (Korinthen, Rosinen und Sultaninen) wurden hohe Kontaminationen nachgewiesen. Menschen, die große Mengen getrockneter Weintrauben verzehren, insbesondere Kinder, nehmen dabei hohe Dosen von
Ochratoxin A auf. Daher wäre es zwar angemessen, vorläufig einen praktikablen Höchstgehalt
festzusetzen, es ist aber unbedingt erforderlich, die
Verfahren zur Senkung der Kontamination weiter
zu verbessern.
(14) Das Vorhandensein von Ochratoxin A wurde auch
in Kaffee, Wein, Bier, Traubensaft, Kakao und
Gewürzen nachgewiesen. Die Mitgliedstaaten und
interessierte Parteien (z. B. Berufsverbände)
sollten Untersuchungen und Forschungsarbeiten
durchführen, um die verschiedenen Faktoren zu
ermitteln, die an der Bildung von Ochratoxin A
beteiligt sind, und die Vorbeugungsmaßnahmen
festzulegen, die getroffen werden müssen, um die
Ochratoxin-A-Mengen in diesen Lebensmitteln zu
verringern.
(15) Es sollten alle Anstrengungen auf dem Gebiet der
Forschung und Vorbeugung unternommen werden, um den Ochratoxin-A-Gehalt dieser Erzeugnisse so weit wie möglich zu verringern, bis
Höchstgehalte auf der Grundlage des ALARAPrinzips (d. h. so niedrig, wie vernünftigerweise
einzuhalten) festgelegt werden. Werden keine
Anstrengungen unternommen, um den Ochratoxin-A-Gehalt bestimmter Erzeugnisse zu
senken, ist zum Schutz der öffentlichen Gesundheit die Festlegung eines Höchstgehaltes für diese
Erzeugnisse erforderlich, auch ohne dass die
technische Machbarkeit eingeschätzt werden kann.
(16) Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des
Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette
und Tiergesundheit.
...“
Was aber sind angesichts von 3,2 Millionen Krebserkrankungsfällen und 1,7 Millionen Krebssterbefällen in
Europa „annehmbare Tagesdosen“ der Exposition?
Mit der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 waren bereits für Getreide und Getreideerzeugnisse sowie für
getrocknete Weintrauben ein Ochratoxin-A-Höchstgehalt festgelegt worden. Mit der neuen Verordnung
wurde festgestellt, daß auch der Gehalt an Ochratoxin A in Bier damit indirekt kontrolliert werde, da das
Ochratoxin A in Bier aus dem Ochratoxin A des Malzes stammt, für das bereits ein Höchstwert gelte. Die
Festlegung eines Höchstwertes für Ochratoxin A in Bier zum Schutz der öffentlichen Gesundheit wurde
deshalb zunächst nicht für erforderlich gehalten. Da Wein und gerösteter Kaffee zusammen mit löslichem
Kaffee erheblich zur Ochratoxin-A-Exposition des Menschen beitragen und Traubensaft speziell zur
Ochratoxin-A-Exposition von Kindern, wurden in der Verordnung Höchstgehalte für diese Lebensmittel
festgelegt, „damit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit die Verbreitung unannehmbar stark kontaminierter Lebensmittel verhindert wird“.
Ochratoxin A wurde darüber hinaus in anderen Trockenobstsorten als getrockenten Weintrauben, in
Kakao und Kakaoerzeugnissen und in Gewürzen festgestellt. Die Frage, ob es zweckmäßig ist, einen
Höchstgehalt für Ochratoxin A in diesen Lebensmitteln, einschließlich grünem Kaffee, festzulegen sowie
die geltenden Höchstgehalte zu überprüfen, wird nach Vorliegen der Bewertung der laufenden
Forschungen zur Toxikologie von Ochratoxin A erneut geprüft.
26
Mit der Verordnung zur Änderung der Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung und der Diätverordnung vom 04. 02. 2004 wurde die EU-Verordnung in Deutschland umgesetzt.
Die Änderung der Mykotoxin-Höchstmengenverordnung wurde vom Bundesministerium für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit verordnet. Es wurden Höchstmengen für Ochratoxin A, Deoxynivalenol,
Fumonisine und Zearalenon festgesetzt und in die Anlage 1 ( s. Tabelle 6 ) aufgenommen.
Tabelle 6: Anlage zur Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung in der Fassung vom 4. 2. 2004
Mykotoxine
1.
2.
Aflatoxin B1
Summe der Aflatoxine
B 1, B 2, G 1, G 2
Erzeugnisse
Lebensmittel, ausgenommen die in
Nummer 2 Buchstabe a aufgeführten
Erzeugnisse
Enzyme und Enzymzubereitungen, die
zur Herstellung von Lebensmitteln
bestimmt sind
b) andere Lebensmittel
Aflatoxin M1
Milch
4.
Ochratoxin A
löslicher Kaffe
Röstkaffe
Trockenobst (ausgenommen aus
Weintrauben und Feigen)
getrocknete Feigen
6.
Deoxynivalenol
2
a)
3.
5.
Höchstmenge in oder auf
Lebensmitteln in µg/kg
0,05
4
0,05
6
3
2
8
Getreideerzeugnisse (Getreidekörner zum
direkten Verzehr und verarbeitete
Getreideerzeugnisse), ausgenommen
Hartweizenerzeugnisse, Brot, Kleingebäck
und Feine Backwaren.
500
Brot, Kleingebäck und Feine
Backwaren
350
Summe der Fumonisine B1 Maiserzeugnisse (Mais zum direkten Verzehr
und B2
und verarbeitete Maiserzeugnisse),
ausgenommen Cornflakes
500
Cornflakes
100
7.
Zearalenon
Getreideerzeugnisse (Getreidekörner zum
direkten Verzehr und verarbeitete
Getreideerzeugnisse)
50
Mit der EU-Verordnung Nr. 683/2004 vom 13. April 2004 zur Änderung der Verordnung Nr. 466/2001
im Hinblick auf Aflatoxine und Ochratoxin A in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder werden
geringere Höchstgehalte von Aflatoxin B1, Aflatoxin M1 und Ochratoxin A in Säuglingsanfangsnahrung
und Folgenahrung, Getreidebeikost und anderer Beikost festgesetzt.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit der EU-Verordnung Nr. 123/2005 vom 26.
Januar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 in Bezug auf Ochratoxin A erneut
27
auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in
Lebensmitteln festgelegt Die Höchstwertfestlegungen werden entsprechend der Stellungnahme des
Wissenschaftlichen Ausschusses „Lebensmittel“ (SCF) zu Ochratoxin A vom 17. September 1998 damit
bgründet, dass es sich bei Ochratoxin A um ein Mykotoxin handelt, das karzinogene, nierenschädigende, Missbildungen verursachende, immuntoxische und möglicherweise neurotoxische Eigenschaften
besitzt.
Die Höchstwertfestlegungen betreffen Getreide und Getreideerzeugnisse, Getrocknete Weintrauben,
Kaffee, Wein, Traubensaft, Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder und diätetische Lebensmittel.
Für grünen Kaffee, andere Trockenobstsorten als getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und
Kakaoerzeugnisse, Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Lakritz wurde kein Höchstwert festgelegt.
Mit dem Hinweis auf laufende Untersuchungen zur Aufklärung der Mechanismen der Karzinogenität von
Ochratoxin A hat der Wissenschaftliche Ausschuss für Lebensmittel (SCF) mit der Verordnung (EG)
123/2005 festgelegt: Sobald die vollständigen Forschungsergebnisse des europäischen Forschungsprojektes zur Verfügung stehen, wird die Kommission die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ersuchen, die wissenschaftliche Stellungnahme des SCF angesichts der neuen
Ergebnisse zu aktualisieren.
Am 4. April 2006 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Ersuchen der
Kommission eine aktualisierte wissenschaftliche Stellungnahme zu Ochratoxin A in Lebensmitteln
abgegeben und darin eine - aus toxikologischer Sicht - tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI) von
120 ng/kg Körpergewicht vorgeschlagen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember
2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln wird das EURecht entsprechend aktualisiert. Die neue Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 466/2001 vom 8.
März 2001. Sie gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Von den Experten wird zugleich empfohlen, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Ochratoxin ABelastungen in den Lebensmitteln zu reduzieren und ein Monitoring-Programm einzuführen und die
Expositionsdaten für bestimmte gefährdete Gruppen zu erheben.
Die Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxin sind als karzinogene Kontaminanten in Lebensmitteln
bekannt. Aflatoxin B1 wird als das stärkste bekannte karzinogene/mutagene Gift angegeben.
In Tierversuchen ist die Karzinogenität des Ochratoxin A festgestellt worden.
Die gegenwärtig zulässigen Höchstmengen für Mykotoxine in Lebensmitteln berücksichtigen nicht ausreichend deren Kumulation im Organismus. Sie stellen nach der epidemiologischen Untersuchung eine
erhebliche Gefährdung der Gesundheit der Menschen dar. Die Kontaminationsgrade sind nicht zu
rechtfertigen und müssen zielstrebig gesenkt werden.
Die Unzulänglichkeit der Festlegung von Höchstwerten für karzinogene Stoffe in Lebensmitteln ist
bekannt. Die Festlegung von zulässigen Höchstmengen von Mykotoxinen in Lebensmitteln stellt quasi
eine Duldung der Verarbeitung verschimmelter Früchte dar. Sie verhindert die Durchsetzung dringend
notwendiger Maßnahmen zur Verminderung der Mykotoxin-Kontaminationen.
Die Feststellungen geben Veranlassung, die mögliche Rolle der mit den genannten Mykotoxinen
kontaminierten Lebensmittel bei der Entstehung des Krebsgeschehens sehr sorgfältig zu analysieren
und auf deren direkte gesundheitliche Folgen aufmerksam zu machen.
Gezielte Untersuchungen über wirksame lebensmittel-technologische Maßnahmen zur Senkung der
Mykotoxin-Belastung sind - insbesondere zur Primärprophylaxe der Krebserkrankungen - dringend
erforderlich.
Für Lebensmittel (und Futtermittel) ist für die Belastung mit karzinogenen Mykotoxinen Nulltoleranz
zu fordern.
28
9. Mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A
Bauer und Gareis publizierten 1987 Ergebnisse einer 5-jährigen Studie über das natürliche Vorkommen
von Ochratoxin A in Zerealien und Mischfutter. Sie untersuchten, inwieweit Ochratoxin A-Rückstände in
Schlachtschweinen und im Menschen zu finden sind. Ochratoxin A wurde in den Proben pflanzlicher und
tierischer Herkunft und in dem vom Menschen stammenden Material gefunden. Sie wiesen darauf hin,
dass der häufige Nachweis von Ochratoxin A in Blutseren vom Menschen, in Nieren und Muttermilch auf
eine kontinuierliche Aufnahme über Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft hindeuten.
Die Befunde gaben hinreichend Anlaß, ein Monitoring-Konzept zu entwickeln und eine Höchstmengenbegrenzung festzulegen. Bei der Untersuchung von Proben menschlichen Ursprungs wurde Ochratoxin A
sowohl im Nierengewebe und Blutserum als auch in Muttermilch gefunden. Von 46 Nieren wiesen 3
Werte zwischen 0,1 und 0,3 µg/kg auf. Von 306 Blutproben waren 56,5 % positiv. 15 Proben enthielten
Konzentrationen zwischen 1,0 und 14,4 µg/l. 4 von 36 Muttermilchproben enthielten Ochratoxin A
zwischen 0,017 und 0,030 µg/l.
Die erhobenen Befunde in der Nahrungsmittelkette bis zur Muttermilch zeigten, dass diesem Toxin aus
lebensmittel- und futtermittel-hygienischer Sicht eine Bedeutung zukommt, die durchaus mit der von
Aflatoxin vergleichbar ist. Diese bei Mensch und Schwein gefundenen Ochratoxin A-Gehalte könnten
vorschnell als gering und damit als unbedeutend verkannt werden.
In weiteren Studien wurde die mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A mit der Nahrung untersucht.
Dabei wurden die Ergebnisse der Untersuchungen der Lebensmittel auf Kontamina-tionen durch
Mykotoxine, die Ergebnisse von Befragungen über die tägliche Nahrungsaufnahme und das erhobene
mittlere Körpergewicht der befragten Personen berücksichtigt und mit einem in der Literatur angegebenen Wert für eine tolerable Tagesaufnahme von Ochratoxin A verglichen.
Cholmakov-Bodechtel und Coautoren (2000) untersuchten in einer repräsentativen Studie die Ochratoxin
A-Aufnahme aus Lebensmitteln von 2005 Erwachsenen und 574 Kindern. Diese wurden auf ihre
Verzehrsgewohnheiten befragt. Die Verzehrshäufigkeiten wurden quantifiziert und für alle Lebensmittel
plausible niedrigste, mittlere und höchste Portionsgrößen errechnet. Errechnet wurde eine mittlere
Tagesaufnahme von 27,9 ng für Kinder und von 39,9 ng für Erwachsene. Daraus ergeben sich relative
Tagesaufnahmen von 0,97 ng/kg Körpergewicht für Kinder und 0,58 ng/kg Körpergewicht für Erwachsene. Bei Kindern zwischen 4 und 6 Jahren liegt die relative Tagesaufnahme mit 1,3 ng am höchsten.
Bei Berücksichtigung der maximalen Belastung der Lebensmittel betrug die relative Tagesaufnahme für
Kinder der Altersgruppe von 4 bis 6 Jahren 9,22 (männlich) bzw. 7,94 (weiblich) ng/kg Körpergewicht,
für die Altersgruppe von 7 bis 9 Jahren 5,82 bzw. 6,40 ng/kg Körpergewicht, für 10 bis 14-jährige Kinder
3,90 (m) bzw. 4,42 (w) ng/kg Körpergewicht und bei Erwachsenen 3,30 (m) bzw. 3,81 (w) ng/kg
Körpergewicht.
In einer Einschätzung des Generaldirektorates für Gesundheit und Verbraucherschutz der Europä-ischen
Gemeinschaft finden sich die Untersuchungsergebnisse über die alimentäre Aufnahme von Ochratoxin A
wieder, die in den Jahren 1995 bis 1998 ermittelt wurden. Darin wurde auch detailiert über die Belastung
der untersuchten Lebensmittel und die daraus berechneten Tagesaufnahmen in den Teilnehmerländern
berichtet. Die Untersuchungen bezogen sich auf Zerealien, Kaffee, Bier, Wein, Kakao und Kakaoprodukte, Trockenfrüchte, Fleischprodukte, Gewürze, Fruchtsäfte und Milch.
Die Tabelle 7 enthält auszugsweise aus der EU-Studie den prozentualen Anteil kontaminierter Proben und
die festgestellten Ochratoxin A-Kontaminationsgrade aus den in Deutschland in den Jahren 1995 bis 1998
durchgeführten Lebensmitteluntersuchungen. Diese Tabelle ermöglicht einen Vergleich mit den deutlich
höheren Belastungswerten aus dem Lebensmitel-Monitoring 1995-2005.
29
Tabelle 7:
Ochratoxin A-Kontaminationen
Befunde aus Lebensmitteluntersuchungen in Deutschland 1995 - 1998 (Auszug)
(Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002)
Lebensmittel
Probenanzahl
Toxin
meßbar
Anteil an
den Proben
%
Mittelwert
Maximum
n
Proben
µg/kg
µg/kg
Roggenkörner
26
12
46,15
0,049
0,800
Roggenmehl
135
116
85,93
0,273
6,400
Weizenkörner
27
10
37,0
0,043
0,260
Weizenmehl
181
159
87,85
0,141
1,732
Maiskörner
31
14
45,2
0,170
3,340
Haferkörner
29
24
82,76
0,140
0,550
Gerste
22
16
72,73
0,061
0,495
Brot und Brötchen
986
897
91
0,172
5,542
Teigwaren
191
87
45,55
0,448
29,770
Linsen
21
...
...
0,050
0,100
Kaffee geröstet
183
76
41,53
0,537
6,320
löslicher Kaffee
55
46
83,64
1,743
9,470
Kakao
96
91
95
0,365
1,800
Schokolade und
Süßwaren
352
297
84,38
0,100
3,600
alkoholfreies Bier
66
49
74,25
0,014
0,081
Bier
251
39
15,54
0,027
0,293
Mehrfruchtsäfte
252
63
25
0,010
5,261
Weißwein
56
12
21,43
0,096
1,360
Rotwein
172
79
45,93
0,226
7,000
Trockenfrüchte
114
75
65,79
0,079
3,950
Sultaninen
106
100
94,34
1,275
21,400
Fleisch und Wurst
351
152
43,30
0,064
4,560
Säuglingsnahrung
97
63
64,95
0,117
2,130
Auffällig ist, dass im Verlaufe der Verarbeitungsprozesse von Getreide zu Mehl, Backwaren und
Teigwaren mit jeder Verarbeitungsstufe sowohl der Anteil der Proben mit detektierbaren Kontaminationen als auch deren mittlerer und maximaler Kontaminationsgrad mit Ochratoxin A zunimmt. Die
Ursache dafür muß im Schimmelpilzwachstum mit Toxinbildung in den Lebensmitteln unter den
Lagerungs- und Verarbeitungsbedingungen gesehen werden.
In der Tabelle 8 sind die ermittelten Werte des mittleren täglichen Lebensmittelkonsums sowie der
mittleren und höchsten Ochratoxin A-Belastung von Lebensmitteln angegeben, die in den Jahren 1995 bis
1998 in Deutschland für Erwachsene > 14 Jahre errechnet und der Einschätzung der Tagesaufnahme
von Ochratoxin A zugrunde gelegt wurden.
30
Tabelle 8:
Mittlerer täglicher Lebensmittelkonsum und Kontaminationsgrade (1995 - 1998)
(Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002)
Lebensmittel
Lebensmittelkonsum
Mittelwert
Ochratoxin A
in Lebensmitteln
Ochratoxin A
in Lebensmitteln
g/Person/Tag
Mittelwert µg/kg
Höchstwert µg/kg
alkoholfreies Bier
21,32
0,01
0,08
Bier
192,29
0,03
0,29
Rotwein
4,88
0,23
7,00
Rosewein
4,88
0,14
2,38
gerösteter Kaffee
16,06
0,54
6,32
koffeinfreier Kaffee
1,97
0,60
3,34
Weißwein
16,65
0,10
1,36
Brot und Brötchen
146,99
0,17
5,54
Teigwaren
14,02
0,45
29,77
Schokolade und
Süßwaren
51,82
0,10
3,60
Traubensaft
3,69
0,74
5,26
gemischte Cerealien
67,55
0,21
31,80
Wurst
46,86
0,09
4,56
In der Tabelle 9 werden die berechneten mittleren Tagesaufnahmen von Ochratoxin A bezogen auf die o.
a. Lebensmittel und deren mittleren Kontaminationsgrad angegeben. Für Erwachsene über 14 Jahren
wurde ein mittleres Körpergewicht von 70,6 kg ermittelt und verwendet. Errechnet wurde für Erwachsene
über 14 Jahren eine mittlere Tagesaufnahme von Ochratoxin A von 1,09 ng/kg Körpergewicht/Tag. Für
Kinder unter 14 Jahren wurde eine mittlere Tagesaufnahme von 1,82 ng/kg Körpergewicht/Tag und für
Kinder von 4 bis 6 Jahren von 3,14 ng/kg Körpergewicht/Tag angegeben.
Die durchgeführten Berechnungen sind jedoch nicht unproblematisch. Erhebliche Unterschiede in der
Ernährung von Männern, Frauen und Kindern und hohe Kontaminationsgade bei verschiedenen
Lebensmitteln können leicht zu völlig anderen Belastungen führen. Auch ist zu bedenken, daß die
Entstehung der Krebserkrankungen eher mit höheren Kontaminationsgraden und durch die Kumulation
des Karzinogens im Gewebe zu erwarten ist.
Beträchtliche Abweichungen von den ermittelten durchschnittlichen Ochratoxin A-Tagesaufnahmen an
einzelnen Tagen fanden Engelhardt und Coautoren (2003). Sie untersuchten die tägliche Aufnahme von
Ochratoxin A mit der Gesamtnahrung von 28 Schulkindern aus Erlangen im Alter von 7 - 9 Jahren (15
Jungen und 13 Mädchen) an drei aufeinander folgenden Tagen. Die tägliche Ochratioxin A-Aufnahme
betrug bei den Jungen im Durchschnitt 1,21 bei den Mädchen 1,85 ng/kg Körpergewicht. Bei drei
Mädchen betrug die Aufnahme an jeweils einem Tag 6,0, 26,4 bzw. 97,9 ng/kg Körpergewicht. Bei einem
Jungen lag die Aufnahme an allen drei Untersuchungstagen zwischen 7 und 11 ng/kg Körpergewicht. Mit
der Einschätzung wird darauf hingewiesen, „daß die Ochratoxinaufnahme bei Kindern an einzelnen
Tagen die tolerable Aufnahme von 5 ng/kg überschreiten kann.“
31
Tabelle 9: Mittlere Tagesaufnahme von Ochratoxin A 1995 - 1998
(Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002)
Mittlere
Ochratoxin A Tagesaufnahme
Mittlere relative
Ochratoxin ATagesaufnahme
ng/Person/Tag
ng/kg Körpergewicht/Tag
alkoholfreies Bier
0,30
0,00
Bier
5,31
0,08
Rotwein
1,10
0,02
Rosewein
0,70
0,01
gerösteter Kaffee
8,62
0,12
koffeinfreier Kaffee
1,17
0,02
Weißwein
1,60
0,02
Brot und Brötchen
25,28
0,36
Teigwaren
6,28
0,09
Schokolade und Süßwaren
5,18
0,07
Traubensaft
2,74
0,04
gemischte Cerealien
13,92
0,20
Wurstwaren
4,40
0,06
gesamt
76,60
1,09
Lebensmittel
Rosner und Coautoren (2000) berechneten die tägliche Aufnahme von Ochratoxin aus den ermittelten
Serumwerten von repräsentativen Probandengruppen. Untersucht wurden 927 Seren. In 98,1 % der
Proben wurde Ochratoxin A nachgewiesen. Nur 1,9 % der Proben lagen unter der Nachweisgrenze. Der
Mittelwert betrug 0,27 ng/ml, das Maximum 2,03 ng/ml. Auch in 69 von 70 Serumproben aus Nabelblut
wurden Ochratoxin A-Werte zwischen 0,06 und 0,90 ng/ml gefunden. In der Amnionflüssigkeit wurden
in der 16. Schwangerschaftswoche in 18 von 22 Proben Werte zwischen 0,06 und 0,13 ng/ml detektiert.
Zur Abschätzung des möglichen gesundheitlichen Risikos wurde aus den ermittelten Serumwerten die
tägliche Ochratoxin A-Aufnahme berechnet und mit dem in der Literatur angegebenen PTDI (Provisional
Tolerable Daily Intake)-Wert verglichen. Für den gefundenen Höchstwert der Ochratoxin A-Belastung
der untersuchten Probanden errechneten sie eine Tagesaufnahme von 4,02 ng/kg Körpergewicht.
Die Autoren kommen auf der Grundlage dieser Werte zu dem Schluß: „Obgleich in Einzelfällen eine
erhöhte Exposition nicht ausgeschlossen werden kann, ist für den Großteil der Bevölkerung keine
Gefährdung ableitbar.“
Das karzinogene Mykotoxin Ochratoxin A wird in kleinsten Mengen aus den Lebensmitteln aufgenommen. Es kumuliert im Körper infolge geringer Ausscheidung. So gibt es keinen Schwellenwert für
die karzinogene Wirkung.
Toxische Erkrankungen werden durch diese festgestellten Kontaminationsgrade nicht beobachtet oder sie
können als solche nicht erkannt oder diagnostiziert werden.
Erforderlich ist die weitere Untersuchung zur Darstellung der tatsächlichen Belastung der Verbraucher
mit den karzinogenen Lebensmittel-Kontaminanten, insbesondere mit Ochratoxin A und Aflatoxinen.
32
10. Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring
Einen Einblick in die Belastung der Lebensmittel mit karzinogenen Mykotoxinen und anderen Stoffen und deren damit verbundene außerordentliche Verbreitung - geben die Befunde aus dem LebensmittelMonitoring, das seit 1995 gemeinsam von Bund und Ländern durchgeführt wird. Das LebensmittelMonitoring in der Bundesrepublik Deutschland wird gem. § 46 e des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften geregelt.
Die "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Lebensmittel-Monitoring (AVV
LM)" vom 30. Mai 1995 legt die Zuständigkeiten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL), die Zusammensetzung des beim BMVEL eingerichteten Ausschusses
Monitoring sowie die praktischen Arbeitsabläufe bei der Probenahme einschließlich der Stichprobenplanung, Analytik und Berichterstattung fest.
Nach § 10 der AVV LM ist vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein
Handbuch für die o. g. Teilbereiche in Zusammenarbeit mit den ebenfalls in § 3 der AVV LM näher
beschriebenen Expertengruppen zu erstellen und jährlich fortzuentwickeln.
Seit 1995 wurden jährlich tierische und pflanzliche Lebensmittel sowie Erzeugnisse aus dem Bereich der
Säuglings- und Kleinkindernahrung in den Monitoringplan einbezogen. Die Stoffauswahl wurde nach
lebensmittelspezifischen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung von möglicher Trends vorgenommen.
So wurden solche Stoffe berücksichtigt, über deren qualitatives bzw. quantitatives Vorkommen zum
Zeitpunkt der Planung keine ausreichende Kenntnis vorlag oder denen wegen ihrer potentiellen Toxizität
besondere Bedeutung zugemessen wurde. Zu den untersuchten Stoffgruppen zählen:
* Pflanzenschutzmittel,
* Oberflächenbehandlungsmittel,
* Umweltkontaminanten (persistente Organochlorverbindungen, PCB, Moschusverbindungen,
Bromocyclen),
* Nitrat,
* Mykotoxine,
* Schwermetalle.
Die Ergebnisse aus dem Monitoring werden hier nur beispielhaft widergegeben:
Im Rahmen des Monitoring 1995 wurden Pistazien aus dem Iran auf Aflatoxine untersucht. Es wurden
23 Proben roher Pistazien (Einzelprobe bestehend aus 30 kg Pistazien mit Schale) analysiert. In 19
Proben wurden Gehalte an Aflatoxinen quantifiziert. 14 Proben enthielten Gehalte über den
Höchstmengen. Im Extremfall kam es beim Aflatoxin B1 zu einer 70fachen Überschreitung der
zugelassenen Höchstmenge von 2 µg/kg. Der hohe Anteil (> 60 %) von Proben mit Aflatoxingehalten
über der Höchstmengenbegrenzung gab zu weiteren Untersuchungen Anlaß, die auch in den folgenden
Jahren diesen Trend bestätigten. Die aus damaliger Sicht im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes gegebene Empfehlung, „sich beim Verzehr von Pistazien zurückzuhalten“ erreichte die
Verbraucher nicht.
Im Rahmen des Monitoring 1999 und 2000 wurden Kaffeeproben auf Ochratoxin A untersucht. Bei der
Untersuchung von 220 Proben geröstetem Kaffee im Jahre 1999 wurde in 59 Proben Ochratoxin
nachgewiesen. Die Untersuchung ergab einen Mittelwert von 0,4600 µg/kg und einen Höchstwert von
9,5000 µg/kg des Kaffeemehls.
Im Jahre 2000 wurde in 101 Rohkaffeeproben in 36,6 % der untersuchten Proben Ochratoxin A
nachgewiesen. Der Mittelwert betrug 0,68 µg/kg, der Maximalwert 14 µg/kg. Die Belastungswerte lagen
im Jahr 2000 höher als im Vorjahr. Das Ergebnis wurde auf einen derzeit diskutierten zulässigen
Höchstwert von 3 µg/kg bezogen, die Belastung entsprechend als niedrig eingestuft. Auf Aflatoxine
wurde bisher nicht untersucht. Angaben über die beanstandeten Sorten finden sich im Bericht nicht.
33
Tabelle 10: Aflatoxin B1-Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 - 2001
Lebensmittel
Probenanzahl
Toxin
meßbar
Anteil an
den Proben
%
Mittelwert
n
Proben
Pistazien (1995)
23
Pistazien (1996)
Maximum
18
78,2
25,543
146,500
31
18
58,1
8,2
77,000
Pistazien (1998)
31
16
51,6
12,9
92,800
Pistazien (1999)
44
24
54,5
10.400
129,600
Erdnüsse (1997)
26
5
19,2
10,9
138,900
Erdnüsse (2000)
25
4
16
0,42
5,200
Sonnenblumenkerne (2000)
242
11
4,5
...
16,010
Linse grün (2001)
66
3
4,5
...
0,2710
Linse rot (2001)
102
2
2,0
...
0,3000
Linse gelb (2001)
42
1
2,4
...
0,4000
Linse braun (2001)
71
...
...
...
...
Nougatcreme (1999)
250
37
15
0,042
1,500
µg/kg
µg/kg
Im Rahmen des Monitorings 2000 wurden 250 Tomatenmarkproben auf Pflanzenschutzmittel,
Schwermetalle, Nitrat und Ochratoxin A untersucht. In 14,4 % der Proben sind Ochratoxingehalte
nachgewiesen worden. Der Mittelwert lag bei 0,21 µg/kg, der Maximalwert bei 29 µg/kg. Zu den
Untersuchungen der Ochratoxin A-Belastung wird im Bericht festgestellt, dass diese im wesentlichen
dadurch bedingt sind, „dass nicht einwandfreie, d. h. mit Schimmelpilzen befallene Rohware verarbeitet
wurde“. In der zusammenfassenden Einschätzung zählt das Tomatenmark zu den gering kontaminierten
Lebensmitteln.
Im Rahmen des Monitorings 2001 wurden 89 Proben Gerstenkörner (nur Braugerste) untersucht. Die
Untersuchungen ergaben in 14 Proben bestimmbare Ochratoxin A-Werte. Der Mittelwert betrug 0,350
µg/kg. Überschreitungen des derzeit diskutierten zulässigen Höchstwertes von 3,0 µg/kg wurden in 3
Proben festgestellt. Der höchste Wert lag bei 9,7 µg/kg. In der Beurteilung wird darauf hingewiesen, dass
Braugerste als solche nicht verzehrt sondern nur zur Bierherstellung verwendet wird. „Der Übergang der
hier betrachteten Kontaminanten von der Braugerste in das Bier ist gering mit Ausnahme der
Mykotoxine. Mykotoxine werden während der Bierherstellung nur in geringem Maße abgebaut oder
abgetrennt und gelangen somit mehr oder weniger vollständig in das Getränk.“ Das Fazit: „Braugerste
ist gering kontaminiert. Von den hier betrachteten Kontaminanten gelangen überwiegend nur Mykotoxine
in das Bier.“
Im Rahmen des Monitoring 2002 wurden erstmals 251 Bierproben auf Ochratoxin A untersucht. In 51 %
der Proben wurde Ochratoxin A nachgewiesen, der mittlere Kontaminationsgrad betrug 0,154 µg/L. Die
Höchstbelastung von Bier wird im Bericht 2002 mit 20,500 µg/L angegeben. - Diese Befunde aus dem
Bier lassen den Schluß zu, dass die Mykotoxine nicht nur von der Braugerste in das Bier übergehen,
sondern auch durch Schimmelbefall in der Produktion dort zusätzlich entstehen. Sie erinnern mich an das
Bild eines sehr starken Schimmelbewuchses in der Mälzerei einer Brauerei, die ich selbst vor Jahren
überprüft hatte. Die Temperatur, die Feuchtigkeit und ein guter Nährboden waren die Grundlage für das
starke Schimmelpilzwachstum.
34
Tabelle 11: Ochratoxin A - Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 - 2005
Lebensmittel
Probenanzahl
Toxin
meßbar
Anteil an
den Proben
Mittelwert
Maximum
n
Proben
%
µg/kg
Roggenkörner (1997/98)
447
91
20,4
0,248
15,100
Roggenmehl (2005)
69
32
46,4
0,52928
13,968
Roggenvollkornmehl
(2005)
23
8
34,8
0,78652
12,700
Weizenkörner
(1997/98/99)
560
95
17,0
0,201
7,400
Weizenkörner (2003)
111
12
10,8
0,06715
3,000
Haferflocken (1999)
249
23
9,2
0,072
2,000
Reis (2003)
100
3
3,0
...
0.600
Teigwaren (2000)
251
53
21,1
0,11979
5,160
Linsen (2001)
278
23
8,3
0,054
1,100
Kaffee geröstet (1999)
220
59
26,8
0,456
9,500
Kaffee roh (1999)
55
8
14,5
0,320
2,100
Kaffee roh (2000)
101
37
36,6
0,680
14,000
löslicher Kaffee (2004)
130
70
53,8
0,58854
7,860
Tomatenmark (2000)
250
36
14,4
0,21765
29,000
Mehrfruchtsäfte (2001)
240
18
7,5
0,018
0,290
Korinthen (2003)
57
43
75,4
5,90649
66,000
Sultaninen (2003)
183
171
93,4
4,09803
26,81
Rosinen (2003)
43
27
62,8
1,55689
10,3500
Traubensaft (rot) (2002)
226
158
69,9
0,601
90,000
Traubensaft (2004)
103
68
66,0
0,22171
2,900
Traubensaft (2005)
75
27
36,0
0,4013
20,170
Rotwein (2002)
236
70
29,7
0,0834
2,000
Weißwein (2001)
281
19
6,8
0,013
0,900
Wein (2004)
140
20
14,3
0,03640
0,650
Qualitätsschaumwein
(2005)
138
16
11,6
0,0885
10,000
Kakao (2004)
151
96
63,6
0,60737
5,880
Braugerste (2001)
89
14
15,7
0,350
9,700
Bier (2002)
Getreideflocken und
Müsli (2004)
251
129
51,4
0,154
20,500
101
12
11,9
0,07347
2,200
Rot-/Blutwurst (2000)
220
62
28,2
0,19108
4,300
Schweineniere (2001)
278
74
26,6
0,31142
17,255
µg/kg
35
Im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings 2004 wurden in einem Projekt verschiedene Lebensmittel
(Traubensaft, Fruchtsäfte für Säuglinge, Wein, löslicher Kaffee, Gewürze, Kakao und Kakaoprodukte)
auf Ochratoxin A untersucht. Das Ziel der Untersuchungen bestand in der Feststellung der Belastung der
genannten Lebensmittel und der Überprüfung der geltenden Höchstmengenfestlegungen. Traubensaft ist
relativ häufig belastet. 75 % aller Proben waren kontaminiert. Auch Kakao und Kakaoprodukte waren
waren in 63,6 % der Proben meßbar belastet. Der Mittelwert betrug 0,60737, der Höchstwert 5,880 µg/kg.
Die Untersuchungen machen deutlich, dass beispielsweise die mittlere relative Tagesaufnahme von
Ochratoxin A bereits bei einem Bierkonsum von nur einer Flasche/Tag, der von befragten Krebspatienten
häufig angegeben wurde, leicht zwischen 1 (Mittelwert) und 150 ng/kg Körpergewicht/Tag (Höchstwert)
und darüber betragen kann und damit die in der Tabelle 9 angegebene berechnete mittlere Tagesaufnahme von 0,08 ng/kg Körpergewicht um ein Vielfaches übersteigt. Damit wird das Bier für viele
Männer zu einem Hauptpfad für die Aufnahme der karzinogenen Kontaminante.
Zwangsläufig ergibt sich daraus die Frage nach dem Ursprung des sehr hohen Kontaminationsgrades im
Produktionsprozeß und nach den lebensmittel-technologischen Möglichkeiten zu dessen Vermeidung.
Die Untersuchungen des Lebensmittel-Monitorings sind Stichprobenuntersuchungen und geben nur einen
allgemeinen Einblick in die Belastungssituation der verschiedenen Lebensmittel. Sie geben keinen
Einblick in die bestehenden Probleme der Qualitätssicherung. Betriebsstätten, Produktionsverfahren,
Erzeugnisse und Produktchargen, die in besonderem Maße mit Mykotoxinen kontaminiert sind, werden in
der Berichterstattung nicht benannt. Diese sind aber die wichtigsten Ansatzpunkte für effiziente Maßnahmen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz (- zur Krebsvorsorge -) und zur Lebensmittelsicherheit.
Die Tabellen 7, 10 und 11 zeigen verschiedene Lebensmittel, die mit karzinogenen Mykotoxinen
kontaminiert sein können und deren mittleren und höchsten Kontaminationsgrad nach den Ergebnissen
und aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 bis 2005. Die Kontamination weiterer Lebensmittel ist nicht
auszuschließen, wurde hier jedoch nicht untersucht. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen
erlauben bis heute noch keine abschließende Einschätzung der tatsächlichen Belastung der Verbraucher
mit krebserregenden Stoffen. Sie ersetzen nicht die laufende Lebensmittelüberwachung, für die die Länder zuständig sind.
Unter Berücksichtigung der Mykotoxinbelastung versteht sich die „gesunde Ernährung“ selbstverständlich mit Lebensmitteln, die frei von karzinogenen Kontaminationen sind.
In seiner Einschätzung über die Ergebnisse des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings für die Jahre
1995 bis 2002 kommt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu dem Schluß,
daß neben Getreide vor allem Fruchtsäfte bei Kindern und Bier bei Männern zur Exposition beitragen.
Zur nachhaltigen Reduzierung der Belastung von Lebensmitteln mit Mykotoxinen wird die
Notwendigkeit einer Überprüfung und Korrektur der guten Praxis der landwirtschaftlichen Erzeugung,
Lagerung, Verarbeitung und Qualitätskonmtrolle gesehen. - Notwendig ist die Entwicklung von
Methoden und Maßnahmen zur Dekontamination von Lebensmitteln, insbesondere von Fruchtsäften,
Wein, Bier u. a..
Die Verbraucher werden durch kontaminierte Lebensmittel ständig erheblich mit karzinogenen Mykotoxinen, insbesondere mit Ochratoxin A belastet. Vor dieser Belastung kann sich niemand schützen.
Traubensaft, Wein und Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, auch Fleisch uns Wurst sind häufig belastet.
Bier stellt sich in der epidemiologischen Untersuchung als Hauptpfad für die Belastung der Männer dar.
Damit erweist sich die Ochratoxin A-Belastung als das größte Problem der Lebensmittelsicherheit in
der Gegenwart. Eine Warnung der Verbraucher vor dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel stellt
kein geeignetes Mittel für eine wirksame Prävention dar.
Erforderlich sind Lebensmitteltechnologien, die im Rahmen der Lebensmittelherstellung deren sichere
Dekontamination ermöglichen.
Erforderlich ist eine Qualifizierung des Kontrollsystems und eine Weiterbildung der Kontrolleure.
36
11. Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien
Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien haben Zusammenhänge zwischen Ernährung und
Krebserkrankungsrisiko sichtbar gemacht. Eine Antwort auf die Fragen nach der karzinogenen Ursache
und nach der Wirkungsweise der genannten „Risikofaktoren“ vermögen sie nicht zu geben.
Die britische Ärzte-Raucher-Studie (The Mortality of doctors in relation to their smoking habits) des
Engländers Doll (1954), in der 56.000 Ärzte nach ihrem Raucherverhalten befragt und hinsichtlich ihrer
Sterblichkeit 50 Jahre lang beobachtet wurden, belegt zweifelsfrei die pathogenetische Bedeutung des
Rauchens bei der Entstehung von Krebs-, Herz-Kreislauf- und cerebro-vasculären Erkrankungen.
Nach 50 Jahren wurde diese Studie erneut ausgewertet (Mortality in relation to smoking: 50 years'
observations on male British doctors). An der Studie hatten insgesamt 34.439 Probanden teilgenommen,
die zwischen 1851 und 1930 geboren und deren Sterblichkeit zwischen 1951 und 2001 beobachtet wurde.
Für Zigarettenraucher ergab sich für die Jahrgänge 1900 bis 1909 ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko
zwischen dem 35. und 69. Lebensjahr und ein dreifaches Mortalitätsrisiko für die in den 1920er-Jahren
Geborenen. - Während die Lebenserwartung bei den Nichtrauchern in den letzten 50 Jahren deutlich
angestiegen ist, trifft dies für die Zigarettenraucher nicht zu. Das Risiko, frühzeitig zu sterben, halbierte
sich bei den Ärzten die mit 50 Jahren den Tabakkonsum aufgaben. Wurde das Rauchen bereits im Alter
von 30 Jahren eingestellt, war die Lebenserwartung identisch mit der von Nichtrauchern. Zur Ursache der
Krebserkrankungen und zu den Wirkungsmechanismen des Rauchens bei der Krebsentstehung äußern die
Autoren sich nicht.
Cho und Coautoren (2004) von der Harvard Medical School, Boston, publizierten die Ergebnisse von 8
Kohortenstudien zum Alkoholkonsum (Alcohol intake and colorectal cancer: A pooled analysis of 8
cohort studies). Sie kommen zu der Einschätzung: Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht das Erkrankungsrisiko für das Dickdarmkarzinom. Das ist das Ergebnis einer Analyse von 489.979 Erwachsenen mit
4.687 Colonkarzinomen. Es betraf beide Geschlechter mit Bier-, Wein- oder Spirituosenkonsum im
Vergleich zu Nichttrinkern.
Die Studie zeigt, daß das Erkrankungsrisiko stärker steigt, wenn Wein oder Bier getrunken werden. Das
ist ein deutlicher Hinweis auf eine karzinogene Belastung dieser alkoholischen Getränke und es stellt so
einen direkten Bezug zu den Ergebnissen aus dem Lebensmittel-Monitoring dar (vgl. auch Tab. 7, S. 28
und Tab. 11, S. 33).
Art des Alkohols
tägliche Alkoholaufnahme
0 g/d
> 0 - < 30 g/d
> 30 g/d
Spirituosen
1.00
1.00 (0.92-1.09)
1.30 (1.05 - 1.60)
Bier
1.00
1.02 (0.89-1.13)
1.47 (1.13 - 1.92)
Wein
1.00
0.98 (0.90-1.06)
1.74 (1.25 - 2.42)
Tabelle 12: Altersstandardisiertes relatives Risiko für das colorectale Karzinom in Abhängigkeit von
verschiedenen alkoholischen Getränken (nach Cho und Coautoren, 2004)
Boffetta et al. (2006) schätzen den Anteil der durch den Alkoholkonsum bedingten Krebserkrankungen
weltweit auf 3,6 % (5,2 % für die Männer, 1,7 % für die Frauen). Ihre Einschätzung basiert auf
publizierten Ergebnissen von Studien die in 96 Ländern durchgeführt wurden. Für das Jahr 2000 wurden
von den Autoren die Alkohol-assoziierten Krebssterbefälle weltweit auf 355.000 geschätzt, für 2001 mit
351.000 angegeben. Für das Jahr 2002 werden in der Studie weltweit insgesamt 389.100
Krebserkrankungen und 232.900 Krebssterbefälle dem Alkoholkonsum zugeordnet. Die Autoren sehen
eine Erhöhung des Erkrankungsrisikos für Karzinome des Mundes, des Rachens, des Ösophagus, des
37
Dickdarms und der weiblichen Brust und stützen ihre Einschätzung auf bereits früher publizierten Studien
zum alkoholbedingt erhöhten Krebserkrankungsrisiko.
Sie vermuten, daß der Alkoholkonsum auch das Erkrankungsrisiko an weiteren Krebslokalisationen
erhöhen kann. Ein direkter Hinweis auf die Ursache der Krebserkrankungen findet sich in dieser Studie
gleichfalls nicht. /2
Geschlecht
Männer
Frauen
Trinkverhalten
Nichttrinker
1-39 g/d
40-59 g/d
> 60 g/d
Nichttrinker
1-19 g/d
20-39 g/d
> 40 g/d
Krebslokalisationen:
Mund/
KehlSpeiseRachen
kopf
röhre
1.00
1.65
3.11
6.45
1.00
1.43
1.86
3.11
1.00
1.32
2.02
3.86
1.00
1.21
1.43
2.02
1.00
1.29
1.93
3.59
1.00
1.19
1.39
1.93
Dickdarm
Leber
Brust
1.00
1.05
1.12
1.25
1.00
1.03
1.06
1.12
1.00
1.14
1.40
1.81
1.00
1.09
1.19
1.40
/
/
/
/
1.00
1.07
1.21
1.35
Tabelle 13: Relatives Krebsrisiko in Bezug auf das Trinkverhalten (nach Boffetta, 2006)
Chao und Coautoren (2005) berichteten in einer amerikanischen Studie (Meat consumption and risk of
colorectal cancer) über den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch bzw.
verarbeitetem Fleisch und dem Darmkrebsrisiko. Die Forscher werteten die Daten von 148.610
Amerikanern im Alter zwischen 50 und 74 Jahren aus, die erstmals 1982 einen Fragebogen zu ihren
Ernährungsgewohnheiten beantwortet hatten, 10 Jahre später wurden sie erneut befragt. 1.667 von ihnen
waren an Darmkrebs erkrankt. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem
Fleisch mit einem um 50 % erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom assoziiert. Ein häufiger
Verzehr von rotem Fleisch erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom um 29 %, für ein
Rektumkarzinom um 43 % (rekto-sigmoidaler Übergang 75 %). Ihr Resume lautet: Wer mehr rotes als
weißes Fleisch verzehrte, hatte ein um 53 % höheres Risiko für ein distales Karzinom. Für proximale
Tumore bestanden keine Assoziationen.
van Gils und Peeters (2005) publizierten unter Mitarbeit zahlreicher Autoren und Institute eine aktuelle
Auswertung der europaweiten Ernährungsstudie EPIC (Consumption of vegetables and fruits and risk
of breast cancer). An der Studie nahmen 285.526 Probandinnen im Alter von 25 bis 70 Jahren aus acht
europäischen Ländern teil. Die Frauen hatten einen Ernährungsfragebogen ausgefüllt und wurden im
Schnitt 5,4 Jahre nachbeobachtet. Untersucht wurde der Verzehr von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Frucht- und Gemüsesäften. Es traten 3.659 Brustkrebsfälle auf. Viel Geflügel und Fisch hatte im
gesamten Kolon einen leicht risikosenkenden Effekt. Die aktuellen Befunde stützen sich einerseits auf
Befragungen zum Ernährungsverhalten in der Zeit zwischen 1992 und 1998 und andererseits auf die Zahl
der von 1992 bis 2002 dokumentierten Brustkrebsneuerkrankungen bei den Befragten. - Wie sich zeigte,
erkrankten die Frauen mit einem hohen Obst- und Gemüseverzehr ebenso häufig an Brustkrebs wie
Frauen mit geringem Verzehr. Das Ergebnis bestätige nun abschließend, was man aufgrund früherer
Studien bereits vermutet habe.
/2 (Anmerkung: Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko infolge einer besseren Resorption des Karzinogens durch die
Epithel- und Endothelzellen. Die Medizin nutzt Alkohol seit langem in Medikamenten zur Verbesserung der Resorption
von darin gelösten Wirkstoffen und damit zur Beschleunigung und Verstärkung von deren Wirksamkeit. - Wein und Bier
sind zugleich „Risikofaktor Alkohol“ und kontaminiertes Lebensmittel.)
38
Riboli (2005) berichtet über die seit 1992 durchgeführte Ernährungsstudie (EPIC) mit etwa 480.000
Probanden über die Erhöhung des Erkrankungsrisikos für das colorectaler Karzinom durch den
Fleischkonsum (Meat, Fish, and Colorectal Cancer Risk: The European Prospective Investigation into
Cancer and Nutrition). Von den Probanden erkrankten 1.329 Probanden an Darmkrebs. Besonders
negativ wirkte sich ein hoher Wurstanteil am Fleischkonsum aus. In der Gruppe mit dem höchsten
Fleischkonsum (>160 g/d), betrug das Risiko, in 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken 1,71 %, bei den
"Fleisch-Verächtern" (< 20 g/d) 1,28 %. (vgl. auch Lebensmittel-Monitoring Tab. 7, S. 29 und Tab. 11,
S. 34).
Joost (2005) äußert sich in zwei Pressemitteilungen des Deutschen Institutes für Emährungsforschung
(DifE) zu den Ergebnissen der EPIC-Studie: Die Daten der prospektiven Kohortenstudien zeigen
übereinstimmend, dass zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko einer
Brustkrebserkrankung keine Assoziation besteht. Für Herz-Kreislauferkrankungen sei die Beweislage für
einen protektiven Effekt eines hohen Gemüse- und Obstverzehrs also erheblich besser als für die
Krebserkrankungen. Deshalb könne nach seiner Einschätzung an der Empfehlung, den Obst- und
Gemüseverzehr in Deutschland auf 650g anzuheben, festgehalten werden.
Joost verweist auf die Veröffentlichung der Epidemiologen aus der EPIC-Koordinationszentrale im IARC
in Lyon und aus anderen EPIC-Zentren zur Beziehung des Fleisch- und Fischverzehrs zum
Darmkrebsrisiko. Die Studienteilnehmer, die viel so genanntes "rotes" Fleisch (dazu zählen Schweine-,
Rind-, Kalb- und Lammfleisch) oder Fleischprodukte aßen, erkrankten häufiger an Darmkrebs als
Menschen, die nur wenig davon verzehrten. Genau umgekehrt verhalte es sich mit Fisch: Wer viel Fisch
verzehrte, hatte gegenüber Personen mit geringem Fischkonsum ein deutlich niedrigeres Darmkrebsrisiko. Der Verzehr von Geflügelfleisch spielte für die Erkrankungshäufigkeit keine Rolle. Nach
Schätzungen der Forscher steige das Darmkrebsrisiko pro 100 Gramm täglich verzehrtem "rotem" Fleisch
um 49 %. Bei einer Erhöhung des Wurstverzehrs um 100 Gramm am Tag würde es sogar um 70 %
steigen. Täglich 100 Gramm mehr Fisch halbieren dagegen das Erkrankungsrisiko. Die Wissenschaftler
liefern für den Einfluß des Fleischverzehr auf das Krebserkrankungsrisiko verschiedene Erklärungen.
Nach neueren Studien könne das mit dem Fleisch aufgenommene Eisen zur Risikoerhöhung beitragen.
Prentice et. al. (2006) publizierten eine randomisierte Primärpräventionsstudie der Women´s Health
Initiative (Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Invasive Breast Cancer: The Women's Health
Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial), die von 40 Klinikzentren in den USA in
den Jahren 1993 bis 2005 durchgeführt wurde. An der Studie nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis
79 Jahren ohne frühreren Brustkrebs teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten
an. In der Probandengruppe waren 19.541 (40 %), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Dargestellt wird das Erkrankungsrisiko bei einer Senkung der Fettaufnahme auf weniger als 20 % des
täglichen Energiebedarfs. An Brustkrebs erkrankten 655 (0,42 %) der Probandinnen und 1.072 (0,45 %)
der Vergleichspersonen. An Brustkrebs starben 27 (0,02 %) der Probandinnen und 53 (0,02 %) der
Vergleichspersonen. Aus der Studie ergibt sich keine Senkung des Erkrankungsrisikos in der Probandengruppe durch die Verminderung der Fettaufnahme.
Beresford et. al. (2006) publizierten die Ergebnisse der WHI-Studie hinsichtlich des colo-rectalen
Karzinoms (Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Colorectal Cancer: The Women's Health Initiative
Randomized Controlled Dietary Modification Trial).
Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem colorectalen Karzinom 201 (0,13 %) der Probandinnen
und 279 (0,12 %) der Kontrollpersonen. Es starben an einem colorectalen Karzinom 47 (0,03 %) der
Probandinnen und 56 (0,02 %) der Kontrollpersonen. - Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem
Karzinom 1.946 (1,24 %) der Probandinnen und 3.040 (1,28 %) der Kontrollpersonen. Es starben an
einem Karzinom 436 (0,28 %) der Probandinnen und 690 (0,29 %) der Kontrollpersonen. - Insgesamt
starben 950 (0,60 %) Probandinnen und 1.454 (0,61) Kontrollpersonen.
Die Untersuchungen ergaben keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung des
Erkrankungsrisikos für das invasive Mammakarzinom und der Brustkrebssterblichkeit und für das
colorectale Karzinom sowie der Krebsinzidenz und der Krebsmortalität durch die Senkung des
Fettkonsums und die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs.
39
MacLean und Coautoren (2006) (Effects of Omega-3-Fatty Acids on Cancer Risk) analysierten die
Resultate zahlreicher Publikationen und aus 20 Kohortenstudien aus 7 Ländern, in denen die Wirkung der
Omega-3-Fettsäuren auf verschiedene Krebslokalisationen (Atemwege, Lunge, Harnblase, Brust,
Ovarien, Pankreas, Prostata, Haut, Magen und non Hodgkin Lymphome) untersucht und beschrieben
worden war. Die Aufnahme der Omega-3-Fettsäuren erfolgte in den meisten Studien durch den Fischverzehr. Für die Autoren liefert die bisherige Studienlage keinen Beweis für die Annahme, dass zwischen
dem Konsum von Omega-3-Fettsäuren und der Verminderung der Krebsinzidenz eine Assoziation
besteht.
Paukovits und Parzefall (2003) berichten über Untersuchungen zur ernährungsbedingten Krebsentstehung. Die durchgeführten Studien zeigten, dass vier Faktorenkomplexe unterschieden werden
können, die das Krebsrisiko beeinflussen: 1. die Kontamination der Nahrungsmittel mit krebsauslösenden Stoffen; 2. der Mangel an Schutzsubstanzen, die die Entwicklung von Krebszellen verhindern;
3. der Mangel an bestimmten Spurenelementen und Vitaminen und 4. das Übergewicht. Die Autoren
verweisen auf einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krebserkrankungen von Brust, Prostata,
Darm, Gebär-mutter, Leber u. a., der in der Cancer Prevention Study II in den USA mit mehr als 900.000
Erwachsenen sehr deutlich wurde.
Amerikanische Forscher beobachteten seit 1982 in einer Cancer-Präventions-Studie (Aspirin use and
risk of fatal cancer) eine Gruppe von 635.000 Personen hinsichtlich der Wirkung von ASS. Je häufiger
und je länger die Probanden ASS eingenommen haben, desto niedriger lag die Mortalität bei
gastrointestinalen Karzinomen. Thun, M.M (1991) und Thun, M.J. (1993) berichteten darüber. Auf das
Vorkommen von Karzinomen anderer Organe hatte die ASS-Einnahme keinen Einfluß. Diskutiert wurde
ein Hemmeffekt auf das Tumorwachstum. Nach epidemiologischen Untersuchungen wurde Aspirin
(ASS) und anderen antiinflamatorischen Medikamenten auch eine Schutzwirkung gegen das Auftreten
des Colonkarzinoms zugesprochen. Bei Männern die mindestens über ein Jahr 16 mal im Monat ASS
einnahmen sank das relative Risiko auf 0,6, bei Frauen auf 0,58. - Bislang gibt es keine Antwort auf die
Frage nach der Wirkungsweise des ASS auf das Karzinogen oder auf dessen Resorption im Dickdarm. -
Die internationalen Krebsstudien werden für die Evaluierung der in dieser epidemiologischen
Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse genutzt. Sie weisen bestimmte Lebensmittel als Risikofaktoren
aus, von denen die karzinogene Belastung aus dem Lebensmittel-Monitoring bekannt ist (z. B. Wein, Bier,
verarbeitetes Fleisch, Milch u. a.). Für ein erhöhtes Krebsrisiko werden zudem z. B. der Alkoholkonsum,
das Rauchen und Übergewicht als Risikofaktoren angegeben.
Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko durch die verbesserte Resorption des Karzinogens. Wein und Bier
sind zudem kontaminierte Lebensmittel und erhöhen die karzinogene Gesamtbelastung. Weintrinker und
Biertrinker haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bereits bei einem Alkoholkonsum von >15 g/d. Männer
sind stärker belastet als Frauen. Spiriuosen zeigen bis zu einer Tagesaufnahme von 15 g/d noch keine
signifikante Erhöhung des Krebserkrankungsrisikos.
Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko für die Plattenepithelkarzinome des Mund-Rachenraumes, des
Kehlkopfes, der Speiseröhre, für das Endothel der Milchgänge u. a.. Ärztliche Empfehlungen, Wein
oder Bier zu trinken, sind nicht angezeigt.
Rauchen erhöht das Erkrankungsrisko von Krebs-, Herz-Kreislauf- und der cerebrovasculären
Erkrankungen.
Die Studien ergaben keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung des Erkrankungsrisikos für das invasive Mammakarzinom und der Brustkrebssterblichkeit, für das colorectale
Karzinom sowie für die Krebsinzidenz und Krebsmortalität durch die Senkung des Fettkonsums und
durch die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs.
Die Ergebnisse aus dieser epidemiologischen Untersuchung stellen keinen Widerspruch zu den
Erkenntnissen aus den internationalen Ernährungs- und Krebsstudien dar.
40
12. Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest
Karzinogene Mykotoxine sind in Lebenmitteln weit verbreitet. Die internationalen Ernährungs- und
Krebsstudien weisen verschieden Lebensmittel als Risikofaktoren aus, die das Krebserkrankungsrisiko
deutlich erhöhen (Bier, Wein, verarbeitetes Fleisch, Milch u. a ).
Neben den Kontaminationen von Getreide stellt sich die Verarbeitung verdorbener - verschimmelter Früchte (Weintrauben, Obst u. a.) als bedeutendes Potential für die Ochratoxin A-Kontaminationen der
Lebensmittel (z. B. Wein, Trauben- und Fruchtsäfte u. a.) dar.
Ungünstige Lagerungs- und Verarbeitungsprozesse erhöhen erheblich den Schimmelbefall und die
Mykotoxinbelastung der Lebensmittel und begründen das erhöhte Erkrankungsrisiko.
Die Krebsprävention erfordert die strikte Senkung der Belastung mit krebsverursachenden Mykotoxinen,
insbesondere Ochratoxin A, wo immer das möglich ist.
Amézqueta et. al. (2007) publizieren in einer Übersicht Möglichkeiten der Ochratoxin A-Dekontamination von Lebensmitteln. Sie betreffen Getreide, Weintrauben und andere Früchte der warmen
Regionen, Kaffeebohnen und Kakaobohnen, Erntefrüchte der tropischen Region und Fleischprodukte.
Für eine Entgiftung werden lebensmittel-technologische, physikalische, chemische und mikrobiologische
Methoden angeführt. Die Autoren verweisen auf das Kontrollsystem HACCP (Hazard Analysis and
Critical Controll Points) als System, das Risiken identifiziert und evaluiert. Es ist außerordentlich
bedeutsam für die Lebensmittelsicherheit.
Bauer, Prof. J: (1994) untersuchte Möglichkeiten zur Dekontamination von Tierfutter und zur Entgiftung
von Schweinen. Die Untersuchungen sind auch für die Medizin interessant. Im "in-vitro"-Versuch zeigte
sich, daß von den untersuchten Adsorbentien Aktivkohle zu den besten Resultaten führte. Ein Zusatz von
0,01 % zu einer artefiziell kontaminierten wässrigen Lösung reichte aus, um 96 - 99 % der Toxinmenge
(100µg/L) zu binden. Im "in-vivo"-Versuch konnte auch die Belastung der Tiere durch Zufütterung von
Aktivkohle gesenkt werden.
Charles (1986) beschreibt in einer Publikation der Weltgesundheitsorganisation das in den Vereinigten
Staaten von Amerika weit verbreitete Verfahren der Produktionskontrolle der Lebensmittel an „kritischen
Kontrollpunkten für die Risikoanalyse". Parallel mit dem HACCP-Verfahren müssen unbedingt alle
Aufzeichnungen über die Verarbeitung und die Überwachungsergebnisse als Mittel zur genauen
Identifizierung jeder einzelnen Produktions- bzw. Lieferungsserie des betreffenden Produkts aufbewahrt
und ein System geschaffen werden, das die Auslieferung und den Konsum gesundheitsgefährlicher
Lebensmittel sicher verhindert. Dieses Verfahren wurde zwar zur Verhütung mikrobieller Kontaminationen entwickelt, doch läßt sich ein ähnliches Verfahren auch auf andere Chemikalienverunreinigungen anwenden. Das betriebliche Kontrollsystem erhöht unmittelbar die Aufmerksamkeit für
lebensmittel-hygienische Mängel und für die Qualitätssicherung.
Mit einem Labortest zur Ochratoxin A-Dekontamination präsentierte die aokin AG ein neu entwickeltes
Präzisions-Analyseverfahren für den Nachweis von Mykotoxinen in Lebensmitteln.
Der Labortest zeigte für die Ochratoxin A-Dekontamination, dass durch die Filterung von Rotweinproben über Aktivkohle eine Entfernung des karzinogenen Mykotoxins aus den untersuchten Proben
möglich ist und bestätigte damit zugleich auch die prinzipielle Möglichkeit einer Dekontamination von
flüssigen Lebensmitteln (Bier, Wein, Trauben- und Fruchtsäfte).
Mit dem Labortest wird zudem klargestellt, dass das vorgestellte Untersuchungsverfahren für den Einsatz
in den betrieblichen Qualitätssicherungssystemen (HACCP) für die Kontrolle der Rohstoffe, z. B. zum
Ausschluss verschimmelter und mit Mykotoxinen kontaminierter Früchte vor der Verarbeitung, wie auch
für den Nachweis der einwandfreien Beschaffenheit der hergestellten Lebensmittel ebenso, wie in der
staatlichen Lebensmittelüberwachung und in der Medizin geeignet ist.
Eine Dekontamination von Lebensmitteln ist prinzipiell möglich und bedeutungsvoll für die Lebensmittelsicherheit. - Die betrieblichen Qualitätssicherungssysteme haben für die unmittelbare
Erkennung und Beseitigung von Risiken in der Lebensmittelherstellung eine große Bedeutung.
41
13. Zur Ursache der Magen- und der Zervixkarzinome
Bei der Betrachtung der Karzinogenese an den verschiedenen Krebslokalisationen lassen sich für die
Zellen zwei grundsätzlich unterschiedliche Belastungspfade erkennen. Dabei sind die betroffenen Zellen
nicht der passive Teil bei der Invasion eines karzinogenen Stoffes. Die Zellen nehmen das Karzinogen im
Rahmen ihrer physiologischen Funktionen aktiv auf:
* Die Zellen der verschiedenen Epithelien/Endothelien des Mund-/Rachenraumes, des Ösophagus, des
Magens, des Dickdarms, der intrahepatischen und extrahepatischen Gallengänge und der Gallenblase,
des Ductus pankreaticus, des Urothels des Nierenbeckens und der Harnblase, der Milchgänge, - auch das
Plattenepithel der Zervix! - u. a. resorbieren das Karzinogen unmittelbar aus der Nahrung und/oder aus
den Körperflüssigkeiten. An diesen Stellen treten die meisten Tumoren auf. - Alkohol verbessert die
resorptiven Bedingungen an diesen Lokalisationen und führt in Abhängigkeit von der mittleren AlkoholTagesaufnahme zu einer Erhöhung des Erkrankungsrisikos. * Die Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane (Leber, Niere und Haut), alle Drüsen und Schleimhäute
werden hämatogen belastet. Sie nehmen das Karzinogen direkt aus der Blutbahn auf und scheiden es mit
den Exkreten/Sekreten aus. So die Leber, die Niere, die Haut, die Brust, die Bauchspeicheldrüse, die
Prostata, die Gebärmutterschleimhaut, - auch die Schleimhaut des Zervixkanals! -, die Bronchialschleimhaut u. a. - An diesen Lokalisationen nimmt die Belastung durch die Hemmung der Ausscheidung
des Karzinogens zu und führt dadurch zu einer zunehmenden Inzidenz. Untersuchungen zur Ätiologie der Magen- und der Zervixkarzinome sollen eine weitere Aufklärung zur
Frage nach dem auslösenden Karzinogen bringen.
13.1 Das Magenkarzinom
Die Magenkarzinome sind weitaus überwiegend Adenokarzinome. - Männer erkranken häufiger als
Frauen. Das Magenkarzinom war bis in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland die
häufigste Krebserkrankung beim Manne.
Uebermuth (1957), schrieb über das Magenkarzinom: „Von allen Krebsleiden, die die Organe des
Menschen betreffen, ist der Magenkrebs der häufigste; nach großen Statistiken betrifft jedes zweite
Karzinom den Magen. Die Häufigkeit ergibt sich auch daraus, daß in Deutschland in einem Jahr, bezogen
auf eine Bevölkerungszahl von 68 Millionen, 52.000 noch immer an Magenkrebs sterben. Hierbei werden
Männer etwa dreimal häufiger als Frauen betroffen.“ - Er erklärt, dass der Magenkrebs in den nordischen
Ländern mit großem Fett- und Ölverbrauch, mit deren Neigung, heiße Speisen zu bevorzugen,
zahlenmäßig sehr hoch anzutreffen ist, während nach statistischen Erhebungen Völker mit gleichmäßiger
und naturgemäßer Ernährung (Reisesser) den Magenkrebs kaum kennen. In den gleichen Zusammenhang
gehöre die Erfahrung, daß Angehörige der Gaststättengewerbe, Brauer und Kellner häufig magenkrebskrank werden, wobei auch der gewohnheitsgemäße Genuß von Alkohol krebsauslösende, durch die
Jahre sich summierende Reize setzt. Da auf dem Gebiet des Genusses und hinsichtlich mehr oder minder
unphysiologischer Essensgewohnheiten die Männer den Frauen gegenüber beträchtlich schlechter
abschneiden, finde sich hierin die Erklärung des Überwiegens der Beteiligung der Männer an der
Magenkrebskrankheit gegenüber den Frauen.
42
Nach Marcusson (1954) fanden sich zur Krebsepidemiologie bereits in der Mitte des vergangenen
Jahrhunderts in der Züricher Todesursachenstatistik Hinweise auf einen Rückgang des Magenkarzinoms:
„Das Magencarcinom hat bei beiden Geschlechtern abgenommen. Dieser Rückgang ist auffällig, denn
die Therapie des Magenkrebses hat keine prinzipielle Änderung erfahren und keine solchen Erfolge
aufzuweisen, welche diesen Rückgang erklären würden. Allerdings wird das Magencarcinom heute durch
die Röntgenuntersuchung früher diagnostiziert, aber dies gilt doch nur für einen kleinen Teil aller
Kranken, denn die Erfassung der Frühfälle ist noch immer eine sehr unbefriedigende Angelegenheit.“
Sichere Schlüsse könnten nur aus einem Vergleich einer in keinem Lande vorhandenen Morbiditätsstatistik mit der Mortalitätsstatistik der Magenkrebse gezogen werden.
Wahrendorf (1989) berichtet über den Rückgang der Magenkrebsmortalität in Deutschland bereits seit
Anfang der 1950er Jahre.
Seydlitz (1986) untersuchte die bösartigen Neubildungen des Magens in der DDR zwischen 1953 und
1982 auf der Datenbasis des Nationalen Krebsregisters der DDR. Im NKR wurden von 1953 bis 1982
insgesamt 213.302 Neuerkrankungen an einem Magenkarzinom registriert. Davon fielen 120.660 Fälle
auf das männliche und 92.642 auf das weibliche Geschlecht. Beim Vergleich zwischen dem
Magenkazinom und der Gesamtzahl aller bösartigen Geschwulsterkrankungen von 1953 bis 1982 in der
DDR lag der höchste prozentuale Anteil mit 27 % im Jahre 1955 beim männlichen Geschlecht vor. Das
Maximum beim weiblichen Geschlecht wurde
1960 mit 14,2 % registriert. Bis 1982 gingen die
Anteile auf 10,6 % beim männlichen bzw. auf
7,8 % beim weiblichen Geschlecht zurück. Seit
Anfang der 1960er Jahre war die Inzidenz des
Magenkarzinoms in der DDR sowohl bei den
Männern als auch bei den Frauen ständig
gesunken.
Abb. 6: Inzidenztrend der Magenkarzinome
zwischen 1956 und 1982 in der DDR
(nach Seydlitz, 1986; /* Angabe für 2002:
Gemeinsames Krebsregister der Neuen
Bundesländer: Krebsinzidenz 2001 und 2002)
Die Autorin weist gleichfalls auf große Unterschiede in der Erkrankunghäufigkeit zwischen den
verschiedenen Staaten und ebenso den Ländern in Deutschland hin. Boeing, Frentzel-Beyme u. a. fanden,
daß in der Bundesrepublik die höchste Sterblichkeitsrate beim Magenkarzinom im Freistaat Bayern
vorlag. Innerhalb dieses Regierungsbezirkes lag die höchste Sterblichkeit in Niederbayern, der Oberpfalz
und Oberfranken. (s. auch S. 69)
Diskutiert wurde ein Modell der Ätiologie des Magenkrebses von Correa u. a. (1982) in dem deutlich
gemacht wird, daß spezielle Risikoerkrankungen wie zum Beispiel Perniziosa, chronisch atrophische
Gastritis oder die intestinale Metaplasie mit Erhöhung des pH-Wertes im Magen einhergehen. Dies
bedeute eine Einschränkung der Säureproduktion und damit die Möglichkeit der Bakterienvermehrung.
Dadurch werde die Bildung von N-Nitroso-Verbindungen begünstigt.
Auf weltweit erhebliche Unterschiede in der Mortalität an Magenkrebs weist das Deutsche
Krebsforschungszentrum (2005) im Krebsatlas hin. Danach gehört Japan zu den Ländern mit der höchsten
Sterberate je 100.000 von 34.1 (Männer) und 15.0 (Frauen), während in den USA die Sterblichkeit bereits
auf 5.2 (Männer) bzw. 2.4 (Frauen) gesunken ist. In Europa ist die Magenkrebsmortalität in Portugal
43
(25.4 bei Männern, 12.0 bei Frauen) sowie in einigen Ländern Mitteleuropas (Ungarn: 24.3 bei Männern,
10.0 bei Frauen; Polen: 23.2 bei Männern, 7.8 bei Frauen) am höchsten. Die niedrigsten in Europa
beobachteten Raten finden sich in Schweden (8.5 bei Männern, 4.5 bei Frauen) und in Frankreich (8.7 bei
Männern, 3.5 bei Frauen). Für Deutschland wird die altersstandardisierte Inzidenzrate für das Jahr 2002
mit 23,5/100.00 für die Männer und 11,8/100.000 für die Frauen angegeben.
Zu klären bleiben die Fragen nach der Ursache der Inzidenz und des Inzidenzrückganges. Wie nehmen die
Zellen der Magenschleimhaut das Karzinogen auf? Was hat sich seit mehr als 50 Jahren weltweit und in
Deutschland im Ernährungsverhalten so gravierend verändert?
Zunächst kann man sicher davon ausgehen, dass die Magenkarzinome von Männern und Frauen
grundsätzlich die gleiche Ursache haben.
- Im Magen erfolgt keine nennenswerte Resorption von Wasser und in Wasser glösten Stoffen.
- Alkohol und in Alkohol gelöste (Gift-)Stoffe werden im Magen hingegen schnell resorbiert.
- Das Karzinogen wird entsprechend im Magen nur in Verbindung mit Alkohol (z. B. Bier und/oder
Wein) resorbiert.
- Die Männer sind stärker belastet als die Frauen.
- Seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist die Erkrankungshäufigkeit des Magenkarzinoms
sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen rückläufig.
Für Bier und Wein war bereits in den Alkoholstudien (Cho und Coautoren, 2004; Boffetta et al., 2006)
bei geringen mittleren Tagesaufnahmen ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko festgestellt worden. Im
Lebensmittel-Monitoring bestätigte sich zudem die Belastung von Bier und Wein mit karzinogenen
Mykotoxinen.
Auf eine Anfrage nach der Ursache für den Rückgang des Bierverbrauchs in Deutschland erklärte die
Sprecherin des Deutschen Brauerbundes im Jahre 2006 in Berlin: “Uns sind die jungen Männer als
Biertrinker abhanden gekommen. Und es gibt genügend Alternativen zum Bier.“
Läßt sich diese Aussage objektivieren? - Für eine Antwort wurden die Daten des Krebsregisters der DDR
über die Altersverteilung der Magenkrebserkrankungen verwendet. Gleichzeitig mit der Abnahme der
Inzidenz hat sich bei den Männern und bei den Frauen eine Verschiebung des Erkrankungsalters in das
höhere Lebensalter vollzogen.
13.2 Gebärmutterkarzinome
Gebärmutterkrebs war in Deutschland bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts die häufigste
Krebserkrankung der Frau. Davon betrafen etwa 85 % das Plattenepithel der Portio, 10 % waren
Adenokarzinome des Korpus, 5 % der Endozervix (Hamperl, 1957). - Für das Jahr 2002 weist das
Gemeinsame Krebsregister für die Korpuskarzinome einen Anteil an allen Gebärmutterkarzinomen von
61,35 % aus.
Das Zervixkarzinom gehört auch gegenwärtig mit 3 - 4 % aller Krebserkrankungen und etwa 1,9 % aller
Krebssterbefälle der Frau noch zu den häufigen Krebserkrankungen. Seine Inzidenz weist eine besondere
Altersverteilung auf. Ein bedeutender Anteil an den Erkrankungen tritt bereits vor der Menopause auf.
Dadurch entsteht ein erster Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen zwischen 35 und 45 Jahren. Die
Altersverteilung der Zervixkarzinome unterscheidet sich deutlich von der der Korpuskarzinome und der
Karzinome der Vagina, welche in der Regel weit überwiegend erst nach der Menopause auftreten. Die
Inzidenz des invasiven Zervix-(Plattenepithel-)karzinoms hat bereits seit den 1950er Jahren - ebenso wie
das Magenkarzinom - ständig abgenommen. Zugleich ist der prozentuale Anteil der endozervikalen
Adenokarzinome an den Zervixkarzinomen ständig gestiegen. Wo liegen die Gründe für diese
Veränderung?
Die Ursache für das Zervixkarzinom wird seit langem diskutiert. Ebeling (1987) beschreibt das
Zervixkarzinom, wie andere Autoren auch, das sich wie eine sexuell übertragbare Krankheit mit geringer
Infektiosität verhält. Es wird mit früher Aufnahme sexueller Beziehungen und Promiskuität in
Verbindung gebracht. Er spricht auch davon, daß Frauen von Männern mit Peniskarzinomen „Risikopartner“ - häufiger erkranken. Für Frauen mit Intrauterinpessaren ergibt sich ein vermindertes
44
Risiko. - Genetische Prädispositionen spielen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. - Rauchen
und Vitaminmangel führen zu einem erhöhten Risiko.
Baltzer und Coautoren (2000) beschreiben die Früh- und Vorstadien des Zervixkarzinoms bei jungen
Frauen vorwiegend an der Portiooberfläche. Sie sind bei älteren und alten Frauen zumeist endozervikal
lokalisiert.
Nach Gissmann und Pavlita (2002) kann Krebs beim Menschen vielfältige Ursachen haben. Neben einer
erblichen Veranlagung oder Umwelteinflüssen können auch Infektionen mit bestimmten Bakterien, Viren
oder Parasiten die Entstehung von Krebs beeinflussen. Nur ein sehr kleiner Teil der infizierten Personen
erkrankt an Krebs. Eine HPV-Infektion wird als notwendiger Faktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms gesehen. Ziel ihrer Untersuchungen sei es entsprechend, die Entstehung von Zervixkarzinomen
durch einen virusspezifischen Impfstoff zu verhindern.
Im Krebsatlas des Deutschen Krebsforschungs-zentrums (2005) weisen die Autoren darauf hin, daß das
Internationale Krebsforschungszentrum (IARC) in Lyon im Jahre 1995 „aufgrund der klaren Befundlage“ verschiedene HPV-Typen als karzinogen eingestuft hat. An gleicher Stelle führt die vergleichsweise hohe Durchseuchung mit Papillomviren bei vergleichsweise niedriger Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs bei den Autoren zu dem Schluß, „daß möglicherweise zur Entwicklung von Tumoren
des Gebärmutterhalses über die Virusinfektion hinaus weitere Kofaktoren erforderlich sind.“
Hampl (2006) sprach auf dem 27. Deutschen Krebskongress über die hohe Relevanz der erwarteten
Impfung gegen das HPVirus. Bekannt seien bisher ca. 120 verschiedene HPV-Typen, von denen HPV 16
und 18 für mehr als 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich zeichnen. Die beiden Virus-Typen seien
außerdem mit Karzinomen der Vulva, der Vagina, des Anus und des Penis assoziiert. Vor allem HPV 16
sei für einen erheblichen Prozentsatz der Fälle eines Vulvakarzinoms und dessen Vorstufen verantwortlich.- Die Prävalenz der HPV-Infektion in der Bevölkerung sei allgemein hoch: Man könne davon
ausgehen, dass 70 % der Menschen im Laufe ihres Lebens eine HPV-Infektion durchmachen.
Jährlich werden in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Frauen mit dem Virus infiziert, doch die
überwiegende Mehrzahl der Infektionen verläuft folgenlos. Rund 500.000 der infizierten Frauen
entwickeln eine niedriggradige Zervixläsion (CIN, zervikale intraepitheliale Neoplasie), wobei diese in
wiederum in rund 22.000 Fällen in eine höhergradige CIN (CIN 2/3) und in ein Zervixkarzinom
übergehe. Die Inzidenz gutartig verlaufender Infektionen sei damit sehr hoch, die Inzidenz des Zervixkarzinoms dagegen vergleichsweise niedrig.
Gegen eine ursächliche Rolle der HPV-Infektionen spreche die Immunabwehr und die spontane
Rückbildung der durch sie verursachten Läsionen. Prof. Schiffman vom National Institute of Health
(NIH) der USA hatte dazu anläßlich der 2. Conference on Cervical Cancer Screening in Europe im Jahre
2005 in Tübingen betont: HPV-Infektionen sind bei sexuell aktiven jüngeren Frauen sehr häufig, werden
aber fast immer von der Immunabwehr schnell wieder eliminiert. HPV-Tests führen zu einer häufigen
Überdiagnose von Läsionen, die von alleine in Remission gehen. Auch bei älteren Frauen (> 30 Jahre)
liege die "Clearance" recht hoch, nach einem Jahr sei bei der Hälfte bis zwei Drittel der infizierten Frauen
die Infektion von selbst wieder verschwunden.
Nach Schmidt-Matthiesen (2005) gelte die Annahme, dass die Entstehung obligatorisch an sexuelle
Aktivität gebunden ist, als gesichert. Es gehe dabei „um die Exposition der Zervix gegenüber örtlich
wirksamen kanzerogenen oder ko-kanzerogenen Noxen“.
Beckmann und Coautoren (2005) sehen im Rückgang der Inzidenz einen Therapiefortschritt beim
primären Zervixkarzinom. Sie stellen fest, dass die Inzidenz von Anfang der 1970er bis Mitte der 1980er
Jahre - mit Einführung der gesetzlichen Krebsfrüherkennnung - zu einem deutlich rückläufigen Trend
führte und im Jahre 2003 bei 12 bis 14 Fällen pro 100.000 Frauen lag. Der Anteil der Adenokarzinome an
den Zervixkarzinomen ist dagegen in den letzten 25 Jahren von 10 auf etwa 20 % gestiegen.
Die vom Gemeinsamen Krebsregister ausgewiesenen Inzidenztrends für die Zervixkarzinome zeigen im
Zeitraum 1960 bis 1999 als Ergebnis der Früherkennungsuntersuchungen die verstärkte Erfassung des
Carcinoma in situ (s. Abb. 7).
45
Abb. 7: Inzidenztrend der Zervixkarzinome
1961 bis 1999 (altersstandardisiert ESR)
(Bild: GKR, Jahresbericht, Krebsinzidenz 1999)
(Anmerkung zur Abbildung 7: Als Grund für den Rückgang sowohl des
invasiven Zervixkarzinms als auch des Carcinoma in situ in den Jahren 1991
bis 1994 werden im Bericht des Krebsregisters die Veränderungen des
Meldeverhaltens der Ärzte angegeben.)
Die Morbidität des Zervixkarzinoms ging im gleichen Zeitraum im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters von etwa 50 auf 12,8 Fälle je 100.000 Frauen zurück. Eine positive Wirkung der diagnostischen
Maßnahme auf den bereits seit 1960 bestehenden rückläufigen Inzidenztrend des invasiven
Zervixkarzinoms läßt sich nicht erkennen. Damit kann der Inzidenzrückgang des Zervixkarzinoms ebenso wie bei den Magenkarzinomen - nicht als Ergebnis der medizinischen Vorsorgemaßnahme
gewertet werden. Er begann bereits um 1960 und setzt sich ohne sichtbare Beeinflussung durch die
Früherkennungsuntersuchungen bis zum Jahre 2002 fort. Die Ursache auch dafür wird zu klären sein.
Ebenso gibt es auch keinen Hinweis darauf, daß dieser seit langem anhaltende Inzidenzrückgang der
Plattenepithel-Zervixkarzinome durch eine Abnahme der Erkrankungshäufigkeit der HPV-Infektionen
begründet sein könnte. Allein der Nachweis von Virus-DNA in den Zellen ist kein Beweis für deren
Karzinogenität.
Damit bleibt die begründete Frage nach einer möglichen gemeinsamen Ursache für den beob-achteten
Inzidenzrückgang der Magen- und der Zervixkarzinome seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts.
Die Erkenntnisse über die Aufnahme der karzinogenen Stoffe durch die verschiedenen Zellen führen zu
der Einschätzung, daß nur das Plattenepithel der Portiooberfläche zur Resorption des sexuell übertragenen
Karzinogens fähig ist. Drüsen und Schleimhäute, die ein Sekret oder Schleim absondern, resorbieren
nicht. Plattenepithelkarzinome der Zervix treten bereits in jüngeren Jahren, die Karzinome des
Endometriums und die Vaginalkarzinome überwiegend erst nach der Menopause auf.
Bei den Magen- und Zervixkarzinomonen ist zudem davon auszugehen, daß die Resorption des
Karzinogens durch die Zellen an diesen beiden
Lokalisationen wahrscheinlich nur in Alkoholgelöster Form erfolgen kann.
