Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e.V. Wolfgang Clemens Krebsepidemiologie Die Suche nach der Krebsursache und nach Möglichkeiten zur Krebsverhütung 2012 Arzt und Patient Ein Patient war in die Klinik neu aufgenommen worden. Für ein paar Tage teilte er das Zimmer mit mir. Man lernt sich kennen, spricht miteinander über dies und jenes. „Warum haben Sie als Arzt Ihre Krebserkrankung nicht verhütet?“ war schließlich seine Frage, die so etwas wie eine Kritik enthielt. Ein gewisser Vorwurf lag darin, etwas falsch gemacht zu haben. „Die Medizin hat bisher auf die Frage nach der Ursache der Krebskrankheiten keine Antwort“, sage ich zu ihm. Das befriedigt uns beide nicht. Früherkennung soll die Überlebenschancen verbessern. Aber reicht das? Gibt es tatsächlich keine Möglichkeit zur Verhütung der Krebskrankheiten? Von Risikofaktoren ist die Rede, nicht von den Ursachen der Krankheit. Das befriedigt den Patienten im anderen Bett gleichfalls nicht. Recht hat er. Es geht nicht um ein neues Problem. Schon vor mehr als zweitausend Jahren erkrankten Menschen an Krebs. Und niemand kannte die Ursachen. - Die Krankheiten entstehen eben so, weil man älter wird. - Patienten erzählen mir von ihrer Krankheit, ihren Lebensgewohnheiten. Sie freuen sich nicht so sehr darüber, daß die Operation erfolgreich war und ihnen noch eine Überlebenschance gegeben hat. Lieber wären sie natürlich gesund geblieben und hätten gern auch den behandelnden Ärzten vergebliche Mühen erspart. So entschloss ich mich, nach der Ursache zu suchen, alle möglichen Zusammenhänge zu betrachten und damit meine Erfahrung als Hygieniker und Epidemiologe für die Lösung des Problems einzubringen. Seitdem habe ich keine Ruhe mehr finden können, bin ich die Fragen nicht los geworden, auf die es noch keine Antwort gibt. Publikationen - Berichte - Befunde - Daten - Meldungen - Diskussionen. - Wie ein großes Puzzle mit zahllosen Teilen wurden die Erkenntnisse über die Klinik und Epidemiologie der Krebserkrankungen, über die Pathologie, pathologische Physiologie und Biochemie, über die Belastungen mit karzinogenen Stoffen an den Arbeitsplätzen und durch die Lebensmittel zu einem neuen Bild zusammengefügt. Viel Interessantes habe ich erfahren. Möge die eine oder andere hierbei gefundene Antwort eine Anregung sein, das Problem weiter zu untersuchen oder auch nur mehr Umsicht walten zu lassen. - Denkanstöße sind die gefundenen Antworten allemal. Und heute weiß ich: Man kann und man muß gemeinsam Maßnahmen zur Vorsorge ergreifen. Das ist ganz sicher keine leichte Aufgabe, und niemand kann eine schnelle Lösung des Problems erwarten. Danke! sage ich all denen, die mir dabei geholfen haben, das Problem zu beleuchten, den Patienten, die mir von ihrer Krankheit erzählten, meinen Kollegen, den Mitarbeitern in Kliniken, Forschungsinstituten, Bundes- und Landesbehörden und auch den Bibliothekarinnen, die beim Suchen halfen. Danke! sage ich auch den Mitgliedern unseres Vereins, die mir mit ihrem Rat und ihren eigenen Erfahrungen halfen und das umfangreiche Projekt möglich machten. Jede gestellte Frage und viele persönliche Erkenntnisse und Erfahrungen waren für mich hilfreich. Dr. sc. med. Wolfgang Clemens Berlin, Mai 2012 Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e. V. Wolfgang Clemens Krebsepidemiologie Die Suche nach der Krebsursache und nach Möglichkeiten zur Krebsverhütung 2012 „Europa hat keine gemeinsame Vision bei der Bekämpfung von Krebs und keine einheitlichen Strategien der Krebsforschung. Stattdessen ist die onkologische Forschung traditionell stark von Partikulartinteressen geprägt; angefangen bei denen der Grundlagenwissenschaftler und klinisch-forschenden Ärzte oder der nationalen Wissenschaftspolitik bis hin zu Aufsichtsbehörden und Geldgebern. Wir sollten auf internationaler Ebene die in der Onkologie ausgeprägte Fragmentierung und Redundanz der Forschung überwinden und sicherstellen, dass der Patient die Motivation für unsere Arbeit ist. Die Verbesserung und Verstetigung der Lebensqualität des Krebskranken muss im Vordergrund stehen." Prof. Dr. med. Alexander Eggermont, Präsident des Europäischen Krebskongresses 2009 und Präsident der European Cancer Organisation (ECCO) Zentrum für Arbeits- und Umwelt-Medizin e. V. Vorsitz: Dr. med. Horst Walt Weissenseer Weg 111 12369 Berlin e-Mail: [email protected] 5 1. Einführung Der amerikanische Onkogenetiker Prof. Dr. Robert A. Weinberg, Gründungsmitglied der renomierten Whitehead Institute für biomedizinische Forschung und Lehrstuhlinhaber am Massachusetts Institute of Technology, sah in der Mitte der 1980er Jahre bereits alle wesentlichen Fragen zum Entstehungsmechanismus der Krebskrankheit beantwortet. Auf die Frage nach dem Ergebnis der Forschungen stellt Weinberg fest, man habe eine Menge über die Entstehung von Krebs erfahren. Sie gebe den Forschern keine Rätsel mehr auf. Man werde in den nächsten Jahren noch viel dazulernen, habe aber die großen Antworten fest in der Hand: „Chemische Karzinogene dringen in den Körper ein, schädigen ein Gen von entscheidender Bedeutung im Inneren einer Körperzelle, das dadurch zu einem mutierten, aktivierten, krebserzeugenden Gen wird. Dieses mutierte Gen erläßt dann einen Marschbefehl für die Zelle, die daraufhin zu wachsen beginnt. Nach Monaten oder Jahren bilden die Nachkommen dieser Zelle einen großen, immer weiter wachsenden Tumor, der letzten Endes Gewebe zerstören und den Krebspatienten sterben lassen wird.“ Den Weg zur Heilung habe man noch nicht gefunden. Doch nach langer Zeit wisse man, wo man zu suchen hat. Trotzdem ist die Medizin auch noch schlüssige Antworten auf viele Fragen über die Entstehung der Krankheiten, so auch über die Epidemiologie der Krebskrankheit, bis in die Gegenwart schuldig geblieben. Alle bisherigen Erkenntnisse über die Risikofaktoren haben nicht zu einer verläßlichen Basis für die Verhütung der Erkrankungen geführt. Unkonventionelle und neue Ansätze für die Erforschung der Probleme sind auch weiterhin unabdingbar. Es stellen sich die Fragen: - Gelingt es, das die Krebserkrankungen auslösende Karzinogen und den Weg seiner Verbreitung festzustellen und damit eine zuverlässige Grundlage für eine wirksame Prävention zu finden? - Wie muß ein solches Karzinogen aussehen? - Wie gelangt das Karzinogen in die Zellen? - Wo kann man es finden? - Welche Rolle spielen die Ernährungsgewohnheiten bei der Verbreitung der karzinogenen Stoffe angesichts der immer wieder festgestellten Lebensmittelkontaminationen mit mikrobiellen Erregern und Giften und mit Giften aus der Anwendung verschiedenster chemischer Stoffe im Arbeitsprozess? - Welche Maßnahmen sind zu einer wirksamen Prävention geeignet und zu ergreifen? Das Ziel dieser epidemiologischen Untersuchung besteht darin, insbesondere Antworten auf die Fragen nach der Ursache der Entstehung der Krebserkrankungen zu suchen, die Rolle der karzinogenen Stoffe zu werten und Möglichkeiten für eine primäre Krebsprävention zu finden. Material und Methoden: Die epidemiologische Untersuchung zu den genannten Fragestellungen stützt sich auf eine selektive Literaturrecherche auf den Gebieten der Medizin und Public Health, der Veterinärmedizin, der Mykotoxinforschung, der Landwirtschaft und der Ernährungsforschung in internationalen und nationalen Fachzeitschriften, auf Forschungsberichte und Veröffentlichungen von Behörden, Forschungsinstituten und wissenschaftlichen Gesellschaften. Eine Hypothese über die zu erwartenden Eigenschaften des Karzinogens wird aus den klinischen Beobachtungen abgeleitet. Die Ergebnisse internationaler Ernährungs- und Krebsstudien und der gesetzlichen Unfallversicherung werden mit klinischen Beobachtungen und Daten der Krebsregister zur Krebsmorbidität und -mortalität sowie mit den Ergebnissen aus dem Lebensmittel-Monitoring, in Beziehung gesetzt. Daraus ergeben sich plausible Antworten auf die Fragen nach der epidemiologischen Bedeutung verschiedener Karzinogene und Co-Karzinogene, nach deren weltweiter Verbreitung, sowie nach dem Entstehungsmechanismus der Krebserkrankungen. Aus den Ergebnissen der Untersuchung ergeben sich Möglichkeiten für eine primäre Prävention. 6 * Am Ende des 7. Jahrhunderts v. Ch. starb ein Skythenkönig an einem Prostatakarzinom. Das ganze Skelett war von Metastasen befallen. Das diagnostizierten Wissenschaftler der Universität Göttingen. Der 40 bis 50 Jahre alte König des nomadischen Reitervolkes lebte in der Eisenzeit in der südlichen sibirischen Steppe. * Im 5. Jahrhundert v. Chr. beschrieb Hippokrates Krebserkrankungen im Gesicht, Brust- und Gebärmutterkrebs und Magenkrebs. In seinen Lehrsätzen riet er, bei veralteten bösartigen Knoten der Drüsen „ist es besser gar nicht (anzurühren und nicht) zur Heilung vorzunehmen, (zumahl wenn sie an solchen Stellen liegen, wo man äusserlich nicht wohl ankommen kann.) Denn die Kranken sterben schneller, wenn man sie heilen will, und leben ungeheilt längere Zeit.“ - Zur Ernährung in dieser Zeit im alten Griechenland erfahren wir: Auf dem Speiseplan standen Brot, Feigen, Oliven, Obst und Gemüse. Zum Frühstück wurde das Brot in Wein getunkt. 2. Inzidenz und Mortalität Die Daten der epidemiologischen Krebsregister, die alle Krebserkrankungen ihrer Region hinreichend vollzählig erfassen, bilden die Basis für die Schätzung der Zahl aller Krebsneuerkrankungen in Deutschland durch das Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut. - In Deutschland erkrankten im Jahre 2000 nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes fast 395.000 Menschen (480/100.000) an einer Krebserkrankung. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, wurde mit 44,3 % für die Männer und mit etwa 25,9 % für die Frauen angegeben. - In Deutschland starben im Jahre 2000 nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes mehr als 209.000 Menschen (255/100.000) an einer Krebserkrankung. Das Lebenszeitrisiko, an einer Krebserkrankung zu sterben, wurde mit 39,0 % für die Männer und mit 20,9 % für die Frauen angegeben. - Bis zum Jahr 2030 wird angesichts der demografischen Entwicklung eine Zunahme der Zahl der Krebserkrankungen um 50 % erwartet. - Die gesundheitlichen Belastungen sind für die Betroffenen oftmals mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität verbunden. - Die epidemiologischen Ursachen der Krebserkrankungen blieben bisher weitgehend unklar. Ohne deren Klärung sind jedoch wirksame Vorsorgemaßnahmen nicht durchführbar. Die Schätzung der Erkrankungshäufigkeit des Robert-Koch-Institutes auf der Basis der Jahre 2003 und 2004 wies etwa 436.500 Krebsneuerkrankungen aus (230.500 Männer und 206.000 Frauen). Die Zahl der Krebssterbefälle wurde für die Männer mit 110.745 und für die Frauen mit 98.079 Fällen angegeben. Für das Jahr 2006 wurden 229.200 Erkrankungs- und 112.438 Sterbefälle für die Männer und 197.600 Erkrankungs- und 98.492 Sterbefälle für die Frauen angegeben (s. Tabellen 1 und 2). Im Jahr 2008 betrug die geschätzte Zahl der Erkrankten 469.800 (246.700 für die Männer und 223.100 für die Frauen), die Zahl der Sterbefälle 215.442 (115.870 für die Männer und 99.572 für die Frauen). Tendenz weiter steigend. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, stieg auf 50,7 % für die Männer und wird mit 42,8 % für die Frauen angegeben. 7 Tabelle 1: Geschätzte Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2006 nach Lokalisationen (Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. / Robert-Koch-Institut: Krebs in Deutschland, 7. Ausgabe, 2010) Lokalisation Männer Frauen gesamt Mundhöhle- u. Rachen Speiseröhre Magen Darm Bauchspeicheldrüse Kehlkopf Lunge M. Melanom der Haut Brustdrüse Gebärmutterhals Gebärmutterkörper Eierstöcke Prostata Hoden Niere Harnblase Nervensystem Schilddrüse Morbus Hodgkin Non-Hodgkin Lymphome Leukämien übrige 7.930 4.100 10.620 36.300 6.380 3.430 32.500 7.360 60.120 4.960 10.050 19.360 3.880 1.620 1.130 5.850 5.080 8.530 2.930 1.090 7.230 32.440 6.980 460 14.600 8.470 57.970 5.470 11.140 9.670 6.440 8.090 3.290 3.660 890 6.350 4.220 6.210 10.860 5.190 17.850 68.740 13.360 3.890 47.100 15.830 57.970 5.470 11.140 9.670 60.120 4.960 16.490 27.450 7.170 5.280 2.020 12.200 9.300 14.740 Alle bösartartigen Neubildungen - ohne nichtmelanotischen. Hautkrebs - 229.200 197.600 426.800 Die Einschätzung der Krebssterblichkeit basiert auf den Zahlen der Krebstodesfälle eines Jahres nach der amtlichen Todesursachenstatistik. Die Todesfälle werden dazu alters- und geschlechtsspezifisch der zu Grunde liegenden Todesursache zugeordnet. Zur Kodierung dieser Todesursachen wird die ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten) genutzt. 8 Tabelle 2: Zahl der Krebssterbefälle in Deutschland 2006 nach Lokalisationen (Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. / Robert-Koch-Institut: Krebs in Deutschland, 7. Ausgabe, 2010) Lokalisation Mundhöhle- u. Rachen Speiseröhre Magen Darm Bauchspeicheldrüse Kehlkopf Lunge M. Melanom der Haut Brustdrüse Gebärmutterhals Gebärmutterkörper Eierstöcke Prostata Hoden Niere Harnblase Nervensystem Schilddrüse Morbus Hodgkin Non-Hodgkin Lymphome Leukämien übrige Alle bösartartigen Neubildungen - ohne nichtmelanotischen. Hautkrebs - Männer Frauen gesamt 3.623 3.642 5.986 13.756 6.729 1.351 28.898 1.266 11.577 154 4.086 3.549 2.955 258 180 2.732 3.720 17.976 1.111 1.047 4.937 13.469 7.213 226 11.873 1.021 17.286 1.492 2.395 5.910 2.629 1.893 2.600 502 162 2.734 3.387 15.605 4.734 4.689 10.923 27.225 13.942 1.577 40.771 2.287 17.286 1.492 2.395 5.910 11.577 154 6.715 5.442 5.555 760 342 6.466 7.107 33.581 112. 438 98.492 210.930 In Deutschland erkranken jährlich - einschließlich der Hautkrebserkrankungen - mehr als 500.000 Menschen an Krebs. Die ständige Zunahme der Erkrankungshäufigkeit ist ein Ausdruck einer - nicht wahrgenommenen ständigen Zunahme einer karzinogenen Belastung. Die Früherkennung der Erkrankungen führt nicht zur Verminderung der Erkrankungshäufigkeit. Sie wird jedoch auch künftig ihre Bedeutung als wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie und für die Senkung der Krebssterblichkeit behalten. Von der heute in Deutschland lebenden Bevölkerung werden mehr als 20 Millionen Menschen an einer Krebserkrankung sterben, wenn nicht wirksame Maßnahmen zur Aufklärung und zur Beseitigung der Ursachen ergriffen werden! 9 3. Ursache und Risikofaktoren Zahlreiche weltweit durchgeführte Ernährungs- und Krebsstudien haben vielfältige Erkenntnisse über die Risikofaktoren (Rauchen, Alkohol, Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht, Infektionen und Entzündungen, Hormontherapie u. a.) hervorgebracht, welche die Krebsinzidenz beeinflussen. Sie vermochten jedoch nicht die Frage nach der Ursache der Krebserkrankungen und nach der Wirkungsweise der Risikofaktoren zu beantworten. Der Erkenntnisstand über die Ursachen der Krebserkrankungen und die Rolle von Riskofaktoren wird von der Arbeitsgemeinschaft bevölkerungsbezogener Krebsregister gemeinsam mit dem Robert-KochInstitut und von der Deutschen Krebshilfe in Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitätskliniken und -instituten publiziert. Er wird hier beispielhaft für die häufigsten Krebsarten angeführt. Darmkrebs: Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. Die Erkrankung tritt überwiegend im Bereich des Dickdarms auf. Erkrankungen des Dünndarms sind außerordentlich selten. Im Jahr 2000 erkrankten in Deutschland mehr als 66.750 Menschen. Etwa 80 % der Erkrankten sind älter als 60 Jahre. Es erkranken mehr Frauen als Männer. Die Ursachen für die Entstehung von Darmkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt. Es scheint eine gewisse erbliche Veranlagung zu bestehen. Die Ernährungsweise soll Einfluß auf die Entstehung der Krankheit haben. Brustkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 mehr als 47.500 Frauen an Brustkrebs. Zunehmend sind auch jüngere Frauen betroffen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken. 1999 starben 182 Männer an diesem Tumor. Die Ursachen des Brustkrebses - wie der Krebskrankheiten überhaupt - sind noch weitgehend unerforscht. Ein erhöhtes Risiko wird für Frauen angegeben, deren nahe Verwandte Brustkrebs hatten, die selbst bereits früher an Brustkrebs erkrankt waren, die älter als 50 Jahre sind. Brustkrebs war bereits im 19. Jahrhundert die häufigste Krebsart bei Frauen. Bronchialkarzinom: 31.819 Männer und 10.434 Frauen erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland an Bronchialkrebs. Die meisten Patienten sind 50 bis 70 Jahre alt. Seit Jahren steigt die Zahl der Erkrankungen bei Frauen durch veränderte Lebensgewohnheiten (Rauchen). Intensive weltweite Untersuchungen haben einwandfrei bewiesen, dass als wichtigste Ursache für das Bronchialkarzinom der Zigarettenrauch anzunehmen ist. Als erfolgversprechendster Weg für die Vorbeugung wird entsprechend die Einschränkung des Tabakkonsums gesehen. Es sei notwendig, über die Faktoren aufzuklären, welche die Entstehung von Bronchialkarzinomen begünstigen können. Sie gelten als Risikofaktoren für diese Krankheit. Als weitere Risikofaktoren werden neben dem Rauchen, Infektionen und Umweltfaktoren (Asbest, Nickel, Chrom, PAK) genannt. Magenkrebs: In Deutschland erkrankten im Jahr 2000 nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 21.000 Menschen neu an Magenkrebs, davon 9.865 Männer. Die Ursachen für die Entstehung von Magenkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt. Als Risikofaktoren werden Infektionen (Helicobacter pylori), Nahrungs- und Umweltfaktoren (Pökelsalz), Rauchen, Alkohol, erbliche Veranlagung oder Voroperationen angesehen. Gebärmutter- und Eierstockkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten in Deutschland im Jahr 2000 etwa 26.300 Frauen an den Neubildungen der inneren Geschlechtsorgane. Die Erkrankungen der Gebärmutter betreffen im jüngeren Lebensalter den Gebärmutterhals, nach der Menopause den Gebärmutterkörper oder genauer gesagt die Gebärmutterschleimhaut. Die Ursachen für die Entstehung von Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sind bisher nicht eindeutig geklärt. Eine der Ursachen für den Gebärmutterschleimhautkrebs sehen Wissenschaftler neben anderen in einem Ungleichgewicht der weiblichen Hormone in den Wechseljahren. Prostatakrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland 40.670 Männer. Warum Prostatakrebs entsteht, darüber herrscht noch weitgehend Ungewissheit. Verwiesen wird auf die Bedeutung des männlichen Geschlechtshormons Testosteron und erbliche Faktoren. 10 Nierenkrebs: Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten im Jahr 2000 in Deutschland 15.155 Personen an einem Nierenkarzinom. Die Ursachen, weshalb ein Nierenkrebs entsteht, sind noch nicht abschließend erforscht. Umwelteinflüssen wird eine Bedeutung beigemessen. Ob der Umgang mit Blei, Asbest, Cadmium und aromatischen Kohlenwasserstoffen von Bedeutung ist, konnte bisher nicht belegt werden. Harnblasenkrebs: An einem Blasenkarzinom erkrankten nach der Schätzung des Robert-Koch-Institutes im Jahr 2000 in Deutschland 24.752 Personen. Bauchspeicheldrüsenkrebs: 13.477 Menschen erkrankten nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes im Jahr 2000 an einem Pankreaskarzinom. Frauen sind stärker betroffen als Männer. Die Ursachen für die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig geklärt. Hautkrebs: In Deutschland erkranken jährlich etwa 100.000 Menschen an einem Hautkrebs. Eine Ursache dafür ist nicht bekannt. Übermäßige Sonneneinstrahlung wird als Risikofaktor für die Entstehung des Hautkrebses angegeben. Teer und Zusätze in Parfüms oder Gesichtswasser können die Wirksamkeit der UV-Strahlen steigern. Krebserkrankungen im Kindesalter sind relativ selten. Bei Kindern treten überwiegend embryonale Tumoren auf. Die Inzidenz wird mit 14 je 100.000 Kinder (etwa 1.800 Fälle) im Jahr angegeben. In den ersten 15 Lebensjahren erkranken etwa 0,2 % der Kinder überwiegend an Leukämien, Hirntumoren, Lymphomen, Nierentumoren u. a.. Als Ursache werden Umweltbelastungen und infektiöse Erreger vermutet. Säuglinge mit einem nur unzureichend stimulierten Immunsystem können ein höheres Leukämierisiko haben. Der Anteil krebskranker Kinder an allen Krebserkrankungen beträgt damit weniger als 1 %. Bösartige Neubildungen sind jedoch die zweithäufigste Todesursache im Kindesalter. In Deutschland erkranken nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz jährlich etwa 600 Kinder unter 15 Jahren neu an einer Leukämie. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt und konnten auch durch die große deutsche Studie, die zwischen 1993 und 2002 durchgeführt wurde, wie auch vergleichbare Projekte in den USA, Kanada und Großbritannien nur wenig erhellt werden. Von den Umweltfaktoren haben Expositionen mit ionisierender Strahlung sowie vermutlich auch mit Pestiziden und nichtionisierender Strahlung einen Einfluss auf das Kinderleukämierisiko. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Erkrankungen ist aber als insgesamt eher gering einzuschätzen. Unter Bezug auf den Harvard Report on Cancer Prevention aus dem Jahre 1996 publizierte das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) eine Abschätzung der Rolle der Risikofaktoren Rauchen, Ernährung, Alkohol, berufliche Faktoren, genetische Faktoren, Infektionen und Luftschadstoffe bei der Krebsentstehung der verschiedenen gefährdeten Organe. Nach der Einschätzung des Krebsforschungszentrums könnten durch die Aufgabe des Rauchens 36.000 bis 46.000 Krebsfälle vermieden werden. Das betrifft die Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf, Lunge, Niere, Blase. Durch gesunde Ernährung ließen sich weitere 10.000 bis 20.000 Fälle vermeiden. Gefordert werden Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und Impfungen. Die Ursachen für das Auftreten der verschiedenen Krebsarten sind bisher nicht bekannt. Darin besteht der Hauptgrund, dass gegenwärtig keine erfolgversprechenden Vorsorgeprogramme verwirklicht werden können. Die epidemiologische Ursachenermittlung ist gegenwärtig nicht Gegenstand der medizinischen Krebsforschung. Die gegenwärtigen Vorstellungen von der Rolle der Risikofaktoren bei der Krebsentstehung bieten keinen wirklichen Ansatzpunkt für eine grundsätzliche Hinwendung zur Krebsvorsorge. Auch für die „Risikofaktoren“ wird im Zusammenhang mit der Ermittlung der Ursache der Krebserkrankungen die Frage nach deren Wirkungsweise zu klären sein. Die Feststellung der Ursache und des Entstehungsmechanismus der Krebserkrankungen könnte auch zu verläßlichen Einschätzungen über die Wirkungsweise der Risikofaktoren führen und Möglichkeiten für eine wirksame Prävention eröffnen. 11 4. Die berufsbedingten Krebserkrankungen Bei den berufsbedingten Expositionen wird jedem Karzinogen eine entsprechende Krebsform zugeordnet. Nur in der Arbeitsmedizin hat bisher entsprechend die Kenntnis von den Ursachen der Krebserkrankungen zur Möglichkeit wirksamer Vorsorgemaßnahmen geführt. Eine Vorstellung vom Ausmaß der berufsbedingten Krebserkrankungen vermittelt die Statistik des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften über die Berufskrankheiten: - Im Zeitraum 1991 - 2003 wurden insgesamt 22.156 berufsbedingte Krebserkrankungen anerkannt, d. s. weniger als 0,5 % bezogen auf alle Krebserkrankungen der unterschiedlichen Lokalisationen. - Für den Zeitraum 1978 bis 2003 dokumentiert der Hauptverband der Berufsgenossenschaften eine Zahl von 25.729 Fällen bezogen auf die Krebs verursachenden Arbeitsstoffe und auf die Krebslokalisationen. Tabelle 3: Anerkannte berufsbedingte Krebserkrankungen in Deutschland in den Jahren 1978 – 2003 (Nach Angaben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften) Krebsverursachender Arbeitsstoff Zahl der Fälle Asbest Ionisierende Strahlen Aromatische Amine Eichen-/Buchenholzstaub Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) Benzol Silikotische Schwiele Chrom und seine Verbindungen Quarzstaub Nickel und seine Verbindungen Arsen und seine Verbindungen Halogenierte Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide // darunter Dioxin Halogenkohlenwasserstoffe 18.487 3.531 1.211 513 447 432 326 223 129 125 122 106 77 gesamt 25.729 Für den asbestbedingten Lungen- und Kehlkopfkrebs scheint nach der Einschätzung der Berufsgenossenschaften die Entwicklung von den absoluten Fallzahlen her auf einen überwundenen Höhepunkt im Jahre 1998 hinzudeuten. Die Berufsgenossenschaften verweisen darauf, daß berufsbedingte Krebserkrankungen teilweise noch auf Einwirkungen beruhen, die es spätestens seit der Mitte der 1970er Jahre nicht mehr gibt. So seien Krebserkrankungen durch Aromatische Amine beispielsweise zwischen 1954 und 1977, AsbestMesotheliome zwischen 1955 und 1977 entstanden. Mit dem Überschreiten des Gipfels der AsbestLungenkrebserkrankungen ist angesichts des bereits bestehenden Asbest-Verwendungsverbotes in den nächsten Jahren zu rechnen. Danach wird auch die Zahl der berufsbedingten Krebserkrankungen insgesamt deutlich zurückgehen. Basler (1991) erscheinen die in der Literatur angegebenen geschätzten Anteile an der Krebsinzidenz von 4 % für karzinogene Noxen am Arbeitsplatz, ebenso von 3 % für geophysikalische Faktoren und ca. 2 % für karzinogene Chemikalien in der Umwelt (Luft- und Wasserverschmutzung) eher als zu hoch bewertet. Studien sprächen dafür, dass die Krebssterblichkeit der Bevölkerung nur zu einem sehr geringen Anteil auf Belastungen durch Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt zurückzuführen ist. Während die 12 Zahl der Stoffe, die beim Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste zu verursachen vermag, nahezu konstant blieb, stieg die Zahl der nur im Tierversuch krebserzeugend wirkenden und der unter Verdacht stehenden Stoffe exponential an. Toxikologen erklärten die hohe Trefferquote im Tierexperiment zunächst mit der gezielten Suche nach verdächtigen Substanzen. Ames und Mitarbeiter führen die erstaunlich hohe Rate, mit der sich Testsubstanzen im Tierversuch als kanzerogen erweisen auf die derzeit gehandhabten Versuchsbedingungen von Kanzerogenitätsstudien zurück. In einem lege artis durchgeführten Versuch wird Versuchstieren eine nahezu toxische Dauerdosis verabreicht. Auch Weinberg (1989) verweist auf die Untersuchungen von Ames und Mitarbeitern. Der Amerikaner hatte Mitte der 1970er Jahre einen Test entworfen, die mutagenen Eigenschaften chemischer Substanzen zu messen. Er bestimmte deren Potential, in exponierter DNA Mutationen auszulösen. Er fand große Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, in den Genen des Paratyphuserregers die Mutationen erzeugen zu können. Manche Verbindungen waren hoch wirksam und zeigten ihre mutagenen Effekte in Konzentrationen, die millionenfach unter jenen lagen, in denen man andere verabreichen mußte, um dieselbe Menge Mutationen zu erzeugen. Eines der potentesten Mutagene war eine natürliche Verbindung, das von einem auf Erdnüssen und Getreide wachsenden Schimmelpilz gebildete Aflatoxin, das man zu jenem Zeitpunkt bereits als eine häufige Ursache für die Entstehung von Leberkrebs in Afrika im Verdacht hatte. Ames fand auch heraus, daß Dioxin und Asbest die Fähigkeit abging, DNA zu schädigen. Andere Chemikalien waren eindeutig mutagen, zeigten aber nur ein sehr schwaches karzinogenes Potential. Die Häufigkeit und die Manifestation der Krebserkrankungen in den betroffenen Organen ist für den Zeitraum von 26 Jahren in der Tabelle 4 dargestellt. Sie relativiert die epidemiologische Bedeutung der verschiedenen berufsbedingten Belastungen mit ko-karzinogenen Stoffen. Tabelle 4: Anerkannte berufsbedingte Krebserkrankungen nach Organen in den Jahren 1978 2003 (Nach Angaben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften) Organ Bronchien Pleura Harnorgane Nase Blut Kehlkopf Bauchfell Haut Leber Niere Obere Atemwege Magen/Darm Pericard übrige Gesamt Zahl der Fälle Anteil % 13.846 8.660 1.223 524 450 400 277 197 53,8 33,7 4,8 2,0 1,7 1,6 1,1 0,8 61 23 20 20 16 12 0,2 0,1 0,1 0,1 0,1 0,0 25.729 100,0 hauptsächlich verursachende Stoffe Asbest (9.175), Ionisierende Strahlen (3.498) Asbest (8.658), Ionisierende Strahlen (2) Aromatische Amine (1.211) Eichen-/Buchenholzstaub (513), Chrom (6) Benzol (365), Ionisierende Strahlen (18) Asbest (229), PAK (26), Nickel (8) Asbest (277) Teere, PAK (176), Ionisierende Strahlen (13), Dioxin (4) Vinylchlorid (41), HKW (11) HKW (16) Arsen (6), Chrom (6), PAK (6) Halogenierte Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide (16) Asbest (12) Der Anteil der Krebserkrankungen durch berufliche Expositionen mit verschiedenen ko-karzinogenen Stoffen am gesamten Krebsgeschehen beträgt insgesamt weniger als 0,5 % und wird in den kommenden Jahren mit der Abnahme der asbestbedingten Erkrankungen deutlich zurückgehen. 13 5. Informationen aus Krebsregister und Klinik Wichtige Informationen über die Erkrankungshäufigkeit, die altersspezifische Morbidität, die Krebslokalisationen und die Geschlechtsverteilung ergeben sich aus den Meldungen an die Krebsregister und den Beobachtungen in der Klinik. Sie lassen verschiedene Rückschlüsse auf die Epidemiologie der Krebskankheiten und deren Entstehungsmechanismus zu. /1 Die altersspezifische Morbidität der Krebserkrankungen nimmt infolge der Kumulation des Karzinogens mit zunehmendem Alter zu. Sie spiegelt somit eine stetig zunehmende karzinogene Belastung wider, unabhängig davon, aus welcher Quelle das Karzinogen kommt. Männer sind insgesamt stärker betroffen als Frauen (Abb. 1). Aus der altersspezifischen Morbidität ergibt sich überhaupt kein Hinweis auf eine Immunreaktion. Weniger als 0,5 % der Erkrankten sind Kinder unter 15 Jahren. Abb. 1: Altersspezifische Morbidität 2000 Alle Lokalisationen (n = 77.658) Das Colonkarzinom ist gegenwärtig die häufigste Krebserkrankung. Es steht bei Männern und Frauen jeweils an der zweiten Stelle unter den Krebslokalisationen. Die Erkrankungen betreffen weitaus überwiegend den Dickdarm. Für das Jahr 2002 dokumentierte das Gemeinsame Krebsregister (Krebsinzidenz 2001 und 2002) 7.136 Erkrankungen des Dickdarms und 195 Erkrankungen des Dünndarms. Darin widerspiegeln sich die unterschiedlichen Sekretions- und Resorptionsverhältnisse in den verschiedenen Darmabschnitten (Abb. 2). Abb. 2: Altersspezifische Morbidität 2000 Dickdarmkrebs (n = 10.958) /1 (Verwendet werden hier die Daten des Gemeinsamen Krebsregisters der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR): Krebsinzidenz 2000.) 14 Das Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Jede 11. Frau erkrankt in Deutschland an Brustkrebs. Eine genetisch begründete Disposition wird als Ursache in der Literatur mit 5 - 10 % angegeben. Die hormonelle Stimulierung der Brustdrüse führt zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Durch das Stillen nimmt die karzinogene Belastung und damit die relative Häufigkeit der Brustkrebserkrankungen zeitweise ab (Gesellschaft Bevölkerungsbezogener Krebsregister, 2006). Die meisten Erkrankungen gehen von den Milchgängen aus. Die Zellen des Gangendothels nehmen offenbar das Karzinogen aus der Milch auf. - Läßt sich das Karzinogen in der Muttermilch nachweisen? Die Leberkarzinome sind in der Mehrzahl Metastasen von Primärtumoren aus anderen Organen, vorwiegend aus dem Bauchraum. - Solange die Leber nicht geschädigt ist, scheidet sie mit der Galle toxische Stoffe - auch karzinogene Stoffe - aus. Butenand berichtete über tierexperimentelle Untersuchungen an 800 Versuchstieren, bei denen er in keinem einzigen Fall in den Leberextrakten einen karzinogenen Stoff nachweisen konnte. - Primäre Leberzellkarzinome entstehen, wenn die Ausscheidung der Galle - damit auch des Karzinogens - auf der Basis einer Cholestase, z. B. infolge einer Leberzirrhose oder einer chronischen Virushepatitis, gehemmt ist (Durst, 1998). Alkoholiker ohne Leberzirrhose haben kein erhöhtes Leberkrebsrisiko. In den intra- und extrahepatische Gallengängen und in der Gallenblase erfolgt die Rückresorption von Wasser aus der Galle (Häring, 1997). Damit erfolgt auch die Aufnahme der darin gelösten karzinogenen Stoffe durch die Zellen des Endothels der Gallenwege. Eine Leberzirrhose oder Virushepatitis sind hier als Ko-Faktoren bei der Entstehung der Karzinome nicht erforderlich. Karzinome der Bauchspeicheldrüse sind zu 70 % im Pankreaskopf lokalisiert. Sie gehen vom Gangepithel des Ductus pankreaticus aus und zeigen damit ein ähnliches Bild, wie die Karzinome der Milchgänge oder der intra- und extrahepatischen Gallengänge. Wird hier das Karzinogen mit dem Bauchspeichel ausgeschieden und vom Gangepithel zurückresorbiet? Nierenkarzinome sind überwiegend Adenokarzinome des proximalen Tubulus. Wasser und wasserlösliche Stoffe - so auch wasserlösliche Karzinogene - werden in den Nierentubuli aktiv zurückresorbiert. - In den ableitenden Harnwegen im Nierenbecken, im Harnleiter und in der Harnblase treten Karzinome ausgehend vom Urothel auf. Auch hier erfolgt die Rückresorption von Wasser und darin gelösten (auch karzinogenen) Stoffen. - Verwiesen wird zudem auf Gefährdungen durch Rauchen und karzinogene Arbeitsstoffe besonders für Arbeiter der Textil-, Leder- und Farbenindustrie. Trotz eines bereits seit etwa 1950 anhaltenden Rückganges der Sterblichkeit gehört Magenkrebs zu den häufigen Krebstodesursachen in Deutschland. - Der weltweit zu beobachtende dramatische Rückgang der Magenkrebsinzidenz ist nicht das Ergebnis erfolgreicher medizinischer Maßnahmen, so daß verschiedentlich von einem "ungeplanten Triumph" gesprochen wurde (DKFZ, Krebsatlas, 2005). Bei der Erforschung der Ursachen für Magenkrebs und auch des Rückganges seiner Häufigkeit erwiesen sich die Ernährungsgewohnheiten als bedeutender Risikofaktor. Wahrendorf (1989) wies auf noch nicht veröffentlichte Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in Bayern hin. Was hat sich hinsichtlich der karzinogenen Belastung des Magens seit dieser Zeit so anhaltend verändert? Eine Antwort auf diese Frage findet sich in den Untersuchungen von Boeing und Frentzel-Beyme u. a. aus dem Jahre 1991 (s. S. 69). Der Morbus Hodgkin ist eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems. Im Jahr 2000 erkrankten im Bereich des Gemeinsamen Krebsregisters 403 Menschen, 100 starben daran. Wie bei anderen Krebserkrankungen ist die Ursache des Morbus Hodgkin bisher nicht geklärt. Die altersspezifische Morbidität des Morbus Hodgkin unterscheidet sich deutlich von den anderen Krebserkrankungen. Während die altersspezifische Morbidität der Krebserkrankungen - auch der Leukämien und Non-Hodgkin-Lymphome - durch die Kumulation eines Karzinogens mit zunehmendem Alter ansteigt, zeigt sich bei dem Morbus Hodgkin eine Beteiligung aller Altersgruppen. Das läßt durchaus den Schluß zu, dass es sich beim Morbus Hodgkin wahrscheinlich um eine Erkrankung mit einer anderen primären Krankheitsursache handeln kann. Diskutiert wird eine virale Genese. Dafür könnte auch die dargestellte Entwicklung der altersspezifischen Morbidität sprechen. 15 Abb. 3: Altersspezifische Morbidität 2000 Leukämien (n = 2.023) Abb. 4: Altersspezifische Morbidität 2000 NonHodgkin-Lymphome (n = 717) Abb. 5: Altersspezifische Morbidität 2000 Morbus Hodgkin (n = 403) Die Beobachtungen aus der Klinik sind eine wesentliche Grundlage für die Bestimmung der Eigenschaften des Karzinogens. Die altersspezifische Morbidität spiegelt eine zunehmende karzinogene Belastung wider. Die Morbidität nimmt infolge der Kumulation des Karzinogens im Gewebe mit zunehmendem Alter zu. 16 6. Karzinogen und Krebsepidemiologie Bei der Suche nach dem Karzinogen ist zu bedenken, dass heute eine Vielzahl von mutagenen und/oder karzinogenen Stoffen bekannt ist. Diese haben eine außerordentlich unterschiedliche Wirksamkeit und Verbreitung. Die epidemiologische Bedeutung der verschiedenen heute bekannten mutagenen/ karzinogenen Stoffe ist bisher nicht hinreichend untersucht worden. Für jedes Karzinogen muß eine Antwort auf die Frage nach der klinischen Wirkung und nach der epidemiologischen Bedeutung gefunden werden. Wie muß das Karzinogen aussehen, das die Krebserkrankungen bei den Menschen und Haustieren verursachen kann? Die epidemiologische Bedeutung eines Karzinogens ergibt sich aus dessen Wirksamkeit und dessen verbreitetem Vorkommen. Die zu erwartenden Eigenschaften des Karzinogens ergeben sich aus den klinischen und epidemiologischen Beobachtungen. * Es wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass es sich bei der Krebsentstehung um einen spezifischen biologischen Vorgang handelt, der sich seit tausenden Jahren weltweit millionenfach in gleicher Weise wiederholt, der nicht durch beliebig viele unterschiedliche Noxen ausgelöst werden kann. Die Eigenschaften des gesuchten Karzinogens ergeben sich entsprechend aus den klinischen und epidemiologischen Beobachtungen. * Das Auftreten von Krebserkrankungen wurde bereits vor mehr als 2000 Jahren beschrieben. Die Bezeichnung „Karzinom“ geht auf die Beobachtungen von Hippokrates (um 460 bis 370/380 v. Chr.) am Brustkrebs in der Klassischen Antike zurück. Das läßt den Schluß zu, dass das krebsauslösende Agens bereits seit der biblischen Zeit weltweit verbreitet vorkommt. * Gesucht wird zunächst ein Karzinogen - ggf. eine karzinogene Stoffgruppe -, das angesichts seiner hohen Wirksamkeit, seiner außerordentlich (welt-)weiten Verbreitung und seines Verhaltens im Körper den zellbiologischen Vorgang auf der molekularen Ebene an allen Krebslokalisationen auszulösen vermag. Sollte das zu keinem Ergebnis führen, wird die Suche bezogen auf weitere Stoffe und auf einzelne Krebslokalisationen bezogen fortzusetzen sein. * Es wird davon auszugehen sein, daß die Zellen das Karzinogen im Rahmen ihrer physiologischen Funktionen aktiv aufnehmen. * Es wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass der alimentäre Übertragungsweg der Hauptpfad für die Aufnahme des Karzinogens ist und den arbeitsplatzbedingten Belastungen und den Umweltbelastungen nur eine untergeordnete Rolle zukommt. * Der Darmkrebs ist die häufigste Krebsart. Er entsteht durch die Aufnahme des Karzinogens mit der Nahrung. Im Dickdarm erfolgt die Resorption und die Rückresorption ausgeschiedenen Karzinogens. Entsprechend ist das Karzinogen sehr wahrscheinlich in Wasser löslich. * Das Karzinogen ist widerstandsfähig gegen alle Einflüsse des Verdauungstraktes. Es wird nicht verstoffwechselt. * Das Karzinogen gelangt auf dem Wege über die Blutbahn in alle Organe. Es wird von den Drüsen und Ausscheidungsorganen ausgeschieden. Eine Rückresorption erfolgt in den Milchgängen, den Nierentubuli, durch das Urothel im Nierenbecken und in der Harnblase, in den Gallengängen und der Gallenblase und an anderen Lokalisationen. Hier entstehen die meisten Karzinome. * Das Karzinogen wird mit der Muttermilch ausgeschieden und überträgt damit das Erkrankungsrisiko auch auf den Säugling. * Die tägliche Ausscheidung des Karzinogens ist stets kleiner als die tägliche Aufnahme. Das Karzinogen kumuliert entsprechend im Gewebe. * Die altersspezifische Morbidität zeigt - entsprechend der zunehmenden Bioverfügbarkeit - eine mit zunehmendem Alter stetige Zunahme der Erkrankungshäufigkeit. * Es gibt keinen Anhalt für eine spezifische Immunantwort. Zunächst besteht keine Veranlassung, grundsätzlich von einer Vielzahl am Krebsgeschehen beteiligter Karzinogene auszugehen. 17 Eigenschaften des Karzinogens Gesucht wird ein karzinogener Stoff (ggf. eine Stoffgruppe), - der bereits vor tausenden Jahren weltweit verbreitet vorkam und zu Krebserkrankungen - z. B. Prostatakarzinom, Brustkrebs, Magen-, Gebärmutter- und Nierenkrebs führte; - der als biologischer Stoff (biogenes Gift) in den molekularen Prozessen in der Zelle wirkt; - der primär nicht aus der industriellen Entwicklung mit Arbeitsplatz- und Umweltbelastungen durch Gefahrstoffe stammt; - der außerordentlich widerstandsfähig gegen äußere Einflüsse ist; - der sehr wahrscheinlich weltweit über kontaminierte Lebensmittel verbreitet wird; - der durch die Säure des Magens und durch die Verdauungsvorgänge nicht zerstört wird; - der infolge seiner Löslichkeit in Wasser überwiegend im Dickdarm resorbiert wird; - der - gelöst in Alkohol - auch über die Schleimhäute des Mundes, Rachens, der Speiseröhre und des Magens gut resorbiert wird; - der im Organismus nicht verstoffwechselt wird; - der über die Blutbahn in alle Organe und Gewebe gelangt und grundsätzlich - ggf. auf der Basis von Vorschädigungen oder in Verbindung mit anderen ko-Karzinogenen - die Erkrankung an allen Krebslokalisationen zu verursachen vermag; - der durch Sekretion/Exkretion durch die Drüsen (z. B. Brust, Prostata, Pankreas, Speicheldrüsen u. a.), Schleimhäute und durch die Ausscheidungsorgane (Leber, Niere, Haut) ausgeschieden wird und u. a. im Dickdarm, in den ableitenden Harnwegen, in den intra- und extrahepatischen Gallengängen, im Ductus pancreaticus und in den Milchgängen zurückresorbiert wird; - der infolge sehr geringer Ausscheidung im Gewebe kumuliert, wodurch sich - mit zunehmender Bioverfügbarkeit - im Alter das Erkrankungsrisiko stetig erhöht; - der im Organismus zu keiner Immunantwort führt. 