Abb. 8: Inzidenztends der Magen- und Zervixkarzinome 1963-1987 / 2001 (altersstandardisiert auf
WB) nach Daten des Krebsregisters der DDR in: Das
Gesundheitswesen - Jahresgesundheitsbericht 1989 für
das Gebiet der ehemaligen DDR (/* 1999/2001 GKR,
Krebsinzidenz 1999, 2000 und 2001)
46
Und in welchen weltweiten Veränderungen finden wir die Ursache für diese weltweit rückläufigen
Inzidenztrends? Finden wir sie in der weltweiten Verdrängung des Bieres vom Markt durch andere
alkoholfreie Erfrischungsgetränke wie Coca-Cola seit etwa 1940 in den USA, und seit etwa 1950 auch in
Deutschland u. a.? (s. auch: Die Coca-Cola Story, S. 131).
Diese zunächst unbeantwortet bleibende Frage nach den tatsächlichen Bedingungen, die zur
Entstehung und zum Inzidenzrückgang der Magen- und Zervixkarzinome führten, werden
letztlich nur die Betroffenen selbst beantworten können und müssen ggf. einer weiterführenden
epidemiologischen Untersuchung vorbehalten bleiben.
13.3 Zur HPV-Impfung eine Prognose bis zum Jahre 2050
Aus aktuellem Anlass wird an dieser Stelle auf der Grundlage der epidemiologischen Analyse eine
vorläufige Einschätzung des durch die HPV-Impfung zu erwartenden Inzidenzrückganges des
Zervixkarzinoms bis zum Jahre 2050 vorgenommen. Dafür ergeben sich aus den Dokumentationen des
Gemeinsamen Krebsregisters wesentliche Ansätze. Betrachtet werden hier die gemeldeten Gebärmutterkarzinome im Beobachtungsgebiet im Zeitraum 1999 bis 2002.
Die Entwicklung der Altersspezifischen Morbidität der Gebärmutterkarzinome zeigt drei grund-sätzlich
unterschiedlich verlaufende Prozesse (s. Abbildung 9):
1. Das Carcinoma in situ (n = 4.970 in 4 Jahren) stellt sich als virusbedingte Läsion dar, von der
Schiffman sprach, die bei jüngeren Frauen sexuell übertragen wird und mit der Ausbildung der Immunität
von alleine in Remission geht. Es zeigt somit die Eigenschaften eines sexuell übertrag-baren infektiösen
Prozesses mit einer Immunantwort. - Das ist nicht typisch für die Karzinome. - Betroffen ist das
Plattenepithel der Portio. Bereits ab dem 35. Lebensjahr ist die altersspezifische Morbidität dieser
Läsionen rückläufig. Die Beurteilung des Pathologen: "virusbedingt".
Abb. 9: Karzinome der Gebärmutter: Mittlere altersspezifische Morbidität 1999 - 2002
(Fallzahl: n = 18.935 über einen Zeitraum von 4 Jahren / Daten: Gemeinsames Krebsregister)
47
Abb 10: Gebärmutterhalskrebsmorbidität - Mittlere Risikoerhöhung durch (HPV)-Infektionen 1999 - 2002
(Fallzahl: n = 5.396 über einen Zeitraum von 4 Jahren / Daten: Gemeinsames Krebsregister)
2. Die invasiven Zervixkarzinome (n = 5.396 in 4 Jahren) sind weit überwiegend Plattenepithelkarzinome der Portio. Sie entstehen - ebenso wie die infektiös bedingten Läsionen - durch die sexuelle
Übertragung des Karzinogens. Zwei Erkrankungsgipfel, im Alter zwischen 35 und 45 und im Alter über
70 Jahren, belegen zweifelsfrei die Überlagerung der Wirkungen von zwei maßgebenden Faktoren bei der
Karzinogenese, der Krebsursache und eines weiteren Risikofaktors (Abb. 9 und 10). - Ein deutlich
erhöhtes Krebserkrankungsrisiko durch eine zusätzliche Belastung - z. B. durch die HPV-bedingten
Läsionen - wird im ersten Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen zwischen 20 und 60 Jahren sichtbar.
Aus den Daten des Gemeinsamen Krebsregisters läßt sich der Anteil dieser zusätzlich aufgetretenen
Zervixkarzinome auf etwa ein Drittel der Zahl aller Neuerkrankungen einschätzen. Das ent-spricht
hochgerechnet für Deutschland etwa 2.200 HPV-induzierten Neuerkrankungen an einem Zervixkarzinom
jährlich.
3. Die Korpuskarzinome (n = 8.569 Adenokarzinome des Endometriums in 4 Jahren) beginnen weit
überwiegend erst nach der Menopause. Die Abbildungen zeigen die mit zunehmendem Alter steigende
Erkrankungshäufigkeit und die bereits dargestellte, deutliche Erhöhung des Erkrankungsrisikos durch die
Hormonanwendungen (s. auch Abb. 14, S. 52). Es gibt für die Karzinome des Endometriums keinen
Hnweis auf ein zusätzliches HPV-induziertes Erkrankungsrisiko.
Der Anteil der durch Papillomviren mitverursachten Zervixkarzinome und die betroffenen Altersgruppen sind in der Abbildung 10 dargestellt. Sie bewirken insbesondere die Entstehung des ersten
Erkrankungsgipfels der Zervixkarzinome.
Die Ständige Impfkommission hat mit ihrer Veröffentlichung vom 23. 3. 2007 die Impfung gegen
humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren mit dem Ziel der
Senkung der Krankheitslast des Gebärmutterhalskrebses empfohlen. Die Impfempfehlung wird mit dem
individuellen Schutz vor einer Infektion mit HR-HPV und mit der möglichen Verringerung der
Wahrscheinlichkeit, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, begründet. Die Impfung soll ergänzend zu
den bestehenden Früherkennungsuntersuchungen eingesetzt werden. - Nicht im Impfstoff enthaltene
HPV-Typen, unvollständig geimpfte Personen und seltene Impfversager erfordern auch beim Erreichen
einer hohen Durchimpfung die Fortführung der Früherkennungsuntersuchungen.
Bei der Einschätzung der Wirksamkeit der Impfung gelte es zu beachten, dass die derzeit vorliegenden
Daten zur Häufigkeit des Zervixkarzinoms und damit zur Krankheitslast in Deutschland die demografischen Veränderungen (sinkende Geburtenzahl) und verändertes Sexualverhalten nicht ausreichend
berücksichtigen. Für eine Geburtskohorte von 360.000 Mädchen des Geburtsjahrganges 1996 wurden die
kumulativ zu erwartenden Erkrankungsfälle berechnet. Grundlage der Berechnung waren die altersspezifischen Erkrankungsraten und die Abschätzung der Lebenserwartung anhand der Sterbetafeln 2002/ 2004.
Daraus ergibt sich bei einem Lebenszeitrisiko an einem Gebärmutterkarzinom zu erkranken von 1,1 %
eine Zahl von 3.934 Erkrankungsfällen. Bei einer erwarteten möglichen Impfbeteiligung von 70 % würde
jede 140. Frau dieser Kohorte von der Impfung profitieren.
48
Die erste gegen HPV geimpfte Altersgruppe (Geburtsjahrgänge 1991 bis 1995) erreicht im Jahre 2050
das Alter zwischen 55 und 60 Jahren. Der Zeitpunkt für diese Prognose wurde so gewählt, weil der
weitaus überwiegende Anteil der HPV-induzierten Zervixkarzinome vor dem 60. Lebensjahr auftritt. Es
wird davon ausgegangen, daß etwa jedes Dritte Zervixkarzinom auf der Basis einer HPV-bedingten
Läsion entsteht und diese zusätzlichen Erkrankungen den ersten Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen
zwischen 35 und 55 Jahren bilden.
Die epidemiologische Einschätzung erfolgt auf der Grundlage von Daten des Gemeinsamen Krebsregisters der Neuen Bundesländer und von Berlin. Im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters werden die
Daten von etwa 8.9 Millionen Frauen dokumentiert. In den Jahren 1999 bis 2002 wurden im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters im Mittel 1.349 Erkrankungen (1.273 - 1.429) an einem invasiven
Zervixkarzinom erfaßt. Das Lebenszeit-Erkrankungsrisiko wurde mit etwa 1,1 (1,07 - 1,15) % angegeben.
Im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters sind in den Jahren 1991 bis 1995 etwa 290.000 Mädchen
geboren worden. Entsprechend sind jährlich 58.000 Mädchen zu impfen.
Abb. 11: Zervixkarzinome: Mittlere Zahl der Neuerkrankungen in den Jahren 1999 bis 2002
im Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters als Vergleichsbasis
( n= 1.349 , davon HPV-induziert: 395 / nach Daten des Gemeinsamen Krebsregisters)
Abb. 12: Zervixkarzinome: Erwartete Neuerkrankungen im Jahr 2050 im Beobachtungsgebiet des
Gemeinsamen Krebsregisters als Folge des Geburtenrückganges und im Ergebnis der HPV-Impfung
( n= 782 , davon HPV-induziert: 57 / nach Daten des Gemeinsamen Krebsregisters)
Der Rückgang der Erkrankungshäufigkeit in der zuerst geimpften Altersklasse wird bis 2050 - bei
gleichbleibender altersspezifischer Morbidität - zu einem wesentlichen Teil durch den Geburtenrückgang ab Anfang der 1990er Jahre bestimmt sein. In den Neuen Bundesländern ist die Zahl der
Geburten ab 1991 um etwa 50 % zurückgegangen (s. auch unter Statistisches Bundesamt).
49
Entsprechend wird die Zahl der Neuerkrankungen, unabhängig von ihrer Ursache und von den
getroffenen Maßnahmen, in der geimpften Altersgruppe gleichfalls in diesem Maße abnehmen.
Außerdem wird die Zahl der HPV-induzierten Neuerkrankungen entsprechend dem prozentualen Anteil
der Impfbeteiligung abnehmen. Auf die Erkrankungshäufigkeit der älteren Jahrgänge haben bis zu diesem
Zeitpunkt weder der Geburtenrückgang noch die Impfung einen Einfluß. Es werden erhebliche Unterschiede zwischen den Alten und Neuen Bundesländern zu erwarten sein. Aus der epidemiologischen
Analyse ergibt sich für die Beurteilung der zu erwartenden Wirksamkeit der Impfmaßnahmen in den
Neuen Bundesländern und in Berlin unter Beachtung des Geburtenrückganges und einer über die 40
Jahre gehaltenen Immunität bei einer mittleren Impfbeteiligung von etwa 70 % (etwa 40.000 Impfungen
jährlich), eine Abnahme der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen von 1.349 (im Mittel der Jahre 1999 2002) auf 782 (im Jahre 2050). Das entspricht einem Rückgang der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen
bis 2050 um insgesamt 567 Erkrankungsfälle (42 %). Der Anteil der Impfung daran besteht in der
Verminderung der Zahl der HPV-induzierten Zervixkarzinome um jährlich 135 (10 %).
Das bedeutet, dass von je 300 geimpften Mädchen eins von der Imfung wird profitieren können.
Jeweils zwei Mädchen werden trotz der Impfung an einem Zervixkarzinom erkranken. Das wird jedoch
überwiegend erst nach dem Jahr 2050 sichtbar werden.
Auch nach dem Jahre 2050 wird noch eine weiterer Rückgang der Zahl der Neuerkrankungen der zuerst
Geimpften zu erwarten sein, der jedoch in vollem Umfang der demografischen Entwicklung zuzuordnen
sein wird.
(Diese Modellierung gilt wegen der erheblichen Unterschiede bei der demografischen Entwicklung nur für das
Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters der Neuen Bundesländer und von Berlin.)
Das Magenkarzinom entsteht auf der Basis des im Magen resorbierten, in Alkohol gelösten Karzinogens.
Die Inzidenz des Magenkarzinoms hat seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bei Männern und
Frauen ständig abgenommen und deutlich in das höhere Lebensalter verschoben. Die Ursache dafür
ist im veränderten Konsumverhalten zu sehen. Der Bierverbrauch ist zurückgegangen. Besonders die
jungen Männer sind nach Angaben des Brauerbundes als Biertrinker verloren gegangen.
Das Zervixkarzinom entsteht durch die Resorption des Karzinogens durch das Plattenepithel der Portio.
Das Karzinogen wird mit dem Sperma in die Scheide eingetragen. Alkohol verbessert die Resorption und
erhöht damit das Erkrankungsrisiko.
Der Rückgang der Inzidenz der Zervixkarzinome beruht weit überwiegend auf dem Rückgang der
Plattenepithelkarzinome der Zervix. Der relative Anteil der Adenokarzinome der Endozervix an den
Zervixkarzinomen hat hingegen zugenommen.
Nach der epidemiologischen Untersuchung ensteht etwa jedes Dritte Zervix-(Plattenepithel-)karzinom als
Folge der HPV-bedingten Läsionen.
Die Verhütung von Zervixkarzinomen durch die HPV-Schutzimpfung erfordert etwa 300 Impfungen
zur Verhütung einer HPV-induzierten Krebserkankung, entsprechend 900 Impfungen zur Verhütung
eines Sterbefalles. Angesichts der damit verbundenen sehr hohen Kosten für die Impfungen und der
Impfmüdigkeit in Deutschland erscheint der erwartete Erfolg derzeit noch eher unrealistisch.
Eine schnelle und effiziente Lösung zur Verhütung des Zervvixkarzinoms scheint es damit noch nicht zu
geben.
50
14. Probleme bei der Hormontherapie
Zwei Studien der Women´s Health Initiative (WHI) waren auf die Wirkungen der postmenopausalen
Hormontherapie auf das Brustkrebsrisiko gerichtet. Ihre Veröffentlichung löste besonders unter den
Gynäkologen vehemente und kontroverse Diskussionen aus.
Rossouw, Anderson und Coautoren (2002) veröffentlichten in einer Express-Publikation (Risks and
Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women. Principal Results From the
Women's Health Initiative Randomized Controlled Trial) die Hauptergebnisse einer WHI-Studie. Die
Womens Health Initiative war auf die Bestimmung des Risikos und des Nutzens für eine Strategie zur
Senkung der Inzidenz der Herz-Krankheit, des Brust- und des colorectalen Karzinoms sowie von
Frakturen der postmenopausalen Frauen gerichtet. Zwischen 1993 und 1998 wurden insgesamt 161.809
Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40 Klinikzentren der USA in die Studien über die postmenopausale Hormontherapie einbezogen. Die Erhöhung des Erkrankungsrisikos durch die kombinierte
Hormongabe wird für die Coronare Herzkrankheit mit 7, für Schlaganfall mit 8, für Lungenembolien mit
8 und für invasive Mammakarzinome gleichfalls mit 8 Ereignissen je 100.000 Personen-Jahre angegeben.
Für die Verminderung des Risikos für colorectales Karzinom werden 6 und für Schenkelhalsfrakturen 5
Ereignisse je 100.000 Personen-Jahren genannt.
Die Studie wurde am 31. Mai 2002 nach einer mittleren Laufzeit von 5,2 Jahren abgebrochen, weil sich
durch die Hormonbehandlung das Risiko an coronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Lungenemboli und
Brustkrebs erhöhte und das Risiko die Verminderung der Inzidenz von colorectalen Karzinomen und
Schenkelhalsfrakturen überwog. Die Internationale Krebsagentur (IARC) in Lyon hat die kombinierte
Östrogen-Gestagen-Behandlung entsprechend als "krebsverursachend" eingestuft.
Stefanick et. al. (2006) berichten über Ergebnisse einer weiteren Hormon-Studie (Effects of Conjugated
Equine Estrogens on Breast Cancer and Mammography. Screening in Postmenopausal Women With
Hysterectomy) zur postmenopausalen Östrogenanwendung. Diese „Estrogen-Alone“-Studie erfaßte
10.739 Frauen (5.310 Probandinnen, 5.429 Kontrollpersonen) in einer Kohorte, die die ethnische/
rassische Diversität in den USA reflektiert. Insgesamt erkrankten an Brustkrebs 129 (0,34 %)
Probandinnen und 161 (0,42 %) Kontrollpersonen. An invasiven Mammakarzinomen erkrankten 104
(0,28 %) Probandinnen und 133 (0,34 %) Kontrollpersonen. An einem Carcinoma in situ erkrankten 25
(0,07 %) Probandinnen und 30 (0,08 %). - Abschließend wird festgestellt, Östrogen alleine über die
Dauer von 7,1 Jahren gegeben, führt nicht zu einer Erhöhung der Brustkrebsinzidenz bei postmenopausalen Frauen nach Hysterektomie und kann eine Verminderung des Frühstadiums des duktalen
Brustkrebses bedingen. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur WHI-Studie über Östrogen plus
Gestagen-Anwendung bei Frauen mit Uterus, in der eine signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei
der Behandlung über 5,6 Jahre beobachtet wurde. Es wurde empfohlen, Östrogen nur bei Frauen nach
Hysterektomie auf der Basis einer vorsichtigen Abwägung des Risikopotentials und des Nutzens für die
Patientin anzuwenden. - Mögliche Folgen der Östrogenanwendung für das Endometrium waren nicht
Gegenstand der Studie.
Die Entscheidung der IARC zur Karzinogenität der postmenopausalen Hormonersatztherapie mit
Östrogenen und Gestagenen hat zu vehementen und kontroversen Diskussionen geführt. Die
Hormonersatztherapie zur Behandlung klimakterischer und postmenopausaler Beschwerden gehöre zu
den häufigsten medikamentösen Therapieverfahren in der gynäkologischen Praxis. Die Veröffentlichung
der WHI-Studie über die damit verbundene Erhöhung des Brustkrebsrisikos habe zu einer Verunsicherung der Patientinnen und Ärzte geführt. Das war Gegenstand von "Risk communication - a
Challenge for Doctors and Patients", am 8. 3. 2006 in Düsseldorf:
Peter van den Weijer, Apeldoorn/Niederlande, hält die Initiation eines malignen Prozesses durch die
Substitutionstherapie nach dem derzeitigen Wissensstand für eher unwahrscheinlich.
Paling, Leiter des Instituts für "Risk Communication" in Gainesville/Florida, USA, plädierte für die
Verwendung von geeigneten Hilfsmitteln für die Darstellung des Risikos. Damit können Informationen
im Kontext betrachtet und das Verständnis der Patientinnen maximiert werden. Dargestellt wurde das
Brustkrebsrisiko mit und ohne Hormontherapie nach der WHI-Studie. Von 1.000 Frauen mittleren Alters
(63 Jahre) erkrankten im Verlaufe eines Jahres 3 Frauen in der Allgemeinbevölkerung an Brustkrebs. Das
51
zusätzliche Risiko wird mit 0,8/1.000 Frauen angegeben. (Das entspricht einem Anteil von etwa 20 % der
in der angegebenen Altersgruppe aufgetretenen Brustkrebserkrankungen.)
Recker (2006) berichtet vom 5. Aachener Symposium zur Hormontherapie "Hormonale Kontrazeption:
ein unabwägbares Risiko?", das im Januar 2006 unter Vorsitz von Prof. Dr. Neulen stattgefunden hat:
Schultz-Zehden, Berlin, referierte über Daten der Kontrazeptionsstudie 2003, die zeigten, knapp 80 %
aller deutschen Frauen verwenden ein Verhütungsmittel. Die Pille ist die beliebteste Methode. Der Trend
gehe dabei im Vergleich zu früheren Befragungen dahin, dass die Frauen immer jünger werden, wenn sie
sich für die Pille entscheiden. So beginnen heute die weitaus meisten Frauen bereits im Teenageralter mit
der Pilleneinnahme. Mit neuen Varianten der hormonalen Kontrazeption und der veränderten Einstellung
der Frauen zur Periodenblutung ist der Langzyklus - definiert als die Pilleneinnahme über höchstens ein
halbes Jahr ohne Pause - zunehmend Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion geworden und
erfreut sich bei den Anwenderinnen wachsender Beliebtheit.
Braendle, sah hinsichtlich der oralen Kontrazeption keinen Grund zur Sorge und Aufregung, denn die
vorhandenen Studien würden lediglich Assoziationen und keine kausalen Zusammenhänge widerspiegeln. Ungeklärt bleibe, ob das um den Faktor 1,7 erhöhte relative Risiko eines Zervixkarzinoms unter
der Einnahme der hormonalen Kontrazeptiva durch die Pille selbst oder durch die Lebensumstände
bedingt sei, die das Risiko erhöhen (z. B. erhöhte sexuelle Aktivität, HPV-Infektionen). Er unterstreicht
die Notwendigkeit regelmäßiger Krebsvorsorgeuntersuchungen bei Mädchen ab dem Zeitpunkt der
Pilleneinnahme. Für das Endometriumkarzinom sei seit langem eine protektive Wirkung der oralen
Kontrazeption bekannt, die auch noch 15 Jahre nach dem Absetzen der Pille anhalte. Eine ähnliche
Wirkung werde für das Ovarialkarzinom beschrieben.
Emons (2006) schreibt über die Endometriumkarzinome, es gelte heute als gesichert, dass eine reine
Östrogentherapie bei Frauen mit Uterus das relative Risiko für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms je nach Anwendungsdauer auf 1,45 bis 9,5 erhöht. Dies gelte auch für die Gabe von sehr
niedrig dosierten reinen Östrogenen bzw. für die orale Applikation von Estriol. Nur die vaginale
Anwendung von Estriol scheine sicher zu sein. In einer kürzlich publizierten weiteren Auswertung der
„Million Women Study" fand sich auch für Tibolon ein relatives Risiko für ein Endometriumkarzinom
von 1,79 (95 % CI = 1,43 - 2,25), das in der gleichen Größenordnung lag, wie nach reiner
Östrogentherapie (RR = 1,45 (1,01- 2,06)). Nach wie vor sei die langfristige Gabe von reinen Östrogenen
mit intermittierender Gestagengabe, z. B. drei Monate im sog. Langzyklus nicht ausreichend abgesichert.
Die Studien der letzten Jahre zeigten weitgehend übereinstimmend, dass das Mammakarzinomrisiko
durch eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie deutlicher erhöht wird als durch eine reine
Östrogentherapie, welche möglicherweise nur eine marginale oder keine Risikoerhöhung für das
Mammakarzinom zur Folge hat. Es bestehe großer Forschungsbedarf. Bis zum Vorliegen entsprechender
Studienergebnisse sei man gut beraten, sich an den Empfehlungen der DGGG zu orientieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat eine Neubewertung der Hormonersatztherapie vorgenpommen. Zu den wesentlichen Punkten gehören folgende Empfehlungen:
• Die Ersatztherapie ist die wirksamste Behandlungsform vasomotorischer Symptome.
• Sie darf im Klimakterium und in der Postmenopause nur bei bestehender zugelassener Indikation
eingesetzt werden.
• Eine Nutzen-Risiko-Abwägung und Entscheidung muß gemeinsam mit der Rat suchenden Frau
erfolgen und jährlich überprüft werden.
• Sie ist zur Prävention der koronaren Herzkrankheit und des Schlaganfalls nicht zugelassen.
Damit stellt sich die Frage, ob sich die Erhöhung der Krebsmorbidität durch die Hormontherapie und/oder
hormonale Kontrazeption ggf. quantifizieren läßt.
Aus den Daten des Gemeinsamen Krebsregisters zur Brustkrebsmorbidität ergibt sich - abweichend von
der für alle Krebserkrankungen durch die Kumulation stetig steigenden altersspezifischen Morbidität eine zusätzliche Erhöhung in den Altersgruppen zwischen 40 und 70 Jahren mit dem Gipfel in den
Altersgruppen zwischen 55 und 60 Jahren, die der Hormontherapie zuzuordnen sind.
In der Abbildung 13 ist die mittlere altersspezifische Morbidität der Brustkrebserkrankungen für die Jahre
1999 - 2002 und davon der Anteil der durch die Hormontherapie zusätzlich aufgetretenen Brustkrebs-
52
erkrankungen im Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters dargestellt. Auf dieser Basis wird
der durch die Therapie bedingte prozentuale Anteil an allen Brustkrebserkrankungen auf etwa 21 %
geschätzt. Das entspricht der Einschätzung nach der WHI-Studie und bedeutet nur für das
Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters eine jährliche Erhöhung der Brustkrebsinzidenz um mehr als 2.000 Erkrankungsfälle durch
die medizinische Maßnahme, für Deutschland
hochgerechnet jährlich mehr als 11.000 Erkrankungsfälle.
Abb. 13: Brustkrebsmorbidität - Erhöhtes Risiko als
Folge der Hormontherapie (n = 39.550)
Die entsprechende Untersuchung der Erhöhung des Risikos für die Karzinome des Endometriums (s. Abb.
14) führt zu einem geschätzten, durch die Hormonanwendungen bedingten Anteil, von etwa 45 %. Auch
dieses Ergebnis ist plausibel. Das entspricht nur für
das Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters einem Anteil von jährlich weiteren etwa
1.000 Korpuskarzinomen, für Deutschland jährlich
etwa 5.000 zusätzlichen Krebserkrankungsfällen des
Endometriums.
Abb. 14: Gebärmutterkrebsmorbidität - Erhöhtes
Risiko als Folge der Hormonanwendungen
(n = 8.569)
Ganz sicher darf man nicht davon ausgehen, daß die Hormone selbst eine primäre karzinogene Wirkung
haben. Die das Risiko erhöhende Wirkung der Hormonanwendungen sollte jedoch auch nicht unterschätzt
werden.
Inzwischen gibt es erste Publikationen über einen Inzidenzrückgang des Brustkrebses in den USA. ZylkaMehnhorn (2007) berichtet darüber vom 29. San Antonio Breast Cancer Meeting. Dort gab der
Biostatistiker Peter Ravdin vom M. D. Anderson Cancer Center in Houston/Texas bekannt, dass die Zahl
der Brustkrebsneuerkrankungen in den USA um durchschnittlich sieben Prozent zurückgegangen sei. Auf
der Basis der Meldungen an das Surveillance Epidemiology and End Results (SEER)-Register, welches
vom US-National Cancer Institute betrieben wird, wurde die Brustkrebsinzidenz von 1990 bis Ende 2003
erfasst.
Ravdin und Mitarbeiter beschränkten ihre Analyse auf neun Regionen des Landes. Diese gelten jedoch als
repräsentativ für die Vereinigten Staaten. Anfang 2003 fiel die Kurve deutlich ab, im ersten Halbjahr um
6 % und im zweiten Halbjahr um 9 %, was einen Jahresdurchschnitt von 7 % ergab. Rechne man diese
Zahlen auf die gesamten USA hoch, traten 2003 etwa 14.000 weniger Brustkrebserkrankungen auf als
2002, das entspreche 124 Fällen pro 100.000 Frauen in 2003 bei 134 Fällen pro 100.000 Frauen in 2002.
Der stärkste Rückgang mit etwa zwölf Prozent wurde in der Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen
mit Östrogenrezeptor-positiven Tumoren verzeichnet. Noch 2000 hatten 30 Prozent der Frauen älter als
50 Jahre gegen Wechseljahresbeschwerden Hormonpräparate eingenommen; etwa die Hälfte von ihnen
stoppte die Behandlung, als durch die WHI-Studie im Sommer 2002 ihre kanzerogenen und kardiovaskulären Risiken aufgedeckt wurden. In der Gruppe der hormonsensitiven Karzinome war der
Rückgang der Neuerkrankungen am deutlichsten ausgeprägt. Den Skeptikern der Hypothese entgegnete
er, dass sein Team auch andere Theorien für den Rückgang der Brustkrebsinzidenz geprüft habe. Nur der
Rückgang in der Hormontherapie sei stark genug, um den statistischen Effekt zu erklären.
Bereits im November 2006 hatten Clarke (2006) und Mitarbeiter vom Northern California Cancer Center
in Oakland gleichfalls darüber berichtet, dass die Brustkrebsmorbidität unter den 50- bis 74-jährigen
weiblichen Versicherten von Kaiser Permanente in Nordkalifornien seit der Veröffentlichung der Ergeb-
53
nisse der WHI-Hormonstudien um 10 - 11 % zurückgegangen sei. Die Verordnung der Hormonpräparate
hatte sich um 68 % für die Kombination mit Gestagen beziehungsweise um 36 % für ÖstrogenMonopräparate reduziert.
Auch in Deutschland haben die kombinierten Östrogen-Gestagen-Präparate zur Behandlung von
Wechseljahresbeschwerden stark an Bedeutung verloren. Nach einem Bericht der Techniker-Krankenkasse hat sich das Verordnungsvolumen zwischen 2002 und 2003 nahezu halbiert.
Die von den Krebsregistern der Länder nach unterschiedlichen Standards erhobenen Daten werden von
der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zusammengefaßt. Die am
Anfang dieses Jahres veröffentlichte Analyse beinhaltet Auswertungen aus dem lahr 2002. - Nach ersten
Auswertungen der Krebsregister im Saarland und in Schleswig-Holstein, die eine Million bzw. 2,8
Millionen Einwohner erfassen, sei die Brustkrebsinzidenz von 2003 auf 2004 in allen Altersklassen um
9,2 Prozent zurückgegangen. In der Gruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen verzeichne man sogar einen
Rückgang von 13 Prozent. Ob ein Zusammenhang dieses Inzidenzrückganges mit den Veränderungen bei
der postmenopausalen Hormontherapie besteht, versucht das Krebsregister Schleswig-Holstein im
Rahmen einer eigenen Studie zu klären.
Einen ersten Einblick in die Entwicklung der Brustkrebserkrankungen in Berlin im Zusammenhang mit
den Veränderungen der Hormontherapie ermöglichen die in den Basisberichten 2005 und 2006/2007 der
Gesundheitsberichterstattung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
Berlin angegebenen Inzidenzdaten. Zu erwarten war ein Rückgang in den Altersgruppen ab 50 Jahren, in
denen Gestgene Hormone zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führten.
Das Gemeinsame Krebsregister der Neuen Bundesländer und von Berlin erfaßt in Berlin eine weibliche
Bevölkerung von insgesamt 1,74 Mio. Personen. In den 6 Jahren 1999 - 2004 wurden in Berlin insgesamt
11.941 Brustkrebserkrankungen gemeldet.
Die Morbiditätsdaten für diesen Zeitraum zeigen eine Gesamtzunahme der Brustkrebsmorbidität von
1.917 Erkrankungsfällen (110,2/100.000) im Jahre 2001 auf 2.079 Erkrankungsfällen (119,5/ 100.000) im
Jahre 2004 um 8,5 %. Im gleichen Zeitraum war auch die Zahl aller Krebsneuerkrankungen im
Beobachtungsgebiet um etwa 10 % gestiegen. Ein Morbiditätsrückgang zeigt sich dagegen ausschließlich
in den am stärksten durch die Hormontherapie zusätzlich belasteten Altersgruppen von 50 - 54 Jahren
(175,7 auf 158,3/ 100.000), von 55 - 59 Jahren (220,8 auf 178,5/ 100.000) und von 60 - 64 Jahren (257,6
auf 231,4/100.000). In Berlin verringerte sich damit die Fallzahl - nur in diesen Altersgruppen - von 752
Fällen im Jahre 2001 auf im Jahre 621 Fälle im Jahre 2004 um etwa 17,4 % (s. auch S. 123).
Die Annahme ist sicher begründet, daß der schrittweise Morbidtätsrückgang der Brustkrebserkran-kungen
in dieser Altersgruppe in einem direkten Zusammenhang mit den Veränderungen bei der Anwendung der
Hormonersatztherapie steht und sich fortsetzen wird. Das Ergebnis entspricht der Erwartung.
Weitere Untersuchungen werden durchzuführen, die Entwicklung in den folgenden Jahren weiter zu
beobachten sein.
Hormone sind grundsätzlich keine Karzinogene! Sie erhöhen oder vermindern im Rahmen ihrer
physiologischen Wirkungen die karzinogene Belastung an den verschiedenen Lokalisationen.
Gestagene stimulieren z. B. die Sekretion der Brustdrüse und erhöhen dadurch die karzinogene Belastung
in den Milchgängen. Mehr als 70 % der Brustkrebse sind ductale Karzinome. Durch Östrogene wird das
Brustkreberisiko nicht erhöht.
Östrogene erhöhen bei Frauen mit Uterus das Risiko für das Auftreten des Endometriumkarzinoms.
Gestagene verhindern dagegen das Auftreten des Endometriumkarzinoms.
Die Erhöhung des Brustkrebsrisikos durch die postmenopausale Hormontherapie wird auf der Grundlage der Daten des Gemeinsamen Krebsregisters auf etwa 20 % aller Brustkrebserkrankungen
geschätzt. Das ist das Mehrfache der Zahl an Krebserkrankungen durch eine Hormonmedikation im
Vergleich zu allen arbeitsplatz- und umweltbedingten Krebsrisiken!
Inzwischen gibt es erste Hinweise auf einen Inzidenzrückgang der Brustkrebserkrankungen im Zusammenhang mit der Reduzierung der Östrogen/Gestagen-Anwendungen in der Postmenopause.
54
15. Eine ganz besonders bemerkenswerte Feststellung
Die epidemiologische Ursachenermittlung war darauf gerichtet, ein Karzinogen zu finden, das sowohl
durch seine Wirksamkeit als auch durch seine außerordentliche Verbreitung die spezifischen Veränderungen in den Zellen auszulösen vermag. Als potente und außerordentlich weit verbreitete Karzinogene
wurden die Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxin gefunden. Insbesondere im Ochratoxin A muß in der
gemäßigten Klimazone epidemiologisch die Ursache der Krebserkrankungen gesehen werden. Es wird
über Lebensmittel außerordentlich (welt-)weit verbreitet.
Ganz besonders bemerkenswert aus der Sicht dieser epidemiologischen Untersuchung ist die Erkenntnis
Otto Warburgs, dass Stoffwechselveränderungen in Krebszellen nicht nur Symptom, sondern Ursache
des aggressiven Wachstums der Tumorzellen seien. Er hatte bereits 1923 festgestellt, dass sich die
Krebszellen durch eine schwächere Zellatmung von gesunden Zellen unterscheiden. Warburg beschreibt
seine Entdeckung 1954:
„1923 wurde in Dahlem die Gärung der Tumoren entdeckt, diejenige biochemische Eigenschaft, durch
die sich das Tumorwachstum von dem normalen Wachstum unterscheidet. Zwar spalten alle normalen
wachsenden Körperzellen bei Abschluß von Sauerstoff Zucker zu Milchsäure, aber bei Zutritt von Sauerstoff verschwindet in den normalen Zellen diese Gärung und macht einem reinen Oxydationsstoffwechsel
Platz; während in den Tumorzellen die Atmung zu klein oder zu unwirksam ist und eine erhebliche
Gärung übrig läßt - die aerobe Gärung der Tumoren, deren Ursache also die insuffiziente Atmung der
Tumorzellen ist.
Kein Tumor ist seit 1923 gefunden worden, der aerob nicht gärt, und kein normales wachsendes
Gewebe ist gefunden worden, das im Körper, angeschlossen an den Kreislauf, bei Sättigung mit
Sauerstoff gärt.“
Seine Beobachtung ist als Warburg-Hypothese bekannt geworden.
Und rückblickend auf sein Lebenswerk schreibt Otto Warburg 1967:
"In wenigen Worten zusammengefaßt ist die letzte Ursache des Krebses der Ersatz der Sauerstoffatmung der Körperzellen durch eine Gärung. Alle normalen Körperzellen decken ihren
Energiebedarf aus der Sauerstoffatmung, die Krebszellen alleine können ihren Energiebedarf aus
einer Gärung decken ... Vom Standpunkt der Physik und Chemie des Lebens betrachtet ist dieser
Unterschied zwischen normalen Körperzellen und Krebszellen so groß, daß man ihn sich größer nicht
vorstellen kann. Der Sauerstoff ... ist in den Krebszellen endthront und ersetzt durch die
energieliefernde Reaktion der niedersten Lebewesen, durch eine Gärung."
Diese Erkenntnis Warburgs über den Zellstoffwechsel der Krebszellen läßt heute ganz sicher die
berechtigte Frage zu, ob es sich um einen Zufall handelt, daß die Schimmelpilzgifte (Ochratoxin A und
die Aflatoxine) zu den potentesten heute bekannten karzinogenen Stoffen und am weitesten verbreiteten
Giften gehören und dass die Krebszellen ihre Energie „durch die energieliefernde Reaktion der niedersten
Lebewesen, die Gärung“ gewinnen.
Wir finden bei Otto Warburg dafür scheinbar nicht nur eine Bestätigung. - Die Aufnahme des
karzinogenen Mykotoxins durch die Zellen bewirkt die Karzinogenese und damit zugleich auch die
Übertragung der den niedersten Lebewesen eigenen Eigenschaften hinsichtlich des Zellwachstums und
der Gärung auf die Körperzellen.
Die Aufnahme des karzinogenen Mykotoxins durch die Zellen bewirkt die Karzinogenese und damit
zugleich auch die Übertragung der „den niedersten Lebewesen“ eigenen Eigenschaften hinsichtlich des
Zellwachstums und der Gärung auf die Körperzellen. –
Aber was veranlasst die Zellen zu dieser gravierenden Änderung des Stoffwechsels? Finden wir darin
vielleicht eine weitere Antwort auf die Frage nach dem Mechanismus der Krebsentstehung? -
55
Die Suche nach der Ursache ist die Suche nach einem Weg zur Verhütung der Krebserkrankungen.
16. Das Ergebnis der epidemiologischen Untersuchung
Krebs stellt sich in der epidemiologischen Untersuchung als gesundheitliches Massenphänomen dar, das
weltweit endemisch auftritt. Exzessive epidemische Ausbrüche werden nicht beobachtet. Es bestehen
angesichts der unterschiedlichen Lebens- und Ernährungsbedingungen beträchtliche Morbiditätsunterschiede in den verschiedenen Ländern und Regionen der Erde. Das ist für die Festlegung von Maßnahmen zur Prävention unbedingt zu beachten.
In den letzten beiden Jahrzehnten hat insbesondere die Mykotoxinforschung wesentliche neue Erkenntnisse hervorgebracht, die heute die Feststellung der primären Ursache der Krebserkrankungen und damit
auch Maßnahmen zu deren wirkungsvoller Verhütung möglich machen. Es ist sehr bedauerlich, dass die
Erkenntnisse über das Vorkommen und die außerordentliche Verbreitung krebserregender Stoffe in
Lebensmitteln in der Medizin und in der Krebsforschung bislang keine Beachtung gefunden haben. Neue
medizinische Erkenntnisse auf diesem Gebiet werden auch zu einer neuen Einschätzung der Lebensmittelsicherheit führen und Maßnahmen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz nach sich ziehen
müssen.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 500.000 Menschen an Krebs. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu
erkranken, wird aktuell mit weiter steigender Tendenz für die Männer mit 50,7 % und für die Frauen mit
42,8 % angegeben.
In Deutschland sterben jährlich mehr als 200.000 Menschen an Krebs. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu
sterben, wird für die Männer mit 25,9 % und für die Frauen mit 20,29 % angegeben.
Aus den Untersuchungen ergibt sich ein Bild von der Ursache der Krebserkrankungen und der Rolle der
begünstigenden Faktoren (Risikofaktoren) bei den verschiedenen Krebslokalisationen.
Die Verbreitung des Karzinogens erfolgt über kontaminierte Lebensmittel.
56
1. Die Untersuchungen führen zu folgenden Einschätzungen:
Es handelt sich beim Krebsgeschehen um ein multifaktorielles, nicht aber um ein multicausales
Erkrankungsgeschehen.
* Die epidemiologische Ursache der Krebserkrankungen besteht nach der vorliegenden Untersuchung
und den Ergebnissen von Analysen und Einschätzungen in dem von Schimmelpilzen (insbesondere
Aspergillus- und Penicillium-Arten) gebildeten Mykotoxin Ochratoxin A (und ggf. auch Aflatoxinen) in
Lebensmitteln. Ochratoxin A ist ein potentes weltweit verbreitetes Karzinogen und entspricht allen in der
Untersuchung auf der Grundlage klinischer und epidemiologischer Beobachtungen erwarteten und
formulierten Eigenschaften. Die Karzinogenität des Mykotoxins ist im Tierversuch nachgewiesen.
* Die Belastung mit Aflatoxinen und deren epidemiologische Bedeutung läßt sich auf der Basis der
bisher vorliegenden Daten noch nicht beurteilen und macht weitere Untersuchungen notwendig.
* Die Mykotoxine entstehen durch Schimmelpilzbefall auf verschiedenen Lebensmitteln und
Futtermitteln. Die Pfade der Verbreitung sind Cerealien (Getreidekörner), Mehl, Backwaren,
Teigwaren, Bier, Kaffee, Kakao und Schokoladenerzeugnisse, Nüsse, Trockenfrüchte, Rosinen, Weine,
Fleisch und Wurstwaren u. a. Sie erfahren durch die Lebensmittel eine außerordentliche weltweite
Verbreitung.
* Untersuchungen im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings von Bund und Ländern belegen die
erhebliche Kontamination verschiedener Lebensmittel mit karzinogenen Schimmelpilztoxinen
(Ochratoxin A, Aflatoxine). Für andere Karzinogene in Lebensmitteln mit einer gleichrangigen
karzinogenen Wirksamkeit und Verbreitung gibt es nach der durchgeführten epidemiologischen Analyse
keinen Anhalt.
* Die Zellen der verschiedenen Epithelien - des Dickdarms, des Urothels des Nierenbeckens und der
Harnblase, der Milchgänge, der intrahepatischen und extrahepatischen Gallengänge und der Gallenblase,
des Ductus pankreaticus, auch das Plattenepithel der Zervix u. a. resorbieren das Karzinogen aktiv
unmittelbar aus der Nahrung und/oder aus den Körperflüssigkeiten. An diesen Stellen treten die meisten
Tumoren auf.
* Das Karzinogen gelangt über die Blutbahn in alle Organe und kumuliert im Gewebe infolge einer sehr
geringen Ausscheidung. Die Nachweise von Ochratoxin A im Blut belegen die Kumulation. Die durch
Untersuchungen im Blut nachgewiesenen Kontaminationsgrade stellen das Mehrfache der mittleren
Tagesaufnahme dar.
* Die Resorption der Mykotoxine erfolgt in wassergelöster Form besonders im Dickdarm, in
alkoholgelöster Form über die Schleimhaut des Mundes, des Rachens, der Speiseröhre, des Magens und
der Harnblase. Das Dickdarmkarzinom (Colon und Rektum) ist die häufigste Krebsform.
* Die Ausscheidungsorgane und alle Drüsen und Schleimhäute werden hämatogen belastet. Sie
nehmen das Karzinogen direkt aus der Blutbahn auf und scheiden es mit den Exkreten/Sekreten aus. So
die Leber, die Niere, die Haut, die Brust, die Bauchspeicheldrüse, die Prostata, die Gebärmutterschleimhaut, - auch die Schleimhaut des Zervixkanals! -, die Bronchialschleimhaut u. a. Durch die
Ausscheidung des Karzinogens entsteht an diesen Lokalisationen zunächst nur eine relativ geringe
Belastung und damit ein geringes Erkrankungsrisiko.
* Durch Untersuchungen belegt ist die Ausscheidung des Karzinogens Ochratoxin A mit der
Muttermilch. Daraus ergibt sich eine zeitweilige Verminderung des Brustkrebsrisikos. Zugleich entsteht
damit ein Krebsrisiko für den Säugling. Ochratoxin A wurde auch im Serum aus dem Nabelblut und
bereits in der 16. Schwangerschaftswoche im Fruchtwasser nachgewiesen.
* Durch Untersuchungen belegt ist die Ausscheidung des Ochratoxin A durch die Nieren. Die
Rückresorption erfolgt in den Nierentubuli, dem Nierenbecken und der Harnblase.
* Angesichts der geringen Ausscheidung und der Kumulation des Mykotoxins im Gewebe gibt es für
die Wirkungen des Karzinogens keinen Schwellenwert!
* Akut Toxische Wirkungen durch das Mykotoxin werden bei den bestehenden Belastungen in der
Regel nicht erreicht. Wenn sie auftreten, werden sie als solche nicht erwartet und nicht diagnostiziert.
57
Risikofaktoren sind keine Primärkarzinogene! Sie begünstigen die Krebsentstehung an verschiedenen
Lokalisationen. Sie haben einen direkten Einfluß auf das Ausmaß des Krebsgeschehens. Dazu gehören
insbesondere:
* Der Alkoholkonsum stellt sich aus der epidemiologischen Sicht als der wichigste Risikofaktor dar. Er
verbessert die Resorptionsbedingungen des Mykotoxins und erhöht damit das Erkrankungsrisiko für die
Plattenepithelkarzinome des Mundes, des Rachens, der Speiseröhre, des Magens, der Blase, der Brust,
sehr wahrscheinlich auch der Plattenepithelkarzinome der Zervix u. a.. Wein und Bier müssen zudem
auch als mit dem Karzinogen kontaminierte Lebensmittel in Betracht gezogen werden. Daraus erklärt sich
das in der Alkoholstudie (Cho et al., 2004) angegebene erhöhte Erkrankungsrisiko für Wein- und
Biertrinker. Ärztliche Empfehlungen, Wein oder Bier zu trinken, sind nicht angezeigt!
* Das Rauchen erhöht insbesondere das Krebsrisiko für das Bronchialkarzinom.
* Erhöhter BMI-Wert. - Vielesser haben ein erhöhtes Krebsrisiko. Sie werden über die Nahrung stärker
mit den karzinogenen Mykotoxinen belastet.
* Hormone sind grundsätzlich keine Karzinogene! - Sie erhöhen oder vermindern - in Abhängigkeit von
ihren physiologischen Wirkungen - das Erkrankungsrisko an verschiedenen Kreblokalisationen, so z. B.
durch die Stimulierung der Sekretion der Brustdrüse oder an den Genitalorganen bei Frauen und
Männern. So ist z. B. mit dem Rückgang der Hormonanwendungen seit 2002 auch die Brustkrebsizidenz
in der betroffenen Altersgruppe zurückgegangen.
* Chronische Entzündungen erhöhen das Risiko an Krebs zu erkranken. Zum Spektrum der
Entzündungen, die mit einem höheren Entartungsrisiko einhergehen, gehören unter anderem die
entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, bakteriell verursachte
Inflammationen durch Helicobacter pylori, Entzündungen auf viraler Basis, beispielsweise die Hepatitis B
und C, HPV, oder parasitär bedingte Entzündungen.
* HPViren erhöhen das Erkrankungesrisiko für die Plattenmepithelkarzinome der Zervix und führen zu
einem ersten Erkrankungsgipfel im Alter zwischen 35 und 45 Jahren.
* Die Cholestase - bei Leberzirrhose oder chronischer Virushepatitis - begründet eine erhebliche
karzinogene Belastung des Leberparenchyms und ist damit eine Voraussetzung für die Entstehung des
primären hepatozellulären Karzinoms.
* Asbest und Dioxin wirken selbst nicht mutagen. Sie stellen sich jedoch, wie andere Arbeitsstoffe auch,
als Ko-Karzinogene dar. Sie erhöhen wie auch andere chemische Stoffe - als Arbeitsstoffe oder als
Lebensmittelkontaminanten - das Erkrankungsrisiko an verschiedenen Krebslokalisationen.
Damit werden insgesamt mehr als 90 % aller Krebserkrankungen primär einer alimentären Ursache
zuzuordnen sein. Berücksichtigt wird damit, dass sich das Krebserkrankungsrisiko durch die
Risikofaktoren Alkohol, Rauchen, Entzündungen, Hormone, auch durch ko-karzinogene Arbeitsstoffe
und Strahlenbelastungen bei bestimmten Lokalisationen erhöht.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung stehen nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen aus den
internationalen Ernährungs- und Krebsstudien und zu den verschiedenen Studien über die Rolle der
Riskofaktoren. Sie geben eine plausible Antwort auf die Frage nach der Ursache der Erkrankungen.
2. Die karzinogenen Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxine werden durch Lebensmittel
außerordentlich (welt-)weit verbreitet.
Der Nachweis von Mykotoxinen in Rohstoffen für die Lebensmittelherstellung und in Lebensmitteln ist
in der Regel bereits ein Hinweis auf eine nicht ordnungsgemäße Trocknung und Lagerung und auf eine
nicht sorgfältige Vermeidung der Verarbeitung verschimmelter Rohstoffe in Lebensmittel, ggf. auch auf
Schimmelpilzbefall verbunden mit Toxinbildung.
Ungeachtet noch ungeklärter Detailfragen zur Krebsepidemiologie und zum Entstehungsmechanismus der Turmoren sind zur primären Krebsprävention, angesichts der außerordentlich
weltweiten Verbreitung der potenten karzinogenen Schimmelpilzgifte - insbesondere Ochratoxin A und
Aflatoxine - in Lebensmitteln, Maßnahmen zur Senkung der Kontaminationen unmittelbar begründet.
58
Die Maßnahmen zur primären Krebsprävention erfordern ein gemeinsames Krebsbekämpfungsprogramm des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Bund und Ländern und der Organe und Einrichtungen
des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit mit dem Ziel einer konsequenten Senkung und
Beseitigung der Ochratoxin A-Kontaminationen in Lebensmitteln, wo immer das lebensmitteltechnologisch möglich ist.
Die Senkung der karzinogenen Mykotoxinbelastung der Lebensmittel ist die entscheidende Voraussetzung für die Senkung der Krebsmorbidität.
Es gibt keinen gesundheitlich unbedenklichen Kontaminationsgrad, der eine Höchstwertfestsetzung
für die karzinogene Belastung von Lebensmitteln zuläßt.
Grundsätzlich ist im Rahmen der laufenden Lebensmittelüberwachung die Frage nach dem Ursprung der
Mykotoxin-Kontaminationen zu prüfen, um effektive Maßnahmen zu deren Beseitigung ergreifen zu
können!
Eine gesunde Ernährung versteht sich ent-sprechend selbstverständlich unter Ausschluß der karzinogenen
Kontaminanten in den Lebensmitteln! Für die Mykotoxine ist Nulltoleranz zu fordern.
Eine wichtige rechtliche Grundlage für die Durchführung der Maßnahmen besteht bereits in den
Festlegungen der VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 DER KOMMISSION vom 19. Dezember
2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln u. a.. Diese
Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
3. Die Maßnahmen zur Senkung der Krebserkrankungshäufigkeit richten sich entsprechend auf
die Vermeidung der Kontamination von Lebens- und Futtermitteln durch:
* eine „gute Praxis der landwirtschaftlichen Produktion“,
* die Kontrolle jener Produktionsabschnitte, in denen durch Schimmelbefall die Mykotoxinbildung
erfolgt, als betriebliche Eigenkontrolle kritischer Kontrollpunkte (HACCP - Hazard Analysis by Critical
Control Points) und im Rahmen des Lebensmittelüberwachung. Das sind vor allem die Trocknung,
Lagerung und Verarbeitung von Getreide und Schalenfrüchten und die Verarbeitungsbedingungen für
verschiedene Früchte zu Säften, die Herstellung von Wein und Bier u. a.,
* den Einsatz moderner Diagnoseverfahren im Rahmen der betrieblichen Qualitätssicherung und in
der staatlichen Lebensmittelüberwachung.
* die Aussortierung verschimmelter Früchte zum Ausschluss von deren Verwendung zur Lebensmittelherstellung,
* die Entfernung von Mykotoxinen aus den Lebensmitteln (Dekontamination) durch lebensmitteltechnologische Maßnahmen, wo immer das möglich ist, insbesondere Fruchtsäften, Traubensaft, Wein,
Bier (Malz), Kaffee, Kakao u. a. - und der Futtermittel! - z. B. durch Adsorption an Aktivkohle,
* die Entgiftung im Tierkörper (in situ-Entgiftung) zur Verhinderung der Resorption der Mykotoxine
nach der Verfütterung kontaminierter Futtermittel - ggf. durch Zufütterung von Adsorbentien,
* die Förderung der Ausscheidung der Mykotoxine zur Vermeidung einer Kumulation im tierischen
Organismus, zur Senkung der Mykotoxin-Kontaminationen von Fleisch und Wurstwaren u. a.
(Hinweis: Die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zur der Verminderung der Kontaminationen in Lebens- und
Futtermitteln können nicht alleine von der Lebensmittelwirtschaft gefordert und erbracht werden!)
4. Die medizinischen Maßnahmen zur Senkung der Krebssterblichkeit richten sich weiterhin auf:
* die gesundheitliche Aufklärung,
* die Früherkennung der Krebserkrankungen,
* die standardgerechte Therapie und deren Weiterentwicklung mit dem Ziel der Verminderung der
Nebenwirkungen und Folgen der Chemotherapie und der Operationen und
* die Nachsorge.
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5. Weiterer Forschungsbedarf in der angewandten medizinischen Forschung besteht u. a.:
* insbesondere hinsichtlich der epidemiologischen Bedeutung der karzinogenen, neurotoxischen,
immuntoxischen Mykotoxine und ihrer Bedeutung bei der Entstehung der verschiedenen Krebserkrankungen - und anderer Krankheiten (z. B.: Allergien, Alzheimer, Arteriosklerose, Arthrose u. a.) ;
-
* bei der Anwendung moderner diagnostischer Methoden für den Nachweis von Mykotoxinen zur
Feststellung der Mykotoxinbelastung in Körperflüssigkeiten und Gewebeproben und Schaffung
diagnostischer Voraussetzungen in den medizinischen und Laboratorien;
* bei der weiteren Klärung des Verhaltens der Mykotoxine als Karzinogene (Aflatoxine, Ochratoxin A,
Patulin u. a.) im menschlichen Organismus (Blut, Muttermilch, Urin, Galle, Sperma, Speichel, Gewebe
u.a.), ihrer Resorption und Ausscheidung;
* zum Nachweis der Toxikokinetik des Karzinogens in menschlichem Gewebe und in den
Körperflüssigkeiten;
* zur Möglichkeit der Entgiftung belasteter Patienten z. B. durch Adsorption, Abbau und/oder
Ausscheidung der Karzinogene;
* über die Möglichkeit einer Verhütung der Übertragung des Karzinogens auf den Säugling;
* über die Möglichkeiten und über die Wirksamkeit von Schutzimpfungen.
6. Die Einführung der HPV-Schutzimpfung wird zur Verhütung der virusbedingten Läsionen an der
Portiooberfläche führen. Damit werden auch die dadurch induzierten zusätzlichen Zervixkarzinome zu
verhüten sein. Mit 300 erforderlichen Impfungen zur Verhütung eines Zervixkarzinom-Erkrankungsfalles
wird der Aufwand unverhältnismäßig hoch sein. Für eine Verhütung aller Zervixkarzinome durch die
Impfung gibt es bislang noch keinen Beweis. Der Erfolg der Impfmaßnahme ist noch nicht abzusehen.
7. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst,
den Lebensmittelaufsichtsämtern und den Lebensmitteluntersuchungsstellen in allen Bundesländern ist
erforderlich, um ein koordiniertes Handeln zur Erkennung und Beseitigung der Krebsursachen und eine
wirksame Prävention sicherzustellen.
Eine schnelle Lösung des Problems ist nicht zu erwarten.
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17. Zusammenfassung:
Mykotoxine sind die Ursache der Krebserkrankungen
Mykotoxine - insbesondere Ochratoxin A und Aflatoxine - sind potente Karzinogene mit einer außerordentlich weltweiten Verbreitung. Als Kontaminanten in Lebensmitteln sind sie nach der epidemiologischen Untersuchung die Ursache der Krebserkrankungen an allen Lokalisationen.
Das Karzinogen wird mit der Nahrung aufgenommen, gelangt über die Blutbahn in alle Organe. Die
Zellen nehmen das Karzinogen aus der Blutbahn oder aus den Körperflüssigkeiten aktiv auf. Es kumuliert
im Gewebe infolge einer sehr langen Halbwertzeit.
Für die Wirkungen des Karzinogens gibt es keinen Schwellenwert. Toxische Wirkungen werden bei den
bestehenden Belastungen in der Regel nicht erreicht. Allerdings werden sie auch weder vermutet noch
diagnostiziert. Es geht somit nicht um ein primär toxikologisches Problem.
Die in zahlreichen Studien ausgewiesenen Risikofaktoren sind nicht die Ursache der Krebserkrankungen. Sie führen als begünstigende Faktoren zu einer Zunahme der Belastung an verschiedenen
Lokalisationen, so Alkohol, das Rauchen, die Hormontherapie, bakterielle und Virusinfektionen (z. B.
Helicobacter pylori, HPV, Virushepatitis), die Sonneneinstrahlung u. a..
Alkohol ist zugleich ein bedeutender Risikofaktor - infolge besserer Löslichkeit und Resorption des
Karzinogens - und kontaminiertes Lebensmittel (z. B. Wein und Bier). Ärztliche Empfehlungen zum Weinoder Biertrinken zur Gesundheitsförderung sind nicht angebracht.
Bei der Hormonbehandlung der postmenopausalen Störungen sind die Empfehlungen der medizinischen
Fachgesllschaften zu beachten.
Es besteht kein Widerspruch zwischen den Ergebnissen der epidemiologischen Untersuchung und den
Feststellungen aus den internationalen Ernährungs- und Krebsstudien.
Es besteht weiterer dringender Forschungsbedarf zu Fragen der Epidemiologie, Prävention, Diagnostik
und Therapie. Die Medizin muß die Epidemiologie der Krebskrankheiten und die Rolle der
„Risikofaktoren“ weiter erforschen, die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen für die Diagnostik
und Therapie und die Anforderungen an den gesundheitlichen Verbraucherschutz und an die Lebensmittelsicherheit zur Gewährleistung der Prävention formulieren.
Ungeachtet noch ungeklärter Detailfragen zur Krebsepidemiologie und zum Entstehungsmechanismus
der Tumoren sind zur primären Krebsprävention, angesichts der außerordentlich weltweiten Verbreitung
der potenten karzinogenen Schimmelpilzgifte - insbesondere Ochratoxin A und Aflatoxine - in
Lebensmitteln, Maßnahmen zur Senkung der Kontaminationen unmittelbar begründet.
Eine wichtige rechtliche Grundlage für die Durchführung der Maßnahmen besteht bereits in den
Festlegungen der VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 der KOMMISSION vom 19. Dezember 2006 zur
Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln u. a..
Sichtbarer Schimmelbefall ist in jedem Fall als gesundheitsschädlich zu beurteilen. Verschimmelte
Rohstoffe sind grundsätzlich aus hygienischen Gründen zur Lebensmittelherstellung nicht zuzulassen!
Die Kontamination von Lebensmitteln mit Mykotoxinen ist durch lebensmittel-technologische Maßnahmen zu senken, wo immer dafür Möglichkeiten bestehen, insbesondere in Trauben- und Fruchsäften, Bier
(Malz) und Wein, Kaffee, Trockenfrüchten und Nüssen, Getreidefrüchten, auch in Futtermitteln u. a..
Erforderlich ist eine Qualifizierung der Lebensmittelüberwachung und Weiterbildung der Kontrolleure.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, den Lebensmittelaufsichtsämtern und den Lebensmitteluntersuchungsstellen in den Ländern ist erforderlich, um ein
koordiniertes Handeln zur Beseitigung der Krebsursachen sicherzustellen. Die gemeinsam durchzuführenden Maßnahmen sind darauf zu richten, die Belastung der Bevölkerung mit den karzinogenen
Mykotoxinen in den Lebensmitteln zuverlässig zu erkennen und strikt zu senken.
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18. Anhang / Quellen
(Das „Kleingedruckte“ soll zugleich Quellennachweis und zusätzliche Information über ausgewählte Publikationen und
Meldungen sein. Es soll Assoziationen wecken und Einblicke in die aktuellen Diskussionen über die Probleme geben.)
Pilze und Mykotoxine - Stiefkinder der Humanmedizin?
Zeitung für Umweltmedizin, 1993 / Nr 1 / S.6 / (Quelle: nach Costantini)
Eine Reihe von Wissenschaftlern, angeführt von Prof. Dr. Antonio V. Costantini, ist sich sicher, daß die giftigen
Pilzprodukte die Pathogenese vieler Erkrankungen in weit größerem Ausmaß beeinflussen, als bislang angenommen wird. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erschien diese Gefärdung real. Sie bildete eine Arbeitsgruppe
"Mykotoxine in Nahrungsmitteln".
Pilze und Mykotoxine sind Stiefkinder der Humanmedizin: Veterinäre verfaßten die Mehrzahl der Studien zu
diesem Thema. Tierärzten und Landwirten sind Erkrankungen durch verschimmeltes Futter schon lange bekannt.
Viele Beobachtungen der Tiermediziner weisen auf die pathologische Potenz der Mykotoxine hin.
Ein Geflügelmassensterben führte 1961 auf die Spur der Giftstoffe. Truthähne hatten mit Aflatoxinen verseuchtes
Getreide erhalten. Krokodile einer Tierfarm in den USA erkrankten an Gichtarthritis, nachdem sie mit Hühnern
gefüttert worden waren, die an einer Mykotoxinvergiftung verendet waren. Auch bei Pferden läßt sich mit fauligem
Stroh eine Gichtarthritis provozieren.
Längst abgesicherte Studienergebnisse liegen für die Wirkung der Mykotoxine bei der Karzinogenese vor. So ist der
Zusammenhang zwischen Aflatoxinen und Lebertumoren lange belegt. Aber auch bei anderen Tumoren spielen
Mykotoxine möglicherweise eine Rolle, wie das Cyclosporin bei der Lymphom-Entstehung.
Albert, U.-S., Schulz, K.- D. / Universität Marburg
Mammographie-Screening ist kein Synonym für Brustkrebs-Früherkennung
Berliner Ärzte, 8/2004
Brustkrebs-Früherkennung ist ein umfassendes Gesamtkonzept frauenspezifischer Gesundheitsversorgung. Mammographie im Sinne einer ausschließlichen Röntgen-Reihenuntersuchung wird als nicht mehr zeitgemäße Form
einer mechanistischen Fließbandmedizin beschrieben, die nicht die notwendige Risikoberatung einschließt und auf
eine ärztliche Begleituntersuchung verzichtet. Neben der Mammographie gehören zur qualitätsgesicherten
Früherkennung außerdem Risikoberatung, Anleitung zur Selbstuntersuchung, klinisch-ärztliche Untersuchung,
apparative Zusatzdiagnostik bei unklaren Mammographiebefunden, interventionelle Gewebeentnahmetechniken,
operative Abklärung und schließlich pathohistologische Befundung.
Alexander, R. B.; Propert, K. J.; Schaeffer, A. J. et. al.
Ciprofloxacin or tamulosin in men with chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome. A randomized,
doubled-blind trial.
Ann. Inten Med 2004; 141; 639-640. ref. in Deutsches Ärzteblatt, 101, C 2752
Die Ursache der chronischen Prostatitis und wirksame Behandlungsmöglichkeiten sind unbekannt. Oft wird eine
bakterielle Entzündung vermutet und die Behandlung mit Antibiotika versucht. In einer Doppelblindstudie wurden
49 Patienten mit Ciprofloxacin und dem Alpha-Blocker Tamsulosin und Placebo behandelt. Die Patienten litten im
Mittel bereits 6 Jahre an der chronischen Prostatitis. Bei keinem der Therapiesysteme besserte sich die
Symptomatik, gemessen mit dem NIH-Chronic Prostatitis Symptom Index (NIH-CPSI). Mit dem Index wurden
verschiedene Beschwerden und Einschränkungen der Lebensqualität erfaßt.
Amézqueta, Susana; González-Peñas, Elena; Murillo-Arbizu, María; López de Cerain, Adela /
University of Navarra, C/ Irunlarrea s/n 31008 Pamplona, Navarra, Spain
Ochratoxin A decontamination: A review
Food Controll 20 (2009) 326-333
Ochratoxin A ist ein toxischer Metabolit, der von verschiedenen Aspergillus und Penizilliun-Arten produziert wird.
Es kann als Kontamionante in verschiedenen Lebensmitteln vorkommen. Zulässige Höchstwerte wurden in der EU
und in anderen Regionen festgelegt. Von den Methoden zur Verhütung der Contaminationen erweisen sich die vor
der Ernte durchgeführten Maßnahmen am wirksamsten. - Verwiesen wird zur Verminderung des Pilzbefalls auf die
"gute landwirtschaftliche Praxis. During harvest, the use of clean farming equipment, mechanical damage
prevention and overripe or fermented fruits discard are convenient practices." Nach der Ernte zeigt sich die
Lagerung am kritischsten. Umweltbedingungen, insbesondere Feuchtigkeit und Wärme sind gut zu kontrolliern.
Detoxifikation und Produkte mit einem Schutzeffekt gegen toxische Wirkungen ist ebenfalls umrissen.
Amman, Dr. A. (RKI) , Bräunig, Dr. J. (Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz)
Lebensmittelbedingte Erkrankungen in Deutschland
Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 01/2002
62
Die Salmonellose ist mit über 70.000 Meldungen weiterhin die am häufigsten registrierte lebensmittelbedingte
Erkrankung, aber seit 1992 stark rückläufig (Meldungen Stand 31.12.2001: 77.186). Als Ursachen für den Rückgang
der Zahlen werden die verbesserte Kontrolle von Eiern durch die Hühnereiverordnung von 1994, aber auch das
Nachlassen der Untersuchungsbereitschaft von Erkrankten angesehen. Mit Salmonellen belastet waren im Jahr 2000
insbesondere Geflügelfleisch, aber auch Fleischteilstücke von Rind, Kalb und Schwein.
Das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen
Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz - LMBG) stellt das Dachgesetz des deutschen
Lebensmittelrechtes dar. Die Verantwortung für die amtliche Lebensmittelüberwachung obliegt den zuständigen
Ministerien der Bundesländer, wobei je nach Land unterschiedliche Ressorts mit diesen Aufgaben betraut sein
können. Die in diesen Behörden beschäftigten Veterinäre, Lebensmittelchemiker, Chemiker und Lebensmittelkontrolleure haben die Berechtigung, Betriebsbesichtigungen vorzunehmen, Proben für die Laboruntersuchungen zu
entnehmen und in Fällen von gravierenden Verstößen mit unmittelbarer Gefahr für den Verbraucher auch Betriebsschließungen zu veranlassen.
In der Regel führen Staatliche Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter der Länder Laboruntersuchungen
amtlich entnommener Lebensmittelproben durch. Neben der Routineuntersuchung ist vom Gesetzgeber gemäß
LMBG ein Lebensmittel-Monitoring-System zur Untersuchung auf gesundheitlich unerwünschte Stoffe, wie
Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle und Mykotoxine vorgegeben. Die in den Untersuchungseinrichtungen der
Länder ermittelten Ergebnisse aus diesem Monitoring werden vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) aufbereitet, zusammengefasst, bewertet und veröffentlicht.
aokin AG, / Robert-Rössle-Str. 10, 13125 Berlin
Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest
März 2009
In einem Labortest hat die aokin AG ein innovatives Verfahren zur Spurenanalytik - "rapid kinetik assay" vorgestellt, mit dem Mykotoxine nachgewiesen werden können. Das Verfahren basiert auf der Bestimmung der
Reaktionskinetik eines Analyten mit spezifischen Antikörpern. Die Reaktion wird in Lösung durchgeführt, als
Messgröße wird polarisierte Fluoreszenz genutzt. Es handelt sich um ein Schnellverfahren mit dem in 15 Minuten
einschließlich der Probenvorbereitung der Nachweis erfolgt. Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist mit 0,1 µg/kg
angegeben. - Im Labortest erfolgte die Dekontamination von Rotweinproben durch die Adsorption des Karzinogens
an Aktivkohle. Der Test bestätigte die prinzipielle Möglichkeit der Entgiftung von flüssigen Lebensmitteln im
Rahmen einer entsprechenden Herstellungstechnologie.
Das vorgestellte Verfahren eignet sich als Kontrolltest für die betriebliche Qualitätssicherung (HACCP) zur
Wareneingangskontrolle und zur Kontrolle der Produktqualität ebenso wie für die staatliche Lebensmittelkontrolle.
Aretz, Dr. Stefan; Propping, Prof. Dr. med. P.; Nöthen, Prof. Dr. med. Markus M. / Institut für Humangenetik,
Universität Bonn / Abteilung für Genomik, Forschungszentrum Life & Brain, Bonn
Indikationen zur molekulargenetischen Diagnostik bei erblichen Krankheiten
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 9 / 3. März 2006 / S. C-453
Die Autoren beschreiben den festen Platz der Molekulargenetik bei der Aufklärung von Krankheitsursachen. Sie
gewinnt in der medizinischen Diagnostik immer mehr an Bedeutung. Sie unterscheidet sich in wichtigen Aspekten
von anderen Laboruntersuchungen und bedarf hinsichtlich Interpretation und Befundvermittlung eines spezifisch
humangenetischen Fachwissens. Die Hauptanwendungsgebiete der molekulargenetischen Diagnostik in der
medizinischen Genetik bestehen in der Differenzialdiagnostik, Heterozygotendiagnostik, Pränataldiagnostik und
prädiktiven Diagnostik bei monogen erblichen Krankheiten. Die molekulargenetische Laboruntersuchung erfordert
eine klare Indikation. Wegen der potenziell weit reichenden Konsequenzen eines genetischen Befundes sollte jede
pränatale und prädiktive genetische Diagnostik nur nach humangenetischer Beratung erfolgen. Bei multifaktoriellen
Erkrankungen hat die molekulargenetische Diagnostik derzeit noch keine wesentliche praktische Bedeutung.
Es wird ein Erkrankungsrisiko für genetisch (mit-)bedingte Krebserkrankungen (Erblicher Eierstockskrebs 30 - 40
%, Erblicher Brustkrebs 40 - 80 %, Erblicher Darmkrebs 70 - 80 %) angegeben.
Die Manifestation beginnt nach dem 25.Lebensjahr.
Arndt, V., Bochmann, R., Hohmann, S., Naumann, C., Ponto, K., Seibt, A.
Karzinogenität beruflicher Cadmium- und Arsenexposition - Erste Ergebnisse der Saxonia-Studie
Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 62 (2002) Nr. 4, S. 159 - 163
In der Epidemiologie wird seit den 70er Jahren ein erhöhtes Krebsrisiko beim beruflichen Umgang mit Cadmium
und seinen Verbindungen diskutiert. Neben einem erhöhten Lungenkrebsrisiko werden auch Hinweise auf einen
Zusammenhang mit Pankreas-, Prostata-, Nieren-, Brust- sowie Blasenkrebs beschrieben, allerdings sind die
vorliegenden Ergebnisse nicht einheitlich.
Cadmium und seine Verbindungen wurden von der International Agency for Research on Cancer (IARC) 1993 als
krebserzeugend für den Menschen (Gruppe 1) bewertet. Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher
63
Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Cadmium und seine Verbindungen in die Kategorie
K 2 (Stoffe, die als krebserzeugend für den Menschen angesehen werden sollten) eingestuft. Derzeit wird eine
Umgruppierung in die neue Kategorie K 4 (Stoffe mit krebserzeugender Wirkung mit keinen bzw. geringen
genotoxischen Effekten) diskutiert.
In einer Meta-Analyse von Bochmann et. al. konnte ein Zusammenhang zwischen Cadmiumexposition und
erhöhtem Krebsrisiko nicht bestätigt werden. Es zeigte sich außerdem, dass in den entsprechenden Studien
berufliche und außerberufliche Confounder häufig nicht berücksichtigt wurden. Neben Nickel, Asbest und
Zigarettenrauchen wird hierbei insbesondere eine mögliche Überlagerung durch arsenbedingte Effekte diskutiert.
Bader, M.; Hecker, H.; Wrbitzky, R. / Abteilung Arbeitsmedizin (Direktorin: Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky), /
Abteilung Biometrie (Komm. Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Hartmut Hecker), Medizinische Hochschule Hannover
Querschnittsstudie zur ernährungs- und tabakrauchbedingten Belastung mit Acrylamid
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 39 / 30. September 2005
Mögliche Gesundheitsgefahren durch krebserzeugendes Acrylamid in der Nahrung werden seit mehreren Jahren
wissenschaftlich diskutiert. In einer Querschnittsstudie wurden Blutproben von 395 Probanden aus der
Allgemeinbevölkerung auf „Hämoglobinaddukte" des Acrylamids untersucht und zusammen mit demographischen
Daten sowie Angaben zum Ernährungs- und Rauchverhalten ausgewertet. Bei mehr als 80 Prozent der Studienteilnehmer wurde eine Acrylamidbelastung im Blut nachgewiesen. Dabei zeigten Raucher mit durchschnittlich 1,5 ug
Addukt pro Liter Blut etwa viermal höhere Werte als Nichtraucher (0,4 ug/L). Ein Zusammenhang zwischen der Acrylamidbelastung und dem Ernährungsverhalten konnte nicht festgestellt
werden. Bei Probanden, die häufig stark belastete Nahrungsmittel verzehren, wurde eine tendenziell, statistisch
jedoch nicht signifikant erhöhte Adduktkonzentration beobachtet. Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass die
nachgewiesene Grundbelastung nicht ausschließlich nahrungs- oder tabakrauchbedingt ist. Schätzungen zur
täglichen Acrylamidaufnahme aus Lebensmitteln und des daraus resultierenden Krebsrisikos durch reine Modellrechnungen sollten beim aktuellen Kenntnisstand kritisch gesehen werden.
Baillargeon J et al.
The association ofbody mass Index and prostate-specific antigen in a populationbased study.
Cancer 103 (2005) 1092-1095
Studien lassen vermuten, dass bei Männern mit Prostatakarzinom Fettleibigkeit mit einem weiter fortgeschrittenen
Krebs und geringeren Überlebenschancen einher geht. Bislang hat man aber Zusammenhänge zwischen BMI und
PSA-Spiegel noch kaum untersucht. In Texas wurde das jetzt genauer abgeklärt. Zwischen 2001 und 2004 wurden
in einer bevölkerungsbasierten Studie 2770 Männer ohne bekanntes Prostatakarzinom entsprechend ihrem BMI in
fünf Gewichtsklassen eingeteilt: Normal- und Untergewichtige (unter 24,9 kg/m2), Übergewichtige (25,0 bis 29,9
kg/m2), Fettleibige der Klasse I (30,0 bis 34,9 kg/m2) Fettleibige Klasse II (35,0 bis 39,9 kg/m2) und Fettleibige
Klasse III (BMI über 40,0 kg/m2).
Der durchschnittliche PSA-Spiegel (1,3 ng/ml für die gesamte Studienkohorte) nahm linear mit zunehmender BMIKategorie ab. Nach Bereinigung der Daten hinsichtlich ethnischer Zugehörigkeit und Alter bedeutete dies einen
Rückgang des PSA-Durchschnittswerts von 1,01 ng/ml bei den Normal/Untergewichtigen auf einen Wert von 0,69
ng/ml bei den Fettleibigen der Klasse III. Als mögliche Erklärung für diese Beobachtung wird angeführt, dass
niedrigere Androgen- und höhere Östrogenspiegel bei den fettleibigen Männern die PSA-Produktion beeinflussen
könnten. Dabei könnte aber die Entstehung eines Prostata-karzinoms verschleiert werden - ein beunruhigender
Gedanke bei den vielen Übergewichtigen in den USA. Vielleicht sollte man bei Fettleibigen die PSA-Werte vorsichtiger interpretieren.
Baltzer, Prof. Dr. J. (Krefeld); Meerpohl, Prof. Dr. H.-G.(Karlsruhe) und Bahnsen, Prof. Dr. J. (Stendal) /
Herausgeber und Coautoren
Praxis der gynäkologischen Onkologie
Georg Thieme Verlag, Stuttgart - New York, 2. Auflage, 2000
Das Zervixkarzinom ist weltweit das zweithäufigste Karzinom der Frau. In Europa und in den USA ist in den letzten
20 Jahren ein ständiger Rückgang zu beobachten. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung liegt mit dem
Maximum zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr. Das Erkrankungsmuster des Zervixkarzinoms folgt dem einer
sexuell übetragbaren Krankheit. Das Papillomavirus ist der wichtigste Risikofaktor. Zervixkarzinome werden nicht
bei Frauen ohne sexuelle Kontakte beobachtet. Auch Nikotinabusus wird als möglicher disponierender Faktor
gesehen. Zervixkarzinome können im originären Plattenepithel, im Zylinderepithel der Zervix und in der
Zervixschleimhaut entstehen. Histologisch werden Plattenepithelkarzinome (90 %) und Adenokarzinome (10 %)
unterschieden. Das Zervixkarzionom entwickelt sich über Vorstadien zum infiltrierenden Karzinom. Früh- und
Vorstadien des Zervixkarzinoms betreffen bei jungen Frauen vorwiegend die Portiooberfläche und sind bei älteren
und alten Frauen zumeist endozervikal lokalisiert.
64
Basler, B. / Prof. Dr. / Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn
Wissenschaft und Umweltpolitik zum Schutz vor krebserzeugenden Stoffen
Kolloquium Krebserzeugende Stoffe in der Umwelt, Mannheim 23. bis 25. April 1991
Das von kanzerogenen Stoffen in der Umwelt ausgehende mögliche Risiko steht in der Umwelt- und Gesundheitsdiskussion ganz im Vordergrund, obwohl epidemiologische Studien dafür sprechen, dass die Krebssterblichkeit der
Bevölkerung nur zu einem geringen Anteil auf Belastungen durch Chemikalien in der Umwelt zurückzuführen ist.
Zwei Drittel aller in unserer Wohlstandsgesellschaft beobachteten Krebserkrankungen können auf die heute
üblichen Ernährungsgewohnheiten (35 %) und das Rauchen (30 %) zurückgeführt werden. Hormonelle Einflüsse
und Sexualverhalten sollen die Ursache für 7 % der Krebsfälle sein, übermäßiger Alkoholgenuß für 3 %. Die
Tumorinzidenz, ausgelöst durch kanzerogene Noxen am Arbeitsplatz, beträgt 4 %; geophysikalische Faktoren sind
für 3 % verantwortlich und Medikamente für weitere 1 %. Kanzerogenen Chemikalien in der Umwelt (Luft- und
Wasserverschmutzung) schreibe man ca. 2 % zu.
Die zuletzt genannte, relativ gesehen niedrige Prozentzahl, erstaune umso mehr, wenn man die Anzahl der in den
letzten Jahrzehnten in die MAK-Liste aufgenommenen Stoffe betrachtet. Während die Zahl der Stoffe, die beim
Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste zu verursachen vermag, nahezu konstant blieb, stieg die Zahl
der nur im Tierversuch krebserzeugend wirkenden und der unter Verdacht stehenden Stoffe exponential an.
Toxikologen erklärten die hohe Trefferquote im Tierexperiment zunächst mit der gezielten Suche nach verdächtigen
Substanzen.
Ames und Mitarbeiter führen die erstaunlich hohe Rate, mit der sich Testsubstanzen im Tierversuch als
kanzerogen erweisen auf die derzeit gehandhabten Versuchsbedingungen von Kanzerogenitätsstudien zurück. In
einem lege artis durchgeführten Versuch wird Versuchstieren eine nahezu toxische Dauerdosis verabreicht.
Diese extreme Belastung führt zu chronischen Veränderungen des Stoffwechsels, zu Reizungen und
Entzündungen. Es komme zum Absterben einzelner Zellen und zu wiederholten Zellteilungen, um abgestorbene
Zellen zu ersetzen. Diese chronischen Zellteilungen aber tragen wesentlich zum Alterungsprozeß der Zellen bei
und können die spontane und induzierte Mutationsfrequenz aus folgenden Gründen erhöhen:
- Eine in Teilung befindliche Zelle trägt ein wesentlich höheres Risiko, durch chemische Mutagene geschädigt zu
werden, als eine ruhende Zelle.
- Mutationen werden nicht nur durch exogene Noxen verursacht. Auch infolge metabolischer Prozesse, z. B. bei der
Umsetzung von Sauerstoff, bei der DNA-schädigende Oxidantien anfallen, werden Mutationen ausgelöst. Es wird
geschätzt, dass die Zahl der pro Körperzelle des Menschen täglich gesetzten DNA-Schäden ca. 10.000 beträgt.
Säugerzellen besitzen jedoch Mechanismen (u. a. Excisions-Reparatur), um DNA-Schäden wieder rückgängig zu
machen. Die induzierten Schäden werden zwar effektiv repariert, jedoch auch verstärkt Zellteilungen ausgelöst, so
erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Vielzahl von Tochterzellen entstehen, die Mutationen aufweisen.
- Diese Mechanismen (degenerative Schädigung des Gewebes, chronische Zellteilung, Alterungsprozesse der
Zellen sowie Manifestation und Erhöhung der spontanen Mutationsfrequenz) können letztendlich zur Tumorentstehung führen.
Andererseits sei daraus der Schluß zu ziehen, dass zahlreiche Chemikalien nicht krebserzeugend wirken, wenn
sie in nicht-toxischen Konzentrationen verabreicht werden.
Bastian, P.J.; Waha, A.; Müller, S. C.; Rücker, A.v.
Epigenetische Veränderungen in der Karzinogenese des Prostatakarzinoms
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 27, S. C-1588
An der Tumorentstehung sind multiple molekulare Veränderungen beteiligt. Epigenetische Veränderungen spielen
eine zentrale Rolle. Wichtige epigenetische Modifikationen in Tumoren sind die Hypermethylierung der DNA, die
damit verbundene veränderte Chromatinstruktur und die genomweite Hypomethylierung. Beim Prostatakarzinom,
der häufigsten malignen Erkrankung bei Männern, wurden DNA-Hypermethylierungen im Promotorbereich
mehrerer Gene beschrieben. Sie sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand kausal mit der Krankheitsentstehung
verknüpft.
Bauer, Prof. K. H. / Heidelberg
Chemotherapie der malignen Tumoren
Z. Ärztliche Fortbildung 1949, S. 331
Auf der 55. Tagung der "Deutschen Gesellschaft für innere Medizin" 1949 in Wiesbaden referierte Prof. Bauer über
die Krebstherapie mit künstlich erzeugten radioaktiven Stoffen und über die Chemotherapie mit mutativ wirkenden
und mitosehemmenden Stoffen. Bauer sprach von der Mutationstheorie, die von ihm 1924 erstmals entwickelt und
in den folgenden Jahren ständig erweitert wurde. Die Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle
geschieht durch einen Vorgang, der die Zelle nicht abtötet, ihren Teilungsmechanismus nicht schädigt, ihr neue
Eigenschaften verleiht, die auf die Tochterzellgenerationen weiter vererbt werden. Er sprach davon, dass alle
Einwirkungen, die Mutationen auslösen, auch Krebs erzeugen.