18 Die Elemente des Prozesses der Entstehung der Krebskrankheiten als gesundheitliches Massenphänomen und die Rolle der begünstigenden Faktoren (Risikofaktoren) werden in der Tabelle 5 dargestellt: Das Karzinogen kommt als natürlicher Stoff verbreitet in der Natur vor. Die Übertragung/Verbreitung erfolgt weitaus überwiegend über Lebensmittel. Deren Kontaminationsgrad ist von den Produktions- und Lagerungsbedingungen abhängig. Sie bestimmt das Ausmaß des epidemischen Vorganges. Belastungen mit karzinogenen Arbeitsstoffen und Umweltbelastungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Exposition und Disposition beeinflussen das Ausmaß des Krankheitsgeschehens, die Erkrankungshäufigkeit, maßgeblich. Sie umfassen insbesondere die betroffene Population und die begünstigenden Faktoren (Risikofaktoren), die u. a. Einfluß auf die Inzidenz und/oder auf die Lokalisation der Krebserkrankung haben oder haben können. Tabelle 5: Der epidemische Prozeß der Krebsentstehung Elemente des Prozesses der Krebsentstehung Ursache Übertragung/Verbreitung Exposition /Disposition Maßgebende Faktoren: * natürliches Vorkommen * Hauptaufnahmepfad: des Karzinogens kontaminierte Lebensmittel * Karzinogene Stoffe am Arbeitsplatz (Ko-Karzinogene) * (Belastung mit karzinogenen Arbeitsstoffen) * ionisierende Strahlen * (Inhalation von Luftschadstoffen) Exponierte Population * Risikofaktoren: * * * * * * * * * * Ernährungsgewohnheiten Alkoholkonsum Rauchen chronisch-rezidivierende Entzündungen durch Bakterien oder Viren hormonelle Einflüsse ionisierende Strahlung Sonneneinstrahlung Immunschwäche immunsuppressive Therapie erbliche Veranlagung u. a. Abwehrkräfte Maßnahmen zur Krebsvorsorge Beseitigung der Ursache * Verbot der karzinogenen Stoffe am Arbeitsplatz * Strahlenschutz Vermeidung der Übertragung * strikte Verminderung der Kontamination von Lebensmitteln * Lebensmittelüberwachung Verminderung des Erkrankungsrisikos * * * * gesunde Ernährung Einschränkung des Alkoholkonsums Einschränkung des Rauchens Sonnenschutz u. a. Im unteren Teil der Tabelle sind die grundsätzlich möglichen Maßnahmen aufgeführt, die zur Verhütung der Krankheiten geeignet und durchzuführen sind. Die Vermeidung der Übertragung des krebserregenden Stoffes ist eine Grundvoraussetzung für die Verhütung der Erkrankungen. Die entscheidende Bedeutung kommt entsprechend der Verminderung der Kontaminationen der Lebensmittel mit karzinogenen Stoffen in den verschiedenen Bereichern der Lebensmittelproduktion und -lagerung und durch lebensmittel-technologische Maßnahmen zu. 19 In zahlreichen Publikationen wird bereits auf die karzinogene Wirkung der Mykotoxine Aflatoxin B1, Ochratoxin A u. a. hingewiesen. In keiner der Arbeiten gibt es jedoch eine Verknüpfung mit der Frage nach der epidemiologischen Bedeutung dieser genannten Mykotoxine in Lebensmitteln bei der Entstehung der jährlich mehr als 400.000 Krebserkrankungen / 210.000 Krebssterbefällen in Deutschland. Nach Teuscher und Lindequist (1988) spielen chronische Mykotoxikosen für Menschen und Tiere eine wesentliche Rolle, welche sich bei der Aufnahme der Mykotoxine über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln. Als Vergiftungsquellen werden schimmelpilzbefallene Nahrungs- und Futtermittel genannt. Gefährlich sei vor allem der Einsatz verschimmelter Rohstoffe, bei denen nach der Verarbeitung der Schimmelpilzbefall nicht mehr einfach festzustellen ist. Ein besonderes Risiko stelle die karzinogene Wirksamkeit vieler Mykotoxine dar. Durch den gleichzeitigen immunsuppressiven Effekt werde die Entwicklung eines Tumors häufig begünstigt. Nicht selten treten sekundäre bakterielle Infektionen auf, die sich mit Antibiotika nur sehr schwer oder nicht beherrschen lassen. Engelhardt (2004) macht darauf aufmerksam, dass die Mykotoxinkontamination von Lebens- und Futtermitteln heute ein weltweites Problem darstellt. Die UN Food and Agriculture Organization (FAO) schätzt, dass bis zu 25 % der Weltproduktion von Nahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontaminiert sind. Etwa 20 % der Cerealienernte der EU enthalten messbare Mengen von Mykotoxinen. Die karzinogenen oder mutagenen Stoffe unterliegen im Körper manigfaltigen chemischen Einflüssen und Stoffwechselvorgängen. Viele von ihnen werden entsprechend chemisch verändert, metabolisiert und/oder ausgeschieden. Andere Stoffe - so die Mykotoxine - überstehen die Verdauungsvorgänge, werden resorbiert, gelangen über die Blutbahn in alle Ausscheidungsorgane und Drüsen, werden dort ausgeschieden und danach wieder zurückresorbiert. Sie reichern sich im Körper wegen einer letztlich sehr geringen Ausscheidung an. Die Mykotoxine gehören zu den Stoffen mit der höchsten mutagenen Wirksamkeit, auch zu den am weitesten verbreiteten Karzinogenen. Deshalb besteht in besonderem Maße die Notwendigkeit deren Rolle bei der Karzinogenese zu untersuchen und das mit ihnen verbundene Erkrankungsrisiko festzustellen. Weiterführende Untersuchungen sind erforderlich. Untersuchungen der Pathologen können hilfreich sein, die festgestellten histopathologischen Befunde und Nebenbefunde darzustellen und deren Ursachen aufzuklären. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Krebsepidemiologie werden zum Verständnis für die Vorgänge der Krebsentstehung beitragen und eine entscheidende Grundlage für die Ausarbeitung einer praktikablen Strategie zur Verhütung der Krebserkrankungen sein. Bereits die Feststellung, dass für die besonders (welt-)weite Verbreitung karzinogener Stoffe nur der alimentäre Übertragungsweg in Betracht kommt, begründet die Notwendigkeit einer größtmöglichen Umsicht und Konsequenz auf dem Gebiet des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit. Die erforderlichen Maßnahmen richten sich entsprechend auf die Senkung der Mykotoxinbelastung in den Lebensmitteln und deren Resorption im Organismus. Bei der Suche nach den Ursachen der Krebserkrankungen stellt sich unmittelbar die Frage: Welche krebserregenden Stoffe sind heute als Kontaminanten von Lebensmitteln bekannt und vermögen diese die Krebsentstehung an den verschiedenen Lokalisationen zu verursachen? Die Rolle der Schimmelpilze und ihrer Toxine bei der Entstehung anderer Krankheiten wird hiermit ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Sie ist jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchung zur Krebsepidemiologie. 20 7. Endotoxine und Mykotoxine Endotoxine (Lipopolysaccharide) entstehen sowohl in Lebensmitteln als auch im Organismus des Menschen beim Untergang der Bakterien - auch bei der Antibiotikabehandlung! -. Sie entfalten ihre toxische Wirkung, wenn sie in ausreichender Menge in die Zirkulation gelangen, unabhängig von der Bakterienart, aus der sie stammen. Die Feststellung der Endotoxine in Lebensmitteln ist heute möglich und erlaubt eine Beurteilung der mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit der Ausgangsmaterialien. Endotoxine sind wasserlöslich und hitzestabil. Sie werden im Dickdarm resorbiert. Ihre Wirkung ist das Bestimmende bei der Entstehung der lokalen Infektionen und Intoxikationen des Dickdarms. Die Resorption der Endotoxine stellt sich dabei als aktiver Vorgang durch die Endothelzellen dar. Deshalb kommt es an der Schleimhaut des Darmes zu den ersten und stärksten Schäden. Endotoxine gelangen auf dem Weg über die Blutbahn in alle Organe und verursachen dort - in Abhängigkeit von Menge und Toxizität - Zellschädigungen oder funktionelle Störungen. Das Endothel der arteriellen Gefäße, einschließlich des arteriellen Teils der Kapillaren ist in besonderem Maße gleichfalls betroffen. Die durch bakterielle Endotoxine ausgelösten Erkrankungen stellen sich schließlich primär als eine Funktionsstörung des Magen-Darm-Traktes und des Herz-Kreislauf-Systems, verbunden mit Veränderungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des Blutes und der Zellen dar. Gegen die Endotoxine bildet der Makroorganis-mus Antikörper. Die Lipopolisaccharide sind zugleich Toxin und die Antigendeterminanten der verschiedenen Bakterien. Die Endotoxine können bei bestimmten Immunzellen die Ausschüttung hoch wirksamer Substanzen (endogener Pyrogene) bewirken, die zu Blutdruckabfall, Fieber und Schüttelfrost führen und in schweren Fällen erhebliche Organschäden bedingen. Endotoxine können im Organismus die Produktion von Antikörpern auslösen, darunter auch der Autoantikörper. In einer sich selbst verstärkenden Kettenreaktion aktivieren die Antikörper dann Stoffe im Blut, die zu ausgedehnten Gewebsschädigungen beitragen. Die Lipopolisaccharide werden im menschlichen Organismus nicht verstoffwechselt, sondern letzten Endes mit dem Urin ausgeschieden. Auch in der Harnblase vollzieht sich mit der Rück-resorption von Wasser noch eine Resorption von LPS und möglicherweise auch eine Schädigung der Epithelzellen. Endotoxine sind hochwirksame biogene (bakterielle) Zellgifte. Sie sind keine Karzinogene! Am Rande des XI. Internationalen Umweltmedizinischen Symposiums der American Environmental Health Foundation in Dallas, Texas, USA, äußerte sich Prof. Antonio Vito Costanini, Direktor der WHOForschungsgruppe „Mykotoxine in Lebensmitteln“, über die Entstehung der Arteriosklerose: Die Läsion des Gefäßendothels besteht schon bevor die Blutfette ansteigen. Die erste Läsion wird durch bakterielle Endotoxine verursacht. Aber auch Mykotoxine können die Läsionen hervorrufen. Die beste Diät komme aus Japan: viel Reis, viel Gemüse, viel Fisch. Die klassische japanische Kost ist arm an Mykotoxinen und kaum fermentiert. Seine Empfehlung lautet: keine Hefe! Das bedeutet auch: kein Bier, kein Brot, kein Wein u. a. Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die für Mensch und Tier giftig sind. Sie wirken im tierischen und menschlichen Organismus sehr unterschiedlich. Sie können beim Menschen Krebs verursachen (Aflatoxine, Ochratoxin A, Fumonisine), mutagen wirken (Aflatoxine, Sterigmatocystin), Missbildungen auslösen (Ochratoxin A), das Hormonsystem beeinflussen (Zearalenon), das Immunsystem beeinträchtigen (Aflatoxine, Ochratoxin A) u. a. Teuscher und Lindequist (1988) beschreiben die Mykotoxine und deren pathogenetische Bedeutung: Sie sind seit Jahrzehnten bekannt (die Entdeckung des Patulins erfolgte 1938, die des Tricothecens 1948). Ihre intensive Untersuchung begann jedoch erst 1960 im Zusammenhang mit einem Truthahnsterben in Großbritannien, das durch von Aspergillus flavus befallenes Erdnußschrot ausgelöst und durch Aflatoxine verursacht wurde. Bekannt ist ihre Zytotoxizität aus der Anwendung als Antibiotokum. Produzenten der Mykotoxine sind eine Vielzahl von Schimmelpilzen unterschiedlicher systematischer Stellung. Das Wachstum der Pilze auf Lebens- und Futtermitteln und damit die Mykotoxinbildung werden durch viele Faktoren bestimmt. Die meisten Mykotoxinbildner haben ein Temperaturoptimum für das Wachstum von 20 - 25° C. Viele von ihnen gedeihen zwar bei niedrigeren Temperaturen noch, bilden 21 aber unterhalb von 10 bis 5° C keine Mykotoxine mehr. Für ein gutes Wachstum ist nicht nur ein feuchtes Substrat, sondern meistens auch eine hohe relative Luftfeuchte notwendig. Pilze sind Aerobier. Sie benötigen für ihr Wachstum, wenn auch nur in geringen Konzentrationen, Sauerstoff. Sie vermögen auf allen organischen Substraten zu wachsen, die für die Ernährung von Mensch und Tier bestimmt sind. Die Aflatoxine sind Dihydrodifurano- bzw. Tetrahydrodifuranocyclopentanocumarine (bzw. pyranocumarine). Es sind 17 Aflatoxine bekannt, von denen jedoch nur 4, Aflatoxin B1 und B2 (blau fluoreszierend) und Aflatoxin G1 und G2 (grün fluoreszierend) ursprünglich sind. Die übrigen leiten sich von diesen 4 Verbindungen durch sekundäre Veränderungen in biologischen Systemen, insbesondere Hydroxylierungen, ab oder sie entstehen spontan in bestimmtem chemischem Milieu. Die Aflatoxine M1 und M2 treten in der Kuhmilch nach Gabe aflatoxinhaltigen Futters auf. Produzenten der Aflatoxine sind vor allem Aspergillus flavus und A. parasiticus. Die Pilze gedeihen in einem Temperaturbereich von 12 - 40°C und bei einem Wassergehalt von mindestens 18 % auf stärkehaltigen und von etwa 10 % auf ölhaltigen Substraten. Hauptsubstrate sind Erd-nüsse (in Extremfällen wurden bis 3,5 mg/kg Aflatoxine beobachtet), Baumwollsamen, Getreidefrüchte (insbesondere Mais, seltener Weizen, Reis, Gerste, Roggen, Hirse, Hafer), Nüsse (Walnüsse, Haselnüsse, Paranüsse), Pistazienkerne, Copra und pflanzliches Tierfutter. Bei Fütterung verpilzten Futters können tierische Produkte (Milch, Milchprodukte) mit Aflatoxinen kontaminiert sein. Bei experimenteller Verfütterung großer Aflatoxinmengen können auch Eier und Fleisch Aflatoxin enthalten. Aus konta-minierten Erdnüssen hergestelltes, raffiniertes Öl ist weitgehend frei von Aflatoxinen. Die Aflatoxine sind wasserlöslich (10-20 mg/1), gut löslich in Methanol. Sie sind relativ hitzestabil und werden beim Kochen oder Backen von Lebensmitteln nur zu einem geringen Teil zerstört. Aflatoxine wirken hepatotoxisch und hepatokarzinogen. Die akuten Leberschädigungen sind charakterisiert durch Zerstörung der Hepatocyten und Gallengangsproliferation. Voraussetzung für die toxische Wirkung ist die Furofurangruppe mit einer Doppelbindung im endständigen Furanring. Die karzinogene Wirkung resultiert aus einer Alkylierung der DNA durch die bei der Metabolisierung aus den Aflatoxinen gebildeten 2,3-Epoxide. Aflatoxin B1 wird als das stärkste bekannte Karzinogen natürlicher Herkunft angegeben. In pflanzlichen und tierischen Zellen bewirkt es Chromosomenaberrationen und Brüche der DNA, in einigen Bakterientestsystemen nach mikrosomaler Aktivierung Genmutationen. In hoher Konzentration kann es teratogene Effekte ausüben. Extrahepatisch kommt es nach Aufnahme von Aflatoxin B1 zu Hämorrhagien in Lunge, Nieren und Nebennieren. Bei Ratten wurden außer Leberkrebs auch Karzinome von Kolon und Niere festgestellt. Die karzinogene Wirkung des Aflatoxins ist Dosisabhängig. Bereits bei einer Belastung des Futters von 1 µg/kg treten bei 10 % der Versuchstiere Tumoren auf. Mit der Konzentrations-erhöhng steigt bei genügend langer Aufnahme die Tumorinzidenz bis 100 %. Es wurde keine resistenten Tierarten gefunden. Das Internationale Krebsforschungszentrum in Lyon (International Agency for Research on Cancer, IARC) hat die Aflatoxine als für den Menschen karzinogen eingestuft. Die Ochratoxine werden von Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet. Die ochratoxin-bildenden Penicillium-Arten gedeihen bereits bei Temperaturen von 5 - 10° C gut. Sie sind daher im Gegensatz zu den wärmeliebenden Aspergillus-Arten für die Kontamination von Lebensmitteln in kälteren Klimaten von besonderer Bedeutung. 22 Matthiaschk (1990) weist auf mutagene und/oder teratogene und/oder karzinogene Wirkungen hin, die für einige Mykotoxine nachgewiesen wurden. Aflatoxin B1 sei am stärksten karzinogen. Ochratoxin A zeige bei Ratten gleichfalls eine karzinogene Wirkung. Ochratoxine (vorwiegend Ochratoxin A, seltener auch B) wurden insbesondere in Getreidefrüchten, auch in Kaffeebohnen, in Nieren, in Lebern und im Fleisch von Schweinen und Hühnern, die wegen Ochratoxin A-Vergiftungen (Nephropathien) geschlachtet worden waren, nachgewiesen. Biologisch aktiv sind vor allem Ochratoxin A sowie seine Methyl- und Ethylester. Ochratoxine besitzen einen 3,4-Dihydro-3-methylisocumarin-Grundkörper, der amidartig mit einer Aminosäure (bisher nur L-Phenylalanin gefunden) verknüpft sein kann. Aus dieser Gruppe ist das Ochratoxin A von besonderer Bedeutung. Es ist eine farblose Substanz, die gut in Wasser und Alkohol löslich ist. Als primäre Targetorgane von Ochratoxin A wurden Niere und Leber beschrieben. In der Niere sind besonders die Tubuli betroffen. Es kommt zu Degeneration der Tubuli, interstitieller Fibrose und im späteren Stadium zu Hyalinisierung der Glomeruli. In der Leber erfolgen eine Hemmung des aktiven Glucosetransports sowie der Glycogensynthese und eine Förderung des Glycogenabbaus. Mitochondriale Transportsysteme werden ebenfalls blockiert. Mykotoxine wirken mutagen, karzinogen, neurotoxisch, nephrotoxisch, zytotoxisch oder teratogen. Sie stellen neben den bakteriellen und bakteriell-toxischen Kontaminationen in Lebensmitteln ein beträchtliches gesundheitliches Gefährdungspotential dar. Bereits im Jahre 1993 hat die Internationale Krebsforschungsagentur in Lyon (International Agency for Research on Cancer, IARC) Ochratoxin A als für den Menschen möglicherweise karzinogen eingestuft. Im August 2004 berichtete das Forschungsmagazin der EU-Kommission über Ergebnisse und Ziele der europäischen Mykotoxinforschung: Die Mykotoxine, in erster Linie Aflatoxine, Ochratoxine, Trichothecene und Patulin, sind gefährlich, weit verbreitet und bösartig. Dass manche von ihnen kanzerogene Wirkungen haben, ist erwiesen. Pilze können auch zytotoxische oder teratogene Schadwirkungen verursachen oder das Immunsystem schädigen. Die Mykotoxine, die von verschiedene Pilzen gebildet werden, können in einer breiten Palette von Lebensmitteln vorhanden sein. Genannt werden Getreide, Früchte und Gemüse, Äpfel, Birnen, Tomaten, Möhren, Trauben, Nüsse, Erdnüsse, Kaffee und Kakao. Ihre Gefährlichkeit sei umso beunruhigender, als sie manchmal schon in unglaublich kleinen Mengen wirken. Dass ein Lebensmittel nicht schimmlig ist, bürge noch nicht für seine gute Qualität. Die Kontrollen auf der Stufe des Vertriebs der Erzeugnisse seien ein wichtiger Schutz, aber die Feuerwehr zu spielen, die eingreift und verseuchte Lebensmittel aus den Regalen entfernt, um Vergiftungen einzudämmen, sei alles andere als befriedigend. Ein wirklicher Fortschritt müsse von vorbeugenden Maßnahmen auf den vorgelagerten Stufen ausgehen. Dies sei der Zweck der europäischen Forschungen (s. auch S. 145). Karzinogene Mykotoxine werden von Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet. Die ochratoxinbildenden Penicillium-Arten gedeihen bereits bei Temperaturen von 5 - 10° C gut. Sie sind daher im Gegensatz zu den wärmeliebenden Aspergillus-Arten für die Kontamination von Lebensmitteln in kälteren Klimaten von besonderer Bedeutung. Neben der karzinogenen Wirkung sind die Mykotoxine möglicherweise bei der Entstehung chronischentzündlicher Erkrankungen, der Arteriosklerose und der coronaren Herzkrankheit, des Diabetes mellitus u. a. relevant. Auftretende Mykotoxikosen mit cardialen Symptomen und Schwindel werden allgemein nicht erkannt, weil an eine solche Möglichkeit nicht gedacht wird. Die weiteren zweifellos bestehenden pathogenetischen Potentiale der Schimmelpilze, ihrer Allergene und Toxine sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Medizinisch-wissenschaftliche Untersuchungen über die pathogenetische Bedeutung der Mykotoxine, insbesondere ihrer karzinogenen Eigenschaften und Wirkungsmechanismen sind erforderlich. 23 8. Die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung Die Mykotoxinforschung hat den letzten drei Jahrzehnten umfangreiche neue Erkenntnisse über das Vorkommen von karzinogenen Stoffen in Lebensmitteln erbracht. Sie erlauben heute eine neue Untersuchung und Bewertung des Problems der Krebsentstehung. Am 30. November 1976 wurde auf der Grundlage des Bundes-Lebensmittel-Gesetzes die AflatoxinVerordnung (BGBl. I S. 1945) erlassen. Sie berücksichtigte die Ergebnisse der Forschung zum Vorkommen und zur Toxizität der Aflatoxine sowie die derzeitigen Erkenntnisse der Überwachungslaboratorien über die Verbreitung und die Kontaminationsgrade in Lebensmitteln. Sie galt nur für Erdnüsse, Nüsse, Kokosraspeln, Mohn, Sesam und Getreide und die ausschließlich daraus hergestellten Lebensmittel. Die zulässigen Höchstwerte betrugen für Gesamtaflatoxin 10 µg/kg und für Aflatoxin B1 5 µg/kg. Bereits davor war eine Aflatoxin-Futtermittel-Verordnung zur Verhütung von Mykotoxinvergiftungen bei Nutztieren erlassen worden, welche die gleichen Höchstmengen vorsah. Otteneder und Majerus (1993) weisen auf die Amtliche Begründung der Bundesregierung zur AflatoxinVerordnung vom 13. 8. 1976 hin, in der festgestellt wird, dass die Kontaminationsraten und die Höhe des Aflatoxingehaltes durch Vorsichtsmaßnahmen bei der Ernte und Lagerung verringert, aber nicht ganz ausgeschlossen werden können. Entsprechend dem Erkenntnisstand im Jahre 1976 hinsichtlich der Bewertung der Rolle der Mykotoxine bei der Entstehung der Krankheiten wurde beim Erlaß der Aflatoxin-Verordnung keine Nulltoleranz festgelegt, wie sie bei karzinogenen Stoffen erforderlich gewesen wäre. Da die Mykotoxine beim Schimmelbefall auf den Rohstoffen entstehen und freigesetzt werden, ist diese Entscheidung gleichbedeutend mit einer Genehmigung/Zulassung der Verarbeitung von mit karzinogenen Mykotoxinen kontaminierten Rohstoffen zu Lebensmitteln. Erörtert wurde die Frage, ob eine Notwendigkeit besteht, auch eine Grenzwertregelung für Ochratoxin A zu treffen. Ochratoxin A ist in pflanzlichen Lebensmitteln weit verbreitet. Befunde wurden u. a. erhoben aus Getreide 0,1-15 µg/kg; Mehl, Gries, Flocken 0,1-18 µg/kg; Feigen 0,6 µg/kg; Datteln 0,3-3 µg/kg; Braumalz 0,1-11 µg/kg; Rohkaffee 3 µg/kg; Gewürzen 1-3 µg/kg u. a. Mit dem Hinweis auf die bei Ratten und Mäusen nachgewiesene Karzinogenität wurde die Notwendigkeit einer Grenzwertfestlegung bejaht. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung der Aflatoxin-Verordnung im Jahre 1990 wurden die Grenzwerte herabgesetzt und auf alle Lebensmittel angewendet. Ein zusätzlicher Höchstwert für Aflatoxin M1 in Milch von 0,050 µg/kg wurde aufgenommen. Für diätetische Lebensmittel und Kindernahrung wurden niedrigere Grenzwerte in der Diät-Verordnung verankert. Die Verordnung bestimmte, dass die in der Anlage aufgeführten Erzeugnisse, deren Gehalt an Aflatoxinen B1, B2, G1, G2 oder M1 die dort für sie festgesetzten Höchstmengen überschreitet, weder unvermischt noch nach Vermischung als Lebensmittel in den Verkehr gebracht oder zur Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden dürfen. Otteneder und Majerus informierten über repräsentative Stichprobenuntersuchungen von Humanblutproben, die bei 50 % der Probanden nachweisbare Gehalte an Ochratoxin A (Medianwert: 1,1 µg/l) ergeben haben. Sie weisen damit auf den langen Verbleib der Toxine im Organismus hin. Diese Tatsache sollte bei der Grenzwertregelung berücksichtigt werden, weil sie zeige, dass der menschliche Organismus aufgrund des beträchtlichen Ochratoxin A-Angebotes über die Nahrung deutlich belastet wird. Die Aflatoxin-Verordnung wurde im Juni 1999 durch die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung ersetzt. Die o. g. Höchstmengen der Aflatoxin-Verordnung gelten weiter. In einer zweiten Anlage zur Verordnung werden Erzeugnisse genannt, für welche die im Rahmen von EU-Verordnungen festgelegten Probenahme- und Analysenverfahren anzuwenden sind. Genannt werden für die Untersuchungen auf Aflatoxine: - Erdnüsse, Schalenfrüchte und Trockenfrüchte und deren Verarbeitungserzeugnisse, die zur direkten Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind, 24 - Erdnüsse, Schalenfrüchte und Trockenfrüchte, die vor ihrem Verzehr oder ihrer Verwendung als Lebensmittelzutat einer Sortierung oder einer anderen physikalischen Behandlung unterzogen werden sollen, - Getreide (einschließlich Buchweizen) und dessen Verarbeitungserzeugnisse, die zum direkten Verzehr oder als Lebensmittelzutat bestimmt sind, - Getreide (einschließlich Buchweizen), das vor seinem Verzehr oder seiner Verwendung als Lebensmittelzutat einer Sortierung oder einer anderen physikalischen Behandlung unterzogen werden soll, - Milch (Rohmilch, Werkmilch und wärmebehandelte Milch), - Gewürze. Genannt werden für die Untersuchungen auf Ochratoxin A: - Getreide (einschließlich Reis und Buchweizen) und Getreideerzeugnisse, - rohe Getreidekörner, - alle Getreideerzeugnisse (einschließlich verarbeitete Getreideerzeugnisse und Getreidekörner zum direkten Verzehr), - getrocknete Weintrauben (Korinthen, Rosinen, Sultaninen). Mit der Verordnung (EG) Nr. 472/2002 der Kommission vom 12. Februar 2002 wird die Verordnung 466/2001 zur Festsetzung von Höchstmengen in Lebensmitteln geändert und erweitert. In der Begründung dazu heißt es: VERORDNUNG (EG) Nr. 472/2002 DER KOMMISSION vom 12. März 2002 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln „... (3) Einige Mitgliedstaaten haben Höchstgehalte für Aflatoxine in Gewürzen und für Ochratoxin A in bestimmten Lebensmitteln festgelegt bzw. wollen diese festlegen. Angesichts der zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede und des Risikos, dass daraus Wettbewerbsverzerrungen resultieren können, sind unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gemeinschaftliche Maßnahmen geboten, um die Einheit des Marktes zu gewährleisten. (4) Aflatoxine, insbesondere Aflatoxin B1, sind genotoxische, karzinogene Stoffe. Für diese Art von Stoffen gibt es keine Schwelle, unterhalb deren keine schädliche Wirkung beobachtet wird; infolgedessen kann keine zulässige tägliche Aufnahmemenge festgesetzt werden. Trotz des gegenwärtigen Stands der wissenschaftlich-technischen Erkenntnisse und der Verbesserung der Erzeugungs- und Lagerungstechniken ist es unmöglich, das Auftreten dieser Schimmelpilze und folglich das Vorhandensein von Aflatoxinen in Gewürzen gänzlich zu verhindern. Daher sollten Höchstgehalte festgesetzt werden, die so niedrig sind, wie sie vernünftigerweise eingehalten werden können. ... (7) Ochratoxin A ist ein Mykotoxin, das von verschiedenen Pilzen (Penicillium- und Aspergillus-Arten) produziert wird. Es kommt natürlicherweise weltweit in einer Reihe von Pflanzenerzeugnissen wie Getreide, Kaffeebohnen, Kakao und getrockneten Früchten vor. Es wurde beispielsweise in Getreideerzeugnissen, Kaffee, Wein, Bier und Traubensaft, aber auch in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, nämlich in Schweinenieren, nachgewiesen. Untersuchungen der Häufigkeit und der Gehalte an Ochratoxin A in Proben von Lebensmitteln und menschlichem Blut weisen darauf hin, dass Lebensmittel häufig kontaminiert sind. (8) Ochratoxin A ist ein Mykotoxin mit karzinogenen, nephrotoxischen, teratogenen, immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften. Es wurde mit Nierenerkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht. Ochratoxin A kann beim Menschen eine lange Halbwertzeit haben. (9) Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss erklärte in seinem Gutachten vom 17. September 1998 zu Ochratoxin A, dass „man die OchratoxinA-Exposition vorsichtshalber so weit wie möglich verringern und sicherstellen sollte, dass sich die Exposition eher im unteren Bereich der Spannwei- 25 te annehmbarer Tagesdosen von 1,2 bis 14 ng/kg Körpergewicht/Tag bewegt, die von anderen Gremien geschätzt wurde, z. B. unter 5 ng/kg Körpergewicht/Tag“. (10) Mit dem gegenwärtigen wissenschaftlich-technischen Kenntnisstand und trotz der Verbesserung der Erzeugungs- und Lagerungstechniken ist es unmöglich, das Auftreten dieser Schimmelpilze gänzlich zu verhindern. Folglich lässt sich Ochratoxin A nicht vollständig aus Lebensmitteln entfernen. Daher sollten Höchstgehalte festgesetzt werden, die so niedrig sind, wie sie vernünftigerweise eingehalten werden können. (11) Die ernährungsbedingte Aufnahme von Ochratoxin A erfolgt hauptsächlich über Getreide und Getreideerzeugnisse. Um eine Kontamination so weit wie möglich zu vermeiden und den Verbraucher zu schützen, ist die Vorbeugung von größter Bedeutung. (12) Darüber hinaus empfiehlt es sich, vernünftigerweise einhaltbare Höchstgehalte für Getreide und Getreideerzeugnisse unter der Bedingung festzusetzen, dass vorbeugende Maßnahmen getroffen werden, um eine Kontamination auf allen Stufen der Erzeugungs- und Vermarktungskette zu vermeiden. (13) Bei getrockneten Weintrauben (Korinthen, Rosinen und Sultaninen) wurden hohe Kontaminationen nachgewiesen. Menschen, die große Mengen getrockneter Weintrauben verzehren, insbesondere Kinder, nehmen dabei hohe Dosen von Ochratoxin A auf. Daher wäre es zwar angemessen, vorläufig einen praktikablen Höchstgehalt festzusetzen, es ist aber unbedingt erforderlich, die Verfahren zur Senkung der Kontamination weiter zu verbessern. (14) Das Vorhandensein von Ochratoxin A wurde auch in Kaffee, Wein, Bier, Traubensaft, Kakao und Gewürzen nachgewiesen. Die Mitgliedstaaten und interessierte Parteien (z. B. Berufsverbände) sollten Untersuchungen und Forschungsarbeiten durchführen, um die verschiedenen Faktoren zu ermitteln, die an der Bildung von Ochratoxin A beteiligt sind, und die Vorbeugungsmaßnahmen festzulegen, die getroffen werden müssen, um die Ochratoxin-A-Mengen in diesen Lebensmitteln zu verringern. (15) Es sollten alle Anstrengungen auf dem Gebiet der Forschung und Vorbeugung unternommen werden, um den Ochratoxin-A-Gehalt dieser Erzeugnisse so weit wie möglich zu verringern, bis Höchstgehalte auf der Grundlage des ALARAPrinzips (d. h. so niedrig, wie vernünftigerweise einzuhalten) festgelegt werden. Werden keine Anstrengungen unternommen, um den Ochratoxin-A-Gehalt bestimmter Erzeugnisse zu senken, ist zum Schutz der öffentlichen Gesundheit die Festlegung eines Höchstgehaltes für diese Erzeugnisse erforderlich, auch ohne dass die technische Machbarkeit eingeschätzt werden kann. (16) Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit. ...“ Was aber sind angesichts von 3,2 Millionen Krebserkrankungsfällen und 1,7 Millionen Krebssterbefällen in Europa „annehmbare Tagesdosen“ der Exposition? Mit der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 waren bereits für Getreide und Getreideerzeugnisse sowie für getrocknete Weintrauben ein Ochratoxin-A-Höchstgehalt festgelegt worden. Mit der neuen Verordnung wurde festgestellt, daß auch der Gehalt an Ochratoxin A in Bier damit indirekt kontrolliert werde, da das Ochratoxin A in Bier aus dem Ochratoxin A des Malzes stammt, für das bereits ein Höchstwert gelte. Die Festlegung eines Höchstwertes für Ochratoxin A in Bier zum Schutz der öffentlichen Gesundheit wurde deshalb zunächst nicht für erforderlich gehalten. Da Wein und gerösteter Kaffee zusammen mit löslichem Kaffee erheblich zur Ochratoxin-A-Exposition des Menschen beitragen und Traubensaft speziell zur Ochratoxin-A-Exposition von Kindern, wurden in der Verordnung Höchstgehalte für diese Lebensmittel festgelegt, „damit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit die Verbreitung unannehmbar stark kontaminierter Lebensmittel verhindert wird“. Ochratoxin A wurde darüber hinaus in anderen Trockenobstsorten als getrockenten Weintrauben, in Kakao und Kakaoerzeugnissen und in Gewürzen festgestellt. Die Frage, ob es zweckmäßig ist, einen Höchstgehalt für Ochratoxin A in diesen Lebensmitteln, einschließlich grünem Kaffee, festzulegen sowie die geltenden Höchstgehalte zu überprüfen, wird nach Vorliegen der Bewertung der laufenden Forschungen zur Toxikologie von Ochratoxin A erneut geprüft. 26 Mit der Verordnung zur Änderung der Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung und der Diätverordnung vom 04. 02. 2004 wurde die EU-Verordnung in Deutschland umgesetzt. Die Änderung der Mykotoxin-Höchstmengenverordnung wurde vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit verordnet. Es wurden Höchstmengen für Ochratoxin A, Deoxynivalenol, Fumonisine und Zearalenon festgesetzt und in die Anlage 1 ( s. Tabelle 6 ) aufgenommen. Tabelle 6: Anlage zur Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung in der Fassung vom 4. 2. 2004 Mykotoxine 1. 2. Aflatoxin B1 Summe der Aflatoxine B 1, B 2, G 1, G 2 Erzeugnisse Lebensmittel, ausgenommen die in Nummer 2 Buchstabe a aufgeführten Erzeugnisse Enzyme und Enzymzubereitungen, die zur Herstellung von Lebensmitteln bestimmt sind b) andere Lebensmittel Aflatoxin M1 Milch 4. Ochratoxin A löslicher Kaffe Röstkaffe Trockenobst (ausgenommen aus Weintrauben und Feigen) getrocknete Feigen 6. Deoxynivalenol 2 a) 3. 5. Höchstmenge in oder auf Lebensmitteln in µg/kg 0,05 4 0,05 6 3 2 8 Getreideerzeugnisse (Getreidekörner zum direkten Verzehr und verarbeitete Getreideerzeugnisse), ausgenommen Hartweizenerzeugnisse, Brot, Kleingebäck und Feine Backwaren. 500 Brot, Kleingebäck und Feine Backwaren 350 Summe der Fumonisine B1 Maiserzeugnisse (Mais zum direkten Verzehr und B2 und verarbeitete Maiserzeugnisse), ausgenommen Cornflakes 500 Cornflakes 100 7. Zearalenon Getreideerzeugnisse (Getreidekörner zum direkten Verzehr und verarbeitete Getreideerzeugnisse) 50 Mit der EU-Verordnung Nr. 683/2004 vom 13. April 2004 zur Änderung der Verordnung Nr. 466/2001 im Hinblick auf Aflatoxine und Ochratoxin A in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder werden geringere Höchstgehalte von Aflatoxin B1, Aflatoxin M1 und Ochratoxin A in Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost und anderer Beikost festgesetzt. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit der EU-Verordnung Nr. 123/2005 vom 26. Januar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 in Bezug auf Ochratoxin A erneut 27 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln festgelegt Die Höchstwertfestlegungen werden entsprechend der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Lebensmittel“ (SCF) zu Ochratoxin A vom 17. September 1998 damit bgründet, dass es sich bei Ochratoxin A um ein Mykotoxin handelt, das karzinogene, nierenschädigende, Missbildungen verursachende, immuntoxische und möglicherweise neurotoxische Eigenschaften besitzt. Die Höchstwertfestlegungen betreffen Getreide und Getreideerzeugnisse, Getrocknete Weintrauben, Kaffee, Wein, Traubensaft, Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder und diätetische Lebensmittel. Für grünen Kaffee, andere Trockenobstsorten als getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Lakritz wurde kein Höchstwert festgelegt. Mit dem Hinweis auf laufende Untersuchungen zur Aufklärung der Mechanismen der Karzinogenität von Ochratoxin A hat der Wissenschaftliche Ausschuss für Lebensmittel (SCF) mit der Verordnung (EG) 123/2005 festgelegt: Sobald die vollständigen Forschungsergebnisse des europäischen Forschungsprojektes zur Verfügung stehen, wird die Kommission die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ersuchen, die wissenschaftliche Stellungnahme des SCF angesichts der neuen Ergebnisse zu aktualisieren. Am 4. April 2006 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Ersuchen der Kommission eine aktualisierte wissenschaftliche Stellungnahme zu Ochratoxin A in Lebensmitteln abgegeben und darin eine - aus toxikologischer Sicht - tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI) von 120 ng/kg Körpergewicht vorgeschlagen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln wird das EURecht entsprechend aktualisiert. Die neue Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 466/2001 vom 8. März 2001. Sie gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Von den Experten wird zugleich empfohlen, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Ochratoxin ABelastungen in den Lebensmitteln zu reduzieren und ein Monitoring-Programm einzuführen und die Expositionsdaten für bestimmte gefährdete Gruppen zu erheben. Die Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxin sind als karzinogene Kontaminanten in Lebensmitteln bekannt. Aflatoxin B1 wird als das stärkste bekannte karzinogene/mutagene Gift angegeben. In Tierversuchen ist die Karzinogenität des Ochratoxin A festgestellt worden. Die gegenwärtig zulässigen Höchstmengen für Mykotoxine in Lebensmitteln berücksichtigen nicht ausreichend deren Kumulation im Organismus. Sie stellen nach der epidemiologischen Untersuchung eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit der Menschen dar. Die Kontaminationsgrade sind nicht zu rechtfertigen und müssen zielstrebig gesenkt werden. Die Unzulänglichkeit der Festlegung von Höchstwerten für karzinogene Stoffe in Lebensmitteln ist bekannt. Die Festlegung von zulässigen Höchstmengen von Mykotoxinen in Lebensmitteln stellt quasi eine Duldung der Verarbeitung verschimmelter Früchte dar. Sie verhindert die Durchsetzung dringend notwendiger Maßnahmen zur Verminderung der Mykotoxin-Kontaminationen. Die Feststellungen geben Veranlassung, die mögliche Rolle der mit den genannten Mykotoxinen kontaminierten Lebensmittel bei der Entstehung des Krebsgeschehens sehr sorgfältig zu analysieren und auf deren direkte gesundheitliche Folgen aufmerksam zu machen. Gezielte Untersuchungen über wirksame lebensmittel-technologische Maßnahmen zur Senkung der Mykotoxin-Belastung sind - insbesondere zur Primärprophylaxe der Krebserkrankungen - dringend erforderlich. Für Lebensmittel (und Futtermittel) ist für die Belastung mit karzinogenen Mykotoxinen Nulltoleranz zu fordern. 28 9. Mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A Bauer und Gareis publizierten 1987 Ergebnisse einer 5-jährigen Studie über das natürliche Vorkommen von Ochratoxin A in Zerealien und Mischfutter. Sie untersuchten, inwieweit Ochratoxin A-Rückstände in Schlachtschweinen und im Menschen zu finden sind. Ochratoxin A wurde in den Proben pflanzlicher und tierischer Herkunft und in dem vom Menschen stammenden Material gefunden. Sie wiesen darauf hin, dass der häufige Nachweis von Ochratoxin A in Blutseren vom Menschen, in Nieren und Muttermilch auf eine kontinuierliche Aufnahme über Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft hindeuten. Die Befunde gaben hinreichend Anlaß, ein Monitoring-Konzept zu entwickeln und eine Höchstmengenbegrenzung festzulegen. Bei der Untersuchung von Proben menschlichen Ursprungs wurde Ochratoxin A sowohl im Nierengewebe und Blutserum als auch in Muttermilch gefunden. Von 46 Nieren wiesen 3 Werte zwischen 0,1 und 0,3 µg/kg auf. Von 306 Blutproben waren 56,5 % positiv. 15 Proben enthielten Konzentrationen zwischen 1,0 und 14,4 µg/l. 4 von 36 Muttermilchproben enthielten Ochratoxin A zwischen 0,017 und 0,030 µg/l. Die erhobenen Befunde in der Nahrungsmittelkette bis zur Muttermilch zeigten, dass diesem Toxin aus lebensmittel- und futtermittel-hygienischer Sicht eine Bedeutung zukommt, die durchaus mit der von Aflatoxin vergleichbar ist. Diese bei Mensch und Schwein gefundenen Ochratoxin A-Gehalte könnten vorschnell als gering und damit als unbedeutend verkannt werden. In weiteren Studien wurde die mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A mit der Nahrung untersucht. Dabei wurden die Ergebnisse der Untersuchungen der Lebensmittel auf Kontamina-tionen durch Mykotoxine, die Ergebnisse von Befragungen über die tägliche Nahrungsaufnahme und das erhobene mittlere Körpergewicht der befragten Personen berücksichtigt und mit einem in der Literatur angegebenen Wert für eine tolerable Tagesaufnahme von Ochratoxin A verglichen. Cholmakov-Bodechtel und Coautoren (2000) untersuchten in einer repräsentativen Studie die Ochratoxin A-Aufnahme aus Lebensmitteln von 2005 Erwachsenen und 574 Kindern. Diese wurden auf ihre Verzehrsgewohnheiten befragt. Die Verzehrshäufigkeiten wurden quantifiziert und für alle Lebensmittel plausible niedrigste, mittlere und höchste Portionsgrößen errechnet. Errechnet wurde eine mittlere Tagesaufnahme von 27,9 ng für Kinder und von 39,9 ng für Erwachsene. Daraus ergeben sich relative Tagesaufnahmen von 0,97 ng/kg Körpergewicht für Kinder und 0,58 ng/kg Körpergewicht für Erwachsene. Bei Kindern zwischen 4 und 6 Jahren liegt die relative Tagesaufnahme mit 1,3 ng am höchsten. Bei Berücksichtigung der maximalen Belastung der Lebensmittel betrug die relative Tagesaufnahme für Kinder der Altersgruppe von 4 bis 6 Jahren 9,22 (männlich) bzw. 7,94 (weiblich) ng/kg Körpergewicht, für die Altersgruppe von 7 bis 9 Jahren 5,82 bzw. 6,40 ng/kg Körpergewicht, für 10 bis 14-jährige Kinder 3,90 (m) bzw. 4,42 (w) ng/kg Körpergewicht und bei Erwachsenen 3,30 (m) bzw. 3,81 (w) ng/kg Körpergewicht. In einer Einschätzung des Generaldirektorates für Gesundheit und Verbraucherschutz der Europä-ischen Gemeinschaft finden sich die Untersuchungsergebnisse über die alimentäre Aufnahme von Ochratoxin A wieder, die in den Jahren 1995 bis 1998 ermittelt wurden. Darin wurde auch detailiert über die Belastung der untersuchten Lebensmittel und die daraus berechneten Tagesaufnahmen in den Teilnehmerländern berichtet. Die Untersuchungen bezogen sich auf Zerealien, Kaffee, Bier, Wein, Kakao und Kakaoprodukte, Trockenfrüchte, Fleischprodukte, Gewürze, Fruchtsäfte und Milch. Die Tabelle 7 enthält auszugsweise aus der EU-Studie den prozentualen Anteil kontaminierter Proben und die festgestellten Ochratoxin A-Kontaminationsgrade aus den in Deutschland in den Jahren 1995 bis 1998 durchgeführten Lebensmitteluntersuchungen. Diese Tabelle ermöglicht einen Vergleich mit den deutlich höheren Belastungswerten aus dem Lebensmitel-Monitoring 1995-2005. 29 Tabelle 7: Ochratoxin A-Kontaminationen Befunde aus Lebensmitteluntersuchungen in Deutschland 1995 - 1998 (Auszug) (Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002) Lebensmittel Probenanzahl Toxin meßbar Anteil an den Proben % Mittelwert Maximum n Proben µg/kg µg/kg Roggenkörner 26 12 46,15 0,049 0,800 Roggenmehl 135 116 85,93 0,273 6,400 Weizenkörner 27 10 37,0 0,043 0,260 Weizenmehl 181 159 87,85 0,141 1,732 Maiskörner 31 14 45,2 0,170 3,340 Haferkörner 29 24 82,76 0,140 0,550 Gerste 22 16 72,73 0,061 0,495 Brot und Brötchen 986 897 91 0,172 5,542 Teigwaren 191 87 45,55 0,448 29,770 Linsen 21 ... ... 0,050 0,100 Kaffee geröstet 183 76 41,53 0,537 6,320 löslicher Kaffee 55 46 83,64 1,743 9,470 Kakao 96 91 95 0,365 1,800 Schokolade und Süßwaren 352 297 84,38 0,100 3,600 alkoholfreies Bier 66 49 74,25 0,014 0,081 Bier 251 39 15,54 0,027 0,293 Mehrfruchtsäfte 252 63 25 0,010 5,261 Weißwein 56 12 21,43 0,096 1,360 Rotwein 172 79 45,93 0,226 7,000 Trockenfrüchte 114 75 65,79 0,079 3,950 Sultaninen 106 100 94,34 1,275 21,400 Fleisch und Wurst 351 152 43,30 0,064 4,560 Säuglingsnahrung 97 63 64,95 0,117 2,130 Auffällig ist, dass im Verlaufe der Verarbeitungsprozesse von Getreide zu Mehl, Backwaren und Teigwaren mit jeder Verarbeitungsstufe sowohl der Anteil der Proben mit detektierbaren Kontaminationen als auch deren mittlerer und maximaler Kontaminationsgrad mit Ochratoxin A zunimmt. Die Ursache dafür muß im Schimmelpilzwachstum mit Toxinbildung in den Lebensmitteln unter den Lagerungs- und Verarbeitungsbedingungen gesehen werden. In der Tabelle 8 sind die ermittelten Werte des mittleren täglichen Lebensmittelkonsums sowie der mittleren und höchsten Ochratoxin A-Belastung von Lebensmitteln angegeben, die in den Jahren 1995 bis 1998 in Deutschland für Erwachsene > 14 Jahre errechnet und der Einschätzung der Tagesaufnahme von Ochratoxin A zugrunde gelegt wurden. 30 Tabelle 8: Mittlerer täglicher Lebensmittelkonsum und Kontaminationsgrade (1995 - 1998) (Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002) Lebensmittel Lebensmittelkonsum Mittelwert Ochratoxin A in Lebensmitteln Ochratoxin A in Lebensmitteln g/Person/Tag Mittelwert µg/kg Höchstwert µg/kg alkoholfreies Bier 21,32 0,01 0,08 Bier 192,29 0,03 0,29 Rotwein 4,88 0,23 7,00 Rosewein 4,88 0,14 2,38 gerösteter Kaffee 16,06 0,54 6,32 koffeinfreier Kaffee 1,97 0,60 3,34 Weißwein 16,65 0,10 1,36 Brot und Brötchen 146,99 0,17 5,54 Teigwaren 14,02 0,45 29,77 Schokolade und Süßwaren 51,82 0,10 3,60 Traubensaft 3,69 0,74 5,26 gemischte Cerealien 67,55 0,21 31,80 Wurst 46,86 0,09 4,56 In der Tabelle 9 werden die berechneten mittleren Tagesaufnahmen von Ochratoxin A bezogen auf die o. a. Lebensmittel und deren mittleren Kontaminationsgrad angegeben. Für Erwachsene über 14 Jahren wurde ein mittleres Körpergewicht von 70,6 kg ermittelt und verwendet. Errechnet wurde für Erwachsene über 14 Jahren eine mittlere Tagesaufnahme von Ochratoxin A von 1,09 ng/kg Körpergewicht/Tag. Für Kinder unter 14 Jahren wurde eine mittlere Tagesaufnahme von 1,82 ng/kg Körpergewicht/Tag und für Kinder von 4 bis 6 Jahren von 3,14 ng/kg Körpergewicht/Tag angegeben. Die durchgeführten Berechnungen sind jedoch nicht unproblematisch. Erhebliche Unterschiede in der Ernährung von Männern, Frauen und Kindern und hohe Kontaminationsgade bei verschiedenen Lebensmitteln können leicht zu völlig anderen Belastungen führen. Auch ist zu bedenken, daß die Entstehung der Krebserkrankungen eher mit höheren Kontaminationsgraden und durch die Kumulation des Karzinogens im Gewebe zu erwarten ist. Beträchtliche Abweichungen von den ermittelten durchschnittlichen Ochratoxin A-Tagesaufnahmen an einzelnen Tagen fanden Engelhardt und Coautoren (2003). Sie untersuchten die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A mit der Gesamtnahrung von 28 Schulkindern aus Erlangen im Alter von 7 - 9 Jahren (15 Jungen und 13 Mädchen) an drei aufeinander folgenden Tagen. Die tägliche Ochratioxin A-Aufnahme betrug bei den Jungen im Durchschnitt 1,21 bei den Mädchen 1,85 ng/kg Körpergewicht. Bei drei Mädchen betrug die Aufnahme an jeweils einem Tag 6,0, 26,4 bzw. 97,9 ng/kg Körpergewicht. Bei einem Jungen lag die Aufnahme an allen drei Untersuchungstagen zwischen 7 und 11 ng/kg Körpergewicht. Mit der Einschätzung wird darauf hingewiesen, „daß die Ochratoxinaufnahme bei Kindern an einzelnen Tagen die tolerable Aufnahme von 5 ng/kg überschreiten kann.“ 31 Tabelle 9: Mittlere Tagesaufnahme von Ochratoxin A 1995 - 1998 (Quelle: Direktorate-General Health and Consumer Protection; Bericht, Januar 2002) Mittlere Ochratoxin A Tagesaufnahme Mittlere relative Ochratoxin ATagesaufnahme ng/Person/Tag ng/kg Körpergewicht/Tag alkoholfreies Bier 0,30 0,00 Bier 5,31 0,08 Rotwein 1,10 0,02 Rosewein 0,70 0,01 gerösteter Kaffee 8,62 0,12 koffeinfreier Kaffee 1,17 0,02 Weißwein 1,60 0,02 Brot und Brötchen 25,28 0,36 Teigwaren 6,28 0,09 Schokolade und Süßwaren 5,18 0,07 Traubensaft 2,74 0,04 gemischte Cerealien 13,92 0,20 Wurstwaren 4,40 0,06 gesamt 76,60 1,09 Lebensmittel Rosner und Coautoren (2000) berechneten die tägliche Aufnahme von Ochratoxin aus den ermittelten Serumwerten von repräsentativen Probandengruppen. Untersucht wurden 927 Seren. In 98,1 % der Proben wurde Ochratoxin A nachgewiesen. Nur 1,9 % der Proben lagen unter der Nachweisgrenze. Der Mittelwert betrug 0,27 ng/ml, das Maximum 2,03 ng/ml. Auch in 69 von 70 Serumproben aus Nabelblut wurden Ochratoxin A-Werte zwischen 0,06 und 0,90 ng/ml gefunden. In der Amnionflüssigkeit wurden in der 16. Schwangerschaftswoche in 18 von 22 Proben Werte zwischen 0,06 und 0,13 ng/ml detektiert. Zur Abschätzung des möglichen gesundheitlichen Risikos wurde aus den ermittelten Serumwerten die tägliche Ochratoxin A-Aufnahme berechnet und mit dem in der Literatur angegebenen PTDI (Provisional Tolerable Daily Intake)-Wert verglichen. Für den gefundenen Höchstwert der Ochratoxin A-Belastung der untersuchten Probanden errechneten sie eine Tagesaufnahme von 4,02 ng/kg Körpergewicht. Die Autoren kommen auf der Grundlage dieser Werte zu dem Schluß: „Obgleich in Einzelfällen eine erhöhte Exposition nicht ausgeschlossen werden kann, ist für den Großteil der Bevölkerung keine Gefährdung ableitbar.“ Das karzinogene Mykotoxin Ochratoxin A wird in kleinsten Mengen aus den Lebensmitteln aufgenommen. Es kumuliert im Körper infolge geringer Ausscheidung. So gibt es keinen Schwellenwert für die karzinogene Wirkung. Toxische Erkrankungen werden durch diese festgestellten Kontaminationsgrade nicht beobachtet oder sie können als solche nicht erkannt oder diagnostiziert werden. Erforderlich ist die weitere Untersuchung zur Darstellung der tatsächlichen Belastung der Verbraucher mit den karzinogenen Lebensmittel-Kontaminanten, insbesondere mit Ochratoxin A und Aflatoxinen. 32 10. Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring Einen Einblick in die Belastung der Lebensmittel mit karzinogenen Mykotoxinen und anderen Stoffen und deren damit verbundene außerordentliche Verbreitung - geben die Befunde aus dem LebensmittelMonitoring, das seit 1995 gemeinsam von Bund und Ländern durchgeführt wird. Das LebensmittelMonitoring in der Bundesrepublik Deutschland wird gem. § 46 e des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften geregelt. Die "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Lebensmittel-Monitoring (AVV LM)" vom 30. Mai 1995 legt die Zuständigkeiten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), die Zusammensetzung des beim BMVEL eingerichteten Ausschusses Monitoring sowie die praktischen Arbeitsabläufe bei der Probenahme einschließlich der Stichprobenplanung, Analytik und Berichterstattung fest. Nach § 10 der AVV LM ist vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Handbuch für die o. g. Teilbereiche in Zusammenarbeit mit den ebenfalls in § 3 der AVV LM näher beschriebenen Expertengruppen zu erstellen und jährlich fortzuentwickeln. Seit 1995 wurden jährlich tierische und pflanzliche Lebensmittel sowie Erzeugnisse aus dem Bereich der Säuglings- und Kleinkindernahrung in den Monitoringplan einbezogen. Die Stoffauswahl wurde nach lebensmittelspezifischen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung von möglicher Trends vorgenommen. So wurden solche Stoffe berücksichtigt, über deren qualitatives bzw. quantitatives Vorkommen zum Zeitpunkt der Planung keine ausreichende Kenntnis vorlag oder denen wegen ihrer potentiellen Toxizität besondere Bedeutung zugemessen wurde. Zu den untersuchten Stoffgruppen zählen: * Pflanzenschutzmittel, * Oberflächenbehandlungsmittel, * Umweltkontaminanten (persistente Organochlorverbindungen, PCB, Moschusverbindungen, Bromocyclen), * Nitrat, * Mykotoxine, * Schwermetalle. Die Ergebnisse aus dem Monitoring werden hier nur beispielhaft widergegeben: Im Rahmen des Monitoring 1995 wurden Pistazien aus dem Iran auf Aflatoxine untersucht. Es wurden 23 Proben roher Pistazien (Einzelprobe bestehend aus 30 kg Pistazien mit Schale) analysiert. In 19 Proben wurden Gehalte an Aflatoxinen quantifiziert. 14 Proben enthielten Gehalte über den Höchstmengen. Im Extremfall kam es beim Aflatoxin B1 zu einer 70fachen Überschreitung der zugelassenen Höchstmenge von 2 µg/kg. Der hohe Anteil (> 60 %) von Proben mit Aflatoxingehalten über der Höchstmengenbegrenzung gab zu weiteren Untersuchungen Anlaß, die auch in den folgenden Jahren diesen Trend bestätigten. Die aus damaliger Sicht im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes gegebene Empfehlung, „sich beim Verzehr von Pistazien zurückzuhalten“ erreichte die Verbraucher nicht. Im Rahmen des Monitoring 1999 und 2000 wurden Kaffeeproben auf Ochratoxin A untersucht. Bei der Untersuchung von 220 Proben geröstetem Kaffee im Jahre 1999 wurde in 59 Proben Ochratoxin nachgewiesen. Die Untersuchung ergab einen Mittelwert von 0,4600 µg/kg und einen Höchstwert von 9,5000 µg/kg des Kaffeemehls. Im Jahre 2000 wurde in 101 Rohkaffeeproben in 36,6 % der untersuchten Proben Ochratoxin A nachgewiesen. Der Mittelwert betrug 0,68 µg/kg, der Maximalwert 14 µg/kg. Die Belastungswerte lagen im Jahr 2000 höher als im Vorjahr. Das Ergebnis wurde auf einen derzeit diskutierten zulässigen Höchstwert von 3 µg/kg bezogen, die Belastung entsprechend als niedrig eingestuft. Auf Aflatoxine wurde bisher nicht untersucht. Angaben über die beanstandeten Sorten finden sich im Bericht nicht. 33 Tabelle 10: Aflatoxin B1-Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 - 2001 Lebensmittel Probenanzahl Toxin meßbar Anteil an den Proben % Mittelwert n Proben Pistazien (1995) 23 Pistazien (1996) Maximum 18 78,2 25,543 146,500 31 18 58,1 8,2 77,000 Pistazien (1998) 31 16 51,6 12,9 92,800 Pistazien (1999) 44 24 54,5 10.400 129,600 Erdnüsse (1997) 26 5 19,2 10,9 138,900 Erdnüsse (2000) 25 4 16 0,42 5,200 Sonnenblumenkerne (2000) 242 11 4,5 ... 16,010 Linse grün (2001) 66 3 4,5 ... 0,2710 Linse rot (2001) 102 2 2,0 ... 0,3000 Linse gelb (2001) 42 1 2,4 ... 0,4000 Linse braun (2001) 71 ... ... ... ... Nougatcreme (1999) 250 37 15 0,042 1,500 µg/kg µg/kg Im Rahmen des Monitorings 2000 wurden 250 Tomatenmarkproben auf Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle, Nitrat und Ochratoxin A untersucht. In 14,4 % der Proben sind Ochratoxingehalte nachgewiesen worden. Der Mittelwert lag bei 0,21 µg/kg, der Maximalwert bei 29 µg/kg. Zu den Untersuchungen der Ochratoxin A-Belastung wird im Bericht festgestellt, dass diese im wesentlichen dadurch bedingt sind, „dass nicht einwandfreie, d. h. mit Schimmelpilzen befallene Rohware verarbeitet wurde“. In der zusammenfassenden Einschätzung zählt das Tomatenmark zu den gering kontaminierten Lebensmitteln. Im Rahmen des Monitorings 2001 wurden 89 Proben Gerstenkörner (nur Braugerste) untersucht. Die Untersuchungen ergaben in 14 Proben bestimmbare Ochratoxin A-Werte. Der Mittelwert betrug 0,350 µg/kg. Überschreitungen des derzeit diskutierten zulässigen Höchstwertes von 3,0 µg/kg wurden in 3 Proben festgestellt. Der höchste Wert lag bei 9,7 µg/kg. In der Beurteilung wird darauf hingewiesen, dass Braugerste als solche nicht verzehrt sondern nur zur Bierherstellung verwendet wird. „Der Übergang der hier betrachteten Kontaminanten von der Braugerste in das Bier ist gering mit Ausnahme der Mykotoxine. Mykotoxine werden während der Bierherstellung nur in geringem Maße abgebaut oder abgetrennt und gelangen somit mehr oder weniger vollständig in das Getränk.“ Das Fazit: „Braugerste ist gering kontaminiert. Von den hier betrachteten Kontaminanten gelangen überwiegend nur Mykotoxine in das Bier.“ Im Rahmen des Monitoring 2002 wurden erstmals 251 Bierproben auf Ochratoxin A untersucht. In 51 % der Proben wurde Ochratoxin A nachgewiesen, der mittlere Kontaminationsgrad betrug 0,154 µg/L. Die Höchstbelastung von Bier wird im Bericht 2002 mit 20,500 µg/L angegeben. - Diese Befunde aus dem Bier lassen den Schluß zu, dass die Mykotoxine nicht nur von der Braugerste in das Bier übergehen, sondern auch durch Schimmelbefall in der Produktion dort zusätzlich entstehen. Sie erinnern mich an das Bild eines sehr starken Schimmelbewuchses in der Mälzerei einer Brauerei, die ich selbst vor Jahren überprüft hatte. Die Temperatur, die Feuchtigkeit und ein guter Nährboden waren die Grundlage für das starke Schimmelpilzwachstum. 34 Tabelle 11: Ochratoxin A - Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 - 2005 Lebensmittel Probenanzahl Toxin meßbar Anteil an den Proben Mittelwert Maximum n Proben % µg/kg Roggenkörner (1997/98) 447 91 20,4 0,248 15,100 Roggenmehl (2005) 69 32 46,4 0,52928 13,968 Roggenvollkornmehl (2005) 23 8 34,8 0,78652 12,700 Weizenkörner (1997/98/99) 560 95 17,0 0,201 7,400 Weizenkörner (2003) 111 12 10,8 0,06715 3,000 Haferflocken (1999) 249 23 9,2 0,072 2,000 Reis (2003) 100 3 3,0 ... 0.600 Teigwaren (2000) 251 53 21,1 0,11979 5,160 Linsen (2001) 278 23 8,3 0,054 1,100 Kaffee geröstet (1999) 220 59 26,8 0,456 9,500 Kaffee roh (1999) 55 8 14,5 0,320 2,100 Kaffee roh (2000) 101 37 36,6 0,680 14,000 löslicher Kaffee (2004) 130 70 53,8 0,58854 7,860 Tomatenmark (2000) 250 36 14,4 0,21765 29,000 Mehrfruchtsäfte (2001) 240 18 7,5 0,018 0,290 Korinthen (2003) 57 43 75,4 5,90649 66,000 Sultaninen (2003) 183 171 93,4 4,09803 26,81 Rosinen (2003) 43 27 62,8 1,55689 10,3500 Traubensaft (rot) (2002) 226 158 69,9 0,601 90,000 Traubensaft (2004) 103 68 66,0 0,22171 2,900 Traubensaft (2005) 75 27 36,0 0,4013 20,170 Rotwein (2002) 236 70 29,7 0,0834 2,000 Weißwein (2001) 281 19 6,8 0,013 0,900 Wein (2004) 140 20 14,3 0,03640 0,650 Qualitätsschaumwein (2005) 138 16 11,6 0,0885 10,000 Kakao (2004) 151 96 63,6 0,60737 5,880 Braugerste (2001) 89 14 15,7 0,350 9,700 Bier (2002) Getreideflocken und Müsli (2004) 251 129 51,4 0,154 20,500 101 12 11,9 0,07347 2,200 Rot-/Blutwurst (2000) 220 62 28,2 0,19108 4,300 Schweineniere (2001) 278 74 26,6 0,31142 17,255 µg/kg 35 Im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings 2004 wurden in einem Projekt verschiedene Lebensmittel (Traubensaft, Fruchtsäfte für Säuglinge, Wein, löslicher Kaffee, Gewürze, Kakao und Kakaoprodukte) auf Ochratoxin A untersucht. Das Ziel der Untersuchungen bestand in der Feststellung der Belastung der genannten Lebensmittel und der Überprüfung der geltenden Höchstmengenfestlegungen. Traubensaft ist relativ häufig belastet. 75 % aller Proben waren kontaminiert. Auch Kakao und Kakaoprodukte waren waren in 63,6 % der Proben meßbar belastet. Der Mittelwert betrug 0,60737, der Höchstwert 5,880 µg/kg. Die Untersuchungen machen deutlich, dass beispielsweise die mittlere relative Tagesaufnahme von Ochratoxin A bereits bei einem Bierkonsum von nur einer Flasche/Tag, der von befragten Krebspatienten häufig angegeben wurde, leicht zwischen 1 (Mittelwert) und 150 ng/kg Körpergewicht/Tag (Höchstwert) und darüber betragen kann und damit die in der Tabelle 9 angegebene berechnete mittlere Tagesaufnahme von 0,08 ng/kg Körpergewicht um ein Vielfaches übersteigt. Damit wird das Bier für viele Männer zu einem Hauptpfad für die Aufnahme der karzinogenen Kontaminante. Zwangsläufig ergibt sich daraus die Frage nach dem Ursprung des sehr hohen Kontaminationsgrades im Produktionsprozeß und nach den lebensmittel-technologischen Möglichkeiten zu dessen Vermeidung. Die Untersuchungen des Lebensmittel-Monitorings sind Stichprobenuntersuchungen und geben nur einen allgemeinen Einblick in die Belastungssituation der verschiedenen Lebensmittel. Sie geben keinen Einblick in die bestehenden Probleme der Qualitätssicherung. Betriebsstätten, Produktionsverfahren, Erzeugnisse und Produktchargen, die in besonderem Maße mit Mykotoxinen kontaminiert sind, werden in der Berichterstattung nicht benannt. Diese sind aber die wichtigsten Ansatzpunkte für effiziente Maßnahmen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz (- zur Krebsvorsorge -) und zur Lebensmittelsicherheit. Die Tabellen 7, 10 und 11 zeigen verschiedene Lebensmittel, die mit karzinogenen Mykotoxinen kontaminiert sein können und deren mittleren und höchsten Kontaminationsgrad nach den Ergebnissen und aus dem Lebensmittel-Monitoring 1995 bis 2005. Die Kontamination weiterer Lebensmittel ist nicht auszuschließen, wurde hier jedoch nicht untersucht. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen erlauben bis heute noch keine abschließende Einschätzung der tatsächlichen Belastung der Verbraucher mit krebserregenden Stoffen. Sie ersetzen nicht die laufende Lebensmittelüberwachung, für die die Länder zuständig sind. Unter Berücksichtigung der Mykotoxinbelastung versteht sich die „gesunde Ernährung“ selbstverständlich mit Lebensmitteln, die frei von karzinogenen Kontaminationen sind. In seiner Einschätzung über die Ergebnisse des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings für die Jahre 1995 bis 2002 kommt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu dem Schluß, daß neben Getreide vor allem Fruchtsäfte bei Kindern und Bier bei Männern zur Exposition beitragen. Zur nachhaltigen Reduzierung der Belastung von Lebensmitteln mit Mykotoxinen wird die Notwendigkeit einer Überprüfung und Korrektur der guten Praxis der landwirtschaftlichen Erzeugung, Lagerung, Verarbeitung und Qualitätskonmtrolle gesehen. - Notwendig ist die Entwicklung von Methoden und Maßnahmen zur Dekontamination von Lebensmitteln, insbesondere von Fruchtsäften, Wein, Bier u. a.. Die Verbraucher werden durch kontaminierte Lebensmittel ständig erheblich mit karzinogenen Mykotoxinen, insbesondere mit Ochratoxin A belastet. Vor dieser Belastung kann sich niemand schützen. Traubensaft, Wein und Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, auch Fleisch uns Wurst sind häufig belastet. Bier stellt sich in der epidemiologischen Untersuchung als Hauptpfad für die Belastung der Männer dar. Damit erweist sich die Ochratoxin A-Belastung als das größte Problem der Lebensmittelsicherheit in der Gegenwart. Eine Warnung der Verbraucher vor dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel stellt kein geeignetes Mittel für eine wirksame Prävention dar. Erforderlich sind Lebensmitteltechnologien, die im Rahmen der Lebensmittelherstellung deren sichere Dekontamination ermöglichen. Erforderlich ist eine Qualifizierung des Kontrollsystems und eine Weiterbildung der Kontrolleure. 36 11. Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien haben Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebserkrankungsrisiko sichtbar gemacht. Eine Antwort auf die Fragen nach der karzinogenen Ursache und nach der Wirkungsweise der genannten „Risikofaktoren“ vermögen sie nicht zu geben. Die britische Ärzte-Raucher-Studie (The Mortality of doctors in relation to their smoking habits) des Engländers Doll (1954), in der 56.000 Ärzte nach ihrem Raucherverhalten befragt und hinsichtlich ihrer Sterblichkeit 50 Jahre lang beobachtet wurden, belegt zweifelsfrei die pathogenetische Bedeutung des Rauchens bei der Entstehung von Krebs-, Herz-Kreislauf- und cerebro-vasculären Erkrankungen. Nach 50 Jahren wurde diese Studie erneut ausgewertet (Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors). An der Studie hatten insgesamt 34.439 Probanden teilgenommen, die zwischen 1851 und 1930 geboren und deren Sterblichkeit zwischen 1951 und 2001 beobachtet wurde. Für Zigarettenraucher ergab sich für die Jahrgänge 1900 bis 1909 ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko zwischen dem 35. und 69. Lebensjahr und ein dreifaches Mortalitätsrisiko für die in den 1920er-Jahren Geborenen. - Während die Lebenserwartung bei den Nichtrauchern in den letzten 50 Jahren deutlich angestiegen ist, trifft dies für die Zigarettenraucher nicht zu. Das Risiko, frühzeitig zu sterben, halbierte sich bei den Ärzten die mit 50 Jahren den Tabakkonsum aufgaben. Wurde das Rauchen bereits im Alter von 30 Jahren eingestellt, war die Lebenserwartung identisch mit der von Nichtrauchern. Zur Ursache der Krebserkrankungen und zu den Wirkungsmechanismen des Rauchens bei der Krebsentstehung äußern die Autoren sich nicht. Cho und Coautoren (2004) von der Harvard Medical School, Boston, publizierten die Ergebnisse von 8 Kohortenstudien zum Alkoholkonsum (Alcohol intake and colorectal cancer: A pooled analysis of 8 cohort studies). Sie kommen zu der Einschätzung: Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht das Erkrankungsrisiko für das Dickdarmkarzinom. Das ist das Ergebnis einer Analyse von 489.979 Erwachsenen mit 4.687 Colonkarzinomen. Es betraf beide Geschlechter mit Bier-, Wein- oder Spirituosenkonsum im Vergleich zu Nichttrinkern. Die Studie zeigt, daß das Erkrankungsrisiko stärker steigt, wenn Wein oder Bier getrunken werden. Das ist ein deutlicher Hinweis auf eine karzinogene Belastung dieser alkoholischen Getränke und es stellt so einen direkten Bezug zu den Ergebnissen aus dem Lebensmittel-Monitoring dar (vgl. auch Tab. 7, S. 28 und Tab. 11, S. 33). Art des Alkohols tägliche Alkoholaufnahme 0 g/d > 0 - < 30 g/d > 30 g/d Spirituosen 1.00 1.00 (0.92-1.09) 1.30 (1.05 - 1.60) Bier 1.00 1.02 (0.89-1.13) 1.47 (1.13 - 1.92) Wein 1.00 0.98 (0.90-1.06) 1.74 (1.25 - 2.42) Tabelle 12: Altersstandardisiertes relatives Risiko für das colorectale Karzinom in Abhängigkeit von verschiedenen alkoholischen Getränken (nach Cho und Coautoren, 2004) Boffetta et al. (2006) schätzen den Anteil der durch den Alkoholkonsum bedingten Krebserkrankungen weltweit auf 3,6 % (5,2 % für die Männer, 1,7 % für die Frauen). Ihre Einschätzung basiert auf publizierten Ergebnissen von Studien die in 96 Ländern durchgeführt wurden. Für das Jahr 2000 wurden von den Autoren die Alkohol-assoziierten Krebssterbefälle weltweit auf 355.000 geschätzt, für 2001 mit 351.000 angegeben. Für das Jahr 2002 werden in der Studie weltweit insgesamt 389.100 Krebserkrankungen und 232.900 Krebssterbefälle dem Alkoholkonsum zugeordnet. Die Autoren sehen eine Erhöhung des Erkrankungsrisikos für Karzinome des Mundes, des Rachens, des Ösophagus, des 37 Dickdarms und der weiblichen Brust und stützen ihre Einschätzung auf bereits früher publizierten Studien zum alkoholbedingt erhöhten Krebserkrankungsrisiko. Sie vermuten, daß der Alkoholkonsum auch das Erkrankungsrisiko an weiteren Krebslokalisationen erhöhen kann. Ein direkter Hinweis auf die Ursache der Krebserkrankungen findet sich in dieser Studie gleichfalls nicht. /2 Geschlecht Männer Frauen Trinkverhalten Nichttrinker 1-39 g/d 40-59 g/d > 60 g/d Nichttrinker 1-19 g/d 20-39 g/d > 40 g/d Krebslokalisationen: Mund/ KehlSpeiseRachen kopf röhre 1.00 1.65 3.11 6.45 1.00 1.43 1.86 3.11 1.00 1.32 2.02 3.86 1.00 1.21 1.43 2.02 1.00 1.29 1.93 3.59 1.00 1.19 1.39 1.93 Dickdarm Leber Brust 1.00 1.05 1.12 1.25 1.00 1.03 1.06 1.12 1.00 1.14 1.40 1.81 1.00 1.09 1.19 1.40 / / / / 1.00 1.07 1.21 1.35 Tabelle 13: Relatives Krebsrisiko in Bezug auf das Trinkverhalten (nach Boffetta, 2006) Chao und Coautoren (2005) berichteten in einer amerikanischen Studie (Meat consumption and risk of colorectal cancer) über den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch bzw. verarbeitetem Fleisch und dem Darmkrebsrisiko. Die Forscher werteten die Daten von 148.610 Amerikanern im Alter zwischen 50 und 74 Jahren aus, die erstmals 1982 einen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten beantwortet hatten, 10 Jahre später wurden sie erneut befragt. 1.667 von ihnen waren an Darmkrebs erkrankt. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch mit einem um 50 % erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom assoziiert. Ein häufiger Verzehr von rotem Fleisch erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom um 29 %, für ein Rektumkarzinom um 43 % (rekto-sigmoidaler Übergang 75 %). Ihr Resume lautet: Wer mehr rotes als weißes Fleisch verzehrte, hatte ein um 53 % höheres Risiko für ein distales Karzinom. Für proximale Tumore bestanden keine Assoziationen. van Gils und Peeters (2005) publizierten unter Mitarbeit zahlreicher Autoren und Institute eine aktuelle Auswertung der europaweiten Ernährungsstudie EPIC (Consumption of vegetables and fruits and risk of breast cancer). An der Studie nahmen 285.526 Probandinnen im Alter von 25 bis 70 Jahren aus acht europäischen Ländern teil. Die Frauen hatten einen Ernährungsfragebogen ausgefüllt und wurden im Schnitt 5,4 Jahre nachbeobachtet. Untersucht wurde der Verzehr von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Frucht- und Gemüsesäften. Es traten 3.659 Brustkrebsfälle auf. Viel Geflügel und Fisch hatte im gesamten Kolon einen leicht risikosenkenden Effekt. Die aktuellen Befunde stützen sich einerseits auf Befragungen zum Ernährungsverhalten in der Zeit zwischen 1992 und 1998 und andererseits auf die Zahl der von 1992 bis 2002 dokumentierten Brustkrebsneuerkrankungen bei den Befragten. - Wie sich zeigte, erkrankten die Frauen mit einem hohen Obst- und Gemüseverzehr ebenso häufig an Brustkrebs wie Frauen mit geringem Verzehr. Das Ergebnis bestätige nun abschließend, was man aufgrund früherer Studien bereits vermutet habe. /2 (Anmerkung: Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko infolge einer besseren Resorption des Karzinogens durch die Epithel- und Endothelzellen. Die Medizin nutzt Alkohol seit langem in Medikamenten zur Verbesserung der Resorption von darin gelösten Wirkstoffen und damit zur Beschleunigung und Verstärkung von deren Wirksamkeit. - Wein und Bier sind zugleich „Risikofaktor Alkohol“ und kontaminiertes Lebensmittel.) 