65
Bauer stellte die Frage: Was passiert, wenn man einen solchen Stoff auf das Krebsgewebe einwirken läßt? Man
könnte erwarten, dass diese Stoffe, wenn sie normale Zellen in Krebszellen verwandeln, auch eine Wirkung auf die
Krebszellen haben müssen. 1934 brachte er in der Heidelberger Klinik Benzpyren auf spontan entstandenes
Krebsgewebe und hat damit von 22 teilweise fortgeschrittenen Fällen von Hautkrebs 7 Fälle klinisch zur Heilung
gebracht. Er kommt zu dem Schluß, Benzpyren wirkt auf Krebs heilend. Er bezeichnet das als Karzinokolyse.
Weitere Untersuchungen wurden mit Arsen, Urethan und Lost durchgeführt. Auch damit wurden positive
Ergebnisse erreicht. Diese Ergebnisse sollten niemals Anlaß sein, auf die Operation bei noch operablen Fällen zu
verzichten.
Bauer, J. und Gareis, M. / Institut für Medizinische Mikrobiologie, München
Ochratoxin A in der Nahrungsmittelkette
J.Vet.Med. B 34, 613 - 627, (1987)
1987 publizierten die Autoren die Ergebnisse einer 5-jährigen Studie über das natürliche Vorkommen von
Ochratoxin A in Zerealien und Mischfutter. Weiterhin wurde untersucht, inwieweit Ochratoxin A-Rückstände in
Schlachtschweinen und im Menschen zu finden sind. Ochratoxin A wurde in den Proben pflanzlicher und tierischer
Herkunft und in dem vom Menschen stammenden Material gefunden.
Der häufige Nachweis von Ochratoxin A in Blutseren vom Menschen, in Nieren und Muttermilch weisen auf eine
kontinuierliche Aufnahme über Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft hin. Die Befunde geben
hinreichend Anlaß, ein Monitoring-Konzept zu entwickeln und eine Höchstmengenbegrenzung festzulegen.
Bei der Untersuchung von 984 Proben Zerealien (Gerste, Hafer, Weizen, Mais) und Futtermitteln (Mischfutter)
betrug die Anzahl der positiven Proben 127 (12,9 %). Die mittlere Konzentration betrug 10,3 µg/kg. Der höchste
Wert wurde mit 206,0 µg/kg in Gerste gefunden. 21,2 % der am Schlachthof München gesammelten
Schweinenieren wiesen Ochratoxin A-Rückstände auf. Es wurden Höchstgehalte bis 1,7 µg/kg bestimmt. In den
pathologisch-anatomisch veränderten Nieren aus Dänemark wurden Konzentrationen bis 195,5 µg/kg gefunden.
Nahezu die Hälfte der Serumproben (48,7 %) von Schlachtschweinen enthielten Ochratoxin A. Gehalte
> 1,0 µg/kg (Höchstwert 67,3 µg/l) wurden in 41 von 191 geprüften Seren festgestellt.
Im Probenmaterial menschlichen Ursprungs wurde Ochratoxin A sowohl im Nierengewebe und Blutserum als
auch in Muttermilch gefunden.
- Von 46 Nieren wiesen 3 Werte zwischen 0,1 und 0,3 µg/kg auf.
- Von 306 Blutproben waren 56,5 % positiv. 15 Proben enthielten Konzentrationen zwischen 1,0 und 14,4 µg/l.
- 4 von 36 Muttermilchproben enthielten Ochratoxin A zwischen 0,017 und 0,030 µg/l.
Das Fazit: Die erhobenen Befunde in der Nahrungsmittelkette bis zur Muttermilch zeigen, dass diesem Toxin aus
lebensmittel- und futtermittelhygienischer Sicht eine Bedeutung zukommt, die durchaus der von Aflatoxin
vergleichbar ist. Die bei Mensch und Schwein gefundenen Ochratoxin A-Gehalte könnten vorschnell als gering und
damit als unbedeutend verkannt werden. Verwiesen wird neben der Nephrotoxizität auf hepatotoxische, teratogene,
immunsuppressive und karzinogene Eigenschaften. Wird der ADI-Wert bei der Risikoabschätzung des
Lebensmittels "Muttermilch" zugrunde gelegt, so überschreiten die in der Studie gefundenen Werte die
tolerierbare Grenze. Wegen der vielfältigen toxischen Wirkungen, vor allem bei chronischer Exposition, als
unterstützender Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Erkrankungen (z. B. chronische Nephropathien, Immunschwäche, Tumorbildung) sollte Ochratoxin A ernst genommen werden.
Bauer, Prof. Dr. J. // Lehrstuhl für Tierhygiene, Hohenbachernstraße 15, 85354 Freising.
Möglichkeiten zur Entgiftung mykotoxinhaltiger Futtermittel
Mh. Vet.-Med. 49 (1994): 175—181 / Gustav Fischer Verlag Jena
Untersucht wurde die Entgiftung mykotoxinhaltiger Futtermittel durch chemische, physikalische und biologische
Verfahren. In-vitro-Untersuchungen ergaben, daß Aktivkohle die besten adsorbierenden Eigenschaften aufweist.
Ein Zusatz von 0,01 % zu einer wäßrigen Ochratoxin-A-Lösung reichte aus, um 96 - 99 % der vorgelegten
Toxinmenge (100 ug/L) zu binden.
Becker, Prof. Dr. K., Berlin
Die Dosis macht das Gift
Berliner Zeitung, 5. 3. 2005
Der Autor äußert sich in einer Leserzuschrift zu einem Artikel von Manuel Nitschke „Radon im Wohnzimmer“
(Berliner Zeitung, 10. Februar 2005): Nitschke hatte über eine Verlautbarung des Bundesamtes für Strahlenschutz
berichtet. Darin wurde mit dem Hinweis auf die Wichmann-Studie, die mit einem zweistelligen Millionenaufwand
in etwa 15 Jahren entstand, quasi als gesicherte Tatsache dargestellt, dass selbst die kleinen natürlichen Radonkonzentrationen, wie man sie in menschlichen Behausungen seit Urzeiten findet, das Lungenkrebsrisiko wesentlich
erhöhen. Es wurden Zahlenwerte von rund 3.000 dadurch jährlich bedingten Todesfällen in Deutschland (und etwa
20.000 in der EU) genannt. Diese Annahme, die in der Studie aus lediglich 120 Fällen einer leicht erhöhten
Radonkonzentration in Wohnungen abgeleitet wird, ist aus mancherlei Gründen international umstritten. Zu Recht
66
werde in dem Aufsatz die überwältigende Bedeutung des Rauchens für das Lungenkrebsrisiko erwähnt. Da 98 % der
männlichen Lungenkrebsfälle Raucher waren, kommt Untersuchungen an nichtrauchenden Frauen im sächsischen
Erzgebirge und in China besondere Bedeutung zu. Hier wurde bis zu relativ hohen Radonkonzentrationen von 600
bis l.000 Becquerel pro Kubikmeter keine Erhöhung des Risikos gefunden. Becker hat das heute weltweit angewandte Verfahren zur Radonlangzeitmessung in Gebäuden vor nahezu vier Jahrzehnten entwickelt. Er weist auf
dessen begrenzte Genauigkeit hin. - Angesichts der geringen Belastbarkeit der Ergebnisse erstaune ihn der Mut des
Umweltministeriums, in einem geplanten Radonschutzgesetz alle international gültigen Empfehlungen und
Richtwerte mit 100 Becquerel pro Kubikmeter zu unterbieten. Tatsächlich wird die hier zu Grunde liegende, immer
noch verbreitete alte inzwischen sehr umstrittene Hypothese einer linearen Beziehung zwischen Dosis und Wirkung
auch bei kleinsten Strahlendosen, womit man zum Beispiel in Deutschland jährlich 2.200 „Röntgentote“ und nach
dem Tschernobyl-Unfall jeweils durch Multiplikation großer Bevölkerungszahlen mit sehr kleinen Dosen
erschreckende Zahlen „errechnete“, zunehmend durch strahlenbiologische und epidemiologische Befunde widerlegt.
Auch hier gelte wohl die klassische Beobachtung von Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift!“
Becker, N.; Eis, D. und Fromme, H.
Krebserzeugende Agentien - IARC-Klassifikation, MAK-Einstufung
Beyer, A. / Eis. D.: Praktische Umweltmedizin, Springer-Verlag
Das Internationale Krebsforschungszentrum in Lyon (International Agency for Research on Cancer, IARC) hat 732
chemische Stoffe nach ihrer karzinogenen Bedeutung bewertet. 55 Stoffe wurden für den Menschen als kanzerogen,
45 Stoffe als für Menschen wahrscheinlich kanzerogen eingestuft. Evidenz der Karzinogenität beim Menschen und
im Tierexperiment sowie Gesamtbeurteilung der Humankanzerogenität für die in den IARC-Monographien
ausgewerteten Agentien (Stand: 1996): Aflatoxine: Gruppe 1; Ochratoxin A: Gruppe 2B; Patulin: Gruppe 3.
Becker, N. und Wahrendorf, J. / Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg
Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland 1981 - 1990
3. Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 1998 und Fortschreibung im Internet: www.krebsatlas.de
Der Krebsatlas beschreibt die Krebssterblichkeit in Deutschland seit dem Beginn der 50-er Jahre.
Risikofaktoren: Es bestehe kein Zweifel an der Rolle des Rauchens als bedeutendstem Einzelrisikofaktor, verantwortlich für etwa 25 - 30 % der Krebserkrankungen der Mundhöhle, der Speiseröhre, des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Harnblase und des Gebärmutterhalses. Die Bedeutung der Ernährungsgewohnheiten wird auf
einen Anteil von 20 - 42 % geschätzt. Desweiteren Alkoholkonsum (3 %), berufliche Exposition (4 - 8 %),
genetische Faktoren (5 %), Umweltbelastungen (2 %), infektiöse Erreger (5 %).
Durch primäre Prävention könnten 36.000 bis 46.000 Krebsfälle durch die Aufgabe des Rauchens vermieden
werden. Das betreffe die Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf,
Lunge, Blase, Niere. Weitere 10.000 bis 20.000 Fälle könnten durch gesunde Ernährung vermieden werden.
Gefordert werden Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und Impfungen.
Die secundäre Prävention richte sich auf die Früherkennungsmaßnahmen mit dem Ziel einer deutlichen Senkung
der Sterblichkeit. Hierzu gehören Gebärmutterhalskrebs und Brustkrebs. Das Mammographie-Screeningprogramm
könne die Sterblichkeit um 25 - 30 % senken.
Die Magenkrebsmortalität in Europa ist in Portugal sowie in einigen Ländern Mitteleuropas am höchsten. In den
letzten Jahren konnte nachgewiesen werden, dass eine Assoziation zwischen dem Vorliegen einer Infektion mit dem
67
Bakterium Helicobacter pylori und dem späteren Auftreten von Magenkrebs besteht. Zum Teil wurde der geschilderte Wissensstand als Nachweis dafür mißinterpretiert, dass das Agens Helicobacter pylori selbst kausal an der
Magenkrebsentstehung beteiligt sei. Tatsächlich konnte jedoch bis heute lediglich gezeigt werden, dass eine
vorherige Infektion mit einem erhöhten Magenkrebsrisiko assoziiert ist. Inwieweit das Bakterium selbst an der
Karzinogenese beteiligt ist oder lediglich einen Indikator für bisher noch nicht verstandene andere Mechanismen
darstellt, ist noch gänzlich ungeklärt. Eine auffällige Häufung der Magenkrebssterbefälle von Männern und Frauen wird im Atlas für die Jahre 1981 1990 in Süddeutschland dargestellt (s. Abb.).
Das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs weist die typischen Züge einer übertragbaren Krankheit auf. Welches
infektiöse Agens beteiligt sein könnte, blieb zunächst unbekannt. Später gerieten Herpesviren in Verdacht, dann
konzentrierte sich die Suche auf bestimmte Papillomviren. Zur Rolle der Papillomaviren wird im Krebsaltlas
festgestellt: „Die vergleichsweise hohe Durchseuchung mit Papillomviren bei vergleichsweise niedriger Inzidenz
von Gebärmutterhalskrebs führen allerdings zu dem Schluß, dass zur Entwicklung von Tumoren des Gebärmutterhalses über die Virusinfektion hinaus weitere Kofaktoren erforderlich sind.“
Beckmann, Prof. Dr. Matthias W., Mehlhorn G, Thiel F, Breuel Ch, Fasching P A, Ackermann S
/ Frauenklinik Universitätsklinikum Erlangen
Therapiefortschritte beim primären Zervixkarzinom
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 102 | Heft 14 ] 8. April 2005
Zur Epidemiologie des Zervixkarzinoms stellen die Autoren fest, dass die Inzidenz von Anfang der 1970er- bis
Mitte der 1980er-Jahre mit Einführung der gesetzlichen Krebsfrüherkennnung einen deutlich rückläufigen Trend
zeigt und im Jahre 2003 bei 12 bis 14 Fällen pro 100.000 Frauen lag.
Circa 80 Prozent der Fälle sind Plattenepithelkarzinome. Der Anteil der Adenokarzinome ist in den letzten 25 Jahren
von 10 auf 20 Prozent gestiegen. Ätiologisch für die Krebsentstehung wird eine Infektion mit humanen HochrisikoPapillomviren als gesichert angegeben. Kofaktoren der Tumorentstehung sind Langzeiteinnahme von oralen Kontrazeptiva, Zahl der Geburten oder erworbene Immunschwäche. Als weitere Tumorpromotoren werden das Rauchen
und Genitalinfektionen mit unterschiedlichsten Erregern diskutiert.
Behrends, S
Späte Anerkennung für einen Querdenker - Krebs ist eine Stoffwechselentgleisung, sagte Otto Warburg bereits
1924. Nun zeigt sich, dass er vielleicht Recht hatte.
Berliner Zeitung, 11./12. 2. 2006
1970 starb der berühmte Physiologe, der am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin-Dahlem tätig war, im Alter von 86
Jahren. Bis ins hohe Alter soll er von seiner Idee überzeugt gewesen sein: Ihr zufolge unterscheiden sich Krebs4zellen durch eine schwächere Zellatmung von gesunden Zellen. 1923 formulierte er diese Theorie, die als
Warburg-Hypothese bekannt ist. Warburg nahm an, dass die Stoffwechselveränderungen in Krebszellen nicht nur
Symptom, sondern Ursache des aggressiven Wachstums von Tumorzellen seien. Bis in die 1970er-Jahre hinein war
seine Behauptung umstritten. Dann geriet sie mit dem Aufkommen von neuen Theorien in Vergessenheit.
Schott, H.
Otto Heinrich Warburg (1883-1970)
in: Die Chronik der Medizin, Chronik Verlag, 1993
Warburg war Arzt und Biochemiker, seit 1918 Professor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem,
ab 1931 Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Zellphysiologie. Nobelpreisträger 1931 „für die Entdeckung der
Natur und der Funktion des Atmungsferments.“ Rückblickend auf sein Lebenswerk stellte Warburg 1967 noch
einmal fest: „Alle normalen Körperzellen decken ihren Energiebedarf aus der Sauerstoffatmung, die Krebszellen
alleine können ihren Energiebedarf aus einer Gärung decken ...“ - Otto Warburg starb 1970 in Berlin.
Was Warburg bereits beobachtet hatte, war die Tatsache, dass Tumorzellen ihre Energie hauptsächlich aus einem als
Gärung bezeichneten Stoffwechselvorgang gewinnen - und nicht, wie gesunde Körperzellen, aus der Zellatmung.
Beiden Stoffwechselwegen gemeinsam ist der Abbau von Traubenzucker im Rahmen der so genannten Glykolyse.
Obwohl sie nie als bestätigt galt, war die Warburg-Hypothese auch in den letzten Jahrzehnten nicht ganz ohne
Anhänger. Ihrer Ansicht nach lassen sich alle Arten von Tumoren allein mit Hilfe einer Sauerstofftherapie oder
einer strikten Diät bekämpfen.
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Berberat, Dr. P.; Büchler, Prof. Dr. Dr. h. c. M.W.; Friess, Prof. Dr. H.; Kleeff, Dr. J.; Singer, Dr. R.
Chirurgische Klinik, Universität Heidelberg
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen
Patienteninformation, Chirurgische Klinik, Uni Heidelberg
Als Europäisches Pankreaszentrum informiert die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung für
Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie die Patienten über Pankreaserkrankungen: Die Ursachen des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind zur Zeit nicht bekannt, jedoch ist bei einigen Patienten eine Verbindung mit dem
Rauchen anzunehmen. Am häufigsten entsteht der Bauchspeicheldrüsenkrebs im Kopf der Drüse aus den Gangzellen. Insbesondere sind Patienten über 60 Jahre betroffen, an Bauchspeicheldrüsenkrebs können aber auch jüngere
Patienten erkranken. - Grundlagenforschung mit Hilfe von molekularbiologischen Methoden hat in den vergangenen
Jahren zu einer wesentlichen Erweiterung unseres Wissens über die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses
beigetragen. So beobachtet man das vermehrte Vorhandensein von Faktoren, die das Wachstum der Krebszellen
stimulieren (Wachstumsfaktoren), sowie Veränderungen (Mutationen) von bestimmten Erbsubstanzen (Genen), die
normalerweise das Zellwachstum und den geregelten Zelltod (Apoptose) kontrollieren. Weitere tiefgreifende
Untersuchungen sind beim Bauchspeicheldrüsenkrebs notwendig, um diejenigen Veränderungen zu charakterisieren, welche Ansatzpunkte für neue Therapieformen bilden könnten.
Beresford, Dr. Shirley A. A, / University of Washington, Seattle / et. al.
Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Colorectal Cancer: The Women's Health Initiative Randomized
Controlled Dietary Modification Trial
JAMA, Volume 295, 8 February 2006, p 643 - 654
An der randomisierten Primärpräventionsstudie der Womens´s Health Initiative, die von 40 Klinikzentren in den
USA in den Jahren 1993 bis 1998 nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren ohne frühreren Brustkrebs
teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten an. In der Probandengruppe waren 19.541 (40
%), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Dargestellt wird Verminderung der Fettaufnahme auf weniger als
20 % des täglichen Energiebedarfs. - Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem colorectalen Karzinom 201
(0,13 %) der Probandinnen und 279 (0,12 %) der Kontrollpersonen. Im Untersuchungszeitraum starben an einem
Colorectalen Karzinom 47 (0,03 %) der Probandinnen und 56 (0,02 %) der Kontrollpersonen.
Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem Karzinom 1.946 (1,24 %) der Probandinnen und 3.040 (1,28 %) der
Kontrollpersonen. Es starben an einem Karzinom 436 (0,28 %) der Probandinnen und 690 (0,29 %) der
Kontrollpersonen. - Insgesamt starben 950 (0,60 %) Probandinnen und 1.454 (0,61) Kontrollpersonen.
Die Untersuchung ergibt keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung der Krebsinzidenz und
Krebssterblichkeit durch die Verminderung des Fettkonsums und die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs.
Berg, L.
Experten kritisieren verheerende Situation in der Krebsmedizin
Berliner Zeitung, 13.09.2002
In einem Forderungskatalog an die nächste Bundesregierung mahnt die Krebsgesellschaft Verbesserungen in der
Prävention und Therapie an. In Deutschgland erkranken jährlich etwa 330.000 Menschen an Krebs, 210.000 sterben
daran. Schon in 10 Jahren könnte nach der Einschätzung des Präsidenten der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG),
Klaus Höffken, Krebs an der ersten Stelle unter den Todesursachen stehen. Falls sich an der verheerenden Situation
der Krebsmedizin nichts ändere, werde die Zahl der Krebspatienten in den kommenden Jahren schon auf Grund der
steigenden Lebenserwartung zunehmen. In einem Präventionsgesetz soll festgelegt werden, dass diejenigen, die zur
Früherkennung gehen, weniger Krankenkassenbeitrag zahlen müssen. Rauchen soll vor allem in Schulen eingeschränkt werden.
Berg, L.
Schneller vom Labor ans Krankenbett - Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum zu einer besseren
Tumortherapie in Deutschland beitragen will
Berliner Zeitung , 1. 11. 2000
Auf einer Pressekonferenz Ende Oktober 2000 präsentierte Prof. Harald zur Hausen, wissenschaaftlicher Vorstand
des DKFZ, Ergebnisse der Tumorforschung: Fortschritte vermeldet das DKFZ bei der Behandlung von Hautkrebsmetastasen und Tumorherden im Gehirn. Etwa 80 % der Arbeit der 1.600 Mitarbeiter des DKFZ, davon 800
Wissenschaftler, hat mit Molekularbiologie zu tun.
Zur Hausen kündigte an, dass sowohl die Präventionsforschung als auch die klinische Forschung ausgebaut werden
sollen. Zum einen will man noch mehr Substanzen untersuchen, die sich möglicherweise zur Krebsvorbeugung
eignen. Das können Inhaltsstoffe von Lebensmitteln sein, etwa das Resveratrol im roten Traubensaft, oder auch
Arzneiwirkstoffe wie Tamoxifen. - Die klinische Forschung soll schneller die Ergebnisse der Grundlagenforschung
in die Praxis bringen. Das gelinge in den USA besser als in Deutschland. Dies sei der wesentliche Grund dafür, daß
die Ergebnisse der Krebstherapie in den USA besser seien als hier zu Lande.
69
Berg, L.; Vorkötter, U.; Podewils, Ch.
"Wer nichts Neues erfindet, muß unzufrieden sein"
Berliner Zeitung, 02. 02. 2005
Die Autoren sprachen mit Prof. Bullinger über die Forschungsstrategie in Deutschland. Professor Bullinger leitet
seit zwei Jahren eine der großen deutschen Wissenschaftsorganisationen, die Frauenhofer Gesellschaft.
Auf welche Forschungsfelder sollte man sich in Deutschland künftig konzentrieren? Auf die Megatrends. Einer
davon ist die individuelle Medizin; dazu zählen Medikamente, die auf den einzelnen Patienten abgestimmt sind.
Topthemen sind auch die maßgeschneiderte Energieversorgung und neue Materialien.
Zur Fraunhofer-Gesellschaft zählen 58 Institute mit rund 13.000 Mitarbeitern. Die Themenpalette reicht von der
Solarenergie über Werkstoffe bis hin zur biomedizinischen Technik. Die Institute finanzieren sich im Schnitt zu
zwei Dritteln aus Forschungsaufträgen der Wirtschaft. Berliner Krebsgesellschaft e. V.
Darmkrebs verhindern
Broschüre, 2003
Die Frage nach der Entstehung des Darmkrebs kann bis heute nicht vollständig beantwortet werden. Es besteht ein
Zusammenhang mit der Ernährung. Vorstufen sind bei den meisten Menschen ein Darmpolyp. Durch Kontakt
bestimmter Substanzen (beispielsweise Giftstoffe in der Nahrung) mit der Darmschleimhaut kann es zu Störungen
der genetischen Zellinformation kommen. Bei manchen Menschen kommt eine erbliche Form von Darmkrebs vor. Krebs im Dünndarm ist extrem selten. Darmkrebs entwickelt sich überwiegend im unteren Dickdarmabschnitt.
Gegeben werden Ernährungsempfehlungen. Gesundheitsfördernde Wirkung haben Getreideprodukte, Kartoffeln,
Gemüse, Bananen usw. Alkoholkonsum sollte ein vernünftiges Maß haben.
Blank, R. und S. Wolffram / Institut für Tierernährung und Stoffwechselphysiologie, Universität Kiel
Zum Einfluss einer Natriumhydrogencarbonat-Zulage auf die Toxikokinetik von Ochratoxin A beim Schwein
26. Mykotoxin-Workshop, Berlin 2004
Ochratoxin A ist verantwortlich für Nephropathien bei Haustieren und Menschen. - Die Reabsorption des
Ochratoxins im Nephron führt zu einer Kumulation in der Niere und verursacht die lange Halbwertszeit des
Toxins im Körper.
In der Studie wurde der Einfluß von Natriumhydrogencarbonat auf die Ausscheidung des Ochratoxins an Schweinen
untersucht. Die Studie zeigt, dass die Alkalisierung des pH-Wertes im Urin die Ochratoxin-A-Ausscheidung
beschleunigt.
Blech, J.
Giftkur ohne Nutzen
Der Spiegel 41/2004
Was das Überleben bei metastasierenden Karzinomen in Darm, Brust, Lunge und Prostata angeht, hat es in den
letzten 25 Jahren keinen Fortschritt gegeben. Das ist die Einschätzung des Epidemiologen Hölzel in München. Er
hat Tausende Krankengeschichten dokumentiert. Die vier Tumorarten sind mit 100.000 Todesopfern die Hauptkiller. Chemotherapie gilt für Patienten mit Metastasen als Behandlung der letzten Wahl, wenn sich die verstreuten
Metastasen nicht mehr mit Strahlen und Skalpell erreichen lassen. Es werden seit Jahren immer neue Zellgifte
eingesetzt. Die Überlebensraten haben sich in den letzten 25 Jahren dadurch nicht verbessert. Bei Brustkrebs ist die
Überlebensrate sogar gesunken. Dafür könnte nach Hölzel die systematische Ausweitung der Chemotherapie bei
Brustkrebs verantwortlich sein. Die Aussage Hölzels gilt ausdrücklich nicht für die medikamentöse Behandlung von
Lymphomen, Morbus Hodgkin, Leukämien, Sarkomen und Hodenkrebs. Bei diesen wurden spektakuläre Heilungserfolge erzielt. - 1985 erklärte der Direktor der Gynäkologie in der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf auf
einem internationalen Kongreß in Berlin: "Es sollte uns nachdenklich machen, wenn eine zunehmende Zahl von
Ärztinnen und Ärzten sagt: An mir würde ich eine solche Therapie nicht vornehmen lassen."
Boeing H. Frentzel-Beyme R. Berger M. Berndt V. Göres W. Körner M. Lohmeier R. Menarcher A, Männl HF,
Meinhardt M. et al. // Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg.
Case-control study on stomach cancer in Germany.
Int J Cancer. 1991 Apr 1; 47(6):858-64
Die Autoren berichten über eine Fallkontrollstudie zum Magenkarzinom, die gleichzeitig in einem Hochrisiko(Bayern) und einem Niedrigrisikogebiet (Hessen) in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde.
Verglichen mit dem Rest der Bundesrepublik Deutschland traten die höchsten Raten der Magenkrebssterblichkeit in
Bayern (30/100.000 für die Männer), die niedrigsten Raten wurden in im Bundesland Hessen (19/100.000)
gefunden. Diese Situation ist seit den 1950er Jahren stabil. - Unter Beteiligung von fünf Krankenhäusern wurden
143 Patienten mit einem Magenkarzinom und 579 Kontrollpersonen zu ihrem Lebensstil befragt, darunter nach der
Wasserversorgung, Kühlschrank, Räuchern von Fleisch, Rauchen, Vitamin C-Aufnahme, Obst- und Gemüseverzehr.
70
Sie fanden bei einem höheren Konsum von Früchten, Zitrusfrüchten, Käse und Weißbrot ein vermindertes
Erkrankungsrisiko. Ein ähnlicher Effekt wurde beim Konsum von rohem Gemüse beobachtet. Insgesamt war der
Gemüsekonsum jedoch nicht wesentlich assoziiert mit dem Erkrankungsrisiko. - In der Studie wurde ein erhöhtes
Risiko in Verbindung mit dem Konsum von verarbeitetem Fleisch und Bier beobachtet. Wein und Likör wurden mit
einer negativen Assoziation zum Erkrankungsrisiko ausgewiesen.
Boeing, Prof. Dr. H und Harttig, U / Deutsches Institut für
Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Ernährungsepidemiologie in Deutschland
Der Onkologe, 2006, Nr. 11, S. 1116 - 1117
Nach den bisherigen Abschätzungen über Einflussfaktoren auf chronische Erkrankungen spielt die Ernährung bei
der Entwicklung chronischer Erkrankungen eine bedeutsame Rolle. Daher ist es wichtig, bei gesundheitspolitischen
Überlegungen über eine gute nationale epidemiologische Datenbasis zu verfügen, aus der heraus "Public-Health"relevante Maßnahmen abgeleitet werden können. Dies betrifft auch den Bereich der Onkologie. Gerade hier sind
durch jüngste Veröffentlichungen ernährungsepidemiologischer Forschungsergebnisse, darunter auch solche mit
deutschen Autoren, neue Fragen aufgeworfen worden, die von erheblicher gesundheitspolitischer Bedeutung sind.
Derzeitig wird z. B. debattiert, ob die neuesten Ergebnisse aus Kohortenstudien weiterhin die Annahme rechtfertigen, dass eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse mit einem abgesenkten Krebsrisiko einhergeht. Eine
weitere wichtige Rolle wird der Ernährungsepidemiologie bei der Entwicklung effizienter Rehabilitationsmaßnahmen für chronisch Erkrankte zukommen. Die europäische prospektive Studie zu Ernährung und Krebserkrankungen (EPIC) ist eine der wesentlichen
Erkenntnisquellen für Assoziationen zwischen Ernährungsfaktoren, zu denen auch das Übergewicht zählt, und
einzelnen Krebserkrankungen. Danach zeichnet sich ab, dass das präventive Potenzial von Obst und Gemüse
geringer als vorher geschätzt ist. Das bisher häufig verwendete Maß des Übergewichts, der Body-Mass-lndex, zeigt
divergierende Ergebnisse zwischen Männern und Frauen bei einzelnen Krebserkrankungen und sollte durch
Körperumfangsmessungen ergänzt werden. Fleisch und Fleischwaren zeigten in den bisherigen Untersuchungen
positive Assoziation mit Krebserkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Die Rolle von Fisch ist unklar.
Bördlein, I.
Wie chronische Entzündungen zu Krebserkrankungen führen
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 10 / 10. März 2006 / S C-492
Die Autorin berichtet vom Internationalen Expertentreffen über den "Zusammenhang zwischen oxidativem Stress,
chronischer Entzündung und Krebs" am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Bei dem Symposium
wurde an konkreten Beispielen die stufenweise Entwicklung von malignen Tumoren auf der Basis von langzeitigem
oxidativen Stress und Inflammation vorgestellt. Chronische Entzündungen sind Triggerfaktoren für Malignome.
Prof. Dr. med. Curtis C. Harris vom US National Cancer Institute (NCI) sagte dazu, derzeit werde etwa jede fünfte
Krebserkrankung mit oxidativen Stress und Inflammation in Zusammenhang gebracht. Die Forscher gehen jedoch
davon aus, dass chronische Entzündungen an weit mehr Krebsarten beteiligt sind, als heute bekannt ist.
Zum Spektrum der Entzündungen, die mit einem höheren Entartungsrisiko einhergehen, gehören unter anderem:
- die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa;
- Entzündungen auf viraler Basis, beispielsweise die Hepatitis B und C;
- bakteriell verursachte Inflammationen durch Helicobacter pylori oder
- parasitär bedingte Entzündungen, zum Beispiel durch den Leberegel;
Sodbrennen erhöht das Risiko für ein Ösophaguskarzinom um das Fünfzig- bis Hundertfache und
- Asbestexposition für die Entstehung eines Bronchialkarzinoms um mehr als das Zehnfache.
Die schwelenden Entzündungen im Körper lösen eine Kaskade von Reaktionen aus.
Bördlein, I.
Der erste Impfstoff gegen Krebs
Die Wirkdauer der Vakzine zur Prävention des Zervixkarzinoms, an dessen Entwicklung Forscher des
Deutschen Krebsforschungszentrums maßgeblich beteiligt waren, liegt bei fünf Jahren
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 31-32 / 7. August 2006 / S. C-1741-1743
Der erste Impfstoff gegen Krebs ist vor kurzem in den USA auf den Markt gekommen. Die Vakzine ist gegen die
wichtigsten krebsauslösenden Viren des Zervixkarzinoms, die humanen Papillomviren HPV 16 und 18, gerichtet.
Sie kann nach dem Ergebnis umfangreicher Studien in 70 Prozent aller Fälle vor Gebärmutterhalskrebs schützen.
Kürzlich wurde die erste auf dem Markt zugelassene Vakzine der Pharmafirma Sanofi Pasteur MSD unter dem
Namen "Gardasil" beim DKFZ vorgestellt. - Entwicklungsländer brauchen Impfstoff am nötigsten. Weltweit
erkranken jährlich etwa eine halbe Million Frauen an Gebärmutterhalskrebs, der Großteil davon in Entwicklungsländern. In Europa liegt die Zahl der Neuerkran-kungen bei 33.500, in Deutschland bei 8.000 pro Jahr. Nach dem
Brustkrebs ist das Zervixkarzinom europaweit die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei jungen Frauen
71
unter 44 Jahren: Im Jahre 2002 starben in Europa 14.638 Frauen. Die Infektionsrate mit HPV ist bei sexuell aktiven
Menschen zwar hoch, in den allermeisten Fällen wird es durch die körpereigene Abwehr jedoch wieder eliminiert.
Bei etwa zehn bis 20 Prozent kommt es zu persistierenden Infektionen und Zervixiäsionen unterschiedlicher
Graduierung. Nur in einem Prozent der Fälle entwickle sich letztlich ein Zervixkarzinom.
Boffetta, P.; Hashibe, M.; Vecchia, C.; Zatonski, W. and Rehm, J.
IARC, Lyon; Universily of Milan; Cancer Center and Institute of Oncoloy, Warsaw; University of Toronto; WHO
Collaboration Centre for Substance Abuse Zürich
The burden of cancer attributable to alcohol drinking
Int. J. Cancer: 119, 884-887 (2006)
Die Autoren schätzen den Anteil der mit dem Alkoholkonsum assoziierten Krebserkrankungen weltweit auf 3,6 %
(5,2 % für die Männer und 1,7 % für die Frauen) ein. Bei den Männern treten mehr als 60 % der Alkoholassoziierten Krebserkrankungen in der Mundhöhle, im Ösophagus, in der Leber, im Colon, im Rectum und
Kehlkopf auf. Bei den Frauen betreffen 60 % der Alkohol-assoziierten Krebserkrankungen die Brust. Eine
Assoziation zum Alkoholkonsum wird auch für das Pankreas-, Lungen-, Blasen- und Nierenkarzinom vermutet.
Die Studie basiert auf bereits publizierten Ergebnissen über die gesundheitliche Bedeutung des Alkoholkonsums.
Verglichen werden die relativen Risiken von Nichttrinkern (Referenzgruppe) mit dem Risiko bei einem täglichen
Alkoholkonsum von 1-39 g/d, 40-59 g/d und >60 g/d bei Männern sowie 1-19 g/d, 20-39 g/d und >39 g/d bei
Frauen. Die in 69 Ländern Afrikas, Amerikas, Europas und Asiens durchgeführten Untersuchungen zeigen den
höchsten Anteil am relativen Risiko in Mittel- und Osteuropa. Für das Jahr 2000 wurden die Alkohol-assoziierten
Krebssterbefälle auf 355.000 geschätzt, für 2001 mit 351.000 angegeben. Für das Jahr 2002 werden in der Studie
insgesamt 389.100 Krebserkrankungen und 232.900 Krebssterbefälle dem Alkoholkonsum zugeordnet. - Ein
Hinweis auf die Ursache der Krebserkrankungen findet sich in der Studie nicht.
Boffetta, P.
The causes of cancer
European Journal of Cancer Supplements, Vol 7 No 2, P. 64, September 2009
Untersucht wurden die Veränderungen der Krebssterblichkeit verschiedener Karzinome im Zeitraum zwischen 1950
und 2004 in Frankreich. Die Sterblichkeit ist bei beiden Geschlechtern in Frankreich zurückgegangen. Die
Unterschiede waren am größten bei Karzinomen in Verbindung mit Tabakrauchen und Alkohol. Im Jahre 2000 war
Rauchen für 23,9 % der Krebssterbefälle (33,4 % bei Männern; 9,6 % bei Frauen) verantwortlich, Alkohol für 6,9
% (9,4 % bei Männern; 3 % bei Frauen), dazu Infektionen 3,7 %. Berufliche Belastungen werden für 3,9 % der
Sterbefälle der Männer verantwortlich gemacht, mangelnde körperliche Aktivität, Übergewicht/ Adipositas und
Hormonanwendungen waren verantwortlich für 2-3 % der Krebssterbefälle der Frauen. Andere Risikofaktoren und
Umweltschadstoffe verursachten weniger als 1 % der Sterbefälle. - Der Autor folgert, daß die bekannten Risikofaktoren 35 % der Sterbefälle verursachen; 15 % bei den Nichtrauchern. - Während in Frankreich die
Krebssterblichkeit gesunken ist, erklären die bekannten Risikofaktoren nur eine Minorität von Krebsen mit einer
bestimmenden Rolle des Rauchens. Daraus wird die Prioritätensetzung für die Krebsbekämpfung, besonders der
Veränderung der Lebensweise, abgeleitet. Die Ergebnisse unterstreichen das begrenzte Wissen über die Krebsursachen und zeigen den künftigen Bedarf an epidemiologischer und Grundlagenforschung. Die Untersuchung
könne ein Leitbild für die Abschätzung der Rolle der bekannten Krebsursachen in Europa sein.
Boyle Prof. P., Ferlay, J / International Agency for Research of Cancer, Lyon (IARC)
Cancer incidence and mortality in Europe, 2004
Annals of Oncology, 16: 481 - 488, 2005
Berichtet wird über die Krebsinzidenz und Krebsmortalität in Europe im Jahre 2004: Erfaßt wurden 2.886.800
Erkrankungsfälle und 1.711.000 Krebssterbefälle. Die häufigste Krebserkrankung war das Lungenkarzinom (13,3 %
aller Erkrankungsfälle) gefolgt vom colorectalen Karzinom (13,2 %) und Brustkrebs (13 %). - Das Lungenkarzinom
war die häufigste Ursache der Krebssterbefälle (341.800 Sterbefälle), gefolgt vom colorectalen Karzinom (203.700),
Magenkarzinom (137.900) und Brustkrebs (129.900). 54 % der 2,9 Millionen Erkrankungen betrafen Männer, 46 %
betrafen Frauen. Von den 1,7 Millionen Sterbefällen betrafen 56 % die Männer und 44 % die Frauen. - Das
Lebenszeiterkrankungsrisiko der Männer (0 - 74 Jahre) wird für alle Lokalisationen (ohne nicht-melanotischen
Hautkrebs) mit 30,10 % angegeben. Es beträgt für die Frauen 21,47 %. Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu sterben wird für die Männer mit 16,84 % und für die Frauen mit 9,77 %
angegeben. Der größte Fortschritt würde durch eine konzertierte Aktion gegen die Hauptkiller erreicht: Lungenkarzinom,
colorectales Karzinom, Brust- und Magenkarzinom. Bei Männern und Frauen geht die Magenkrebsinzidenz und
Sterblichkeit in Europa zurück. Die Lungenkrebsinzidenz und -sterblichkeit erfordert Maßnahmen zur Verminderung des Rauchens. Die Einführung einer organisierten Mammographie könnte zur Reduzierung der Brustkrebssterblichkeit führen.
72
Dr. Carl Ernst Bock
Professor für pathologische Anatomie zu Leipzig
Das Buch vom kranken Menschen.
Leipzig, Verlag von Ernst Keil. 1883.
Die Einschätzung des Leipziger Pathologen über den Erkenntnisstand am Ende des 19. Jahrhunderts:
„Krebsgeschwülste oder C a r c i n o m e heißen bösartige, sich mehr oder minder rasch auf ihre
Umgebung ausbreitende und durch ihre Wucherung umfangreiche Zerstörungen der benachbarten
Gewebe und Organe herbeiführende Neubildungen des Körpers, welche aus einer faserigen
Grundsubstanz, dem sogen. Krebsgerüst, aus verschiedenartig gestalteten, bald rundlichen, bald
cylindrischen oder platten Zellen, den sogen. Krebszellen, und einer dicklichen rahmähnlichen
Flüssigkeit, dem sogen. Krebssafte, zusammengesetzt sind und je nach dem Ueberwiegen des einen oder
anderen dieser Bestandtheile ein etwas verschiedenes Aussehen annehmen. Der Krebs kommt in allen Geweben und Organen des Körpers vor, am häufigsten in der weibliche
Brustdrüse, in der Gebärmutter und Scheide, in der Unterlippe, in der Leber, dem Magen und der
Speiseröhre sowie in den Lymphdrüsen, am seltensten in Harnblase, Eierstöcken, Muskeln, Gehirn und
Rückenmark. In der Regel tritt zuerst an einer kleinen beschränkten Stelle als mehr oder minder harter,
höckriger, schmerzhafter Knoten auf, der nach einiger Zeit erweicht, aufbricht, und sich in ein
unregelmäßig zerklüftetes Geschwür mit jauchender Absonderung und verpestendem Geruche, in das
sogen. Krebsgeschwür umwandelt. Manche Menschen leiden überdies an einer förmlichen K r e b s f u r c h t , wittern in jeder harmlosen
Geschwulst oder unschuldigen Hautabschürfung sofort den gefürchteten Krebs und verbittern sich ihr
Leben ganz ohne Grund mit den schwärzesten Gedanken und Befürchtungen. Solche Kranken finden in
populären Schriften statt der gehofften Beruhigung immer nur neue Nahrung für ihre hypochondrische
Verstimmung und sollten sich deshalb lieber an einen tüchtigen und erfahrenen Arzt wenden, der ihnen
am besten die nöthige Aufklärung und Belehrung verschaffen wird. Zudem ist die Häufigkeit des Krebses
durchaus nicht so beträchtlich, als von den Laien gemeiniglich angenommen und gefürchtet wird; nach
den statistischen Erhebungen erkranken von 10.000 Lebenden im Durchschnitt nur 2,4 Männer und 5,2
Weiber am Krebs (die letzteren in etwas größerer Anzahl, weil der Krebs mit einer gewissen Vorliebe
Brustdrüsen und Gebärmutter befällt).
D i e U r s a c h e n d e r K r e b s b i l d u n g s i n d v ö l l i g d u n k e l ; bisweilen tritt der Krebs an
Stellen auf, die vorher einen mechanischen Insult (Schlag, Stoß, Quetschung) erlitten hatten. Ältere Leute
werden häufiger von ihm befallen als junge, auch scheinen Erblichkeit, fortgesetzter Kummer und
Sorgen, sowie übermäßige körperliche und geistige Anstrengungen die Entstehung krebsiger Entartungen
zu begünstigen: dagegen ist eine Übertragung durch Ansteckung vollkommen in Abrede zu stellen. -
H e i l u n g kann nur von einer möglichst f r ü h z e i t i g e n u n d e n e r g i s c h e n
O p e r a t i o n erwartet werden, da alle bisher gegen den Krebs angepriesenen und ausposaunten Heilmittel sich als völlig unwirksam erwiesen haben. Je frühzeitiger und ausgiebiger
die operative Entfernung der Krebsgeschwulst erfolgt, um so eher läßt sich erwarten, dass der
Kranke dauernd und für immer von seinem Uebel befreit wird, während bei spät ausgeführten
Operationen, bei denen nicht alles Krankhafte mehr weggenommen werden kann, gewöhnlich
Rückfälle (Bildung neuer Krebsknoten) nicht ausbleiben, welche schließlich doch noch das Ende
des Kranken herbeiführen.“
73
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Handbuch Lebensmittel-Monitoring
Stand: 2004
Das Handbuch regelt für die zu beprobenden Lebensmittel, die Stichprobenplanung, die Probenahme und vorbereitung, lebensmittelspezifische Stoffspektren mit mindest einzuhaltenden Bestimmungsgrenzen. Im Rahmenstichprobenplan wird das jährliche Lebensmittelmonitoring auf maximal 20 Lebensmittel mit je 236
Proben festgelegt. Daraus ergibt sich ein Jahresumfang von 4720 Proben. Eine Aufschlüsselung auf die Länder
erfolgt nach der aktuellen Bevölkerungszahl. - Das Monitoring erfaßt im Jahre 2004: Chips, Butterkeks, Eisbergsalat, Feldsalat, Kopfsalat, Porree, Rotkohl, Rukola, Tomate, Ananas, Apfel, Erdbeere, Orangensaft, Haferkörner,
Roggenkörner, Erdnuß geröstet, Haselnuß und Brühwürste.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2001
Der Anhang zum „Bericht über die Monitoring-Ergebnisse des Jahres 2001“ enthält detaillierte Angaben zu den
lebensmittelspezifischen Stoffspektren und einzuhaltenden analytischen Bestimmungsgrenzen sowie statistische
Maßzahlen der untersuchten Lebensmittel-/Stoffkombinationen und den festgestellten Höchstmengen-/Richtwertüberschreitungen. - Die Untersuchungen von 89 Proben Gerstenkörner ergaben in 14 Proben bestimmbare
Ochratoxin A-Werte. Der Mittelwert betrug 0,3500 µg/kg. Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte von 3,0
µg/kg wurden in 3 Proben festgestellt. Der höchste Wert lag bei 9,7 µg/kg.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Ergebnisse des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings der Jahre 1995 bis 2002
Bericht 2004
In den Jahren 1995 bis 2002 wurden im Lebensmittel-Monitoring insgesamt über 40 Lebensmittel auf die
Mykotoxine Aflatoxine, Deoxynivalenol, Fumonisine, Patulin, Ochratoxin A und Zearalenon untersucht. In 21 %
der Proben konnten Mykotoxine nachgewiesen werden. - Mehrmals beprobt wurden Pistazien. In etwa 50 % der
Proben wurden Aflatoxingehalte über der zugelassenen Höchstmenge gemessen. Dies betraf vorwiegend Proben
iranischer Herkunft, so dass Sofortmaßnahmen für die Kontrolle von Pistazien aus dem Iran erlassen wurden.
Dargestellt wird die Aufnahme der Mykotoxine. Für die Aufnahmeberechnungen wurden die Probanden in
insgesamt 10 verschiedene Alters-, Geschlechts- und Verzehrsgruppen mit 517 bis 10.314 Personen unterteilt. Für
die Verzehrsdaten wurde die Nationale Verzehrsstudie (NVS) verwendet, die vom 1.10.1985 bis zum 31.12.1988
auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde, um einen repräsentativen
Überblick über die Verzehrsgewohnheiten der Verbraucher zu erhalten. Die NVS wurde mit 23.209 Probanden im
Alter von 4 bis 94 Jahren durchgeführt und deren Verzehrsgewohnheiten über einen Zeitraum von 7 Tagen protokolliert. Die so berechneten Aufnahmemengen dienen der Abschätzung für das mögliche Ausmaß einer langfristigen
Exposition der Konsumenten. Für die Bewertung wird die Aufnahmemenge mit anerkannten Referenzwerten in
Beziehung gesetzt und ein Ausschöpfungsgrad berechnet.
Ochratoxin A: Als Referenzwert für die Bewertung der täglichen Aufnahmemenge von Ochratoxin A (OTA) wurde
der Provisional Tolerable Daily Intake (PTDI) von 0,005 µg /kg Körpergewicht verwendet. Für die Umrechnung der
ermittelten Aufnahmemengen auf das Körpergewicht wurden die aus der NVS gewonnenen durchschnittlichen
Körpergewichte herangezogen. Kinder von 4 bis 6 Jahren 20,9 kg; Kinder von 7 bis 10 Jahren 30,9 kg; Männer 77,8
kg und Frauen 64,2 kg. Die Ausschöpfung des Referenzwertes wird für Frauen zwischen 7,4 und 8,8 %, für Männer
zwischen 10,1 und 12,8 % und für Kinder mit 14,2 und 16,1 % angegeben. Das Bundesamt stellt fest: Neben
Getreide trugen vor allem Fruchtsäfte bei Kindern und Bier bei Männern zur Exposition bei.
Schlußfolgerungen des Bundesamtes: Zur nachhaltigen Reduzierung der Belastung von Lebensmitteln mit
Myktoxinen ist die Überprüfung und Korrektur der guten Praxis bei der landwirtschaftlichen Erzeugung,
Lagerung, Verarbeitung sowie der Qualitätskontrolle weiter zu entwickeln. Die Erfahrungen bei der Durchführung des Monitorings haben ergeben, dass ein zeitnahes Erkennen von Gefährdungspotentialen sowie ein
flexibles Reagieren in sogenannten Krisensituationen aufgrund der festgelegten, starren Rahmenbedingungen
nicht immer möglich waren.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2002
Bericht, 2004
Traubensaft - 236 Proben von Traubensaft und 239 Proben schwarzer Johannisbeernektar wurden auf Ochratoxin
A untersucht. In 70 % der untersuchten Proben wurde OTA nachgewiesen. Der Mittelwert betrug 0,6 µg/L. Der
Höchstwert betrug 90,000 µg/L. Für Traubensaft gibt es gegenwärtig keine Höchstmengenfestsetzung. Für Rosinen
gilt seit 2002 eine zulässige Höchstmenge von 10 µg/kg. Da Ochratoxin A (OTA) wie andere Mykotoxine unter
dem Verdacht stehen, Krebs auszulösen, sollte der Gehalt in Traubensaft minimiert werden. Möglichkeiten
hierzu bieten sich u. a. bei Anbau, Auswahl, Lagerung und Transport der Früchte. -
74
Rotwein - 236 Rotweinproben wurden auf 92 Pflanzenschutzmittel sowie auf Schwermetalle und Ochratoxin A
untersucht. Die Weine kamen zu je einem Viertel aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Eine
herkunftsbezogene Betrachtung der OTA-Kontamination zeigt, dass Proben deutscher Herkunft signifikant weniger
häufig mit OTA kontaminiert waren. Rotwein ist mit unerwünschten Stoffen, abgesehen von OTA, allgemein gering
kontaminiert. Die mittlere Belastung wird mit 0,0834, die höchste Belastung mit 2,000 µg/L angegeben. Die
Belastung von Wein mit diesem erst seit kurzer Zeit in Diskussion befindlichen Mykotoxin sollte auch weiterhin
beobachtet werden. - Vollbier - Bier wurde im Jahr 2002 erstmals im Monitoring beprobt. Die 251 überwiegend
deutschen Proben wurden auf Schwermetalle und Mykotoxine untersucht. Ochratoxin A wurde in 51 % der
Bierproben in bestimmbaren Mengen gefunden. Der Mittelwert des Ochratoxin A-Gehaltes im Bier betrug 0,154
µg/L, der Höchstwert 20,500 µg/L. Das BVL empfiehlt angesichts der Häufigkeit des Vorkommens von Mykotoxinen im Bier, dieses weiter zu
beobachten, geeignete technologische Maßnahmen zur ihrer Verringerung zu ergreifen und ggf. Höchstmengen
festzulegen.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Berichterstattung zu Untersuchungen bestimmter Lebensmittelgruppen auf Ochratoxin A (OTA)
vom 13. 10. 2004 nach den Verordnungen der Kommission (EG) 466/2001 und 472/2002
Im Bericht werden Untersuchungsergebnisse für getrocknete Weintrauben, Traubensaft, Wein, Bier, Kakao und
Kakaoerzeugnisse, Kaffee und Kaffeeerzeugnisse und Gewürze aus dem Jahre 2003 zusammengestellt. Insgesamt
wurden 1.818 Lebensmittelproben auf Ochratoxin A untersucht, d. s. 0,44 % der in dem Berichtsjahr untersuchten
Proben. - Für 429 Proben getrocknete Weintrauben wird ein Mittelwert der Ochratoxin A-Belastung mit 4,05
µg/kg, ein 95-Perzentil von 14,38 µg/kg und Höchstwert von 66,00 µg/kg angegeben. 36 Proben enthielten Gehalte
über dem zu-lässigen Höchstwert von 10 µg/kg. Nur in 3 Fällen haben die Untersuchungseinrichtungen die Proben
beanstandet. - Für 327 Proben Wein und weinhaltige Getränke wird ein Mittelwert von 0,30 µg/L, ein 95-Perzentil
von 1,5 µg/L und ein Höchstwert von 6,20 µg/L angegeben. - Für 193 Bierproben betrug der Mittelwert 0,09 µg/L,
das 95-Perzentil 0,34 µg/L und der Höchstwert 2,9 µg/L. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2004
Bericht, 2005
Ochratoxin A in verschiedenen Lebensmitteln:
Im Rahmen des Monitorings 2004 wurde die Mykotoxinbelastung ausgewählter Lebensmittel untersucht. Zur Ochratoxin A-Exposition tragen nach dem Bericht - neben den Haupteintragsquellen Getreide und Getreideerzeugnisse - bei Erwachsenen Wein und Kaffee, bei Kindern Fruchtsäfte, insbesondere Traubensaft bei. Ochratoxin
A wurde darüber hinaus in Kakao und Kakaoerzeugnissen und in Gewürzen nachgewiesen. - Die EU hat in der
Kontaminanten-Verordnung vom 26.Januar 2005 für Ochratoxin A in Wein und Traubensaft jeweils 2,0 µg/kg als
Höchstmenge festgeschrieben. Für lösliche Kaffeeprodukte beträgt die zulässige Höchstmenge nach der Verordnung
10 µg/kg. - Traubensaft ist relativ häufig mit Ochratoxin A belastet. Dies wird durch die hohe Kontaminationsrate
von 75 % aller Proben deutlich. Die Gehalte bei etwa 40 % der Proben liegen unter 0,1 µg/kg; über 60 % der
Traubensäfte weisen jedoch Gehalte zwischen 0,1 und 0,9 µg/kg auf. Traubensaft wird sehr häufig von kleinen
Kindern verzehrt. Legt man deshalb den strengeren Maßstab einer Höchstmenge für Säuglingsnahrung mit 0,5
µg/kg zu Grunde, würden knapp 10 Prozent der Traubensäfte diese Höchstmenge überschreiten. Die Belastung der
Säfte sollte daher durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch strengere Rohstoffauswahl, gesenkt werden. - Löslicher
Kaffee ist nach wie vor eine mögliche Belastungsquelle mit Ochratoxin A. Über 72 % der untersuchten Proben
waren kontaminiert, jedoch mit Gehalten von meist unter 0,5 µg/kg. Der Großteil der belasteten Proben wies
Gehalte im Bereich bis 3 µg/kg auf. - Kakao und Kakaoprodukte sind eine Lebensmittelgruppe mit häufiger
Kontaminationsrate und relativ hohen Gehalten. Unter Zugrundelegung einer zukünftigen Höchstmenge von 2 µg/kg
müssten 7 der 151 Proben wegen Überschreitungen beanstandet werden. Auch bei diesen Produkten hat die
Auswahl der Rohstoffe durch den Hersteller entscheidenden Einfluss auf ihre Belastung. - Erstmals erfolgte im
Monitoring die Untersuchung von Frühstückscerealien. Diese Lebensmittelgruppe wird sehr häufig und in großen
Mengen auch von Kindern verzehrt. Drei Proben waren mit Ochratoxin A-Gehalten im Bereich der Höchstmenge
von 3 µg/kg belastet. Da es sich jedoch um Früchtemüslis mit Rosinen handelte, liegt hier die Vermutung nahe, dass
der Ochratoxin A-Gehalt aus diesen Früchten resultiert. In fast 95 Prozent der Proben lagen die Gehalte unter 0,5
µg/kg. - Eine weitere Beobachtung dieser Grundnahrungsmittel wird, insbesondere in Jahren mit feuchter
Witterung, für erforderlich gehalten. Die Höchstmengenfestsetzungen in Europa und in Deutschland sollten weiter dazu beitragen, dass Rohstoffe
und Lebensmittel, die Belastungsspitzen mit Mykotoxinen aufweisen, von der Lebensmittelverarbeitung
ausgeschlossen werden.
75
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Berichterstattung zur Lebensmittelüberwachung 2004
bvl online, Juli 2005
Ergebnisse des Jahres 2004 zu Betriebskontrollen und im Labor untersuchte Proben:
Betriebe, die Lebensmittel herstellen, bearbeiten oder verkaufen, werden durch die zuständigen Behörden
regelmäßig und bei Verdacht kontrolliert. Dabei wird unter anderem geprüft, ob im Betrieb einwandfrei nach
hygienischen Standards gearbeitet wird, die Waren richtig gekennzeichnet und zusammengesetzt sind und ob
Mängel in der Schulung oder der betrieblichen Eigenkontrolle bestehen. Darüber hinaus werden Proben entnommen
und in amtlichen Laboratorien untersucht. Die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung kontrollieren Betriebe und
nehmen Proben gezielt und risikoorientiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt Betrieben, die Lebensmittel herstellen,
bearbeiten oder verkaufen, von denen ein erhöhtes Risiko für den Verbraucher ausgehen kann. Risikoarme Branchen
werden entsprechend weniger kontrolliert.
Anzahl und Art der im Labor untersuchten und beanstandeten Proben: Für das Jahr 2004 wurden für die
Bundesrepublik insgesamt 410.268 im Labor untersuchte Proben gemeldet. Insgesamt 61.197 Proben wurden mit
Verstößen identifiziert, das sind 14,9 % aller Proben. Bei den Lebensmitteln zeigen Eis und Desserts mit 20,8 % die
meisten Beanstandungen. Es folgen Fleisch, Wild, Geflügel und Erzeugnisse mit 20,0 % und alkoholische Getränke
mit einer Beanstandungsquote von 16,2 %. Die niedrigste Verstoßquote findet sich in der Gruppe Schokolade,
Kakao, Kaffee, Tee mit 8,5 %. Verbessert hat sich die Situation bei Knabberwaren und Nüssen: Der Anteil
beanstandeter Proben sank hier von 19 Prozent im Jahr 2003 auf 13 Prozent im vergangenen Jahr. Häufigster Grund
für Beanstandungen bei Nüssen waren giftige Stoffwechselprodukte aus Schimmelpilzen (Mykotoxine). Für das Jahr 2004 wurden für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt 1.142.045 Kontrollbesuche in 605.961
Betrieben gemeldet. Die Zahl der Betriebe insgesamt wird mit 1.040.300 angegeben, somit wurden nach den
eingegangenen Meldungen 58,3 % aller Betriebsstätten kontrolliert. Die Quote der beanstandeten Betriebe betrug
damit bei 20,8 % bezogen auf alle kontrollierten Betriebe.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2005
Bericht 2007
Untersuchungen ergaben, Ochratoxin A wurde nur in 7 % der Weißweinproben (2001) aber in 51 % des Rotweins
im Jahr 2002 quantifiziert. Die höhere Nachweishäufigkeit und auch die relativ hohen Ochratoxin A-Gehalte im
Rotwein sind sicherlich auch darauf zurück zu führen, dass die kontaminierten Schalen der Weinbeeren zur
Farbgebung der Maische zugegeben werden.
Die Ochratoxin A-Gehalte im Traubenmost lagen im Bereich der Befunde im Traubensaft in den Jahren 2002 und
2004. Die Gehalte im Qualitätsschaumwein waren mit denen der Weine vergleichbar. In jeweils einer Probe wurde
der Höchstgehalt von 2 µg/kg mit relativ hohen Konzentrationen von 20 µg/kg im Traubenmost bzw. 10 µg/kg im
Qualitätsschaumwein überschritten.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2006
Bericht, Oktober 2007
Im Jahr 2006 wurden im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings im Projekt „Ochratoxin A in Trockenobst außer
Weintrauben“ insgesamt 311 Proben auf Ochratoxin A-Kontaminationen untersucht. 42 Proben (13,5 %) wiesen
nach Angabe des BVL „in Abhängigkeit von der Art des getrockneten Obstes teilweise recht hohe Gehalte an OTA
auf.“ Überschreitungen der zulässigen Höchstmengen lagen ausschließlich bei Feigen. 8 % der untersuchten Feigen
(5 Proben) enthielten bis zu 14 µg OTA pro Kilogramm. - OTA wurde in mehr als einem Drittel (35 %) der
Schokoladen nachgewiesen. Die Konzentrationen lagen im Mittel bei 0,37 µg/kg und im Maximum bei 0,91 µg/kg.
Ein Höchstgehalt ist für Kakao und Kakaoerzeugnisse zurzeit nicht festgelegt. Die relativ häufigen Nachweise von
OTA sollten Anlass für weitere Untersuchungen und Expositionsbetrachtungen sein. Bei der Kakaoherstellung ist
verstärkt auf die Minimierung des Schimmelpilzbefalls zu achten. - Durch verbesserte Futtermittelqualität wurde
OTA nur in 12 % der Schweinenieren gefunden, damit wesentlich seltener als im Jahr 2001 (27 %). Der mittlere
Gehalt ist zwar nur geringfügig von 0,31 µg/kg auf 0,25 µg/kg gesunken, dafür war die maximale Konzentration
mit 3,8 µg/kg wesentlich geringer als im Jahr 2001 (17,25 µg/kg). Dennoch sind weitere Anstrengungen zur Verminderung der OTA-Kontamination des Tierfutters zu unternehmen.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Lebensmittel-Monitoring 2007
bvl.online, Oktober 2008
Ochratoxin A in Bier, gemahlenem und ungemahlenem Röstkaffee:
Im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings 2007 wurden Kaffeeproben auf Ochratoxin A untersucht. Ochratoxin A
(OTA) wird im Bericht als Mykotoxin mit immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften
76
angegeben. OTA kann Nierenschäden verursachen und es gibt Hinweise auf eine kanzerogene Wirkung. In den
letzten Jahren rückte OTA immer stärker in den Blickpunkt des Interesses, da es über eine sehr hohe Stabilität
gegenüber Temperatur- und Umwelteinflüssen verfügt und in vielen weiterverarbeiteten Lebensmitteln zu finden ist.
Neben anderen Lebensmitteln kann auch Kaffee in nicht unerheblichem Umfang zur allgemeinen Exposition des
Menschen gegenüber OTA beitragen.
Im Jahr 2007 wurden u. a. Bierproben und Kaffeproben auf ihre Ochratoxinbelastung hin untersuccht In 52 % der
Untersuchten Bierproben (Hefgeweizenbier, Vollbier Pils, Schwarzbier) wurde Ochratoxin in bestimmbarer Menge
festgestellt. In 64 % der Kaffeeproben wurden bestimmbare Belastungen gefunden. Die Höchstwerte lagen unter den
von der EU festgelegten zulässigen Höchstwerten. Aufgrund unterschiedlicher Ernte- und Lagerungsbedingungen
der Kaffeebohnen in den verschiedenen Ländern werden Überschreitungen der Höchstmenge grundsätzlich nicht
ausgeschlossen. Maximale Ochratoxin-A-Konzentrationen lagen bei geröstetem Kaffee bei 2,68 µg/kg bzw. bei
entcoffeiniertem Röstkaffee bei 0,75 µg/kg und bei säurearmen Röstkaffee bei 0,17 µg/kg.
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft / Dänicke, S. und Oldenburg, E. (Herausg.)
Risikofaktoren für die Fusariumtoxinbildung in Futtermitteln und Vermeidungsstrategien bei der
Futtermittelerzeugung und Fütterung
FAL Agricultural Research, Sonderheft 216
1. Risikoabschätzung und Vermeidungsstrategien bei der Futtermittelerzeugung
Oldenburg, E., Valenta, H. und Sator, C.
Schimmelpilze verursachen bei Nahrungs- und Futtermitteln nicht nur Qualitätseinbußen. Mykotoxin-haltige
Futtermittel können die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Nutztieren gefährden. Auch der Mensch kann durch
die Aufnahme von kontaminierten pflanzlichen und tierischen Lebenmitteln gesundheitlich belastet werden. Am
Beispiel der Schimmelpilzgattung Fusarium wird das Vorkommen von Fusariumtoxinen in Getreide, Mais und
Gräsern untersucht, weil Arten dieser Gattung zu den wichtigsten Schaderregern bei den genannten Kulturpflanzen
gehören. Niederschläge in der Zeit der Blüte des Getreides, Bodenbearbeitung und Fruchtfolgen, Sortenwahl und
Pflanzenschutzmaßnahmen haben Einfluß auf den Pilzbefall des Getreides . - In Getreide aus Deutschland wurden
in den letzten Jahren häufig die Fusariumtoxine Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZON) gefunden. Weizenund Roggenproben aus ökologischem Landbau waren teilweise höher mit den Fusariumtoxinen belastet als
konventionell angebautes Getreide. Auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes werden Empfehlungen für die praktische Landwirtschaft zur
Vorbeugung bzw. Vermeidung von Risiken, die zu einem erhöhten Fusariumbefall von Kulturpflanzen und
Ernteprodukten führen, gegeben. Großer Forschungsbedarf ergibt sich hinsichtlich des Vorkommens der Mykotoxine in Getreide, Silagen, Gräsern und Heu sowie Futtermischungen, bezüglich züchterischer und pflanzenbaulicher Einflußfaktoren und konservierungstechnischer Möglichkeiten der Futtermittel.
2. Risikoabschätzung und Vermeidungsstrategien bei der Fütterung
Dänicke, S., Valenta, H. und Ueberschär, K.-H.
Die Bildung von Mykotoxinen in Futtermitteln erfolgt entweder bereits auf dem Feld vor der Ernte (Feldtoxine)
und/oder während der Lagerung (Lagertoxine). Das bedeutsamste Lagertoxin unter unseren Produktionsbedingungen ist das Ochratoxin A. In der Arbeit werden die Wirkungen der Mykotoxine Trichothecene,
Zearalenon, Fumonisine und Moniliformin bei landwirtschaftlichen Nutztieren vergleichend dargestellt und
Dekontaminationsmöglichkeiten aufgezeigt.
Die biologische Wirksamkeit der Mykotoxine hängt u. a. von ihrer Bioverfügbarkeit ab. Dabei ist die
Bioverfügbarkeit pharmakokinetisch als der Quotient aus der Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeitkurve nach
der Aufnahme des Toxins definiert. Angegeben wird die Pharmakokinetik einiger Mykotoxine bei verschiedenen
Tierarten. Beim Schwein wird beispielsweise bereits nach 0,2 bis 0,5 Stunden die maximale Konzentration nach der
Aufnahme von Deoxynivalenol erreicht, die Halbwertszeit beträgt 8,5 Stunden. Bei der Aufnahme von Ochratoxin
A wird die maximale Konzentration nach 10 Stunden erreicht und die Halbwertszeit mit 88 Stunden angegeben. Die Autoren beschreiben die Folgen der Mykotoxinbelastung für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der
Nutztiere. Krankheitserscheinungen durch Mykotoxine werden als Mykotoxikosen bezeichnet und sind durch
folgende Merkmale gekennzeichnet:
• Sie treten wahrscheinlich oft auf, werden aber als solche häufig nicht erkannt.
• Die mit den Toxikosen verbundenen Gesundheitsstörungen sind nicht auf andere Tiere übertragbar, das heißt,
Mykotoxikosen sind nicht infektiös.
• Die Behandlung mit Antibiotika oder anderen Medikamenten bleibt in der Regel erfolglos.
• Krankheitsausbrüche treten meist saisonal auf, wobei Witterungsverläufe, die eine Mykotoxinbildung begünstigen auch mit einem Anstieg der Häufigkeit von Mykotoxikosen einhergehen können.
• Epidemiologische Studien belegen häufig eine Beziehung zu einer bestimmten (kontaminierten) Futtermittelcharge.
• Hoher Pilzbefall von Futtermitteln muss nicht mit einer hohen Mykotxinbelastung einhergehen und umgekehrt.
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Die Autoren unterscheiden zwischen akuter und chronischer Toxizität. Während die akute Toxizität zum Tode
führen kann oder/und Toxin-spezifische Intoxikationserscheinungen hervorruft, lässt sich eine chronisch latente
Mykotoxikose nicht immer sicher als solche diagnostizieren. Latenten Mykotoxikosen, die häufig mit einem
unspezifischen Leistungsrückgang verbunden sind, kommt dabei auch aus der Sicht von Mykotoxinkonzentrationen, mit denen in der Fütterungspraxis gerechnet werden kann, sicher die größere Bedeutung zu.
Mit Mykotoxinen kontaminierte Futtermittel können für die Tierhalter mit erheblichen Belastungen verbunden
sein. Das Problem besteht weltweit und es besteht Interesse an Möglichkeiten, das Getreide oder die Futtermittel
zu dekontaminieren. Eine Detoxifikation kann vor der Verfütterung (Futtermittelbearbeitung) oder während der
Verfütterung (in situ) physikalisch (mechanisch, Wärmebehandlung, Bestrahlung), chemisch (Ammoniak,
Monomethylamin, Calciumhydroxyd), durch Zusatz von Adsorbentien (Aktivkohle, Bentonite, Zeolite, NichtStärke-Polisaccharid und Ionenaustauscher) zum Futter oder biologisch durch Mikroorganismen und Enzyme
erfolgen. Bei Verwendung von Adsorbentien zur in situ-Detoxifikation konnte bei Aflatoxin- und Ochratoxin-Akontaminiertem Futter die Toxizität teilweise verringert werden, während für Fusariumtoxine keine
Verminderung der Toxineffekte nachgewiesen werden konnte.
Die Dekontaminationsmaßnahmen, welche der Futtermittelbearbeitung zuzuordnen sind, sind in der Regel mit
einem höheren technischen und finanziellen Aufwand verbunden als Maßnahmen, die in situ durchgeführt werden.
Da generell eine Minimierung der Mykotoxinbelastung der Nutztiere anzustreben ist, werden Dekontaminationsmaßnahmen künftig stärker zu berücksichtigen sein.
Bundesgesundheitsamt
Zuviel Aflatoxine in Pistazien
BGA-Pressedienst 33/90
Pistazien waren weit stärker mit Aflatoxinen belastet, als den geltenden Vorschriften der Aflatoxin-Verordnung
entsprach. Als Spitzenwert wurden 1310 µ/kg Aflatoxin B1 gefunden. Aflatoxine sind karzinogen wirkende Substanzen aus der Gruppe der Mykotoxine, welche als normale Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze entstehen.
Bestimmte Lebensmittel, Erdnüsse, Paranüsse, Feigen, Pistazien können kontaminiert sein. Die HöchstmengenVerordnung legt einen Grenzwert für Aflatoxin B1 mit 2 µ/kg und für Gesamtaflatoxin mit 4 µ/kg fest. Für Aflatoxin
M1 in Säuglingsnahrung und Milch 0,01 µ/kg und 0,05 µ/kg für Gesamtaflatoxine.
Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV)
BgVV empfiehlt Höchstmengen für Ochratoxin in Lebensmitteln
15/1997, 17. 06. 1997
Lebensmittel, die von Schimmelpilzen befallen sind, können mit Ochratoxin A (OTA) belastet sein. Das Mykotoxin
wirkt beim Menschen nierenschädigend und hat sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Eine kanzerogene
Wirkung beim Menschen ist bislang nicht belegt. Europaweite Untersuchungen haben gezeigt, daß Ochratoxin A im
Blut nahezu der gesamten Bevölkerung nachgewiesen werden kann. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des
Bundesministers für Gesundheit, an dem das BgVV, Bundesforschungsanstalten, die Lebensmittelüberwachung und
Infratest München beteiligt sind, werden in Deutschland zur Zeit Lebensmittel und Blutproben von Verbrauchern
auf ihre Belastung mit Ochratoxin A untersucht, um hieraus Maßnahmen zur Minimierung abzuleiten. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, daß neben Getreide und Getreideprodukten, Kaffee und Bier zu den Nahrungsmitteln gehören, die wesentlich zur Ochratoxin-A-Belastung beitragen. Das BgVV hat dem Bundesminister für
Gesundheit die Festlegung von Höchstmengen auf EU-Ebene empfohlen, um den Verbraucherschutz sicherzustellen
und Interventionswerte für die amtliche Lebensmittelüberwachung zu schaffen. - Berechnungen, die im Auftrag des
Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Union (EU) durchgeführt wurden, belegen für
verschiedene europäische Länder tägliche Ochratoxin-A-Gesamtaufnahmen zwischen 0,9 Nanogramm pro
Kilogramm Körpergewicht und Tag (ng/kg KG/d) für Deutschland und 4,6 ng/kg KG/d für Italien. Die
durchschnittliche Ochratoxin-A-Belastung im Blutplasma liegt in Europa zwischen 0,18 (Schweden) und 1,8
(Dänemark) Mikrogramm pro Liter (µg/l).
Das Mykotoxin wurde bislang in Getreide und daraus hergestellten Produkten, auch in Kaffee, Bier, Weinen,
Trockenobst, auf Gewürzen und Gemüsen nachgewiesen. Über Kakao kann es in Schokolade gelangen und in
Fleischerzeugnissen fand es sich dann, wenn Tiere verschimmeltes Futter erhielten.
Die durchschnittliche Belastung von Kaffee mit OTA liegt bei 0,8 µg/kg LM. Die von Getreide zum Vergleich bei
0,2 bis 0,4 µg/kg und die von Bier bei 0,07 µg/kg LM. Werden diesen Werten die üblichen Verzehrsmengen
zugrundegelegt, ergibt sich für den Verbraucher eine OTA-Aufnahme von 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (ng/kg KG/d) durch Kaffee, 0,5 ng/kg KG/d durch Getreide(produkte) und 0,2 ng/kg KG/d durch
Bier. Bestehende Unsicherheiten in der toxikologischen Bewertung haben international zu unterschiedlichen
Abschätzungen der tolerierbaren Aufnahmemenge geführt. Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Union liegt sie im Bereich von "einigen ng/kg Körpergewicht und Tag".
Auf Empfehlung des BgVV fordert Deutschland in der EU die Festlegung von Ochratoxin-A-Höchstmengen für
Lebensmittel. Schweden hat die Festlegung einer Höchstmenge von 5 µg Ochratoxin A/kg auf nationaler Ebene
78
angekündigt. Das BgVV begrüßt die Initiative, tritt aber aus Vorsorgegründen für einen niedrigeren Wert von
höchstens 3 µg/kg Lebensmittel ein. Für Rohprodukte zur Herstellung von Kleinkindernahrung empfiehlt das BgVV
eine Höchstmenge von nur 0,3 µg/kg.
Bundesinstitut für Risikobewertung / Nationales Referenzlabor für Mykotoxine
Mykotoxine in Lebensmitteln - Warum sind Mykotoxine als kritisch einzustufen?
Verbraucherinformation, 2009
Im Gegensatz zu den meisten Bakterientoxinen, bei denen es sich um Proteine handelt und daher eine Antikörperreaktion auslösen, führen Mykotoxine wegen ihres niedrigen Molekulargewichts zu keiner Antikörperbildung und
damit nicht zu einer echten Immunabwehr.
Die toxische Wirkung der Mykotoxine kann, abhängig von der Toxinart, akut und/oder chronisch sein. Die
chronische Toxizität ist die Giftigkeit eines Stoffes bei wiederholter Aufnahme über längere Zeit. Sie wird ebenfalls
in mg/kg Körpergewicht angegeben und ist meist um ein vielfaches kleiner als die akute Toxizität. Die hier
beobachteten Symptome treten erst nach mehrfacher bzw. dauerhafter Exposition eines Organismus gegenüber einer
Substanz auf i.d.R. nach mehr als sechs Monaten, wobei sowohl substanzkumulative als effektkumulative
Symptome beobachtet werden können. Die chronischen Wirkungen bzw. Folgen sind hierbei von einer Schwellendosis abhängig. Ausgenommen hiervon sind genotoxische Wirkungen (z.B. Mutagenität, Kanzerogenität) für die
keine Schwellendosis abgeleitet werden kann, da theoretisch bereits durch ein Molekül eine genotoxische Wirkung
ausgelöst werden kann. Als Spätfolgen einer chronischen Aufnahme von Mykotoxinen sind kanzerogene Wirkungen
(Krebsverusachend), mutagene Wirkungen (Erbschäden bewirken), teratogene Wirkungen (Missbildungen beim
Embryo) beschrieben.
Bisher kennt man mehr als 300 verschiedene Mykotoxine, die etwa 25 Strukturtypen zugeordnet werden können und
aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Strukturen verschiedene toxische Wirkungen zeigen. Die weit über
300 Mykotoxine werden von mehr als 250 Schimmelpilzarten gebildet. Während einige Mykotoxine nur von einer
begrenzten Zahl von Arten synthetisiert werden, werden andere wiederum von vielen Arten aus unterschiedlichen
Pilzgattungen gebildet. Viele werden nur unter Laborbedingungen in relevanten Mengen gebildet, und nur eine
relativ geringe Zahl kommt häufig und in höheren Konzentrationen natürlich vor und ist damit für die Lebensmittelsicherheit von Bedeutung. Hierzu zählen Aflatoxine, Ochratoxine, Mutterkornalkaloide, Fusarientoxine
(Trichothecene, Fumonisine, Zearalenon), Patulin und Alternaria-Toxine.
Für die Mykotoxine in Lebensmitteln gibt das BfR an: Aflatoxine sind leberschädigend, mutagen, kanzerogen,
teratogen. Ochratoxln A wirkt kanzerogen, teratogen, neurotoxisch, nierenschädigend. Für andere Mykotoxine
werden auch neurotoxische Wirkungen angegeben.
Bundesregierung
Aflatoxin-Verordnung
vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 1945)
Die Aflatoxin-Verordnung berücksichtigte die Ergebnisse der Forschung zum Vorkommen und zur Toxizität der
Aflatoxine sowie die derzeitigen Erkenntnisse der Überwachungslaboratorien über die Verbreitung und die
Kontaminationsgrade in Lebensmitteln. Sie galt nur für Erdnüsse, Nüsse, Kokosraspeln, Mohn, Sesam und Getreide
und die ausschließlich daraus hergestellten Lebensmittel. Die zulässigen Höchstwerte betrugen für Gesamtaflatoxin
10 µg/kg und für Aflatoxin B1 5 µg/kg. Bereits früher war eine Aflatoxin-Futtermittel-Verordnung zur Verhütung
von Mykotoxinvergiftungen bei Nutztieren erlassen worden, die gleichfalls 10 µg/kg für Gesamtaflatoxine und 5
µg/kg für Aflatoxin B1 vorsah.
Bundesregierung
Verordnung über Höchstmengen an Mykotoxinen in Lebensmitteln (MHmV)
vom 2.6.1999, zuletzt geändert am 2. 5. 2003, BGBl. I. (2003) S. 641
Die Verordnung regelt die zulässigen Höchstmengen an Mykotoxinen in Lebensmitteln und berücksichtigt dabei die
entsprechenden Richtlinien der EU. Die Verordnung löst die frühere Aflatoxin-Verordnung aus dem Jahre 1976 ab
und übernimmt die zulässigen Höchstwerte für Aflatoxin. Erzeugnisse, deren Gehalt an Aflatoxin die zulässigen
Höchstmengen überschreitet, dürfen nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden. Zulässig sind für
Lebensmittel 2 µg/kg Aflatoxin B1 oder 4 µg/kg Gesamtaflatoxin, für Milch 0,05 µg/kg Aflatoxin M1. Es werden
Erzeugnisse festgelegt, die nach den EU-Richtlinien zu untersuchen sind: Erdnüsse, Schalenfrüchte, Trockenfrüchte,
Getreide, Milch, Gewürze (Muskat, Pfeffer, Ingwer, Gelbwurz), Rosinen, Korinthen, Sultaninen.
Bundschuh, K
Ist Rotwein gesund?
Studien zeigen, dass Alkohol vor Herzinfarkten schützt. Aber längst nicht alle Menschen profitieren davon
Berliner Zeitung, 27. 10. 2006 / Circulation, Bd. 106, S. 1652 / Epidemiological Review, Bd. 15, S. 328
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Die Autorin berichtet von der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (2006). Dort stellte der
Pharmakologe Ulrich Förstermann (Universität Mainz) drei Studien seiner Arbeitsgruppe vor, die zuvor in
Fachzeitschriften publiziert waren. Resveratrol erhöht nach Auskunft von Förstermann die Bildung von
Stickstoffmonoxid in den Endothelzellen, jener Gewebeschicht also, die die Blutgefäße auskleidet. Die Mainzer
Forscher konnten zeigen, welche molekularen Mechanismen Resveratrol in der Zelle in Gang setzt. Die Produktion
von Stickstoffmonoxid wirkt gefäßerweiternd und verhindert die Verklumpung von Blutplättchen ebenso wie die
Einwanderung von Entzündungszellen in die Gefäßwand. Förstermann hat Diese Effekte waren in Kulturen aus
Endothelzellen und an Ratten untersucht worden. Mit Traubensaft oder Weißwein konnten nicht die herz- und
gefäßschützenden Effekte erzielt werden. Auch reiner Alkohol versagte in dieser Richtung. Der Epidemiologe Ulrich Keil (Münster) hält Studien wie die von Förstermann für intellektuell anregend. Doch er
schränkt gleich ein, sie bewiesen aber nichts. Das können nach seiner Ansicht nur epidemiologische Studien. Bei
solchen Erhebungen wird untersucht, wie sich Krankheiten ausbreiten und wie unterschiedliche Einflüsse, etwa die
Ernährung oder Umweltbelastungen, auf die Gesundheit der Bevölkerung wirken. Bisherige epidemiologische
Studien haben gezeigt, dass der Alkohol - in moderaten Mengen genossen - schützend auf die Gefäße wirkt. Bereits
1993 wurde in der Fachzeitschrift Epidemiological Review die erste sogenannte Metaanalyse veröffentlicht, nach
der Alkohol der entscheidende Wirkstoff für den Schutz der Blutgefäße ist. Deshalb kann er kaum verstehen, dass
immer wieder neu über die Frage diskutiert wird, ob nun Weißwein, Rotwein oder Bier dem Herzen mehr hilft.