38 Riboli (2005) berichtet über die seit 1992 durchgeführte Ernährungsstudie (EPIC) mit etwa 480.000 Probanden über die Erhöhung des Erkrankungsrisikos für das colorectaler Karzinom durch den Fleischkonsum (Meat, Fish, and Colorectal Cancer Risk: The European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Von den Probanden erkrankten 1.329 Probanden an Darmkrebs. Besonders negativ wirkte sich ein hoher Wurstanteil am Fleischkonsum aus. In der Gruppe mit dem höchsten Fleischkonsum (>160 g/d), betrug das Risiko, in 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken 1,71 %, bei den "Fleisch-Verächtern" (< 20 g/d) 1,28 %. (vgl. auch Lebensmittel-Monitoring Tab. 7, S. 29 und Tab. 11, S. 34). Joost (2005) äußert sich in zwei Pressemitteilungen des Deutschen Institutes für Emährungsforschung (DifE) zu den Ergebnissen der EPIC-Studie: Die Daten der prospektiven Kohortenstudien zeigen übereinstimmend, dass zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko einer Brustkrebserkrankung keine Assoziation besteht. Für Herz-Kreislauferkrankungen sei die Beweislage für einen protektiven Effekt eines hohen Gemüse- und Obstverzehrs also erheblich besser als für die Krebserkrankungen. Deshalb könne nach seiner Einschätzung an der Empfehlung, den Obst- und Gemüseverzehr in Deutschland auf 650g anzuheben, festgehalten werden. Joost verweist auf die Veröffentlichung der Epidemiologen aus der EPIC-Koordinationszentrale im IARC in Lyon und aus anderen EPIC-Zentren zur Beziehung des Fleisch- und Fischverzehrs zum Darmkrebsrisiko. Die Studienteilnehmer, die viel so genanntes "rotes" Fleisch (dazu zählen Schweine-, Rind-, Kalb- und Lammfleisch) oder Fleischprodukte aßen, erkrankten häufiger an Darmkrebs als Menschen, die nur wenig davon verzehrten. Genau umgekehrt verhalte es sich mit Fisch: Wer viel Fisch verzehrte, hatte gegenüber Personen mit geringem Fischkonsum ein deutlich niedrigeres Darmkrebsrisiko. Der Verzehr von Geflügelfleisch spielte für die Erkrankungshäufigkeit keine Rolle. Nach Schätzungen der Forscher steige das Darmkrebsrisiko pro 100 Gramm täglich verzehrtem "rotem" Fleisch um 49 %. Bei einer Erhöhung des Wurstverzehrs um 100 Gramm am Tag würde es sogar um 70 % steigen. Täglich 100 Gramm mehr Fisch halbieren dagegen das Erkrankungsrisiko. Die Wissenschaftler liefern für den Einfluß des Fleischverzehr auf das Krebserkrankungsrisiko verschiedene Erklärungen. Nach neueren Studien könne das mit dem Fleisch aufgenommene Eisen zur Risikoerhöhung beitragen. Prentice et. al. (2006) publizierten eine randomisierte Primärpräventionsstudie der Women´s Health Initiative (Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Invasive Breast Cancer: The Women's Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial), die von 40 Klinikzentren in den USA in den Jahren 1993 bis 2005 durchgeführt wurde. An der Studie nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren ohne frühreren Brustkrebs teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten an. In der Probandengruppe waren 19.541 (40 %), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Dargestellt wird das Erkrankungsrisiko bei einer Senkung der Fettaufnahme auf weniger als 20 % des täglichen Energiebedarfs. An Brustkrebs erkrankten 655 (0,42 %) der Probandinnen und 1.072 (0,45 %) der Vergleichspersonen. An Brustkrebs starben 27 (0,02 %) der Probandinnen und 53 (0,02 %) der Vergleichspersonen. Aus der Studie ergibt sich keine Senkung des Erkrankungsrisikos in der Probandengruppe durch die Verminderung der Fettaufnahme. Beresford et. al. (2006) publizierten die Ergebnisse der WHI-Studie hinsichtlich des colo-rectalen Karzinoms (Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Colorectal Cancer: The Women's Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial). Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem colorectalen Karzinom 201 (0,13 %) der Probandinnen und 279 (0,12 %) der Kontrollpersonen. Es starben an einem colorectalen Karzinom 47 (0,03 %) der Probandinnen und 56 (0,02 %) der Kontrollpersonen. - Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem Karzinom 1.946 (1,24 %) der Probandinnen und 3.040 (1,28 %) der Kontrollpersonen. Es starben an einem Karzinom 436 (0,28 %) der Probandinnen und 690 (0,29 %) der Kontrollpersonen. - Insgesamt starben 950 (0,60 %) Probandinnen und 1.454 (0,61) Kontrollpersonen. Die Untersuchungen ergaben keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung des Erkrankungsrisikos für das invasive Mammakarzinom und der Brustkrebssterblichkeit und für das colorectale Karzinom sowie der Krebsinzidenz und der Krebsmortalität durch die Senkung des Fettkonsums und die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs. 39 MacLean und Coautoren (2006) (Effects of Omega-3-Fatty Acids on Cancer Risk) analysierten die Resultate zahlreicher Publikationen und aus 20 Kohortenstudien aus 7 Ländern, in denen die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren auf verschiedene Krebslokalisationen (Atemwege, Lunge, Harnblase, Brust, Ovarien, Pankreas, Prostata, Haut, Magen und non Hodgkin Lymphome) untersucht und beschrieben worden war. Die Aufnahme der Omega-3-Fettsäuren erfolgte in den meisten Studien durch den Fischverzehr. Für die Autoren liefert die bisherige Studienlage keinen Beweis für die Annahme, dass zwischen dem Konsum von Omega-3-Fettsäuren und der Verminderung der Krebsinzidenz eine Assoziation besteht. Paukovits und Parzefall (2003) berichten über Untersuchungen zur ernährungsbedingten Krebsentstehung. Die durchgeführten Studien zeigten, dass vier Faktorenkomplexe unterschieden werden können, die das Krebsrisiko beeinflussen: 1. die Kontamination der Nahrungsmittel mit krebsauslösenden Stoffen; 2. der Mangel an Schutzsubstanzen, die die Entwicklung von Krebszellen verhindern; 3. der Mangel an bestimmten Spurenelementen und Vitaminen und 4. das Übergewicht. Die Autoren verweisen auf einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krebserkrankungen von Brust, Prostata, Darm, Gebär-mutter, Leber u. a., der in der Cancer Prevention Study II in den USA mit mehr als 900.000 Erwachsenen sehr deutlich wurde. Amerikanische Forscher beobachteten seit 1982 in einer Cancer-Präventions-Studie (Aspirin use and risk of fatal cancer) eine Gruppe von 635.000 Personen hinsichtlich der Wirkung von ASS. Je häufiger und je länger die Probanden ASS eingenommen haben, desto niedriger lag die Mortalität bei gastrointestinalen Karzinomen. Thun, M.M (1991) und Thun, M.J. (1993) berichteten darüber. Auf das Vorkommen von Karzinomen anderer Organe hatte die ASS-Einnahme keinen Einfluß. Diskutiert wurde ein Hemmeffekt auf das Tumorwachstum. Nach epidemiologischen Untersuchungen wurde Aspirin (ASS) und anderen antiinflamatorischen Medikamenten auch eine Schutzwirkung gegen das Auftreten des Colonkarzinoms zugesprochen. Bei Männern die mindestens über ein Jahr 16 mal im Monat ASS einnahmen sank das relative Risiko auf 0,6, bei Frauen auf 0,58. - Bislang gibt es keine Antwort auf die Frage nach der Wirkungsweise des ASS auf das Karzinogen oder auf dessen Resorption im Dickdarm. - Die internationalen Krebsstudien werden für die Evaluierung der in dieser epidemiologischen Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse genutzt. Sie weisen bestimmte Lebensmittel als Risikofaktoren aus, von denen die karzinogene Belastung aus dem Lebensmittel-Monitoring bekannt ist (z. B. Wein, Bier, verarbeitetes Fleisch, Milch u. a.). Für ein erhöhtes Krebsrisiko werden zudem z. B. der Alkoholkonsum, das Rauchen und Übergewicht als Risikofaktoren angegeben. Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko durch die verbesserte Resorption des Karzinogens. Wein und Bier sind zudem kontaminierte Lebensmittel und erhöhen die karzinogene Gesamtbelastung. Weintrinker und Biertrinker haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bereits bei einem Alkoholkonsum von >15 g/d. Männer sind stärker belastet als Frauen. Spiriuosen zeigen bis zu einer Tagesaufnahme von 15 g/d noch keine signifikante Erhöhung des Krebserkrankungsrisikos. Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko für die Plattenepithelkarzinome des Mund-Rachenraumes, des Kehlkopfes, der Speiseröhre, für das Endothel der Milchgänge u. a.. Ärztliche Empfehlungen, Wein oder Bier zu trinken, sind nicht angezeigt. Rauchen erhöht das Erkrankungsrisko von Krebs-, Herz-Kreislauf- und der cerebrovasculären Erkrankungen. Die Studien ergaben keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung des Erkrankungsrisikos für das invasive Mammakarzinom und der Brustkrebssterblichkeit, für das colorectale Karzinom sowie für die Krebsinzidenz und Krebsmortalität durch die Senkung des Fettkonsums und durch die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs. Die Ergebnisse aus dieser epidemiologischen Untersuchung stellen keinen Widerspruch zu den Erkenntnissen aus den internationalen Ernährungs- und Krebsstudien dar. 40 12. Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest Karzinogene Mykotoxine sind in Lebenmitteln weit verbreitet. Die internationalen Ernährungs- und Krebsstudien weisen verschieden Lebensmittel als Risikofaktoren aus, die das Krebserkrankungsrisiko deutlich erhöhen (Bier, Wein, verarbeitetes Fleisch, Milch u. a ). Neben den Kontaminationen von Getreide stellt sich die Verarbeitung verdorbener - verschimmelter Früchte (Weintrauben, Obst u. a.) als bedeutendes Potential für die Ochratoxin A-Kontaminationen der Lebensmittel (z. B. Wein, Trauben- und Fruchtsäfte u. a.) dar. Ungünstige Lagerungs- und Verarbeitungsprozesse erhöhen erheblich den Schimmelbefall und die Mykotoxinbelastung der Lebensmittel und begründen das erhöhte Erkrankungsrisiko. Die Krebsprävention erfordert die strikte Senkung der Belastung mit krebsverursachenden Mykotoxinen, insbesondere Ochratoxin A, wo immer das möglich ist. Amézqueta et. al. (2007) publizieren in einer Übersicht Möglichkeiten der Ochratoxin A-Dekontamination von Lebensmitteln. Sie betreffen Getreide, Weintrauben und andere Früchte der warmen Regionen, Kaffeebohnen und Kakaobohnen, Erntefrüchte der tropischen Region und Fleischprodukte. Für eine Entgiftung werden lebensmittel-technologische, physikalische, chemische und mikrobiologische Methoden angeführt. Die Autoren verweisen auf das Kontrollsystem HACCP (Hazard Analysis and Critical Controll Points) als System, das Risiken identifiziert und evaluiert. Es ist außerordentlich bedeutsam für die Lebensmittelsicherheit. Bauer, Prof. J: (1994) untersuchte Möglichkeiten zur Dekontamination von Tierfutter und zur Entgiftung von Schweinen. Die Untersuchungen sind auch für die Medizin interessant. Im "in-vitro"-Versuch zeigte sich, daß von den untersuchten Adsorbentien Aktivkohle zu den besten Resultaten führte. Ein Zusatz von 0,01 % zu einer artefiziell kontaminierten wässrigen Lösung reichte aus, um 96 - 99 % der Toxinmenge (100µg/L) zu binden. Im "in-vivo"-Versuch konnte auch die Belastung der Tiere durch Zufütterung von Aktivkohle gesenkt werden. Charles (1986) beschreibt in einer Publikation der Weltgesundheitsorganisation das in den Vereinigten Staaten von Amerika weit verbreitete Verfahren der Produktionskontrolle der Lebensmittel an „kritischen Kontrollpunkten für die Risikoanalyse". Parallel mit dem HACCP-Verfahren müssen unbedingt alle Aufzeichnungen über die Verarbeitung und die Überwachungsergebnisse als Mittel zur genauen Identifizierung jeder einzelnen Produktions- bzw. Lieferungsserie des betreffenden Produkts aufbewahrt und ein System geschaffen werden, das die Auslieferung und den Konsum gesundheitsgefährlicher Lebensmittel sicher verhindert. Dieses Verfahren wurde zwar zur Verhütung mikrobieller Kontaminationen entwickelt, doch läßt sich ein ähnliches Verfahren auch auf andere Chemikalienverunreinigungen anwenden. Das betriebliche Kontrollsystem erhöht unmittelbar die Aufmerksamkeit für lebensmittel-hygienische Mängel und für die Qualitätssicherung. Mit einem Labortest zur Ochratoxin A-Dekontamination präsentierte die aokin AG ein neu entwickeltes Präzisions-Analyseverfahren für den Nachweis von Mykotoxinen in Lebensmitteln. Der Labortest zeigte für die Ochratoxin A-Dekontamination, dass durch die Filterung von Rotweinproben über Aktivkohle eine Entfernung des karzinogenen Mykotoxins aus den untersuchten Proben möglich ist und bestätigte damit zugleich auch die prinzipielle Möglichkeit einer Dekontamination von flüssigen Lebensmitteln (Bier, Wein, Trauben- und Fruchtsäfte). Mit dem Labortest wird zudem klargestellt, dass das vorgestellte Untersuchungsverfahren für den Einsatz in den betrieblichen Qualitätssicherungssystemen (HACCP) für die Kontrolle der Rohstoffe, z. B. zum Ausschluss verschimmelter und mit Mykotoxinen kontaminierter Früchte vor der Verarbeitung, wie auch für den Nachweis der einwandfreien Beschaffenheit der hergestellten Lebensmittel ebenso, wie in der staatlichen Lebensmittelüberwachung und in der Medizin geeignet ist. Eine Dekontamination von Lebensmitteln ist prinzipiell möglich und bedeutungsvoll für die Lebensmittelsicherheit. - Die betrieblichen Qualitätssicherungssysteme haben für die unmittelbare Erkennung und Beseitigung von Risiken in der Lebensmittelherstellung eine große Bedeutung. 41 13. Zur Ursache der Magen- und der Zervixkarzinome Bei der Betrachtung der Karzinogenese an den verschiedenen Krebslokalisationen lassen sich für die Zellen zwei grundsätzlich unterschiedliche Belastungspfade erkennen. Dabei sind die betroffenen Zellen nicht der passive Teil bei der Invasion eines karzinogenen Stoffes. Die Zellen nehmen das Karzinogen im Rahmen ihrer physiologischen Funktionen aktiv auf: * Die Zellen der verschiedenen Epithelien/Endothelien des Mund-/Rachenraumes, des Ösophagus, des Magens, des Dickdarms, der intrahepatischen und extrahepatischen Gallengänge und der Gallenblase, des Ductus pankreaticus, des Urothels des Nierenbeckens und der Harnblase, der Milchgänge, - auch das Plattenepithel der Zervix! - u. a. resorbieren das Karzinogen unmittelbar aus der Nahrung und/oder aus den Körperflüssigkeiten. An diesen Stellen treten die meisten Tumoren auf. - Alkohol verbessert die resorptiven Bedingungen an diesen Lokalisationen und führt in Abhängigkeit von der mittleren AlkoholTagesaufnahme zu einer Erhöhung des Erkrankungsrisikos. * Die Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane (Leber, Niere und Haut), alle Drüsen und Schleimhäute werden hämatogen belastet. Sie nehmen das Karzinogen direkt aus der Blutbahn auf und scheiden es mit den Exkreten/Sekreten aus. So die Leber, die Niere, die Haut, die Brust, die Bauchspeicheldrüse, die Prostata, die Gebärmutterschleimhaut, - auch die Schleimhaut des Zervixkanals! -, die Bronchialschleimhaut u. a. - An diesen Lokalisationen nimmt die Belastung durch die Hemmung der Ausscheidung des Karzinogens zu und führt dadurch zu einer zunehmenden Inzidenz. Untersuchungen zur Ätiologie der Magen- und der Zervixkarzinome sollen eine weitere Aufklärung zur Frage nach dem auslösenden Karzinogen bringen. 13.1 Das Magenkarzinom Die Magenkarzinome sind weitaus überwiegend Adenokarzinome. - Männer erkranken häufiger als Frauen. Das Magenkarzinom war bis in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland die häufigste Krebserkrankung beim Manne. Uebermuth (1957), schrieb über das Magenkarzinom: „Von allen Krebsleiden, die die Organe des Menschen betreffen, ist der Magenkrebs der häufigste; nach großen Statistiken betrifft jedes zweite Karzinom den Magen. Die Häufigkeit ergibt sich auch daraus, daß in Deutschland in einem Jahr, bezogen auf eine Bevölkerungszahl von 68 Millionen, 52.000 noch immer an Magenkrebs sterben. Hierbei werden Männer etwa dreimal häufiger als Frauen betroffen.“ - Er erklärt, dass der Magenkrebs in den nordischen Ländern mit großem Fett- und Ölverbrauch, mit deren Neigung, heiße Speisen zu bevorzugen, zahlenmäßig sehr hoch anzutreffen ist, während nach statistischen Erhebungen Völker mit gleichmäßiger und naturgemäßer Ernährung (Reisesser) den Magenkrebs kaum kennen. In den gleichen Zusammenhang gehöre die Erfahrung, daß Angehörige der Gaststättengewerbe, Brauer und Kellner häufig magenkrebskrank werden, wobei auch der gewohnheitsgemäße Genuß von Alkohol krebsauslösende, durch die Jahre sich summierende Reize setzt. Da auf dem Gebiet des Genusses und hinsichtlich mehr oder minder unphysiologischer Essensgewohnheiten die Männer den Frauen gegenüber beträchtlich schlechter abschneiden, finde sich hierin die Erklärung des Überwiegens der Beteiligung der Männer an der Magenkrebskrankheit gegenüber den Frauen. 42 Nach Marcusson (1954) fanden sich zur Krebsepidemiologie bereits in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in der Züricher Todesursachenstatistik Hinweise auf einen Rückgang des Magenkarzinoms: „Das Magencarcinom hat bei beiden Geschlechtern abgenommen. Dieser Rückgang ist auffällig, denn die Therapie des Magenkrebses hat keine prinzipielle Änderung erfahren und keine solchen Erfolge aufzuweisen, welche diesen Rückgang erklären würden. Allerdings wird das Magencarcinom heute durch die Röntgenuntersuchung früher diagnostiziert, aber dies gilt doch nur für einen kleinen Teil aller Kranken, denn die Erfassung der Frühfälle ist noch immer eine sehr unbefriedigende Angelegenheit.“ Sichere Schlüsse könnten nur aus einem Vergleich einer in keinem Lande vorhandenen Morbiditätsstatistik mit der Mortalitätsstatistik der Magenkrebse gezogen werden. Wahrendorf (1989) berichtet über den Rückgang der Magenkrebsmortalität in Deutschland bereits seit Anfang der 1950er Jahre. Seydlitz (1986) untersuchte die bösartigen Neubildungen des Magens in der DDR zwischen 1953 und 1982 auf der Datenbasis des Nationalen Krebsregisters der DDR. Im NKR wurden von 1953 bis 1982 insgesamt 213.302 Neuerkrankungen an einem Magenkarzinom registriert. Davon fielen 120.660 Fälle auf das männliche und 92.642 auf das weibliche Geschlecht. Beim Vergleich zwischen dem Magenkazinom und der Gesamtzahl aller bösartigen Geschwulsterkrankungen von 1953 bis 1982 in der DDR lag der höchste prozentuale Anteil mit 27 % im Jahre 1955 beim männlichen Geschlecht vor. Das Maximum beim weiblichen Geschlecht wurde 1960 mit 14,2 % registriert. Bis 1982 gingen die Anteile auf 10,6 % beim männlichen bzw. auf 7,8 % beim weiblichen Geschlecht zurück. Seit Anfang der 1960er Jahre war die Inzidenz des Magenkarzinoms in der DDR sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ständig gesunken. Abb. 6: Inzidenztrend der Magenkarzinome zwischen 1956 und 1982 in der DDR (nach Seydlitz, 1986; /* Angabe für 2002: Gemeinsames Krebsregister der Neuen Bundesländer: Krebsinzidenz 2001 und 2002) Die Autorin weist gleichfalls auf große Unterschiede in der Erkrankunghäufigkeit zwischen den verschiedenen Staaten und ebenso den Ländern in Deutschland hin. Boeing, Frentzel-Beyme u. a. fanden, daß in der Bundesrepublik die höchste Sterblichkeitsrate beim Magenkarzinom im Freistaat Bayern vorlag. Innerhalb dieses Regierungsbezirkes lag die höchste Sterblichkeit in Niederbayern, der Oberpfalz und Oberfranken. (s. auch S. 69) Diskutiert wurde ein Modell der Ätiologie des Magenkrebses von Correa u. a. (1982) in dem deutlich gemacht wird, daß spezielle Risikoerkrankungen wie zum Beispiel Perniziosa, chronisch atrophische Gastritis oder die intestinale Metaplasie mit Erhöhung des pH-Wertes im Magen einhergehen. Dies bedeute eine Einschränkung der Säureproduktion und damit die Möglichkeit der Bakterienvermehrung. Dadurch werde die Bildung von N-Nitroso-Verbindungen begünstigt. Auf weltweit erhebliche Unterschiede in der Mortalität an Magenkrebs weist das Deutsche Krebsforschungszentrum (2005) im Krebsatlas hin. Danach gehört Japan zu den Ländern mit der höchsten Sterberate je 100.000 von 34.1 (Männer) und 15.0 (Frauen), während in den USA die Sterblichkeit bereits auf 5.2 (Männer) bzw. 2.4 (Frauen) gesunken ist. In Europa ist die Magenkrebsmortalität in Portugal 43 (25.4 bei Männern, 12.0 bei Frauen) sowie in einigen Ländern Mitteleuropas (Ungarn: 24.3 bei Männern, 10.0 bei Frauen; Polen: 23.2 bei Männern, 7.8 bei Frauen) am höchsten. Die niedrigsten in Europa beobachteten Raten finden sich in Schweden (8.5 bei Männern, 4.5 bei Frauen) und in Frankreich (8.7 bei Männern, 3.5 bei Frauen). Für Deutschland wird die altersstandardisierte Inzidenzrate für das Jahr 2002 mit 23,5/100.00 für die Männer und 11,8/100.000 für die Frauen angegeben. Zu klären bleiben die Fragen nach der Ursache der Inzidenz und des Inzidenzrückganges. Wie nehmen die Zellen der Magenschleimhaut das Karzinogen auf? Was hat sich seit mehr als 50 Jahren weltweit und in Deutschland im Ernährungsverhalten so gravierend verändert? Zunächst kann man sicher davon ausgehen, dass die Magenkarzinome von Männern und Frauen grundsätzlich die gleiche Ursache haben. - Im Magen erfolgt keine nennenswerte Resorption von Wasser und in Wasser glösten Stoffen. - Alkohol und in Alkohol gelöste (Gift-)Stoffe werden im Magen hingegen schnell resorbiert. - Das Karzinogen wird entsprechend im Magen nur in Verbindung mit Alkohol (z. B. Bier und/oder Wein) resorbiert. - Die Männer sind stärker belastet als die Frauen. - Seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist die Erkrankungshäufigkeit des Magenkarzinoms sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen rückläufig. Für Bier und Wein war bereits in den Alkoholstudien (Cho und Coautoren, 2004; Boffetta et al., 2006) bei geringen mittleren Tagesaufnahmen ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko festgestellt worden. Im Lebensmittel-Monitoring bestätigte sich zudem die Belastung von Bier und Wein mit karzinogenen Mykotoxinen. Auf eine Anfrage nach der Ursache für den Rückgang des Bierverbrauchs in Deutschland erklärte die Sprecherin des Deutschen Brauerbundes im Jahre 2006 in Berlin: “Uns sind die jungen Männer als Biertrinker abhanden gekommen. Und es gibt genügend Alternativen zum Bier.“ Läßt sich diese Aussage objektivieren? - Für eine Antwort wurden die Daten des Krebsregisters der DDR über die Altersverteilung der Magenkrebserkrankungen verwendet. Gleichzeitig mit der Abnahme der Inzidenz hat sich bei den Männern und bei den Frauen eine Verschiebung des Erkrankungsalters in das höhere Lebensalter vollzogen. 