Singer (Universitätsklinik Mannheim) wandte sich gegen Trinkempfehlungen. Der Stoffwechsel sei bei verschiedenen Menschen so unterschiedlich, dass Alkohol niemals gleich wirken könne. Zu bedenken gab Singer auch, dass
man dieselben schützenden Effekte, die ein Viertelliter Wein erzielt, beispielsweise auch durch sportliche Aktivität
oder durch mediterrane Kost erreichen könne. Einig waren sich Keil und Singer, dass die Forschungslage vor allem deshalb so unübersichtlich ist, weil viele
Studien zur positiven Wirkung von Bier und Wein von Brauereien oder Weinanbauverbänden finanziert wurden.
Butenand, Prof. / Tübingen
Referiert von Frau Dr. Gertraud Lemke, Hauptverwaltung Gesundheitswesen
Über die Genese maligner Tumoren
Z. Ärztliche Fortbildung 1949, S. 387
Berichtet wird von der 55. Tagung der "Deutschen Gesellschaft für innere Medizin" 1949 in Wiesbaden:
Prof. Butenand referierte über die Genese maligner Tumoren. Unter den krebserzeugenden chemischen Stoffen
sind die aromatischen Kohlenwasserstoffe und die Azofarbstoffe die wichtigsten Gruppen. Benzanthracen ist die
Muttersubstanz der krebserzeugenden Kohlenwasserstoffe. Durch Anlagerung eines Fünferringes entsteht
Benzpyren. Dieses ist eines der wirksamsten Mittel zur experimentellen Krebserzeugung im Tierversuch. Die
Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle muß etwas mit der spezifischen Proteinproduktion zu tun
haben. Es wird angenommen, dass der Angriffspunkt der Kohlenwasserstoffe in der Veränderung der selbst
reproduzierenden Prozesse der Zelle liegt. Die Suche nach Enzymen, durch deren Mithilfe eine Dehydrierung von
Steroiden zu kanzerogenen Kohlenwasserstoffen zustande kommt, verlief erfolglos. - Untersucht wurde die Frage
nach der Rolle der Colibakterien bei der Entstehuing des Rektumkarzinoms. Im Mäuseexperiment entstand das
Rektumkarzinom auch ohne Colibakterien. - Untersucht wurde der Leberstoffwechsel, in dem der Auf- und Umbau
von Sterinen und Gallensäuren stattfindet. Dazu wurden Extrakte aus normaler Leber, Leber von Krebskranken und
Leber von Krebskranken mit Metastasen hergestellt. Diese Extrakte wurden im Tierversuch auf Karzinogene
untersucht. Sie wurden dazu 800 Tieren auf eine rasierte Hautstelle gepinselt. Bei keinem einzigen Tier wurde damit
ein Plattenepithelzellkarzinom erzeugt. Daraus ergab sich, dass in den Leberextrakten keine spezifischen
karzinogenen Stoffe vorhanden waren.- Butenand nannte unter den Krebsentstehungstheorien zunächst die Theorie
der somatischen Mutation von Bauer. Er sah darin aber nicht die einzige Ursache. - Es sollte auch über eine
Virusätiologie nachgedacht werden. Beim Menschen waren virusbedingte Tumoren nicht bekannt geworden. Viren,
die im Tierexperiment Karzinome erzeugen, haben Antigencharakter. Sie regen den Körper zur Antikörperbildung
an und ermöglichen die Immunisierung gegen die Virusinfektion. Bei Menschen konnte keine irgendwie geartete
Krebsabwehr festgestellt werden.
Butylin, Juri
Holzkohle - fast ein Allheilmittel
Sputnik 7/1987, (n.: Pharmazewtitscheski Journal, Kiew)
Seit undenklichen Zeiten verwenden die Ärzte stoffliche Mittel zur Entschlackung. Hippokrates entgiftete so an
Urämie erkrankte Patienten. Möglicherweise erfuhren die Europäer durch ägyptische Priester von der Eigenschaft
der Holzkohle, verschiedene Stoffe zu adsorbieren. Im 18. Jahrhundert begann man, Aktivkohle in der europäischen
Medizin anzuwenden, In Rußland wurde die Kohle in der zweiten Hälfte des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts
besonders populär, als man sie schon industriell gewann, allerdings für die Zuckerraffinierung. - In den 1970er
Jahren vervollkommnete Lopuchin die Methode der Hämosorption. Aktivkohle wurde synthetisiert. Die Reinigung
des Blutes ermöglicht die Behandlung von Krankheiten, denen die Medizin oft machtlos gegenüber stand (Pank-
80
reatitis, Peritonitis, chronische Leber- und Nierenstörungen u. a.). Kohlenstoff adsorbiert aktiv beliebige Gifte und
wirkt auf dem gesamten Weg durch den Magen-Darm-Trakt. Bei etwa 30 Krankheiten bewirkt das Adsorbens einen
guten Heileffekt. So bei starken Vergiftungen durch Nahrungsmittel, Arzneimittel und Chemikalien. Enterosorbenten wirken bei schweren Verbrennungen, Gelenkentzündungen, Bronchialasthma, Schwangerschaftstoxikose,
Arteriosklerose u. a. - In den 1980er Jahren wurde die Wirkung der Enterosorbenten auf verschiedene allergische
Erkrankungen untersucht. Bei 85 - 90 % der Behandelten stellte sich Besserung ein. Interessant ist, dass die
Enterosorbenten nicht unbedingt wissen müssen, welches Allergen das Unwohlsein hervorgerufen hat.
Butz, M. u. Coautoren / Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
Asbestverursachte Berufskrankheiten in Deutschland - Entstehung und Prognose
HVBG, August 2003
Im Zeitraum von 1980 - 2000 wurden 6.395 asbestbedingte Lungen-/Kehlkopfkrebserkrankungen und 6.093 Mesotheliome als Berufskrankheiten anerkannt. - Von den im Geschäftsjahr 2000 anerkannten Asbest-Berufskrankheiten
haben bei den Asbestkrebserkrankungen 37 % und bei den Mesotheliomen 20,3 % der betroffenen Versicherten ihre
gefährdende Tätigkeit zwischen 1950 und 1960 aufgenommen. Es wird vermutet, das in den ersten 10 oder 20
Jahren an bestimmten Arbeitsplätzen massive Asbesteinwirkungen bestanden oder sehr viele Arbeitnehmer
exponiert waren. - Tabakrauch erhöht das Risiko, an einem Lungenkrebs zu erkranken, erheblich. Das Maximum
der asbestbedingten Erkrankungen wird deutlich vor dem Jahr 2010 erwartet. - Die narbengewebsbildenden und
insbesondere die tumorerzeugenden Wirkungen eingeatmeter Asbestfasern werden in der Medizin seit langem
diskutiert. Asbestbedingte Lungenkrebserkrankungen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer morphologischen,
topographischen und histologischen Charakteristika nicht von Lungenkrebserkrankungen anderer Genese. Verbreitete Rauchgewohnheiten stellen einen wesentlichen syncanzerogenen Risikofaktor dar.
Butz, M. / Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
Beruflich verursachte Krebserkrankungen Eine Darstellung der im Zeitraum 1978 - 2003 anerkannten Berufskrankheiten
HVBG, Juli 2005
Im Berichtszeitraum 1978 bis 2003 wurden von den gewerblichen Berufsgenossenschaften insgesamt 354.231 Fälle
im Verwaltungsverfahren als Berufskrankheit anerkannt. 25.729 Krebserkrankungen waren beruflich verursacht.
In der gesetzlichen Unfallversicherung nimmt seit Jahren die Diskussion um beruflich verursachte Krebserkrankungen einen erheblichen Raum ein, ohne dass von den Fallzahlen her den Krebserkrankungen eine ähnlich
große Bedeutung zukommt wie im übrigen Gesundheitswesen. So starben im Jahr 2003 von den 42 Millionen
Versicherten der gewerblichen Berufsgenossenschaften 1.980 infolge einer Berufskrankheit. Bezieht man die auf
Krebs zurückzuführenden 1.236 Todesfälle auf die insgesamt an den Folgen einer Berufskrankheit Verstorbenen, so
errechnet sich ein Anteil von 62,4 %. - Für den asbestbedingten Lungen- oder Kehlkopfkrebs scheinnt die jüngste
Entwicklung auf einen überwundenen Höhepunkt hinzudeuten. Für eine eindeutige Interprätation bleiben die
Folgejahre abzuwarten.
Chao, Ann et al. / Epidemiology and Surveillance Research, American Cancer Society / Department of
Epidemiology, Rollins School of Public Health, Emory University / Division of Cancer Epidemiology and Genetics,
National Cancer Institute
Meat Consumption and Risk of Colorectal Cancer
JAMA 2005; 293: 172 - 182
In der epidemiologischen Literatur ist der Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch mit einem erhöhten
Krebserkrankungsrisiko für das colorectale Karzinom assoziiert. - In einer Kohortenstudie mit 148.610 erwachsenen
Probanden (69.664 Männer; 78.946 Frauen) zwischen 50 und 74 Jahren (mittleres Alter 63 Jahre) untersucht. Es
wurden 1.667 colorectale Karzinome gefunden. Die Probanden wurden in je 5 Gruppen nach dem Wochenverbrauch
von rotem Fleisch eingeteilt. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch mit einem
erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom (RR 1,50; 95 % CI: 1,04 - 2,17) assoziiert. Ein häufiger Verzehr
von rotem Fleisch erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom (RR 1,29; 95 % CI: 0,88 - 1,89 ) und für ein
Rektumkarzinom (RR 1,43; 95 % CI: 1,00 - 2,05). Wer mehr rotes als weißes Fleisch verzehrte, hatte ein höheres
Risiko für ein distales Karzinom (RR 1,53; 95 % CI: 1,08 - 2,18). Für proximale Tumore bestanden keine
Assoziationen.
Charles, R.H.G., Leitender Medizinalbeamter im Ministerium für Gesundheit, London
Gemeinschaftsverpflegung durch zentrale Großküchen
Veröffentlichung der WHO, Europäische Schriftenreihe Nr. 15, (1986)
Der Autor beschreibt die verschiedenen Kontaminanten von Lebensmitteln, darunter u. a. Bakterien, bakterielle
Gifte, Parasiten, Viren, auch die Toxine bestimmter Pilze (Mykotoxine).
81
Er stellt das Kontrollsystem HACCP vor, das in den USA weit verbreitet angewendet wird. Die Lebensmittelkontrolle und der Qualitätssicherung basiert auf der betrieblichen Kontrolle". Aufgrund technischer Einzelheiten des
Verarbeitungsprozesses oder der anschließenden Handhabung oder aufgrund des Nachweises des Verderbs oder von
Fäulnis wird ein Lebensmittel oder eine Gruppe von Lebensmitteln als gefährlich eingestuft. Anschließend wird eine
eingehende, systematische Untersuchung des gesamten Produktionsablaufs, der Verteilung und der Verwendung
dieser Lebensmittel durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden analysiert, um festzustellen, wie und
wo diese Gefährdungen entstehen, an welchen Punkten Kontrollen vorgenommen werden müssen und welche
Kontroll- und Überwachungsverfahren an diesen Punkten anzuwenden sind. Diese Verfahren können in der
mikrobiologischen Untersuchung von Nahrungsmittelstichproben bestehen, die an jedem kritischen Punkt entnommen werden, oder aus anderen, besser geeigneten Tests wie Zeit- und Temperaturüberwachung oder Messung
des pH-Wertes. Das alles ist keineswegs neu, doch der entscheidende Punkt ist die starke Betonung der
systematischen Analyse von Gefährdungen und der Ermittlung der kritischen Punkte sowie die Konzentration der
verfügbaren Mittel auf die zweckmäßigsten Kontrollmethoden an diesen Punkten.
Die Anwendung dieser Methode scheint bedeutend kostenwirksamer zu sein als intensive Untersuchungen der
Endprodukte, die dadurch ganz oder weitgehend überflüssig werden. Parallel mit dem HACCP-Verfahren müssen
unbedingt alle Aufzeichnungen über die Verarbeitung und die Überwachungsergebnisse als Mittel zur genauen
Identifizierung jeder einzelnen Produktions- bzw. Lieferungsserie des betreffenden Produkts aufbewahrt und ein
System geschaffen werden, das die Auslieferung und den Konsum gesundheitsgefährlicher Lebensmittel und
Speisen sicher verhindert.
Cho, E. und Coautoren / Harvard Medical School, Boston
Alcohol intake and colorectal cancer: A pooled analysis of 8 cohort studies
Ann Intern Med 2004; 140: 603-613
Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht das Erkrankungsrisiko für das Dickdarmkarzinom.
Das ist das Ergebnis einer Analyse von 489.979 Erwachsenen mit 4.687 Colonkarzinomen. Es betraf beide
Geschlechter mit Bier-, Wein- oder Spirituosenkonsum im Vergleich zu Nichttrinkern.
Die Autoren evaluierten diesen Zusammenhang auf der Grundlage von 8 Kohortenstudien, die in Amerika und
Europa mit 489.979 Probanden und 4.687 dokumentierten colorectalen Karzinomen durchgeführt worden waren.
Die Autoren finden eine signifikante Erhöhung des Erkrankungsrisikos bei einem Alkoholkonsum von >30 g/d. Im
Vergleich zu Nichttrinkern erhöht sich das Erkrankungsrisiko für Probanden mit 30 - 45 g/d Alkoholaufnahme auf
1,16 (CI: 0,99 - 1,36), bei einer Alkoholaufname von >45 g/d auf 1,41 (CI: 1,16 - 1,72). Zwischen den
Geschlechtern wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden. Probanden mit einem niedrigen BMI sind stärker
betroffen, als Probanden mit einem hohen BMI.
Für Bier- und Weintrinker wird ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bereits bei einem Alkoholkonsum von >15 g/d
ausgewiesen. - Bei Biertrinkern erhöht sich das Risiko für das Colonkarzinom auf 1,38 (CI: 1,05 - 1,82); für das
Rectumkarzinom auf 1,59 (CI: 1,12 - 2,25). - Bei Weintrinkern erhöht sich das Risiko für das Colonkarzinom 1,33
(CI: 1,00 - 1,77); für das Rectumkarzinom auf 1,55 (CI: 1,11 - 2,17). - Spirituosen führen noch nicht zu einem
signifikanten Risikoanstieg.
Cholmakov-Bodechtel, C.; Wolff, J.; Gareis, M.; Bresch, H.; Engel, G.; Majerus, P.; Rosner, H. und Schneider, R.
Ochratoxin A: Representative Food Consumption Survey and Epidemiological Analysis
Archiv für Lebensmittelhygiene, 51 (2000) 111-115
Untersucht wurde die Ochratoxin A-Aufnahme aus Lebensmitteln. 2005 Erwachsene und 574 Kinder wurden auf
ihre Verzehrsgewohnheiten befragt. Die Verzehrshäufigkeiten wurden quantifiziert und für alle Lebensmittel
plausible niedrigste, mittlere und höchste Portionsgrößen errechnet. In Verbindung mit den Ergebnissen der OTAAnalysen der einzelnen Lebensmittel wurden 4 Modelle (best, mean, bad und worst case) berechnet. Das mean
caes-Modell dürfte der durchschnittlichen Belastung am ehesten entsprechen. Errechnet wurde eine Tagesaufnahme
von 27,9 ng für Kinder und von 39,9 ng für Erwachsene. Daraus ergeben sich relative Tagesaufnahmen von 0,97
ng/kg Körpergewicht für Kinder und 0,58 ng/kg Körpergewicht für Erwachsene. Bei Kindern zwischen 4 und 6
Jahren liegt die relative Tagesaufnahme mit 1,3 ng am höchsten. - Die prozentualen Anteile an der Tagesaufnahme
von Ochratoxin A werden für 19 Lebensmittelgruppen als Mittelwerte angegeben. Getreideprodukte sind mit mehr
als 40 bis über 50 % an der Tagesaufnahme beteiligt; bei Erwachsenen darüber hinaus Kaffe (14,5 %) und Bier (9,8
%); bei Kindern rote Traubensäfte (15,4 %) und Naschereien und Knabbereien (9,9 %). Eine überwiegend
vegetarische Ernährung stellt keinen Risikofaktor dar.
Christ, Dr. med. Stephan
Vergleichende Untersuchungen zum Stellenwert der palliativen perkutanen Strahlentherapie beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom
Dissertation an der Humboldt-Universität (Charité), Berlin, 2001
Der Autor äußert sich zur Entstehung der Bronchialkarzinome:
82
Bösartige Tumoren der Lunge führen die Statistiken der zum Tode führenden Tumoren an. Zählte noch zu Beginn
unseres Jahrhunderts das Bronchialkarzinom zu den seltenen Tumorformen, läßt der Anteil dieses Tumors an der
Krebsgesamtsterblichkeit in Deutschland im Jahre 1997 mit 26 % bei den Männern und 8 % bei den Frauen
Ursachen u. a. in den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensweisen sowie in der steigenden
Industrialisierung vermuten. So konnte beispielsweise ein kanzerogenes Potential in den letzten Jahren für einige
Stoffe wie z.B. Asbest, Chromate, Arsen, Nickel aber auch durch ionisierende Strahlung nachgewiesen werden.
Zudem unterstrichen tierexperimentelle Untersuchungen, daß Mehrfachbelastungen mit kanzerogenen Stoffen, die
sogenannte Synkanzerogenese, zur weiteren Häufigkeitszunahme des Lungenkrebses führen. Diese arbeitsplatzspezifischen Noxen aber dürften für die Bevölkerungsinzidenz insgesamt eher eine untergeordnete Rolle spielen, da
sie meist nur einen sehr kleinen Teil berufsmäßig Exponierter treffen.
Unbestritten ist die herausragende Rolle des Tabakrauchens bei der Entstehung des Bronchialkarzinoms und die
Abhängigkeit des diesbezüglichen Erkrankungsrisikos von Konsumdauer und Menge. Bei 90 % aller Bronchialkarzinompatienten läßt sich eine Raucheranamnese erheben. Demgegenüber steht ein Anteil von Rauchern an der
Gesamtbevölkerung in Deutschland von 27 % im Jahre 1998. Hingegen erkranken nur etwa 5 % aller Raucher, so
daß davon ausgegangen werden muß, daß noch weitere exogene und endogene Faktoren wie beispielsweise
konstitutionelle Voraussetzungen und der Zustand der körpereigenen Abwehr von erheblicher Bedeutung sind.
Als Hauptursache für die Tumoren des Bronchialsystems werden insbesondere aerogene Noxen angenommen, weil
die Inzidenz mit zunehmendem Lebensalter stetig steigt. Je länger die Exposition gegenüber Noxen der Umwelt
anhält, dies auch in Hinblick auf eine zunehmende Luftverschmutzung, desto höher ist das Risiko, an einem
Bronchialkarzinom zu erkranken. In den letzten Jahren konnte zudem eine genetische Disposition belegt werden. Zwar sind die Entstehungsmechanismen der Lungentumoren inzwischen auch auf zellulärer Ebene bekannt und
eröffnen damit auch präventive Möglichkeiten, jedoch ergibt sich mit 28.200 Neuerkrankungen im Jahre 1995 bei
den Männern und 8.900 Neuerkrankungen bei Frauen in Deutschland eine dringende Notwendigkeit in der
Behandlung dieser Krebsform.
Clarke C A., Glaser S L, Uratsu C S, Selby J V,
Kushi L H and Herrinton L J. / Surveillance
Research, Northern California Cancer Center,
Fremont CA, and Department of Health Research
and Policy, Stanford University School of
Medicine, Stanford, CA / Division of Research,
Kaiser Permanente, Oakland CA Recent
Recent Declines in Hormone Therapy Utilization
and Breast Cancer Incidence: Clinical and
Population-Based Evidence
Journal of Clinical Onkology , Vol.24, Number 33,
Nov. 2006
Die Autoren berichten im Zuammenhang mit dem
Rückgang der Hormonanwendungen im Jahr 2003
gegenüber dem Jahr 2001 in Kalifornien um 68 %
für die Östrogen/ Gestagen-Therapie und um 36 %
für Östrogen alleine. Die Brustkrebsmorbidität ging
in den untersuchten Gebieten um 10 bis 11 %
zurück. Für 2004 lag die Inzidenz in zwei
untersuchten Gebieten leicht unter den Werten von
2003. Dargestellt wird der Rückgang der Hormonanwendungen und die altersspezifische Brustkrebsinzidenz für den Zeitraum 1994 bis 2004.
Cottier, Prof. Dr. H. / Patholgisches Institut der Universität Bern
Pathogenese
Springer-Verlag Berlin * Heidelberg * New York 1980
Der Pathologe Cottier reflektiert den Erkenntnisstand am Ende der 1970er Jahre.
Beim Menschen kommen verschiedene Möglichkeiten der Exposition gegenüber karzinogenen Substanzen in
Betracht: Im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, durch Einnahme mit der Nahrung, durch Verunreinigung
der Umwelt, insbesondere der Luft, infolge besonderer Lebensgewohnheiten sowie in Form von Arzneimitteln mit
karzinogener Wirkung. Nach Schätzungen der WHO (World Health Organisation) dürften in über 75 % maligner
Neoplasien des Menschen Umweltfaktoren ätiologisch maßgeblich beteiligt sein, davon in etwa 90 % der Fälle
körperfremde Chemikalien. - Als Beispiele exogener chemischer Substanzen mit karzinogener Wirkung auf den
Menschen und/oder das Tier nennt Cottier u. a.: Chloroform und Tetrachlorkohlenstoff, Beryllium, den Azofarbstoff
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Buttergelb, das Pilzgift Aflatoxin, Nitrosamine, Zigarettenrauch. - Aus den angeführten Beispielen geht hervor, daß
karzinogene Substanzen ihre Wirkung z. T. offenbar lokal, d. h. am Ort des Kontakts mit der äußeren oder mit
inneren Oberflächen des Körpers, entfalten können (lokal wirkende Karzinogene). In anderen Fällen kommt es nach
Einwirkung karzinogener Chemikalien nicht in der Kontaktfläche, sondern in anderen, von dieser entfernten
Geweben und Organen zur Entwicklung von Neoplasien (sog. resorptive Karzinogene). Die Löslichkeit der
Karzinogene in Körperflüssigkeiten und damit deren Transportfähigkeit, die Eintrittspforte, selektive Speicherung in
gewissen Zellsystemen oder der Anhäufung in bestimmten Organen, scheinen eine wesentliche Rolle zu spielen.
Crispin, A.; Hölzel, D. / Universität München
Epidemiologische Aspekte des Mammographiescreenings
Berliner Ärzte, 8/2004
Bayern ist das erste Bundesland mit einem flächendeckenden Mammographiescreening.
Das Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor und die wichtigste Todesursache der Frau. Jährlich
erkranken mehr als 50.000 Frauen an Brustkrebs neu. 2002 starben 17.780 Frauen an Brustkrebs. Die Diagnose
eines Mammakarzinoms sei kein Todesurteil. Je früher im Krankheitsverlauf Diagnose und Therapie erfolgen, desto
besser ist die Prognose. - Ohne Mammographie würden die meisten Tumoren erst bei einer Größe zwischen 2 und 5
cm entdeckt und - wie vor 30 Jahren - mehr als die Hälfte der erkrankten Frauen versterben. Mit einem
systematischen Screening könnte im Mittel ein Tumordurchmesser von 12 mm erreicht und damit 20jahresÜberlebensraten bis 70 % realisierbar werden. Mit jedem Sterbefall bei einem mittleren Lebensalter von 62 Jahren
gehen fast 15 Lebensjahre verloren.
Darby, Sarah , Prof. für medizinische Statistik und Coautoren / Radcliffe Infirmary in Oxford
Radon in homes ans risk of lung cancer: collaborative analysis of individual data from 13 European casecontrol studies
BMJ, Bd. 330, S. 223
Die Autorin kommt im British Medical Journal (BMJ) zu dem Schluss, dass 9 % aller Lungenkrebstodesfälle in
Europa - 2 % aller Krebssterbefälle - auf das radioaktive Edelgas Radon zurückgehen. Mit jedem Anstieg der
Radonbelastung um 100 Becquerel je Kubikmeter Raumluft nehme nach der Studie das Risiko, an Lungenkrebs zu
erkranken, um 16 Prozent zu.
Degen, G. H., Lektarau, Y., Blaskewicz, M., Grüner, C. / Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität
Dortmund, Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg,
Ochratoxin A Analysen im Blut von Wertstoffsortierern und Deponie-Beschäftigten
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, Juni 2002
Ochratoxin A (OTA) ist eine häufig vorkommende Kontamination in Nahrungsmitteln, über die es oral
aufgenommen wird. Daraus resultiert eine gewisse Hintergrundbelastung der Bevölkerung.
Untersucht wurde die Möglichkeit einer inhalativen Mykotoxin-Aufnahme Ochratoxin A-haltiger Stäube bei
Wertstoffsortierern. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Studie des Landesgesundheitsamts Baden-Würtemberg
an Beschäftigten in der Abfallwirtschaft (Wertstoffsortierer, Deponierer) sind ca. 400 Blutproben untersucht
worden. - Die Höchstwerte lagen in den untersuchten Gruppen nicht höher als die in einer anderen Untersuchung
gefundenen Spitzenwerte für die Allgemeinbevölkerung in zwei Regionen Süddeutschlands (s. Rosner et al., 2000).
Aus den vorliegenden Befunden ergibt sich kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Gestützt wird aber ein Verdacht
auf eine zusätzliche inhalative Aufnahme von Ochratoxin A durch Stäube, der weitere Untersuchungen an
Risikoarbeits-plätzen rechtfertigt.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Dr. Günter Keding, Bad Nenndorf
Krebs - Wer ist gefährdet? - Risiken erkennen und vermeiden
Die blauen Ratgeber 1, 07/2003
Die Autoren geben einen allgemeinen Überblick über die Entstehung der Krebserkrankungen.
Untersuchungen zur Krebsepidemiologie haben Zusammenhänge zwischen bestimmten Lebensgewohnheiten und
bestimmten Krebsarten festgestellt. Es sei inzwischen erwiesen, dass 90 Prozent aller Bronchialkarzinome auf das
Rauchen zurückzuführen sind. Auch bei Magen-, Rachen-/Kehlkopf-, Mund-, Kiefer-, Nierenbecken-, Blasen- und
Gebärmutterkrebs wurde Nikotinmissbrauch als Risiko erkannt. Alkohol, regelmäßig und in größeren Mengen zu
sich genommen, trägt zur Entstehung von Rachen- und Kehlkopf-, Magen- und Leberkrebs bei. Übermäßige
Sonnenbestrahlung und Hautkrebs - beides hängt eng zusammen. Ein anderer Faktor, der Einfluss auf die
Entstehung von Krebs haben kann, sei die Ernährung. Ungesunde, weil zu fette und ballaststoffarme Ernährung
kann dazu beitragen, dass sich Magen- oder Darmkrebs entwickelt; ein hoher Fettverzehr steht auch im
Zusammenhang mit Brustkrebs; Übergewicht begünstigt die Entstehung von Gebärmutterkrebs.
Neben den Lebensgewohnheiten, auf die wir selbst Einfluss nehmen können, gibt es aber noch andere Faktoren, die
das Risiko für einzelne Krebsarten erhöhen, die wir allerdings nicht oder nur zum Teil beeinflussen können:
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bestimmte Krankheiten, krebserregende Stoffe, denen man am Arbeitsplatz ausgesetzt ist, und nicht zuletzt eine
familiäre Veranlagung, die es zum Beispiel bei Magen-, Darm- und Brustkrebs gibt.
Deutsche Krebshilfe e.V. / Berater: Prof. Dr. W. Jonat; Dr. M Holweg, Universität Kiel
Brustkrebs
Die blauen Ratgeber 2, 07/2003
Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken jährlich fast 46.300 Frauen an Brustkrebs.
Zunehmend sind auch jüngere Frauen betroffen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken. 1999 starben 182
Männer an diesem Tumor. Die Ursachen des Brustkrebses - wie der Krebskrankheiten überhaupt - sind noch
weitgehend unerforscht. Ein erhöhtes Risiko wird für Frauen angegeben, deren nahe Verwandte Brustkrebs hatten,
die selbst bereits früher an Brustkrebs erkrankt waren, die älter als 50 Jahre sind. - Früherkennung ermöglicht eine
98-prozentige Überlebensrate von mehr als 5 Jahren nach der Operation. Mit der Mammographie lassen sich in
mehr als 90 % der Fälle die Vorstadien und die Frühstadien der Erkrankung feststellen.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. W. Jonat, Universität Kiel ; Prof. Dr. M. Bamberg, Tübingen
Gebärmutter- und Eierstockkrebs
Die blauen Ratgeber 3, 10/2003
Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken in Deutschland jährlich etwa 24.500 Frauen an den
Neubildungen der inneren Geschlechtsorgane (Gebärmutterhalskrebs: 7.000 Frauen; Gebärmutterschleimhautkrebs:
10.000 Erkrankungen; Eierstock: 7.400 Erkrankungen).
Die Ursachen für die Entstehung von Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sind bisher nicht
eindeutig geklärt. - Als Risikofaktoren werden Sexualverhalten, chronische Infektionen und Viruserkrankungen
genannt. - Mit höherem Alter steigt das Risiko. - Früherkennung wird angeraten.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. H. Jürgens; Universität Münster
Krebs im Kindesalter
Die blauen Ratgeber 4, 04/2003
Jährlich werden etwa 1.700 bis 1.800 neue Krebserkrankungen bei Kindern unter 15 Jahren festgestellt. Die höchste
Erkrankungsrate besteht in den ersten 5 Jahren. In dieser Zeit ist sie etwa doppelt so hoch, wie in den folgenden
Jahren. Die häufigsten Diagnosen sind Leukämien mit 33,8 %, Tumoren des Zentralnervensystems mit 20,3 % und
Lymphome mit 12,5 %. Die Heilungschancen krebskranker Kinder sind in Deutschland deutlich gestiegen. Fünf
Jahre nach der Diagnose "Leukämie" lebten am Anfang der 80er Jahre 69 % der erkrankten Kinder, Ende der 1990er
Jahre sind es 81 %.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. E. W. Breitbart / Dermatologisches Zentrum, Krankenhaus
Buxtehude
Hautkrebs
Die blauen Ratgeber 5, Ausgabe 05/2002
Pro Jahr erkranken in Deutschland zirka 94.000 Menschen neu an Hautkrebs.
Davon sind etwa 6.400 Neuerkrankungen an einem malignen Melanom. In den letzten Jahren hat die Zahl dieser
Erkrankungen drastisch zugenommen. Übermäßige Sonnenbestrahlung gehört zu den Risikofaktoren für die
Entstehung von Hautkrebs. Darüber hinaus können zusätzliche Einflüsse die Wirksamkeit der ultravioletten Strahlen
steigern - so zum Beispiel Teer oder Zusätze in Parfüms beziehungsweise Gesichtswässern.
Deutsche Krebshilfe e. V. /Berater: Prof. Dr. W. Schmiegel, Universität Bochum; Prof. Dr. M. Bamberg, Universität
Tübingen
Darmkrebs
Die blauen Ratgeber 6, 07/2003
Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen.
Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 50.000 Menschen. Die Ursachen für die Entstehung von Darmkrebs sind
bisher nicht eindeutig geklärt. Es scheint eine gewisse erbliche Veranlagung zu bestehen. Die Ernährungsweise soll
Einfluß auf die Entstehung der Krankheit haben. Ab dem 55. Lebensjahr hat jeder Bürger Anspruch auf 2 Darmspiegelungen im Abstand von 10 Jahren!
Deutsche Krebshilfe e. V./ Berater: Prof. Dr. W. Schmiegel, Uni. Bochum; Prof. Dr. M. Bamberg, Uni. Tübingen
Magenkrebs
Die blauen Ratgeber 7, 01/2007
Die Ursachen für die Entstehung von Magenkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt.
Als Risikofaktoren für Magenkrebs werden genannt: eine Entzündung des Magens mit dem Bakterium
„Helicobacter pylori". Dieser Entzündungsvorgang führt zu einem allmählichen Abbau der Schleimhaut-
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schutzschicht des Magens und dadurch zu Veränderungen an der Magenschleimhaut, die als chronisch-atrophe
Gastritis und intestinale Metaplasie bezeichnet werden. Auf der Basis solcher Veränderungen kann sich dann im
Zusammenspiel mit Nahrungs- und Umweltfaktoren ein Magentumor entwickeln.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. U. Schlegel; Prof. Dr. O. D. Wiesler, Universität Bonn
Gehirntumoren
Die blauen Ratgeber 8, 07/2003
Gehirntumoren zählen zu den selteneren Tumoren. Risikofaktoren und Lebensgewohnheiten, die mit anderen
Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht werden können, sind nicht bekannt.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. H. Dralle, Uni. Halle-Wittenberg; PD Dr. M.-L. Sautter, Karlsruhe
Schilddrüsenkrebs
Die blauen Ratgeber 9, 03/2001
Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten 1997 2.800 Menschen an Schilddrüsenkrebs. Frauen sind
stärker betroffen als Männer. Die Ursachen für die Entstehung des Schilddrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig
geklärt. Früherkennung bietet gute Heilungschancen. Röntgenbestrahlung im Halsbereich erhöht das Erkrankungsrisiko. Es wird auf die Möglichkeit einer familiären Vererbung verwiesen.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. R. Osieka, TH Aachen
Bronchialkarzinom
Die blauen Ratgeber 10, 01/1999
In Deutschland erkrankten 1995 etwa 28.900 Männer und 8.100 Frauen an einem Bronchialkarzinom.
Seit Jahren steigt bei Frauen durch veränderte Lebensgewohnheiten (Rauchen) die Zahl der Erkrankungen. Als
erfolgversprechendster Weg für die Vorbeugung wird die Einschränkung des Tabakkonsums gesehen. Es ist
notwendig, über die Faktoren aufzuklären, welche die Entstehung von Bornchialkarzinomen begünstigen können.
Sie gelten als Risikofaktoren für diese Krankheit. Als Risikofaktoren werden genannt: Rauchen, Infektionen und
Umweltfaktoren (Asbest, Nickel, Chrom, PAK). Im Zigarettenrauch sind zahlreiche krebserregende Substanzen, die
sich teilweise erst nach Verbrennung bilden.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. W. Steiner; Prof. Dr. E. Kruse; Prof. Dr. Dr. C.F. Hess, Universität
Göttingen
Rachen- und Kehlkopfkrebs
Die blauen Ratgeber 11, 08/2002
Die Zahl der Erkrankungen steigt. Häufig werden auch jüngere Patienten betroffen.
Rauchen und Alkohol tragen zur Entstehung des Rachen- und Kehlkopfkrebses bei.
Deutsche Krebshilfe e. V. /Berater: Prof. Dr. A. H. Hölscher; Dr. S. P. Mönig, Universität Köln; Prof. Dr. M.
Bamberg, Universität Tübingen
Speiseröhrenkrebs
Die blauen Ratgeber 13, 02/2002
Jährlich erkranken 4.100 Menschen (3.200 Männer, 900 Frauen) an dieser Krebsart. 1999 starben 4.139 Menschen.
Unterschieden werden Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome. Die Ursachen sind trotz intensiver
Forschungen bisher unbekannt. Ein klarer Zusammenhang wird zwischen Plattenepithelkarzinomen und einem
erhöhten Alkohol- und Nikotinkonsum nachgewiesen. Für das Adenokarzinom konnte dieser Zusammenhang nicht
so eindeutig aufgezeigt werden.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. Schmiegel, Universität Bochum, Prof. Dr. W. Budach, Universität
Tübingen
Krebs der Bauchspeicheldrüse
Die blauen Ratgeber 14, 08/2002
Jährlich erkranken 11.400 Menschen (4.900 Männer, 5.500 Frauen). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei den
Männern bei 67 Jahren, bei den Frauen bei 74 Jahren. Die Ursachen für die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig geklärt. Gesichert ist der schädliche Einfluß des Rauchens. Raucher
erkranken dreimal häufiger als Nichtraucher. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Diabetes mellitus oder einer
chronischen Pankreatitis. Diese tritt häufig bei übermäßigem Alkoholgenuß auf. Über den Einfluß von tierischen
Fetten und Koffein wird diskutiert.
Deutsche Krebshilfe e. V./Berater: Prof. Dr. Dr. H. Rübben, Universität Essen; PD Dr. Th. Küchler, Kiel
Prostatakrebs
Die blauen Ratgeber 17, 08/2002
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Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken in Deutschland jährlich etwa 32.000 Männer. Nach
Berechnungen des Europäischen Krebsforschungsinstitutes in Mailand wird eine Zunahme der Häufigkeit des
Karzinoms bis 2010 um 3 % jährlich erwartet. Warum Prostatakrebs entsteht, darüber herrscht noch weitgehend
Ungewissheit. Man weiß jedoch, dass ohne Testosteron kaum ein Prostatakrebs entstehen kann. Es ließ sich
nachweisen, dass Testosteron das Krebswachstum fördert. "Genveränderungen auf dem ersten Chromosom können
den Ausbruch der Krankheit begünstigen. Prostatakrebs ist demnach erblich."
Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. Th. Gilbert; PD. Dr. W. Vahlensieck, Klinik Wildtal; Prof. Dr. Ch.
Huber, Universität Mainz; Prof. Dr. H. Rübben, Universität Essen; Prof. Dr. M. Bamberg, Universität Tübingen
Nierenkrebs
Die blauen Ratgeber 19, 12/2003
In Deutschland erkranken jährlich 5.700 Frauen und 8.300 Männer an Nierenkrebs.
Darin enthalten sind Karzinome des Nierenbeckens und des Harnleiters. 85 % sind Nierenzellkarzinome. Bei den
übrigen handelt es sich um Sarkome, Nephroblastome, Embryonalkarzinome. Die Ursachen sind unbekannt. In
Experimenten konnte der Tumor durch chemische, physikalische, virale und homonelle Mechanismen ausgelöst
werden. Umgang mit Blei, Asbest, Cadmium und PAK konnten nicht nachgewiesen werden. Eine familiäre
Veranlagung ist bei einem Teil der Betroffenen nachgewiesen.
Deutsche Krebshilfe e. V. / Beratung: Diplom-Trophologin I. Böttcher, Leverkusen
Ernährung bei Krebs
Die blauen Ratgeber 33, 09/2003
Neben einem Zuviel oder Zuwenig an Nährstoffen spielen Schadstoffe in Lebensmitteln eine Rolle bei der
Krebsentstehung. Schimmel auf Lebensmitteln enthält häufig Pilzgifte (Aflatoxine), Braunfäule auf Äpfeln und
anderen Früchten bildet Gifte (Patuline), die Krebs auslösen können. Als weitere Schadstoffe werden genannt:
Nitrosamine, die direkt mit Lebensmitteln aufgenommen werden, denen aus lebensmittel-technologischen Gründen
Nitritpökelsalz zugesetzt werden darf. Kohlenwasserstoffe, die beim Grillen entstehen. Giftige Schwermetalle (Blei,
Cadmium) auf Pflanzen und in Innereien. Ernährungsempfehlungen: Vermeidung von Übergewicht, täglich
frisches Obst, Waschen von Obst und Gemüse, nitratreiches Gemüse nicht wärmen, wenig gepökelte und
geräucherte Lebensmittel essen, keine angeschimmelten Lebensmittel (Nüsse), wenig Alkohol und Kaffee trinken,
nicht Rauchen.
Deutsche Krebshilfe e. V.
Deutsche Krebshilfe - Ziele und Erfolge
Broschüre Juli 2004
Die Krebshilfe sieht die Ursache der Krebsentstehung in Störungen im Erbgut von Zellen. Bei diesen DNASchäden können auch Gene betroffen sein, die dadurch ihre natürliche, für den Körper wichtige Rolle einbüßen und
zu Tumor-erzeugenden Genen werden. Ihre Gegenspieler, die tumor- und wachstums-hemmenden Gene, können
ihrerseits durch schädigende Einflüsse ausfallen und damit die Zellsteuerung aus dem Gleichgewicht bringen. Je
mehr über diese Mechanismen bekannt ist, desto besser lassen sich bösartige Geschwülste verhüten, rechtzeitig
erkennen und behandeln. Wenn es den Wissenschaftlern gelingt zu entschlüsseln, warum manche Krebszellen sich
dem Selbstmord-Signal verweigern, können sie Ansätze entwickeln, wie sich dieses Signal wieder anschalten lässt.
Dann können viele Krebspatienten auf eine bessere Behandlung ihrer Krankheit hoffen.
Im Kampf gegen den Krebs bauen Wissenschaftler zunehmend auf die körpereigene Abwehr des Betroffenen. Was
bei anderen Krankheiten funktioniert, müsste doch auch hier gelingen: das Immunsystem so zu stimulieren, dass es
gut getarnte Tumorzellen erkennt, attackiert und beseitigt. Es wird erwartet, dass die immunologische Krebstherapie
in einigen Jahren die etablierten Verfahren Operation, Chemo- und Strahlentherapie künftig ergänzen wird.
Zahlreiche klinische Studien erproben den Einsatz von Tumor-spezifischen Antikörpern. Vier sind in Deutschland
bereits zur Behandlung von Hochrisikopatienten zugelassen. - Eine andere Möglichkeit, dem Abwehrsystem auf die
Sprünge zu helfen, ist die Übertragung von Immunzellen, die auf den Tumor reagieren. Impfen gegen Krebs - nicht
vorbeugend, sondern um Killerzellen zu mobilisieren, die den Tumor vernichten. Das Tumorvakzinationszentrum in
Mainz arbeitet an der Weiterentwicklung dieses aussichtsreichen Therapieverfahrens.
Trotz unbestrittener Erfolge in der Krebsforschung und -therapie gibt es auch heute noch Krebsarten mit
unverändert schlechter Prognose, z. B. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es ist nicht möglich, diesen Krebs mit bildgebenden Verfahren frühzeitig zu entdecken. Es gilt, neue diagnostische Strategien zu finden, um diese lebensgefährlichen Lücken zu schließen. Zum Förderschwerpunkt Bauchspeicheldrüsenkrebs gehören außerdem Projekte
zur erblichen Form dieser Krebsart. Erst kürzlich fanden Forscher heraus, dass Mutationen im BRCA-2-Gen, die das
Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen, auch für die Entstehung des erblichen Pankreaskarzinoms verantwortlich sind. Auf der Basis neuer Erkenntnisse zur Genetik und Molekularbiologie dieses Tumors werden sich
heute noch unbekannte Perspektiven in der Diagnostik und Therapie dieser meist todbringenden Krankheit eröffnen.
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Nach Expertenschätzungen wird die Zahl der Krebserkrankungen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zunehmen. Der
Anteil der Menschen über 65 Jahre wird von derzeit etwa 15 Prozent auf bis zu 30 Prozent ansteigen.
Deutsche Krebshilfe e. V.
Deutsche Krebshilfe - Geschäftsbericht 2004
Broschüre Juli 2005
Krebs ist eine Volkskrankheit und ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Die
Deutsche Krebshilfe hat es sich zur Aufgabe gemacht, Krebskranken zu helfen sowie Tumorerkrankungen zu
verhindern und zu bekämpfen. - Hinter dem Begriff Krebs verbergen sich mehr als hundert verschiedene bösartige
Erkrankungen. Sie entstehen durch Veränderungen der Erbsubstanz (Gene), wenn diese Veränderungen nicht mehr
repariert und die Erbinformationen dadurch „verfälscht“ werden. Die Veränderungen können durch UV-Strahlen,
Zigarettenrauch, Chemikalien, Virusinfektionen, eine ungesunde Ernährung oder aufgrund einer erblichen
Veranlagung ausgelöst werden. Je älter der Mensch wird, desto unzuverlässiger arbeitet das Reparatursystem seiner
Gene. 75 Prozent der Männer mit Krebs und 71 Prozent der betroffenen Frauen sind älter als 60 Jahre.
Prävention: Für ein Drittel aller Krebserkrankungen wird das Rauchen verantwortlich gemacht, ein weiteres Drittel
wird auf ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht zurückgeführt. Diese Faktoren der
Lebensführung sind Risikofaktoren und stehen im Mittelpunkt zahlreicher Präventionskampagnen der Deutschen
Krebshilfe.
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie - Studienreport 5. Ausgabe, Stand Dezember 2003
Intensive Anstrengungen der Forscher haben zu einigen Erfolgen in der Therapie von Krebserkrankungen geführt.
Dennoch sterben jährlich 210.000 Männer und Frauen an den Folgen der Krebserkrankungen. Möglichkeiten zur
Verhütung zu finden, stellt eine der großen Herausforderungen der Gegenwart dar.
Die Erfassung der Ernährung kann helfen, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Erkrankungen besser zu
verstehen. - Untersucht wurde in der Studie das Ernährungsverhalten von 27.548 Männern und Frauen. Im
Studienreport sind die Ernährungsmuster für Männer und Frauen in Heidelberg und Potsdam miteinander verglichen
worden. - Es bestehen erhebliche Unterschiede in den Ernährungsgewohnheiten. - Ob die unterschiedlichen
Verzehrsmuster eine risikosenkende oder risikoerhöhende Wirkung für die Entstehung einzelner Krebserkrankungen
haben, soll in der weiteren Auswertung der Untersuchung geklärt werden. - Hinweise auf die primäre Ursache
ergeben sich aus dieser Studie - ebenso wie aus anderen Ernährungsstudien - nicht.
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Krebsprävention durch Ernährung
Potsdam-Rehbrücke, 2004
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen, Vorsitzender und wissenschaftliches Mitglied des Stiftungsvorstandes
des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, verweist auf den von Doll und Peto (1981) im Auftrag des
US-Kongresses veröffentlichten Bericht "The Causes of Cancer". Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass etwa
35 % aller Krebstodesfälle auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind. - In einem Bericht des World Cancer
Research Fund wird das praktische Ziel einer weltweiten Krebsprävention angestrebt. Darin wird eingeschätzt, dass
seine Empfehlungen zur Ernährung und zur körperlichen Bewegung die Zahl der Krebsfälle um 30 - 40 %
vermindern können. Für Deutschland errechnet zur Hausen daraus 97.000 bis 132.000 Krebsfälle weniger.
Zur Frage "Krebs heilen oder vermeiden?" äußert sich Prof. Dr. Christian Barth, wissenschaftlicher Direktor des
Deutschen Instituts für Ernährungsforschung. Den Forschungsbedarf sieht er besonders in der Aufklärung der
Mechanismen, die zur Einschaltung bestimmter Gene im frühen Krebsprozeß führen. Je besser die der Krebszelle
eigenen Prozesse erforscht sind, desto mehr spezifische Wirkstoffe werden entwickelt werden können. Durch das Studium der genetischen Disposition des Einzelnen hofft er, in Zukunft das Risiko des Individuums
genauer beschreiben zu können. Daten zeigen, dass vom Menschen verursachte Verunreini-gungen der Nahrung für
die Krebsentstehung vergleichsweise wenig bedeutsam sind. Bedeutsam sind Einflußfaktoren wie das Rauchen und
die richtige Lebensmittelauswahl. Barth hält die Aufklärung über Präventivmöglichkeiten für nicht ausreichend. Der
Arzt hat keine Zeit, sich der Verhütung der Krankheiten zu widmen. - Die Patienten sollen die gegebenen Ratschläge befolgen: mehr körperliche Betätigung, Vermeidung des Inhalierens von Zigarettenrauch und Genuß dessen,
was der Ernährungswissenschaftler unter einer ausgewogenen Ernährung versteht. Rund ein Drittel der bösartigen
Erkrankungen könnten dadurch vermieden werden. - Lebensmittel, die aufgrund ungünstiger Lagerungsbedingungen mit Pilzgiften (Mykotoxinen) verseucht sind, sollten nicht verzehrt werden. - Mykotoxine gelten als
gesicherte Karzinogene für den Menschen (z. B. verschimmeltes Brot, verschimmelte Nüsse). Diese Empfehlung
sei besonders bedeutsam in feucht-warmen Regionen, sollte aber auch in gemäßigten Breiten Anwendung
finden. - Lebensmittelzusätze, Verunreinigungen und andere Rückstände in Lebensmitteln unterliegen in
Deutschland gesetzlichen Regelungen über Höchstmengen. Diese werden als unschädlich angesehen. Angekohlte
88
Lebensmittel sollen nicht verzehrt werden. Warnung vor gegrilltem Fleisch und Fisch. - Der Tabakkonsum ist das
Krebsrisiko Nummer eins und gilt als verantwortlich für ein Drittel aller Krebserkrankungen.
Deutsches Institut für Emährungsforschung (DIE) / Prof. Dr. Joost, H.-G. /
Obst und Gemüse: Schutz vor Krebserkrankungen?
Stellungnahme des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Pressemitteilungen 2005 / 07.02.2005
Seit Beginn der 1990er Jahre wird mit der 5-am-Tag-Kampagne, einer der größten gesundheitsbezogenen
Kampagnen der letzten Jahre, in den USA und in Europa das Ziel verfolgt, den Verzehr von Gemüse und Obst
anzuheben - in Deutschland von derzeitig durchschnittlich 350 g/Tag auf 650 g/Tag. Ein wesentlicher Grund für
diese Kampagne war die Annahme, dass sich ein großer Teil der Krebserkrankungen durch Änderungen der
Ernährungsgewohnheiten verhindern ließe. - Die Auswertung der beiden amerikanischen Kohorten Nurses Health
Study und Health Professional Study (insgesamt 109.000 Teilnehmer, 2500 Krebsfälle) zeigte keinen Einfluss des
Obst- und Gemüseverzehrs auf das gesamte Krebsrisiko. - Die Daten der prospektiven Kohortenstudien zeigen
übereinstimmend, dass zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko einer Brustkrebserkrankung
keine Assoziation besteht . - Die Daten zur Rolle des Obst- und Gemüseverzehrs in der Entstehung des Colon/
Rectum-Carcinoms sind bislang inkonsistent, zeigen geringe Effekte und z.T. nur in Subgruppen der Studienpopulationen. Allerdings ist die Rolle der Ernährung für die Entstehung dieser Krebsform am besten belegt: So habe
die EPIC-Studie gezeigt, dass ein hoher Ballaststoffgehalt der Ernährung mit einem erniedrigten DickdarmkrebsRisiko einher geht. Nach der jetzigen Datenlage ist also das vermutete Krebspräventive Potenzial von Obst und
Gemüse geringer als bislang angenommen und auf wenige Krebsarten beschränkt.
Deutsches Institut für Emährungsforschung (DIfE)
Joost, Prof. Dr. Dr. H.-G.
Fleisch steigert, Fisch senkt das Darmkrebsrisiko
Pressemitteilung 9/2005 / 14.06.2005
Die Studienteilnehmer aus zehn verschiedenen europäischen Ländern lassen sich seit 1992 im Rahmen von "EPIC"
(European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) zu ihren Emährungsgewohnheiten und
Lebensumständen befragen. Diese Daten werden auf ihren Zusammenhang mit dem Auftreten neuer Krebsfälle bei
den Teilnehmern untersucht. In Deutschland sind das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg sowie das
Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke als EPIC-Studienzentren beteiligt. - Die Analyse
stützt sich auf 1.329 Rektum- und Dickdarmkrebsfälle, die seit Studienbeginn bei den Teilnehmern erstmalig
diagnostiziert worden sind. Studienteilnehmer, die viel so genanntes "rotes" Fleisch (dazu zählen Schweine-, Rind-,
Kalb- und Lammfleisch) oder Fleischprodukte aßen, erkrankten häufiger an Darmkrebs als Menschen, die nur wenig
davon verzehrten. Genau umgekehrt verhält es sich mit Fisch: Wer viel Fisch verzehrte, hatte gegenüber Personen
mit geringem Fischkonsum ein deutlich niedrigeres Darmkrebsrisiko. Der Verzehr von Geflügelfleisch spielte für
die Erkrankungshäufigkeit keine Rolle. Nach Schätzungen der Forscher steigt das Darmkrebsrisiko pro 100 Gramm
täglich verzehrtem "roten" Fleisch um 49 %. Bei einer Erhöhung des Wurstverzehrs um 100 Gramm am Tag würde
es sogar um 70% steigen. Täglich 100 Gramm mehr Fisch halbieren dagegen das Erkrankungsrisiko. Bei diesen
Werten ist der Einfluss verschiedener Faktoren wie Geschlecht, Körpergewicht, Alkoholkonsum, Sport oder
Rauchen auf das Erkrankungsrisiko berücksichtigt.
Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg
Forschung
DKFZ.de/online/ 9. 11. 2004
Die Forschungen im Forschungszentrum richten sich auf die Schwerpunkte Krebsrisikofaktoren und Prävention,
Klinische Epidemiologie, Genetische Veränderungen bei der Carzinogenese, Molekulargenetische Epidemiologie,
Biostatistik und Umweltepidemiologie. Der erste Forschungsschwerpunkt befaßt sich mit der Identifizierung von
Risikofaktoren (Primärprävention), Früherkennung (Screening) und Chemoprävention. Es wird davon ausgegangen,
dass in den nächsten 20 - 30 Jahren bis 30 % der Krebsfälle verhütet werden können. In der Krebsursachenforschung werden Risikofaktoren identifiziert und quantifiziert, die mit möglichen Krebs erregenden Substanzen in
Umwelt und Beruf zusammenhängen, desweiteren Ernährungsfaktoren und ionisierende Strahlung. –
89
Dr. med. Jenny Springer
Die Ärztin im Hause
21. verbesserte Auflage, Dresden 1928
Die praktische Ärztin Dr. med. Jenny Springer beschreibt in ihrem Buch, dass 1928 bereits in seiner 21. Auflage mit
insgesamt 460.000 Exemplaren erschienen und verkauft war, auch das Bild der verschiedenen Krebskrankheiten.
Sichtbar wird die Suche nach den Ursachen für das Auftreten der Erkrankungen. Wiedergegeben wird der
Erkenntnisstand in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts:
Wie bereits erwähnt, sind uns die Ursachen der Krebsneubildung nicht bekannt. Aber sicherlich spielen
Reizungen mechanischer oder chemischer Natur für ihr Auftreten eine große Rolle. Der Krebs entwickelt
sich mit Vorliebe an denjenigen Körperstellen, die solchen Reizungen häufiger ausgesetzt sind. Ein
Beispiel dafür bildet der Krebs an den Lippen, an der Zunge, im Magen, im Darm und an den
Geschlechtsorganen. Die Erkrankungen an Lippen und Zunge bringt man mit dem Rauchen, mit den
häufigen Reizungen durch schlechtes Rasieren, mit Reizungen durch scharfe Zahnränder usw. in
Verbindung. Ebenso sind gewisse Arbeiterkategorien häufiger als andere damit behaftet, nämlich die
Schornsteinfeger und Arbeiter in Teer- und Parafinfabriken. Von anderer Seite ist auch die Ansicht
ausgesprochen, dass allzu reichliche Fleischkost eine Ursache zur Krebsbildung darstellen könnte.
Indessen ist wohl diese Annahme mit Sicherheit auszuschließen, denn gerade in denjenigen
Bevölkerungsklassen, in welchen Fleisch seiner Teuerkeit wegen verhältnismäßig selten genossen wird,
ist Krebs eine häufige Erscheinung.
Die Neigung zur Erkrankung an Krebs scheint oft vererbt. Man muß an Erblichkeit glauben, wenn immer
neue Fälle zeigen, dass in Familien, in denen Vater oder Mutter an Krebs litten, auch bei den Kindern,
wenn auch natürlich nicht immer und nicht bei allen, das gleiche Leiden auftritt.
Leberkrebs gehört zu den häufigen Krankheiten und tritt hauptsächlich im höheren Lebensalter auf. Über
seine Ursachen weiß man nichts, doch scheint es, als wenn die Erblichkeit in manchen Fällen eine Rolle
spielt. Nur selten entwickelt sich der Krebs von Anfang an in der Leber. Gewöhnlich nimmt er seinen
Ausgang von einem anderen Organ und bildet dann erst Tochterknoten, die in mehr oder weniger großer
Zahl und Ausdehnung das Lebergewebe durchsetzen.
Der Gebärmutterkrebs. Dieses Leiden gehört zu den häufigsten Frauenkrankheiten und ist in den letzten
Jahren in immer steigender Zahl beobachtet worden. Während es früher fast ausschließlich eine
Erkrankung der höheren Lebensjahre bildete, tritt es jetzt auch schon bei Jugendlichen auf. Über die
Entstehung wissen wir vorläufig noch nichts. Es liegt nahe, geschlechtliche Vorgänge zur Erklärung
heranzuziehen, da in der Tat unter den Kranken solche Frauen, die regelmäßig Geschlechtsverkehr
unterhalten und Geburten durchgemacht haben, an Zahl überwiegen. Der Gebärmutterkrebs ist eine
Geschwulst, die sich mit Vorliebe am Gebärmutterhals, weniger häufig am Gebärmutterkörper entwickelt. Die meisten Kranken holen erst ärztlichen Rat ein, wenn die Neubildung einen erheblichen Grad
erreicht hat oder wenn es bereits für den Eingriff zu spät ist.
Die bösartigen Geschwülste der Brustdrüse sind Krebs und Sarkom. Krebs kommt überwiegend bei
Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren vor, während er bei Männern nur selten auftritt. Gewöhnlich
befällt er nur eine Brust, doch können auch beide Brüste gleichzeitig oder nacheinander erkranken. Über
die eigentlichen Ursachen des Krebses wissen wir nichts, doch kann man annehmen, dass Entzündung
der Brustdrüse, sowie Stoß oder Schlag gegen die Brust und Druck durch Korsetts Gelegenheitsursachen
bilden können. Lieblingsstellen des beginnenden Brustkrebses sind der obere äußere Teil der Brustdrüse
und der Warzenhof. Die Behandlung des Brustkrebses besteht einzig und allein in der Entfernung der
Brustdrüse. Diese Operation wird auch auf die Achseldrüsen ausgedehnt.
90
Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg / Krebsinformationsdienst
Schutz vor Krebs
Informationsbroschüre zur Krebsprävention, 2004
Unter Bezug auf den Harvard Report on Cancer Prevention aus dem Jahre 1996 publiziert das Deutsche Krebsforschungszentrum eine Abschätzung der Rolle der Risikofaktoren Rauchen, Ernährung, Alkohol, berufliche
Faktoren, genetische Faktoren, Infektionen und Luftschadstoffe bei der Krebsentstehung der verschiedenen
gefährdeten Organe, die für die USA ermittelt wurde. - Nach der Einschätzung des Krebsforschungszentrums
könnten durch die Aufgabe des Rauchens 36.000 bis 46.000 Krebsfälle vermieden werden. Das betrifft die
Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf, Lunge, Blase, Niere. Durch
gesunde Ernährung ließen sich weitere 10.000 bis 20.000 Fälle vermeiden. Gefordert werden Maßnahmen zur
Senkung der Emissionen und Impfungen.
Europäischer Codex: 11 Regeln für die Gesundheit. Nach den damals vorliegenden Erkenntnissen erarbeiteten
Experten den Codex. Neue Erkenntnisse führten 2003 zu seiner Überarbeitung. Die Regeln beinhalten: Nicht
Rauchen, Vermeidung von Übergewicht, tägliche Bewegung, Essen von Obst und Gemüse, wenig Alkohol,
Vermeidung starker Sonnenbestrahlung, Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, Früherkennungsuntersuchungen
auf Gebärmutterhalskrebs, Mammographiescreening, Früherkennung von Dickdarmkrebs und Hepatitis-B-Impfung.
Dieckmann, K. P. und Huland, H.
Hodentumoren
in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1997
Von den eigentlichen Hodentumoren entfallen über 90 % auf die Keimzelltumoren. Alle testikulären Keimzelltumoren gehen von der testikulären intraepitheliale Neoplasie (TIN) aus. Bei dieser
Präkanzerose - auch Carcinoma in situ genannt - handelt es sich um atypische, neoplastische Spermatogonien, die
sich von normalen Spermatogonien morphologisch und histologisch unterscheiden. - Die Inzidenz wird mit 6 - 7
Neuerkrankungen pro 100.000 Männer und Jahr angegeben. Die Tendenz ist weltweit steigend. Die betroffene
Altersgruppe, die Männer zwischen 20 und 35 Jahren. Es gibt keine gesicherte Ursache. Als Risikofaktor wird ein
vorangegangener Hodentumor angegeben. Es besteht ein etwa 50-fach höheres Risiko an einen kontralateralen
Hodentumor zu erkranken. Der Hodenhochstand ist mit einem 4 - 8-fache höheren Risiko verbunden.
Dieckmann, Prof. Dr. K.-P., Claßen, J., Loy, Prof. Dr. V. / Albertinen-Krankenhaus, Hamburg / Universitätsklinikum Tübingen / Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin
Präkanzerose der Hodentumoren: Testikuläre intraepitheliale Neoplasie
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 45 / 11. November 2005 / S. C 2463
Die Keimzelltumoren umfassen die größte Gruppe aller Tumoren des Hodens.
Diese Tumoren gehen aus einer gemeinsamen Vorstufe, der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN), hervor.
Diese Präkanzerose besteht aus Spermatogonien-ähnlichen Zellen, die innerhalb der Tubuli seminiferi meist an der
Basalmembran angeordnet liegen. - Die Erkenntnis einer Präneoplasie bei Keimzelltumoren wurde durch klinischpathologische Studien empirisch gesichert. Ein induktiver (experimenteller) Beweis ist nicht möglich, weil InvitroModelle fehlen. Die Pathogenese dieser Tumoren beginnt demnach bereits in utero, während der Embryonalzeit des
späteren Patienten. Die Präkanzerose wurde erstmals 1972 von Skakkebaek beschrieben, der diese Zellen als
„Carcinoma in situ des Hodens" bezeichnete. Die Theorie ist heute ausnahmslos akzeptiert.
Die Bezeichnung „Carcinoma in situ" ist nach der Einchätzung der Autoren inkorrekt, weil Keimzelltumoren
nicht epithelialen Ursprungs und somit keine Karzinome sind. Loy prägte den Begriff „testikuläre intraepitheliale
Neoplasie" - ein Name der morphologisch korrekt ist und andererseits eine Parallele zu anderen Präneoplasien,
beispielsweise PIN, VIN, CIN, darstellt. - TIN ist der Vorläufer eines jeden Keimzelltumors; es gibt keine
Ausnahmen. Auch umgekehrt gilt: jede klinisch nachgewiesene TIN geht irgendwann in einen Keimzelltumor über.
- TIN ist lange vor der klinischen Tumormanifestation in dem betreffenden Hoden vorhanden.
Direktorate-General Health and Consumer Protection;
Opinion of the Scientific Committee on Food on Ochratoxin A
(expressed on 17. September 1998) online 03.04.00
Ochratoxin A ist ein Mykotoxin, das von verschiedenen Pilzen (Penicillium- und Aspergillus-Arten) produziert
wird. Es kommt natürlicherweise weltweit in einer Reihe von Pflanzenerzeugnissen wie Getreide, Kaffeebohnen,
Kakao und getrockneten Früchten vor. Es wurde beispielsweise in Getreideerzeugnissen, Kaffee, Wein, Bier und
Traubensaft, aber auch in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, nämlich in Schweinenieren, nachgewiesen.
Ochratoxin A-Nachweise in Proben von Lebensmitteln und menschlichem Blut weisen darauf hin, dass Lebensmittel häufig kontaminiert sind. Ochratoxin A ist ein Mykotoxin mit karzinogenen, nephrotoxischen, teratogenen,
immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften. - Kanadische Experten haben Ochratoxin A
evaluiert und einen Provsional Tolerable Daily Intake (PTDI) von 1,2 bis 5,7 ng/kg Körpergewicht/Tag
vorgeschlagen. Die Evaluierung basiert auf den karzinogenen Eigenschaften unter Berücksichtigung eines Sicher-
91
heitsfaktors. - Eine nordische lebensmittel-toxikologische Expertengruppe hat die höchste tolerable Tagesaufnahme
von Ochratoxin A auf 5 ng/kg Körpergewicht/Tag basierend auf der karzinogenen Eigenschaft eingeschätzt.
Die IARC hat Ochratoxin A bereits 1993 als möglicherweise humankanzerogen in die Gruppe 2 B eingestuft.
Das wissenschaftliche Komitee empfiehlt entsprechend, die Ochratoxin-A-Exposition vorsichtshalber so weit wie
möglich zu verringern und sicherstellen, dass sich die Exposition eher im unteren Bereich der Spannweite
annehmbarer Tagesdosen von 1,2 bis 14 ng/kg Körpergewicht/Tag bewegt, die von verschiedenen Experten
vorgschlagen wurden, z. B. unter 5 ng/kg Körpergewicht/Tag.
Direktorate-General Health and Consumer Protection;
Pazzaglini, Barnaba; Grossi, Silvana - Instituto Superiore di Santa, Rome, Italy
Assessment of dietary intake of Ochratoxin A by the population of EU Member States
Bericht, Januar 2002
Der Bericht informiert über die alimentäre Aufnahme von Ochratoxin A in den EU Mitgliedsstaaten. Grundlage
sind Untersuchungen über die Belastung der Lebensmittel mit Ochratoxin A und über die tägliche Aufnahme. Die
Untersuchungen beziehen sich auf Zerealien, Kaffee, Bier, Wein, Kakao und Kakaoprodukte, Trockenfrüchte,
Fleischprodukte, Gewürze, Fruchtsäfte und Milch. Von 547 Proben Kakao und Kakaoprodukten waren 81,3 %
kontaminiert (Mittel = 0,236 µg/kg / Median = 0,277 µg/kg). - Über die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A in
Deutschland wird angegeben: Mädchen, 4 - 6 Jahre, 3,14 ng/kg Körpergewicht; Kinder <14 Jahren: 1,82 ng/kg
Körpergewicht; Erwachsene > 14 Jahre: 1,09 ng/kg Körpergewicht. - Der Berechnung der Ochratoxin A-Aufnahme
werden durchschnittliche Tagesaufnahmen verschiedener Lebensmittel und deren mittlere Ochratoxinbelastung
zugrunde gelegt und schließlich als Tagesaufnahme in ng/kg Körpergewicht angegeben.
Für Deutschland werden im Bericht folgende mittlere Belastungen der Lebensmittel angenommen (Angaben in
µg/kg.): Alkoholfreies Bier (0,02), Bier (0,03), Rotwein (0,49), Rosewein (0,31), Weißwein (0,43), gerösteter
Kaffee (1,07), koffeinfreier Kaffee (1,07), Brot und Backwaren (0,19), Teigwaren (1,04), Schokolade und Süßwaren
(0,12) Fruchtsaft (0,89), Zerealien (0,32), Fleischwaren (0,18).
In den EU-Teilnehmerländern wurden Untersuchungen von Blutserum, Urin und Muttermilch auf Ochratoxin AGehalte durchgeführt:
Serumproben:
n Proben
Mittelwert µg/L
Höchstwert µg/L
Deutschland
1732
0,23
2,0
Italien
273
0,93
3,6
Norwegen
202
0,18
0,78
Spanien
168
1,19
5,58
Schweden
191
0,21
1,23
Vereinigtes Königreich
50
1,098
3,11
Urinproben:
n Proben
Mitteltwert µg/L
Höchstwert µg/L
Vereinigtes Königreich
50
0,0159
0,054
Muttermilch:
n Proben
Mitteltwert µg/L
Höchstwert µg/L
D, I, N, S
324
0,09
2,35
Doll, R. and Hill. A. B.
The Mortality of doctors in relation to their smoking habits
BMJ, June 26 1954. p. 1451 - 1455
Bis Ende Oktober 1951 wurden 56.600 Ärzte aus dem britischen Ärzteregister nach ihrem Raucherverhalten
berfragt. Etwa 40.000 Männer und Frauen beantworteten die Fragen. Auf dieser Basis wurden Probandengruppgen
gebildet: Nichtraucher, Zigarettenraucher 1-14 Zigaretten/Tag, 15-24 Zigaretten/Tag und mehr als 25 Zigaretten
/Tag. An der ersten Studie nahmen insgesamt 24.389 Probanden Teil. - Untersucht wurde in der ersten Studie der
Einfluß des Zigarettenrauchens auf die Lungenkrebssterblichkeit und auf die Streblichkeit anderer Krankheitsgruppen. Über einen Zeitraum von 29 Monaten wurden die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden über 35 Jahren pro
Jahr für Lungenkarzinome, andere Karzinome, andere Erkrankungen des Respirationstraktes, Coronare Thrombose,
andere cardiovascoläre Erkrankungen und übrige Erkrankungen ermittelt.
Die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden/Jahr betrug im Untersuchungszeitraum:
Todesursache
Zahl der
Nichtraucher
Zigarettenraucher (Zigaretten/Tag)
Gestorbenen
(1-14 Z/d)
(15-24 Z/d)
(>25 Z/d)
Lungenkrebs
36
0.0
0.48
0.67
1.14
Andere Krebsarten
92
2.32
1.41
1.50
1.91
Alle Sterbefälle
789
13.61
13.42
13.38
16.30
Die Untersuchung zeigt den extensiven Einfluß des Rauchens auf die Sterblichkeit.
92
Doll, R. (em. Prof. für Medizin.) and Peto, R. (Prof. für medizinische Statistik und Epidemiologie), Boreham, J und
Sutherland, I.
Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors.
BMJ 2004; 328:1519-1533.
1951 publizierte Sir Richard Doll die erste Studie über die gesundheitsschädliche Rolle des Rauchens, die eindeutig
belegte, dass Zigarettenrauchen auch zu einem erhöhten Krebsrisiko führte. An der Studie nahmen 34.439 britischen
Ärzte teil, die zwischen 1851 und 1930 geboren und deren Sterblichkeit zwischen 1951 und 2001 beobachtet wurde:
Die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden/Jahr betrug im Untersuchungszeitraum:
Todesursache
Lungenkrebs
Krebserkrankungen
des Mundes, Rachens
und Oesophagus
Andere Krebsarten
Alle Sterbefälle
Zahl der
Gestorbenen
1052
Nichtraucher
0.17
Zigarettenraucher (Zigaretten/Tag)
(1-14 Z/d)
(15-24 Z/d )
(>25 Z/d)
1.31
2.33
4.17
340
0.09
0.36
0.47
1.06
3.893
25.346
3.34
19.38
4.21
29.34
4.67
34.79
5.38
45.34
Für Zigarettenraucher ergab die Untersuchung für die Jahrgänge 1900 bis 1909 ein doppelt so hohes
Mortalitätsrisiko zwischen dem 35. und 69. Lebensjahr und ein dreifaches Mortalitätsrisiko für die in den 1920erJahren Geborenen. Während die Lebenserwartung bei den Nichtrauchern in den letzten 50 Jahren deutlich
angestiegen ist, trifft dies für die Zigarettenraucher nicht zu. Das Risiko, frühzeitig zu sterben, halbierte sich bei den
Ärzten die mit 50 Jahren den Tabakkonsum aufgaben. Wurde das Rauchen bereits im Alter von 30 Jahren
eingestellt, war die Lebenserwartung identisch mit der von Nichtrauchern.
Durst, J. (Lübeck); Rohen, Johannes W. (Erlangen) und Coautoren
Bauchchirurgie
2. Auflage 1998, Schattauer Stuttgart/New York
Pankreaskarzinom: Der einzige bekannte exogene Risikofaktor - mit allerdings schwacher Korrelation zum
Pankreaskarzinom - ist das Zigarettenrauchen. Für andere Faktoren, wie z. B. chronische Pankreatitis, Alkohol- und
Kaffeeabusus und andere chemische Noxen ist eine kausale Bedeutung fraglich. 2/3 bis 3/4 aller exokrinen
Pankreaskarzinome sind im Pankreaskopf lokalisiert. Sie sind in der Mehrzahl vom Gang ausgehende Adenokarzinome. Eine papilläre Hyperplasie wird als Begleitveränderung in etwa 1/3 der Bauchspeicheldrüsen mit
Karzinom beobachtet. Die Prognose der exokrinen Pankreaskarzinome ist insgesamt sehr schlecht. Die EinjahresÜberlebensrate beträgt etwa 3 - 13 %.
Hepatozelluläres Karzinom: Das Leberzellkarzinom kommt in Europa relativ selten vor und tritt mit etwa 3 %
aller Krebserkrankungen auf. Als prädisponierende Faktoren werden angegeben: Leberzirrhose, unabhängig von
deren Ursache; Hepatitis-B-Virusinfektionen unabhängig vom Bestehen einer Zirrhose. Überdurchschnittlich häufig
beteht eine aktive chronische Hepatitis. Als gesichert gilt die Hepatitis-C-Virusinfektion. Alkohol, Alkoholiker ohne
Zirrhose scheinen kein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Die Prognose ist schlecht mit einer Überlebenszeit von 4
Monaten. Abzugrenzen sind intrahepatische Cholangiokarzinome. Bei ihnen handelt es sich um Adenokarzinome,
die sich nicht von den Adenokarzinomen der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge unterscheiden.
93
Kausal pathogenetisch bestehen Zusammenhänge mit kongenitalen intrahepatischen Gallengangszysten,
kongenitaler Leberfibrose, intrahepatischer Cholangiolithiasis. - Gallenblasenkarzinom: 80 % der Patienten mit
einem Gallenblasenkarzinom sind Gallensteinträger. Auch eine chronische Cholezystitis wird in der Mehrzahl der
Gallenblasen mit Karzinom gefunden. Eine kausale Beziehung zwischen Gallensteinen und Karzinom ist jedoch
nicht eindeutig gesichert. Auch genetische Faktoren scheinen bei ihrer Entstehung eine Rolle zu spielen. Das
extrahepatische Gallengangskarzinom ist am häufigsten im Ductus choledochus lokalisiert, gefolgt von der
Mündung des Ductus zysticus in den Ductus hepaticus communis.
Durst, M.; Backsch, C.; Kaufmann, A. M.; Schneider A./ Abteilung Frauenheilkunde, Universität Jena
Ätiologie und Pathogenese des Zervixkarzinoms
Gynäkologe 2003 / H.4 / S. 282 - 288
Das Zervixkarzinom zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen des Menschen und nimmt heute weltweit bei
Frauen nach dem Mammakarzinom und dem Kolonkarzinom den dritten Platz ein. Insgesamt erkranken etwa
370.000 Frauen pro Jahr am Karzinom der Cervix uteri. Da für Deutschland ein bundesweites Krebsregister fehlt,
wird die Zahl der Neuerkrankungen auf 7.000 geschätzt.
Papillomviren HPV16 und HPV18 sind ursächlich an der Entstehung des Zervixkarzinoms beteiligt.
In einer prospektiven Studie, bei der alle 3 Monate ein HPV-DNA-Nachweis geführt wurde, konnte eine mediane
Infektionsdauer von 8 Monaten ermittelt werden. Nach 12 bzw. 24 Monaten war die Infektion bei 70 % bzw. 91 %
der Frauen nicht mehr nachweisbar. Von 100 Frauen, die mit HR-HPV infiziert werden, entwickeln etwa 20 eine
Präkanzerose (zervikale intraepitheliale Neoplasie, CIN). Besteht eine HPV-Infektion über mehrere Jahre, erhöht
sich das Risiko für die Entwicklung einer schwergradigen Präkanzerose (CIN 3). In prospektiven Studien wurden
bei HR-HPV-positiven Frauen für die Entwicklung einer Präkanzerose ein relatives Risiko von 10 errechnet. Ein
erheblicher Teil der CIN 3 progredieren zum invasiven Karzinom. Die Berechnungen schwanken allerdings stark
und liegen zwischen 12 und 71 %. Tatsächlich entwickeln etwa 2 % der mit HR-HPV infizierten Frauen ein
Zervixkarzinom. Nahezu alle Zervixkarzinome enthalten HPV-DNA, wobei HPV16 am häufigsten vertreten ist. Da
das Intervall zwischen einer HR-HPV-Infektion und der Entwicklung eines Karzinoms in der Regel mehrere
Jahre beträgt, ist es offensichtlich, dass die Infektion zwar eine notwendige, aber allein nicht ausreichende
Voraussetzung für die Zervixkarzinogenese darstellt.
Inzwischen wurden etwa 40 verschiedene HPV-Typen identifiziert, die den Genitaltrakt infizieren.
Ihr Fazit für die Praxis: So genannte humane High-risk-Papillomviren (HR-HPV) verursachen Gebärmutterhalskrebs. Zusätzliche Risikofaktoren sind für die Krebsentstehung notwendig. Molekularbiologische Daten zeigen, dass
die kontinuierliche Expression der viralen Onkogene E6 und E7 für die Transformation des HPV-infizierten Epithels
entscheidend ist. Neben viralen Genen erscheinen verschiedene zelluläre Gene für die Krebsentstehung wichtig.
Ebeling, K. und Nischan, P. / Zentralinstitut für Krebsforschung , Berlin-Buch
Epidemiologie des Zervixkarzinoms
Akademie-Verlag Berlin, 1987
Das Zervixkarzinom verhält sich epidemiologisch wie eine Geschlechtskrankheit.
Es ist verbunden mit niedriger Infektiosität, die mit früher Aufnahme sexueller Beziehungen und Promiskuität
assoziiert. Gesprochen wird vom "Risikopartner". Frauen von Männern mit Peniskarzinom erkranken häufiger,
ebenso, wenn der Mann bereits früher mit einer Frau verheiratet war, die an einem Zervixkarzinom erkrankt ist. Für
Frauen mit Intrauterinpessaren ergibt sich ein vermindertes Risiko. - Genetische Prädispositionen spielen, wenn
überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. - Rauchen und Vitaminmangel führen zu einem erhöhten Risiko. Obwohl die Ätiologie des Zervixkarzinoms bis heute ungeklärt ist und nach wie vor Meinungsverschiedenheiten
über die formale Genese bestehen, ergeben die vorliegenden Ergebnisse eine gute Basis für eine erfolgreiche
primäre und sekundäre Prävention. - Carcinoma in situ: Nach der Begriffsbestimmung des 1. Kongresses der
Internationalen Akademie für Zytologie ist das Carcinoma in situ der Cervix uteri eine Epithelveränderung, die
durch eine ausgeprägte zelluläre Atypie und den vollständigen Verlust der Schichtung des Epithels gekennzeichnet
ist und mit Ausnahme der Invasion alle Charakteristika eines Karzinoms aufweist. Der überwiegende Teil der
Karzinome an der Cervix uteri sind Plattenepithelkarzinome. Die Häufigkeit endozervikaler Adenokarzinome wird
mit 5 % angegeben.
Eberhard-Metzger, Claudia
Die HPV - Story
einblick 1/2005 / Magazin des Deutschen Krebsforschungszentrums
Die Autorin berichtet über den langen Weg zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Gebärmutter-halskrebs.
Bereits um 1907 kam erstmals der Verdacht auf, dass es sich bei dem übertragbaren „Warzenprinzip" um Viren
handeln könnte, von denen heute Tausende bekannt sind und die der Virologe Ernst-Ludwig Winnacker als „die
heimlichen Herrscher" bezeichnet. - Eine Kuriosität bei Hühnern, ohne jegliche Bedeutung für den Menschen - so
bewertete die etablierte Wissenschaft die Arbeiten des jungen Forschers Peyton Rous vom Rockefeller Institut in
94
New York. Der damals 30-jährige Virologe behauptete um das Jahr 1910, dass Viren Tumoren auslösen können und
belegte dies mit eindrucksvollen Experimenten: Er presste die Krebsgeschwülste von Hühnern durch Filter, deren
Poren so winzig waren, dass sie nichts anderes mehr hindurchlassen konnten als ultrakleine Viren. Tatsächlich
konnte Rous mit seinen Filtraten Tumoren von einem Federvieh aufs andere übertragen und schlussfolgerte, dass es
Viren geben müsse, die Krebs verursachen. Dies fand in der Fachwelt jedoch nur wenig Anerkennung. Spöttische
Zungen behaupteten gar, die Virologen hätten entweder Löcher in ihren Köpfen - oder in ihren Filtern. Bei dieser
Einschätzung blieb es trotz sich anhäufender weiterer Indizien über ein halbes Jahrhundert hinweg, bevor Rous 1966
für seine bahnbrechende Entdeckung den Nobelpreis für Medizin erhielt.
In den 1940er Jahren wurden mit Hilfe des Elektronenmikroskops die „Warzenviren“ des Menschen (Humane
Papillomviren) entdeckt. Sie enthalten DNS als Erbmaterial und verursachen harmlose Warzen an Händen und
Füßen sowie Kondylome, Genitalwarzen am Penis oder am Gebärmutterhals. Von diesen Warzen des Gebärmutterhalses war Ende der 1960er Jahre bekannt, dass sie - wenn auch sehr selten - nach Jahrzehnten ungehemmt wachsen
und zu gefährlichen Karzinomen entarten können.
Heute sind über 100 verschiedene HPV-Typen bekannt, die Warzen an Händen und Füßen und an den Genitalien
von unterschiedlichen Vertretern der Papillomviren verursachen. An dieser Erkenntnis aus den 1970er Jahren haben
zur Hausen und sein damaliger Doktorand Lutz Gissmann entscheidenden Anteil. Anfang der 1980er Jahre gelang
es der Forschergruppe um Harald zur Hausen, die DNS der Papillomavirustypen 16 (HPV 16) und 18 (HPV 18) aus
verdächtigem Tumormaterial zu vervielfältigen und zu charakterisieren. HPV 16 und HPV 18 sind in etwa 70
Prozent aller Gewebeproben von Gebärmutterhalskrebs sowie seinen Vorstufen zu finden.
Von der Erkenntnis, dass es Viren sind, die Gebärmutterhalskrebs begünstigen, und dem Gedanken, die schwerwiegenden Folgen der chronischen Infektion mit einer Impfung zu unterbinden, ist es nicht weit. In zwei bis drei
Jahren könnte, nach Gissmann, mit einer Vakzine der erste, eigens gegen eine Krebserkrankung hergestellte
Impfstoff auf dem Markt sein. Zur Hausen geht davon aus, dass die Impfversuche, die gegenwärtig stattfinden,
erfolgreich verlaufen werden. Dafür sprächen die derzeit vorliegende Testergebnisse einer in der Fachzeitschtrift
„Lancet" veröffentlichten Studie: 1000 Frauen erhielten eine Vakzine, einen Impfstoff, der sie vor einer Infektion
mit bestimmten Viren - so genannten humanen Papillomviren - schützen sollte. Bei keiner der geimpften Frauen
konnte eine chronische Infektion mit den verdächtigen Viren festgestellt werden. Zurzeit wird die Verträglichkeit
und Effektivität des Impfstoffes in einer Studie mit 13.000 Frauen in 14 Ländern weiter geprüft, eine gemeinsame
große Studie mit dem amerikanischen Krebsinstitut NCI (National Cancer Institute) ist geplant.
Gissmann erwartet, dass das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs mit Hilfe der Impfung innerhalb von zwei
Jahrzehnten weltweit um 30 bis 50 Prozent reduziert werden kann. Das wäre ein bemerkenswerter Erfolg, setzt aber
voraus, dass der Impfstoff auch denjenigen zugute kommt, die ihn am meisten brauchen. Das seien nicht die
wohlhabenden Frauen der Industrienationen, sondern die Frauen der Dritten Welt. Insgesamt wird Gebärmutterhalskrebs weltweit jedes Jahr bei 510.000 Frauen diagnostiziert, 80 Prozent der betroffenen Frauen leben in
Entwicklungsländern.
Elstner, P. / Max von Pettenkofer Insitut des BGA
Rechtliche Grundlagen und behördliches Handeln in der Toxikologie
Senatsverwaltung für Gesundheit Berlin; Materialien zur Umweltmedizin 7/1994
Das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen vom 15. 8. 1974 enthält Festlegungen mit toxikologischer Relevanz zum Schutz der Gesundheit. Es
stellt keine detailierten Anforderungen an die toxikologische Prüfung. Das ermöglicht eine flexible Handhabung und
Anpassung an den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand.
Der möglichst vollständige Ausschluß von Gesundheitsrisiken erfordert die gezielte Prüfung toxikolo-gischer
Sachverhalte bei entsprechenden Verdachtsmomenten.
Behördliches Handeln: Das Bundesgesundheitsamt hat keine Vollzugsaufgaben. Die Überwachung erfolgt in den
Ländern durch die Untersuchungsämter.
Emons, Prof. Dr. G. / Georg-August-Universität, Göttingen
Endometrium und Hormontherapie
Gyno-Panorama 2005 Nr 8, S. 2 - 3
Heute gelte als gesichert: Eine reine Östrogentherapie erhöht hei Frauen mit Uterus das relative Risiko für das
Auftreten eines Endometriumkarzinoms je nach Anwendungsdauer auf l,45 bis 9,5. Dies gelte auch für die Gabe
von sehr niedrig dosierten reinen Östrogenen bzw. für die orale Applikation von Estriol; nur die vaginale Anwendung von Estriol scheint sicher zu sein.
In einer kürzlich publizierten weiteren Auswertung der „Million Women Study" fand sich auch für Tibolon ein
relatives Risiko für ein Endometriumkarzinom von 1,79 (95 % CI = 1,43 - 2,25), das in der gleichen Größenordnung
lag, wie nach reiner Östrogentherapie (RR = 1,45 (1,01- 2,06)). Die Autoren dieser Studie postulierten, dass die
Frauen, die Tibolon erhalten hatten, kein höheres Ausgangsrisiko aufwiesen als die Vergleichsgruppen. Nach wie
vor sei die langfristige Gabe von reinen Östrogenen mit intermittierender Gestagengabe, z. B. alle drei Monate im
95
Langzyklus, noch nicht ausreichend abgesichert. Somit sei unter dem Aspekt der endometrialen Sicherheit die
kontinuierliche kombinierte Östrogen-Gestagentherapie die Methode der Wahl.
Die Studien der letzten Jahre zeigen weitgehend übereinstimmend, dass das Mammakarzinomrisiko durch eine
kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie deutlicher gesteigert wird als durch eine reine Östrogentherapie, die
möglicherweise nur eine marginale oder keine Risikoerhöhung für das Mammakarzinom zur Folge hat.
Es bestehe großer Forschungsbedarf. Bis zum Vorliegen entsprechender Studienergebnisse sei man gut beraten, sich
an den Empfehlungen der DGGG zu orientieren.
Engelhardt, G. / Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Mykotoxine - Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen
online; Juli 1999
Seit dem Beginn des organisierten Nahrungsmittelanbaus haben Mykotoxine die Menschheit bedroht. Bereits in der
Bibel wird der Ergotismus beschrieben, eine Krankheit, die nach Verzehr von Mutterkorn auftritt. Hunderttausende
starben im Mittelalter an Mutterkornvergiftung. Auch Fusarientoxine waren schon im Mittelalter in Europa eine
bedeutende Krankheitsursache.
Engelhardt, G.
Mykotoxine - Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2004
In den letzten Jahren steigt zunehmend die Erkenntnis, dass eine Gruppe von natürlichen, strukturell sehr
unterschiedlichen Giftstoffen, die durch Schimmelpilze gebildet werden, so genannte Mykotoxine, regelmäßig in
Ernteprodukten wie Cerealien, ölhaltigen Samen und Früchten vorhanden sind und Ursache von Vergiftungen bei
Mensch und Tier sein können.
Die Gefährlichkeit der Mykotoxine wurde lange Zeit nicht erkannt bzw. unterschätzt. Mykotoxine sind weitgehend
hitzestabil und werden daher bei der Nahrungsmittelverarbeitung in der Regel nicht zerstört.
Im Gegensatz zu den meisten Bakterientoxinen, die Proteine sind und daher eine Antikörperreaktion auslösen,
führen Mykotoxine wegen ihres niedrigen Molekulargewichts zu keiner Antikörperbildung und damit nicht zu einer
echten Immunabwehr.
Die Wirkung der Mykotoxine kann, abhängig von der Toxinart, akut und chronisch toxisch sein. Toxinmengen,
die keine akuten Krankheitssymptome auslösen, können krebserzeugend sein, Erbschäden bewirken, zu Missbildungen beim Embryo führen.
Die Aufnahme von Mykotoxinen über die Nahrung stellt sicher die wichtigste Quelle einer Mykotoxinbelastung dar.
Mykotoxine werden von Schimmelpilzen während des Pilzwachstums gebildet. Da Mykotoxine chemisch sehr
stabile Verbindungen sind und es nur wenige und beschränkt wirksame Methoden zu ihrer Detoxifizierung gibt, ist
die entscheidende Präventivmaßnahme die Verhinderung der Verschimmelung von Futter- und Lebensmitteln.
Empfehlungen: Vom Schimmel befallene Lebensmittel müssen weggeworfen werden. - Angefaultes Obst sollte
weder gegessen noch weiter zu Kompott oder Konfitüre verarbeitet werden! - Angeschimmelte Konfitüren und
Gelees sollten grundsätzlich verworfen werden. Schimmelstellen auf ganzen Brotstücken können großzügig
ausgeschnitten werden. - Bei Nüssen geht die Gefahr oft von angeschimmelten Einzelnüssen aus, die deshalb
unbedingt aussortiert werden müssen. - Verschimmelte Produkte dürfen auf keinen Fall an Tiere verfüttert werden. Die Mykotoxinkontamination von Lebens- und Futtermitteln ist heute ein weltweites Problem. Die UN Food and
Agriculture Organization (FAO) schätzt, dass bis zu 25 % der Weltproduktion von Nahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontaminiert sind. Etwa 20 % der Cerealienernte der EU enthalten messbare Mengen von Mykotoxinen.
Über die Wirkung geringer Mengen oder einer Mischung von Mykotoxinen - vor allem bei lebenslanger Aufnahme liegen dagegen kaum Erkenntnisse vor.
Engelhardt G, Kibler R, Arnold R, Verwied-Jorky S, Koletzko B (München)
Die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A über die Gesamtnahrung Ergebnisse einer Duplikatstudie bei bayerischen Schulkindern
Mykotoxin Research, Vol. 19 (2003), S. 8 ff.
Ochratoxin A ist ein nephrotoxisches, immunsuppressives und möglicherweise karzinogenes Mykotoxin. Es kommt
häufig in Lebens- und Futtermitteln vor.
In der Klassifikation der IARC ist es in die Kategorie der für den Menschen möglicherweise karzinogenen Stoffe
eingestuft. Die tolerable tägliche Aufnahme wird vom EU Scientific Committee for Food mit 5 ng/kg Körpergewicht (TDI-Wert) angegeben. - Untersucht wurde die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A mit der Nahrung von
28 Schulkindern aus Erlangen im Alter von 7 - 9 Jahren (15 Jungen und 13 Mädchen) an drei aufeinander folgenden
Tagen. Die Mädchen haben mehr Obst, Gemüse und Kartoffeln gegessen und mehr Tee und Wasser getrunken, die
Jungen mehr Milch und Milchprodukte, Brot, Zerealien, Süßigkeiten und alkoholfreie Getränke.
Die tägliche Mykotoxinaufnahme an drei aufeinander folgenden Tagen betrug bei den Jungen im Durchschnitt 1,21
bei den Mädchen 1,85 ng/kg Körpergewicht. Bei drei Mädchen betrug die Aufnahme an jeweils einem Tag 6,0, 26,4
96
bzw. 97,9 ng/kg Körpergewicht. Bei einem Jungen lag die Aufnahme an allen drei Untersuchungstagen zwischen 7
und 11 ng/kg Körpergewicht. Die Ochratoxinaufnahme kann bei Kindern an einzelnen Tagen die tolerable
Aufnahme von 5 ng/kg überschreiten.
Engelhart, S., Exner, M.
Schimmelpilzbelastung in Innenräumen
in: Praktische Umweltmedizin, Herausgegeben von Beyer, A. und Eis. D.,
Springer-Verlag 1997
Toxische Wirkungen von Schimmelpilzen sind allgemein bekannt im Zusammenhang mit dem Verzehr
mykotoxinhaltiger Lebensmittel. Beispiele sind primäre Leberzellkarzinome durch Aflatoxine oder Nephropathien
durch Ochratoxin A. - Mykotoxine sind gut wasserlöslich, werden leicht durch die Schleimhäute resorbiert und
können ähnlich wie bei einer oralen Aufnahme neben lokalen Reaktionen auch systemische Wirkungen auslösen.
EU-Kommission
Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften über Aflatoxine - Leitlinien für zuständige Behörden
online, 12. 9. 2005
Diese Leitlinien betreffen vor allem die amtliche Kontrolle der Aflatoxinkontamination in Lebensmitteln, für die
spezifische Kommissionsentscheidungen gelten. Die Kontrollen betreffen Erdnüsse, Pistazien, Haselnüsse,
Paranüsse, Feigen und daraus hergestellte Lebensmittel. Mit der Kommissionsverordnung (EG) Nr. 466/2001
werden Höchstgehalte für Aflatoxin-B1 und Gesamtaflatoxin in zum unmittelbaren Verzehr oder zur Verwendung
als Zutat in Lebensmitteln bestimmten Erdnüssen, Schalenfrüchten und getrockneten Früchten sowie daraus
hergestellten Erzeugnissen festgelegt. - Erfüllt eine Sendung die Vorschriften nicht, sollten in jedem Fall die
Genusstauglichkeitsbescheinigung und alle anderen Begleitdokumente (insbesondere die für die Einfuhr in die EU
relevanten) ungültig gemacht werden.
Zur Detoxifikation: Unter „Physikalische Behandlung zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ versteht man
jede Behandlung, durch die Aflatoxine ohne chemische Stoffe entfernt werden. Ein Beispiel für eine solche
Behandlung wäre das Blanchieren kombiniert mit Sortierung. Das Rösten kann nicht als „physikalische Behandlung
zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ gelten, da Aflatoxine wärmebeständig sind und durch das Rösten
nicht wesentlich entfernt/vermindert werden. Andererseits kann die Verwendung von Aktivkohle zur Reinigung von
Ölen, die aus Schalenfrüchten gewonnen werden, als „physikalische Behandlung zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ betrachtet werden.
EU-Kommission
VERORDNUNG (EG) Nr. 472/2002 DER KOMMISSION vom 12. März 2002
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte
Kontaminanten in Lebensmitteln
Die Kommission hat festgelegt, die Bestimmungen in Anhang I Abschnitt 2 Nummern 2.2.2 und 2.2.3 spätestens bis
zum 31. Dezember 2003 hinsichtlich des Höchstgehalts von Ochratoxin A in getrockneten Weintrauben sowie der
Einsetzung eines Höchstgehalts für Ochratoxin A in grünem und geröstetem Kaffee, Kaffeeerzeugnissen, Wein,
Bier, Traubensaft, Kakao und Kakaoerzeugnissen sowie Gewürzen zu überprüfen. Dabei sollen die durchgeführten
Untersuchungen und die angewandten Vorbeugungsmaßnahmen zur Verringerung der Ochratoxin A-Mengen in
diesen Erzeugnissen berücksichtigt werden.
EU-Kommission
Verordnung (EG) Nr. 685/2004 der Kommission vom 13. April 2004 zur Änderung der Verordnung (EG)
Nr. 466/2001 im Hinblick auf Aflatoxine und Ochratoxin A in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder
Amtsblatt der Europäischen Union, 15.04.2004, L 106/3
Einige Mitgliedstaaten haben Höchstgehalte für Aflatoxin B1, Aflatoxin M1 und Ochratoxin A in für Säugling und
Kleinkinder bestimmten Lebensmitteln verabschiedet. Angesichts der Unterschiede zwischen den einzelnen
staatlichen Bestimmungen und des Risikos, das daraus Wettbewerbsverzerrungen resultieren können, sind unter
Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzip gemeinschaftliche Maßnahmen geboten, um die Einheit des Marktes zu
gewährleisten. Zum Schutz der Gesundheit von Säuglingen und Kleinkindem, die eine anfällige Bevölkerungsgruppe bilden, ist es geboten, die niedrigsten Höchstgehalte zu vereinbaren, die sich durch eine strikte Auswahl der
Ausgangserzeugnisse für die Herstellung von Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Getreidebeikost und andere
Beikost erreichen lassen.
Im Anhang 1 zur Verordnung werden für Aflatoxin B1 in Säuglingsnahrung Höchstwerte für Getreidebeikost mit
0,10 µg/kg festgelegt. Höchstwerte für Aflatoxin M1 betragen 0,025 µg/kg. Der Höchstwert für Ochratoxin A wird
für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder auf 0,50 µg/kg festgesetzt. Die gleichen
Werte sollen jeweils für diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die eigens für Säuglinge
bestimmt sind, gelten.
97
EU-Kommission
VERORDNUNG (EG) Nr. 123/2005 DER KOMMISSION vom 26. Januar 2005
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 in Bezug auf Ochratoxin A
DIE KOMMISSION hat auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 neue Höchstgehalte für bestimmte
Kontaminanten in Lebensmitteln festgelegt. Die Verordnung gilt seit dem 1. April 2005 unmittelbar in jedem
Mitgliedstaat. - Die Höchstwertfestlegungen werden entsprechend der Stellungnahme des Wissenschaftlichen
Ausschusses „Lebensmittel“ (SCF) zu Ochratoxin A vom 17. September 1998 damit bgründet, dass es sich bei
Ochratoxin A um ein Mykotoxin handelt, das karzinogene, nierenschädigende Missbildungen verursachende,
immuntoxische und möglicherweise neurotoxische Eigenschaften besitzt. Die Höchstwertfestlegungen betreffen
Getreide und Getreideerzeugnisse, Getrocknete Weintrauben, Kaffee, Wein, Traubensaft, Getreidebeikost für
Säuglinge und Kleinkinder und diätetische Lebensmittel. Für grünen Kaffee, andere Trockenobstsorten als
getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und
Lakritz wurde kein Höchstwert festgelegt.
EU-Kommission
VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 DER KOMMISSION vom 19. Dezember 2006
zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln
Amtsblatt der Europäischen Union // L 364/5 // 20.12.2006
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat auf Ersuchen der Kommission am 4. April 2006
eine aktualisierte wissenschaftliche Stellungnahme zu Ochratoxin A in Lebensmitteln abgegeben, die neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung trägt, und hat darin eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI)
von 120 ng/kg Körpergewicht vorgeschlagen. - Diese Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 466/2001 vom
8. März 2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte von Kontaminanten in Lebensmitteln.
Die Verordnung legt die zulässigen Höchstwerte für Ochratoxin A neu fest.
Zulässige Höchstgehalte für Ochratoxin A:
(µg/kg oder ppb)
- Unverarbeitetes Getreide
- Alle aus Getreide (einschließlich verarbeiteten Getreideerzeugnissen und zum unmittelbaren
menschlichen Verzehr bestimmten Getreidekörnern gewonnenen Erzeugnisse
- Getrocknete Weintrauben (Korinthen, Rosinen und Sultaninen)
- Geröstete Kaffeebohnen sowie gemahlener gerösteter Kaffee außer löslicher Kaffee
- Löslicher Kaffee (Instant-Kaffee)
- Wein (einschließlich Schaumwein, ausgenommen Likörwein mit einem Alkoholgehalt
von mindestens 15 Vol.%) und Fruchwein
- Aromatisierter Wein, aromatisierte weinhaltige Getränke und Cocktails
- Traubensaft, rekonstituiertes Traubensaftkonzentrat, Traubennektar zum unmittelbaren menschlichen
Verzehr bestimmter Traubenmost und Traubenmostkonzentrat
- Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder
- Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die eigens für Säuglinge bestimmt sind
Grüner Kaffee, andere Trockenfrüchte als getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse,
Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Süßholz
5,0
3,0
10,0
5,0
10,0
2,0
2,0
2,0
0,5
0,5
-
Ferlay, J.; Autier, P.; Boniol, M.; Heanue, M.; Colombet, M. & Boyle, P. / IARC
Estimates of the cancer incidence and mortality in Europe in 2006
Annals of Oncology 18: 581-592, 2007
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) in Lyon veröffentlichte eine Schätzung der Krebsinzidenz in
Europa im Jahre 2006. Danach wurden im vergangenen Jahr in 39 europäischen Staaten etwa 3,2 Millionen
Krebserkrankungsfälle neu festgestellt; dies waren 300.000 mehr als im Jahr 2004. Europaweit starben 2006 nach
den IARC-Angaben 1,7 Millionen Menschen an Krebs.
Wie in den Jahren zuvor fordert Lungenkrebs von allen Krebsarten die meisten Opfer. Daran starben im vergangenen Jahr in Europa 334.000 Menschen. Auf den folgenden Plätzen stehen Darmkrebs (207.400 Tote), Brustkrebs
(131.900) und Magenkrebs (118.200). Bei den neu entdeckten Krebserkrankungen führte Brustkrebs im Jahr 2006
mit 429.900 Fällen die Statistik an; das entspricht 13,5 Prozent aller neuen Tumordiagnosen. Dahinter rangierten in
geringem Abstand Darmkrebs (412.000 Fälle) und Lungenkrebs (386.000).
Am größten sei die Krebsgefahr offenbar in Mittel- und Osteuropa: Im Vergleich zum übrigen Europa erkrankten
und starben dort 2006 überproportional viele Menschen an Tumorleiden.
Boyle, führt den Anstieg in der Krebsstatistik auf die alternde Bevölkerung zurück, denn Krebs trete gehäuft im
höheren Lebensalter auf. Evidenzbasierte Gesundheitsschutzmaßnahmen bestehen zur Reduzierung der Brust- und
Darmkrebssterblichkeit. Die Inzidenz des Lungenkarzinoms und anderer Krebsformen kann durch Änderung des
Raucherverhaltens gesenkt werden.
98
Johann Ludwig Formey
Versuch einer medicinischen Topographie von Berlin
Berlin, 1796
Zu Anfang des 19. Jahrhunderts fanden vielfach Veröffentlichungen hygienischer Studien in der Form medizinischer Topographien von Städten statt. Formey war an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert, als er sein Buch
„Versuch einer medicinischen Topographie von Berlin“ schrieb, als Arzt verwaltend und administrierend als
"Vortragender Rath" im zuständigen Ministerium für das Medizinalwesen tätig. Viele Entscheidungen dieser Zeit
tragen seine Unterschrift. Über die Lebensgewohnheiten und die Ernährung schreibt Formey unter anderem: "Ausser
dem Wasser welches als gewöhnliches Getränk genossen wird, trinken die Berliner viel Bier und Kaffee. Diese
beiden Getränke sind so allgemein eingeführt, dass es kein Haus und keine Haushaltung giebt, wo sie nicht täglich
genossen werden. Ausser den in Berlin selbst gebrauten weissen und braunen Bieren welche von vorzüglicher Güte
sind, trinken unsere Einwohner viele fremde Biere, die von Crossen, Spandau, Ruppin, Kotbus und anderen Städten
hergeführt werden, und wir haben manchen rüstigen Biertrinker, der am Abend sein halb Dutzend Quartbouteillen
zu sich nehmen kann." Man führte allerdings auf den Genuß von Tee und Kaffee die Abnahme der Blasensteine,
Kröpfe und der Lungensucht zurück.
Gareis, Prof. Dr. M. / Bundesanstalt für Fleischforschung, Kulmbach
Mykotoxine und Schimmelpilze
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Forschungsreport 2001
In Deutschland hat die Mykotoxinforschung eine über 30-jährige erfolgreiche Tradition. - Mykotoxine sind für
Menschen, Tiere und Pflanzen giftige Naturstoffe. Sie werden von Pilzen im Rahmen ihres Sekundärstoffwechsels
auf pflanzlichen Substraten gebildet. Von etwa 20 Toxinen ist bekannt, dass sie in höheren Konzentrationen in
Lebensmitteln auftreten können und aus der Sicht des Verbraucherschutzes eine Bedeutung besitzen können. Sie
können Krebs erzeugen (Aflatoxine, Ochratoxin A, Fumonisine), mutagen wirken (Aflatoxine, Sterigmatocystin),
Missbildungen auslösen (Ochratoxin A), das Hormonsystem beeinflussen (Zearalenon), das Immunsystem
beeinträchtigen (Aflatoxine, Ochratoxin A) u. a.
Gareis, Prof. Dr. M. / Bundesanstalt für Fleischforschung, Kulmbach
Ochratoxin A in Bierhefe
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002
Bierhefe wird als Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Form oder in Form von Pulver, Flocken und Tabletten
angeboten. Dabei wird vor allem der hohe Vitamin B1-Gehalt von den Herstellern betont und eine tägliche
Aufnahme des Naturproduktes empfohlen. Zielgruppen sind primär Kinder im Wachstum, Frauen in der
Schwangerschaft und Stillzeit, Rekonvaleszenten, Menschen mit sportliche Aktivitäten und erhöhter körperlicher
Anstrengung, Raucher und Personen, die hohen Umweltbelastungen ausgesetzt sind. Unter Berücksichtigung der
empfohlenen Tagesrationen von z.B. 3 x 6 Bierhefe-Tabletten kann im ungünstigen Fall täglich eine Dosis von mehr
als 10 ng Ochratoxin A aufgenommen werden. Damit stellt die Aufnahme von kontaminierten Bierhefepräparaten
einen nicht unerheblichen Risikofaktor dar.
Geisler, A.; Schweitzer, J.; Leyendecker, K.
Kampf auf Leben und Tod
stern Nr. 6, 03.02.2005, S. 52
Die Autoren berichten über Betroffene, über Brustkrebs, - Operationen, Amputation, Chemotherapie, Sterilisation,
Strahlentherapie, Eierstocksentfernung, Antihormontherapie, Antikörpertherapie. Doch Fortschritte in der
Krebstherapie haben einigen Tumorarten viel von ihrem Schrecken genommen. Inzwischen ist nicht mehr die
vollständige Heilung das Ziel. Forscher wollen aus dem grausamen Leiden eine Krankheit machen, mit der man alt
werden kann. - Radiologen berichten über punktgenaue Bestrahlung, Immunologen über effektive Antikörper,
Chirurgen über verfeinerte Opersationsmethoden, Genetiker über neue Möglichkeiten der zielsicheren Therapie.
Belastende Nebenwirkungen wie Haarausfall und erbrechen werden vermieden oder vermindert. - Mit höherem
Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken. - Die Zeitschrift informiert aus dem Deutschen
Krebsforschungszentrum in Heidelberg und anderen Forschungseinrichtungen. Im DKFZ bestrahlen Radiologen
bestimmte Tumorarten so punktgenau, dass umliegendes Gewebe geschont wird. Seit 30 Jahren versuchen Forscher
Antikörper herzustellen, die fast nur gegen die Krebszellen wirken, im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie. Zehn Antikörper sind inzwischen zugelassen. Herceptin wirkt bei einem Viertel der Frauen mit Brustkrebs.
vollständig verhindern kann das Präparat die Expansion des Tumors jedoch nicht. Jede neue Methode bringt die
Forscher ihrem Ziel näher, aus dem Massenkiller Krebs eine chronische Krankheit zu machen, mit der man alt
werden kann.
99
Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der
Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR)
Krebsinzidenz 1999
Schriftenreihe des GKR 1/2002
Das GKR dokumentiert die gemeldeten Krebserkrankungen und Sterbefälle entsprechend der ICD 9 für die Neuen
Bundesländer und Berlin mit 17,4 Millionen Einwohnern. Der Jahresbericht 1999 enthält die Daten aller gemeldeten
Fälle nach Altersgruppen für das Beobachtungsgebiet und für die einzelnen Bundesländer. - Die grafische
Darstellung der Entwicklung der Krebsmorbidität ausgewählter Lokalisationen auf der Grundlage des Krebsregisters
der DDR und der aktuellen Meldungen nach 1990 gibt einen Einblick in die Trends. Abgesehen von einem meldebedingten Rückgang Anfang der 90er Jahre stellt sich deutlich die Zunahme der Inzidenz aller Krebserkrankungen, des
Darmkrebses und des Brustkrebses, dagegen die Abnahme des Magenkrebses und des in situ-Zervixkarzinoms dar.
Invasive Zervixkarzinome sind bereits seit den 60er Jahren rückläufig. Beträchtliche Unterschiede in der Morbidität von Männern und Frauen bestehen bei den Erkrankungen an
Lungenkrebs, Mund-, Rachen-, Speiseröhren- und Magenkarzinom. Die häufigste Krebserkrankung der Frauen ist
der Brustkrebs mit 9.499 gemeldeten Erkrankungsfällen. Die häufigsten Lokalisationen der Männer sind das
Bronchialkarzinom mit 7.056 und das Prostatakarzinom mit 5.728 gemeldeten Erkrankungsfällen. An Darmkrebs
erkrankten 1999 9.678 Männer und Frauen. Davon betrafen 9.520 den Dickdarm und 158 den Dünndarm.
Unterschiede in der altersspezifischen Morbidität bestehen bei den Gebärmutterkarzinomen. Die höchte Zahl der
Neuerkrankungen wurde für das Zervixkarzinom in der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren, für das Gebärmutterkarzinom in der Altersgruppe von 60 bis 74 Jahren angegeben.
Die Zervixkarzinome sind zu 79,4 % Plattenepithelkarzinome, 14,2 % werden als als Adenokarzinome angegeben.
Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der
Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR)
Krebsinzidenz 2000
Schriftenreihe des GKR 1/2004
Der Jahresbericht gibt einen Überblick über die Krebsneuerkrankungen des Jahres 2000.
Insgesamt sind 77.658 Neuerkrankungen registriet worden (davon männlich: 39.189 Fälle; weiblich: 38.469 Fälle).
Die häufigsten Tumorlokalisationen bei Männern waren der Lungenkrebs (19 %), Prostatakrebs (17 %) und
Darmkrebs (14 %). Bei Frauen ist Brustkrebs die häufigste Lokalisation (25 %) vor Darmkrebs (14 %) und
Lungenkrebs (6 %). - Während der Lungenkrebs bei Männern in den letzten 15 bis 20 Jahren rückläufig ist, steigt er
bei Frauen weiter an. Dies zeige, dass in gezielten Kampagnen gegen das Rauchen neben Früherkennungsmaßnahmen das größte Potenzial zur Vermeidung von Krebserkrankungen stecke.
Durch Krebsfrüherkennung stieg beim Mammakarzinom der Anteil der in situ-Tumoren und der invasiven
Tumoren < 10 mm.
Im Beobachtungsgebiet sind im Jahre 2000 44.266 Menschen (23.206 Männer und 21.060 Frauen) an Krebs
gestorben. Damit ist die Zahl im Vergleich zu 1999 gering gestiegen.
Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der
Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR)
Krebsinzidenz 2001 und 2002
Jahresbericht des GKR, 2005
Der Jahresbericht gibt einen Überblick über die Krebsneuerkrankungen der Jahre 2001 und 2002. Insgesamt sind für
das Jahr 2002 mehr als 80.000 Krebsneuerkrankungen registriert worden, davon circa 20 % als DCO-Fälle (2000:
77.000 Fälle, 24 % DCO).
Der häufigste Tumor bei Männern ist in Ostdeutschland erstmals der Prostatakrebs mit 18 % aller Krebsneuerkrankungen vor Lungenkrebs mit knapp 18 % und Darmkrebs mit 14 %. Bei Frauen ist der Brustkrebs die
häufigste Lokalisation mit 26 % aller Fälle vor Darmkrebs (14 %) und Lungenkrebs (6 %). Während der
Lungenkrebs bei Männern während der letzten 15 - 20 Jahre einen rückläufigen Trend hat, steigt er bei Frauen
weiter deutlich an. In Berlin tritt heute bereits jeder dritte Lungenkrebsfall bei einer Frau auf. Vor 20 Jahren war es
noch jeder vierte. Bei den unter 50-Jährigen beträgt das Lungenkrebsrisiko der Berliner Frauen bereits circa 70 %
von dem der Männer. Vor 20 Jahren waren es noch weniger als 30 %. Lungenkrebs ist bei Frauen in Berlin im Jahr
2003 erstmals häufigste Krebstodesursache.
Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu erkranken wird für alle Krebslokalisationen mit etwa 38,26 % für die Männer und
mit etwa 32,3 % für die Frauen angegeben.
Das Gemeinsame Krebsregister berichtet auf der Basis der Erkrankungsmeldungen an das Nationale Krebsregister
der DDR und der Meldungen aus den Neuen Bundesländern und Berlin über die Inzidenztrends ausgewählter
häufiger Krebserkrankungen im Zeitraum 1960 bis 2002. Besonders auffallend sind die seit 1960 eingetragenen
rückläufigen Trends der Magen- und Zervixkarzinome.
100
Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der
Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR)
GKR - Kurz Informiert
Brustkrebsinzidenz rückläufig bei 45 - 59-jährigen Frauen
Oktober 2007
Das gemeinsame Krebsregister informierte über den Rückgang der Brustkrebsinzidenz unter den 45 - 59-jährigen
Frauen. Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung könnte der Rückgang der verschriebenen Hormonersatztherapien sein. Ausgewertet wurden Inzidenzdaten des Gemeinsamen Krebsregisters zum weiblichen Brustkrebs für
den Zeitraum zwischen 1995 und 2005. Einbezogen wurden Daten von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen und Thüringen, basierend auf ärztlichen Meldungen.
Durchschnittlich wurde in allen vier Bundesländern über den betrachteten Zeitraum ein Rückgang der Inzidenz unter
den 45- bis 59-jährigen Frauen beobachtet. In Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern verringerte sich die
Inzidenzrate am stärksten unter den 50-54-Jährigen, und zwar betrug die Änderung -3,3 % und -6,8 % pro Jahr, was
6 bzw. 14 Fällen weniger pro Jahr in dieser Altersgruppe entspricht. In Sachsen und Thüringen hingegen nahm die
Brustkrebsrate am deutlichsten unter den 55-59-jährigen Frauen ab (-4,7 % bzw. 10 Fälle weniger und -4,0 % bzw. 8
Fälle weniger pro Jahr). Zuwächse in der Neuerkrankungsrate waren eher in den höheren Altersgruppen zu
verzeichnen. So stieg z. B. die Brustkrebsrate in Mecklenburg-Vorpommern bei den 65-69-jährigen Frauen
durchschnittlich jährlich um 4,7 % oder 10 Fälle.
Ein Rückgang der Brustkrebsinzidenz wurde unter den 45-59-jährigen Frauen beobachtet Diese Altersklasse stellt
die Zielgruppe für HET dar. Allein aus dieser Beobachtung könne jedoch noch nicht auf einen ursächlichen
Zusammenhang mit der abnehmenden Zahl verschriebener HET geschlossen werden. Alternative Erklärungsansätze
sollten deshalb nicht unberücksichtigt bleiben. Für eine Rolle der HET in der Trendentwicklung der
Brustkrebsinzidenz spreche die biologische Plausibilität, dass insbesondere die kleinen Tumoren im Mammogramm
detektierbar wären und deren Wachstum durch Entzug der Nahrungsquelle (HET) verlangsamt oder gar eingestellt
worden sein könnte.
Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID) in Zusammenarbeit mit dem Robert
Koch-Institut (RKI)
Krebs in Deutschland
4. Ausgabe, 2004, 5. Ausgabe, 2006, 6. Auflage, 2008 und 7. Ausgabe, 2010
Zur Schätzung der Zahl auftretender Krebsneuerkrankungen: Die Daten epidemiologischer Krebsregister, die alle
Krebserkrankungen ihrer Region hinreichend vollzählig erfassen, bilden die Basis für die Schätzung der Zahl aller
Krebsneuerkrankungen in Deutschland durch die Dachdokumentation Krebs im RKI. Die vorliegenden Schätzungen
decken den gesamten Zeitraum zwischen 1980 und 2004 ab. - Die Schätzung des Robert-Koch-Instituts weist für
das Jahr 2002 etwa 424.250 Krebsneuerkrankungen aus (Männer 218.250, Frauen 206.000). Im Vergleich zur
vorherigen Schätzung des RKI, die mit dem Jahr 2000 abschloss, sind dies insgesamt etwa 29.600 Erkrankungsfälle
mehr. Diese Differenz ist nicht Folge eines steilen Anstiegs der Erkrankungshäufigkeit innerhalb von nur zwei
Jahren, sondern sie unterscheidet die aktuelle Schätzung von der zurückliegenden. Höhere Erkrankungszahlen der
aktuellen Schätzung sind vor allem auf den vermehrten Einsatz bestimmter diagnostischer Verfahren zur frühzeitigeren Entdeckung von Krebserkrankungen zurückzuführen. Der zunehmende Einsatz dieser Verfahren führt nicht
nur zu einem höheren Anteil von Frühstadien dieser Krebskrankheiten, sondern er führt auch insgesamt zu einer
höheren Anzahl von Erkrankungsfällen und zu höheren altersspezifischen bzw. altersstandardisierten Raten. Die höhere Anzahl 2002 aufgetretener Krebserkrankungen in Deutschland nach der aktuellen Schätzung des RKI
wird nicht als Ergebnis einer erheblichen Zunahme der Erkrankungshäufigkeit zwischen 2000 und 2002, sondern als
Ergebnis einer verbesserten Anpassung an das Krebsgeschehen in Deutschland gewertet. Im Wesentlichen sind die
jetzt höheren Erkrankungszahlen auf den zunehmenden Einsatz der Mammographie zur frühzeitigeren Diagnose von
Brustkrebs und des Bluttestes auf PSA zur Diagnose des Prostatakrebses zurückzuführen.
Die Entstehung einer Krebskrankheit beruht in der Regel nicht auf einer einzigen Ursache, sondern auf einem
Geflecht verschiedenster Faktoren. Von den vermeidbaren Risikofaktoren ist das (Zigaretten-) Rauchen, das 25 %
bis 30 % aller Krebstodesfälle verursacht, von überragender Bedeutung. Ein ähnlich großer, weniger genau
abschätzbarer Anteil aller Krebstodesfälle von etwa 20 % bis 40 % dürfte auf falsche Ernährungsweisen wie
allgemeine Überernährung, einen zu hohen Anteil tierischen Fetts und einen zu geringen Anteil bestimmter
Vitamine, Mineralien und unverdaulicher Faserstoffe aus frischem Obst und Gemüse zurückzuführen sein. Weitere
Risikofaktoren für die Entwicklung bestimmter Krebskrankheiten sind Infektionen, erhöhter Alkoholgenuss, Expositionen am Arbeitsplatz und Einflüsse aus der Umwelt. Zu den Umwelteinflüssen zählen neben der Sonneneinstrahlung unter anderem Radon und Passivrauchen.
Aus den Einschätzungen über die verschiedenen Krebslokalisationen werden an dieser Stelle auf der Basis der
Schätzung aus dem Jahre 2004 lediglich die Häufigkeit und Risikofaktoren der Krebserkrankungen des Magens, der
Brust und der Gebärmutter wiedergegeben:
101
Magenkrebs:. Die geschätzte Zahl der jährlichen Neuerkrankungen beträgt in Deutschland insgesamt circa 19.400,
davon etwas mehr als 11.200 Männer. Als Risikofaktoren werden Ernährungsgewohnheiten angegeben, ein Mangel
an frischem Obst und Gemüse scheine von Bedeutung zu sein. Bei entsprechenden Ernährungsgewohnheiten
komme häufig der negative Einfluss stark gesalzener, gepökelter oder geräucherter Speisen hinzu. Rauchen und
übermäßiger Alkoholkonsum erhöhen ebenfalls das Erkrankungsrisiko. Tabak und Alkohol begünstigen zudem
länger anhaltende Entzündungen mit Schleimhautveränderungen wie die chronisch-atrophische Gastritis oder
chronische Magengeschwüre, die das Risiko ebenfalls erhöhen. In den letzten Jahren wurde gezeigt, dass in diesem
Zusammenhang die bakterielle Infektion mit Helicobacter pylori eine wesentliche Rolle spielt und familiäre
Häufungen erklären kann, auch unter nicht blutsverwandten Mitgliedern. Erbliche Genveränderungen werden
jedoch ebenfalls weiter diskutiert. Unter den fast immer gutartigen Magenpolypen gelten nur die seltenen Adenome
als Präkanzerose. Perniziöse Anämie, Morbus Ménétrier und weitere seltene Vorerkrankungen tragen anteilsmäßig
in nur geringem Umfang zum Risiko bei. Seit über 30 Jahren wird ein stetiger Rückgang der Neuerkrankungen an
Magenkrebs beobachtet.
In Deutschland erkranken jährlich über 55.100 Frauen an Brustkrebs, davon etwa 23.200 im Alter unter 60 Jahren.
Brustkrebs stellt die häufigste Krebserkrankung bei Frauen dar. Diese Erkrankung ist für 26,8 % aller
Krebsneuerkrankungsfälle bei Frauen und für deutlich mehr als ein Drittel (40 %) der Neuerkrankungen bei Frauen
unter 60 Jahren verantwortlich. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwas über 62 Jahren, knapp 7 Jahre unter
dem mittleren Erkrankungsalter bei Krebs gesamt. Als Risikofaktoren werden genannt: Brustkrebserkrankungen in
der naher Verwandtschaft; einige Genveränderungen steigern das Risiko. Eine frühe erste Regelblutung (Menarche),
Kinderlosigkeit oder ein höheres Alter bei der ersten Geburt sowie der späte Eintritt in die Wechseljahre (Klimakterium) werden mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs assoziiert. Ausgetragene Schwangerschaften in jungen
Jahren, mehrere Geburten und längere Stillzeiten scheinen umgekehrt das Brustkrebsrisiko zu verringern.
Jährlich erkranken derzeit etwa 6.500 Frauen in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Die
Erkrankungshäufigkeit variiert sehr stark mit dem Alter. So werde im Alter zwischen 25 und 35 Jahren bei mehr
Frauen die an Krebs erkranken die Diagnose Gebärmutterkrebs gestellt als bei Frauen über 65 Jahren. Dem
entspreche eine unterschiedliche Erkrankungshäufigkeit mit einem ersten Gipfel zwischen 35 und 55 Jahren, der
dann von einem zweiten Antieg der Häufigkeit ab etwa 60 Jahren abgelöst wird. - . Heute bestehe kein Zweifel mehr
daran, dass einem Gebärmutterhalskrebs regelmäßig eine, oft Jahrzehnte zurückliegende, Infektion mit humanen
Papillomviren (HPV) zugrunde liegt. Die HPV-Infektion, nicht die Krebserkrankung, ist sexuell übertragbar. Der
Großteil aller Frauen wird im Laufe des Lebens mit HPV infiziert, jedoch persistiert die Infektion nur bei einem
geringen Prozentsatz der Frauen. Eine frühe Aufnahme des Geschlechtsverkehrs, ungeschützter Geschlechtsverkehr
mit wechselnden Partnern und eine hohe Geburtenzahl sind assoziierte Faktoren. Andere Erreger sexuell
übertragbarer Krankheiten, zum Beispiel Herpes Simplex Viren oder Chlamydien, werden als potenzielle
Kofaktoren bei der Krebsentstehung angesehen. Ob die beobachtete leichte Steigerung des Risikos durch orale
Kontrazeptiva (»Pille«) mit Östrogenen und Gestagenen ein Risiko an sich oder eher ein Indiz für ein Risiko
steigerndes Sexualverhalten ist, muss weiter untersucht werden; auch ist eine Abwägung des Risikos gegenüber dem
Nutzen notwendig (u.a. Schutz vor Gebärmutterkörperkrebs und Eierstockkrebs). Rauchen und Passivrauchen sowie
ein schlechter Ernährungszustand gelten als Kofaktoren.
Giersiepen, K.; Heitmann, C.; Janhsen, K. und Lange, C. // Robert Koch-Institut /
Brustkrebs
Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2005
Brustkrebs ist die häufigste bösartige Neubildung bei Frauen weltweit. In Deutschland erkrankt jede 11. Frau im
Verlaufe ihres Lebens an Brustkrebs. Die häufigste Form ist das duktale Mammakarzinom. Nach Schätzung der
WHO erkrankten im Jahre 2000 weltweit über eine Million Frauen an Brustkrebs, 370.000 verstarben daran. In
Europa erkrankten 350.000 Frauen und starben 130.000 Frauen an Brustkrebs. Das Erkrankungsrisiko nimmt mit
zunehmendem Alter zu.
Risikofaktoren und Prävention: Die Autoren verweisen auf eine Reihe von Faktoren, die das Risiko, an Brustkrebs
zu erkranken, erhöhen: Überernährung und Alkoholkonsum, der hormonelle Status und die genetische Disposition.
Die genetische Disposition beim Brustkrebs wird in der Literatur bei etwa 5 - 10 % der Fälle als Ursache angesehen.
Der weitaus größere Teil der Brustkrebserkrankungen scheint somit durch andere Faktoren bedingt zu sein.
Diskutiert werden u. a. reproduktive Faktoren, wie eine frühe Menarche, späte erste Schwangerschaft, geringe
Anzahl an Schwangerschaften, kurzes bzw. kein Stillen, späte Menopause. Lebensstilfaktoren wie Übergewicht
bzw. Gewichtszunahme nach der Menopause, Alkoholkonsum. Rauchen und geringe körperliche Aktivität scheinen
ebenfalls das Erkrankungsrisiko zu erhöhen. Mit dem Lebensalter steigt das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. - In
verschiedenen Studien wurde bei Frauen, die im Rahmen einer Hormontherapie über mehrere Jahre eingenommen
hatten, ein erhöhtes Brustkrebsrisiko festgestellt. - Die Möglichkeiten der primären Prävention bei Brustkrebs sind
begrenzt. Zur allgemeinen Senkung des Krebsrisikos kann eine gesunde Lebensweise (Reduktion von Übergewicht,
geringer Alkoholkonsum, Nichtrauchen, körperliche Aktivität) beitragen. Nach Ergebnissen der EPIC-Studie senkt
der Verzehr von Obst und Gemüse aber nicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.
102
Girgert, R., Gründker, C. und Hanf, V. // Universitätsfrauenklinik Ulm /
Elektromagnetische Feldeinwirkung und Brustkrebs
Beyer, A. /Eis. D.: Praktische Umweltmedizin, Springer-Verlag, Stand: Juli 2005
Die Einwirkung niederfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen ist eine unvermeidliche Begleiterscheinung der Energienutzung. Da in westlichen Ländern das Mammakarzinom parallel zur Industrialisierung zur
häufigsten Krebserkrankung der Frau wurde, wird ein kausaler Zusammenhang der Einwirkung elektromagnetischer Felder diskutiert. Verschiedene Studien stellen einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldeinwirkungen und Brustkrebs fest. Die Ergebnisse der Studien sind sehr umstritten. In Ermangelung großer Studien, die
auch geringe Unterschiede in den verschiedenen untersuchten Gruppen nachzuweisen vermögen, macht weitere
Grundlagenforschung notwendig, um zur mechanistischen Hypothesenbildung bzw. -prüfung beizutragen.
Gissmann, Prof. Dr. L. und Pawlita, Dr. M // Abteilung Genomveränderungen und Carcinogenese im Deutschen
Krebsforschungszentrum Heidelberg
Gebärmutterhalskrebs und Papillomvirusinfektion: Ansätze zur Vorbeugung, Diagnostik und Therapie
Krebsforschung heute; Berichte aus dem DKFZ, 2002
Krebs beim Menschen kann vielfältige Ursachen haben:
Neben einer erblichen Veranlagung oder Umwelteinflüssen können auch Infektionen mit bestimmten Bakterien,
Viren oder Parasiten die Entstehung von Krebs beeinflussen. Nur ein sehr kleiner Teil der infizierten Personen
erkrankt an Krebs. Eine HPV-Infektion wird als notwendiger Faktor für die Entstehung des Gebärmutterhalskrebses
angesehen. Es wird angenommen, dass ein virusspezifischer Impfstoff die Erkrankung verhindert. Ziel ist, die
Entstehung von Gebärmutterhals dadurch zu verhindern, dass eine HPV-Infektion nicht erfolgen kann. Ob dieses
Ziel erreicht werden kann läßt sich jedoch erst nach vielen Jahren überprüfen. - Sollte sich eine solche Impfung nach
Abschluß der Studien als erfolgreich erweisen, müßten Impfprogramme bei Jugendlichen beiderlei Geschlechts
durchgeführt werden.
Graffi, Dr. A., / Akademie der Wissenschaften der DDR, Forschungsstätte Berlin-Buch
Beitrag zur Wirkungsweise der cancerogenen Reize und zum chemischen Aufbau normaler und
maligner Zellen
Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung / 43. Jahrgang, 1949, S. 156 - 159
Seit der Entdeckung der cancerogenen Wirkung des Teeres durch Yamagiwa und Itchikawa im Jahre 1915 sind noch
viele genau definierbare Reize bekannt geworden, mit deren Hilfe es gelingt, normale Zellen in maligne
umzuwandeln. Wenn wir diese Reize nach ihrer Wirkungsintensität und Spezifität hinsichtlich ihrer krebserregenden Eigenschaft gruppenweise ordnen, so ergibt sich etwa folgende Reihenfolge: Canzerogene Kohlenwasserstoffe (Benzpyren, Methylcholanthren), cancerogene Strahlen (Röntgen, Radium, UV), cancerogene Azofarbstoffe
(Buttergelb, Orthoamidoazotoluol), Arsen, bestimmte Metalle (Kobalt, Nickel), schließlich diverse Reizwirkungen
wie z. B. unter die Haut geschobene Bakelit- und Cellophanplättchen.
Die meisten Karzinome, die sich nach ca. 3 Monaten größtenteils multipel und multizellulär entwickeln, gehen aus
soliden ins Corium ragenden Epithelzapfen durch weitere Aufsplitterung und infiltratives Wachstum hervor. Ein
genauerer Einblick in den Mechanismus der unmittelbaren Wirkung des cancerogenen Reizes auf die einzelne Zelle
war aus diesen morphogenetisch-histologischen Untersuchungen nicht zu gewinnen. Ob der cancerogene
Kohlenwasserstoff unmittelbar auf die Zelle wirkt oder mittelbar, etwa über das Nerven- oder Gefäßsystem, konnte
aus diesen Versuchen mit Sicherheit nicht geschlossen werden, wenngleich, zumal bezüglich der epithelialen
Anteile der Haut, erstere Möglichkeit wahrscheinlicher erschien.
Grubert T. A.; Friese K. // 1. Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München
Impfung gegen HPV
Aktueller Stand und neue Perspektiven zur Vakzinierung gegen humanpathogene Papillomviren
Der Gynäkologe 2003 / Heft 4 / S. 313-322
1975 wurde erstmals der Gebärmutterhalskrebs mit Humanen Papillomviren (HPV) in Verbindung gebracht. Die
entscheidende Phase begann vor 20 Jahren im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, als dort die
entscheidende Rolle von HPV 16 in der Pathogenese des Zervixkarzinoms erkannt wurde. Mit diesen und vielen
weiteren Arbeiten war die Basis geschaffen für eine intensive und erfolgreiche Erforschung der Papillomviren und
ihrer Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Heute ist die Rolle von HPV als notwendige Ursache bei
der Krebsentstehung zweifelsfrei nachgewiesen und das komplizierte Puzzle der viralen Onkogenese in weiten
Teilen gelöst worden. - Im Zusammenhang mit der Erkenntnis der viralen Genese des Zervixkarzinoms liegt der
Gedanke an eine Vakzinierung nahe. Allerdings basiert die Entwicklung und der Erfolg von Schutzimpfungen gegen
virale Erkankungen in der Regel auf einer genauen Kenntnis des natürlichen Verlaufs der Infektion und der
ausgelösten Immunreaktion. Aufgrund der sehr speziellen Eigenheiten einer HPV-Infektion ist unser Bild der
stattfindenden Immunreaktion bislang nur sehr lückenhaft. - Eine wirksame Vakzine gegen nur einen oder nur einige
103
der potenziell onkogenen HPV-Typen könnte die geimpften Individuen in falscher Sicherheit wiegen, nicht nur
gegenüber HPV, sondern auch gegenüber anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, insbesondere HIV. Selbst
ein Impfstoff, der z. B. die 4 wichtigsten High-risk-HPV-Typen (HPV 16, HPV 18, HPV 31 und HPV 45) abdeckt,
bietet mit großer Wahrscheinlichkeit noch keinen Schutz vor derzeit seltener vorkommenden HPV-Typen und
könnte diesen im schlimmsten Fall das Feld überlassen.
Eine prophylaktische Vakzine wird ökonomisch umso effizienter, je breiter sie eingesetzt werden kann, ungeachtet
der Tatsache, dass etwa 80 % aller HPV-Infektionen auch von selbst völlig folgenlos ausheilen. Bis eine präventive
Massenimpfung tatsächlich die Inzidenz HPV-assoziierter Erkrankungen, insbesondere des Zervixkarzinoms,
senken kann, werden jedoch Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen. Das heißt aber, dass eine präventive Vakzine
zunächst keinerlei Einsparung, sondern im Gegenteil eine Steigerung der Gesundheitsausgaben mit sich bringen
wird. Zu den Kosten für die Krebsfüherkennnung und die Behandlung von Präkanzerosen, die nach wie vor
unabdingbar aufzuwendenden sind, werden zusätzliche Kosten für die Implementierung von Impfprogrammen
anfallen. In dieser Hinsicht wäre es von großem Vorteil, wenn sich, ergänzend zu rein präventiven Impfstoffen, das
Konzept einer therapeutischen Vakzinierung verwirklichen ließe. - Die Entwicklung einer wirksamen Vakzine
gegen HPV und assoziierte Erkrankungen wäre der wissenschaftliche Triumph einer seit 20 Jahren betriebenen,
intensiven und zielstrebigen HPV-Forschung. Die Verfügbarkeit erster Impfstoffe ist absehbar geworden, wenn auch
noch einige Jahre bis zur Zulassung vergehen werden. Als erste Impfung gegen ein potenzielles Tumorvirus würde
der Erfolg eines HPV-Impfstoffs einen Meilenstein in der Medizingeschichte darstellen.
Eine Langzeitwirksamkeit vorausgesetzt, wird sich eine Auswirkung einer präventiven Vakzine auf die Inzidenz von
Zervixkarzinomen erst in Jahrzehnten zeigen. Auch wenn parallel therapeutisch wirksame Impfungen durchgeführt
werden können, bleiben herkömmliche Früherkennungsuntersuchungen noch unverändert notwendig.
Grunow, W., Schmidt, E.H.F.
Ernährungsrisiken durch Schadstoffe
Bundesgesundheitsblatt 33 (1990) H.12, 573-577
Ein Problem von großer Tragweite ist die Frage nach dem Krebsrisiko durch Schadstoffe in Lebensmitteln.
Nach Schätzungen von Doll und Peto haben in den USA 35 % der Krebstodesfälle eine alimentäre Ursache.
Überernährung, hoher Fettverzehr und bestimmte Mangelzustände werden als Risikofaktoren genannt. - Ein
Zusammenhang zwischen der Kontamination von Lebensmitteln und Krebs ist bisher nur für Aflatoxin B1 belegt.
Leberkrebs korrelliert in tropischen Ländern mit hoher Aflatoxinaufnahme. Für die USA wird bei einer täglichen
durchschnittlichen Aufnahme von 0,25 ng/kg Körpergewicht/Tag unter Berücksichtigung tierexperimenteller und
epidemiologischer Daten eine Inzidenz von weniger als 1 Fall je 1 Million Einwohner als Erwartungswert
angegeben.
Guzek, G. und Guzek, B.
Mykotoxine sind die Ursache der Arteriosklerose
Zeitung für Umweltmedizin, 1 (1993) H.1, 7-8
Die Autoren sprachen am Rande des XI. Internationalen Umweltmedizinischen Symposiums der American
Environmental Health Foundation in Dallas, Texas, USA, mit Prof. Antonio Vito Costanini, dem Direktor der
WHO-Forschungsgruppe „Mykotoxine in Lebensmitteln“ über die Entstehung der Arteriosklerose. - Die Läsion des
Gefäßendothels besteht schon bevor die Blutfette ansteigen. Die erste Läsion wird durch bakterielle Endotoxine
verursacht. Aber auch Mykotoxine können die Läsionen hervorrufen. Die beste Diät kommt aus Japan: viel Reis,
viel Gemüse, viel Fisch. Die klassische japanische Kost ist arm an Mykotoxinen und kaum fermentiert. Die
Empfehlung lautet: keine Hefe! Das bedeutet auch: kein Bier, kein Brot, kein Wein u. a.
Hamann, PD Dr. Ute / Leiterin der Arbeitsgruppe „Molekulargenetik des Mammakarzinoms“ im Krebsforschungszentrum Heidelberg / Privatdozentin Biochemie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Brustkrebs - Erbliche Formen sind selten
mensch+umwelt, Magazin des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in der HelmholtzGemeinchaft, 16. Ausgabe 2003
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung und krebsbedingte Todesursache bei Frauen. Bisher wurden zwei
Anfälligkeitsgene identifiziert, deren Veränderungen für die Entstehung der meisten erblichen Formen von
Brustkrebs verantwortlich sind. Die weitaus meisten Krebsfälle entstehen vermutlich jedoch durch das Zusammenspiel weiterer "Anfälligkeitsgene" mit Umweltfaktoren.
Weltweit erkranken jährlich etwa eine Million Frauen an Brustkrebs, davon allein in Deutschland 46.000 Frauen.
Ungefähr jede zehnte Frau in der westlichen Welt ist im Laufe ihres Lebens von dieser Krankheit betroffen. Ein
Drittel der Patienten stirbt an den Folgen. Während in den Industrieländern die Neuerkrankungsrate besonders bei
jungen Frauen immer noch zunimmt, zeigt die Mortalitätsrate eine fallende Tendenz.
Nur für eine kleine Zahl aller Brustkrebsformen lässt sich eine einzelne Ursache benennen, die hauptsächlich für die
Entstehung verantwortlich ist. Für die überwiegende Zahl der Brustkrebserkrankungen jedoch ist dies nicht möglich.
104
Bei diesen Fällen tragen wahrscheinlich viele unterschiedliche genetische und nicht genetische Faktoren zur
Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle und damit zur Tumorentstehung bei.
Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 sind nur für die Entstehung von zwei bis drei Prozent aller
Brustkrebsfälle verantwortlich. Die meisten Brustkrebse entstehen vermutlich durch Gen-Gen- und/oder GenUmwelt-Interaktionen.
Hamperl, H. Prof. / Direktor des Pathologischen Instituts der Universität Bonn
Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der pathologischen Anatomie
Springer-Verlag, Berlin-Göttingen-Heidelberg, 1957
Karzinome sind im Uterus überaus häufig. Man unterscheidet je nach dem Sitz Portio- (85 %), Corpus-(10 %) und
Cervixkarzinome (5 %). - Das Portiokarzinom ist ganz in der Regel ein Plattenepithelkarzinom. Es wächst
zunächst intraepithelial („in situ“) und ist dann nur am Auftreten unregelmäßiger, stark färbbarer Zellen zu
erkennen. Später dringt es in die Tiefe vor. Es befällt die meisten Frauen, die geboren haben, vor dem 50. Lebensjahr. - Weit weniger bösartig verläuft das Corpuscarzinom, ein Adenokarzinom. Es befällt meist Frauen nach dem
50. Lebensjahr, die nicht geboren haben. - Die seltenen reinen Cervixcarcinome gehen von dem cervicalen
Drüsenepithel aus und sind dementsprechend Adenocarcinome. Sie infiltrieren die Wand des Cervicalkanals und
breiten sich in die Umgebung aus, indem sie die Muttermundslippen auftreiben. Wenn sie zerfallen, entsteht ebenso
wie beim Portiocarcinom ein tiefer Geschwürskrater, so daß schließlich der Ausgangspunkt des Tumors nicht mehr
festzustellen ist. Die Bezeichnung als Collumcarcinom trägt dann dieser Schwierigkeit Rechnung.
Hautmann, R. E. und Huland, H. /Urolog. Universitätsklinik Ulm / Urolog. Universitätsklinik Eppendorf
Urologie
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, 1997
Prostatitis: Abakterielle Prostatitis. Die Ätiologie ist nicht hinreichend geklärt. Chlamydien- und UreaplasmenInfektionen werden diskutiert. In der Mehrzahl der Fälle ist kein Erreger nachzuweisen. Chronische Prostatitis: Die
Symptomatologie der chronischen bakteriellen und "abakteriellen" Prostatitis ist uncharakteristisch. Für die
abakterielle Prostatitis gibt es keine suffiziente Therapie.
Nierentumoren: Der häufigste Tumor der Niere ist das Nierenkarzinom, ein Adenokarzinom des proximalen
Tubulus. Die Inzidenz beträgt jährlich 5/100.000 Einwohner. Sie werden fast ausschließlich im Erwachsenenalter
beobachtet, insbesondere in der 5. bis 7. Dekade. Ätiologische Faktoren sind nicht sicher nachgewiesen. Eine höhere
Inzidenz findet man bei Rauchern. Die meisten Pathologen sehen Adenome als Vorstufe des Nierenzellkarzinoms.
Nierenbecken- und Harnleitertumoren: Nierenbecken- und Harnleitertumoren treten mit einer Häufigkeit von 7 % in
Bezug auf die Gesamtheit urothelialen Tumoren auf. Die relative Häufigkeit Von Nierenbecken, Harnleiter und
Blase entspricht dem Anteil der urothelialen Oberfläche. Der Häufigkeitsgipfel findet sich um das 65. Lebensjahr.
Urothelkarzinome sind exogen induzierbar. Gefährdete Berufsgruppen sind Textil-, Leder- und Farbindustriearbeiter, die aromatischen Aminen, Benzidin und Naphtylamin ausgesetzt sind. Ein Zusammenhang wird auch mit
Zigarettenrauchen gesehen.
Häring, R. und Zilch, H. (Herausgeber) und Coautoren
Chirurgie
4. Auflage, Walter de Gruyter-Verlag, Berlin-New York, 1997
Karzinome im Bereich der Mundhöhle kommen am häufigsten in der Parotis vor. Man findet sowohl
Plattenepithelkarzinome, die sich von den Ausführungsgängen entwickeln, als auch Adenokarzinome. Die
Karzinome der Mundhöhle befallen die Zunge, vor allem die seitlichen Zungenpartien und den Zungengrund, bei
älteren Männern auch die Lippen, vor allem die Unterlippe.
Bei 80 % der Mundhöhlenkarzinome findet sich eine Alkohol- und Raucheranamnese. Männer sind häufiger als
Frauen betroffen. Das Zungenkarzinom befällt vorwiegend die seitlichen Zungenpartien und der Zungengrund. Die
Operation ist nach wie vor die Behandlung der ersten Wahl. Sie wird ergänzt durch zusätzliche Vor- oder
Nachbestrahlung und Chemotherapie. Früherkennung und Frühbehandlung sind therapieentscheidend.
Hawighorst, T. und Emons, G. / Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg-August-Universität, Göttingen
Adipositas und Krebs
Der Gynäkologe 2006 / 39 / S. 975 - 980
Die Fettleibigkeit, die auf eine übermäßige Nahrungsaufnahme zurückzuführen ist, gilt laut WHO als eine der am
meisten unterschätzten und vernachlässigten Gesundheitsstörungen unserer Zeit. Ein zu hohes Körpergewicht wird
mit einer Vielzahl von Krankheiten und Beschwerden in Zusammenhang gebracht. Neben dem deutlich häufigeren
Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen, wie z. B. Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, oder von Diabetes
mellitus Typ 2 ist auch die Prävalenz verschiedener Krebserkrankungen erhöht. Inzwischen existiert eine
ausreichend abgesicherte Beweislage für den Zusammenhang zwischen Adipositas und erhöhtem Risiko für
Karzinome des Endometriums, der Niere, der Mamma (bei postmenopausalen Frauen), des Kolons (vor allem bei
105
Männern) und für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs. Die Prognose von adipösen Patientinnen mit
Brustkrebs ist schlechter, und auch eine Gewichtszunahme nach Diagnosestellung hat einen ungünstigen
prognostischen Effekt. Erste Daten zeigen, dass eine diätetische Änderung des Lebensstils die Prognose von
Brustkrebs günstig beeinflussen kann. Beratungsgespräche in der frauenärztlichen Praxis sollten im Hinblick auf die
Krebsprävention diätetische und andere Faktoren des Lebensstils zum Gegenstand haben.
Hellriegel, K.-P. / Vivantes-Klinikum Am Urban, Berlin
Brustkrebsscreening - Nutzen und Anforderungen
Berliner Ärzte, 8/2004
Mit der Entwicklung neuer Therapieverfahren ist die Heilungschance für viele Patienten verbessert worden. Fast die
Hälfte der Krebserkrankungen ist heute heilbar. Trotzdem sterben in Deutschland jährlich 210.000 Menschen an
einem Karzinom. Früherkennungsuntersuchungen beim Mammakarzinom sind gegenwärtig die einzig realistische
Möglichkeit, die krankheitsbedingte Letalität zu senken und die Heilungschancen entscheidend zu verbessern. Die
Überlebensrate steigt, wenn der Tumor bei der Erstdiagnose kleiner als 1 cm ist, auf über 90 %. - Die wirkungsvollste Methode zur Früherkennung ist die qualitätsgesicherte Mammographie, die durch ärztliche inspektorische
und palpatorische Untersuchung von Brustdrüse und Lymphknoten zu ergänzen ist.
Hennel, M., B. Beinling, D. Eppert, D. Meyer, G. Schöning / Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit; Lebensmittelinstitut Braunschweig
Ochratoxin A in getrockneten Weinbeeren
26. Mykotoxin-Workshop, 2004
Im Jahr 2003 wurden im Lebensmittelinstitut Braunschweig 89 Proben von getrockneten Weinbeeren auf
Ochratoxin A untersucht. Dies erfolgte im Rahmen des durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) organisierte Lebensmittel-Monitoring. Der Hauptanteil bestand aus Sultaninen (81
%), 11 % waren Korinthen und 8 % Rosinen. Die Höchstmenge von 10 µg/kg war bei 8 % der Proben überschritten.
Der Medianwert beträgt 2,7 µg/kg. Die ermittelten Werte zeigen also eine durchweg hohe Kontamination der
getrockneten Weinbeeren mit Ochratoxin A.
Heppner, Dr. C. / Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
Aufgaben und Funktion der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004-47 S. 862-867
Auftrag und Aufgaben der EFSA: Die Aufgabe der Behörde ist die wissenschaftliche Beratung sowie die
wissenschaftliche und technische Unterstützung der Rechtssetzung und Politik der Gemeinschaft in allen Bereichen,
die sich direkt oder indirekt auf die Lebens- und Futtermittelsicherheit beziehen. Die Behörde soll in erster Linie
zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen beitragen, indem sie unabhängige Informationen zu
diesen Themen bereitstellt und ggf. auf Risiken aufmerksam macht. –
Zu den Aufgaben der EFSA gehört u. a. die Überwachung bestimmter Risikofaktoren und Erkrankungen sowie
Erstellung wissenschaftlicher Gutachten für Tests und andere Kontrollinstrumente für diese Parameter. Deutschland
wird im Beirat der EFSA durch Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstitutes für Risikobewertung,
(BfR) vertreten.
Hertlein, A.
Wenn der Krebs zweimal kommt
Lymphdrüsenkrebs läßt sich inzwischen gut heilen. Nun geht es um Spätfolgen.
Berliner Zeitung, 30. 09. 2004
Berichtet wird vom 6. Internationalen Hodgkin-Symposium 2004 in Köln. Vor 30 Jahren hatten Patienten mit Mb. Hodgkin kaum eine Überlebenschance. Jetzt können durch moderne
Strahlen- und Chemotherapie bis 90 % der Kranken geheilt werden. Prof. Volker Diehl, Klinik I für innere Medizin
der Univesität Köln: "Wir haben erreicht, dass die meisten Hodgkin-Patienten am Leben bleiben. Nun geht es
darum, die Aggressivität der Therapie zu verringern, um die Entstehung der Spätfolgen zu verhindern." Auffällig
viele Patienten erkranken Jahrzehnte nach einer erfolgreichen Therapie wieder an Krebs - nicht an Mb. Hodgkin,
sondern an einer anderen Krebserkrankung wie Leukämie oder auch Lungen- oder Darmkrebs. Als Ursache wird die
aggressive Chemotherapie angesehen, die bei Rezidiven angewendet wurde.
Herz, Elke / Verband der Angestellten-Krankenkassen, Siegburg
Gesundheitsziel Brustkrebs: Sterblichkeit senken, Lebensqualität erhöhen
Bundesgesundheitsblatt 2003, S. 144 - 149
Analog zu anderen Staaten werden auch in Deutschland Gesundheitsziele entwickelt. Ausgehend vom Ursprungsthema werden entsprechende Teilziele formuliert. Dabei haben sich folgende Zielbereiche herausgebildet:
106
Primärprävention, Früherkennung, Diagnostik/ Therapie/Nachsorge, Information der Nicht-Betroffenen und der
Patienten u. a. Risikofaktoren und Primärprävention: Der internationale Vergleich von Mortalität und Morbidität beim Brustkrebs
zeigt große Unterschiede, für die es bisher keine ausreichend gesicherten epidemiologischen Erklärungen gibt. Die
Ätiologie der Erkrankung bleibt weitgehend ungesichert und die Erkrankungs- und Sterberaten bieten lediglich
Ansatzpunkte für Präventionsmöglichkeiten. Anerkannte Risikofaktoren sind nur für ca. 20 - 30 % der Betroffenen
von Belang, bei den meisten nicht nachweisbar. Eine kritische Haltung zu den Risikofaktoren ist angebracht.
Hillemanns P.; Friese K.; Hepp H. / Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe-Großhadern,
Klinikum der Universität München
HPV und Zervixkarzinom
Gynäkologe 2003 / H.4 / S. 282 - 287
Vor 30 Jahren publizierte Harald zur Hausen die Hypothese, dass nicht die Infektion mit Herpes-simplex-Virus Typ
2, sondern mit dem Humanen Papillomvirus (HPV) ursächlich für das Zervixkarzinoms ist. - Vor 20 Jahren gelang
seiner Arbeitsgruppe mit Matthias Durst, Lutz Gissmann und Hans Ikenberg der Nachweis von HPV 16 im
Zervixkarzinom.
Heute steht fest, dass das Vorliegen einer HPV-Infektion die Voraussetzung für die Krebsentstehung ist.
Die im Editorial des New England Journal of Medicine kürzlich aufgeworfene Frage:„The beginning of the end of
cervical cancer?" ist derzeit eines der spannendsten Kapitel der Onkologie überhaupt. Die ersten positiven
Ergebnisse der präventiven HPV-Impfung wurden als „proof of concept" bewertet. Ob eine Impfung in den
nächsten Jahren Realität wird und jetzt schon unsere Screeningstrategie in Frage stellt, diskutiert T. Grubert in seinem Beitrag.
Hölzel, D.; Engel, J. und Schubert-Fritschle, G. / Klinikum Großhadern
Disease-Management-Programm Brustkrebs
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 25, S. 1450
In den USA hatten in den letzten zwei Jahren 78,6 % aller Frauen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren eine
Mammographie. Aufgrund einer besseren Stadienverteilung verbessert sich die Überlebensrate. In Deutschland
dagegen hat der für die Früherkennung zuständige Bundesausschuss der Ärzte und der Krankenkassen die
Mammographie nicht wie in vielen anderen Ländern Ende der 80er Jahre zugelassen.
15 Jahre wurden mit Konzeptentwicklungen überbrückt und dadurch 45.000 Brustkrebssterbefälle, die seit 1990 zu
vermeiden gewesen wären, bewirkt. Die Früherkennung ist das entscheidende Handlungsfeld, wenn die
Brustkrebssterblichkeit gesenkt werden soll. Das DMP verschlechtert die Versorgung, ist unwissen-schaftlich, steht
für behördliche Bürokratie, blockiert notwendige Entwicklungen.
Hof, Herbert - Ordinarius für medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Mannheim
Pilzbedingte Erkrankungen: Interdisziplinäre Herausforderung
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 21, 21.05.2004
Von etwa 1,2 Millionen Pilz-Arten können einige Hundert auch als Krankheitserreger in Form von Allergie,
Intoxikation oder Infektion in Erscheinung treten. Die Exposition gegen Schimmelpilze ist alltäglich.
Mykotoxine: Von großer Bedeutung für Mensch und Tier sind die schädlichen Metaboliten, die von einigen
Schimmelpilzen produziert werden. Darunter Alkohol, Patulin, Ochratoxin u. a. mit erheblichen Auswirkungen auf
die Gesundheit. Das Mykotoxin Desoxynivalenol überschreitet in manchen Lebensmitteln die Toleranzgrenze, weil
die wenigsten Lebensmittel darauf kontrolliert werden. Genannt werden die organschädigende und karzinogene, wie
auch immuntoxische Wirkung der Mykotoxine.
Huland, H.
Prostatakarzinom
in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, New York 1997
Das Prostatakarzinom ist der häufigste urologische Tumor des Mannes.
Er wird vornehmlich im höheren Lebensalter beobachtet. Die Inzidenz beträgt in China 1,3, in Japan 3,4, in
Deutschland 30 Neuerkrankungen je 100.000 Männer im Jahr. Die genaue Ätiologie ist nicht bekannt. Als
Risikofaktoren werden diskutiert: genetische Faktoren, hormonelle Faktoren, Lebensumstände, Ernährung und
Umweltfaktoren sowie Infektionskrankheiten.
Die Einschätzungen sind jedoch kontrovers. Prostatakarzinome entstehen in 98 % der Fälle aus dem Drüsenepithel.
Selten findet man Plattenepithel- oder Übergangsepithelkarzinome Das Adenokarzinom tritt meist multifokal, sehr
selten unifokal auf. Es werden verschiedene Malignitätsgrade beschrieben.
107
Jahn, Dr. phil. I; Eberle, Dipl.-Biol. A, MPH; Niehues, Dr. med. C; Birn, A; Horch, Dr. K // Bremer Institut für
Präventionsforschung und Sozialmedizin (BiPS) / Robert Koch-Institut
Gebärmuttererkrankungen
Gesundheitsberichterstattung des Bundes / Heft 37 / Januar 2007
Der Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) ist die dritthäufigste gynäkologische Tumorerkrankung, an der in
Deutschland derzeit jährlich ca. 6.500 Frauen erkranken. Die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate lag im Jahr
2002 bei 13,3 Erkrankungsfällen je 100.000 Einwohnerinnen (Europastandard). Dies entspricht einem Anteil von
3,2 % an allen Krebsneuerkrankungen. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 50,4 Jahre und liegt damit ca. 19 Jahre
unter dem mittleren Erkrankungsalter für alle Krebserkrankungen. Der Rückgang von Inzidenz und Mortalität, der
in Deutschland bereits seit Beginn der 1970er Jahre zu beobachten ist, trat zeitgleich mit der Einführung des
jährlichen Zervixabstriches (Pap-Test) im Rahmen der Krebsfrüherkennung auf. Es gilt als mit relativ hoher
Zuverlässigkeit belegt, dass der Pap-Test, mit dem die Diagnose von Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses möglich
ist, das Risiko, an dieser Krebsform zu erkranken und zu sterben, verringert.
Hauptrisikofaktor für ein Zervixkarzinom ist die Infektion mit Humanen Papillomaviren (HPV), insbesondere mit so
genannten Hochrisikotypen dieses Virus (hauptsächlich HPV 16 + 18). Bei 90 - 95 % der Patientinnen mit
Gebärmutterhalskrebs wurden HPV-Viren nachgewiesen. Der häufigste Übertragungsweg sind sexuelle Kontakte,
so dass fast alle sexuell aktiven Menschen im Laufe ihres Lebens eine HPV-Infektion durchmachen.
Zwar gelte die Infektion mit HPV als Hauptursache, aber für die Krebsentstehung müssen zusätzliche Faktoren (so
genannte Ko-Faktoren) hinzukommen. Für Gebärmutterhalskrebs werden u. a. Rauchen, Pilleneinnahme, zusätzliche
Infektionen mit Chlamydien oder Herpes simplex Viren diskutiert, deren Rolle ist bislang jedoch nicht geklärt.
Kaatsch, P. // Deutsches Kinderkrebsregister / Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik,
Mainz
Das Deutsche Kinderkrebsregister im Umfeld günstiger Rahmenbedingungen
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 / 47:437-443
Das Deutsche Kinderkrebsregister arbeitet seit 1980. Es ist ein flächendeckendes, bundesweites epidemiologisches
Krebsregister mit hohem Vollzähligkeitsgrad und erfüllt die an ein bevölkerungsbezogenes Register gestellten
international festgelegten Kriterien. Es wurde auf Initiative der ärztlichen Fachgesellschaft der pädiatrischen
Onkologen gegründet. Durch den regelmäßigen Datenaustausch mit den multizentrischen klinischen Studien werden
Synergieeffekte erzeugt, die für die Vollzähligkeit und Datenqualität von großer Bedeutung sind und eine
Erweiterung des Dokumentationsumfanges um klinische Daten mit sich bringen. Das Register ist von Beginn an am
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
angesiedelt. Es kooperiert mit der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie.
In den Jahren 1993 - 2002 wurden 17.898 Fälle an das Deutsche Kinderkrebsregister gemeldet. Die Häufigste
Erkrankung im Kindesalter ist die Leukämie (5.970). Hirntumoren (3.722), Lymphome (2.227), Tumoren des
sympatischen Nervensystems (1094), Nieren- und Lebertumoren, Karzinome (229) u. a.
Forschungsprojekte und internationale Kooperationen: Aktuell wird derzeit eine Epidemiologische Studie zu
Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken durchgeführt. - In einer bundesweiten Studie zur Ursache von
Krebs im Kindesalter wurden prinzipiell alle in der Literatur diskutierten potenziellen Risikofaktoren für Krebs im
Kindesalter mithilfe einer Elternbefragung (Befragung von je ca. 2.500 Eltern krebskranker bzw. nicht krebskranker
Kinder) untersucht.
Karger-Decker, B.
An der Pforte des Lebens: Wegbereiter der Heilkunde im Porträt
edition q, Berlin 1991
Der Zufall hatte dem Forscher Sir Alexander Fleming eine Schimmelspore auf seine Nährbodenplatte geweht. Die
Staphyllokokkenkolonie in der Nachbarschaft des blau-grünen Schimmelrasens, die vorher prächtig gediehen war,
löste sich allmählich auf. Der begabte Forscher entdeckte darin die von ihm gesuchte antiseptische Substanz zur
Bekämpfung der gefährlichen Eiterbakterien, was sich in weiteren Untersuchungen bestätigte. - Fleming war
Professor für Bakteriologie an der Londoner Universität. Für seine epochale Entdeckung erhielt Fleming 1945 den
Nobelpreis für Medizin.
Kassenärztliche Vereinigung Berlin
Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV-lmpfung): Vereinbarung mit der DAK
Schreiben vom 19.01.2007
Die Kassenärztliche Vereinigung teilt allen Ärztern mit Impfberechtigung mit, dass von der Deutschen AngestelltenKrankenkasse (DAK) ab sofort in Berlin eine neue Impfmöglichkeit angeboten wird. Im Vorgriff auf eine erwartete
Änderung der STIKO-Empfehlungen hat die DAK mit der KV Berlin eine Vereinbarung zur Schutzimpfung gegen
humane Papillomaviren-Infektionen zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs abgeschlossen.
108
Der anspruchsberechtigte Personenkreis sind weibliche DAK-Versicherte im Alter von 10 bis 17 Jahren. Über den
Vertragsinhalt hinaus ist die AOK Berlin bereit, auch für Mädchen ab dem Alter von neun Jahren die Impfkosten zu
übernehmen. Für diese Altersgruppe hat die AOK die Kostenerstattung (Privatrezept und Privatliquidation)
zugesagt. Da die Impfung über die bisher geltenden STIKO-Empfehlungen hinaus geht, wird eine besonders sorgfältige Aufklärung der Versicherten bzw. auch der Erziehungsberechtigten und die Dokumentation darüber
gefordert.
Katalinic, A. // Universität Lübeck /
Epidemiologische Krebsregistrierung in Deutschland - Bestandsaufnahme und Perspektiven
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 • S. 422-428
In allen Bundesländern arbeiten epidemiologische Krebsregister auf gesetzlicher Grundlage, überwiegend mit
flächendeckender Registrierung. Damit können die wesentlichen Aufgaben der Krebsregister wie Gesundheitsberichterstattung und Unterstützung der Krebsforschung immer besser wahrgenommen werden. Nachdem der Fokus
der Krebsregistrierung bisher auf den Aufbau aussagekräftiger Register gelegt wurde, gilt es nun, den Schwerpunkt
auf die Nutzbarkeit der Daten zu erweitern. Die Daten sind z. B. zur Ursachenforschung und Evaluation von Früherkennungsmaßnahmen verwendbar. Wissenschaftler aus den Bereichen der Krebsepidemiologie, des Public Health
und der Versorgungsforschung sind aufgerufen, die Daten der Krebsregister für Forschungs- oder Evaluationsprojekte intensiv zu nutzen.
Klinkhammer, F
Erkrankungen durch Pilze nehmen zu - Die gesundheitlichen Implikationen, die von Allergien bis zu
toxikologischen Reaktionen auf Mykotoxine reichen, erfordern eine extensive Forschung
Deutsches Ärzteblatt, 14. 2. 2003, S. C317-318
Im Bericht über die Jahrestagung der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (MYK2002) wird auf die
Zunahme der durch Schimmelpilze bedingten gesundheitlichen Schäden hingewiesen. - Mykotoxine werden
überwiegend mit der Nahrung und über kontaminierte Stäube aufgenommen. Besondere Bedeutung kommt dem
Aflatoxin B1 (hepatotoxisch und karzinogen), dem Ochratoxin A (nephrotoxisch und karzinogen), dem
Deoxynivalenol (beeinflußt die Proteinbiosynthese), dem Zearalenon (östrogene Wirkung) und dem Fusominin B1
(hepatotoxisch) zu. Eine hohe Letalität invasiver Aspergillosen wird durch die Auswertung zahlreicher
Publikationen belegt. Gefordert wird eine extensive Entwicklung der mykologischen Forschung.
Kurzeder C. / Sauer G. / Kreienberg R. // Universitätsfrauenklinik Ulm /
Epidemiologie des Endometriumkarzinoms
Gynäkologe 2007 / Band 40 / Heft 1 / S. 10-13
Die epidemiologische Forschung habe wesentlich dazu beigetragen, eine der größten iatrogenen Epidemien von
Krebserkrankungen aufzudecken, indem sie erste Hinweise für eine pathogenetische Rolle endogener und exogener
Östrogene bei der Entstehung des Endometriumkarzinoms erbrachte.
Das Endometriumkarzinom ist das vierthäufigste Karzinom der Frau in Deutschland mit schätzungsweise 11.370
Neuerkrankungen und 2.700 Todesfällen jährlich in Deutschland. Risikofaktoren: Das mittlere Erkrankungsalter
liegt bei 67 Jahren und damit deutlich über dem mittleren Erkrankungsalter beim Zervixkarzinom und etwa auf einer
Stufe mit dem beim Ovarialkarzinom. Selten werden Endometriumkarzinome auch vor dem 45. Lebensjahr
diagnostiziert, in ca. 10 % der Fälle erfolgt die Diagnosestellung vor dem 55. Lebensjahr.
Die östrogenabhängigen Karzinome (Typ 1) entstehen in der Regel auf dem Boden einer Endometriumhyperplasie
und zeichnen sich durch gute prognostische Zusatzkriterien aus. Eine kontinuierliche östrogenvermittelte
Stimulation des Endometriums führt zu einer Hyperplasie, die in Abhängigkeit von der zellulären Architektur als
einfach oder komplex eingestuft wird. Treten zusätzlich atypische zelluläre Merkmale auf, steigt das Risiko, ein
Endometriumkarzinom zu entwickeln, auf 29 %.
Karzinome vom Typ 2 entstehen meist im atrophischen Endometrium, weisen häufiger eine schlechte
Differenzierung, eine tiefe Myometriuminvasion und Lymphknotenmetastasen auf. Die beiden histopathologischen
Prototypen sind das endometrioide und das seröse Adenokarzinom.
Die Erhöhung des Risikos, ein Endometriumkarzinom unter perimenopausaler Hormonersatztherapie mit konjugierten Östrogenen oder Östradiol zu entwickeln, gilt mittlerweile als gesichert. Der Effekt ist sowohl abhängig von der
Östrogendosis als auch von der Anwendungsdauer. Bereits ab einer 2-jährigen Therapie ohne opponierende
Gestagentherapie ist von einem erhöhten Risiko auszugehen, bei einer Therapiedauer über 5 Jahre ist das Risiko auf
das 6-fache erhöht. Die unter Östrogentherapie diagnostizierten Endometriumkarzinome entsprechen dem Typ 1 des
pathogenetischen Modells, die Diagnosestellung erfolgt in jüngerem Alter, und es werden häufiger frühe Tumorstadien mit niedrigem Grading diagnostiziert.
109
Langbein, K.; Martin, H.-P.; Weiss, H.
Bittere Pillen
Nutzen und Risiken der Arzneimittel
Ein kritischer Ratgeber
55. komplett überarbeitete Auflage, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1990
Die Autoren weisen auf ein mögliches erhöhtes Krebsrisiko durch die hormonelle Kontrazeption hin. In
verschiedenen sich widersprechenden Studien sei immer wieder ein bislang nicht bewiesenes erhöhtes Krebsrisiko
diskutiert worden. Da der Anstieg der Krebserkrankungen aber erst nach einem langen Zeitraum eintrete, wäre es
denkbar, dass sich in den 1990er Jahren ein solcher Zusammenhang nachweisen lassen könnte. Auf jeden Fall sollte
beachtet werden, dass das Krebsrisiko bei einer Behandlung, die nicht länger als 1 Jahr andauert, gering sei. Es
steige jedoch mit der Dauer der Einnahme der Medikamente an. Für zahlreiche in den Wechseljahren angewendete
Medikamente werden als Nebenwirkungen "Überlkeit, Schmerzen und Spannungen der Brüste, Völlegefühl im
Becken, erhöhtes Thromboserisiko und Leberschäden" angegeben. Abgeraten wird von Östrogen-Gestagen
Kombinationspräparaten mit Langzeitwirkung. Andere Präparate werden sehr kritisch bewertet
Länderausschuß für Immissionsschutz
Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen
Düsseldorf 1992
Die karzinogene Wirkung des Asbests ist durch Tierversuche experimentell belegt. Nach Modell-versuchen besitzen
Fasern mit einer Länge von 20 Mikrometer und einer Dicke von 0,1 Mikrometer die größte karzinogene Wirkung.
Das Einheitsrisiko (unit risk) für belastete Personen (100 F/m3) wird für Mesotheliome mit 0,5 - 2/100.000
Personen, für Bronchialkarzinome mit 1/1.000.000 (Nichtraucher) bzw. mit 1/100.000 (Raucher) angegeben. Die
Latenzzeit zwischen Exposition und Erkrankung kann 20 bis 40 Jahre betragen. Das Einheitsrisiko bezogen auf die
gegenwärtige allgemeine Immissionssituation wird für Ballungsgebiete mit 80, für ländliche Gebiete mit 15/100.000
Personen angegeben.
Leinmüller, Dr. rer. nat. Renate
Zervixkarzinom-Früherkennung - Bilanz muss besser werden
Deutsches Ärzteblatt Jg. 102 / Heft 49 / 19. Dezember 2005 / S. C-2685
Die Autorin berichtet von der "2. Conference on Cervical Cancer Screening in Europe" in Tübingen zur
Früherkennung des Zervixkarzinoms. Erstmals wurden in Tübingen die Ergebnisse einer europaweiten Studie zur
verbesserten Früherkennung vorgestellt. Das Projekt wird von Prof. Dr. rer. nat. Thomas Iftner (Tübingen) koordiniert. Seit Einführung des PAP-Tests zur Früherkennung des Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen in den
1970er-Jahren sei die Rate der Erkrankungen und Todesfälle in Deutschland um etwa zwei Drittel gesunken. Viele
Experten sind jedoch überzeugt, dass die Reduktion noch stärker ausfallen könnte.
Auf der Konferenz sprach Prof. M. Schiffman vom National Institute of Health (NIH) der USA darüber, dass der
HPV-Test nicht bei jungen Frauen angewandt werden sollte. HPV-Infektionen seien bei sexuell aktiven jüngeren
Frauen sehr häufig, werden aber fast immer von der Immunabwehr schnell wieder eliminiert. HPV-Tests würden zu
einer häufigen Überdiagnose von Läsionen führen, die von alleine in Remission gehen. Aber auch bei älteren Frauen
(> 30 Jahre) liegt die "Clearance" recht hoch, nach einem Jahr ist bei der Hälfte bis zwei Drittel der infizierten
Frauen die Infektion von selbst wieder verschwunden. Auch hier kann also ein HPV-Test zu nicht unerheblichen
Überdiagnosen und zu Verunsicherung führen. Wenn positive HPV-Tests nicht massenhaft Kolposkopien nach sich
ziehen sollen, ist eine gute Aufklärung der Frauen die wesentliche Voraussetzung: Bevor aus einer Infektion ein
invasives Karzinom entstehen kann, vergingen meist deutlich mehr als zwölf Jahre, so die Experten.
Lindhauer, M.: Münzing, K.: Seling, S.: Betsche, T.: Kersting, H-J.: Masloff, S. und Seifert, M. /
Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel
Hochwertiges Getreide durch kontinuierliche Qualitätserhebungen
Forschungs-Report 2/2005
Die Agrar- und Verbraucherpolitik der Bundesregierung benötigt fortlaufend repräsentative Daten, um die
politischen Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Markt und für die Versorgung mit gesundheitlich
einwandfreien Lebensmitteln setzen zu können. Die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel am
Standort Detmold ist seit fast 40 Jahren mit den Qualitätsuntersuchungen im Rahmen der BEE beauftragt.
Gesundheitlich nicht erwünschte Stoffe: Mykotoxine:
Eine Reihe getreidepathogener Pilze produziert unter bestimmten Bedingungen toxische Substanzen, die
Mykotoxine. Zwar sind akute Vergiftungserscheinungen beim Menschen durch Mykotoxine selten, aber auch die
kontinuierliche tägliche Aufnahme kleiner Mengen an Mykotoxinen mit der Nahrung kann ein Risiko für die
Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Getreide als Grundnahrungsmittel steht hier besonders im Fokus. Um
beurteilen zu können, in welchem Maße der Rohstoff Getreide mit Mykotoxinen belastet ist, sind die Muster der
BEE von besonderem Wert, da sie einen statistisch abgesicherten Überblick erlauben. Das Vorkommen der durch
110
Feldpilze gebildeten Mykotoxine hängt stark von klimatischen Bedingungen sowie pflanzenbaulichen Maßnahmen
ab. Die jährlich durchgeführten Analysen auf die Mykotoxine Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA)
ergaben, dass auch in klimatisch ungünstigen Jahren wie 2002 genügend Getreidepartien zur Versorgung des
Verbrauchers mit gesundheitlich unbedenklichem Getreide zur Verfügung stehen.
Luboldt, H.-J.; Rübben, H.
Früherkennung des Prostatakarzinoms PSA-Test nur nach Aufklärung und Einwilligung des Patienten
Deutsches Ärzteblatt, Jg, 101, Heft 24 Seite C-1389
Da das fortgeschrittene Prostatakarzinom nicht heilbar ist und es keine effektive Prävention gibt, ist die Früherkennung im organbegrenzten Stadium eine Grundvoraussetzung für eine kurative Therapie. Von Patienten, die
radikal prostatektomiert worden sind, leben nach 15 Jahren noch 84 % der Männer, bei denen ein organbegrenztes
Tumorstadium (pT2) pathologisch definiert worden ist, dagegen nur noch 33 % der Männer mit organüberschreitendem Tumor (pT3). Mit Hilfe des PSA-Tests kann das Karzinom im organbegrenzten Stadium durch eine
Gewebeentnahme festgestellt werden.
MacLean CH, Newberry SJ, Mojica WA et al. / Southern California Evidence-Based Practice Center, Santa Monica
Effects of Omega-3-Fatty Acids on Cancer Risk. - A Systematic Review
Jama 2006; 295: 403-415.
MacLean und Coautoren analysierten die Resultate zahlreicher Publikationen und aus 20 Kohortenstudien aus
7 Ländern, in denen die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren auf verschiedene Krebslokalisationen (Atemwege, Lunge,
Harnblase, Brust, Ovarien, Pankreas, Prostata, Haut, Magen und non Hodgkin Lymphome) untersucht und
beschrieben worden war. - Der Konsum von Omgega-3-Fettsäuren war in sieben Auswertungen ohne signifikante
Assoziation mit der Entstehung von Brustkrebs, drei zeigten ein verringertes und eine Untersuchung ein erhöhtes
Risiko. Für das colorectale Karzinom fanden die Autoren 17 Schätzungen, die nicht signifikant auf einen
Zusammenhang mit dem Verzehr von Omega-3-Fettsäuren schließen lassen, eine deutete auf ein verringertes
Risiko. Vier Untersuchungen zum Lungenkrebs zeigten keine signifikanten Ergebnisse, eine ergab ein verringertes
Risiko, eine weitere wies auf ein erhöhtes Risiko. Beim Prostatakrebs war in 15 Bewertungen kein signifikantes
Risiko festgestellt worden, eine Bewertung ermittelte ein reduziertes, eine andere ein erhöhtes Risiko. Die Studie, in
der Hautkrebs untersucht worden war, wies signifikant auf ein erhöhtes Risiko. Es wurden keine Assoziationen
zwischen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren und der Inzidenz von Krebserkrankungen der Blase, der Ovarien,
des Pankreas, des Magens, der Speiseröhre oder der Lymphknoten gefunden.
Für die Autoren liefert die bisherige Studienlage keinen Beweis für die Annahme, dass zwischen dem Konsum von
Omega-3-Fettsäuren und der Verminderung der Krebsinzidenz eine Assoziation besteht.
Marcusson, E.
Sozialhygiene
VEB Georg Thieme Verlag, Leipzig 1954
Zur Krebsepidemiologie in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts finden sich in der Züricher Todesursachenstatistik folgende Informationen:
Das Magenkarzinom hat bei beiden Geschlechtern abgenommen. Dieser Rückgang ist auffällig, denn die Therapie
des Magenkrebses hat keine prinzipielle Änderung erfahren und keine solchen Erfolge aufzuweisen, welche diesen
Rückgang erklären würden. Allerdings wird das Magencarcinom heute durch die Röntgenuntersuchung früher
diagnostiziert, aber dies gilt doch nur für einen kleinen Teil aller Kranken, denn die Erfassung der Frühfälle ist noch
immer eine sehr unbefriedigende Angelegenheit. Sichere Schlüsse könnten nur aus einem Vergleich einer in keinem
Lande vorhandenen Morbiditätsstatistik mit der Mortalitätsstatistik der Magenkrebse gezogen werden.
Der dritthäufigste Krebs ist bei den Frauen der Gebärmutterkrebs. Hier begegnen wir sinkenden Zahlen, die bei
den 45 - 74-jährigen statistisch sehr gut gesichert sind. Praktisch handelt es sich dabei in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um Gebärmutterhalskrebse, die therapeutisch sehr dankbar sind, denn das Gebärmuttercarcinom ist
neben den Haut- und Lippencarcinomen diejenige Krebsform, die für unsere heutigen Methoden die besten.
Heilungsaussichten bietet. Ein Teil des Rückganges ist sicher auf diesen Faktor zurückzuführen. Ob er den Rückgang vollständig erklärt, bleibt offen, solange wir nicht eine Morbiditätsstatistik haben.
Berufskrebsen sind bestimmte Merkmale eigen. - Folgende Stoffe sind als krebserregende Ursachen bekannt: Ruß,
Teer, Pech, Anilin, Arsen, Chrom und Chromfarben, Nickel, Kupfer, Asbest, Schädlingsbekämfungsmittel, Hitze,
Röntgenstrahlung, Radiumemanation, Licht, Bilharziakrebs. Jeder Berufskrebs hat sein spezifisch betroffenes
Gewebs- bzw. Organsystem. Er tritt - im Gegensatz zu dem so gut wie stets nur solitären Krebs - gelegentlich
multipel auf. Der Berufskrebs bevorzugt einen bestimmten morphologischen Krebstyp. Die weit überwiegenden
Berufskrebsarten sind Karzinome. Jeder Berufskrebs ist experimentell nachahmbar und hat so in der
Ursachenforschung neue Wege gewiesen. Der Berufskrebs ist in den meisten Fällen nach der Klärung der Ursachen
verhütbar geworden. Der Berufskrebs ist die bisher fast einzig sichere Grundlage einer wirksamen Krebsprophylaxe.
111
Matthiaschk, G. / Bundesgesundheitsamt - Max von Pettenkofer-Institut
Gesundheitliche Risiken durch Schimmelpilzbefall von Lebensmitteln
Bundesgesundheitsblatt 33 (1990) H.12, 381-385
Die Kontamination von Lebensmitteln mit Mykotoxinen kann durch Befall des Getreides mit Schimmelpilzen oder
bei der Lagerung erfolgen. Zielorgane sind vorwiegend die Leber, die Nieren und der Magen. Für einige
Mykotoxine sind mutagene und/oder teratogene und/oder karzinogene Wirkungen nachgewiesen worden. Aflatoxin
B1 ist am stärksten karzinogen. Ochratoxin zeigt bei Ratten gleichfalls eine karzinogene Wirkung an den Nieren.
Mestwerdt, Prof. Dr. G. / Universitäts-Frauenklinik Greifswald
Kolposkopie und weibliches Genital-Karzinom
Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung / 43. Jahrgang / 1949 / S. 394 - 399
Auf der Onkologentagung am 29. Oktober 1948 in Berlin sprach Mestwerdt über die Notwendigkeit der
„Früherkennung und Bekämpfung des Zervixkarzinoms: Die Bestrebungen, auch dem Auftreten des Karzinoms als
einer Volksseuche organisatorisch entgegenzuwirken, haben besonders in letzter Zeit stärkere Beachtung gefunden.
In der Frauenheilkunde hat erstmalig Winter im Anfang des Jahrhunderts in Königsberg mit vorbildlicher
persönlicher Initiative den wichtigsten und häufigsten weiblichen Karzinomen, den Gebärmutter- und Mammakarzinomen, den Kampf angesagt. Seine bemerkenswerten Erfolge wurden durch den Ersten Weltkrieg zunichte
gemacht. Als später erneut die Winterschen Ideen erweitert wieder aufgegriffen wurden und sich auszuwirken
begannen, setzte der 2. Weltkrieg diesen Bestrebungen ein vorzeitiges Ende. Sie wieder zu beleben und ihnen zum
entscheidenden Erfolg zu verhelfen, stellt den Frauenärzten von heute neue Aufgaben.“ - Daß Epithelveränderungen
sehr enge Beziehungen zum Karzinom aufweisen und die Fähigkeit besitzen können, sich zum Karzinom zu
entwickeln, ist heute eine nicht mehr zu bestreitende Tatsache. Es erscheint daher zweckmäßig, sie als karzinopotent
zu betrachten. Das bedeutet praktisch, insbesondere auf dem Gebiete der Krebsbekämpfung und -verhütung, daß
man solchen kolposkopisch faßbaren Epithelveränderungen nachspüren soll und ihnen sein besonderes Augenmerk
durch wiederholte kolposkopische und histologische Kontrollen zuwenden muß. Diese Epithelveränderungen
können ein Karzinom werden, brauchen es aber nicht. Die Frage, wie oft sie es tun, ist noch ungeklärt. Sie ist zur
Zeit auch von untergeordneter Bedeutung und bleibt weiterer wissenschaftlicher Forschung vorbehalten.
Meyer, K., Motawee, M. M., Bauer, J. / Lehrstuhl für Tierhygiene, TU München, Freising-Weihenstephan /
National Organization for Drug Control and Research-Egypt
Vorkommen von Aflatoxin M1 in Milch und Molkereiprodukten aus Ägypten
26. Mykotoxin-Workshop 17.-19. Mai 2004
Aflatoxin M1 (AFM1) kann in Milch und Molkereiprodukten in Folge einer alimentären Aufnahme von Aflatoxin B1
(AFB1) durch milchproduzierende Nutztiere vorkommen. Eine potenzielle Gesundheits-gefährdung durch AFM1
stellt in Mitteleuropa nur ein untergeordnetes Problem dar, während in feuchtwarmen Gebieten eine relevante
Kontamination von Milch und Milchprodukten durchaus denkbar ist. Aus diesem Grund wurde eine Studie über das
Vorkommen von AFM1 in Produkten aus der Region Mansoura, Ägypten, durchgeführt. - Insgesamt wurden 260
Proben, 100 Proben roher Büffel- und Kuhmilch (Bos taurus) sowie 160 Proben vermarkteter Molkereiprodukte,
überprüft. Der durchschnittliche Gehalt von AFM1 betrug 0.29 µg/l in Büffelmilch bzw. 0.31 µg/l in Kuhmilch, die
höchste gemessene Konzentration war 0,56 µg/l. Insgesamt konnte in 32 % bzw. 20 % dieser Proben AFM1 bei
einer Nachweisgrenze von 0,02 µg/ml bestimmt werden. Im Gegensatz hierzu war nur in wenigen der vermarkteten
Proben Aflatoxin M1 nachweisbar (8 %, c > 0,02 µg/l bzw. kg). In Buttermilch, UHT-Milch und Säuglingsnahrung
war in keinem Fall eine Kontamination detektierbar. Die Unterschiede werden durch die zeitlich getrennte
Akquirierung des Probenmaterials erklärt.
Michel J
Kaum Schutz vor Ekelfleisch - Verbraucherschützer und Lebensmittelkontrolleure verlangen bessere
Überwachung / Anhörung im Bundestag / Wirtschaft verteidigt sich
Berliner Zeitung, 23. 01. 2006
Nach den jüngsten Fleischskandalen rechnen Verbraucherschützer und Lebensmittelkontrolleure auch in Zukunft
mit unappetitlichen Lebensmittelkrisen. Sie fordern deshalb eine deutliche Aufstockung der Überwachungskapazitäten. „Die in der Fleischwirtschaft bekannt gewordenen Skandale können sich grundsätzlich in allen
Bereichen der Lebensmittelbranche wiederholen", heißt es in der Stellungnahme des Bundesverbandes der
Lebensmittelkontrolleure für den Verbraucherausschuss des Bundestages.
Bis Anfang Dezember wurden mehr als 200 Tonnen vergammeltes Fleisch gefunden. Bundesweit waren rund 50
Betriebe in den Skandal verwickelt.
112
Inzidenz ausgewählter Lokalisationen 1961 - 1987
im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters der DDR
(altersstandardisiert auf die Weltbevölkerung)
Seit 1952 besteht auf dem Territorium der ehemaligen DDR eine gesetzliche Meldepflicht für bösartige und
ausgewählte gutartige Neubildungen. Im Krebsregister werden seit dieser Zeit die Angaben zu diesen Erkrankungen
erfaßt und ausgewertet. Bis auf den Umstand, daß 1987 die Basaliome der Haut auf Grund ihrer geringen
biologischen Bösartigkeit aus der Meldepflicht entlassen wurden, hat sich an den rechtlichen Grundlagen des
Krebsmeldesystens nichts geändert. Seit Juli 1990 ist das Krebsregister Teil der amtlichen Statistik.
Die Anzahl der Meldungen für bösartige Neubildungen ist von ursprünglich 38.000 in Jahre 1953 leicht angestiegen
und erreichte Mitte der 70er Jahre mit rund 54.000 Fällen den bisherigen Höhepunkt. Seit diesem Zeitpunkt ist die
Zahl der eingehenden Meldungen für Neuerkrankungen nahezu konstant geblieben. Für das Jahr 1987 wurden
insgesamt 53.761 Neuerkrankungen registriert.
Die 10 häufigsten Tumorlokalisationen, bezogen auf die absolute Zahl der Neuerkrankungen im Jahre 1987 waren
bei den Männern: Lunge, Prostata, Magen, Harnblase, Kolon, Rektum, Nieren, Pankreas, Hoden, Leukämien; bei
den Frauen: Brustdrüse, Kolon, Cervix uteri, Magen, Corpus uteri, Rektum, Ovar, Gallenblase, Lunge, Pankreas.
(Quelle: Bernstein, P. und Möhner, M. in: Das Gesundheitswesen 1990 / Jahresgesundheitsbericht 1989 für das
Gebiet der ehemaligen DDR / Berlin, 1990 )
Zum Vergleich: Das Gemeinsame Krebsregister der Neuen Bundesländer und von Berlin gibt für das Jahr 2002 eine
Inzidenz je 100.000 Personen gleichen Geschlechts - altersstandardisiert auf eine Weltbevölkerung - an:
für die Männer: Prostata 50,7; Lunge 47,9; Dickdarm 39,3; Magen 14,3; Nieren 14,0 und Harnblase 13,6;
für die Frauen: Brust 61,4; Dickdarm 22,8; Lunge 11,8; Korpus 11,5; Zervix 9,2 und Magen 7,4.
113
Möhner, M., Stabenow, R. und Eisinger, B. / Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (Hrsg.)
Atlas der Krebsinzidenz in der DDR 1961-1989
Ullstein Mosby GmbH, 1994
In dem vorliegenden Krebsinzidenzatlas werden nicht nur geographische Variationen, sondern auch zeitliche Trends
in der Krebsinzidenz dargestellt. Das Datenmaterial des ehemaligen „Nationalen Krebsregisters" der DDR bietet
dafür sehr gute Voraussetzungen. Aufgrund der gesetzlichen Meldepflicht wurde unter nahezu konstanten Bedingungen die Häufigkeit von Krebserkrankungen der Jahre 1953 bis 1989 für das gesamte Gebiet der ehemaligen
DDR erfaßt. Es bestehe heute kein Zweifel mehr daran, daß die Häufigkeit vieler Krebsformen von Umweltfaktoren
beeinflußt wird, wobei der Begriff „Umwelt“ nicht nur die natürliche Umwelt (Wasser, Boden, Luft, natürliche
Strahlung), sondern auch die soziale und persönliche Umwelt wie berufliche Tätigkeit, Sozialstatus und vor allem
den individuellen Lebensstil (Ernährungsgewohnheiten, Tabak- und Alkoholkonsum, Geburtenzahl usw.) des
Menschen umfaßt. Neben der Verbesserung der Datengrundlage zur Generierung neuer Hypothesen über den
Zusammenhang von Umwelt und Krebs soll der Atlas dazu beitragen, dem Bedürfnis nach fundierten Informationen
über das Krebsgeschehen in der ehemaligen DDR nachzukommen.
Für die bösartigen Neubildungen kommen die Autoren zu der Einschätzung, für eine Reihe von Faktoren, wie z. B.
das Rauchen, gäbe es schon umfassende Kenntnisse, in welchem Maße diese an der Krebsentstehung beteiligt sind.
Sie orientieren sich an der Veröffentlichung von Doll und Peto aus dem Jahre 1981. Es könne davon ausgegangen
werden, daß sich die Ursachen für alle Krebserkrankungen zusammengenommen wie folgt verteilen: Ernährung 35
%; Tabak 30 %; Sexual- und Fortpflanzungsverhalten 7 %; berufliche Expositionen 4 %; Alkohol 3 %; Luft- und
Wasserverschmutzung 2 %; Sonnenlicht 1,5 % und medizinische Maßnahmen l %.
Mühlhauser, Univ.-Prof. Dr. med. Ingrid // Universität Hamburg / Fakultät für Mathematik, Informatik und
Naturwissenschaften, Fachwissenschaft Gesundheit
Ist Vorbeugen besser als Heilen?
Nur für wenige der empfohlenen und praktizierten Maßnahmen liegen valide Daten zu Nutzen und Schaden vor.
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 25 / 22. Juni 2007 / C - 1529-1531
Die Autorin stellt eine verstörende Bestandsaufnahme zur Diskussion: Der Enthusiasmus für Früherkennungs- und
Präventionsmaßnahmen beruhe auf der irrigen Annahme, dass diese immer besser und billiger sind als Heilmaßnahmen. Es gebe inzwischen zahlreiche Beispiele für missglückte Früherkennungs- und Präventionsinitiativen mit
zum Teil verheerenden Folgen für die Teilnehmer. Als Beispiel führt die Autorin den „Hormonskandal“ an. Die
Deklarierung von Frauen in der Meno- und Postmenopause zu kastrierten Wesen und die über Jahrzehnte massive
Verordnung von Östrogen-/Gestagentherapien zur Anhebung der Hormonspiegel endete als Fiasko.
Müller, Doz. Dr. R. K.; Lohs, Prof. Dr. K. // Universität Leipzig // Forschungsstelle für chemische Toxikologie der
Akademie der Wissenschaften der DDR, Leipzig
Toxikologie
Akademieverlag Berlin 1987
Die Toxikologie betrachtet die Schädigungen, die Stoffe an lebenden Organismen verursachen.
Die Autoren sehen die Notwendigkeit einer weitaus stärkeren Beachtung der Bindungsform der Elemente und
Verbindungen hinsichtlich der Nahrungs- und Genußmitteltoxikologie. Immerhin erfolgt die hauptsächliche Zufuhr
von Fremd- und Schadstoffen für den Menschen durch den Nahrungs- und Genußmittelkonsum. Hierbei kann es
sich um Umweltchemikalien als Kontaminanten von Lebensrnitteln und Erntegütern ebenso wie um lagerungs- oder
verarbeitungsbedingte Beimengungen handeln, denen man bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Genannt wurden beispielsweise nur die Aflatoxine, die Nitrosamine sowie Pestizidrückstände, die Extraktions- und
Lösungsmittelrückstände oder die aliphatischen C4 - C6-Alkohole in Spirituosen. Diese Beispiele verdeutlichen, daß
ohne chemisch-toxikologische Forschungen zur Struktur und Reaktivität von biologisch aktiven Verbindungen
keine Bewertung der realen Gefährdung von Mensch und Umwelt erfolgen kann. - Die Autoren weisen auf die sehr
schnelle Resorption des Alkohols hin, diese erfolgt vom Magen-Darm-Trakt bereits nach 10 bis 15 Minuten, bei
leerem Magen bereits nach 5 bis 6 Minuten, wie auch auf die direkte Aufnahme des Alkohols über die Haut.
Überwiegt die Resorptionsgeschwindigkeit eines Stoffes die ihrer Elimination, dann kommt es zur Kumulation.
Bedeutungsvoll kann dies werden, wenn infolge abnorm geförderter Resorption (z. B. durch Alkohol) oder einer
gehemmten Ausscheidung (z. B. durch Nieren- oder Leberdefekte) Abweichungen von den normalen Verhältnissen
auftreten. - Ein großer Anteil körperfremder Stoffe wird über die Galle in das Duodenum ausgeschieden. Dabei kann
sich bei einer erneuten Resorption ein sog. enterohepatischer Kreislauf ausbilden (Darmwand - Kapillaren Pfortader - Leber - Galle - Darm). Die Abatmung gasförmiger oder flüchtiger Gifte, darunter der Alkohole,
ätherischer Öle u. a. trägt nur in wenigen Fällen wesentlich zu einer Gesamtelimination bei. Zum Teil werden Gifte
über die Haut, die Schweiß- und Talgdrüsen, Haare und Nägel eliminiert. Indirekt kann auch die Ausscheidung über
die Milchdrüsen relevant werden. Toxische Schädigungen oder allergische Reaktionen des Säuglings wurden
beobachtet.
114
Bei den irreversibel wirkenden Giften müssen sich die Wirkungen selbst kleinster Dosen summieren, eine
Schwellendosis wäre danach nicht zu beobachten („Summationsgifte", z. B. Karzinogene). Für die letzteren, die
Krebs erzeugen können, existiert wegen der Irreversibilität der Zellschädigung und damit der Langzeitsummation für sich allein unmerklicher Einwirkungen möglicherweise keine Schwellendosis oder -konzentration. Stoffe, von denen aus Tierversuchen oder Beobachtungen an Menschen der Verdacht auf eine
kanzerogene Wirksamkeit entsteht, werden daher im Vergleich zu anderen Giften stärker diskriminiert. Jegliche
Exposition soll grundsätzlich vermieden werden, und MAK- oder MIK-Werte verlieren hierbei ihren Sinn.
Muschter, Prof. Dr. W. / Hygiene-Institut Berlin
Importkontrollen von Erdnüssen auf Aflatoxine
Jahresbericht 1970
Auf Grund der zunehmenden Bedeutung der Mykotoxine in Lebensmitteln wurde schon 1968 im Hygiene-Institut
Berlin eine dünnschichtchromatographische Methode zur Bestimmung von Aflatoxin eingeführt.
Diese Methode wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten, insbesondere dem Institut für Veterinärhygiene der Humboldt-Universität, weiterentwickelt und vereinfacht, so daß eine Anwendung in der Routineanalytik
möglich war. Aus der Literatur ist bekannt, daß Aflatoxine bisher in fast allen Lebensmitteln nachgewiesen werden
konnten, besonders häufig jedoch in Erdnüssen und Erdnußprodukten. Untersucht wurden insgesamt 450 Proben. In
12 % der Proben konnten Aflatoxine nachgewiesen werden. Die ermittelten Konzentrationen an Aflatoxin B1 lagen
im Mittel bei 40 µg/kg und schwankten zwischen 5 und 200 µg/kg.
National Institute of Health (USA)
Konsensusbildende Konferenz: Management der Hepatitis C
Endgültiger Entwurf, Juni 2002
Das National Institute of Health (NIH) erarbeitet in der Konsensus-bildenden Konferenz einen unabhängigen
Bericht über den aktuellen internationalen Erkenntnisstand auf dem speziellen Gebiet. Es stellt eine "Momentaufnahme" des Wissensstandes über das Thema der Konferenz zur Verfügung. Das Hepatitis C Virus (HCV) ist die
Hauptursache der bekannten Lebererkrankungen in den USA. Es ist die häufige Ursache für Leberzirrhose und auch
für das hepatocelluläre Karzinom (HCC). Es ist der häufigste Grund für eine Lebertransplantation. Die HCVInfektion wird hauptsächlich durch Kontakt mit infiziertem Blut übertragen. Das erfolgt vor allem im Kontext zum
Drogenkonsum. Der Mangel an einer effektiven T-Lymphozytenantwort scheint eine hohe Chronifizierungsrate zu
begünstigen. Die schwerwiegendsten Folgen sind die Leberfibrose und das hepatozelluläre Karzinom.
Neubert, Prof. Dr. D. / Institut für Toxikologie und Embryopharmakologie, Freie Universität Berlin
Probleme bei der Abschätzung des kanzerogenen Risikos persistierender halogenierter organischer Verbindungen, insbesondere PCDDs, PCDFs und PCBs
Kolloquium "Krebserzeugende Stoffe in der Umwelt", Mannheim 23. - 25. 4. 1991
Beim Versuch einer medizinisch-toxikologischen Risikoabschätzung für die Kanzerogenität der erwähnten
Substanzklassen ergeben sich eine Reihe von Problemen. Eine solche Beurteilung muß sich sowohl auf experimentelle Befunde als auch auf vorhandene Studien beim Menschen stützen. Die Extrapolation von experimentellen
Befunden auf die wahrscheinlich beim Menschen vorliegenden Verhältnisse erfolgt heute, wenn sie überhaupt noch
durchgeführt werden soll, zweckmäßigerweise auf der Basis von Gewebekonzentrationen. Obgleich kinetische
Daten heute bei neuen Studien als unverzichtbar gelten, sind allerdings in der Vergangenheit nur wenige der
Kanzerogenitätsstudien mit entsprechenden kinetischen Untersuchungen kombiniert worden.
Diese Klassen von Verbindungen schließen spezielle Eigenheiten der Auslösung von Tumoren ein: Sie besitzen kein
deutliches mutagenes Potential, und sie gehen keine direkte Wechselwirkung mit der Zellkern-DNA ein (epigenetische Kanzerogenese). Sie besitzen einen Wirkungsmechanismus, der am ehesten mit der Wirkung bestimmter
Steroid-Hormone verglichen werden kann.- Sie führen insbesondere zu benignen Lebertumoren. Bei sehr hoher
Dosierung, die dann häufig auch zu ausgeprägten Leberschädigungen führt, werden auch maligne Tumoren
beobachtet. Aussagen wie z. B. "... TCDD ist das stärkste bekannte Kanzerogen ..." sind daher nicht nur falsch,
sondern auch irreführend.
Spezielle Probleme der Beurteilung entsprechender beim Menschen erhobener Daten:
Epidemiologische Daten über mögliche Erhöhungen von Tumorinzidenzen beim Menschen sind grundsätzlich mit
vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet, und ihre Aussagekraft wird in bezug auf die Wirkung definierter Substanzen
und des entsprechenden Expositionsausmaßes in der Regel überschätzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die
betreffenden Substanzen (wie die PCDDs/PCDFs) als Verunreinigung vorliegen, und damit eine Exposition primär
gegenüber vielen anderen Substanzen stattgefunden haben muß.
Man kann daher in keinem Falle eventuelle beobachtete Abweichungen von der Norm kausal auf PCDDs/
PCDFs zurückführen, sondern bestenfalls auf Expositionen an denen auch diese Substanzklassen beteiligt
gewesen sein können.
115
Nöthlings, U. L. R. Wilkens, S. P. Murphy, J. H. Hankin, B. E. Henderson, E. N. Kolonel / Cancer Research Center
of Hawaii, University of Hawaii
Meat and fat intake äs riskfactors for pancreatic cancer; The Multiethnic Cohort Study
Fleisch- und Fettkonsum als Risikofaktoren für das Pankreaskarzinom: eine multiethnische Kohortenstudie
J. NATL. CANCER INST. 97:1458-1465 (2005)
Fleischkonsum ist mit erhöhtem Risiko für das exokrine Pankreaskarzinom assoziiert, allerdings sind die bisherigen
Studien uneinheitlich. Das erhöhte Risiko wird wahrscheinlich durch den Fett- und Cholesteringehalt von Fleisch
und Nahrungszubereitungsmethoden verursacht. In dieser Studie wurden Daten der multiethnischen Kohortenstudie
auf den Zusammenhang von Fleischkonsum, anderen tierischen Produkten, Fett und Cholesterin mit dem Entstehen
eines Pankreaskarzinoms untersucht. Während der 7-jährigen Nachbeobachtungszeit traten 482 Pankreaskarzinome
bei 190.545 Personen der Kohorte auf.
Die Autoren folgern, dass eine Ernährung mit rotem und prozessiertem Fleisch mit einer Erhöhung des Pankreaskarzinomrisikos zusammenhängt. Fett und gesättigtes Fett scheinen nicht mit der Risikoerhöhung in Zusammenhang
zu stehen, da sich die Ergebnisse der Fettaufnahme durch Fleisch und Milchprodukte unterscheiden. Möglicherweise sind Karzinogene, die durch die Fleischzubereitung entstehen, für die Risikoerhöhung verantwortlich.
Oldenburg, E., Brunotte, J.; Valenta, H. und Dänicke, S. / Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft
Pilzbefall im Getreide (und wie man ihn vermeiden kann)
BMVEL, Forschungsreport, Sonderheft 2001
Schimmelpilze gehören zu den natürlichen Mikroorganismen des Bodens.
Sie ernähren sich meist von abgestorbenen organischen Substanzen, die dadurch zersetzt werden.
Schimmelpilze bilden häufig Toxine, die schädlich auf Mensch und Tier wirken können, am häufigsten Deoxynivalenol und Zearalenon. - Deoxynivalenol reizt die Schleimhäute und beeinflußt das Immunsystem. Das Schwein
ist die empfindlichste Nutztierart. - Zearalenon hat eine Östrogen-ähnliche Wirkung. - Gesundheitsgefährdungen
des Menschen werden angesichts geringer Kontaminationsgrade nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht
erwartet. Akute Vergiftungen durch Fusariumtoxine sind im europäischen Raum nicht bekannt geworden. Nicht
untersucht ist, ob sich eine langfristige Aufnahme von niedrigen Deoxynivalenol- oder Zearalenongehalten beim
Menschen negativ auf das Immunsystem auswirken kann. Das Gesundheitsrisiko wird als gering eingeschätzt. Die Autoren beschreiben mögliche Maßnahmen (Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz) zur Senkung der
Schimmelpilzbelastung des Getreides.
Otteneder, H.; Majerus, P. / Chemisches Untersuchungsinstitut Trier
Mykotoxinuntersuchung in der amtlichen Lebensmittelüberwachung
Bundesgesundheitsblatt 36 (1993) H.11, 451-455
Im November 1976 wurde auf der Grundlage des Bundes-Lebensmittel-Gesetzes die Aflatoxin-Verordnung
erlassen. In der amtlichen Begründung dazu (BR-Drs. 522/76) wird festgestellt, Kontaminationsraten und die Höhe
des Aflatoxingehaltes können durch Vorsichtsmaßnahmen bei der Ernte und Lagerung verringert, aber nicht ganz
ausgeschlossen werden. Deshalb wurde bei dem Erlaß der Aflatoxin-VO keine Nulltoleranz festgelegt, wie sie bei
karzinogenen Stoffen erforderlich gewesen wäre.
Diskutiert wird über die notwendige Festsetzung eines Höchstwertes für Ochratoxin A in Lebensmitteln. Ein
Höchstwert von 2 µg/kg wird für realistisch und möglich gehalten. Ochratoxin A-Gehalte werden angegeben für:
Getreide 0,1-15 µg/kg; Mehl, Gries 0,1-18 µg/kg; Braumalz 0,1-11 µg/kg; Rohkaffee 3 µg/kg u. a. Häufig in
Schalenfrüchten und in Milch.
Otto, T. und Rübben, H.
Penistumoren
in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, New York 1997
Penistumoren finden sich in der Regel in der 6. bis 7. Lebensdekade.
Vorherrschender Typ ist das Plattenepithelkarzinom, selten ein Basalzellkarzinom oder Adenokarzinom. Als
entscheidende ätiologische Faktoren werden die Phimose mit chronischer Irritation, retiniertem Smegma und
rezidivierender Balanoposthitis angesehen. Für das Peniskarzinom werden 0,8 Neuerkrankungen je 100.000
Männer im Jahr angegeben.
Paukovits Dr. J B., Parzefall, Prof. Dr. rer. nat. W. / Institut für Krebsforschung der Universität Wien
50 Jahre Krebsforschung - Einige Fakten
in: Krebsforschung -gestern-heute-morgen / 50 Jahre Institut für Krebsforschung der Universität Wien 1953 - 2003
Alkohol ist selbst nicht direkt krebserregend sondern er führt diese Krankheit auf indirektem Wege herbei. Bereits
bei einer Dosis von über 20g Alkohol/Tag bei Männern und 10g bei Frauen beginnen die relativen Risiken für eine
„alkoholbedingte“ Krebserkrankung zu steigen. Wein, Bier oder Spirituosen können also das Krebsrisiko steigern.
Betroffen sind neben der Mundhöhle und Speiseröhre - meist in Zusammenhang mit Tabakrauch - vor allem die
116
Leber, daneben aber auch Brust und Darm. Die chronische Aufnahme größerer Mengen erhöht das Krebsrisiko. Bei
Alkoholmissbrauch kommt es zu Leberschädigungen. Die Leber entwickelt sich dabei von der Fettleber zur
zirrhotischen Leber, aus der Leberkrebs entstehen kann. Bei 10 - 30 % der an Zirrhose Erkrankten entsteht ein
primäres Leberzellkarzinom.
Die Verbindung zwischen Rauchen und Lungenkrebs ist besonders auffallend. Ist das Inhalieren von Tabakrauch
doch verantwortlich für 85 - 90 % der Lungentumore. Bei Männern sind 90 % und bei Frauen 70 % der
Krebserkrankungen der Lunge auf Tabakrauchen zurückzuführen. Es ist jedoch auch zweifelsfrei erwiesen, dass
Rauchen für die Entstehung von Kehlkopf-, Zungen-, Mundhöhlen-, Speiseröhrenkrebs verantwortlich ist, vor allem
beim Pfeiferauchen und Tabakkauen. Aber auch zwischen Rauchen und der Entstehung von Tumoren des Magens,
der Bauchspeicheldrüse, Blase, Nieren besteht ein gesicherter Zusammenhang.
Um die Ursachen der ernährungsbedingten Krebsentstehung zu untersuchen, wurden von der EU groß angelegte
Forschungsprojekte gestartet, an denen auch die Arbeitsgruppe für Umwelttoxikologie am Institut für Krebsforschung teilnimmt. Ein Ergebnis dieser Studien zeigte, dass im Wesentlichen vier verschiedene Faktorenkomplexe
unterschieden werden können, die das ernährungsbedingte Krebsrisiko beeinflussen:
1. die Kontamination der Nahrungsmittel mit krebsauslösenden Substanzen,
2. der Mangel an Schutzsubstanzen, die krebsauslösende Verbindungen entgiften und so die Entstehung von
Krebszellen beeinflussen bzw. die Entwicklung von Krebszellen verhindern,
3. der Mangel an bestimmten Spurenelementen und Vitaminen, die die Stabilität der Erbsubstanz beeinflussen,
4. Übergewicht (BMI).
Die Autoren verweisen auf den Zusammenhang zwischen Übergewicht (BMI) und Krebserkrankungen von Brust,
Prostata, Darm, Gebärmutter, Leber u. a.., die in der Cancer Prevention Study II in den USA mit mehr als 900.000
Erwachsenen sehr deutlich wurden.
Peters, Prof. Dr. Th. / Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin Bochum
Berufskrebs
Beiträge zur Arbeits- und Umweltmedizin, ZAUM 1993
Um 1900 starben im Deutschen Reich pro 100.000 Einwohner etwa 40 an Krebs. Im Jahre 2000 werden es im
Bundesgebiet etwa 300 Menschen sein. Krebs ist nicht nur eine Antwort auf schädliche Einflüsse sondern auch auf
das zunehmende Alter. Krebsnoxen sind chemische Karzinogene, die zum Teil auch in Lebensmitteln vorkommen,
physikalische Faktoren, Strahlen und Viren. Der Einfluß, den diese Faktoren nehmen, zielt auf das Molekulargefüge
der "normalen" Zelle. - Hochpotente Karzinogene haben als Arbeitsstoffe oder deren Metaboliten meist sogenannte
spezifische karzinogene Effekte und können als Primärkarzinogene bezeichnet werden.
Bei der Ko-Karzinogenese wird ein unterschwelliger karzinogener Effekt von bestimmten Zusatzfaktoren
"aktiviert". Sie lösen per se aber kein malignes Krebswachstum aus wie die unterschwellige Einwirkung von Primärkarzinogenen.
Petz, Prof. Dr. rer. nat. M., Wuppertal / Boeing, apl. Prof. Dr. oec. troph. H., DIfE
Ernährungsbericht 2004
Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)
Prof. Petz äußert sich im Ernährungsbericht über toxikologische Aspekte. Darunter verweist er auf die von
Schimmelpilzen gebildeten Mykotoxine. - Mykotoxine können auf landwirtschaftlichen Erzeugnissen bereits vor der
Ernte gebildet werden. Ihre Gehalte können sich unter bestimmten Bedingungen bei der Lagerung und Verarbeitung
der Erntefrüchte weiter erhöhen. Da die Möglichkeiten, eine natürliche Mykotoxin-kontamination zu erkennen und
zu verhindern, begrenzt sind, kann es auch keine absolute Gewähr für mykotoxinfreie Lebensmittel geben. Aflatoxin B1 ist mit einer Quote von 6 % Höchstmengen-Überschreitungen und einer Kontaminationsrate von 22 %
Schalenobst (Pistazien, Paranüsse, Mandeln, Haselnüsse und Erdnüsse) neben Gewürzen (10 % HöchstmengenÜberschreitungen, 42 % positiven Proben) das am stärksten belastete Segment des Warenkorbs.
Ochratoxin A, Deoxynivalenol, Fumonisine, Zearalenon und Patulin sind weitere Mykotoxine, die von der
Lebensmittel-überwachung laufend kontrolliert werden. Das Problembewusstsein und das Bemühen, die Ursachen
der Mykotoxinbildung zu erforschen, nehmen ständig zu. Von daher bestehe die begründete Aussicht, dass unter
dem Einfluss einer verbesserten Nacherntebehandlung, von Hygienemaßnahmen bei der Verarbeitung und
insbesondere auch von optimierten Anbaubedingungen die Mykotoxinbelastung künftig vermindert wird.
Boeing hält für die primäre Prävention von malignen Erkrankungen drei Faktoren - die Ernährung, die körperliche
Aktivität und das Körpergewicht - für bedeutungsvoll. Durch Änderungen des Lebensstils wäre nach seiner
Auffassung in der Bevölkerung ein nicht unerhebliches Präventionspotenzial zur Verminderung von Krebs
vorhanden. Der steigenden Zahl von Krebserkrankungen auf Grund der zunehmenden Lebenserwartung könnte
durch Nutzung dieses Präventionspotenzials entgegengewirkt werden. - Aus der Bewertung der das Tumorrisiko
modifizierenden Ernährungsfaktoren zieht er zwei Schlussfolgerungen: Auf Grund des derzeitigen Kenntnisstandes
sollten Leitlinien zur Krebsprävention durch Ernährung erstellt und in der Bevölkerung umgesetzt werden. Dazu
zählen aus heutiger Sicht neben dem Nichtrauchen eine starke Erhöhung des Gemüse- und Obstverzehrs, die
117
regelmäßige Gewichtskontrolle und ein körperlich aktiver Lebensstil. Und das akademische Interesse an
Erkenntnisgewinn sollte nicht nachlassen sondern weiter gefördert werden.
Pischon, T ; Schulz, M; Boeing, H / Abteilung Epidemiologie, Deutsches Institut für Ernährungsforschung,
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Primärprävention maligner Tumoren durch die Ernährung: Epidemiologische Evidenz
The Role of Nutrition in the Primary Prevention of Malignant Tumors: Epidemiological Evidence
Aktuelle Ernaehrungsmedizin 2007; 32: S. 31-40
Die Autoren orientieren sich an entsprechenden Evaluationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der
International Agency for Research on Cancer (IARC), des World Cancer Research Fund (WCRF) und der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) und gehen auf aktuelle Studienergebnisse ein.
Die WHO hat 2003 einen Expertenbericht vorgelegt, in dem die wissenschaftliche Evidenz zum Einfluss von
Nahrungskomponenten auf die Krebsentstehung evaluiert wurde. Die Evaluation erfolgte durch systematische
Auswertung von Metaanalysen und Originalarbeiten und umfasste sowohl Beobachtungs als auch Interventionsstudien. Wichtige Kriterien zur Beurteilung der Evidenz waren neben dem Studiendesign die Konsistenz der
Ergebnisse und die biologische Plausibilität. Zwar ließen sich nach Meinung der Experten - wohl weitgehend angelehnt an die Schätzungen von Doll und Peto von 1981 - ca. 30 % der Krebserkrankungen in industrialisierten
Ländern durch die Ernährung erklären, umgekehrt kam das Expertengremium aber auch zu dem Schluss, dass die
Forschung bis heute wenige eindeutige Zusammenhänge zwischen der Ernährung und dem Risiko der
Krebsentstehung aufgedeckt hat. Nahrungsfaktoren, für die laut Expertenbericht überzeugende Evidenz besteht, dass
sie das Risiko bestimmter Krebserkrankungen erhöhen, sind: Übergewicht und Adipositas, hoher Alkoholkonsum,
Aflatoxine und bestimmte Formen gesalzenen bzw. fermentierten Fisches. Wahrscheinliche Evidenz für eine
Risikoerhöhung bestimmter Krebserkrankungen besteht für konserviertes bzw. verarbeitetes Fleisch, Salz
konservierte Lebensmittel und sehr heiße Getränke bzw. sehr heißes Essen. Wahrscheinlich protektiv für spezifische
Krebserkrankungen wirkt sich nach Ansicht des Expertenkomitees der Obst- und Gemüseverzehr aus.
Die Autoren geben das relative Risiko verschiedener Krebserkrankungen in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum an.
Es beträgt bei einem Alkoholkonsum von 50 g/d: Mundhöhle und Rachenraum (3,11), Speiseröhre (1,93), Kehlkopf
(2,02), Dickdarm (1,10), Mastdarm (1,19), Leber (1,40), Brust (1,55), Magen (1,15), Dünndarm (1,04), Gallenblase
(1,36), Pankreas (1,05), Lunge (1,04), Gebärmutterhals (0,64), Endometrium (1,09), Ovar (1,23), Prostata (1,09),
Harnblase (1,08), Niere (0,79).
Der meiste Alkohol stammt in Deutschland aus Bier, gefolgt von Wein und Spirituosen. Er wird mehrheitlich
von Männern getrunken. Im Ernährungsbericht 2004 wurde geschätzt, dass in Deutschland 2,5 % der
Krebsfälle bei Männern und 1,0 % der Krebsfälle bei Frauen auf einen Alkoholkonsum über der maximal
empfohlenen Aufnahmemenge (20 g/d bei Männern und l0g/d bei Frauen) erklärt werden können.
Der genaue Mechanismus einer Risikoerhöhung durch chronischen Alkoholkonsum ist weiterhin unbekannt.
Alkohol selbst wirkt nicht karzinogen, verhält sich im Experiment aber als Kokarzinogen oder Tumorpromoter.
Plank, Gerlinde; Bauer, J.;, Grünkemeier; Fischer, Andrea Susanne; Gedek, Brigitte; Berner, H.
/ Ludwig-Maximilians-Universität München
Untersuchungen zur protektiven Wirkung von Adsorbentien gegenüber Ochratoxin A beim Schwein
Tierärztliche Praxis 18, 483-489 (1990)
Die adsorbierende Wirkung von Aktivkohle, verschiedenen Bentoniten (sauer, alkalisch, neutral) und hydrierten NaCa-Al-Silikat gegenüber Ochratoxin A wurde sowohl einem In-vivo-Testmodell als auch in Fütterungsversuchen an
Schweinen geprüft. - Bei den In-vitro-Versuchen wurde zunächst festgestellt, daß nach Zusatz von 1 % Aktivkohle
Ochratoxin A vollständig aus wäßrigen Lösungen adsorbiert wird, wobei PH-Werte zwischen 3 und 8 diese
Wirkung nicht beeinflußten. - In einem Fütterungsversuch wurde auch der resorptionsmindernde Effekt der
Aktivkohle gegenüber Ochatoxin A bestätigt.
Prentice, Ross L. PhD / Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle, Washington / et. a
Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Invasive Breast Cancer: The Women's Health Initiative Randomized
Controlled Dietary Modification Trial
JAMA, Volume 295, 8 February 2006, p 629 - 642
An der randomisierten Primärpräventionsstudie der Womens´s Health Initiative (WHI), die von 40 Klinikzentren in
den USA in den Jahren 1993 bis 2005 durchgeführt wurde, nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren
ohne frühreren Brustkrebs teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten an. In der
Probandengruppe waren 19.541 (40 %), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Die Intervention bestand in
der Aufforderung der Probanden, die Fettaufnahme auf insgesamt 20 % des Energiebedarfs zu reduzieren und den
Obst- und Gemüsekonsum auf mindestens 5 Mahlzeiten täglich und und Körner auf mindestens 6 Mahlzeiten zu
erhöhen. Die Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe waren nicht zu einer Änderung der Ernährung angehalten. Ziel
der Untersuchung war die Entwicklung der Brustkrebsinzidenz. An Brustkrebs erkrankten 655 (0,42 %) der
118
Probandinnen und 1.072 (0,45 %) der Vergleichspersonen. An Brustkrebs starben 27 (0,02 %) der Probandinnen
und 53 (0,02 %) der Vergleichspersonen.
Aus der Studie ergibt sich keine Senkung des Erkrankungsrisikos in der Probandengruppe durch die Verminderung
der Fettaufnahme auf 20 % des Energiebedarfs und Erhöhung des Obst- und Gemüsekonsums.
Probst, M.
Mammachirurgie
in Häring, R. und Zilch, H.: Chirurgie, 4. Auflage, Walter de Gruyter Berlin-New York, 1997
Das Mammakarzinom ist die häufigste Karzinom der Frau. In den Altersgruppen bis 70 Jahre ist bei 7 % der Frauen
mit einem Karzinom zu rechnen.. Die Ätiologie ist weitgehend ungeklärt. Als gesichert wird der fördernde Einfluß
von Östrogenen auf das Wachstum gesehen. Die Risikofaktoren sind in 3 Gruppen zu unterteilen: genetisch,
endokrin, Umwelt. Am häufigsten sind die ductalen, von den Milchgängen ausgehenden (80 %) und die lobulären,
von den Milchdrüsen ausgehenden Karzinome (5-10 %).
Pschyrembel, Prof. Dr. W.
Klinisches Wörterbuch
de Gruyter Verlag, Berlin * New York, 252. Auflage 1975
Für die Mitte der 1970er Jahre gibt Pschyrembel die Anteile an den Karzinomen der weibliche Geschlechtsorgane
für das Zervixkarzinom mit 65 - 80 %, für das Korpuskarzinom mit 15 - 25 %, für das Ovarialkarzinom mit 10 %,
für das Vulvakarzinom mit 3 - 4 % und für das Vaginakarzinom mit 3 % an.
Recker, Dr. Katarina, München
Hormonersatztherapie
Ausgewogene Kommunikation von Nutzen und Risiko
Der Gynäkologe, Beilage zum Heft 6 / 2006
"Risk communication - a Challenge for Doctors and Patients", Düsseldorf, 8. 3. 2006
Die Hormonersatztherapie zur Behandlung klimakterischer und postmenopausaler Beschwerden gehört zu den
häufigsten medikamentösen Therapieverfahren in der gynäkologischen Praxis. Die Veröffentlicheung der WHIStudie über die damit verbundene Erhöhung des Brustkrebsrisikos hat zu einer Verunsicherung der Patientinnen und
Ärzte geführt.
Peter van den Weijer, Apeldoorn/Niederlande, hält die Initiation eines malignen Prozesses durch die Substitutionstherapie nach seinem derzeitigen Wissensstand für eher unwahrscheinlich.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat eine Neubewertung der Ersatztherapie vorgenommen. Zu den wesentlichen Punkten gehören folgende Empfehlungen:
• Die Ersatztherapie ist die wirksamste Behandlungsform vasomotorischer Symptome.
• Sie darf im Klimakterium und in der Postmenopause nur bei bestehender zugelassener Indikation eingesetzt
werden.
• Eine Nutzen-Risiko-Abwägung und Entscheidung muß gemeinsam mit der Rat suchenden Frau erfolgen und
jährlich überprüft werden.
• Sie ist zur Prävention der koronaren Herzkrankheit und des Schlaganfalls nicht zugelassen.
John Paling, Leiter des Instituts für "Risk Communication" Gainesville/Florida, USA, plädiert für die Verwendung
von geeigneten Hilfsmitteln für die Darstellung des Risikos. Damit können Informationen im Kontext betrachtet
und das Verständnis der Patientinnen maximiert werden. Dargestellt wird das Mammakarzinomrisiko mit und ohne
Hormonersatztherapie. Von 1.000 Frauen mittleren Alters (63 Jahre) erkranken im Verlaufe eines Jahres 3 Frauen in
der Allgemeinbevölkerung an Brustkrebs. Das zusätzliche Risiko wird mit 0,8/1.000 Frauen angegeben.
Reutter, M. / Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt / Institut für Tiergesundheit und Lebensmittelqualität GmbH
Vorkommen und Bestimmung von Ochratoxin A in Glühwein
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002
Im Rahmen einer Markterhebung wurden im Zeitraum November 2000 bis Januar 2002 Glühweine und
Punschgetränke aus dem Einzelhandel Schleswig-Holsteins auf ihren Ochratoxin A (OTA)-Gehalt hin untersucht.
Insgesamt 56 verschiedene Rotweinprodukte von 23 verschiedenen Herstellern/Abfüllern auf Rotweinbasis wurden
untersucht. Neben den klassischen Glühweinen wurden auch Punschgetränke mit Alkoholzusatz und Feuerzangenbowlezubereitungen mit einbezogen. 10,7 % der Proben wiesen einen OTA-Gehalt von mehr als 3 µg/l auf. Der
Maximalwert lag bei 7,54 µg/l. Bei der Überprüfung des Herstellungsprozesses dieses Produkts wurde als Ursache
die Verwendung von sogenanntem "Aufzugswein" ermittelt. Er wird aus Restpartien und Rückläuferware verschiedenster Herkunft durch Entkorken gewonnen.
119
Riboli, E. (IARC) und Coautoren / darunter: Boeing, Prof. H., Bergmann, M. M. (DIFE Potsdam-Rehbrücke),
Nieters, A., Linseisen, J. (DKFZ Heidelberg)
Meat, Fish, and Colorectal Cancer Risk: The European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition
Journal of the National Cancer Institute, Vol. 97, No. 12, 15. Juni 2005, S. 906-916
Berichtet wird über die seit 1992 durchgeführte Ernährungsstudie (EPIC) mit etwa 480.000 Probanden. - An der
Studie waren auch Boeing und Mitarbeiter vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) beteiligt.
Von den Probanden (366.521 Frauen und 153.457 Männer) erkrankten 1.329 Probanden an Darmkrebs.
Besonders negativ wirkte sich ein hoher Wurstanteil am Fleischkonsum aus. In der Gruppe mit dem höchsten
Fleischkonsum (>160 g/d), betrug das Risiko, in 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken 1,71 %, bei den "FleischVerächtern" (< 20 g/d) 1,28 %. - Möglicherweise trage der hohe Anteil an Hämoglobin-gebundenem Eisen im
Fleisch zur Krebsentstehung bei. Eisen könne die Bildung schädlicher Nitroso-Verbindungen fördern.
Rieser, S. und Zylka-Menhorn, Dr. V.
Krebsforschung in Deutschland - „Wir müssen völlig neue Allianzen schaffen"
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 11 / 17. März 2006 / S. C- 547
Zu einer Diskussionsveranstaltung „Ärzteblatt-Wortwechsel" hatten die Deutsche Krebshilfe und das Deutsche
Ärzteblatt Fachleute unterschiedlicher Disziplinen vor dem Hintergrund, dass die klinische Forschung in der
Onkologie in weiten Teilen brachliegt und die Deutsche Krebshilfe mittlerweile fast alleiniger Geldgeber der
industrieunabhängigen Forschungsprojekte geworden ist, nach Berlin geladen.
Es diskutierten der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, die Programmdirektorin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Dr. rer. nat. Petra Hintze, der Vorstandsvorsitzende des
Deutschen Krebsforschungszentrums und Vorsitzende des Beirats Deutsche Krebshilfe, Prof. Dr. med. Otmar
Wiestler, der Ministerialdirigent im Bundesforschungsministerium, Priv.-Doz. Dr. Peter Lange, der Vorsitzende
des Fachausschusses „Therapiestudien" der Deutschen Krebshilfe Prof. Dr. med. Wolfgang Hiddemann u. a.
Ihre Einschätzung: In Deutschland gibt es in der Krebsforschung viele strukturelle Schwachpunkte. Junge Ärzte
finden neben der Krankenversorgung zu wenig Zeit für eine patientenbezogene Forschung. Klinische Studien in der
Onkologie werden fast ausschließlich von der Deutschen Krebshilfe finanziert. Vielversprechende innovative
Forschungsansätze gelangen nicht rasch genug in die Praxis. - Doch wenn die beteiligten Akteure stärker als bisher
kooperierten, ließen sich einige strukturelle Defizite in der Krebsforschung trotz knapper finanzieller Ressourcen
beheben. - Während die Grundlagenforschung in Deutschland einen hohen Stellenwert besitzt und in bestimmten
Gebieten sogar Weltmaßstäbe setzt, fristet die klinische Forschung im internationalen Vergleich ein Schattendasein.
Die Mehrzahl der global bedeutenden, patientenorientierten Studien wird entweder von Ärzten aus anderen Ländern
geleitet, oder die Durchführung erfolgt ohne jede deutsche Beteiligung, obwohl hierzulande leistungsfähige
medizinische Versorgungseinrichtungen vorhanden sind, die gute Vorausetzungen für die ergebnisorientierte
Forschung besitzen.
Rohrbach, J. M.; Lieb, W. E.
Tumoren des Auges und seiner Adnexe
Schattauer Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 1998
Die Autoren beschreiben u. a. Krebserkrankungen der ableitenden Tränenwege und des Tränensackes.
Das Karzinom des Tränensackes gehört zu den sehr seltenen Tumoren. Die Patienten sind 40 bis 75 Jahre alt.
Plattenepithelkarzinome treten häufiger auf als Transitionalzellkarzinome, die sich morphologisch nicht von den
Karzinomen des Epithels der Harnblase unterscheiden. Die weitere Aufklärung der Zusammenhänge von
Kanzerogenese, Wachstum, Differenzierung und Alterung wird als Schlüssel für das Verständnis der
Tumorentstehung gesehen. Die heutige Tendenz, die Krebsforschung in großen Forschungseinrichtungen zu konzentrieren, könnte besonders
die Patienten der „kleinen Fächer“ um die Chance einer besseren Therapie in absehbarer Zukunft bringen. Bis zur Entwicklung besserer Therapien bleiben die frühzeitige Erkennung von Tumoren des Auges und die
Einleitung der derzeit besten Therapie die vordringliche Aufgabe.
Ronge, R.
Darm- und Brustkrebs: Welchen Einfluss hat die Ernährung?
Aktuelle Ernährungsmedizin, Jg. 30, H. 5, Oktober 2005, S. 229
Die Autorin referiert zwei Studien, die in der JAMA veröffentlicht waren:
Über den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch bzw. verarbeitetem Fleisch und dem
Darmkrebsrisiko berichtet eine US-amerikanische Studie (Meat consumption and risk of colorectal cancer). Thema
der europäischen EPIC-Studie (Consumption of vegetables and fruits and risk of breast cancer) war der Einfluss des
Obst- und Gemüseverzehrs auf die Brustkrebshäufigkeit.
Die US-Forscher werteten die Daten von 148.610 Amerikanern zwischen 50 und 74 Jahren aus, die erstmals 1982
einen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten beantwortet hatten. 10 Jahre später wurden sie erneut befragt.
120
1.667 erkrankten an Darmkrebs. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch mit
einem um 50 % erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom assoziiert. Ein häufiger Verzehr von rotem Fleisch
erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom um 29 %, für ein Rektum-karzinom um 43 % (rekto-sigmoidaler
Übergang 75 %). Wer mehr rotes als weißes Fleisch verzehrte, hatte ein 53 % höheres Risiko für ein distales
Karzinom. Für proximale Tumore bestanden keine Assoziationen.
An der EPIC-Studie nahmen 285.526 Probandinnen im Alter von 25 - 70 Jahren teil. Die Frauen hatten einen
Ernährungsfragebogen ausgefüllt und wurden im Schnitt 5,4 Jahre nachbeobachtet. Untersucht wurde der Verzehr
von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Frucht- und Cemüsesäften. Es traten 3.659 Brustkrebsfälle auf. Viel
Geflügel und Fisch hatte im gesamten Kolon einen leicht risikosenkenden Effekt, in der europäischen Studie wurde
keine Assoziation zwischen der Aufnahme von Obst und Gemüse und dem Brustkrebsrisiko gefunden. - Mögliche
Effekte nicht untersuchter Nahrungssorten oder Einflüsse bei spezifischen Subgruppen sind nicht auszuschließen.
Rose, Dr. C. und Robra, Prof. Dr. B.-P. // Institut für Sozialmedizin, Otto-v.-Guericke-Universität Magdeburg
Epidemiologie gynäkologischer Tumoren
In: Bender, H. G. (Hearausgeber): Allgemeine gynäkologische Onkologie, Urban & Schwarzenberg, 1999
Mit Hilfe populalionsmedizinischer Datenquellen und Studien versucht die Epidemiologie, Krankheiten und
gesundheitliche Risiken in ihrer Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung zu beschreiben und die
quantitativen Beziehungen komplexer ätiologischer Zusammenhänge zu klären. Eine Beschreibung zeitlicher Trends
der Inzidenz und Mortalität gynäkologischer Krebse trägt dabei elementare Informationen für die Suche nach
Determinanten dieser Neubildungen bei. Ebenso kann man aus einer Analyse von Neuerkrankungsziffern Hinweise
zur Wirksamkeit und Verbesserung der Versorgung erhoffen. Dargestellt werden die bösartigen Neubildungen der
Brust und der Gebärmutter. Verwiesen wird auf positive Auswirkungen der Screening-Programme. Beeinflußbar
erscheinen die Ernährungsfaktoren bei Brust- und Korpuskarzinom.
Die Inzidenz des Brustkrebses zeigt geographisch erhebliche Unterschiede.
Wie bei der Mortalität war die Inzidenz des Mammakarzinoms über viele Jahre am höchsten in Nordamerika und
Nordeuropa, im mittleren Bereich in Südeuropa und Südamerika und am niedrigsten in Asien und Afrika (Inzidenz
in den USA 89,2/100.000 Einwohner, in Thailand 9,9/100.000 Einwohner). In der Bundesrepublik Deutschland
beträgt die Inzidcnz des Brustkrebses jährlich ca. 79,1 auf 100.000 (Krebsregister des Saarlands, 1993). Auf der
Basis der Inzidenz in den USA wird damit gerechnet, daß ca. jede achte Frau irgendwann in ihrem Leben am
Mammakarzinom erkrankt. - Das Brustkrebsrisiko ist wesentlich vom Lebensalter, von der genetischen Disposition
abhängig. Einige Gene gehen mit einem erhöhten Risiko einher (BRCA 1 und BRCA 2). Fettreiche Ernährung und
Alkohol erhöhen das Erkrankungsrisiko. Eine Rolle des Rauchens ist nicht eindeutig nachweisbar.
Seit der Einführung des Screening-Programmes ist die Sterblichkeit des Zervixkarzinoms ständig zurückgegangen.
Die Inzidenz zeigt ebenfalls einen kontinuierlichen Rückgang. Dabei war in den ersten Jahren durch intensive Suche
ein Anstieg des Carcinoma in situ der Zervix zu beobachten. Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, daß
das Zervixkarzinom durch exogene Faktoren induziert werden kann. Als Determinanten werden Papillomaviren,
reproduktive Faktoren, Rauchen genannt. Die orale Kontrazeption ist umstritten. Insbesondere das Sexualverhalten
wird als Störgröße der Studien gesehen. Für Korpuskarzinome werden Übergewicht, Nulliparität, späte Menopause
und anovulatorische Zyklen als Risikofaktoren beschrieben. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Diabetikerinnen. Der
Einfluß fettreicher Ernährung auf die Inzidenz ist dagegen nicht gesichert.
Rosner, H.; Rohrmann, B.; Peiker, G. // Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und
Veterinärmedizin, Jena // Universitätsfrauenklinik Jena
Ochratoxin A in Human Serum
Archiv für Lebensmittelhygiene, 51 (2000) 104-107
Untersucht wurden 927 Seren von repräsentativen Probandengruppen. In 98,1 % der Proben wurde Ochratoxin A
detektiert. 1,9 % der Proben lagen unter der Nachweisgrenze. Der Mittelwert betrug 0,27 ng/ml, das Maximum 2,03
ng/ml. In 69 von 70 Serumproben aus Nabelblut wurden Ochratoxin A-Werte - mit vergleichbaren Konzentrationen
wie im Blut der Mütter - zwischen 0,06 und 0,90 ng/ml gefunden. Auch in der Amnionflüssigkeit wurden in der 16.
Schwangerschaftswoche in 18 von 22 Proben Werte zwischen 0,06 und 0,13 ng/ml detektiert. - Zur Abschätzung
des möglichen Risikos wurde aus den ermittelten Serumwerten die tägliche Ochratoxin A-Aufnahme berechnet und
mit PTDI (Provisional Tolerable Daily Intake)-Werten aus der Literatur verglichen. Obgleich in Einzelfällen eine
erhöhte Exposition nicht ausgeschlossen wird, wird in den Befunden für den Großteil der Bevölkerung keine
Gefährdung durch die Ochratoxin A-Belastung gesehen.
Rosner, H. // Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Berlin
Gesetzliche Regelungen für Mykotoxine in Lebensmitteln
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002
Im Allgemeinen steht bei Mykotoxinen in Lebensmitteln nicht die akute Vergiftungsgefahr als Gefährdungspotential
im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern vielmehr die tägliche Aufnahme geringer Dosen über einen langen
121
Zeitraum. Die regulatorischen Maßnahmen sind deshalb auf eine Minimierung des Restrisikos durch Senkung der
Mykotoxinkontamination in den relevanten Lebensmitteln auf das niedrigste, technisch erreichbare Niveau
gerichtet. - Die Festsetzung zulässiger Höchstmengen für Mykotoxine in Lebensmitteln erfolgt in Deutschland durch
die Bundesregierung auf Vorschlag des zuständigen Bundesministeriums und in der Europäischen Gemeinschaft
durch die Europäische Kommission auf Vorschlag der zuständigen Generaldirektion. Den Entscheidungsträgern
stehen dabei wissenschaftliche und politische Gremien beratend zur Verfügung.
Rosner sieht die Notwendigkeit, zur Reduzierung der Mykotoxin-Kontamination von Lebensmitteln möglicherweise neue Technologien für Produktion, Lagerung und Transport zu entwickeln, Kontrollmaßnahmen für die
Probenahme und die Analyse vorzusehen sowie die Ausbildung der beteiligten Personen zu verbessern. Die
zusätzlichen Aufwendungen für diese Qualitätssicherungsmaßnahmen dafür wären dann sowohl durch die
Produzenten und die Händler als auch durch die staatliche Lebensmittelüberwachung zu tragen und können
sich bis auf die Erzeugerländer auswirken.
Rossouw, Jaques E. / National Heart, Lung and Blood Institute, Bethesda // Anderson, Garnet L. / Fred Hutchinson
Cancer Research Center, Seattle / et al
Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women
Principal Results From the Women's Health Initiative Randomized Controlled Trial
JAMA 2002; 288: 321 - 333
Die Autoren veröffentlichen in einer Express-Publikation die Hauptergebnisse der WHI-Studie.
Die Womens Health Initiative war auf die Bestimmung des Risikos und des Nutzens für eine Strategie zur Senkung
der Inzidenz der Herz-Krankheit, des Brust- und des colorectalen Karzinoms sowie von Frakturen der
postmenopausalen Frauen gerichtet. Zwischen 1993 und 1998 wurden insgesamt 161.809 Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40
Klinikzentren der USA in die Studien über eine geringe Fettaufnahme und in zwei Studien über postmenopausale
Hormontherapie einbezogen. In die Studie über die kombinierte Gabe von Östrogen und Gestagen waren 16.608
Frauen einbezogen. Sie wurde am 31. Mai 2002 nach einer mittleren Laufzeit von 5,2 Jahren gestoppt, weil sie das
Risiko an coronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Lungenemboli und Brustkrebs erhöhte und das Risiko die
Verminderung der Inzidenz von colorectalen Karzinomen und Schenkelhalsfrakturen überwog. Die Erhöhung des
Erkrankungsrisikos durch die kombinierte Hormongabe wird für die Coronare Herzkrankheit mit 7, für Schlaganfall
mit 8, für Lungenembolien mit 8 und für invasive Mammakarzinome gleichfalls mit 8 Ereignissen je 100.000
Personen-Jahre angegeben. Für die Verminderung des Risikos für colorectales Karzinom werden 6 und für
Schenkelhalsfrakturen 5 Ereignisse je 100.000 Personen-Jahren genannt. Daraus ergibt sich insgesamt ein erhöhtes
Risiko von 19 auf 100.000 Personen-Jahre. Die zweite Studie über die alleinige Anwendung von Östrogenen wurde
fortgesetzt.
Roth, L.; Frank, H.; Kormann, K.
Giftpilze - Pilzgifte / Schimmelpilze – Mykotoxine / Vorkommen - Inhaltsstoffe - Pilzallergien Nahrungsmittelvergiftungen
ecomed Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg, 1990
Die Autoren berichten über die Toxizität der Mykotoxine für den Menschen:
Über akute und chronische Vergiftungen bei Haustieren durch mykotoxinhaltiges Futter sei schon viel bekannt;
durch gezielt angelegte Untersuchungen mit Versuchstieren, tierischen und menschlichen Zellkulturen und
mikrobielle Prüfung auf Gentoxizität wurde das Wissen besonders über die Aflatoxine erweitert. - Man habe im
Laufe der Jahre gelernt, daß Ergebnisse von Tierversuchen keineswegs in jedem Fall auf den Menschen übertragbar
sind. Trotzdem sei es weltweit zur allgemeinen Regel z. B. bei der Beurteilung von Lebensmittel-Zusatzstoffen
geworden, Stoffe, die sich im Versuch mit biologischen Systemen als gentoxisch und krebserregend erwiesen haben,
aus dem Verkehr zu ziehen. Bei Naturstoffen wie den Mykotoxinen sei die Situation jedoch anders. Sie würden nicht
"zugesetzt", und man könne ihre Produktion weder verbieten noch einstellen, aber man könne sie verhindern, wenn
man ihre Bildungsbedingungen kennt und beachtet. Es bleibe also nichts anderes übrig, als auf potentielle Gefahren,
besonders vor Spätschäden hinzuweisen und möglichst viel Aufklärung zu betreiben, damit der Verbraucher sich so
gut es geht selber schützen können. Das sei auch eines der erklärten Ziele ihrer Veröffentlichung. Weder der Arzt
noch der Verbraucher oder der Händler sehen einem Schimmelpilz auf einem Lebensmittel an, ob der Pilz
Mykotoxine gebildet hat oder nicht. Jedes verschimmelte Lebensmittel muß daher als potentiell giftig angesehen
werden und darf nicht verzehrt werden. Man brauche jedoch nicht jedes verschimmelte Produkt wegzuwerfen. Brot
könne man großzügig ausschneiden, da die Toxine in der mit Hohlräumen durchsetzten Krume nicht wandern
können. Die Autoren beschreiben die Mykotoxine als biogene Gifte, die von verschiedenen Schimmelpilzarten gebildet
werden. Das von Aspergillusarten gebildete Aflatoxin wird als hepatotoxisch und hepatokarzinogen beschrieben. Es
ist das stärkste bekannte Karzinogen. Neben der Ratte ist die Wirkung bei Maus, Entenküken, Forelle und auch bei
Wirbeltieren beschrieben. -
122
Das Ochratoxin A wird als karzinogenes Mykotoxin von einer Reihe Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet.
Es kommt auf Erdnüssen, Baumwollsamenmehl, Getreide, Mais und daraus hergestellten Produkten vor. 13 % der
einheimischen Futtermittel werden als kontaminiert angegeben. Es wurde in Schweinenieren, Blutplasma von
Schweinen, Brühwürsten und in humanen Blutproben gefunden. - Zur Ersten Hilfe bei Vergiftungen wird die
sofortige Anwendung von Aktivkohle empfohlen. In der Klinik sind Magenspülung, Kohlepulver u. a. Maßnahmen
angezeigt.
Sangiovanni A, E Del Nino, M Colombo et al.: Division of Hepatology, IRCCS Maggiore Hospital, University of
Milan, Italien
Increased survival of cirrhotic patients with a hepatocellular carcinoma detected during surveillance.
Gastroenterology 2004;126:1005-1014. (Ref. in Deutsches Ärzteblatt, Heft 12, 2005)
Hepatozelluläre Karzinome sind eine der gefürchteten Komplikationen bei der Leberzirrhose. Zur Früherkennung
derartiger Veränderungen werden regelmäßige Ultraschalluntersuchungen empfohlen. Die Autoren berichten über eine Studie an 417 Patienten mit Leberzirrhose, die im Schnitt 148 Monate nachbeobachtet werden konnten und bei denen alle 6 bis 12 Monate neben einer Fetoprotein-Bestimmung Ultraschalluntersuchungen durchgeführt wurden. 112 (26,8 Prozent) Patienten entwickelten ein hepatozelluläres Karzinom
(HCC) mit einer Rate von 3,4 Prozent pro Jahr. In 41 Prozent handelte es sich um einen Solitärtumor.der bei den
meisten Patienten reseziert werden konnte.
Schlesinger-Raab A; Eckel R; Engel J; Sauer H; Löhrs U; Molls M; Hölzel D / Institut für medizinische
Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE) Ludwig-Maximilians-Universität, München et. al.
Metastasiertes Mammakarzinom: Keine Lebensverlängerung seit 20 Jahren
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 40 / 7. Oktober 2005 / Seite C-2154
Ob die Behandlung fortgeschrittener metastasierter Krebserkrankungen in den letzten 20 Jahren die Überlebensraten
überzeugend verbessert hat, wird kontrovers diskutiert. Entsprechende Ergebnisse des Tumorregisters vom
Tumorzentrum München (TRM) werden am Beispiel des Mammakarzinoms detailliert aufbereitet. Multivariate
Analysen ergeben, dass das Überleben ab Metastasierung signifikant abhängt von Alter, Grading, Rezeptorstatus
und metastasenfreier Zeit. Der Zeitpunkt der Diagnose der Primärerkrankung oder der Metastasierung und die
behandelnde Klinik haben keinen relevanten Einfluss. Zwischen 1980 und 2000 kam es zu keiner stetigen
Verbesserung. - Daten des Tumorregisters vom Tumorzentrum München (TRM) zeigen für das Mammakarzinom
zur Lebensverlängerung ab Fernmetastasierung in den letzten 20 Jahren keine relevanten Fortschritte. Wegen ausbleibender Therapieerfolge bei häufigen Krebserkrankungen kam 2004 auch das US-amerikanische
Wirtschaftsmagazin Fortune zu einer kritischen Bilanz. Es wurden sogar die Strategien der Krebsforschung der
letzten 30 Jahre hinterfragt. Epidemiologische Daten aus den USA belegen ebenfalls eine Stagnation.
Im Gegensatz dazu werden seit der ersten Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und
Onkologie zum Disease-Management-Programm (DMP) Brustkrebs erhebliche Fortschritte verkündet, die mit den
Anfang 2004 publizierten Ergebnissen des M. D. Anderson Hospital in Texas vergleichbar sein sollen. Seit 25
Jahren soll sich dort die 5-Jahres-Überlebensrate jährlich um ein Prozent verbessert haben und scheint heute fast
schon 50 Prozent erreicht zu haben. Es stellt sich die Frage, ob in Deutschland Innovationen der letzten Jahre
regional unterschiedlich umgesetzt wurden, große Versorgungsunterschiede bestehen und die Aussagen der
texanischen Gruppe belastbar sind.
Schmidt-Matthiesen, Prof. Dr. H. (Frankfurt/M) und Fournier, v. D.:
Präkanzerosen und Karzinome der Cervix uteri
in: Schmidt-Matthiesen, H.; Wallwiener, D (Herausgeber).: Gynäkologie und Geburtshilfe - Lehrbuch für
Studium und Praxis / Schattauer Verlag, Stuttgart - New York, 2005
Die Autoren beschreiben im Lehrbuch u. a. die Karzinogenese der Zervixkarzinome:
Von den Krebserkrankungen der Genitalorgane entfallen ca. 20 - 30 % auf die Zervixkarzinome (jährlich etwa 7.000
Neuerkrankungen). Nach ihrer Einschätzung dürften diese bei den heutigen Möglichkeiten der Vorsorge schon nicht
mehr vorkommen, da man bereits die präinvasiven Stadien erkennen und behandeln kann. Der Häufigkeitsgipfel für
die Manifestation der Dysplasien liegt bei 28 J., der Carcinomata in situ bei 35 J. und der Karzinome bei 59 J.
(Plattenepithelkarzinome) bzw. 55 J. (Adenokarzinome).
Die Annahme, dass die Entstehung obligatorisch an sexuelle Aktivität gebunden ist, gelte als gesichert. Dabei
scheine das Risiko um so größer zu sein, je früher regelmäßige sexuelle Beziehungen aufgenommen werden; der
Risikofaktor bei sexueller Aktivität im Adoleszentenalter betrage etwa 2,5. Risikosteigernd wirke sich auch
Promiskuität aus. Es gehe um die Exposition der Zervix gegenüber örtlich wirksamen kanzerogenen oder
kokanzerogenen Noxen. Als solche wurden früher Smegmaanteile (Risikominderung bei Beschneidung), mangelnde
Sexualhygiene und Abbauprodukte der Sperma-DNS angesehen. Heute stehe die Beachtung von Infektionen im
Vordergrund. Vorübergehend wurde das HSV-2 beschuldigt, dem man jetzt (ebenso wie Nikotin) nur die Rolle
123
eines mutagenen Kofaktors beimesse. Es gelte als gesichert, dass den Papillomaviren HPV (vor allem die Typen
HPV 16 und 18) die größte, entscheidende Bedeutung zukomme.
Schmutzler, Prof. Dr. Rita K // Stiftungsprofessorin der Deutschen Krebshilfe / Universitätsfrauenklinik Köln
Familiärer Brust- und Eierstockkrebs - Von der Forschung zur Regelversorgung
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 50 / 16. Dezember 2005 / S. C-2461
12 interdisziplinäre Zentren für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs" bieten ein strukturiertes Betreuungsangebot
an. Weil die Zahl der Betroffenen relativ klein ist, ist die „Zentrumsversorgung" besonders wichtig, um eine
optimale Ressourcennutzung und Sicherung der Behandlungsqualität zu erreichen.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frauen in Deutschland. Etwa 10 Prozent erkranken im verlaufe
des Lebens. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren. Bei einer kleinen Gruppe von Frauen mit erblicher
Belastung liegt das Erkrankungsrisiko deutlich höher: Sie erkranken zu 60 bis 80 % an einem Mamma- und zu 20
bis 50 % an einem Ovarialkarzinom. Schätzungen gehen davon aus, dass bei rund 0,3 % der gesunden Frauen und
bei 5 % der an Brustkrebs erkrankten Frauen eine erbliche Belastung vorliegt. Bei einem Teil der Frauen findet sich
die Ursache in den Hochrisikogenen BRCA1 und BRCA2. - BRCA-assoziierte Mammakarzinome weisen verschiedene Charakteristika auf, an die eine effiziente Prävention angepasst werden muss. Wichtig ist zum Beispiel, dass
das mittlere Erkrankungsalter für ein Mammakarzinom bei etwa 45 Jahren liegt, Prävention und Früherkennung also
sehr früh beginnen muss. Nach einer ersten Erkrankung ist auch das Risiko für ein kontralaterales Zweitkarzinom
mit rund 40 Prozent in zehn Jahren deutlich erhöht. Nach neueren Ergebnissen besteht aber kein erhöhtes Risiko für
ein Zweitkarzinom auf der gleichen Seite nach brusterhaltender Therapie mit anschließender Bestrahlung.
Außerdem scheinen BRCA-assoziierte Mammakarzinome besonders empfindlich auf eine Chemotherapie anzusprechen.
Besonderes Augenmerk liege auf der Prävention. Sowohl internationale als auch nationale Daten des Projekts
zeigen, dass Mutationsträgerinnen ihr Brust- und Eierstockkrebsrisiko durch eine prophylaktische bilaterale
Mastektomie in Kombination mit einer bilateralen Salpingo-Oophorektomie auf unter fünf Prozent reduzieren
können. Schon die Oophorektomie alleine halbiert das Risiko für ein Mammakarzinom. Allerdings entscheidet sich
in Deutschland nur etwa eine von zehn Mutationsträgerinnen für eine vorbeugende Mastektomie, zunehmend mehr
Frauen wählen aber eine Oophorektomie. Als Alternative zur Brustentfernung wählten im Rahmen des Verbund-projekts 80 % der Frauen eine intensive
Früherkennung. Die Frage, wie erfolgreich diese Strategie ist, kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet
werden. Für das Ovarialkarzinom hat die Früherkennung keinen Nutzen erbracht.
Schön, D. • Bertz, J. • Görsch, B. • Haberland, J. • Kurth, B.-M. / Robert Koch-Institut, Berlin
Die Dachdokumentation Krebs - Eine Surveillance-Einrichtung der Krebsregistrierung in Deutschland
Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 • 47:429-436
Die Dachdokumentation Krebs wertet seit 20 Jahren die Daten der bevölkerungsbezogenen Krebsregister in der
Bundesrepublik Deutschland zusammenfassend und übergreifend aus. Zu den wichtigsten Aufgaben der Dachdokumentation Krebs im Robert-Koch-Institut gehört neben einer gründlichen Prüfung der eingehenden Daten auf
Stimmigkeit vor allem die Prüfung der Register auf Vollzähligkeit der Erfassung. Vor allem die zusammenfassende
Auswertung der Daten aller Krebsregister in Deutschland bietet die Möglichkeit, Aussagen über die Krebshäufigkeit
auch seltenerer Krebskrankheiten zu machen, regionale Besonderheiten in der Häufigkeit bestimmter Krebsformen
festzustellen, aber auch zuverlässige Informationen als Grundlage für Entscheidungen der Gesundheitspolitik und
für die Planung der Krebsforschung bereitzustellen.
Die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland an Krebs zu erkranken oder zu sterben wird in der Dokumentation für
Krebs insges. und ausgewählte Krebslokalisationen angegeben. Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu erkranken beträgt
für Männer 44,3 %, für Frauen 25,9 %. Das Lebenszeitrisiko an einer Krebserkrankung zu sterben wird für Männer
mit 39,0 %, für Frauen mit 20,9 % angegeben.
Schrenk, D., Prof. Dr. Dr. / Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie, TU Kaiserslautem
Chemische Lebensmittelkontaminanten
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004 - 47; S. 841 - 847
Gruppen relevanter Lebensmittelkontaminanten: Metalle und ihre Verbindungen (As, Pb, Cd, Hg); Persistente
organische Stoffe (PCDD, PCDF, PCB, PBDE); Pflanzenschutzmittelrückstände Rückstände aus der Nutztierhaltung; Mikrobielle und andere Toxine (Aflatoxine, Ochratoxine, Fusarientoxine); Bei der Herstellung gebildete
Kontaminanten (PAK, Nitrosoverbindungen, Acrylamid u. a.). Wesentliche Grundlagen der Bewertung von Kontaminanten sind die Analyse des Vorkommens in Lebensmitteln
und der Identifizierung der Quelle(n) sowie die Abschätzung der Exposition der Verbraucher. - Insbesondere bei
begründetem Verdacht sind Untersuchungen zur Mutagenität, Kanzerogenität sowie zu fruchtschädigenden und
reproduktionstoxischen Eigenschaften angezeigt. - Normalerweise nicht nachweisbare oder über die Hinter-
124
grundbelastung deutlich hinausgehende Gehalte an Kontaminanten (z. B. an Mykotoxinen etc.) lassen sich oft durch
Rückverfolgung des Herstellungsprozesses einer bestimmten Quelle zuordnen und mindern oder beseitigen.
Schrenk betont, dass es eine völlig von Kontaminanten freie Nahrung niemals gegeben hat und niemals geben kann.
Die Forderung nach Lebensmitteln, die völlig "frei" von Krebs erregenden Stoffen etc. sind, ist nach seiner
Einschätzung wissenschaftlich nicht haltbar. - Die angewandte Forschung auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit ist in Deutschland zu wenig entwickelt und werde nur unzureichend gefördert. Das hohe Maß an
Lebensmittelsicherheit, das wir gegenwärtig haben, werde sich durch die massiven Einsparungen in vielen der
genannten Bereiche nicht aufrechterhalten lassen.
Mechanistische Untersuchungen am Tier und in vitro werden mehr und mehr zur Beurteilung herangezogen. In
einigen Fällen können auch Fallstudien oder am Menschen erhobene, epidemiologische Daten genutzt werden oder
gar zur Grundlage der Risikobewertung werden. Bei der Bewertung gentoxischer Kanzerogene, für die keine
wirkungsfreie Dosis angenommen wird, wird durch Extrapolationsverfahren versucht, aus tierexperimentellen oder
sonstigen Untersuchungen das zusätzliche Krebsrisiko bei lebenslanger Exposition im niedrigen Dosisbereich
abzuschätzen. Welches theoretische zusätzliche Krebsrisiko, z. B. ein zusätzlicher Fall in einer Million exponierter
Verbraucher, als akzeptabel gilt, ist letztlich das Ergebnis gesellschaftlicher Übereinkunft (Acceptable-RiskKonzept).
Schüz, J., Blettner, M., Michaelis, M. und Kaatsch, P.
Ursachen von Leukämien im Kindesalter Resümee einer Fallkontrollstudie des Deutschen Kinderkrebsregisters
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 38 / 23. September 2005 / S. C 2038
Zwischen 1992 und 2000 führte das Deutsche Kinderkrebsregister eine umfassende Fallkontrollstudie zu den
Ursachen von Leukämien im Kindesalter durch. - In Deutschland erkranken von 13 Millionen Kindern unter 15
Jahren jährlich etwa 600 neu an einer Leukämie. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt und konnten auch durch
die große deutsche Studie und vergleichbare Projekte in den USA, Kanada und Großbritannien nur wenig erhellt
werden. Von den Umweltfaktoren haben Expositionen mit ionisierender Strahlung sowie vermutlich auch mit
Pestiziden und nichtionisierender Strahlung einen Einfluss auf das Kinderleukämierisiko. Ihr Anteil an der
Gesamtzahl der Erkrankungen ist aber als insgesamt eher gering einzuschätzen. Zigarettenrauchen in der
Schwangerschaft, auch Alkoholkonsum er Mutter hatten keinen Einfluß auf das Leukämierisiko. Die berufliche
Exposition der Eltern ergibt kein klares Bild. Als gesicherter umweltbedingter Risikofaktor für Leukämien
insgesamt gilt ausschließlich die ionisierende Strahlung. Röntgenuntersuchungen während der Schwangerschaft und
des Kindes führten zu keinem erhöhten Risiko.
Schultz, Helga
Berlin 1650 - 1800
Akademie-Verlag Berlin, 1987
Der Kaffee gehörte selbst für die Ärmsten nicht zum Luxuskonsum. Er wurde in Berlin während des 18.
Jahrhunderts in wachsendem, unseren heutigen Gebrauch schließlich deutlich übertreffendem Maße genossen, und
keine Akzise und Einfuhrbeschränkung vermochte dies einzudämmen.
Betrachtet man die Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs, so scheint der Kaffee eher als der Branntwein den
Bierkonsum teilweise ersetzt zu haben. Wahrscheinlich erfolgte die Substitution des Bieres, das noch im 17.
Jahrhundert das allgemeine Alltags- und Festtagsgetränk aller Klassen und Schichten gewesen war, in zweierlei
Weise. Der Branntwein verdrängte es als Rauschmittel, der Kaffee löste das Bier als Frühstücks- und Vespergetränk
ab. Letzteres könnte mengenmäßig bedeutender gewesen sein.
Schultz M, Parzinger H, Posdnjakov DV, Chikisheva TA, Schmidt-Schultz TH // Universität Göttingen /
Deutsches Archäologisches Institut / Russische Akademie der Wissenschaften, Nowosibirsk
Oldest known case of metastasizing prostate carcinoma diagnosed in the skeleton of a 2,700-year-old Scythian
king from Arzhan (Siberia, Russia).
International journal of cancer / 15. Dezember 2007 // Bd. 121 // S. 2591-2595
Im 7. Jahrhundert v. Ch. starb ein Skythenkönig an einem Prostatakarzinom. Sein ganzes Skelett war von
Metastasen befallen. Das diagnostizierten Wissenschaftler der Universität Göttingen mit morphologischen und
biochemischen Diagnoseverfahren. Der Nachweis des prostataspezifischen Antigens (PSA) aus den untersuchten
Gewebeproben der Metastasen bestätigte letztendlich die Diagnose. Der 40 bis 50 Jahre alte König lebte in der Eisenzeit in der südlichen sibirischen Steppe. Seine Gebeine wurden
zwischen 2000 und 2003 bei archäologischen Ausgrabungen in einem der reichsten Gräber in der eurasischen
Steppe in der Nähe der sibirischen Stadt Arshan entdeckt. Man hatte ihn dort mit mehr als 9.600 Objekten, davon
mehr als 6.000 aus Gold, beigesetzt.
125
Schurr R.; Stölzel U.; Schuppan D.; Schwertner C.; Steinberg J.; Scherübl H. / Klinik für Innere Medizin,
Gastroenterologie und Gastrointestinale Onkologie, Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin u. a.
Zunahme des hepatozellulären und des intrahepatischen cholangiozellulären Karzinoms im Nordosten
Deutschlands / Increased incidence of hepatocellular and intrahepatic cholangiocellular cancer in the
Northeast of Germany
Dtsch Med Wochenschr 2006; 131: 1649-1655
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt weltweit zu den fünf häufigsten malignen Tumoren. In den westlichen
Industrieländern stieg in den letzten 20 Jahren die Inzidenz des HCC und der intrahepatischen cholangiozellulären
Karzinome (iCCC.) dramatisch an. Schätzungen aus dem Jahr 2000 deuten auf mehr als 560.000 neue Fälle pro Jahr
weltweit hin. Da für Deutschland bislang keine entsprechenden epidemiologischen Daten publiziert wurden,
untersucht die vorliegende Arbeit die Frage, ob in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und
Sachsen die Häufigkeit des HCC und der iCCC in den letzten 25 bis 30 Jahren stark zugenommen hat.
Im Untersuchungsgebiet stieg die Inzidenz des HCC bei den Männern von 3,6 im Jahr 1976 auf 5,7 im Jahr 2002;
die absolute Zahl an neuen Fällen pro Jahr erhöhte sich von 192 auf 383. In der weiblichen Bevölkerung lag die
Inzidenz allerdings deutlich niedriger. Am iCCC erkrankten 1976 30 Männer und 36 Frauen, 2002 waren es 64
Männer und 75 Frauen. Die Inzidenz lag 1976 bei 0,5 für die Männer bzw. 0,4 für die Frauen, bis 2002 stieg sie auf
0,8 bzw. 0,6 an. Das kumulative 5-Jahresüberleben für den Zeitraum von 1976 bis 2002 betrug sowohl für das HCC
als auch für das intrahepatische CCC weniger als 10 %; erfreulicherweise hat sich aber das Überleben bei HCC in
den letzten 10-20 Jahren signifikant verbessert. - Im Untersuchungsgebiet hat in den letzten 20 Jahren die Häufigkeit
des HCC und des intrahepatischen CCC deutlich zugenommen. Die in den letzten Jahren beobachtete Prognoseverbesserung des HCC wird auf eine frühere Diagnosestellung und Therapie zurückgeführt. Infolge neu eingeführter
Impfprogramme werden langfristig die Infektion mit HBV und die damit verbundenen Komplikationen einschließlich eines HCC abnehmen.
Schweinsberg, F.; Schweizer, E.:
Nitrat, Nitrit, Nitrosamine, Nitrosamide.
in Beyer, A.: Eis, D.: Praktische Umweltmedizin, Springer Verlag
Mit Nitrosaminen, die auch in Nahrungsmitteln nachgewiesen wurden, konnte in einem Langzeitversuch bei Ratten
mit täglichen Gaben von 10 µg/kg Körpergewicht ein signifikantes Ansteigen der Tumorhäufigkeit nachgewiesen
werden. Die karzinogene Wirkung von Nitrosaminen konnte mehrfach in Tierversuchen dargestellt werden.
Ösophagus, Magen und Nasopharynx sind die Hauptmanifestationsorgane. Häufig besonders in Asien (China).
Auch wenn der direkte Beweis dafür noch fehlt, ist die Annahme berechtigt, dass die aus den Vorstufen Nitrit und
Aminen gebildeten Nitrosamine zur Krebsentstehung beim Menschen beitragen. Die Hauptbelastung entsteht durch
Nitritpökelsalz.
Schweyer, S., Fayyazi, A. / Georg-August-Universität, Göttingen
Pathogenese maligner Keimzelltumoren des Hodens
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 36 / S. C-1917
Invasive maligne Keimzelltumoren (TGCT, "testicular germ cell tumours") repräsentieren den häufigsten soliden
'Tumor des jungen Mannes zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Aus bisher ungeklärten Gründen steigt die
Inzidenz in den USA und Europa kontinuierlich an und beträgt zurzeit in Deutschland etwa 7,6 pro 100 000
männliche Einwohner pro Jahr. Welche auslösenden Ursachen den Tumoren zugrunde liegen, ist bisher unbekannt.
Ob eine infektiöse Genese, etwa im Sinne einer Virusinfektion die Entstehung maligner Keimzelltumoren
beeinflusst, ist noch ungewiss. - Es herrscht Übereinstimmung darüber, dass testikuläre intratubuläre Keimzellneoplasien die Vorläuferläsionen der malignen invasiven Keimzelltumoren des Hodens repräsentieren.
Zur Pathogenese intratubulärer Keimzellneoplasien stellen die Autoren fest, daß eine fehlerhafte Entwicklung und
mangelhafte Funktion des männlichen Genitalsystems mit malignen Keimzellneoplasien des Hodens korreliert. Es
wird angenommen, daß das testuläre Dysgenesie-Syndrom eine Grunderkrankung mit verschiedenen klinisch
und/oder morphologisch erfassbaren Reproduktionsstörungen unterschiedlicher Schweregrade darstellt. Dazu
gehören funktionelle Störungen wie abnorme Spermatogenese, anatomische Fehlentwicklungen wie Hypospadie,
eine angeborene Fehlmündung der Harnröhre und Kryptorchismus, aber auch diverse histopathologische
Veränderungen von Mikrolithiasis bis hin zu malignen Keimzellneoplasien des Hodenparenchyms. - Die Autoren
beschreiben die Entstehung maligner Keimzelltumoren in mehreren Schritten: Umweltfaktoren / genetische Defekte
> testikuläres Dysgenesie-Syndrom > Differenzierungsstörungen von Keimzellen > invasive Keimzelltumoren
des Hodens. Der wichtigste exogene Faktor scheint Östrogen zu sein. Ein relativer Überschuss an Östrogenen in der
Frühschwangerschaft könnte die Entwicklung der Gonaden negativ beeinflussen.
In betroffenen Tubuli seminiferi verharren die undifferenzierten Keimzellen bis zur Pubertät, in der sie unter
Einwirkung von Hormonen und anderen bisher unbekannten Kofaktoren wie beispielsweise eine kalorienreiche
Ernährung im Kindesalter ihre maligne Transformation vollziehen können. -
126
Obwohl viele epidemiologische Studien einen Östrogenüberschuss oder eine kalorienreiche Ernährung im
Kindesalter als Risiken identifiziert haben, konnten bisher keine experimentellen/klinischen Studien nachweisen,
daß diese exogenen Faktoren für den Anstieg der Inzidenz der malignen Keimzelltumoren der Hoden tatsächlich
ausschlaggebend sind.
Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Berlin
Gesundheitberichterstattung Berlin
Basisbericht 2002, Kapitel 5
Im Jahre 2001 wurden in Berlin insgesamt 412 Lebensmittel pflanzlicher Herkunft auf Mykotoxine untersucht. Den
größten Anteil nahmen die Untersuchungen auf Aflatoxine (229 Proben) ein. Dabei handelte es sich um Nüsse,
Nußmassen und daraus hergestellte Cremes und um Gewürze. 14 Proben waren wegen erhöhter Aflatoxingehalte zu
beanstanden. Auf Ochratoxin A wurden insgesamt 128 Proben untersucht. Dabei wurden einige erhöhte Werte
festgestellt. Untersucht wurden 25 Proben auf Patulin, 5 Proben auf Zearalenon und 30 Proben auf Deoxynivalenol.
Sie waren ohne Auffälligkeiten.
Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
Gesundheitsberichterstattung Berlin - Daten des Gesundheits- und Sozialwesens
Basisbericht 2003/2004, Berlin 2004
Berichtet wird über die Untersuchungen von Lebensmittelproben im Jahre 2002:
Mykotoxine: 475 Lebensmittel pflanzlicher Herkunft wurden auf Rückstände von Mykotoxinen untersucht. Den
größten Anteil (193) nahmen hierbei die Untersuchungen auf Aflatoxine ein.
Bei den Proben handelte es sich um verschiedene Nüsse wie Erdnüsse, Paranüsse, Haselnüsse, Pistazien sowie um
Gewürze und Feigen. 13 Proben waren wegen erhöhter Gehalte an Aflatoxin zu beanstanden. 186 Proben wurden
auf Ochratoxin A untersucht, u. a. Lakritze, Rotwein und Glühwein, Röstkaffee, Bier, Getreide, rote Traubensäfte,
Rosinen und Melonenkernmehl. Bei einer Probe Rosinen wurde der festgesetzte Höchstwert überschritten.
Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
Gesundheitsberichterstattung Berlin
Basisbericht 2005, Berlin 2006
Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurden im Jahr 2004 wurden 174 Proben auf den Aflatoxingehalt
untersucht. Darunter waren u. a. Erdnüsse, Erdnusscremes, Mandeln, getrocknete Feigen, Gewürze, Müsliriegel,
Reis, Haselnüsse, Pistazien, Walnüsse. 7 Proben (Pistazien, Erdnüsse, Haselnüsse, Feigen) waren wegen erhöhter
Aflatoxingehalte zu beanstanden.
Es wurden 188 Proben auf ihren Gehalt an Ochratoxin A überprüft (Kakao, Lakritze, Rotwein, Röstkaffee, Malzbier,
Getreide, Brotbackmischungen, Toastbrot, Rosinen). Es ergaben sich keine Auffälligkeiten, d. h. Ochratoxin A war
jeweils nicht nachweisbar bzw. waren Gehalte bestimmbar, die jeweils unter den festgelegten bzw. diskutierten
Höchstmengen lagen. Bei den im Rahmen des bundesweiten Monitoring untersuchten 40 Proben (Frühstückscerealien, Müsli) war bei 20 Proben Ochratoxin A nicht
nachweisbar, bei 18 Proben war Ochratoxin A nicht
bestimmbar, bei 2 Proben lagen die Gehalte zwischen bei
1 und 2,2 µg/kg.
Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit,
Soziales und Verbraucherschutz
Gesundheitsberichterstattung Berlin
Basisbericht 2006/2007; Berlin August 2007
Der Basisbericht 2006/2007 der Gesundheitsberichterstattung gibt einen Überblick über den Gesundheitszustand der Berliner und das Gesundheitswesen in der
Stadt. - Angegeben werden u. a. die Inzidenzdaten für
Brust- und Prostatakrebs für die Jahre 2001 bis 2004 für
Berlin nach Altersgruppen (absolut und je 100.000).
Darin wird bei einer Zunahme der Brustkrebsinzidenz von
1.917 Fällen (110,2/100.000) im Jahre 2001 auf 2.079
Fälle (119,5/ 100.000) im Jahre 2004 ein Rückgang der
Fallzahl im Zusammenhang mit der Abnahme der
Hormonanwendungen in der Postmenopause in den
Altersgruppen zwischen 50 und 64 Jahren von 752 auf
621 Fälle sichtbar.
127
Seydlitz, Eva-Maria
Bösartige Neubildung des Magens in der DDR - eine statistische Erhebung auf der Basis der Daten des
Nationalen Krebsregisters der DDR von 1953 bis 1982
Dissertation (A) an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR (1986)
Im NKR wurden von 1953 bis 1982 insgesamt 213 302 Neuerkrankungen an bösartigen Neubildungen (bNb) des
Magens registriert. Dabei fielen 120.660 Fälle auf das männliche Geschlecht und 92.642 auf das weibliche
Geschlecht. Bei dem Vergleich zwischen bNb des Magens zur Gesamtzahl aller malignen Geschwulsterkrankungen
von 1953 bis 1982 in der DDR lag der höchste prozentuale Anteil beim männlichen Geschlecht mit 27 % im Jahre
1955 vor. Beim weiblichen Geschlecht konnte 1960 mit 14,2 % das Maximum registriert werden. Bis 1982 fielen
die Werte auf 10,6 % beim männlichen und auf 7,8 % beim weiblichen Geschlecht. Die jährliche Zugangsrate der
Neuerkrankungen des Magenkarzinoms beider Geschlechter betrug von 1953 bis 1971 zwischen 7.000 und 8.500
Fälle. Erst ab 1972 wurde die 7.000er Grenze unterschritten und sank bis 1982 auf 4.767 Neuerkrankungsfälle.
Die Autorin weist auf große Unterschiede in der Erkrankunghäufigkeit zwischen den verschiedenen Staaten und
ebenso den Ländern in Deutschland hin. Frentzel-Beyme u.a. fanden, daß in der BRD im Bundesstaat Bayern die
größte Mortalitätsrate an bNb des Magens vorliegt. Innerhalb dieses Regierungsbezirkes verfügen über die höchste
Sterblichkeit die Gebiete Niederbayern, Oberpfalz und Oberfranken. - Diskutiert wird ein Modell der Ätiologie des
Magenkrebses von Correa u. a. (1982) in dem deutlich gemacht wird, daß spezielle Risikoerkrankungen wie zum
Beispiel Perniziosa, chronisch atrophische Gastritis oder die intestinale Metaplasie mit Erhöhung des pH-Wertes im
Magen einhergehen. Dies bedeute eine Einschränkung der Säureproduktion und damit die Möglichkeit der
Bakterienvermehrung. Dadurch werde die Bildung von N-Nitroso-Verbindungen begünstigt.
Siegmund-Schultze, Dr. rer. nat. N.; Zylka-Menhorn, Dr. med. V.; Leinmüller, Dr. rer. nat. R.;
Meyer, R.
Hormontherapie und Brustkrebs - Ein Blick auf die aktuelle Datenlage
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 6 / 18. Februar 2008 / S. C 230
Vier Jahre nach der WHI-Studie kam aus den USA die erste Meldung eines Rückgangs der Brustkrebsdiagnosen auf
der Basis des SEER-Registers (Surveillance Epidemiology and End Results) des National Cancer Institute. So war
die Fachwelt überrascht, als der Biostatistiker Peter Ravdin auf dem San Antonio Breast Cancer Meeting im
Dezember 2006 von einem Rückgang der Brustkrebsfälle im Jahr 2003 um sieben Prozent berichtete. - Die
rückläufige Tendenz in der epidemiologischen Entwicklung besteht auch in Deutschland. Hatte die Gesellschaft der
epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) von 1970 bis 2002 eine Zunahme der MammakarzinomInzidenz beobachtet, so sind die Zahlen nun rückläufig. Ganz einheitlich ist das Bild bislang allerdings nicht, die
Häufigkeiten unterscheiden sich zum Teil zwischen den einzelnen Bundesländern. So liege die Inzidenz des
Mammakarzinoms in Schleswig-Holstein zum Beispiel um 20 Prozent über der des Saarlands. Trotz dieses
unterschiedlichen Ausgangsniveaus sinke aber die Brustkrebsinzidenz ab 2001 in beiden Bundesländern ähnlich, so
die Analysen des Instituts für Krebsepidemiologie (Lübeck): um etwa sechs bis sieben Prozent pro Jahr, was den
Daten des US-amerikanischen SEER-Registers nahe kommt. Mit jeweils knapp 19 Prozent findet man den größten
Rückgang in der Altersgruppe der Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Ließe sich der Trend aus dem Saarland und
Schleswig-Holstein auf die Bundesrepublik übertragen, könnte nach Katalinic die Inzidenz des Mammakarzinoms in
Deutschland zwischen 2003 und 2005 um zehn Prozent gesunken sein, was etwa 5.500 weniger Neuerkrankungen
pro Jahr entspräche.
Sjöblom T, Jones S, Wood LD, Parsons DW, Lin J, Barber T, Mandelker D, Leary RJ, Ptak J, Silliman N, Szabo S,
Buckhaults P, Farrell C, Meeh P, Markowitz SD, Willis J, Dawson D, Willson JK, Gazdar AF, Hartigan J, Wu L,
Liu C, Parmigiani G, Park BH, Bachman KE, Papadopoulos N, Vogelstein B, Kinzler KW, Velculescu VE. /
Ludwig Center and Howard Hughes Medical Institute, Sidney Kimmel Comprehensive Cancer Center at Johns
Hopkins, Baltimore, MD 21231, USA.
The Consensus Coding Sequences of Human Breast and Colorectal Cancers.
Science, 2006 Sep 7
Die Forscher untersuchten das Genom von 11 Mammakarzinomen und 11 Kolonkarzinomen. Sie konzentrierten sich
dabei auf die 13.000 am besten bekannten Gene des menschlichen Genoms.
Die Zahl der genetischen Veränderungen in Krebszellen war weitaus größer als bisher angenommen wurde.
Die Forscher fanden in den untersuchten Tumorproben insgesamt 1.672 Mutationen (Brustkrebs: 921; Darmkrebs:
751) in 1.149 mutierten Genen (Brustkrebs: 673; Darmkrebs: 519). Von der großen Mehrzahl dieser Gene war nicht
bekannt, welche Rolle diese bei der Tumorentstehung spielen. - 191 Gene, die häufig mutiert waren, wurden als
CAN-Gene (CANdidate cancer genes) eingestuft. Besonders interessant war, daß 22 von 122 (18 %) CAN-Gene für
den Brustkrebs und 13 von 69 (19 %) CAN-Gene des colorectalen Karzinoms als Regulatoren der Transkription
angegeben werden. - Damit beschreiben die Autoren die genetische Landschaft der beiden Krebstypen und sehen
darin eine Basis für Zielstellungen für diagnostische und therapeutische Maßnahmen. Auch eröffnen sie nach deren
Einschätzung neue Wege für die Grundlagenforschung der Tumorbiologie.
128
Souza-Offtermatt, G.; Staubacch, K.-H.; Sterk, P. und Udolph, A.
Intensivkurs Chirurgie
1. Auflage 2004, Elsevier GmbH München, Urban und Fischer-Verlag
Karzinome der Haut, des Gesichts und der Mundhöhle:
80 % aller Plattenepithelkarzinome der Haut treten im Gesicht auf, vor allem an der Unterlippe, der Schläfe und
der Stirn. Sie entstehen meist aus Präkanzerosen, z. B. aus solaren Keratosen. Männer sind doppelt so häufig
betroffen wie Frauen. - Plattenepithelkarzinome in der Mundhöhle finden sich meist am Mundboden oder an der
Zunge. Sie treten bei Männern doppelt so häufig auf wie bei Frauen. Prädisponierend wirken Alkohol, Tabak,
Prothesen und schlechte Mundhygiene. - Speicheldrüsenkarzinome können an allen Speicheldrüsen vorkommen.
Auch die kleinen Speicheldrüsen am Gaumen, an der Wange und der Lippe können betroffen sein.
Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut:
Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen von 12 bis 17 Jahren
Empfehlung und Begründung
Robert Koch-Institut / Epidemiologisches Bulletin / 23. März 2007 / Nr. 12 / S. 97 - 104
Die Ständige Impftommission hat auf ihrer 56. Sitzung am 27. und 28. Februar 2007 nach Abstimmung mit den
Bundesländern und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen weiterer betroffener Kreise eine Empfehlung zur
generellen Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren verabschiedet.
Die STIKO empfiehlt zur Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs die Einfuhrung einer
generellen Impfung gegen humane Papillomaviren (Typen HPV 16,18) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17
Jahren. Die Impfung mit 3 Dosen sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein. Die Kommission
erwartet, dass bei einem möglichen Durchimpfungsgrad von 70 % jede 140. geimpfte Frau von der Impfung
profitiert. - Zur Abschätzung der Wirksamkeit der HPV-Impfung gelte es nach der Einschätzung der Kommission zu
beachten, dass die derzeit vorliegenden Daten zur Häufigkeit des Gebärmutterhalskrebses und damit zur
Krankheitslast in Deutschland demographische Entwicklungen (sinkende Geburten), verändertes Sexualverhalten und
Implementation eines wirksamen Screeningprogramms nicht ausreichend berücksichtigen. - Nach Prof. von Kries
ergebe sich für die im Jahre 1996 in Deutschland geborenen 360.000 Mädchen, dass bei einer Lebenszeitinzidenz von
1.100/100.000 (3.943 Fälle) und einer angenommen lebenslangen Impfeffektivität von 92,5 % etwa 98 Mädchen geimpft
werden müssen, um einen Fall an Gebärmutterhalbkrebs zu verhindern. Berücksichtigt man eine mögliche
Durchimpfung von 70 %, würde etwa jedes 140. Mädchen der Geburtskohorte von der Impfung profitieren.
Die genaue Dauer der Immunität nach Verabreichung aller Impfstoffdosen ist derzeit noch nicht bekannt. Es
konnten stabile Antikörpertiter nach 3 Dosen der Impfung für etwa 5 Jahre nachgewiesen werden. - Die Frage der
Notwendigkeit einer Wiederimpfung kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Über die epidemiologische
Wirksamkeit der Immunisierung von Jungen und Männern zur Verhinderung der Infektion bei Frauen liegen bisher
keine ausreichenden Daten vor. - Frauen, die im Alter von 12 - 17 Jahren keine Impfung gegen HPV erhalten haben,
können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren. Es liegt in der Verantwortung des betreuenden Arztes,
nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. - Geimpfte Personen sind
auch darauf hinzuweisen, dass die Impfung mit einem
Impfstoff gegen humane Papillomaviren gegen die
Typen 16 und 18 nicht gegen Infektionen mit anderen
Typen schützt und dass deshalb die Früherkennungsmaßnahmen zum Gebärmutterhalskrebs unverändert
in Anspruch genommen werden müssen.
Statistisches Bundesamt
Bevölkerung
Statistisches Jahrbuch 1999 für die Bundesrepublik
Deutschland
Im Statistischen Jahrbuch ist die Bevölkerung 1980 1997 für das ehemalige Bundesgebiet und für die Neuen
Bundesländern nach dem Alter ausgewiesen. Für die
Neuen Bundesländer wird darin ab dem Jahre 1991 ein
Geburtenrückgang um mehr als 50 % sichtbar. In den
Alten Bundesländern betrug der Rückgang im gleichen
Zeitraum dagegen lediglich 3,6 %. (s. Abb.) Für das Jahr
1996 gibt das Statistische Bundesamt für Deutschland
798.000 Geburten (410.000 männliche/ 388.000
weibliche) an.
129
Statistisches Landesamt Berlin
Berliner Statistik - Bevölkerungsentwicklung in Berlin 1991 bis 1996
Statistische Monatsschrift Nr. 1/1998
In Ostteil der Stadt Berlin haben nach 1990 massive Veränderungen des generativen Verhaltens stattgefunden.
Im Jahr 1991 ging die Zahl der Neugeborenen um fast 44 % zurück, im darauf folgenden Jahr um weitere 11 % und
1993 um weitere 3 %. Im Westteil der Stadt schwankte die Zahl der Lebendgeborenen nur mäßig. - Als Maß zur
Beurteilung generativer Veränderungen wird die Zahl der Lebendgeborenen je 1.000 Frauen im Alter der
Gebärfähigkeit zwischen 15 und 45 Jahren angegeben.
Statistisches Amt der DDR / Statistisches Bundesamt
Bierverbrauch in Deutschland
Statistisches Jahrbuch der DDR 1990 / Statistisches Taschenbuch 2000
Der Bierverbrauch in Deutschland in den zurückliegenden 30 Jahren ist deutlich zurückgegangen.
In der Bundesrepublik betrug der Verbrauch in der Mitte der 70er Jahre mehr als 150 Liter je Einwohner und Jahr.
In der DDR hatte der Verbrauch zwischen 1965 und 1989 ständig zugenommen. Zwischen 1990 und 2003 ist der
Bierverbrauch in Deutschland von 142,2 auf 117,5 Liter je Einwohner gesunken.
Stefanick, Marcia L. / Stanford Prevention Research Center, Department of Medicine, Stanford University; Dr
Anderson and Ms Rodabough / Clinical Coordinating Center, Division of Public Health Sciences, Fred
Hutchinson Cancer Research Center, Seattle / et. al.
Effects of Conjugated Equine Estrogens on Breast Cancer and Mammography
Screening in Postmenopausal Women With Hysterectomy
JAMA, 2006; 295: 1647-1657
Die Autoren berichten über Ergebnisse einer weiteren Studie im Rahmen der Womens Health Initiative (WHI) zur
postmenopausalen Östrogenanwendung (Estrogen-Alone trial). - Die WHI-Studie erfaßte 10.739 Frauen (5.310
Probandinnen, 5.429 Kontrollpersonen) in einer Kohorte, die die ethnische / rassische Diversität in den USA
reflektiert, im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40 Klinikzentren der USA. - Insgesamt erkrankten an Brustkrebs
129 (0,34 %) Probandinnen und 161 (0,42 %) Kontrollpersonen. An invasiven Mammakarzinomen erkrankten 104
(0,28 %) Probandinnen und 133 (0,34 %) Kontrollpersonen. An einem Carcinoma in situ erkrankten 25 (0,07 %)
Probandinnen und 30 (0,08 %). - Abschließend wird festgestellt, Östrogen alleine über die Dauer von 7,1 Jahren
gegeben, führt nicht zu einer Erhöhung der Brustkrebsinzidenz bei postmenopausalen Frauen nach Hysterektomie
und kann eine Verminderung des Frühstadiums des duktalen Brustkrebses bedingen. Dieses Ergebnis steht im
Widerspruch zur WHI-Studie über Östrogen plus Gestagen-Anwendung bei Frauen mit Uterus, in der eine
signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei der Behandlung über 5,6 Jahre beobachtet wurde. Es wird
empfohlen, Östrogen alleine bei Frauen nach Hysterektomie auf der Basis einer vorsichtigen Abwägung des
Risikopotentials und des Nutzens für die Patientin anzuwenden.
Stein, R.
Deutsch-französisches Engagement für „Public Health“
„Vielleicht können wir die Entwicklung beschleunigen“
Berliner Ärzte 8 / 2007 / S. 15 - 17
Die Autorin berichtet über das zweite Auslandscolloquium des ehrwürdigen College de France mit der Charite und
der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Diskutiert wurden Themen aus dem Bereich
Public Health und Prävention.
Wie stellt man die oft irrational erscheinende Gesundheitspolitik auf eine vernünftige, möglichst wissenschaftlich
untermauerte Grundlage? Was muss geschehen, damit die medizinische Versorgung auch in Zukunft bezahlbar
bleibt? Wie bringt man die Leute dazu, die Ergebnisse der Präventionsforschung im täglichen Leben zu beherzigen?
Welches Gewicht haben die vielen verschiedenen Faktoren, die Gesundheit und Krankheit beeinflussen? - Das
waren Probleme auf dem Colloquium.
Die Arbeit an den Lösungen kann nicht von den Ärzten allein geschultert werden. Die Medizin braucht Entlastung
und Unterstützung durch andere Gesundheitswissenschaften, die zusammen den multidisziplinären Lehr- und
Forschungsbereich Public Health bilden.
Public Health ist die Wissenschaft und Praxis der Krankheitsverhütung, Lebensverlängerung und der Förderung
psychischer und physischer Gesundheit durch bevölkerungsbezogene Maßnahmen. Während der Hauptgegenstand
der Medizin die Krankheit des Individuums ist, geht es Public Health um die Gesundheit der Bevölkerung oder
bestimmter Gruppen, zum Beispiel Fabrikarbeiter oder Mutter und Kind. Es gebe Überschneidungen mit der
Medizin, für die aber Prävention leider oft ein Stiefkind ist, reduziert auf Früherkennung. Unter das Dach von Public
Health gehört aber noch eine Fülle anderer Fächer. Neben der klassischen Seuchenhygiene, Sozialhygiene und
Präventionsforschung unter biologischen, psychologischen und soziologischen Aspekten zählen dazu die von vielen
Ärzten nicht gerade geliebten Disziplinen Epidemiologie und Biostatistik, Gesundheitsökonomie, Gesundheits-
130
systemforschung, Krankenhausmanagement und Versorgungsforschung. Auch Ingenieure, Architekten und
Städteplaner können viel zu Public Health beitragen, wie dieses Colloquium zeigte. Dass wirtschaftliche Interessen
häufige gesundheitliche Risikofaktoren sind, zeige sich auch am beim Kongress diskutierten Verhalten der Arzneimittelindustrie, die oft die erwünschten Wirkungen ihrer Produkte übertreibe und die unerwünschten herunterspiele;
ebenso am Einfluss der Zigarettenlobby, der zeitweise tief in die Wissenschafts- und die Politikszene hineinreichte,
gerade in Deutschland. - "Die Lobbies sind zu stark, und Public Health gibt es bei uns erst seit fünfzehn Jahren
wieder", sagte die bisher einzige Lehrstuhlinhaberin der eben gegründeten "Berlin School of Public Health", Ulrike
Maschewsky-Schneider, in der Diskussion.
Steliarova-Foucher, E., Stiller, C., Kaatsch, P. et al.: / IARC Lyon
Geological patterns and time trends of cancer incidence and survival among children and adolescents in
Europe since 1970s (the ACCIS projekt) and epidemiological study.
Lancet 2004, Bd. 364, S. 2097-2105
Die Autoren berichten über eine Studie aus 63 europäischen Krebsregistern. - Seit 1970 ist in Europa die Zahl der
Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen angestiegen. Die Krebsrate stieg bei Kindern bis 14 Jahre in den
vergangenen drei Jahrzehnten jedes Jahr um durchschnittlich l Prozent, bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 19
Jahren sogar um 1,5 Prozent. Die Autoren nehmen an, dass das Geburtsgewicht der Kinder eine Rolle spielen
könnte, das ebenfalls im Laufe der letzten dreißig Jahre kontinuierlich angestiegen ist. Ihrer Meinung nach könnte
Zusammenhang mit Infektionskrankheiten bestehen, der jedoch noch untersucht werden muss. Sie vermutet
außerdem genetische Faktoren. Darauf deuten zumindest Erkenntnisse aus den USA hin.
Stolze, C.
Mit dem Gentaxi auf holprigen Wegen Noch sind grundlegende Probleme der Gentherapie gegen Krebs und Erbleiden ungelöst
Berliner Zeitung, 24. 09.1997
Berichtet wird nach einer Pressekonferenz über einen "Durchbruch in der Gentherapie".
Wissenschaftler der Hautklinik der Berliner Charite haben von einer "Trendwende" gesprochen. In einer kürzlich
abgeschlossenen klinischen Studie hätten sich bei einem von 15 schwerkranken Patienten mit schwarzem Hautkrebs
(Melanom) alle Metastasen komplett zurückgebildet. Doch das Verfahren muß sich erst noch an großen Patientengruppen bewähren. Bis dahin bleibt unklar, ob es auch anderen Patienten helfen kann.
Zellforscher wie Michael Strauss von der Berliner Humboldt-Universität wollen mit Adenoviren beispielsweise
Lebertumoren behandeln. Im Labor veränderte Adenoviren sollen dabei Gene in die Krebszellen transportieren.
Dort sollen diese Gene eine Art Selbstmordprogramm auslösen, die sogenannte Apoptose. In Tierexperimenten
fanden rund 90 Prozent der so präparierten Viren den Weg über die Blutbahn zur Leber. Problematisch ist allerdings, daß kein Vektor in der Lage ist, alle Tumorzellen zu erreichen. Viele Menschen verfügen über Abwehrkräfte
gegen Adenoviren, weil einige dieser Zellpiraten als Erreger von Atemwegserkrankungen weit verbreitet sind.
Immunzellen des Patienten können daher einen erfolgreichen Gentransfer häufig vernindern. Mit den bisherigen
Verfahren lassen sich Gene also nur in wenige Zellen einbringen. Zudem bleiben sie dort nur für kurze Zeit aktiv. In der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" erläutern die amerikanischen Forscher, mit welchen
Problemen die Gentherapie noch immer zu kämpfen hat. Eine "Achilles-Ferse der Gentherapie" ist nach Ansicht von
Verma und Somia der Gentransfer, jener Schritt also, bei dem die Korrekturgene in das Erbmaterial (DNA) der
jeweiligen Körperzellen eingeschleust werden sollen. Denn noch gibt es keine Transportvehikel für Gene,
sogenannte Vektoren, mit denen sich bestimmte Erbanlagen in ausreichender Anzahl, zuverlässig und gezielt in eine
vorher genau festgelegte Art von Körperzellen einbringen lassen. Selbst wenn solche Ersatzgene erfolgreich in
bestimmte Zellen eingeschleust werden könnten, tun sie ihren Dienst, die Herstellung eines bestimmten Proteins, oft
nur für kurze Zeit. Die Gründe dafür sind in den meisten Fällen unbekannt.
Strauß, G.
Die Coca-Cola Story
online, 28.8.2006
Der Autor berichtet über die Erfolgsgeschichte von Coca-Cola.
1886 hat der Apotheker Dr. John S. Pemberton aus Atlanta/Georgia (USA), einen neuartigen Sirup aus der CocaPflanze und der Cola-Nuss hergestellt und Coca-Cola als Medizin gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit verkauft.
In Deutschland wurde 1929 in Essen die erste Coca-Cola abgefüllt. 1933 wurden mehr als 100.000 Kisten CocaCola verkauft. 1940 werden in Deutschland durch den Krieg die Rohstoffe für Coca-Cola knapp. Es wurde ein neues
Getränk auf Molkebasis erfunden und mit großem Erfolg verkauft: Fanta. 1942 wurde wegen Rohstoffmangel die
Herstellung von Coca-Cola in Deutschland komplett eingestellt. Ab 1949 wird Coca-Cola auch in Deutschland
wieder produziert. Bereits 1967 wurden in Deutschland mehr als 100 Millionen Kisten Coca-Cola verkauft. In den USA entschied 1941 der damaliger Präsident der "The Coca-Cola Company" Robert Woodruff: "Jeder Mann
in US-Uniform bekommt eine Coca-Cola für 5 Cent, wo auch immer er sich befindet und was immer es kostet." Seit
131
1950 wird Coca-Cola in den USA für die Army erstmals in Dosen abgefüllt. Und ab 1955 erfolgte in den USA die
Markteinführung eines neuen, größeren Flaschenformats. Heute ist Coca-Cola einer der meist getrunkenen Durstlöscher dieses Jahrhunderts. Weltweit werden täglich in 155
Ländern mehr als 270 Millionen Drinks getrunken.
Teuscher, E., Lindequist, U. / Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Biogene Gifte - Biologie-Chemie-Pharmakologie
Akademie-Verlag Berlin, 1988
Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Sie sind für Mensch und Tier giftig.
Die Mehrzahl der Mykotoxine bildenden Pilze ist in der Klasse der Ascomycetes zu finden. Die Mykotoxinbildung
auf Lebens- und Futtermitteln muß nicht mit gutem Pilzwachstum einhergehen. Sie wird durch sehr viele Faktoren
bestimmt. - Die meisten Mykotoxinbildner haben ein Temperaturoptimum für das Wachstum von 20 - 25° C. Viele
Schimmelpilze gedeihen zwar bei niedrigeren Temperaturen noch, bilden aber unterhalb von 10 - 15° C keine
Mykotoxine mehr. Für ein gutes Wachstum ist nicht nur ein feuchtes Substrat, sondern meistens auch eine hohe
relative Luftfeuchte notwendig. Pilze sind Aerobier. –
Epidemiologische Untersuchungen machen deutlich, dass durch Mykotoxine verursachte Erkrankungen vor allem in
unterentwickelten Ländern Asiens und Afrikas relativ häufig sind. Dazu tragen sicher das unzureichende Nahrungsangebot für große Teile der Bevölkerung dieser Länder und die für das Pilzwachstum günstigen klimatischen
Bedingungen bei. In Mitteleuropa ist das Risiko wahrscheinlich wesentlich geringer. Schimmelpilz-befallene Futterund Nahrungsmittel, aber auch infizierte Arzneidrogen, sollten vernichtet werden. Spezifische Heilmittel für
Mykotoxikosen gibt es nicht. Aflatoxine wirken hepatotoxisch und hepatokarzinogen. Die akuten Leberschädigungen sind charakterisiert durch
Zerstörung der Hepatocyten und Gallengangsproliferation. Die karzinogene Wirkung resultiert aus einer
Alkylierung der DNA durch die bei der Metabolisierung aus den Aflatoxinen gebildeten 2,3-Epoxide. Aflatoxin B1
ist das stärkste bisher bekannte Karzinogen natürlicher Herkunft. In pflanzlichen und tierischen Zellen bewirkt es
Chromosomenaberrationen und Brüche der DNA, in einigen Bakterientestsystemen nach mikrosomaler Aktivierung
Genmutationen. In hoher Konzentration kann es teratogene Effekte ausüben.
Thielert, G. / Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen
Aflatoxine in Erdnüssen - Inspektionsreise nach Ägypten
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002
Erdnüsse aus Ägypten wurden seit den Jahren 1998 und 1999 in großem Umfang untersucht.
Sie waren auffällig oft und hoch mit Aflatoxinen belastet. Die vielen Meldungen veranlassten die EU-Kommision
gegenüber Erdnüssen aus Ägypten einen Importstopp zu verhängen. Gegenüber den ägyptischen Behörden wurden
Empfehlungen für Verbesserungen im Land ausgesprochen, damit zukünftig gewährleistet werden kann, dass eine
Aflatoxin-Kontamination von Erdnüssen vermieden wird. Außerdem mussten alle zum Export freigegebenen Partien
von den ägyptischen Behörden beprobt, untersucht und zertifiziert werden.
Thomas, Dr. A; Kümmel, S; Sehouli, J; Lichtenegger, W / Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Universitätsklinikum Berlin, Charité
Aktuelle Diagnostik und Therapie des Zervixkarzinoms
CME Praktische Fortbildung: Gynäkologie, Geburtsmedizin und Gynäkologische Endokrinologie, 3/2005
Epidemiologie des Zervixkarzinoms: Weltweit ist das invasive Zervixkarzinom die zweithäufigste Krebserkrankung unter den malignen Erkrankungen der Frau. Etwa 500.000 neu diagnostizierte Fälle werden jedes Jahr
registriert. In Deutschland zeichnet sich seit Jahren sowohl eine rückläufige Inzidenzrate, mit z. Z. 12 -15 Neuerkrankungen auf 100.000/Jahr, als auch eine sinkende Letalitätsrate auf 6/100.000 ab. Die seit ca. 20 Jahren abnehmenden Erkrankungshäufigkeiten könne man u. a. mit der Einführung des Vorsorgescreenings erklären. Daraus
resultiere ein Anstieg der Inzidenz für zervikale Präkanzerosen auf das 50- bis 100-fache, die für Deutschland bei
ca. 1 % liegt. Das mittlere Erkrankungsalter von Frauen mit Zervixkarzinom liegt nach Beckmann bei 52 Jahren, so
dass Frauen ungefähr 14 Jahre eher erkranken als vor 25 Jahren.
Pathogenese: Das Zervixkarzinom zeigt alle Merkmale einer sexuell übertragbaren Erkrankung. Eine Infektion mit
humanen Papillomaviren (HPV),von denen insgesamt bisher über 100 verschiedene Genotypen identifiziert wurden,
ist Voraussetzung für die maligne Transformation. Bei der Differenzierung der HPV-Viren sind die als High-riskTypen eingestuften Viren als Onkogene von zentraler Bedeutung. Hierbei wirken die viralen E6- und E7Onkoproteine als Auslöser der Transformation. Ganz entscheidend für die Karzinogenese sind sog. Kofaktoren wie
frühe Kohabitation, häufiger Partnerwechsel, lokale Infektionen (z. B. Chlamydien, HSV-2), Multipara und
langjährige Einnahme von Kontrazeptiva. Alle genannten Faktoren bedingen sich. Ferner zeigen sich Assoziationen
mit verschiedenen anderen Tumoren wie Kaposi-Sarkom, Hodgkin-Lymphom und Analkarzinom. Der Immunstatus
scheint ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entwicklung eines Zervixkarzinoms zu sein. Auch ein Nikotinabusus
132
erhöht das Risiko um etwa das 2- bis 4-fache. Etwa 80 - 85 % der Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome,
15 - 20 % Adenokarzinome.
Thun, M.J. et al. / American Cancer Society, Atlanta GA 30329
Aspirin use and risk of fatal cancer
Cancer Research (1993); 53, 1322-1327
Möglicherweise lassen sich durch ASS auch gastrointestinale Krazinome verhüten.
In einer Gruppe von 635.000 Personen der amerikanischen Cancer-Präventions-Studie untersucht man seit 1982
prospektiv die Wirkung von ASS. Je häufiger und je länger die Probanden ASS eingenommen haben, desto
niedriger lag die Mortalität bei gastrointestinalen Karzinomen. Auf das Vorkommen von Karzinomen anderer
Organe hatte die ASS-Einnahme keinen Einfluß. Diskutiert wird ein Hemmeffekt auf das Tumorwachstum.
Nicht erklärlich ist, warum in den USA das Magenkarzinom immer seltener, dagegen Pankreas- und Dickdarmkrebs
immer häufiger beobachtet wird.
Thun, M.M.
Aspirin use and reduced risk of fatal colon cancer
N.Engl.J.Med. 325(1991) 1593-1596
Nach epidemiologischen Untersuchungen wird Aspirin (ASS) und anderen antiinflamatorischen Medikamenten eine
Schutzwirkung gegen das Auftreten des Colonkarzinoms zugesprochen. Mit zunehmender Einnahme von ASS kam
es zu einem Rückgang der Mortalität. Bei Männern die mindestens ein Jahr 16 x im Monat ASS einnahmen sank das
relative Risiko auf 0,6, bei Frauen auf 0,58. Der hierfür ursächliche Wirkungsmechanismus ist weiterhin unklar.
Toepfer, I. und Petersen, K. / Institut für Toxikologie und Umwelthygiene, INTOX GmbH, c/o Universität
Oldenburg
Mykotoxine in Innenräumen - Nachweis im Staub
26. Mykotoxin-Workshop, 17.-19. Mai 2004, Herrschhing am Ammersee
Zunehmend bereiten Schimmelpilze im Innenraum Probleme.
Daher stellt sich die Frage, ob eine hohe Sporenbelastung der Raumluft neben den mykogenen Allergien und
Mykosen auch Mykotoxikosen verursachen können. Es gibt bisher einzelne Fallstudien, in denen nachgewiesen
wurde, dass die Exposition gegenüber extremer Sporenkonzentrationen in der Atemluft zu Mykotoxikosen führen
können. Diese stark sporenhaltigen Stäube kommen z. B. bei der Müllverwertung und in landwirtschaftlichen
Produktionsstätten vor. Bisher sind keine Werte ermittelt worden, ab welchen Konzentrationen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist.
In einem Privathaus mit Lüftungsanlage, das sowohl auf Material als auch in der Luft keine Probleme hinsichtlich
Schimmelpilzbefall aufwies, enthielt der Staub 20.000 KBE/g eines Vertreters der Aspergillus glaucus Gruppe und
wies einen Ochratoxin A-Gehalt von bis zu 7,2 µg/kg auf. Es stellte sich die Frage, ob die orale Aufnahme von
toxinhaltigem Staub besonders durch Kleinkinder zu Problemen führen kann. Kleinkinder bis 6 Jahre verschlucken
durchschnittlich pro Tag 20 bis 100 mg, im ungünstigsten Fall sogar bis zu 500 mg Boden- und Hausstaub. In einem
Privathaus mit Lüftungsanlage, das sowohl auf Material als auch in der Luft keine Probleme hinsichtlich
Schimmelpilzbefall aufwies, enthielt der Staub 20.000 KBE/g eines Vertreters der Aspergillus glaucus Gruppe und
wies einen Ochratoxin A-Gehalt von bis zu 7,2 µg/kg auf. Da nicht alle Konidien im Staub keimfähig sind, wurden
auch Proben auf Toxine getestet, in denen keine lebensfähigen Toxinbildner entdeckt wurden. In einem
feuchtebelasteten Privathaushalt konnten 4,4 µg/kg Ochratoxin A mittels ELISA im Staub nachgewiesen werden.
Uebermuth, H. Prof. Dr. / Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Leipzig
Spezielle Chirurgie
Johann Ambrosius Barth-Verlag, Leipzig 1957
Der Chirurg beschreibt Beobachtungen hinsichtlich des Magenkarzinoms in der Mitte des vergangenen
Jahrunderts: Von. allen Krebsleiden, die die Organe des Menschen betreffen, ist der Magenkrebs der häufigste; nach
großen Statistiken betrifft jedes zweite Karzinom den Magen. Die Häufigkeit ergibt sich auch daraus, daß in
Deutschland in einem Jahr, bezogen auf eine Bevölkerungszahl von 68 Millionen, 52.000 noch immer an
Magenkrebs sterben. Hierbei werden Männer etwa dreimal häufiger als Frauen betroffen. Der Autor erklärt den
Magenkrebs in den nordischen Ländern mit großem Fett- und Ölverbrauch, mit deren Neigung, heiße Speisen zu
bevorzugen, zahlenmäßig sehr hoch anzutreffen ist, während nach statistischen Erhebungen Völker mit
gleichmäßiger und naturgemäßer Ernährung (Reisesser) den Magenkrebs kaum kennen. In den gleichen
Zusammenhang gehöre die Erfahrung, daß Angehörige der Gaststättengewerbe, Brauer und Kellner häufig
magenkrebskrank werden, wobei auch der gewohnheitsgcmäße Genuß von Alkohol krebsauslösende, durch die
Jahre sich summierende Reize setzt. Da auf dem Gebiet des Genusses und hinsichtlich mehr oder minder
unphysiologischer Essensgewohnheiten die Männer den Frauen gegenüber beträchtlich schlechter abschneiden,
133
findet sich hierin die Erklärung des Überwiegens der Beteiligung der Männer an der Magenkrebskrankheit
gegenüber den Frauen.
Umweltbundesamt / Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder, Ausschuß Umwelthygiene
Asbest - Baustoff, gesundheitliches Risiko
Berichte 5/1991, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1991
Die Autoren beschreiben die gesundheitlichen Auswirkungen der Aufnahme von Asbestfasern. Sehr dünne Fasern
gelangen bis in den Bereich der Lungenbläschen. Der überwiegende Teil der in der Lunge abgelagerten
Asbestfasern wird durch den mukoziliaren Transport der Bronchialschleimhaut aus der Lunge herausbefördert. Es
ist bekannt, daß eine Reihe von Faktoren diesen Transport beeinflussen kann. Dazu gehört in erster Linie das
Rauchen, das anfangs zu einer Zunahme des Transports, später zu einer weitgehenden Störung dieses Schutzmechanismus führt. Es wird angegeben, dass das Rauchen zu einem 10-fach höheren Lungenkrebsrisiko führt. Bei
beruflicher Asbestexposition erhöht sich das Erkrankungsrisko noch einmal um den Faktor 5. Ein durch Rauchen
entstandener Lungenkrebs unterscheidet sich nicht von einem durch Asbest entsandenen.
Das Vorliegen einer Asbestose ist für die Entstehung eines asbestbedingten Karzinoms nicht Bedingung.
Volkmer, M. / Informationskreis KernEnergie Berlin
Radioaktivität und Strahlenschutz
Informationsschrift, Berlin, Januar 2004
Die gesamte mittlere effektive Dosis durch die natürliche Strahlenexposition beträgt in Deutschland 2,1 mSv/a.
Die zivilisatorische Strahlenbelastung beträgt etwa 2 mSv/a und wird fast ausschließlich durch medizinische
Anwendungen verursacht. Sie erfaßt auch die Belastungen durch Atomwaffentests, den Reaktorunfall in
Tschernobyl, Belastungen bei Flugreisen, berufliche Expositionen, Kernkraftanlagen u.a.
Insgesamt ergibt sich eine mittlere Belastung von rund 4,1 mSv/a mit einem typischen Wertebereich für exponierte
Einzelpersonen zwischen 1 und 10 mSv/a für die natürliche Exposition und zwischen 0,1 und 20 mSv/a für die
zivilisatorischen Belastungen.
Die Belastung durch den Reaktorunfall in Tschernobyl wird für belastete Einzelpersonen in Deutschland mit 0,005
bis 0,04 mSv/a angegeben.
van Gils, C. H.; Peeters, Petra H. M., Utrecht, Niederlande, und zahlreiche Coautoren und Institute
Consumption of Vegetables and Fruits and Risk of Breast Cancer
JAMA, Bd. 293, S. 183
Der Verzehr von Obst und Gemüse senkt nicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.
Das ergab eine aktuelle Auswertung der europaweiten Ernährungsstudie "EPIC". An der Teilstudie nahmen 286.000
Frauen zwischen 25 und 70 Jahren teil, darunter etwa 16.000 Frauen aus der Potsdamer Region. Die Frauen leben in
acht europäischen Ländern. Die aktuellen Befunde stützen sich einerseits auf Befragungen zum Ernährungsverhalten
in der Zeit zwischen 1992 und 1998 und andererseits auf die Zahl der von 1992 bis 2002 dokumentierten Brustkrebsneuerkrankungen bei den befragten Frauen. Wie sich zeigte, erkrankten die Frauen mit einem hohen Obst- und
Gemüseverzehr ebenso häufig an Brustkrebs wie Frauen mit geringem Verzehr. Das Ergebnis bestätige nun
abschließend, was man aufgrund früherer Studien bereits vermutet hatte.
134
Wagner, Prof. Dr. G. / Direktor des Instituts für Dokumentation, Information und Statistik des Deutschen
Krebsforschungszentrums Heidelberg (DKFZ)
Epidemiologie des Krebses
in: Klinische Onkologie; Herausgegeben von R. Gross und C. G. Schmidt; Georg-Thieme-Verlag, 1985
Bedeutung der Krebsepidemiologie:
Der Krebs stellt zweifellos eines der bedeutsamsten sozial- und gesundheitspolitischen Probleme der heutigen
Medizin dar. Als Todesursache steht die Gruppe der unter der Sammelbezeichnung „Krebs" zusammengefaßten
bösartigen Blut- und Gewebsveränderungen nach den Herz-Kreislauf-Krankheiten an zweiter Stelle. Krebs forderte
im Jahr 1981 in der Bundesrepublik Deutschland rund 435 Todesopfer pro Tag. Unter den insgesamt 722.192
Sterbefällen des Jahres 1981 waren 158.589 (= 22 %) Krebstote.
Es läßt sich leicht berechnen, daß bei ungefähr gleichbleibender Krebssterblichkeit von den derzeitigen Bürgern der
Bundesrepublik Deutschland 11-12 Millionen an Krebs sterben werden, rund ein Drittel darunter vor dem
60.Lebensjahr, d. h. in einem Alter, in dem sie noch jahrelang produktiv tätig sein könnten.
Der Gegenstand der Epidemiologie ist die Erforschung von Krankheiten als Massenphänomen. Die Krebsepidemiologie ist entsprechend das Studium der Verbreitung der bösartigen Tumoren in der Bevölkerung sowie der
für ihre Entstehung verantwortlich zu machenden Faktoren und Umstände.
Wagner unterscheidet methodisch den deskriptiven Ansatz, den analytischen Ansatz und den experimentellen
Ansatz. - Die Epidemiologie will keine Krankheiten heilen, schreibt er, sondern die Gesetzmäßigkeiten finden, unter
denen Krankheiten auftreten, um daraus Strategien für deren Verhütung bzw. Bekämpfung zu entwickeln. Dabei
geht sie von der Vorstellung aus, daß die meisten Krankheiten - wie auch der Krebs - nicht schicksalhaft vorbestimmt und unbeeinflußbar sind, sondern bestimmte Ursachen haben, die - einmal identifiziert - vermeidbar oder
bekämpfbar sind.
Wahrendorf, Prof. Dr. J. / DKFZ Heidelberg
Stand und Perspektiven der Krebsepidemiologie
In: Krebsforschung in der Bundesrepublik Deutschland, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart-Berlin-Köln, 1989
Wahrendorf berichtete über den Rückgang der Mortalität des Magenkarzinoms bei Männern und Frauen bereits seit
Anfang der 1950er Jahre und über noch nicht veröffentlichte Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in
Bayern. Er nennt für den gleichen Zeitraum auch einen Rückgang der Sterblichkeit der Gebärmutterkarzinome von
12 auf etwa 4 Sterbefälle je 100.000 Frauen. Die Sterblichkeit von Brustkrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs haben
dagegen zugenommen.
135
Weinberg, Robert A.:
Racing to the Beginning of the Road
The Search for the Origin of Cancer
- Krieg der Zellen - Krebs: Ursachenforschung und Heilungsmöglichkeiten Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., 1998
Prof. Dr. Robert A. Weinberg war Gründungsmitglied der renomierten Wheitehead Institute für biomedizinische
Forschung und Lehrstuhlinhaber am Massachusetts Institute of Technology. Seine Arbeiten zur Krebsforschung
begründen seine weltweite Anerkennung. Er war maßgeblich an der Entdeckung der sogenannten Onkogene
beteiligt, die für die krankhaften Veränderungen in der Zelle verantwortlich sind. In seinem Buch, das 1996 in New
York und 1998 in Deutschland erschien, stellt er den langen Weg der Krebsforschung und den Erkenntnisgewinn in
den letzten Jahrzehnten bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts dar. Er schreibt: „Durch die Forschung der
letzten 10 Jahre wurde das Rätsel Krebs in großen Teilen gelöst.“
- Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden spezialisierte Kliniken eingerichtet, um Krebspatienten von der Allgemeinheit fernzuhalten. Unter Quarantäne würde sich die Seuche bald von selbst erschöpfen. Diese Position ergab
sich aus den bahnbrechenden Entdeckungen der Bakteriologie. Krebs stand anscheinend in einer Reihe mit
Diphtherie, Cholera, Tuberkulose und Tollwut.
- 1915 präsentierte Katsusaburo Yamagiwa, der einige Jahre bei Rudolf Virchow in Berlin studiert hatte, nach
einer zwei Jahrzehnte lang dauernden Forschung, eine außerordentliche Entdeckung. Er hatte herausgefunden, wie
man nach Belieben Tumoren entstehen lassen konnte. Er hatte Steinkohlenteerextrakte hergestellt und 3 Monate
lang alle 2 - 3 Tage auf die Ohren von 137 Kaninchen aufgetragen. Nach einem Jahr fand er an den behandelten
Stellen 7 invasive Karzinome. Nicht nachweisen konnte er damals, welche chemische Substanz aus dem Steinkohlenteercoctail die Karzinome verursachte.
Yamagiwas Arbeiten stützten sich auf Berichte über die Londoner Schornsteinfeger. Was konnte zu deren
Krebserkrankungen geführt haben? Möglicherweise blieben Rußflocken an ihrer Haut haften und führten irgendwie
zum Skrotumkarzinom.
- Weinberg beschreibt die Suche nach Tumorviren: Ein amerikanischer Epidemiologe, der sich mit den Krankengeschichten taiwanesischer Beamter beschäftigte, stellte fest, daß bei Patienten, die eine chronische Hepatitis-BInfektion aufwiesen, das Risiko, irgendwann im Leben an Leberkrebs zu erkranken, um das Hundertfache höher war
als bei deren nichtinfizierten Kollegen. Britische Wissenschaftler stellten fest, daß das Epstein-Barr-Virus, ein
entfernter Verwandter des weit verbreiteten bläschenbildenden Herpesvirus, statistisch eng mit dem Auftreten von
Lymphomen bei afrikanischen Kindern und dem Auftreten von Nasenhöhlentumoren in Südostasien verknüpft war.
Dann fanden deutsche Forscher weltweit einen Zusammenhang zwischen bestimmten Stämmen von Papillomviren
und dem Auftreten von Gebärmutterhalskarzinomen. Das Zervikalkarzinom war bereits seit längerem als diejenige
maligne Erkrankung des Menschen betrachtet worden, bei der man am ehesten mit der Übertragbarkeit von einer
Person zur anderen rechnen konnte. Man wußte, daß Prostituierte diese Krankheit sehr häufig bekamen, Nonnen
hingegen so gut wie nie. - Diese wenigen Zusammenhänge bildeten bei weitem noch keine Grundlage, um die große
Masse der menschlichen Krebserkrankungen zu erklären - insbesondere nicht, was die westlichen Nationen betraf.
Diese sporadischen Erfolge reichten nicht aus, dem amerikanische Krebsforschungsprogramm SVCP das Eisen am
Ende doch noch aus dem Feuer zu holen. Und so gerieten DNA-Viren mit der Zeit genau wie die RNA-enthaltenden
Retroviren als mögliche Urheber häufigerer menschlicher Tumoren allmählich in Vergessenheit.
Bis 1970 brachte die Suche der Virologen „haufenweise gute Ideen aber nicht den Hauch eines Beweises, daß ihre
Infektionen etwas mit menschlichen Krebserkrankungen zu tun haben könnten“. Die Entdeckung des Enzyms
Reverse Transkriptase, das nur Retroviren eigen ist, war eine Grundlage für die weitere Suche nach menschlichen
Krebsviren. Im Jahre 1975 waren sowohl RNA- als auch DNA-Viren als Ursache für die Entstehung der meisten
menschlichen Tumoren ausgeschlossen.
136
- Bruce Ames hatte sich mit den Genen eines Bakteriums befaßt, das Paratyphus verursacht. Mitte der siebziger
Jahre hatte er einen Test entworfen, der es ihm ermöglichte, die mutagenen Eigenschaften chemischer Substanzen
zu messen. Er bestimmte deren Potential, in exponierter DNA Mutationen auszulösen. Bei verschiedenen
Chemikalien bestehen gewaltige Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, in den Genen des Paratyphuserregers
die Mutationen erzeugen zu können. Manche Verbindungen waren hoch wirksam und zeigten ihre mutagenen
Effekte in Konzentrationen, die millionenfach unter jenen lagen, in denen man andere verabreichen mußte, um
dieselbe Menge Mutationen zu erzeugen.
Er erstellte eine lange Liste von Substanzen und ordnete jeder Verbindung eine genaue Position auf einer
Mutagenitätsskala zu, die von extrem schwacher Wirkung bis zu millionenfach stärkeren Effekten reichte. Dabei
stieß Ames auf eine eindrucksvolle Korrelation: Substanzen, von denen man wußte, daß sie in Labormäusen und ratten potente Karzinogene darstellten, erwiesen sich auch als äußerst wirksame Mutagene, Verbindungen mit
schwacher oder kaum nachweisbarer krebserzeugender Wirkung fungierten als schwache Mutagene. Mit seinem
Bakterientest war er imstande, die mutagenen Eigenschaften einer neuen Chemikalie statt in den bisher benötigten
Wochen und Monaten kostengünstig in ein bis zwei Tagen zu testen. Eines der potentesten Mutagene war eine
natürliche Verbindung, das von einem auf verdorbenen Erdnüssen und Getreide wachsenden Schimmelpilz
gebildete Aflatoxin, das man zu jenem Zeitpunkt bereits als eine häufige Ursache für die Entstehung von Leberkrebs
in Afrika im Verdacht hatte. Er fand heraus, daß Dioxin und Asbest die Fähigkeit abging, DNA zu schädigen.
Andere Chemikalien waren eindeutig mutagen, zeigten aber nur ein sehr schwaches karzinogenes Potential.
- Karzinogene wurden durch ihre mutagenen Eigenschaften in die Lage versetzt, Krebs zu erzeugen. Also muß es in
Krebszellen mutierte Gene geben. Die Entstehung dieser mutierten Gene aber muß das Schlüsselereignis der Krebsentstehung, die Krankheitsursache also in der Mutation von Genen zu finden sein. Ein ausgeklügeltes Szenario:
Chemische Karzinogene dringen in den Körper ein, schädigen ein Gen von entscheidender Bedeutung im Inneren
einer Körperzelle, das dadurch zu einem mutierten, aktivierten, krebserzeugenden Gen wird. Dieses mutierte Gen
erläßt dann einen Marschbefehl für die Zelle, die daraufhin zu wachsen beginnt. Nach Monaten oder Jahren bilden
die Nachkommen dieser Zelle einen großen, immer weiter wachsenden Tumor, der letzten Endes Gewebe zerstören
und den Krebspatienten sterben lassen wird.
- Die Tumoren, die im Zusammenhang mit dem Rauchen stehen, haben in den USA um 1980 stark zugenommen.
Erkrankungen von Lunge, Mund, Speiseröhre und Blase sind beträchtlich häufiger aufgetreten. Ende der 80er Jahre
standen in Amerika 30 % aller Krebserkrankungen im Zusammenhang mit dem Rauchen. Ames hat nachgewiesen,
daß im Urin von Rauchern massenhaft mutagene Stoffe ausgeschieden wurden.
Eine interessante Bemerkung dazu machte Weinberg mit dem Hinweis auf die Wirkungen der mutagenen Stoffe: „In
der Blase angelangt, hatten einige der mutagenen Moleküle es geschafft, in die innere Zellschicht der
Blasenwand einzudringen. In diesen Zellen holten sie zum Schlag auf die DNA aus und trafen an Millionen
verschiedener Stellen im Genom der Zelle die verschiedensten Sequenzen. In der Mehrzahl der Fälle endeten
diese blinden, ziellosen Angriffe damit, daß ein verkrüppeltes Gen schließlich den Tod einer mutierten Zelle
bewirkte. In sehr seltenen Fällen aber trafen sie den Jackpot, ein Gen, das etwas mit der Kontrolle des
Zellwachstums zu tun hat, ein Proto-Onkogen. Das solchermaßen mutierte Gen - in diesem Falle das von uns
entdeckte Blasenkrebsgen - würde dann die Zelle zum Wachstum veranlassen. Ihre Nachkommen würden dieses
Muster erzwungenen Wachstums fortführen und innerhalb einiger Jahre einen Tumor von einem halben
Zentimeter Durchmesser oder mehr erzeugen.“ Eine Antwort auf die Frage, welche Mutagene „blind und ziellos
die Gene beschädigen“ und welche „den Jackpot trafen“, gab er damit jedoch nicht.
Die Ursachen für die restlichen 70 % sind meist stark durch die Ernährungsgewohnheiten beeinflußt worden. Einige
der potentesten Mutagene fanden sich in bei hohen Temperaturen gegartem rotem Fleisch. Umweltbelastungen
scheinen im großen und ganzen folgenlos zu sein. Sie verursachen höchstens einige Prozent der Gesamtbelastung
durch Krebs, eher weniger. Konservierungsstoffen wird der Anstieg der Magenkarzinome zugeordnet. Mit wenigen
Ausnahmen scheinen diese Karzinogene natürlichen Ursprungs sein. Mutierte p53-Gene zeigten die Arten von
Basenaustausch, die durch Einwirkung des Schimmelpilztoxins Aflatoxin entstehen.
Das Fazit des Onkogenetikers:
Auf die Frage nach dem Ergebnis der Forschungen stellt Weinberg fest, man habe eine Menge über die Entstehung
von Krebs erfahren. Sie gebe den Forschern keine Rätsel mehr auf. Man werde in den nächsten Jahren noch viel
dazulernen, aber habe die großen Antworten fest in der Hand. Den Weg zur Heilung haben wir noch nicht gefunden.
Doch nach langer Zeit wissen wir, wo wir zu suchen haben. Es werde niemals eine einzige Heilmethode für alle
Krebserkrankungen geben. Dutzende Therapien werden entsprechend nach den molekularen Eigentümlichkeiten der
verschiedenen Tumorzellen entwickelt.
137
Wahrendorf diskutiert den Forschungsbedarf in der Krebsepidemiologie: Für die erfolgversprechende Implementierung von Präventionsmaßnahmen ist es unabdingbar, daß unangreifbare epidemiologische Evidenz über die Wirkung eines Risikofaktors vorliegt. Unter solchen Gegebenheiten werden zum Beispiel von internationalen wie auch
nationalen Gremien Chernikalien im Hinblick auf ihrer Humankarzinogenität endgültig eingestuft. Langwierige
Verfahren zur Einstufung von krebserzeugenden Schadstoffen im beruflichen Umfeld sowie ungenügende Erfolge
bei der Umsetzung des Wissens um den bestbekannten Krebsrisikofaktor, nämlich das Zigarettenrauchen, lassen die
vorherrschenden Schwierigkeiten erkennen. - Ein kontinuierlicher Fluß an sachlichen Beiträgen zur epidemiologischen Krebsursachenforschung kann aber ein nützliches Klima der politischen wie auch individuellen Sensibilität
zur Problematik der Krebsprävention aufbauen. Im eigenen Lande erarbeitete Forschungsresultate lassen sich
zweifellos mit höherer Glaubwürdigkeit und Deutlichkeit in Präventionsmaßnahmen umsetzen als übertragene
Einsichten aus der internationalen Literatur. Der Krebsepidemiologie gebührt daher ein hoher Stellenwert sowohl im
wissenschaftlichen Bereich als auch im praktischen Bereich der Krebsbekämpfung.
Otto Heinrich Warburg:
Weiterentwicklung der zellphysiologischen Methoden,
Georg Thieme Verlag Stuttgart 1962
Wallwiener, Prof. Dr. D. (Tübingen) /Herausgeber/ und Coautoren
Gynäkologische Onkologie
Schattauer Verlag, Stuttgart - Newe York, 2000
Das Zervixkarzinom war lange Zeit das häufigste Genitalkarzinom. Es wird heute zunehmend vom Korpuskarzinom übertroffen. Der Anteil des Zervixkarzinoms wird aktuell mit 20 - 30 % angegeben. Es treten Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome auf.
Plattenepithelkarzinome zeigen eine Häufung in der Altersgruppe von 45 - 54 Jahren. 34 % der Betroffenen sind
älter als 60 Jahre.
Adenokarzinome treten meist ca. 5 Jahre später auf. Ursächlich wird ein Zusammenhang mit humanen Papillomaviren (HPV) gesehen. Als disponierend für die Karzinogenese werden frühe sexuelle Aktivität, Promiskuität, lokale
Infektionen, schlechte Sexualhygiene der Partner, frühe Gravidität und Rauchen genannt.
Wasgindt, V.; Czakainski, M.; Kinzelmann, T. und Pretzsch, G. / Informationskreis KernEnergie
Der Reaktorunfall in Tschernobyl
Informationsschrift, Berlin, Februar 2005
Die radioaktive Wolke zog in der Zeit vom 30. 4. bis 3. 5. 1986 über Deutschland. Es kam zu unterschiedlichen
Stahlenbelastungen. Die höchsten Belastungen wurden südlich der Donau festgestellt.
Addiert über 50 Jahre ergibt sich eine durchschnittliche zusätzliche Belastung von 0,7 mSv je Bundesbürger.
Zusammenfassend wird festgestellt, dass die zusätzliche Belastung durch den Reaktorunfall für die Bevölkerung in
Deutschland bereits im ersten Jahr geringer war, als die jährlichen natürlichen Schwankungen der Strahlenbelastung
(Mittelwert 2,1 mSv mit einer regionalen Schwankungsbreite zwischen 1 und 10 mSv). Über die gesamte Lebenszeit
errechnet sich eine mittlere Belastung von 0,7 mSv bei einer mittleren natürlichen Belastung von (2,1 mSv im Jahr).
- Unter der Annahme einer linearen Beziehung zwischen Strahlenbelastung und Krebsrisiko wird bei einer
zusätzlichen Lebenszeitexposition von 1 mSv ein zusätzliches Krebssterblichkeitsrisiko von 0,05 % angegeben.
Mit epidemiologisch-statistischen Methoden kann ein derartiger Effekt nicht nachgewiesen werden.
Weis, PD Dr.med. M. und Schöffski, Prof. Dr. O. / Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Groß hadern, Ludwig-Maximilians-Universität München / Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Universität ErlangenNürnberg
Künftig mehr Kompetenz in Prävention
Präventionsmaßnahmen werden bei der Versorgung der Patienten einen immer größeren Stellenwert haben.
Krankenhäuser sind für diese Art der gesundheitlichen Vorsorge besonders gut geeignet.
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 10 / 9. März 2007 / S. C-530
Die Autoren stellen fest: Ein beachtlicher Teil der Verbesserung des Gesundheitszustands und der Verlängerung der
Lebenserwartung seit dem 19. Jahrhundert gehen weniger auf medizinisch-kurative Innovationen als auf
wirtschaftliche und soziale Entwicklungen sowie Ernährungs-, Hygiene- und Bildungsfortschritte zurück. Der
Beitrag der medizinisch-kurativen Versorgung zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation beläuft sich, je nach
Modellansatz, methodischem Vorgehen und in Abhängigkeit vom Geschlecht, auf etwa 10 bis 40 Prozent. Bei
konsequenter Umsetzung der Präventionsempfehlungen zu Tabakkonsum, Ernährung, Körpergewicht und körperlicher Aktivität könnte bereits etwa die Hälfte der atherosklerotischen Erkrankungen in Deutschland vermieden
werden. Für die Zukunft sehen die Autoren das Ziel, durch eine optimierte Koordination und Kooperation von
Gesundheitsförderung, Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege im Krankenhaus zu einem effektiveren und
effizienteren Gesundheitssystem zu kommen. Qualifizierte "Spezialisten für Prävention und Gesundheitsförderung"
müssen ausgebildet werden, um adäquate, wissenschaftlich gesicherte Konzepte entwickeln, umsetzen und
evaluieren zu können.
138
Weißbach, Prof. Dr. L. und Bussar-Maatz, R. / Krankenhaus Am Urban, Berlin
Hodentumoren
in: Praxis der Urologie, Herausgegeben von Prof. Dr. D. Jocham und Prof. Dr. K. Miller / Universität Lübeck /
Klinikum Steglitz / Georg Thieme Verlag Stuttgart * New York 1994
Der Hodentumor ist eine Erkrankung des jungen Mannes: Unter den malignen Neuerkrankungen der 20- bis
30jährigen in der ehemaligen DDR steht der Hodentumor mit 42 % an erster Stelle. Im nationalen Krebsregister der
ehemaligen DDR wurde von 1956 bis 1973 eine Steigerung der Inzidenz von 1.5 auf 4.0/100.000 Männer festgestellt. Da auch international bis heute eine zunehmende Tendenz beobachtet wird. könnte man bei gleicher
Steigerungsrate die heutige Inzidenz auf 6.5/100.000 Männer hochrechnen. Vermeintliche Risikofaktoren wie
Leistenhernie, Trauma, Mumpsorchitis. Hodenatrophie lassen sich ebensowenig beweisen wie ein beruflich bedingtes Risiko. Die genetische Disposition ist nicht bewiesen. In den letzten Jahren häufen sich jedoch Literaturberichte aus dem Bereich der Grundlagenforschung, die Hinweise auf eine genetische Ursache liefern.
Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, Kopenhagen
Charles, R.H.G. / Leitender Medizinalbeamter im Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit London, UK
Gemeinschaftsverpflegung durch zentrale Großküchen
Regionale Veröffentlichungen der WGO, Europäische Schriftenreihe Nr. 15, 1986
Ein in den Vereinigten Staaten von Amerika weitverbreitetes Verfahren ist das Konzept von „kritischen
Kontrollpunkten für die Risikoanalyse" (hazard analysis critical control point, HACCP).
Aufgrund technischer Einzelheiten des Verarbeitungsprozesses oder der anschließenden Handhabung oder aufgrund
des Nachweises des Verderbs oder von Fäulnis wird ein Lebensmittel oder eine Gruppe von Lebensmitteln als
gefährlich eingestuft. Anschließend wird eine eingehende, systematische Untersuchung des gesamten Produktionsablaufs, der Verteilung und der Verwendung dieser Lebensmittel durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung
werden analysiert, um festzustellen, wie und wo diese Gefährdungen entstehen, an welchen Punkten Kontrollen
vorgenommen werden müssen und welche Kontroll- und Überwachungsverfahren an diesen Punkten anzuwenden
sind. Dieses Verfahren wurde zwar zur Verhütung mikrobieller Kontaminationen entwickelt, doch läßt sich ein
ähnliches Verfahren auch auf chemische Kontaminanten in Lebensmitteln anwenden.
Wiehl, M.
Gesundheitsrisiken durch Umweltbelastungen - Kongreßbericht von der "ärztewoche thüringen"
Deutsches Ärzteblatt, 91 (1994) S. C-928
In einem Kongreßbericht von der "ärztewoche thüringen" in Weimar wird auf die Umweltbelastungen in der
ehemaligen DDR hingewiesen. In Erfurt seien die SO2-Belastungen in der ungünstigen Talkessellage mit jahresdurchschnittlich 200 bis 400 Milligramm höher als im Ruhrgebiet gewesen. Jetzt seien die Werte noch hoch, aber
durch Betriebsstillegungen und Betriebssanierungen deutlich verringert. Die großflächigen Umweltkontaminationen durch den Uranbergbau führten zu einer sehr ausführlichen Untersuchung der Strahlenexposition in den
südlichen Bezirken der ehemaligen DDR. - Zwischen der Radon-Exposition und dem Erkrankungsrisiko für
Krebsleiden wurde kein Zusammenhang gefunden.
Willich, Prof. Dr. med. Stefan N., MPH MBA // Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie
und Gesundheitsökonomie // Charite - Universitätsmedizin Berlin
Gesundheitliche Wertschöpfung - Der Stellenwert der Prävention muss gestärkt und mit entsprechendem
Ressourceneinsatz wissenschaftlich erprobt werden.
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 26 / 29. Juni 2007 / A - 1893
Der Autor äußert sich zu einer Publikation von Mühlhauser. Die Prävention habe in Deutschland im Vergleich zur
kurativen Medizin einen verschwindend geringen Stellenwert. Nur weniger als ein Prozent der Gesamtausgaben in
der gesetzlichen Krankenversicherung werden für die Primärprävention verwendet. Dieses krasse Missverhältnis sei
die Folge von längerfristigen Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem, vor allem der hochentwickelten
Möglichkeiten bei der akutmedizinischen Versorgung auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und des
technologischen Fortschritts. Dazu komme, dass medizinische Bevölkerungsperspektiven nach dem Zweiten
Weltkrieg in Deutschland (zumindest im Westen) keine relevante Rolle spielten. Die wegweisenden
epidemiologischen Studien des 20. Jahrhunderts wurden vor allem in den USA, Großbritannien und Skandinavien
durchgeführt. - Willich hält eine sinnvolle Balance zwischen Prävention und kurativer Medizin für dringend
notwendig. Präventive Maßnahmen seien durchaus in ihrer Wirksamkeit auch gut belegt, z. B. der protektive Nutzen
körperlicher Aktivität, die Vorteile der Gewichtsnormalisierung bei Adipositas und der immense Benefit des
Nichtrauchens. Der Autor geht davon aus, dass Prävention längerfristig sicherlich zu Gesamtkosteneinsparungen
führen könne.
Winkelmann, L. und Bosch, H. / Deutscher Brauer-Bund e.V.
Screening von OTA und DON in deutschen Bieren von 1995 -2000
24. Mykotoxin-Workshop, Berlin-Marienfelde 2002
139
Seit Jahren beschäftigt sich der Deutsche Brauer-Bund mit den Ursachen für ein seit Jahrzehnten bekanntes
Phänomen, das sich mit z. T. heftigem Überschäumen beim Öffnen einer Bierflasche äußert. Obwohl viele Ursachen
hierfür verantwortlich sein können, hat sich herausgestellt, dass der Befall des Getreides mit Schimmelpilzen dabei
eine große Rolle spielt. Aus diesem Grund und im Hinblick auf sich abzeichnende gesetzliche Regelungen sind seit
1995 jedes Jahr regelmäßig zusammengehörige Proben von Würze und Bier aus der laufenden Produktion auf
Ochratoxin A und Deoxynivalenol (DON) untersucht worden
Die Daten der Würze- und Bieranalysen ergeben Durchschnittswerte deutlich unter allen in der Diskussion
stehenden, eventuellen Grenzwerten. Allerdings gäbe es einzelne erhöhte Werte, die sich bis zum Bier im Verlauf
des normalen Produktionsprozesses absenken. Sie werden auf eine erhöhte Belastung im Malz zurückgeführt. - Die
Daten zeigten eine z. T. vorhandene, aber geringe Kontamination des Bieres, die aus den Rohstoffen herrührt und
nach seiner Einschätzung durch Maßnahmen im Produktionsprozess nicht beeinflusst werden kann.
Die Festsetzung von Grenzwerten im Endprodukt wird von den Autoren nicht für sinnvoll gehalten.
Winter, E., Kliesch, S., Souchon, R., de Wit, M. / Helios Kliniken Schwerin / Universitätsklinik Münster /
Allgemeines Krankenhaus Hagen / Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg
Diagnostik des Hodentumors
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 44 / 14. November 2005 S. C 2399
Der Hodentumor wurde in den letzten zwei Jahrzehnten zm Beispiel eines heilbaren Tumors.
Testikuläre maligne Keimzelltumoren betragen nur 1 % aller Neoplasien, sind jedoch mit 23 Prozent der bösartigen
Neubildungen das häufigste Tumorleiden bei Männern bis zu einem Alter von 45 Jahren. Eine Ursache vermuten die
Autoren in der Veränderung von Umweltfaktoren. Leitlinien ermöglichen eine wissenschaftlich abgesicherte
Hilfestellung für ärztliche Entscheidungsprozesse und bieten eine valide Basis für nachhaltige Verbesserungen der
Versorgungsqualität und der Therapieergebnisse sowie zur Minimierung von Behandlungsrisiken. Die Autoren
sehen im kontralateralen Hodentumor, auch im Maldescensus und Kryptorchismus gesicherte Risikofaktoren. Auch
das Auftreten von Hodentumoren bei erstgradig Verwandten stelle ein Risiko dar.
Wolf, D.; Guth, S.; Kemény, M.; Eisenbrand, G. // Fachrichtung Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie,
Technische Universität Kaiserslautern
Aufgaben und Funktionen der "Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit
von Lebensmitteln" der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004 - 47; S. 857 - 861
Die SKLM berät Behörden und Regierung in Fragen der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln
unter Einschluss neuartiger und funktioneller Lebensmittel sowie von Inhalts- und Zusatzstoffen, aber auch zu
Fragen der Bewertung neuartiger Lebensmitteltechnologien/Verfahren. Konkrete Themen ergeben sich aus
Anfragen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz. Fragen von besonderer Bedeutung für den Verbraucherschutz werden von der Kommission auch direkt aufgegriffen. Die Kommission formuliert Bewertungen und
Empfehlungen, welche die zu beratenden Stellen in die Lage versetzen, in eigener Verantwortung sachgerechte
Entscheidungen zu treffen. Aufgabe der Senatskommission ist die wissenschaftliche Bewertung von lebensmittelrelevanten Stoffen und Verfahren in Bezug auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit.
Wolfram, Prof. Dr. med. G. / München, Freising-Weihenstephan
Kommentar
Aktuelle Ernährungsmedizin, Jg. 30, H. 5, Oktober 2005, S. 229
Der Autor äußert sich zu Publikationen und Meldungen über die neuesten Ernährungsstudien. Diese liegen im
Zentrum der aktuellen Bemühungen um die Prävention von Krebs durch Ernährung.
Durch die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Zufuhr von 650 g Gemüse und Obst
pro Tag könne eine Reduktion der Krebsneuerkrankungen von 20 % bei Frauen und 30 % bei Männern erreicht
werden. Die aktuellen Studien seien von renommierten Arbeitsgruppen durchgeführt und methodisch auf dem
neuesten Stand. Ihre Ergebnisse sind aufgrund der durch sie erfassten geographischen Regionen und Bevölkerungsgruppen auch für Deutschland relevant. Eine der Besonderheiten der EPIC-Studie, die in 10 Ländern
Europas durchgeführt wird, ist die hohe Variation in der Ernährungsweise der Teilnehmer.
Die Auswertung zeige keine Assoziation zwischen dem Brustkrebsrisiko und dem Verzehr von Gemüse oder Obst.
Eine mögliche Erklärung könnte darin bestehen, dass die Entstehung von Brustkrebs insbesondere hormonell
beeinflusst ist - abzulesen an der Bedeutung reproduktiver Faktoren wie Kinderzahl, Stilldauer oder Alter bei der
Menopause - und damit den direkten Einfluss der Ernährung bei Betrachtung des Verzehrs von Lebensmittelgruppen
bei dieser Krebsart in den Hintergrund dränge. Es gäbe aber vermehrt Hinweise darauf, dass Ernährungsfaktoren,
die den Hormonstoffwechsel beeinflussen, eine Rolle bei der Prävention von Brustkrebs zu kommt. Auch wenn das
Ergebnis der o. g. Studie auf den ersten Blick enttäuschen mag, bestehe nach Einschätzung des Autors doch aus
anderen Studien eine deutliche Evidenz dafür, dass der Verzehr von Gemüse und Obst vor Krebs in Mund, Pharynx,
Larynx, Speiseröhre, Magen, Blase, Dickdarm und Lunge schützt. Die Studie aus den USA bestätige Befunde aus
vorhergehenden Studien mit prospektivem Design, dass das Darmkrebsrisiko mit vermehrtem Verzehr von rotem
Fleisch (Schwein, Rind, Schaf) und insbesondere Fleischprodukten / Wurst steigt.
140
Auch zwei Meta-Analysen kamen zu diesem Ergebnis. Die teilweise überzogenen Reaktionen in der Laienpresse
mit einer Verallgemeinerung auf alle Krebserkrankungen bis hin zu einer generellen Infragestellung der Empfehlung
von vermehrtem Verzehr von Gemüse und Obst sei nicht nachvollziehbar. Letztere stehe nach wie vor auf solider
wissenschaftlicher Basis. Der Rat, mehr Gemüse und Obst zu essen und sich bei rotem Fleisch und Fleischwaren /
Wurst zurückzuhalten, sei damit nicht vom Tisch. Diese Ernährungsweise bleibe wegen der gleichzeitigen
Wirksamkeit gegen Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt und nach wie vor viele Krebsarten die
Emährungsmaßnahme mit der größten präventiven Wirkung.
Zimmermann, A.
Mediziner-Treffen in der Märkischen Schweiz
Diesmal Gesprächskreis zu Karzinomen der Luftwege in Buckow
Märkische-Oder- Zeitung, 21. 08. 2003
Die Buckower Rehabililationsklinik Märkische Schweiz lädt in Zusammenarbeit mit der Berliner Charite, Ärzte an
Krankenhäusern und niedergelassene Mediziner der Region inzwischen bereits zum fünften Mal zu ihrem BerlinBrandenburger Gesprächskreis ein. Mehr als 50 Mediziner werden erwartet, wenn es um aktuelle Trends auf dem
Gebiet der Therapie, Anschlussheilbehandlung und Nachsorge von Karzinomen im Bereich der oberen, und unteren
Luftwege geht. "Krebserkrankungen werden in diesem Jahrhundert hinsichtlich der Todesursache leider zur Volkskrankheit
Nummer eins werden", sagt Prof. Dr. Michael Matthias, ärztlicher Leiter der Rehabilitationsklinik Märkische
Schweiz in Buckow. Noch führten Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Liste der Haupttodesursachen an. Aus Sicht
des Mediziners hänge die Krebshäufigkeit hauptsächlich mit der Zunahme des durchschnittlichen Lebensalters
zusammen. Bei den Krebserkrankungen selbst sei der Lungenkrebs bei Männern heute die Haupttodesursache, bei
den Frauen stünde dieser nach dem Brustkrebs bereits an zweiter Stelle. Matthias macht dafür vor allem den
Tabakkonsum oft seit frühester Jugend verantwortlich. So seien nahezu 90 Prozent der Lungenkrebspatienten
Raucher. Leider gebe es derzeit keine Reihenuntersuchungen als Vorsorgemaßnahme bei dieser Krebserkrankung.
Mit den Röntgenuntersuchungen in der DDR sei Lungenkrebs damals zwar öfter diagnostiziert und dann auch
operiert worden, die Heilungrate habe dadurch allerdings nicht verbessert werden können. Der fünfte Gesprächskreis richtet sich an HNO-Ärzte, Internisten, Chirurgen und Diagnostiker wie Radiologen und Pathologen sowie an
Allgemeinmediziner in Berlin und Brandenburg.
Zimmermann, C. und Weber, R. - Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin,
Berlin
Assessment of dietary intake of Patulin by the population of EU Member States
Direktorate-General Health and Consumer Protection, Bericht, März 2002
Patulin hat antibiotische Eigenschaften.
Als Höchstwert gilt in den EU-Mitgliedsstaaten 50 µg/kg in Österreich für Fruchtsäfte, in Finnland für alle
Lebensmittel, in Frankreich, im Vereinigten Königreich, in Deutschland für Apfelsaft, in Italien für Fruchtsäfte, in
Norwegen generell, in Schweden für Beeren und Produkte aus Beeren.
zur Hausen, Prof. Dr. Dr. h.c. H. / Vorsitzender und Wissenschaftliches Mitglied des Stiftungsvorstandes des DKFZ
Lösung des Krebsproblems in diesem Jahrhundert?
Prognosen und Einschätzungen
Krebsforschung heute, Berichte aus dem DKFZ, 2002
Das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts war in der Krebsforschung dominiert von der Entdeckung der genetischen
Grundlagen der Krebserkrankungen.
Die Identifizierung wachstumsstimulierender und -unterdrückender Gene und die Analyse der Regulation des Zellzyklus haben zum Verständnis der Krebsentstehung beigetragen.
Weitgehend auf der Strecke geblieben sei bisher die Prävention, obwohl gerade hier eigentlich ein besonderer
Schwerpunkt liegen müßte. Die Tabakprävention wird in Deutschlanmd immer noch zu wenig unterstützt. Hier
könnten 40.000 bis 70.000 Krebstote jährlich vermieden werden. Viel Hoffnung wird auf die Vorbeugung von
Krebserkrankungen gesetzt, die mit Infektionen in Verbindung stehen. Genannt wird HVB. Gegen den Gebärmutterhalskrebs werden in den kommenden Jahren Impfstoffe zur Verfügung stehen.
Das National Cancer Institute der USA nennt fünf Hauptgebiete der künftigen wegweisenden Entwicklungen der
Krebsforschung. Dies sind: Die Genomforschung und die Genetik, die molekulkare Epidemiologie, die Zellbiologie,
die Immunbiologie und die Immuntherapie sowie die Bioinformatik. zur Hausen sieht die Prävention vor allem aus der Risikofaktorenerfassung, der Epidemiologie und nicht
notwendigerweise aus der Genomforschung kommen.
Zylka-Menhorn, V.
Eine tickende Zeitbombe
Die Auswirkungen einer Dioxin-Vergiftung stellen sich eher schleichend als akut ein.
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 101 / Heft 51-52 / 20. Dezember 2004
141
Im Zusammenhang mit der Dioxinvergiftung des Ukrainischen Oppositionsführers Juschtschenko diskutiert die
Autorin über die Kanzerogenität der Dioxine. Sowohl tierexperimentelle Daten als auch epidemiologische
Beobachtungen beim Menschen sprechen für eine krebserzeugende Wirkung von 2,3,7,8-TCDD. Die International
Agency for Research on Cancer (IARC) hat die Substanz 1997 in die Kategorie l ("carcinogenic to humans")
eingestuft. Allerdings ist der krebserzeugende Mechanismus nicht geklärt. Möglicherweise löst Dioxin nicht selbst
die Krankheit aus, sondern wirkt als Verstärker und Beschleuniger bei der Tumorbildung. Karzinome der Leber und
der Bauchspeicheldrüse werden als Berufskrankheit anerkannt, falls Betroffene über Jahrzehnte mit dioxinhaltigen
Substanzen in Berührung kamen.
Zylka-Menhorn, V.; Koch, K. und Meyer, R.
Hormontherapie: Konträre Einschätzungen
Deutsches Ärzteblatt 2005, S. C 1830-1831
Die Women`s Health Studie über die posmenopausale Hormontherapie war vorzeitig abgebrochen worden, weil sie
das Risiko um 26 % erhöht, an einem Mammakarzinom zu erkranken. Außerdem erhöhte die Hormontherapie das
Erkrankungsrisiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte. Prof. Dietel, Pathologe an der Berliner Charitè, bezweifelt
das karzinogene Potenzial. Die IARC hat hingegen kombinierte Östrogen-Gestagen-Kombinationen als "krebsverursachend" eingestuft. Den Risiken stehe eine protektive Wirkung vor Endometrium- und Ovarkarzinom
gegenüber.
Zylka-Menhorn, V. / Meyer, R.
„Eine Kausalität lässt sich aus den Daten nicht sicher ableiten"
Deutsches Ärzteblatt 2007 / S. C 16-17
Die Autorin berichtet über erste Meldungen über den Inzidenzrückgang der Brustkrebsinzidenz im Ergebnis der
Verminderung der Hormonanwendungen in der Postmenopause:
Auf dem 29. San Antonio Breast Cancer Meeting, gab der Biostatistiker Peter Ravdin vom M. D. Anderson Cancer
Center in Houston/Texas bekannt, dass die Zahl der Brustkrebsneuerkrankungen in den USA um durchschnittlich
sieben Prozent zurückgegangen ist. Auf der Basis der Meldungen an das Surveillance Epidemiology and End
Results (SEER)-Register, welches vom US-National Cancer Institute betrieben wird, wurde die Brustkrebsinzidenz
von 1990 bis Ende 2003 erfasst. Ravdin und Mitarbeiter beschränkten ihre Analyse auf neun Regionen des Landes;
diese gelten als repräsentativ für die Vereinigten Staaten. - Anfang 2003 fiel die Kurve scharf ab - im ersten
Halbjahr um sechs und im zweiten Halbjahr um neun Prozent, was einen Jahresdurchschnitt von sieben Prozent
ausmacht. Rechne man diese Zahlen auf die gesamten USA hoch, traten 2003 etwa 14.000 weniger Brustkrebserkrankungen auf als 2002 (das entspricht 124 Fällen pro 100.000 Frauen in 2003 bei 134 Fällen pro 100.000 Frauen
in 2002). Der stärkste Rückgang mit etwa zwölf Prozent wurde in der Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen
mit Östrogenrezeptor-positiven Tumoren verzeichnet. - Noch 2000 hatten 30 Prozent der Frauen älter als 50 Jahre
gegen Wechseljahresbeschwerden Hormonpräparate eingenommen; etwa die Hälfte von ihnen stoppte die
Behandlung, als durch die WHI-Studie im Sommer 2002 ihre kanzerogenen und kardiovaskulären Risiken aufgedeckt wurden. In der Gruppe der hormonsensitiven Karzinome war der Rückgang der Neuerkrankungen am
deutlichsten ausgeprägt. Den Skeptikern der Hypothese entgegnete er, dass sein Team auch andere Theorien für den
Rückgang der Brustkrebsinzidenz geprüft habe. Nur der Rückgang in der Hormontherapie sei stark genug, um den
statistischen Effekt zu erklären.
Auch in Deutschland ist die kombinierten Östrogen-Gestagen-Präparate zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden zurückgegangen. Nach einem Bericht der Techniker-Krankenkasse hat sich das Verordnungsvolumen
im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr etwa halbiert.
Die Auswirkungen auf die Brustkrebsinzidenz in Deutschland lassen sich derzeit noch nicht beurteilen. Denn es
existiert immer noch kein bundesweites Krebsregister. Die von den Krebsregistern der Länder nach unterschiedlichen Standards erhobenen Daten werden von der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in
Deutschland (GEKID) zusammengeführt. Ihre letzte veröffentlichte Analyse beinhaltet die Auswertungen aus dem
lahr 2002. Nach ersten Auswertungen der Krebsregister in Saarland und Schleswig-Holstein, die eine Million bzw.
2,8 Millionen Einwohner erfassen, sei die Brustkrebsinzidenz im Jahre 2004 gegenüber dem Vorjahr in allen Altersklassen um 9,2 Prozent zurückgegangen. In der Gruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen verzeichne man sogar einen
Rückgang von 13 Prozent. - Ob ein Zusammenhang mit der postmenopausalen Hormontherapie besteht, versucht
das Krebsregister Schleswig-Holstein anhand einer eigenen Studie zu eruieren. In diesem Bundesland wurden seit
2001 inzwischen 100 000 Frauen befragt, ob sie Hormone einnehmen. Katalinic sehe in den zu erwartenden Ergebnissen nur eine schwache Beweiskraft, aber sie seien Steine eines Mosaiks.
Zylka-Menhorn, Dr. med. Vera / Ressortleiterin Medizinreport
HTA-Bericht zur postmenopausalen Hormontherapie
Alter Wein in neuen Schläuchen
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 12 / 23. März 2007 / S. C-633
Die Autorin berichtet über die Veröffentlichung des HTA-Berichts (Health-Technology-Assessment(HTA)-Bericht
52) zur postmenopausalen Hormontherapie, den das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und
142
Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums publiziert hat. Der Bericht bestätigt einmal
mehr "amtlich": Die Hormontherapie (HT) kann gesunden Frauen in der Postmenopause nicht zur primären
Prävention von Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen werden, da die negativen Effekte nicht
durch die positiven Effekte aufgewogen werden. Einem reduzierten Fraktur- und Darmkrebsrisiko steht ein erhöhtes
Brustkrebs- und kardiovaskuläres Risiko gegenüber. Es bleibe dabei: Die Kombinationstherapie aus konjugierten
equinen Östrogenen und Medroxyprogesteronazetat sollte nur nach Abwägung aller Nutzen und Risiken und dann
nur kurzzeitig verordnet werden. Frauen bleibe es nicht erspart zu entscheiden, ob sie Risiken in Kauf nehmen
wollen, wenn sie diese medikamentöse Behandlung wegen Hitzewallungen in Betracht ziehen, meinte Prof. Dr.
med. Martina Dören (Charite, Berlin) gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Ein Diskussionshinweis entkräftet die
wiederholte Kritik der HT-Befürworter, die US-Studien seien nicht repräsentativ für die Verhältnisse in
Deutschland. Solange keine qualitativ guten Interventionsstudien für Deutschland das Gegenteil beweisen, sollte die
Übertragbarkeit der amerikanischen Studienergebnisse auf deutsche Verhältnisse angenommen werden. Diese
Bewertung wäre zum Zeitpunkt der "heißen" Diskussionen hilfreich gewesen. Auch ohne den HTA-Bericht habe
sich das Stimmungsbild inzwischen gewandelt. Sind 1999 noch l,156 Milliarden definierte Tagesdosen zur
postmenopausalen Hormontherapie verordnet worden, waren es im Jahre 2005 nur noch 483 Millionen.
Wenn hilfsbereite Zellen bösartig werden
Science, Bd. 306, S. 1568 / Berliner Zeitung, 1. 12. 2004
Magenkrebs entwickelt sich offenbar - anders als bisher angenommen - nicht aus Stammzellen der Magenschleimhaut sondern aus Stammzellen aus dem Knochenmark. Das haben Forscher der Universität of Massachusetts
in Worcester in Tierversuchen an Mäusen herausgefunden. Seit Jahren sei bekannt, dass dem Magenkrebs fast
immer eine chronische Entzündung durch Helicobacter pylori eine Rolle spielt. Durch die chronische Entzündung
sterben die Stammzellen der Magenschleimhaut ab. Dafür wandern Stammzellen aus dem Knochenmark ein. Die
Stamzellen wandeln sich in Schleimhautzellen um, wachsen allerdings unförmig und extrem schnell.
Wie die Gerste sich gegen Mehltau schützt
Uralte Genmutation ähnelt den Tricks heutiger Forscher
Nature, Bd. 320, S. 887 / Berliner Zeitung, 19. 08. 2004
Nach einer Meldung der Berliner Zeitung haben Paul Schulze-Lefert und seine Kollegen vom Kölner Max-PlanckInstitut für Züchtungsforschung (MPIZ) herausgefunden, dass die Natur selbst Gene deaktiviert. Sie berichten im
Wissenschaftsmagazin Nature (Nature, Bd. 320, S. 887), dass die Landwirtschaft seit Jahrtausenden von einem
Gendefekt profitiert, durch den bestimmte Gerstensorten resistent gegen Mehltau-Pilze werden. Der Mehltau ist
eine bei Getreide häufig auftretende Pilzerkrankung, die immer wieder zu beträchtlichen Ernte-Einbußen führt. Eine
Ursache dafür liegt im so genannten MLO-Gen, das die Bauanleitung für ein Protein enthält, welches die pflanzliche
Abwehr gegen den Pilz unterdrückt. Wird das MLO-Gen blockiert, so kann sich die Gerste gegen den Mehltau-Pilz
wehren. Eine Mutation mit eben dieser Wirkung ist offenbar bei einer frühen Gerstensorte aus Äthiopien aufgetreten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Resistenz mit klassischen Züchtungsmethoden in neue Gerstensorten
eingekreuzt. In vielen modernen pilzresistenten Gerstensorten ist das MLO-Gen komplett vorhanden gleichfalls
jedoch eine verstümmelte Variante des gleichen Gens (mlo). Diese lenkt die Proteinfabrik in den Zellen der Gerste
davon ab, den kompletten MLO-Gencode auszulesen und stört so die Funktion des MLO-Gens. Dadurch kann sich
die Gerste gegen den Pilz wehren. Beim Vergleich der Erbgutsequenzen verschiedener Zucht- und Wildtypen der
Gerste zeigte sich, dass die Kombination von MLO- und mlo-Genabschnitten nur bei Pflanzen zu finden ist, die vom
Menschen kultiviert wurden. Daraus schließen die Forscher, dass die Mutation erstmals auftrat, nachdem Gerste
gezielt für Nahrungs-zwecke angebaut wurde. Unklar sei, ob die ersten Bauern im äthiopischen Hochland die
pilzresistente Gerste bereits bewusst gezüchtet haben.
Bis zu 4.000 Tote nach Katastrophe von Tschernobyl
Vereinte Nationen ziehen eine ausführliche Bilanz
Berliner Zeitung, 7. 09. 2005
A. Brüning berichtet von einer Konferenz des Tschernobyl-Forums am 5./ 6. 09. 2005 in Wien: Das Unglück im
Kernkraftwerk Tschernobyl wird nach neuesten Erkenntnissen weitaus weniger Opfer fordern als ursprünglich
befürchtet. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Tschernobyl-Forums aus Vertretern von acht UNOrganisationen sowie den Regierungen von Weißrussland, Russland und der Ukraine hervor. Bislang starben dem
Bericht zufolge etwa 50 Menschen an einem akuten Strahlensyndrom. Die Zahl der Todesopfer werde in den
kommenden Jahren aber noch stark steigen und 4 000 erreichen. Kurz nach dem Unglück hatten Experten noch mit
mehreren hunderttausend Toten gerechnet. Am Tag der Unglücks wurden etwa tausend Menschen verstrahlt, vor
allem Arbeiter des Kraftwerks und Rettungskräfte. In den ersten beiden Jahren nach der Katastrophe waren weitere
200.000 Menschen starker Radioaktivität ausgesetzt. Etwa 2.200 von ihnen werden in den kommenden Jahren an
Krebs als Folge der Strahlung sterben. Außerdem lassen sich 4 000 Fälle von Schilddrüsenkrebs auf den Unfall
zurückführen. Betroffen sind vor allem Kinder und Jugendliche; neun sind bereits an der Krankheit gestorben. Die
meisten Patienten werden die Erkrankung überleben, denn sie lässt sich inzwischen gut behandeln und führt nur
noch in einem Prozent der Fälle zum Tod. "Die Mehrheit der Hilfskräfte und fünf Millionen Einwohner in der
143
kontaminierten Region war jedoch nur einer relativ geringen Strahlendosis ausgesetzt", betont Surton Bennett, der
Vorsitzende des Tschernobyl-Forums.
Langfristiges Krebsrisiko durch DDR-Uranbergbau
Berliner Zeitung, 18. 10. 2006
dpa meldet, das Lungenkrebsrisiko ehemaliger Bergarbeiter aus den Uranbergbau der DDR sei bis heute deutlich
erhöht. Das hat die weltweit größte Studie zu diesem Thema ergeben, die ein Team um Bernd Grosche vom
Bundesamt für Strahlenschutz im British Journal of Cancer veröffentlicht hat. Die Forscher untersuchten 59.000
Mitarbeiter der Wismut AG, die zwischen 1946 und 1998 im Erzgebirge und in Thüringen beschäftigt waren. Davon
starben während der Studie 2.388 an Lungenkrebs. Das Krebsrisiko nehme langsamer ab als erwartet. Insgesamt
rechnen die Autoren der Studie mit rund 7.000 Lungenkrebstoten.
Hunde spüren Krebserkrankungen im Atem auf
Leben? Leben! Offizielles Magazin der Frauenselbsthilfe nach Krebs e. V. Nr. 1/2006
Auf der Suche nach zuverlässigen Methoden für die Früherkennung von Krebs entdeckten Forscher, dass Krebszellen flüchtige organische Verbindungen bilden, die in vielen Fällen mit dem Atem ausgeschieden werden. Bereits
seit einigen Jahren gibt es Berichte darüber, dass Hunde eben diese Substanzen aufspüren können. Wie frühere
Studien zeigten, konnten sie z. B. Hautkrebs erschnüffeln und Blasenkrebspatienten am Urin identifizieren. Ein
amerikanisch-polnisches Forscherteam testete nun, ob Hunde Lungen- oder Brustkrebs am Atem erkennen können.
Dazu ließen sie 55 Lungenkrebs- und 31 Brustkrebspatienten sowie 83 gesunde Kontrollprobanden mehrmals durch
ein Röhrchen atmen und anschließend fünf zuvor trainierte Hunde an diesen Proben schnüffeln. Die Hunde
erkannten die Proben der Krebspatienten problemlos und mit hoher Zuverlässigkeit. Die Forscher wollen nun die
Substanzen genauer bestimmen, auf die die Hunde reagiert haben. Ihrer Ansicht nach könnte möglicherweise die
"Schnüffeldiagnose" künftig die herkömmlichen Früherkennungsmethoden ergänzen.
Uhlhaas, Christoph
Aus der Puste / Eine elektronische Nase erkennt Krankheiten anhand der Atemluft. Das Gerät liefert Hinweise
auf Krebs und Bakterieninfektionen.
Berliner Zeitung, 4. 1. 2008
Fünf Hunde sorgten im vergangenen Jahr an einer Klinik im kalifornischen Marin County für Aufsehen, weil sie
Brust- und Lungenkrebsleiden zuverlässig in Atemluftproben erschnüffelten. Ähnliches leistet ein Gerät, das Jörg
Ingo Baumbach und seine Kollegen vom Dortmunder Institute for Analytical Sciences der Leibniz Gemeinschaft
entwickeln. Es ermittelt die chemische Zusammensetzung der Atemluft und macht so die Spuren von Krankheiten
wie Krebs, Lungeninfektionen und Diabetes sichtbar. - Ähnlich wie bei Alkoholkontrollen pustet der Patient einfach
in das Gerät. Binnen einer Minute soll der Arzt einen Ausdruck erhalten, der die Zusammensetzung der Atemprobe
anzeigt. Je nachdem welche von den mehr als 600 infrage kommenden chemischen Verbindungen in welcher Menge
enthalten ist, lässt sich auf Krankheiten schließen. - Jede Zelle des Körpers produziert chemische Verbindungen, die
bei ihrem Stoffwechsel anfallen. Einige davon gelangen in die Atemluft. Bei Krebserkrankungen und Infektionen
ändert sich der Stoffwechsel und damit auch der Atemluft-Mix. Krebserkrankungen oder Infektionen der Atemwege
hinterlassen komplexere Muster. Wie sie zu interpretieren sind, versuchen die Dortmunder Forscher zurzeit
herauszufinden. - Den chemischen Fingerabdruck von Lungenkrebs kennt Baumbachs Team bereits: Er ist an einem
Muster aus 25 chemischen Verbindungen in der Atemluft zu erkennen. Die elektronische Nase ist in der Lage, die
Erkrankung zuverlässig zu erkennen, wie sich in einem ersten Praxistest in der Lungenklinik der westfälischen
Kleinstadt Hemer zeigte. 90 Probanden gaben eine Atemprobe ab, 36 von ihnen hatten Krebs. Durch die Analyse
wurden immerhin 35 der Patienten erkannt. Tetravalenter Impfstoff gegen humane Papillomviren
Ist das Zervixkarzinom langfristig passè?
Onkologie heute, Sonderdruck, Mai 2006
Die Zeitschrift erichtet wird vom 27. Deutschen Krebskongress in Berlin:
PD Dr. Monika Hampl, Düsseldorf, sprach auf dem Kongress von einer großen klinischen Relevanz der HPVlmpfung. Bei den HP-Viren handele es sich um Viren, die weltweit verbreitet sind, streng wirtspezifisch reagieren
und beim Menschen verschiedene Infektionen vor allem im Bereich der Haut und der Schleimhäute verursachen
können. Das Genom der DNA-Viren setzt sich aus den so genannten "early genes" E1 bis E7 und den "late genes"
L1 und L2 sowie der Kontrollregion zusammen.
Das Zervixkarzinom sei in Europa nach dem Brustkrebs der zweithäufigste bösartige Tumor bei jungen Frauen. In
Deutschland kommt es jährlich im Mittel zu 6.500 Neuerkrankungen. Die Sterblichkeit liege nach Angaben von
Professor Dr. Matthias Beckmann, Erlangen, hierzulande bei 32 %, jährlich sterben damit in Deutschland rund 2.000
Frauen infolge eines Gebärmutterhalskrebses. Für Anfang des Jahres 2007 wird die Zulassung des tetravalenten
HPV-Impfstoffs Gardasil® erwartet. Bei konsequenter Impfung Jugendlicher vor der Aufnahme des Sexuallebens
könnte der Impfstoff zu einem drastischen Rückgang des Zervixkarzinoms führen.
144
Bekannt seien bisher ca. 120 verschiedene HPV-Typen, von denen HPV 16 und 18 für mehr als 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich gemacht werden. Die beiden Virus-Typen seien außerdem mit Karzinomen der Vulva, der
Vagina, des Anus und des Penis assoziiert. Vor allem HPV 16 sei nach Hampl für einen erheblichen Prozentsatz der
Fälle eines Vulvakarzinoms und dessen Vorstufen verantwortlich. Die Prävalenz der HPV-Infektion in der
Bevölkerung sei allgemein hoch: Man könne davon ausgehen, dass 70 % der Menschen im Laufe ihres Lebens eine
HPV-Infektion durchmachen. Jährlich werden nach ihrer Einschätzung in Deutschland mehr als 1,5 Millionen
Frauen mit dem Virus infiziert, doch die überwiegende Mehrzahl der Infektionen verläuft folgenlos. Rund 500.000
der infizierten Frauen entwickeln eine niedriggradige Zervixläsion (CIN, zervikale intraepitheliale Neoplasie),
wobei diese in wiederum in rund 22.000 Fällen in eine höhergradige CIN (CIN 2/3) und in ein Zervixkarzinom
übergehe. Die Inzidenz gutartig verlaufender Infektionen sei damit sehr hoch, die Inzidenz des Zervixkarzinoms
dagegen vergleichsweise niedrig. Die geschätzte Inzidenz von Genitalwarzen liege bei 1 % - 2 %. Davon würden 90
% von den HPV-Typen 6 und 11 verursacht.
Teurer Hoffnungsträger
Krebsimpfung: Eine Spritze schützt vor Gebärmutterhalskrebs.
Doch hohe Kosten und Impfmüdigkeit gefährden den Erfolg
Apotheken-Umschau / 15. 4. 2007
Die Zeitschrift berichtet zur HPV-Impfung: Seit vergangenem Herbst ist der erste Impfstoff zugelassen, der zweite
steht kurz vor der Freigabe. Nun fragen sich Experten, ob unser Gesundheitssystem das teure Schutzprogramm
schultern kann. Seit mehr als fünf Jahren erforschen Wissenschaftler Nutzen und Sicherheit des neuen Impfstoffs.
„Die Studienergebnisse sehen sehr gut aus“, berichtet Prof. zur Hausen, der vor 30 Jahren erstmals eine Virusinfektion als Tumorursache entdeckte. Er gehe davon aus, dass bis zu 80 % der Gebärmutterhalskrebserkrankungen
verhütet werden können.
In der Regel zahlen Krankenkassen eine Impfung dann, wenn sie von der Ständigen Impfkommission (Stiko) am
Robert-Koch-Institut empfohlen wird. Deren Entscheidung war bei Redaktionsschluss noch nicht gefallen, doch
schon jetzt erstatten etliche Kassen die Kosten. Bei einem positiven Stiko-Votum werden andere nachziehen. Dann
rollt eine Kostenlawine auf das deutsche Gesundheitssystem zu. Bei rund 480 Euro liegt der Preis für die dreimalige
Injektion. Sie ist damit die teuerste Impfung, die je zum Einsatz kam. So schätzt Prof. G. Glaeske, Universität
Bremen, dass jeder dadurch vermiedene Todesfall 150.000 bis 200.000 Euro Kosten verursacht, jeder verhinderte
Krankheitsfall 50.000 Euro. /*
Der Bundesverband der AOK hofft, dass der Preis noch sinkt, zum Beispiel durch veränderte Packungsgrößen und
wenn sich ab dem Sommer die Impfstoffe von zwei Herstellern Konkurrenz machen.
Die Techniker Krankenkasse (TK) sieht die finanzielle Mehrbelastung gelassen. Man gehe davon aus, dass die
Impfung nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Ausgaben verhindert. Tausenden Frauen blieben langwierige
Therapien wegen des Tumors und seiner Vorstufen erspart.
Die Herstellerfirma Sanofi Pasteur MSD rechtfertigt den Preis mit hohen Entwicklungskosten. Etwa 800 Millionen
Euro habe man in das Projekt gesteckt. Forscher befürchten jedoch, dass die Impfung wegen der Kosten nur zögernd
eingeführt wird und für ärmere Länder unerschwinglich bleibt. Es sei notwendig, so Harald zur Hausen, dass der
Preis sinkt und dass auch neue, preiswertere Impfstoffe entwickelt werden.
Doch selbst wenn die Gesellschaft beschließt, die Kosten zu tragen, sei der Erfolg nicht gesichert. Denn die
Deutschen gelten als impfmüde. Laut Stiko haben schon jetzt lediglich 25 Prozent der Jugendlichen bis 18 Jahre alle
empfohlenen Schutzspritzen erhalten. Nur wenn sich mindestens 60 Prozent der Kinder impfen lassen, könne der
Gebärmutterhalskrebs in einigen Generationen nahezu verschwinden. Dr. M. Wojcinski vom Bundesverbandes der
Frauenärzte, ist dagegen zuversichtlich. Wir haben die Kinderlähmung besiegt, Masern, Mumps und die Röteln
zurückgedrängt. Wenn wir es richtig angehen, könne das auch mit dem Gebärmutterhalskrebs gelingen.
/* Anmerkung: Allein die vollständige Impfung der mit der Empfehlung der STIKO zur Impfung aufgerufenen ersten sechs
Geburtsjahrgänge – mehr als 2,4 Millionen Mädchen im Ater von 12 bis 17 Jahren – würde angesichts der hohen Impfkosten etwa 1,2
Milliarden € verschlingen. Für jeden weiteren Geburtsjahrgang ergeben sich für die vollständige Impfung Kosten in Höhe von etwa 200
Millionen €.
145
Nachgetragen: Zur HPV-Impfung
Das Deutsche Ärzteblatt veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 7. 1. 2008 die Diskussionsbeiträge zum Beitrag
Humanpathogene Papillomviren und Zervixkarzinonm von Löning und Coautoren. Die Diskussion wird an
dieser Stelle im Anhang ergänzt. Die Beiträge stützen die in der epidemiologischen Einschätzung getroffenen
Feststellungen.
Löning, M., Gissmann, L., Diedrich, K., Friese, K., Kreienberg, R., Hillemanns, P.
Humanpathogene Papillomviren und Zervixkarzinom
Entwicklung und derzeitiger Stand der ersten Impfstoffe gegen humanpathogene Papillomviren
Deutsches Ärzteblatt / 2007 / 104 / Nr. 41 / S. C 2404-2408
Die Autoren publizieren eine Übersichtsarbeit auf der Basis einer selektiven Literaturübersicht: Nachdem in den
1970er Jahren Harald zur Hausen die humanpathogenen Papillomviren (HPV) als verantwortlich für die Entstehung
von zervikalen Neoplasien und Zervixkarzinom postulierte, bestätigten dies experimentelle Untersuchungen durch
die Identifikation der HPV-high-risk-Typen 16 und 18 in 70 % der Zervixkarzinome.
Erste epidemiologische Studien in den 1980er Jahren stellten 1992 die Assoziation zwischen HPV und invasiven
Zervixkarzinomen sicher. Die Autoren gehen davon aus, dass 70 % der Zervixkarzinome durch die HPV-Typen 16
und 18 verursacht werden.
Die gentechnische Herstellung sogenannter "virus-like particles" (VLP), die aus den nukleinsäurefreien, nicht
infektiösen Virushüllen besteht, gelang Anfang der 1990er-Jahre. Diese VLPs wurden dann als Impfstoff entwickelt.
Nach Zulassung des tetravalenten Impfstoffs in den USA im Juni 2006 folgte die Zulassung für Europa im
September 2006. Die STIKO gab ihre Empfehlung Anfang März 2007. Die Zulassung des bivalenten Impfstoffs
durch die EMEA erfolgte im September 2007.
Alle kürzlich publizierten Studien weisen auf die hohe Effektivität der bivalenten und tetravalenten Impfstoffe in der
Prävention von zervikalen intraepithelialen Neoplasien hin. Die Wirksamkeit der Impfstoffe zeige ebenfalls hohe
Effektivität bei HPV-assozierten Präneoplasien der Vulva, Vagina und des Anus. Der bisher in den publizierten
Studien dokumentierte Impfschutz liege bei mindestens 5 Jahren. Die höchste Effektivität der Impfung werde bei
nicht infizierten jungen Menschen zu erwarten sein.
In Deutschland hat die Ständige Impfkommission (STIKO) im März 2007 die Impfung von 12- bis 17-jährigen
Mädchen empfohlen. Langfristig würde mit einer Senkung der Gebärmutterhalskrebsrate gerechnet, mittelfristig
schon mit einer Reduktion der sehr viel häufiger vorkommenden Krebsvorstufen (CIN). Der Nutzen für Deutschland
werde in erster Linie in einer deutlichen Reduktion der beim Screening entdeckten auffälligen Abstriche mit den
darauf folgenden notwendigen Maßnahmen für Abklärung, Behandlung und Follow-up liegen.
Die Einführung der Impfung könnte bereits in wenigen Jahren kosteneffizient sein. Von vielen Krankenkassen
erfolgte die Übernahme der Kosten, etwa 500 Euro für eine komplette Impfung, bereits vor der STIKO-Empfehlung.
Eine hohe Durchimpfungsrate wird vorausgesetzt.
Auch nach Einführung der HPV-Impfung blieben viele Fragen offen (HPV-Typen-Replacement, Durchbruchsinfektionen, protektiver Antikörpertiter, Dauer des Impfschutzes), die sich nur in populationsbasierten Studien
klären lassen. Das Früherkennungsprogramm des Zervixkarzinoms bleibe trotz Impfung weiterhin notwendig und
müsse optimiert werden.
Diskussion
Hirte, Dr. med. M.; Rabe, Dr. med. S.; Schmidt-Troschke, Dr. med. S. / "Ärzte für individuelle Impfentscheidung
e.V." Herdecke
Geringe Wirksamkeit
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 22
Hirte und Coautoren verweisen auf internationale Studien, die eine wesentlich geringere Wirksamkeit bescheinigen
als in dem euphorischen Artikel von Löning und Coautoren. In einem Leitartikel des New England Journal of
Medicine wurde die Wirkung der HPV-Impfung als bescheiden bezeichnet; ein Nutzen der Impfung für das
Gesundheitswesen sei nur im allergünstigsten Fall zu erwarten. Demgegenüber stehe die über 90-prozentige
Wirksamkeit der nebenwirkungsfreien Krebsvorsorgeuntersuchung. Sie kommen zu dem Schluß: Wer sich impfen
lässt, muss dennoch zur Vorsorgeuntersuchung, wer zur Vorsorguntersuchung geht, braucht keine Impfung.
Bevor ein Impfprogramm eingeführt wird, das durch seine exorbitanten Kosten die Beiträge zu den Gesetzlichen
Krankenkassen um bis zu 0,1 % anheben könnte, müssen in einem "Health Technology Assessment" Kosten,
Nutzen und Sicherheit mit anderen Maßnahmen zur Krebsprävention verglichen werden, etwa mit AntiRaucherkampagnen oder Aufklärungsprogrammen zu gesunder Lebensführung und Krebsvorsorge.
146
Dören, Prof. Dr. med. M. / Professur Frauenforschung und Osteologie / Charitè - Universitätsmedizin Berlin
Nutzen nicht erwiesen
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 22
Die "geballte Ladung" von Zahlen verstellt den Blick auf die Tatsache, dass nur bei einer Minderheit aller Frauen l
bis 2 Jahre nach einer Infektion mit dem Human Papilloma-Virus noch HPV-DNA nachweisbar ist. Etwa 70 % aller
Frauen sollen sich im Laufe des Lebens mit HPV-Viren Studien zufolge, die außerhalb Deutschlands durchgeführt
wurden, infizieren. Daten zur Seroprävalenz von HPV-Infektionen und HPV-DNA-Nachweisen liegen in
Deutschland nicht vor. Eine nicht weiter bezifferbare, aber wohl Minderheit von Mädchen/Frauen in Deutschland
habe eine persistierende HPV-Infektion, was zu Gebärmutterhalskrebs führen kann, aber nicht muss.
Die Professorin verweist daraf, der Nutzen der Impfung sei derzeit nicht bekannt, er könnte sehr bescheiden bis
nicht nachweisbar sein. Eine HPV-Impfung ersetzt sicher nicht eine - verbesserungswürdige - Krebsfrüherkennung.
Sie bezweifelt die Zweckmäßigkeit der Verwendung der Mittel für die Impfung und fragt sich: „Kann das Geld
einer Gesellschaft, die sich Prävention auf die Fahnen schreibt nicht besser angelegt werden, als Minderjährige mit
Maßnahmen und Informationen zu konfrontieren, deren Einfluss perspektivisch derzeit kaum abschätzbar ist?“
Wenderlein, Prof. Dr. med. J. Matthias / Universitätsfrauenklinik Ulm
Kostenfaktor diskutieren
Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 23
Wenderlein fordert, den Kostenfaktor zu diskutieren. In der weiblichen Bevölkerung gibt es in Deutschland 2,5
Millionen 12- bis 17-Jährige. Die Impfstoffkosten lägen initial für diese Gruppe bei 1,25 Milliarden Euro (derzeit je
500 Euro - ohne Kosten der Durchführung). Hinzu kämen Wiederholungsimpfungen nach 5 Jahren (evtuell nach 10
Jahren?). Pro Jahr kommen circa 380.000 Mädchen nach, die das 12. Lebensjahr erreichen, mit fast 200 Millionen
Euro Impfstoffkosten - bei angestrebter 100-prozentiger Teilnahme. Dem sind 6.500 Zervixkarzinom-Neuerkrankungen gegenüberzustellen. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von 82 Millionen und circa der Hälfte davon Frauen
trifft das Schicksal Zervixkarzinom l von 13.000. Dieses Risiko sei keineswegs auf alle Frauen gleich verteilt.
Starke Raucherinnen beispielsweise haben ein deutlich höheres Risiko. Das zeige sich eindrücklich in DysplasieSprechstunden zur Abklärung zytologischer Auffälligkeiten.
Zweifelsfrei schütze eine rechtzeitige Impfung sicher vor persistierenden HPV-Infektionen und deren Läsionen in
der Genital-/Analregion. Therapiekosten dafür sind den Impfkosten gegenüberzustellen, letztere liegen bei
vollständiger Nutzung längerfristig im Milliarden-Euro-Bereich. Brustkrebs-Neuerkrankungen kommen um den
Faktor 7 häufiger vor als Zervixkarzinome. Gesundheitsökonomen sollten klären, ob Screening und Impfung für
beide Krebsarten mit zur Rationierung in der Medizin beitragen. Dann wäre statt GKV-Erhöhung die Eigenbeteiligung bei den Impfkosten zu diskutieren.
Koutsky, Dr. L. A. und Coautoren / Department of Epidemiology, University of Washington
Quadrivalent Vaccine against Human Papillomavirus to Prevent High-Grade Cervical Lesions
N Engl J Med, Volume 356(19). May 10, 2007, 1915-1927 von 34
Die FUTURE II-Group, ein internationaler Forschungsverbund, untersuchte die Wirksamkeit der Impfung eines
Vierfach-Impfstoffs gegen HPV. Die Forscher sehen im Zervixkarzinom das zweithäufigste Karzinom der Frauen
weltweit und die führende Krebstodesursache in Entwicklungsländern. HPV der Typen 16 und 18 werden für etwa
70 % der Zervixkarzinome weltweit verantwortlich gemacht.
In einer randomisierten Doppelblindstudie (12.167 Frauen aus Asien, Nord- und Lateinamerika und Europa) im
Alter zwischen 15 und 26 Jahren (Durchschnittsalter etwa 20 Jahre), wurden 3 Dosen des Vierfachimpfstoffes
gegen die Typen 6, 11, 16 und 18 oder Placebo gegeben. In die Studie einbezogen wurden 5.305 Frauen in die
Vaccinegruppe und 5.260 in die Placebogruppe, die keine Virusinfektionen mit HPV-16 oder HPV-18 bis einen
Monat nach der dritten Impfdosis aufwiesen.
Die Probanden wurden bis drei Jahre nach der ersten Impfung nachbeobachtet. Der Endpunkt war eine zervikale
intraepitheliale Neoplasie 2. oder 3. Grades, ein Adenocarcinoma in situ oder ein Zervixkarzinom, verursacht durch
HPV 16 oder 18. Die Wirksamkeit wird in der Analyse (83 Fälle in der geimpften Gruppe/ 148 Fällen in der
Placebogruppe) mit 44 % angegeben. Es wir angenommen, dass die Infektionen, die die Läsionen in der untersuchten Population hervorgerufen haben, bereits vor der ersten Injektion aufgetreten waren. - Für die Wirksamkeit
des Impfstoffs gegen die Läsionen in Verbindung mit anderen HPV-Typen (219 Fälle in der geimpften Gruppe/ 266
Fällen in der Placebogruppe) ergibt die Analyse eine Reduzierung der Erkrankungen um 17 %.
Die Studiengruppe stellt damit ein signifikant geringeres Vorkommens von zervikalen intraepithelialen Neoplasien
durch HPV-16 und 18 als in der Placebgruppe fest. - Invasive Zervixkarzinome sind während der Studie weder bei
den geimpften noch in der Placebogruppe aufgetreten.
(Anmerkung: Die Rolle anderer karzinogener Stoffe bei der Entstehung der zervikalen Läsionen war nicht Gegenstand der Studie.)
147
Molekulare Mechanismen der Toxizität und Kanzerogenität des Mykotoxins Ochratoxin A
Universität Würzburg, online, 2007
Berichtet wird über ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt unter Leitung von Dr. Angela Mally und Prof.
Dr. Wolfgang Dekant. - Das Mykotoxin Ochratoxin A induziert Nierentumoren in Ratten. Der Mechanismus der
kanzerogenen Wirkung ist nicht geklärt, spielt aber für eine Risikoabschätzung eine entscheidende Rolle.
Ochratoxin A ist nicht mutagen, bildet keine reaktiven Intermediate und bindet nicht kovalent an DNA. Eine
Erklärung für die ungewöhnlich hohe Inzidenz an Nierentumoren in Ratten fehlt, die hohen Tumorinzidenzen
und charakteristischen histopathologischen Veränderungen deuten auf einen spezifischen Mechanismus hin.
Bereits nach kurzzeitiger Applikation führt Ochratoxin A zu ausgeprägter Karyomegalie sowie einem Anstieg der
Mitose- und Apoptoserate in Tubulusepithelzellen der Niere. Auch in vitro induziert Ochratoxin A Apoptose sowie
Bildung von Zellen mit abnorm vergrößerten und unregelmäßig geformten Zellkernen, die auf eine fehlerhafte
Trennung der Chromosomen während der Mitose und Zytokinese-Block hinweisen.
Es konnte gezeigt werden, daß es in Gegenwart von Ochratoxin A zu Störungen im Aufbau des Spindelapparates
kommt. Basierend auf diesen Beobachtungen wird vermutet, daß Ochratoxin A mit der Dynamik der SpindelMikrotubuli interferiert und auf diese Weise zu fehlerhafter Zellteilung, genetischer Instabilität und letztendlich
Tumorentstehung führt. Es wird erwartet, daß die geplanten Arbeiten einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung
der Mechanismen der Toxizität und Kanzerogenität von Ochratoxin A leisten.
Mechanismen der Ochratoxin A induzierten Kanzerogenität als Basis für eine verbesserte Risikobewertung
Universität Würzburg, online, 2007
Die Universität Würzburg berichtet auf ihrer Internetseite über ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt zur
Kanzerogenität von Ochratoxin A. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Wolfgang Dekant an der Universität
Würzburg. Am Projekt beteiligt sind Wissenschaftler aus Würzburg, London, Toulouse, Rom und Lausanne.
Das Mykotoxin Ochratoxin A ist stark nierentoxisch und erzeugt in Nagetieren Nierentumore. Der Mechanismus
der Auslösung von Nierentumoren ist nicht bekannt. Experimentelle Daten unterstützen sowohl gentoxische als auch
nicht-gentoxische Wirkmechanismen. Die Mechanismen der Wirkungen sind jedoch für die Bewertung der menschlichen Belastung durch Ochratoxin A und eine begründbare Festlegung von Grenzwerten sehr wichtig.
Die Rolle gentoxischer Mechanismen in der Kanzerogenität von Ochratoxin A soll im Projekt durch Bestimmung
der Bindung von markiertem Ochratoxin A an DNA in der Rattenniere bestimmt werden. Es werden Ergebnisse zur
Bewertung der Kontamination von Lebensmitteln durch Ochratoxin A erwartet.
EFSA bewertet Ochratoxin A in Lebensmitteln und legt tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge fest
Presseerklärung der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vom 09. 06. 2006
Der Wissenschaftliche Ausschuss für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) der Europäischen
Lebensmittelsicherheitsbehörde hat ein Gutachten zu Ochratoxin A (OTA) veröffentlicht. Das Mykotoxin wird von
bestimmten Pilzenarten zum Beispiel der Gattungen Penicillium und Aspergillus gebildet.
Der Ausschuss hat auf Bitte der Europäischen Kommission das frühere Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses für Lebensmittel von 17. September 1998 zu Ochratoxin A (s. auch S. 87) unter Berücksichtigung neuerer
toxikologischer Studien und Expositionsdaten überprüft. Besondere Beachtung schenkte man besonders gefährdeten
Gruppen wie beispielsweise Säuglingen und Kindern sowie Verbrauchergruppen, die aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten höheren OTA-Mengen als der Durchschnittsverbraucher ausgesetzt sind.
Das Gremium kam zu der Auffassung, dass sich OTA in der Niere anreichert und für dieses Organ besonders
toxisch ist. Unter Berücksichtigung aller derzeit verfügbaren Daten hat das Gremium für OTA eine tolerierbare
wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake - TWI) von 120 ng pro kg Körpergewicht festgelegt.
Momentan liegt die wöchentliche Exposition gegenüber OTA in der Bevölkerung allgemein zwischen 15 und 60 ng
pro kg Körpergewicht und damit weit unter diesem Wert.
Die Experten empfehlen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die OTA-Mengen in Lebensmitteln zu
reduzieren und ein Monitoring-Programm einzusetzen, um spezielle Expositionsdaten für bestimmte gefährdete
Gruppen zu erheben.
Unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten legte das Gremium für OTA eine TWI von 120 ng pro kg
Körpergewicht fest. Die derzeitigen OTA-Expositionsmengen liegen zwischen 15 und 60 ng pro kg Körpergewicht
pro Woche und damit weit unter der festgelegten TWI. In dieser Beurteilung werden sowohl Verbraucher mit
durchschnittlichen als auch mit hohen Verzehrsmengen von Lebensmitteln, die wesentlich zur OTA-Exposition
beitragen, berücksichtigt. Das Gremium empfahl außerdem, für bestimmte gefährdete Gruppen genauere
Expositionsdaten zu erheben. Zu diesen Gruppen zählen Säuglinge und Kinder sowie Verbraucher mit hohem
Konsum bestimmter regionaler Lebensmittelspezialitäten, die OTA enthalten.
148
Kampf den Mykotoxinen
FTE info // Magazin über europäische Forschung / Nr. 42 / August 2004 / S. 29 - 31
Das Forschungsmagazin der Europäischen Kommission berichtet über den dringend notwendigen Kampf gegen die
Mykotoxine.
Der Mensch nutzt seit jeher die Eigenschaften gewisser mikroskopischer Pilze, wie etwa die Fermente und Hefen,
die zur Erzeugung von Käse, Bier, Brot, Essig oder Jogurt dienen. Doch gewisse Schimmelpilzarten produzieren
gefährliche Gifte, die Mykotoxine, die seit etwa fünfzehn Jahren eingehend untersucht werden. Die im Mycotoxin
Prevention Cluster vereinigten Forschungsprojekte nehmen die Mittel zum Schutz der Verbraucher gegen diese
heimtückischen Gifte, die ein echtes Problem der Lebensmittelsicherheit und Volksgesundheit darstellen, unter
die Lupe. Die Mykotoxine, in erster Linie Aflatoxine, Ochratoxine, Trichothecene und Patulin, sind gefährlich,
weit verbreitet und bösartig. Dass manche von ihnen kanzerogene Wirkungen haben, ist erwiesen. Pilze können
auch zytotoxische oder teratogene Schadwirkungen verursachen oder das Immunsystem schädigen.
Die Mykotoxine, die von verschiedene Pilzen gebildet werden, können in einer breiten Palette von Lebensmitteln
vorhanden sein. Genannt werden Getreide, Früchte und Gemüse, Äpfel, Birnen, Tomaten, Möhren, Trauben, Nüsse,
Erdnüsse, Kaffee und Kakao. Ihre Gefährlichkeit sei umso beunruhigender, als sie manchmal schon in unglaublich
kleinen Mengen wirken. Sie haben nichts gemein mit der klassischen, nachgewiesenen Toxizität gewisser in
Lebensmitteln vorkommender industrieller Lösungsmittel, etwa des Tetrachlorkohlenstoffs. Das erklärte Professor
Naresh Magan von der Universität Cranfield (UK), Koordinator des Projekts Mycotoxin Prevention Cluster. So
wisse man beispielsweise, dass dieses Produkt bei 50 % der Ratten, die einer Dosis von 0,2 Gramm pro Kilo und pro
Tag ausgesetzt werden, Tumorbildungen hervorruft. Im Vergleich dazu sei ein gut bekanntes Mykotoxin wie das
Aflatoxin B1 3 Millionen mal stärker wirksam als das Lösungsmittel. Sein Schwellenwert beträgt 0,000 001 Gramm
pro Kilo und pro Tag.
Das Problem wiege umso schwerer, als diese Mykotoxine bemerkenswert stabil sind. Sie widerstehen hohen
Temperaturen und gewissen industriellen Verfahren. Kochen bietet keinerlei Schutz, und selbst nach Zerstörung des
schuldigen Pilzes kann das Gift noch vorhanden sein. Dass ein Lebensmittel nicht schimmlig ist, bürgt folglich
noch nicht für seine gute Qualität. Die Kontrollen auf der Stufe des Vertriebs der Erzeugnisse sind ein wichtiger
Schutz, aber die Feuerwehr zu spielen, die eingreift und verseuchte Lebensmittel aus den Regalen entfernt, um
Vergiftungen einzudämmen, sei alles andere als befriedigend. Ein wirklicher Fortschritt müsse von vorbeugenden Maßnahmen auf den vorgelagerten Stufen ausgehen. Dies sei der Zweck der europäischen Forschungen.
Unsere Strategie bestand darin, die kritischen Punkte entlang der gesamten Lebensmittelkette zu identifizieren
und die Verfahren zu bestimmen, die diese Situationen zu vermeiden helfen. Und dies schon vor der Ernte bis
hin zum Handel, über die verschiedenen Stufen wie etwa die Lagerung. Dieses Vorgehen namens HACCP
(Hazard Analysis by Critical Control Points) ist mittlerweile gängiger Standard in der industriellen Lebensmittelproduktion, aber weniger gebräuchlich auf den vorgelagerten Stufen.
Die zusammengetragenen Daten werden in ihrer Gesamtheit umso nützlicher sein, als die Europäische Union ein
neues Gesetzgebungsverfahren bezüglich der Mykotoxine eröffnet hat. Es gab bereits gesetzliche Grenzwerte für die
wichtigsten unter ihnen (Ochratoxine, Aflatoxine), aber diese Liste wird sich nächstens noch verlängern.
Die Verbreitung ihrer Forschungsergebnisse war von Anfang an ein wichtiges Anliegen der Projektteilnehmer.
Verschiedene Artikel, die die Erkenntnisse zusammenfassen und überdies praktische Empfehlungen liefern. Sie
betreffen insbesondere die Dekontaminationsstrategien, die PCR-Methoden und den Nachweis der Mykotoxinpilze.
Es wurden auch zahlreiche Konferenzen für die verschiedenen Berufssparten (Bierbrauer, Getreideproduzenten
usw.) organisiert.
Das derzeitige Wissen über die gesundheitlichen Schadwirkungen der Mykotoxine beruhe auf Forschungen an
Mäusen und Ratten. Um die Risikoabschätzung zu verfeinern und die Toxizitäts-Grenzwerte besser beurteilen zu
können, laufen verschiedene Versuche an menschlichen Zelllinien. Diese Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit
der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) und der WHO (Weltgesundheitsorganisation)
durchgeführt. Was uns ein bisschen beruhigen dürfte: Die Grenzwerte, die derzeit in Europa gelten, erwiesen sich
alle als ausreichend, um den Verbraucher zu schützen. Zumindest nach dem derzeitigen Stand des Wissens.
Diese Untersuchungen könnten auch dazu beitragen, mehr über die noch wenig erforschten Mechanismen der
Toxizität zu erfahren. So gelang es den europäischen Forschern, durch die Untersuchung der von den Toxinen
verursachten DNS-Schädigungen biologische Marker zu identifizieren, die von den Zellen freigesetzt werden, wenn
sie unter Stress stehen. Demnächst sollen auch die derzeit noch ungenügend erforschten Wirkungen einer
Langzeitbelastung mit schwachen Dosen untersucht werden.
Eine der größten Herausforderungen im Kampf gegen die Mykotoxine sei ihr Nachweis. Selbst wenn es gelinge, die
Risiken erheblich zu senken, bleibe es unumgänglich, durch die Lebensmittelhersteller und durch die Gesundheitsbehörden, die Kontaminationen in den Lebensmitteln zu erkennen. Dafür hat das Mycotoxin Prevention Cluster
verschiedene spezifische Methoden entwickelt: DNS-Arrays, PCR in Echtzeit, Elisa-Tests, lateral flow devices usw.
Manche dieser Techniken sind höchst sensibel und reagieren auf Konzentrationen von 0,02 ppm (parts per million).
Andere, weniger feine, werden zu kostengünstigen Schnelltests führen, die für einen Einsatz am Ort bestimmt sind.
Diese Instrumente sollen bei der Anwendung der Gesetze helfen.
149
Krebs und Geschlecht
FTE info / Magazin über europäische Forschung / Nr. 50 / August 2006 / S. 12 - 13
Die Autoren berichten im Magazin des Generaldirektorates für Forschung der Europäischen Kommission über die
Krebsforschung und über die Präventionsstrategie in der Europäischen Union.
Mit jährlich 88 400 Todesfällen ist Brustkrebs in Europa die häufigste Todesursache von Frauen zwischen 35 und
55 Jahren. - Die Spezialisten kennen über hundert Krebstypen. Diese Krankheiten ungleicher Schwere nehmen sehr
unterschiedliche Verläufe, ihnen liege jedoch ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: Aus noch schlecht verstandenen Gründen höre eine Zelle eines Tages auf, den inneren Signalen des Organismus zu folgen und beginne,
sich unkontrolliert zu teilen. Ein Tumor bildet sich. Krebszellen entweichen ihm und besiedeln andere Körperregionen, wo sie Metastasen bilden. Fast alle Organe können von solchen bösartigen Neubildungen betroffen sein.
Obwohl Krebs bereits in der frühesten Antike von Hippokrates beschrieben wurde, blieb die Frage, warum ein
Mensch an Krebs erkrankt, lange unbeantwortet. Der Medizinphilosoph François Dagognet sieht in der Krebserkrankung zum Teil eine Krankheit der „Innenwelt“, der genetischen Ausrüstung, und der „Außenwelt“, umweltbedingt.
Die britischen Epidemiologen John Higginson und Calum Muir, vom Centre International de Recherche sur le
Cancer in Lyon, haben 1977 als Erste die Ursachen der Krebserkrankungen quantifiziert. In einer berühmt
gewordenen Studie haben sie eingeschätzt, dass 80 % der Krebsarten Ursachen zuzuschreiben seien, die mit unserer
Umwelt im weitesten Sinne, einschließlich Ernährung und Lebensgewohnheiten (Rauchen, Alkoholkonsum,
mangelnde körperliche Betätigung) und passiver Exposition gegenüber verschiedenen Schadstoffen, zusammenhingen. Diese Zahl sei heute allgemein anerkannt. Auf ihr gründe sich denn auch eine der Hauptstrategien zur
Bekämpfung der Krebskrankheiten.
Dr. Olaf Kelm, der die Krebsstudien des Sechsten Rahmenprogramms in der Generaldirektion Forschung der
Europäischen Kommission betreut, erklärt dazu, wenn 80 % der Krebserkrankungen umweltbedingt seien, dann
hieße das, dass sie zum großen Teil vermeidbar sind, was die Vorbeugung zur wirksamsten Strategie zur Senkung
der Zahl der von dieser Krankheit betroffenen Menschen mache.
Diese Präventionsstrategie habe praktisch ihre Wirksamkeit beim Lungenkrebs bereits bestätigt. Es habe lange
gedauert, bis die Einsicht sich durchsetzte dass Rauchen eine wichtige Ursache war. Von 1954 bis 2004 wiesen die
alle zehn Jahre veröffentlichen Studien des britischen Arztes und Epidemiologen Sir Richard Doll mit größter
Strenge die erhebliche, proportional mit dem Tabakkonsum wachsende Zunahme des Lungenkrebsrisikos und
anderer Erkrankungen nach. Die Arbeiten von Richard Doll hatten auch nachhaltige Folgen für die Volksgesundheit. Sie erlaubten, die Ursachen der raschen Zunahme der Lungenkrebshäufigkeit im Laufe des 20. Jahrhunderts, die man sich zunächst weder erklären konnte noch einzudämmen wusste, zu verstehen. Vor allem aber
erlaubten sie, in den 70er Jahren die ersten öffentlichen Warnkampagnen gegen die Gefahren des Tabaks zu starten.
Warnungen, die heute ihre Früchte tragen: Die Häufigkeit dieser Krankheit beginnt zu sinken.
Den Ansatz, der sich beim Lungenkrebs bewährt hat, auf die geschlechtsspezifischen Tumore zu übertragen, ist kurz
umrissen die Leitidee des europäischen Programms Eurocadet. Ausgangspunkt dieses Exzellenznetzes ist eine
Feststellung: Eine Bewertung der Auswirkungen der nationalen und europäischen Anstrengungen zu Gunsten der
Krebsprävention stehe nach wie vor aus. Obwohl sie eine der Hauptstrategien zur Bekämpfung dieser Krankheit
darstellen, sehe es so aus, als ob man noch nichts von der umfassenden Wirksamkeit dieser Kampagnen wüsste „insbesondere in den unteren Volksschichten“, halten die Koordinatoren fest.
Durch Auswertung der Daten von 14 Epidemiologenteams sollte Eurocadet ein Bild der Krebserkrankungen in
Europa gemäß den verschiedenen Präventionsszenarios entwerfen.
Vorbeugen bedeute auch, die Krankheit so früh wie möglich zu diagnostizieren. Je früher ein Tumor entdeckt
würde, desto besser stünden die Heilungschancen. Was die Frauen betreffe, habe sich die Praxis des Gebärmutterabstrichs bei der gynäkologischen Untersuchung am besten etabliert. In den Ländern, in denen regelmäßig
solche Abstriche vorgenommen werden, sei es gelungen, die mit dem Gebärmutterkrebs verbundene Sterblichkeit
um 80 % zu senken. Die jährliche oder zweijährliche Mammographie ab dem fünfzigsten Altersjahr zeige ebenfalls
viel versprechende Ergebnisse. Die Männer stehen dem in nichts nach. Die im Jahr 2000 begonnene European
Randomised Study of Screening for Prostate Cancer evaluiere heute auf europäischer Ebene die Stichhaltigkeit einer
systematischen Erfassung des Prostatakrebses ab einem gewissen Alter. Die ersten Ergebnisse dazu werden ab 2007
erwartet.
150
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Cancer prevention
At least one-third of all cancer cases preventable. Prevention offers the most cost-effective long-term strategie for
the control of cancer.
Online 2007
Die Weltgesundheitsorganisation informiert über weltweit 7,6 Millionen Krebssterbefälle im Jahre 2005 von 58
Millionen Sterbefällen insgesamt. - Mehr als 70 % aller Krebssterbefälle treten in den Niedrig- und Mittellohnländern auf, in denen die Ressourcen für die Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krebs begrenzt sind
oder fehlen. - Es wird erwartet, dass die Zahl der Krebsstebefälle weltweit auf 9 Millionen im Jahre 2015 und auf
11,4 Millionen im Jahre 2030 zunehmen wird.
Die Weltgesundheitsorganisation stellt die strategischen Ziele zur Verhütung von Krebs vor:
- Der Verzicht auf das Rauchen ist gegenwärtig die wirksamste präventive Maßnahme weltweit. Sie erreicht 80 90 % aller Lungenkrebssterbefälle, - einschließlich der Sterbefälle an Karzinomen des Mund-Rachen-Raumes, des
Kehlkopfes, des Ösophagus und des Magens - 30 % aller Krebssterbefälle.
- Die globale WHO-Strategie von Ernährung, körperlicher Aktivität und Gesundheit ist auf die Verminderung
des Erkrankungsrisikos von Ösophagus-, Darm-, Brust-, Endometrium- und Nierenkrebs gerichtet.
- Infektiöse Agentien sind für 22 % der Krebssterbefälle in den Entwicklungsländern, 6 % in den Industrieländern
verantwortlich. Virushepatitis B und C sind die Ursache der Leberkarzinome, HPV des Zervixkarzinoms, Helicobacter pylori erhöht das Magenkrebsrisiko. Präventive Maßnahmen schließen Impfungen und Infektionsschutz
ein.
- Exzessive Sonnenbestrahlung erhöht das Risiko für alle Hautkrebstypen. Der Schutz vor starker Sonnenbestrahlung ist eine wirksame Maßnahme.
- Asbest kann Lungenkrebs, Anilin Blasenkrebs und Benzene Leukämien verursachen. Die Verminderung der
Exposition mit diesen und anderen Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt sind Gegenstand der Krebsprävention.
World Cancer Research Fund / American Institute for Cancer Research.
Food, Nutrition, Physical Activity, and the Prevention of Cancer: a Global Perspective.
Washington DC: AICR, 2007
Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der wissenschaftlichen Studien veröffentlichte die WCRF und das
Amerikanische Krebsforschungsinstitut (AICR) den Zweiten Experten-Bericht. Beteiligt an der Einschätzung waren
zahlreiche Wissenschaftler weltweit unter der Leitung von Michael Marmot vom University College London, UK.
An der Studie waren u. a. Robert Owen PhD, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heiner
Boeing PhD, Deutsches Institut für Ernährung, Potsdam und Universitätsinstitute beteiligt. Im Bericht werden mehr
als 4.000 Publikationen zitiert.
Der Bericht zeigt ganz erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Morbidität, der Häufigkeit der verschiedenen Krebslokalisationen und des prozentualen Anteils der Krebssterbefälle an den Sterbefällen an nicht übertragbaren
Krankheiten insgesamt in den verschiedenen Ländern und Regionen der Erde.
Untersucht wurden die Risikoerhöhung oder -senkung durch verschiedene Faktoren. Die Autoren kommen zu dem
Schluß, dass Adipositas und der Bewegungsmangel das Krebsrisiko erhöhen. Rauchen wird für 85 % der
Lungenkrebsfälle verantwortlich gemacht. Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko für Krebserkrankungen des
Mundes, des Rachens und der Speiseröhre, des Darmes, der Leber und der weiblichen Brust. Das Stillen der Säuglinge wird als wirksame Maßnahme zur Senkung der Brustkrebsmorbidität gesehen.
Betrachtet werden im Bericht auch die karznogenen Kontaminationen von Lebensmitteln. Die Karzinogene können
natürlichen Ursprungs oder vom Menschen gemacht sein. Schimmel und von ihm gebildete Toxine sind karzinogen.
Aflatoxin B1, gebildet von Aspergillus flavus, ist eine Ursache des Leberkarzinoms. Die Aflatoxine sind von der
IARC als für den Menschen karzinogen eingestuft. Das Niveau der Aflatoxinkontaminationen ist in jenen Ländern
am höchsten, die eine hohe Leberkrebsrate aufweisen, vor allem in tropischen uns subtropischen Ländern Afrikas
und Südostasiens, wo die Körnerfrüchte und Nüsse über längere Zeit unter ungünstigen Bedingungen getrocknet
werden. Das Monitoring der Aflatoxin-Kontaminationen ist in den Niedriglohnländern allgemein mangelhaft.
Fumonisin B ist ein Pilzgift der Fusarien. Es ist in Mais gefunden worden und wie andere Mykotoxine möglicherweise karzinogen. Allerdings werden die epidemiologischen Studien als mangelhaft eingeschätzt.
In einem Matrixdiagramm sind die meisten in den Studien gefundenen überzeugenden und wahrscheinlichen Folgen
der Riskofaktoren Lebensmittel, Ernährung und körperliche Aktivität für die Senkung bzw. Erhöhung des Krebsrisikos an den verschiedenen Lokalisationen dargestellt. Diese Matrix stellt zugleich die Grundlage für die
Bestimmung von Gesundheitszielen und Maßnahmen zur Senkung des Erkrankungsrisikos dar.
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Es werden auf der Grundlage der Untersuchungen zur Evidenz der Risikofaktoren 10 Gesundheitsziele benannt und
Handlungsempfehlungen gegeben, die darauf gerichtet sind, Maßnahmen zur Verminderung des Erkrankungsrisikos
zu ergreifen.
- Der BMI soll im Mittel auf einen Wert zwischen 21 und 23 gesenkt werden.
- Tägliche körperliche Aktivität (z. B. Walking, 30 Minuten täglich).
- Begrenzung des Konsums energiereicher Getränke.
- Erhöhung des Konsums von Obst und Gemüse auf täglich 600 g.
- Reduzierung des Fleischkonsums auf wöchentlich weniger als 300 g.
- Begrenzung des Alkoholkosums auf 2 Drinks/d für die Männer und auf einen Drink/d für die Frauen (Ein Drink =
10-15 g Alkohol).
Do not eat mouldy cereals (grains) or pulses (legumes).
- Verminderung des Salzkonsums in allen Formen auf weniger als 5 g/d und Minimierung der Belastung mit
Aflatoxin (Gewarnt wird vor dem Verzehr von verschimmelten Körnerfrüchten und Leguminosen).
- Nahrungsergänzungsstoffe sind für die Krebsprävention nicht zu empfehlen.
- Zur Senkung des Brustkrebsrisikos wird das Stillen der Säuglinge bis zu 6 Monaten und länger empfohlen.
- Krebspatienten wird empfohlen, sich nach den Empfehlungen für die Krebsprävention - Ernährung, ein gesundes
Gewicht und körperliche Aktivität - zu orientieren.
Anmerkung: Eine Antwort auf die Frage nach der primären Ursache der Krebserkrankungen und nach der
Wirkungsweise der Risikofaktoren findet sich im Bericht nicht. Mykotoxine (außer Aflatoxin), deren karzinogene
Wirkung und deren epidemiologische Bedeutung waren bislang nicht Gegenstand der zahlreichen internationalen
Studien. - Der Bericht widerspricht in keiner Weise den Ergebnissen dieser Untersuchung zur Krebsepidemiologie.
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Gesundheitsforschungsrat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
Roadmap für das Gesundheitsforschungsprogramm
Bonn/Berlin, September 2007
Im Jahr 2004 hat der Gesundheitsforschungsrat beschlossen, für das nächste Gesundheitsforschungsprogramm der
Bundesregierung eine Roadmap der medizinischen Forschung zu erarbeiten. Sie soll aus wissenschaftlicher Sicht
Orientierung und Überblick zu den zukünftig wichtigen Themen der Gesundheitsforschung bieten. Insbesondere
sollten solche Themenfelder benannt werden, in denen Deutschland durch eine gezielte Förderung eine im
internationalen Vergleich herausragende Stellung einnehmen oder eine bereits sehr gute Position weiter ausbauen
kann. In diesem Zusammenhang werden Themen genannt, die
- durch einen gezielten Einsatz zusätzlicher Ressourcen wesentliche Erkenntnisfortschritte erwarten lassen,
- zu Verbesserungen in der Diagnostik, Therapie, Prävention und Rehabilitation relevanter Krankheitsbereiche
führen,
- Impulse für die Entwicklung neuer Produkte geben und somit wirtschaftliche Entwicklungschancen anstoßen
können.
Erstmals erfolgt damit eine auf die Verhältnisse in Deutschland zugeschnittene Bewertung zukünftiger Entwicklungen in der Gesundheitsforschung. Sie zeichnet sich durch die Berücksichtigung der spezifischen Merkmale
unserer Bevölkerungsstruktur und des deutschen Gesundheitssystems aus. Eine besondere Herausforderung für eine
effektive und effiziente Gesundheitsforschungspolitik liege in der Überführung von Ergebnissen der Grundlagenforschung über die klinische Forschung in die Anwendung. Für sechs ausgewählte große Krankheitsgebieten wurden
Arbeitsgruppen gebildet. Es wurden gezielt medizinische Spezialisten aus Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Industrie befragt. In diesen sechs Gebieten wurden Forschungsschwerpunkte benannt:
Auf dem Gebiet der Krebsforschung werden u. a. als prioritär Arbeiten genannt:
- Therapieresistenz, besseres Verständnis der individuellen Reaktion auf Krebstherapien,
- Entwicklung von Impfstoffen gegen Krebs - ähnlich der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs.
- Migration, Invasion, Metastasierung, Tumorstammzellen, Dormancy
- Tumor-Wirt-Beziehung, Mikoenvironment, Alter, Seneszenz
- Immuntherapie, Gentherapie und Tumorvakzinierung
- Langzeitüberleben und Therapiefolgen
- Molekulare Analysen von Tumorproben
- Innovative Bildgebungsverfahren
Das BMBF will die insgesamt 74 Themenvorschläge des Gesundheitsforschungsrates prüfen und in geeignete
Fördermaßnahmen umsetzen. Dafür stellt das BMBF im Zeitraum 2007 bis 2010 insgesamt 630 Millionen Euro zur
Verfügung.
NATIONALER KREBSPLAN
Die Zahl der Erkrankungen wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Doch die Medizin ist nicht
chancenlos, vor allem dann, wenn Versicherte die Vorsorgeangebote wahrnehmen
Berliner Zeitung, 17. 6. 2008
Gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und der Deutschen
Krebsgesellschaft stellte die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in Berlin einen Nationalen Krebsplan vor.
"Wir wollen die Versorgung der Patienten verbessern, die Früherkennung stärken und die Zusammenarbeit aller
Akteure weiter voranbringen", sagte sie.
In der ersten Phase bis 2009/2010 sollen Früherkennung, Versorgungsstrukturen, Therapien und die Patientenberatung verbessert werden. Vor allem eine rechtzeitige Diagnose der Krankheit erhöht die Heilungschancen. Bisher
allerdings werden entsprechende Untersuchungen nur unzureichend angenommen. Ziel des Nationalen Krebsplanes
ist es daher, jene Bevölkerungsgruppen, die üblicherweise selten zu entsprechenden Untersuchungen gehen beispielsweise Männer, ältere Frauen, Migranten und bildungsfeme Schichten, zielgruppengerecht über Früherkennungsmöglichkeiten zu informieren. Gleichzeitig soll das Angebot verbessert werden.
Neben höheren Teilnehmerraten bei Früherkennungsprogrammen müsse auch die Versorgungsqualität der Krebsbehandlungszentren verbessert werden.
Die Umsetzung der Ziele soll in Kürze mit Vertretern der Länder, Krankenkassen, Wissenschaft und Patientenorganisationen entwickelt werden. In den nächsten Phasen sollen in Deutschland weitere Bereiche wie Krebsforschung oder der umwelt- und arbeitsplatzbezogene Schutz vor Krebs erarbeitet werden.
Anmerkung: Das Bundesministerium für Gesundheit sieht sich hinsichtlich der Krebsprävention nicht in der Verantwortung und verweist auf das Verbraucherschutzministerium.
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Inhalt
Seite
1. Einführung
5
2. Inzidenz und Mortalität
6
3. Ursache und Risikofaktoren
9
4. Die berufsbedingten Krebserkrankungen
11
5. Informationen aus Krebsregister und Klinik
13
6. Karzinogen und Krebsepidemiologie
16
7. Endotoxine und Mykotoxine
20
8. Die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung
23
9. Mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A
28
10. Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring
32
11. Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien
36
12. Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest
40
13. Zur Ursache der Magen- und Zervixkarzinome
41
14. Probleme bei der Hormontherapie
50
15. Eine ganz besonders bemerkenswerte Feststellung
54
16. Das Ergebnis der epidemiologischen Untersuchung
55
17. Zusammenfassung
60
18. Anhang / Quellen
61
Am Rande vermerkt: Die Ergebnisse dieser epidemiologischen Untersuchung schließen nicht aus, dass auch
andere chronische und degenerative Krankheiten - genannt werden abakterielle chronische Entzündungen,
Allergien, Alzheimer, Arteriosklerose, Arthrose, Diabetes u. a. - durch hoch potente zelltoxische Mykotoxine
verursacht werden oder verursacht werden können. Diese nehmen gleichfalls mit zunehmendem Alter zu. Auch
besteht bei diesen Erkrankungen kein Anhalt für eine Immunabwehr. Das war jedoch nicht Ziel und Gegenstand dieser Untersuchung.
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