13.2 Gebärmutterkarzinome Gebärmutterkrebs war in Deutschland bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts die häufigste Krebserkrankung der Frau. Davon betrafen etwa 85 % das Plattenepithel der Portio, 10 % waren Adenokarzinome des Korpus, 5 % der Endozervix (Hamperl, 1957). - Für das Jahr 2002 weist das Gemeinsame Krebsregister für die Korpuskarzinome einen Anteil an allen Gebärmutterkarzinomen von 61,35 % aus. Das Zervixkarzinom gehört auch gegenwärtig mit 3 - 4 % aller Krebserkrankungen und etwa 1,9 % aller Krebssterbefälle der Frau noch zu den häufigen Krebserkrankungen. Seine Inzidenz weist eine besondere Altersverteilung auf. Ein bedeutender Anteil an den Erkrankungen tritt bereits vor der Menopause auf. Dadurch entsteht ein erster Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen zwischen 35 und 45 Jahren. Die Altersverteilung der Zervixkarzinome unterscheidet sich deutlich von der der Korpuskarzinome und der Karzinome der Vagina, welche in der Regel weit überwiegend erst nach der Menopause auftreten. Die Inzidenz des invasiven Zervix-(Plattenepithel-)karzinoms hat bereits seit den 1950er Jahren - ebenso wie das Magenkarzinom - ständig abgenommen. Zugleich ist der prozentuale Anteil der endozervikalen Adenokarzinome an den Zervixkarzinomen ständig gestiegen. Wo liegen die Gründe für diese Veränderung? Die Ursache für das Zervixkarzinom wird seit langem diskutiert. Ebeling (1987) beschreibt das Zervixkarzinom, wie andere Autoren auch, das sich wie eine sexuell übertragbare Krankheit mit geringer Infektiosität verhält. Es wird mit früher Aufnahme sexueller Beziehungen und Promiskuität in Verbindung gebracht. Er spricht auch davon, daß Frauen von Männern mit Peniskarzinomen „Risikopartner“ - häufiger erkranken. Für Frauen mit Intrauterinpessaren ergibt sich ein vermindertes 44 Risiko. - Genetische Prädispositionen spielen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. - Rauchen und Vitaminmangel führen zu einem erhöhten Risiko. Baltzer und Coautoren (2000) beschreiben die Früh- und Vorstadien des Zervixkarzinoms bei jungen Frauen vorwiegend an der Portiooberfläche. Sie sind bei älteren und alten Frauen zumeist endozervikal lokalisiert. Nach Gissmann und Pavlita (2002) kann Krebs beim Menschen vielfältige Ursachen haben. Neben einer erblichen Veranlagung oder Umwelteinflüssen können auch Infektionen mit bestimmten Bakterien, Viren oder Parasiten die Entstehung von Krebs beeinflussen. Nur ein sehr kleiner Teil der infizierten Personen erkrankt an Krebs. Eine HPV-Infektion wird als notwendiger Faktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms gesehen. Ziel ihrer Untersuchungen sei es entsprechend, die Entstehung von Zervixkarzinomen durch einen virusspezifischen Impfstoff zu verhindern. Im Krebsatlas des Deutschen Krebsforschungs-zentrums (2005) weisen die Autoren darauf hin, daß das Internationale Krebsforschungszentrum (IARC) in Lyon im Jahre 1995 „aufgrund der klaren Befundlage“ verschiedene HPV-Typen als karzinogen eingestuft hat. An gleicher Stelle führt die vergleichsweise hohe Durchseuchung mit Papillomviren bei vergleichsweise niedriger Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs bei den Autoren zu dem Schluß, „daß möglicherweise zur Entwicklung von Tumoren des Gebärmutterhalses über die Virusinfektion hinaus weitere Kofaktoren erforderlich sind.“ Hampl (2006) sprach auf dem 27. Deutschen Krebskongress über die hohe Relevanz der erwarteten Impfung gegen das HPVirus. Bekannt seien bisher ca. 120 verschiedene HPV-Typen, von denen HPV 16 und 18 für mehr als 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich zeichnen. Die beiden Virus-Typen seien außerdem mit Karzinomen der Vulva, der Vagina, des Anus und des Penis assoziiert. Vor allem HPV 16 sei für einen erheblichen Prozentsatz der Fälle eines Vulvakarzinoms und dessen Vorstufen verantwortlich.- Die Prävalenz der HPV-Infektion in der Bevölkerung sei allgemein hoch: Man könne davon ausgehen, dass 70 % der Menschen im Laufe ihres Lebens eine HPV-Infektion durchmachen. Jährlich werden in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Frauen mit dem Virus infiziert, doch die überwiegende Mehrzahl der Infektionen verläuft folgenlos. Rund 500.000 der infizierten Frauen entwickeln eine niedriggradige Zervixläsion (CIN, zervikale intraepitheliale Neoplasie), wobei diese in wiederum in rund 22.000 Fällen in eine höhergradige CIN (CIN 2/3) und in ein Zervixkarzinom übergehe. Die Inzidenz gutartig verlaufender Infektionen sei damit sehr hoch, die Inzidenz des Zervixkarzinoms dagegen vergleichsweise niedrig. Gegen eine ursächliche Rolle der HPV-Infektionen spreche die Immunabwehr und die spontane Rückbildung der durch sie verursachten Läsionen. Prof. Schiffman vom National Institute of Health (NIH) der USA hatte dazu anläßlich der 2. Conference on Cervical Cancer Screening in Europe im Jahre 2005 in Tübingen betont: HPV-Infektionen sind bei sexuell aktiven jüngeren Frauen sehr häufig, werden aber fast immer von der Immunabwehr schnell wieder eliminiert. HPV-Tests führen zu einer häufigen Überdiagnose von Läsionen, die von alleine in Remission gehen. Auch bei älteren Frauen (> 30 Jahre) liege die "Clearance" recht hoch, nach einem Jahr sei bei der Hälfte bis zwei Drittel der infizierten Frauen die Infektion von selbst wieder verschwunden. Nach Schmidt-Matthiesen (2005) gelte die Annahme, dass die Entstehung obligatorisch an sexuelle Aktivität gebunden ist, als gesichert. Es gehe dabei „um die Exposition der Zervix gegenüber örtlich wirksamen kanzerogenen oder ko-kanzerogenen Noxen“. Beckmann und Coautoren (2005) sehen im Rückgang der Inzidenz einen Therapiefortschritt beim primären Zervixkarzinom. Sie stellen fest, dass die Inzidenz von Anfang der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre - mit Einführung der gesetzlichen Krebsfrüherkennnung - zu einem deutlich rückläufigen Trend führte und im Jahre 2003 bei 12 bis 14 Fällen pro 100.000 Frauen lag. Der Anteil der Adenokarzinome an den Zervixkarzinomen ist dagegen in den letzten 25 Jahren von 10 auf etwa 20 % gestiegen. Die vom Gemeinsamen Krebsregister ausgewiesenen Inzidenztrends für die Zervixkarzinome zeigen im Zeitraum 1960 bis 1999 als Ergebnis der Früherkennungsuntersuchungen die verstärkte Erfassung des Carcinoma in situ (s. Abb. 7). 45 Abb. 7: Inzidenztrend der Zervixkarzinome 1961 bis 1999 (altersstandardisiert ESR) (Bild: GKR, Jahresbericht, Krebsinzidenz 1999) (Anmerkung zur Abbildung 7: Als Grund für den Rückgang sowohl des invasiven Zervixkarzinms als auch des Carcinoma in situ in den Jahren 1991 bis 1994 werden im Bericht des Krebsregisters die Veränderungen des Meldeverhaltens der Ärzte angegeben.) Die Morbidität des Zervixkarzinoms ging im gleichen Zeitraum im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters von etwa 50 auf 12,8 Fälle je 100.000 Frauen zurück. Eine positive Wirkung der diagnostischen Maßnahme auf den bereits seit 1960 bestehenden rückläufigen Inzidenztrend des invasiven Zervixkarzinoms läßt sich nicht erkennen. Damit kann der Inzidenzrückgang des Zervixkarzinoms ebenso wie bei den Magenkarzinomen - nicht als Ergebnis der medizinischen Vorsorgemaßnahme gewertet werden. Er begann bereits um 1960 und setzt sich ohne sichtbare Beeinflussung durch die Früherkennungsuntersuchungen bis zum Jahre 2002 fort. Die Ursache auch dafür wird zu klären sein. Ebenso gibt es auch keinen Hinweis darauf, daß dieser seit langem anhaltende Inzidenzrückgang der Plattenepithel-Zervixkarzinome durch eine Abnahme der Erkrankungshäufigkeit der HPV-Infektionen begründet sein könnte. Allein der Nachweis von Virus-DNA in den Zellen ist kein Beweis für deren Karzinogenität. Damit bleibt die begründete Frage nach einer möglichen gemeinsamen Ursache für den beob-achteten Inzidenzrückgang der Magen- und der Zervixkarzinome seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Die Erkenntnisse über die Aufnahme der karzinogenen Stoffe durch die verschiedenen Zellen führen zu der Einschätzung, daß nur das Plattenepithel der Portiooberfläche zur Resorption des sexuell übertragenen Karzinogens fähig ist. Drüsen und Schleimhäute, die ein Sekret oder Schleim absondern, resorbieren nicht. Plattenepithelkarzinome der Zervix treten bereits in jüngeren Jahren, die Karzinome des Endometriums und die Vaginalkarzinome überwiegend erst nach der Menopause auf. Bei den Magen- und Zervixkarzinomonen ist zudem davon auszugehen, daß die Resorption des Karzinogens durch die Zellen an diesen beiden Lokalisationen wahrscheinlich nur in Alkoholgelöster Form erfolgen kann. Abb. 8: Inzidenztends der Magen- und Zervixkarzinome 1963-1987 / 2001 (altersstandardisiert auf WB) nach Daten des Krebsregisters der DDR in: Das Gesundheitswesen - Jahresgesundheitsbericht 1989 für das Gebiet der ehemaligen DDR (/* 1999/2001 GKR, Krebsinzidenz 1999, 2000 und 2001) 46 Und in welchen weltweiten Veränderungen finden wir die Ursache für diese weltweit rückläufigen Inzidenztrends? Finden wir sie in der weltweiten Verdrängung des Bieres vom Markt durch andere alkoholfreie Erfrischungsgetränke wie Coca-Cola seit etwa 1940 in den USA, und seit etwa 1950 auch in Deutschland u. a.? (s. auch: Die Coca-Cola Story, S. 131). Diese zunächst unbeantwortet bleibende Frage nach den tatsächlichen Bedingungen, die zur Entstehung und zum Inzidenzrückgang der Magen- und Zervixkarzinome führten, werden letztlich nur die Betroffenen selbst beantworten können und müssen ggf. einer weiterführenden epidemiologischen Untersuchung vorbehalten bleiben. 13.3 Zur HPV-Impfung eine Prognose bis zum Jahre 2050 Aus aktuellem Anlass wird an dieser Stelle auf der Grundlage der epidemiologischen Analyse eine vorläufige Einschätzung des durch die HPV-Impfung zu erwartenden Inzidenzrückganges des Zervixkarzinoms bis zum Jahre 2050 vorgenommen. Dafür ergeben sich aus den Dokumentationen des Gemeinsamen Krebsregisters wesentliche Ansätze. Betrachtet werden hier die gemeldeten Gebärmutterkarzinome im Beobachtungsgebiet im Zeitraum 1999 bis 2002. Die Entwicklung der Altersspezifischen Morbidität der Gebärmutterkarzinome zeigt drei grund-sätzlich unterschiedlich verlaufende Prozesse (s. Abbildung 9): 1. Das Carcinoma in situ (n = 4.970 in 4 Jahren) stellt sich als virusbedingte Läsion dar, von der Schiffman sprach, die bei jüngeren Frauen sexuell übertragen wird und mit der Ausbildung der Immunität von alleine in Remission geht. Es zeigt somit die Eigenschaften eines sexuell übertrag-baren infektiösen Prozesses mit einer Immunantwort. - Das ist nicht typisch für die Karzinome. - Betroffen ist das Plattenepithel der Portio. Bereits ab dem 35. Lebensjahr ist die altersspezifische Morbidität dieser Läsionen rückläufig. Die Beurteilung des Pathologen: "virusbedingt". Abb. 9: Karzinome der Gebärmutter: Mittlere altersspezifische Morbidität 1999 - 2002 (Fallzahl: n = 18.935 über einen Zeitraum von 4 Jahren / Daten: Gemeinsames Krebsregister) 47 Abb 10: Gebärmutterhalskrebsmorbidität - Mittlere Risikoerhöhung durch (HPV)-Infektionen 1999 - 2002 (Fallzahl: n = 5.396 über einen Zeitraum von 4 Jahren / Daten: Gemeinsames Krebsregister) 2. Die invasiven Zervixkarzinome (n = 5.396 in 4 Jahren) sind weit überwiegend Plattenepithelkarzinome der Portio. Sie entstehen - ebenso wie die infektiös bedingten Läsionen - durch die sexuelle Übertragung des Karzinogens. Zwei Erkrankungsgipfel, im Alter zwischen 35 und 45 und im Alter über 70 Jahren, belegen zweifelsfrei die Überlagerung der Wirkungen von zwei maßgebenden Faktoren bei der Karzinogenese, der Krebsursache und eines weiteren Risikofaktors (Abb. 9 und 10). - Ein deutlich erhöhtes Krebserkrankungsrisiko durch eine zusätzliche Belastung - z. B. durch die HPV-bedingten Läsionen - wird im ersten Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen zwischen 20 und 60 Jahren sichtbar. Aus den Daten des Gemeinsamen Krebsregisters läßt sich der Anteil dieser zusätzlich aufgetretenen Zervixkarzinome auf etwa ein Drittel der Zahl aller Neuerkrankungen einschätzen. Das ent-spricht hochgerechnet für Deutschland etwa 2.200 HPV-induzierten Neuerkrankungen an einem Zervixkarzinom jährlich. 3. Die Korpuskarzinome (n = 8.569 Adenokarzinome des Endometriums in 4 Jahren) beginnen weit überwiegend erst nach der Menopause. Die Abbildungen zeigen die mit zunehmendem Alter steigende Erkrankungshäufigkeit und die bereits dargestellte, deutliche Erhöhung des Erkrankungsrisikos durch die Hormonanwendungen (s. auch Abb. 14, S. 52). Es gibt für die Karzinome des Endometriums keinen Hnweis auf ein zusätzliches HPV-induziertes Erkrankungsrisiko. Der Anteil der durch Papillomviren mitverursachten Zervixkarzinome und die betroffenen Altersgruppen sind in der Abbildung 10 dargestellt. Sie bewirken insbesondere die Entstehung des ersten Erkrankungsgipfels der Zervixkarzinome. Die Ständige Impfkommission hat mit ihrer Veröffentlichung vom 23. 3. 2007 die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren mit dem Ziel der Senkung der Krankheitslast des Gebärmutterhalskrebses empfohlen. Die Impfempfehlung wird mit dem individuellen Schutz vor einer Infektion mit HR-HPV und mit der möglichen Verringerung der Wahrscheinlichkeit, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, begründet. Die Impfung soll ergänzend zu den bestehenden Früherkennungsuntersuchungen eingesetzt werden. - Nicht im Impfstoff enthaltene HPV-Typen, unvollständig geimpfte Personen und seltene Impfversager erfordern auch beim Erreichen einer hohen Durchimpfung die Fortführung der Früherkennungsuntersuchungen. Bei der Einschätzung der Wirksamkeit der Impfung gelte es zu beachten, dass die derzeit vorliegenden Daten zur Häufigkeit des Zervixkarzinoms und damit zur Krankheitslast in Deutschland die demografischen Veränderungen (sinkende Geburtenzahl) und verändertes Sexualverhalten nicht ausreichend berücksichtigen. Für eine Geburtskohorte von 360.000 Mädchen des Geburtsjahrganges 1996 wurden die kumulativ zu erwartenden Erkrankungsfälle berechnet. Grundlage der Berechnung waren die altersspezifischen Erkrankungsraten und die Abschätzung der Lebenserwartung anhand der Sterbetafeln 2002/ 2004. Daraus ergibt sich bei einem Lebenszeitrisiko an einem Gebärmutterkarzinom zu erkranken von 1,1 % eine Zahl von 3.934 Erkrankungsfällen. Bei einer erwarteten möglichen Impfbeteiligung von 70 % würde jede 140. Frau dieser Kohorte von der Impfung profitieren. 48 Die erste gegen HPV geimpfte Altersgruppe (Geburtsjahrgänge 1991 bis 1995) erreicht im Jahre 2050 das Alter zwischen 55 und 60 Jahren. Der Zeitpunkt für diese Prognose wurde so gewählt, weil der weitaus überwiegende Anteil der HPV-induzierten Zervixkarzinome vor dem 60. Lebensjahr auftritt. Es wird davon ausgegangen, daß etwa jedes Dritte Zervixkarzinom auf der Basis einer HPV-bedingten Läsion entsteht und diese zusätzlichen Erkrankungen den ersten Erkrankungsgipfel in den Altersgruppen zwischen 35 und 55 Jahren bilden. Die epidemiologische Einschätzung erfolgt auf der Grundlage von Daten des Gemeinsamen Krebsregisters der Neuen Bundesländer und von Berlin. Im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters werden die Daten von etwa 8.9 Millionen Frauen dokumentiert. In den Jahren 1999 bis 2002 wurden im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters im Mittel 1.349 Erkrankungen (1.273 - 1.429) an einem invasiven Zervixkarzinom erfaßt. Das Lebenszeit-Erkrankungsrisiko wurde mit etwa 1,1 (1,07 - 1,15) % angegeben. Im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters sind in den Jahren 1991 bis 1995 etwa 290.000 Mädchen geboren worden. Entsprechend sind jährlich 58.000 Mädchen zu impfen. Abb. 11: Zervixkarzinome: Mittlere Zahl der Neuerkrankungen in den Jahren 1999 bis 2002 im Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters als Vergleichsbasis ( n= 1.349 , davon HPV-induziert: 395 / nach Daten des Gemeinsamen Krebsregisters) Abb. 12: Zervixkarzinome: Erwartete Neuerkrankungen im Jahr 2050 im Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters als Folge des Geburtenrückganges und im Ergebnis der HPV-Impfung ( n= 782 , davon HPV-induziert: 57 / nach Daten des Gemeinsamen Krebsregisters) Der Rückgang der Erkrankungshäufigkeit in der zuerst geimpften Altersklasse wird bis 2050 - bei gleichbleibender altersspezifischer Morbidität - zu einem wesentlichen Teil durch den Geburtenrückgang ab Anfang der 1990er Jahre bestimmt sein. In den Neuen Bundesländern ist die Zahl der Geburten ab 1991 um etwa 50 % zurückgegangen (s. auch unter Statistisches Bundesamt). 49 Entsprechend wird die Zahl der Neuerkrankungen, unabhängig von ihrer Ursache und von den getroffenen Maßnahmen, in der geimpften Altersgruppe gleichfalls in diesem Maße abnehmen. Außerdem wird die Zahl der HPV-induzierten Neuerkrankungen entsprechend dem prozentualen Anteil der Impfbeteiligung abnehmen. Auf die Erkrankungshäufigkeit der älteren Jahrgänge haben bis zu diesem Zeitpunkt weder der Geburtenrückgang noch die Impfung einen Einfluß. Es werden erhebliche Unterschiede zwischen den Alten und Neuen Bundesländern zu erwarten sein. Aus der epidemiologischen Analyse ergibt sich für die Beurteilung der zu erwartenden Wirksamkeit der Impfmaßnahmen in den Neuen Bundesländern und in Berlin unter Beachtung des Geburtenrückganges und einer über die 40 Jahre gehaltenen Immunität bei einer mittleren Impfbeteiligung von etwa 70 % (etwa 40.000 Impfungen jährlich), eine Abnahme der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen von 1.349 (im Mittel der Jahre 1999 2002) auf 782 (im Jahre 2050). Das entspricht einem Rückgang der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen bis 2050 um insgesamt 567 Erkrankungsfälle (42 %). Der Anteil der Impfung daran besteht in der Verminderung der Zahl der HPV-induzierten Zervixkarzinome um jährlich 135 (10 %). Das bedeutet, dass von je 300 geimpften Mädchen eins von der Imfung wird profitieren können. Jeweils zwei Mädchen werden trotz der Impfung an einem Zervixkarzinom erkranken. Das wird jedoch überwiegend erst nach dem Jahr 2050 sichtbar werden. Auch nach dem Jahre 2050 wird noch eine weiterer Rückgang der Zahl der Neuerkrankungen der zuerst Geimpften zu erwarten sein, der jedoch in vollem Umfang der demografischen Entwicklung zuzuordnen sein wird. (Diese Modellierung gilt wegen der erheblichen Unterschiede bei der demografischen Entwicklung nur für das Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters der Neuen Bundesländer und von Berlin.) Das Magenkarzinom entsteht auf der Basis des im Magen resorbierten, in Alkohol gelösten Karzinogens. Die Inzidenz des Magenkarzinoms hat seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bei Männern und Frauen ständig abgenommen und deutlich in das höhere Lebensalter verschoben. Die Ursache dafür ist im veränderten Konsumverhalten zu sehen. Der Bierverbrauch ist zurückgegangen. Besonders die jungen Männer sind nach Angaben des Brauerbundes als Biertrinker verloren gegangen. Das Zervixkarzinom entsteht durch die Resorption des Karzinogens durch das Plattenepithel der Portio. Das Karzinogen wird mit dem Sperma in die Scheide eingetragen. Alkohol verbessert die Resorption und erhöht damit das Erkrankungsrisiko. Der Rückgang der Inzidenz der Zervixkarzinome beruht weit überwiegend auf dem Rückgang der Plattenepithelkarzinome der Zervix. Der relative Anteil der Adenokarzinome der Endozervix an den Zervixkarzinomen hat hingegen zugenommen. Nach der epidemiologischen Untersuchung ensteht etwa jedes Dritte Zervix-(Plattenepithel-)karzinom als Folge der HPV-bedingten Läsionen. Die Verhütung von Zervixkarzinomen durch die HPV-Schutzimpfung erfordert etwa 300 Impfungen zur Verhütung einer HPV-induzierten Krebserkankung, entsprechend 900 Impfungen zur Verhütung eines Sterbefalles. Angesichts der damit verbundenen sehr hohen Kosten für die Impfungen und der Impfmüdigkeit in Deutschland erscheint der erwartete Erfolg derzeit noch eher unrealistisch. Eine schnelle und effiziente Lösung zur Verhütung des Zervvixkarzinoms scheint es damit noch nicht zu geben. 50 14. Probleme bei der Hormontherapie Zwei Studien der Women´s Health Initiative (WHI) waren auf die Wirkungen der postmenopausalen Hormontherapie auf das Brustkrebsrisiko gerichtet. Ihre Veröffentlichung löste besonders unter den Gynäkologen vehemente und kontroverse Diskussionen aus. Rossouw, Anderson und Coautoren (2002) veröffentlichten in einer Express-Publikation (Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women. Principal Results From the Women's Health Initiative Randomized Controlled Trial) die Hauptergebnisse einer WHI-Studie. Die Womens Health Initiative war auf die Bestimmung des Risikos und des Nutzens für eine Strategie zur Senkung der Inzidenz der Herz-Krankheit, des Brust- und des colorectalen Karzinoms sowie von Frakturen der postmenopausalen Frauen gerichtet. Zwischen 1993 und 1998 wurden insgesamt 161.809 Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40 Klinikzentren der USA in die Studien über die postmenopausale Hormontherapie einbezogen. Die Erhöhung des Erkrankungsrisikos durch die kombinierte Hormongabe wird für die Coronare Herzkrankheit mit 7, für Schlaganfall mit 8, für Lungenembolien mit 8 und für invasive Mammakarzinome gleichfalls mit 8 Ereignissen je 100.000 Personen-Jahre angegeben. Für die Verminderung des Risikos für colorectales Karzinom werden 6 und für Schenkelhalsfrakturen 5 Ereignisse je 100.000 Personen-Jahren genannt. Die Studie wurde am 31. Mai 2002 nach einer mittleren Laufzeit von 5,2 Jahren abgebrochen, weil sich durch die Hormonbehandlung das Risiko an coronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Lungenemboli und Brustkrebs erhöhte und das Risiko die Verminderung der Inzidenz von colorectalen Karzinomen und Schenkelhalsfrakturen überwog. Die Internationale Krebsagentur (IARC) in Lyon hat die kombinierte Östrogen-Gestagen-Behandlung entsprechend als "krebsverursachend" eingestuft. Stefanick et. al. (2006) berichten über Ergebnisse einer weiteren Hormon-Studie (Effects of Conjugated Equine Estrogens on Breast Cancer and Mammography. Screening in Postmenopausal Women With Hysterectomy) zur postmenopausalen Östrogenanwendung. Diese „Estrogen-Alone“-Studie erfaßte 10.739 Frauen (5.310 Probandinnen, 5.429 Kontrollpersonen) in einer Kohorte, die die ethnische/ rassische Diversität in den USA reflektiert. Insgesamt erkrankten an Brustkrebs 129 (0,34 %) Probandinnen und 161 (0,42 %) Kontrollpersonen. An invasiven Mammakarzinomen erkrankten 104 (0,28 %) Probandinnen und 133 (0,34 %) Kontrollpersonen. An einem Carcinoma in situ erkrankten 25 (0,07 %) Probandinnen und 30 (0,08 %). - Abschließend wird festgestellt, Östrogen alleine über die Dauer von 7,1 Jahren gegeben, führt nicht zu einer Erhöhung der Brustkrebsinzidenz bei postmenopausalen Frauen nach Hysterektomie und kann eine Verminderung des Frühstadiums des duktalen Brustkrebses bedingen. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur WHI-Studie über Östrogen plus Gestagen-Anwendung bei Frauen mit Uterus, in der eine signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei der Behandlung über 5,6 Jahre beobachtet wurde. Es wurde empfohlen, Östrogen nur bei Frauen nach Hysterektomie auf der Basis einer vorsichtigen Abwägung des Risikopotentials und des Nutzens für die Patientin anzuwenden. - Mögliche Folgen der Östrogenanwendung für das Endometrium waren nicht Gegenstand der Studie. Die Entscheidung der IARC zur Karzinogenität der postmenopausalen Hormonersatztherapie mit Östrogenen und Gestagenen hat zu vehementen und kontroversen Diskussionen geführt. Die Hormonersatztherapie zur Behandlung klimakterischer und postmenopausaler Beschwerden gehöre zu den häufigsten medikamentösen Therapieverfahren in der gynäkologischen Praxis. Die Veröffentlichung der WHI-Studie über die damit verbundene Erhöhung des Brustkrebsrisikos habe zu einer Verunsicherung der Patientinnen und Ärzte geführt. Das war Gegenstand von "Risk communication - a Challenge for Doctors and Patients", am 8. 3. 2006 in Düsseldorf: Peter van den Weijer, Apeldoorn/Niederlande, hält die Initiation eines malignen Prozesses durch die Substitutionstherapie nach dem derzeitigen Wissensstand für eher unwahrscheinlich. Paling, Leiter des Instituts für "Risk Communication" in Gainesville/Florida, USA, plädierte für die Verwendung von geeigneten Hilfsmitteln für die Darstellung des Risikos. Damit können Informationen im Kontext betrachtet und das Verständnis der Patientinnen maximiert werden. Dargestellt wurde das Brustkrebsrisiko mit und ohne Hormontherapie nach der WHI-Studie. Von 1.000 Frauen mittleren Alters (63 Jahre) erkrankten im Verlaufe eines Jahres 3 Frauen in der Allgemeinbevölkerung an Brustkrebs. Das 51 zusätzliche Risiko wird mit 0,8/1.000 Frauen angegeben. (Das entspricht einem Anteil von etwa 20 % der in der angegebenen Altersgruppe aufgetretenen Brustkrebserkrankungen.) Recker (2006) berichtet vom 5. Aachener Symposium zur Hormontherapie "Hormonale Kontrazeption: ein unabwägbares Risiko?", das im Januar 2006 unter Vorsitz von Prof. Dr. Neulen stattgefunden hat: Schultz-Zehden, Berlin, referierte über Daten der Kontrazeptionsstudie 2003, die zeigten, knapp 80 % aller deutschen Frauen verwenden ein Verhütungsmittel. Die Pille ist die beliebteste Methode. Der Trend gehe dabei im Vergleich zu früheren Befragungen dahin, dass die Frauen immer jünger werden, wenn sie sich für die Pille entscheiden. So beginnen heute die weitaus meisten Frauen bereits im Teenageralter mit der Pilleneinnahme. Mit neuen Varianten der hormonalen Kontrazeption und der veränderten Einstellung der Frauen zur Periodenblutung ist der Langzyklus - definiert als die Pilleneinnahme über höchstens ein halbes Jahr ohne Pause - zunehmend Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion geworden und erfreut sich bei den Anwenderinnen wachsender Beliebtheit. Braendle, sah hinsichtlich der oralen Kontrazeption keinen Grund zur Sorge und Aufregung, denn die vorhandenen Studien würden lediglich Assoziationen und keine kausalen Zusammenhänge widerspiegeln. Ungeklärt bleibe, ob das um den Faktor 1,7 erhöhte relative Risiko eines Zervixkarzinoms unter der Einnahme der hormonalen Kontrazeptiva durch die Pille selbst oder durch die Lebensumstände bedingt sei, die das Risiko erhöhen (z. B. erhöhte sexuelle Aktivität, HPV-Infektionen). Er unterstreicht die Notwendigkeit regelmäßiger Krebsvorsorgeuntersuchungen bei Mädchen ab dem Zeitpunkt der Pilleneinnahme. Für das Endometriumkarzinom sei seit langem eine protektive Wirkung der oralen Kontrazeption bekannt, die auch noch 15 Jahre nach dem Absetzen der Pille anhalte. Eine ähnliche Wirkung werde für das Ovarialkarzinom beschrieben. Emons (2006) schreibt über die Endometriumkarzinome, es gelte heute als gesichert, dass eine reine Östrogentherapie bei Frauen mit Uterus das relative Risiko für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms je nach Anwendungsdauer auf 1,45 bis 9,5 erhöht. Dies gelte auch für die Gabe von sehr niedrig dosierten reinen Östrogenen bzw. für die orale Applikation von Estriol. Nur die vaginale Anwendung von Estriol scheine sicher zu sein. In einer kürzlich publizierten weiteren Auswertung der „Million Women Study" fand sich auch für Tibolon ein relatives Risiko für ein Endometriumkarzinom von 1,79 (95 % CI = 1,43 - 2,25), das in der gleichen Größenordnung lag, wie nach reiner Östrogentherapie (RR = 1,45 (1,01- 2,06)). Nach wie vor sei die langfristige Gabe von reinen Östrogenen mit intermittierender Gestagengabe, z. B. drei Monate im sog. Langzyklus nicht ausreichend abgesichert. Die Studien der letzten Jahre zeigten weitgehend übereinstimmend, dass das Mammakarzinomrisiko durch eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie deutlicher erhöht wird als durch eine reine Östrogentherapie, welche möglicherweise nur eine marginale oder keine Risikoerhöhung für das Mammakarzinom zur Folge hat. Es bestehe großer Forschungsbedarf. Bis zum Vorliegen entsprechender Studienergebnisse sei man gut beraten, sich an den Empfehlungen der DGGG zu orientieren. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat eine Neubewertung der Hormonersatztherapie vorgenpommen. Zu den wesentlichen Punkten gehören folgende Empfehlungen: • Die Ersatztherapie ist die wirksamste Behandlungsform vasomotorischer Symptome. • Sie darf im Klimakterium und in der Postmenopause nur bei bestehender zugelassener Indikation eingesetzt werden. • Eine Nutzen-Risiko-Abwägung und Entscheidung muß gemeinsam mit der Rat suchenden Frau erfolgen und jährlich überprüft werden. • Sie ist zur Prävention der koronaren Herzkrankheit und des Schlaganfalls nicht zugelassen. Damit stellt sich die Frage, ob sich die Erhöhung der Krebsmorbidität durch die Hormontherapie und/oder hormonale Kontrazeption ggf. quantifizieren läßt. Aus den Daten des Gemeinsamen Krebsregisters zur Brustkrebsmorbidität ergibt sich - abweichend von der für alle Krebserkrankungen durch die Kumulation stetig steigenden altersspezifischen Morbidität eine zusätzliche Erhöhung in den Altersgruppen zwischen 40 und 70 Jahren mit dem Gipfel in den Altersgruppen zwischen 55 und 60 Jahren, die der Hormontherapie zuzuordnen sind. In der Abbildung 13 ist die mittlere altersspezifische Morbidität der Brustkrebserkrankungen für die Jahre 1999 - 2002 und davon der Anteil der durch die Hormontherapie zusätzlich aufgetretenen Brustkrebs- 52 erkrankungen im Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters dargestellt. Auf dieser Basis wird der durch die Therapie bedingte prozentuale Anteil an allen Brustkrebserkrankungen auf etwa 21 % geschätzt. Das entspricht der Einschätzung nach der WHI-Studie und bedeutet nur für das Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters eine jährliche Erhöhung der Brustkrebsinzidenz um mehr als 2.000 Erkrankungsfälle durch die medizinische Maßnahme, für Deutschland hochgerechnet jährlich mehr als 11.000 Erkrankungsfälle. Abb. 13: Brustkrebsmorbidität - Erhöhtes Risiko als Folge der Hormontherapie (n = 39.550) Die entsprechende Untersuchung der Erhöhung des Risikos für die Karzinome des Endometriums (s. Abb. 14) führt zu einem geschätzten, durch die Hormonanwendungen bedingten Anteil, von etwa 45 %. Auch dieses Ergebnis ist plausibel. Das entspricht nur für das Beobachtungsgebiet des Gemeinsamen Krebsregisters einem Anteil von jährlich weiteren etwa 1.000 Korpuskarzinomen, für Deutschland jährlich etwa 5.000 zusätzlichen Krebserkrankungsfällen des Endometriums. Abb. 14: Gebärmutterkrebsmorbidität - Erhöhtes Risiko als Folge der Hormonanwendungen (n = 8.569) Ganz sicher darf man nicht davon ausgehen, daß die Hormone selbst eine primäre karzinogene Wirkung haben. Die das Risiko erhöhende Wirkung der Hormonanwendungen sollte jedoch auch nicht unterschätzt werden. Inzwischen gibt es erste Publikationen über einen Inzidenzrückgang des Brustkrebses in den USA. ZylkaMehnhorn (2007) berichtet darüber vom 29. San Antonio Breast Cancer Meeting. Dort gab der Biostatistiker Peter Ravdin vom M. D. Anderson Cancer Center in Houston/Texas bekannt, dass die Zahl der Brustkrebsneuerkrankungen in den USA um durchschnittlich sieben Prozent zurückgegangen sei. Auf der Basis der Meldungen an das Surveillance Epidemiology and End Results (SEER)-Register, welches vom US-National Cancer Institute betrieben wird, wurde die Brustkrebsinzidenz von 1990 bis Ende 2003 erfasst. Ravdin und Mitarbeiter beschränkten ihre Analyse auf neun Regionen des Landes. Diese gelten jedoch als repräsentativ für die Vereinigten Staaten. Anfang 2003 fiel die Kurve deutlich ab, im ersten Halbjahr um 6 % und im zweiten Halbjahr um 9 %, was einen Jahresdurchschnitt von 7 % ergab. Rechne man diese Zahlen auf die gesamten USA hoch, traten 2003 etwa 14.000 weniger Brustkrebserkrankungen auf als 2002, das entspreche 124 Fällen pro 100.000 Frauen in 2003 bei 134 Fällen pro 100.000 Frauen in 2002. Der stärkste Rückgang mit etwa zwölf Prozent wurde in der Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen mit Östrogenrezeptor-positiven Tumoren verzeichnet. Noch 2000 hatten 30 Prozent der Frauen älter als 50 Jahre gegen Wechseljahresbeschwerden Hormonpräparate eingenommen; etwa die Hälfte von ihnen stoppte die Behandlung, als durch die WHI-Studie im Sommer 2002 ihre kanzerogenen und kardiovaskulären Risiken aufgedeckt wurden. In der Gruppe der hormonsensitiven Karzinome war der Rückgang der Neuerkrankungen am deutlichsten ausgeprägt. Den Skeptikern der Hypothese entgegnete er, dass sein Team auch andere Theorien für den Rückgang der Brustkrebsinzidenz geprüft habe. Nur der Rückgang in der Hormontherapie sei stark genug, um den statistischen Effekt zu erklären. Bereits im November 2006 hatten Clarke (2006) und Mitarbeiter vom Northern California Cancer Center in Oakland gleichfalls darüber berichtet, dass die Brustkrebsmorbidität unter den 50- bis 74-jährigen weiblichen Versicherten von Kaiser Permanente in Nordkalifornien seit der Veröffentlichung der Ergeb- 53 nisse der WHI-Hormonstudien um 10 - 11 % zurückgegangen sei. Die Verordnung der Hormonpräparate hatte sich um 68 % für die Kombination mit Gestagen beziehungsweise um 36 % für ÖstrogenMonopräparate reduziert. Auch in Deutschland haben die kombinierten Östrogen-Gestagen-Präparate zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden stark an Bedeutung verloren. Nach einem Bericht der Techniker-Krankenkasse hat sich das Verordnungsvolumen zwischen 2002 und 2003 nahezu halbiert. Die von den Krebsregistern der Länder nach unterschiedlichen Standards erhobenen Daten werden von der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zusammengefaßt. Die am Anfang dieses Jahres veröffentlichte Analyse beinhaltet Auswertungen aus dem lahr 2002. - Nach ersten Auswertungen der Krebsregister im Saarland und in Schleswig-Holstein, die eine Million bzw. 2,8 Millionen Einwohner erfassen, sei die Brustkrebsinzidenz von 2003 auf 2004 in allen Altersklassen um 9,2 Prozent zurückgegangen. In der Gruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen verzeichne man sogar einen Rückgang von 13 Prozent. Ob ein Zusammenhang dieses Inzidenzrückganges mit den Veränderungen bei der postmenopausalen Hormontherapie besteht, versucht das Krebsregister Schleswig-Holstein im Rahmen einer eigenen Studie zu klären. Einen ersten Einblick in die Entwicklung der Brustkrebserkrankungen in Berlin im Zusammenhang mit den Veränderungen der Hormontherapie ermöglichen die in den Basisberichten 2005 und 2006/2007 der Gesundheitsberichterstattung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Berlin angegebenen Inzidenzdaten. Zu erwarten war ein Rückgang in den Altersgruppen ab 50 Jahren, in denen Gestgene Hormone zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führten. Das Gemeinsame Krebsregister der Neuen Bundesländer und von Berlin erfaßt in Berlin eine weibliche Bevölkerung von insgesamt 1,74 Mio. Personen. In den 6 Jahren 1999 - 2004 wurden in Berlin insgesamt 11.941 Brustkrebserkrankungen gemeldet. Die Morbiditätsdaten für diesen Zeitraum zeigen eine Gesamtzunahme der Brustkrebsmorbidität von 1.917 Erkrankungsfällen (110,2/100.000) im Jahre 2001 auf 2.079 Erkrankungsfällen (119,5/ 100.000) im Jahre 2004 um 8,5 %. Im gleichen Zeitraum war auch die Zahl aller Krebsneuerkrankungen im Beobachtungsgebiet um etwa 10 % gestiegen. Ein Morbiditätsrückgang zeigt sich dagegen ausschließlich in den am stärksten durch die Hormontherapie zusätzlich belasteten Altersgruppen von 50 - 54 Jahren (175,7 auf 158,3/ 100.000), von 55 - 59 Jahren (220,8 auf 178,5/ 100.000) und von 60 - 64 Jahren (257,6 auf 231,4/100.000). In Berlin verringerte sich damit die Fallzahl - nur in diesen Altersgruppen - von 752 Fällen im Jahre 2001 auf im Jahre 621 Fälle im Jahre 2004 um etwa 17,4 % (s. auch S. 123). Die Annahme ist sicher begründet, daß der schrittweise Morbidtätsrückgang der Brustkrebserkran-kungen in dieser Altersgruppe in einem direkten Zusammenhang mit den Veränderungen bei der Anwendung der Hormonersatztherapie steht und sich fortsetzen wird. Das Ergebnis entspricht der Erwartung. Weitere Untersuchungen werden durchzuführen, die Entwicklung in den folgenden Jahren weiter zu beobachten sein. Hormone sind grundsätzlich keine Karzinogene! Sie erhöhen oder vermindern im Rahmen ihrer physiologischen Wirkungen die karzinogene Belastung an den verschiedenen Lokalisationen. Gestagene stimulieren z. B. die Sekretion der Brustdrüse und erhöhen dadurch die karzinogene Belastung in den Milchgängen. Mehr als 70 % der Brustkrebse sind ductale Karzinome. Durch Östrogene wird das Brustkreberisiko nicht erhöht. Östrogene erhöhen bei Frauen mit Uterus das Risiko für das Auftreten des Endometriumkarzinoms. Gestagene verhindern dagegen das Auftreten des Endometriumkarzinoms. Die Erhöhung des Brustkrebsrisikos durch die postmenopausale Hormontherapie wird auf der Grundlage der Daten des Gemeinsamen Krebsregisters auf etwa 20 % aller Brustkrebserkrankungen geschätzt. Das ist das Mehrfache der Zahl an Krebserkrankungen durch eine Hormonmedikation im Vergleich zu allen arbeitsplatz- und umweltbedingten Krebsrisiken! Inzwischen gibt es erste Hinweise auf einen Inzidenzrückgang der Brustkrebserkrankungen im Zusammenhang mit der Reduzierung der Östrogen/Gestagen-Anwendungen in der Postmenopause. 54 15. Eine ganz besonders bemerkenswerte Feststellung Die epidemiologische Ursachenermittlung war darauf gerichtet, ein Karzinogen zu finden, das sowohl durch seine Wirksamkeit als auch durch seine außerordentliche Verbreitung die spezifischen Veränderungen in den Zellen auszulösen vermag. Als potente und außerordentlich weit verbreitete Karzinogene wurden die Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxin gefunden. Insbesondere im Ochratoxin A muß in der gemäßigten Klimazone epidemiologisch die Ursache der Krebserkrankungen gesehen werden. Es wird über Lebensmittel außerordentlich (welt-)weit verbreitet. Ganz besonders bemerkenswert aus der Sicht dieser epidemiologischen Untersuchung ist die Erkenntnis Otto Warburgs, dass Stoffwechselveränderungen in Krebszellen nicht nur Symptom, sondern Ursache des aggressiven Wachstums der Tumorzellen seien. Er hatte bereits 1923 festgestellt, dass sich die Krebszellen durch eine schwächere Zellatmung von gesunden Zellen unterscheiden. Warburg beschreibt seine Entdeckung 1954: „1923 wurde in Dahlem die Gärung der Tumoren entdeckt, diejenige biochemische Eigenschaft, durch die sich das Tumorwachstum von dem normalen Wachstum unterscheidet. Zwar spalten alle normalen wachsenden Körperzellen bei Abschluß von Sauerstoff Zucker zu Milchsäure, aber bei Zutritt von Sauerstoff verschwindet in den normalen Zellen diese Gärung und macht einem reinen Oxydationsstoffwechsel Platz; während in den Tumorzellen die Atmung zu klein oder zu unwirksam ist und eine erhebliche Gärung übrig läßt - die aerobe Gärung der Tumoren, deren Ursache also die insuffiziente Atmung der Tumorzellen ist. Kein Tumor ist seit 1923 gefunden worden, der aerob nicht gärt, und kein normales wachsendes Gewebe ist gefunden worden, das im Körper, angeschlossen an den Kreislauf, bei Sättigung mit Sauerstoff gärt.“ Seine Beobachtung ist als Warburg-Hypothese bekannt geworden. Und rückblickend auf sein Lebenswerk schreibt Otto Warburg 1967: "In wenigen Worten zusammengefaßt ist die letzte Ursache des Krebses der Ersatz der Sauerstoffatmung der Körperzellen durch eine Gärung. Alle normalen Körperzellen decken ihren Energiebedarf aus der Sauerstoffatmung, die Krebszellen alleine können ihren Energiebedarf aus einer Gärung decken ... Vom Standpunkt der Physik und Chemie des Lebens betrachtet ist dieser Unterschied zwischen normalen Körperzellen und Krebszellen so groß, daß man ihn sich größer nicht vorstellen kann. Der Sauerstoff ... ist in den Krebszellen endthront und ersetzt durch die energieliefernde Reaktion der niedersten Lebewesen, durch eine Gärung." Diese Erkenntnis Warburgs über den Zellstoffwechsel der Krebszellen läßt heute ganz sicher die berechtigte Frage zu, ob es sich um einen Zufall handelt, daß die Schimmelpilzgifte (Ochratoxin A und die Aflatoxine) zu den potentesten heute bekannten karzinogenen Stoffen und am weitesten verbreiteten Giften gehören und dass die Krebszellen ihre Energie „durch die energieliefernde Reaktion der niedersten Lebewesen, die Gärung“ gewinnen. Wir finden bei Otto Warburg dafür scheinbar nicht nur eine Bestätigung. - Die Aufnahme des karzinogenen Mykotoxins durch die Zellen bewirkt die Karzinogenese und damit zugleich auch die Übertragung der den niedersten Lebewesen eigenen Eigenschaften hinsichtlich des Zellwachstums und der Gärung auf die Körperzellen. Die Aufnahme des karzinogenen Mykotoxins durch die Zellen bewirkt die Karzinogenese und damit zugleich auch die Übertragung der „den niedersten Lebewesen“ eigenen Eigenschaften hinsichtlich des Zellwachstums und der Gärung auf die Körperzellen. – Aber was veranlasst die Zellen zu dieser gravierenden Änderung des Stoffwechsels? Finden wir darin vielleicht eine weitere Antwort auf die Frage nach dem Mechanismus der Krebsentstehung? - 55 Die Suche nach der Ursache ist die Suche nach einem Weg zur Verhütung der Krebserkrankungen. 16. Das Ergebnis der epidemiologischen Untersuchung Krebs stellt sich in der epidemiologischen Untersuchung als gesundheitliches Massenphänomen dar, das weltweit endemisch auftritt. Exzessive epidemische Ausbrüche werden nicht beobachtet. Es bestehen angesichts der unterschiedlichen Lebens- und Ernährungsbedingungen beträchtliche Morbiditätsunterschiede in den verschiedenen Ländern und Regionen der Erde. Das ist für die Festlegung von Maßnahmen zur Prävention unbedingt zu beachten. In den letzten beiden Jahrzehnten hat insbesondere die Mykotoxinforschung wesentliche neue Erkenntnisse hervorgebracht, die heute die Feststellung der primären Ursache der Krebserkrankungen und damit auch Maßnahmen zu deren wirkungsvoller Verhütung möglich machen. Es ist sehr bedauerlich, dass die Erkenntnisse über das Vorkommen und die außerordentliche Verbreitung krebserregender Stoffe in Lebensmitteln in der Medizin und in der Krebsforschung bislang keine Beachtung gefunden haben. Neue medizinische Erkenntnisse auf diesem Gebiet werden auch zu einer neuen Einschätzung der Lebensmittelsicherheit führen und Maßnahmen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz nach sich ziehen müssen. In Deutschland erkranken jährlich etwa 500.000 Menschen an Krebs. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, wird aktuell mit weiter steigender Tendenz für die Männer mit 50,7 % und für die Frauen mit 42,8 % angegeben. In Deutschland sterben jährlich mehr als 200.000 Menschen an Krebs. Das Lebenszeitrisiko, an Krebs zu sterben, wird für die Männer mit 25,9 % und für die Frauen mit 20,29 % angegeben. Aus den Untersuchungen ergibt sich ein Bild von der Ursache der Krebserkrankungen und der Rolle der begünstigenden Faktoren (Risikofaktoren) bei den verschiedenen Krebslokalisationen. Die Verbreitung des Karzinogens erfolgt über kontaminierte Lebensmittel. 56 1. Die Untersuchungen führen zu folgenden Einschätzungen: Es handelt sich beim Krebsgeschehen um ein multifaktorielles, nicht aber um ein multicausales Erkrankungsgeschehen. * Die epidemiologische Ursache der Krebserkrankungen besteht nach der vorliegenden Untersuchung und den Ergebnissen von Analysen und Einschätzungen in dem von Schimmelpilzen (insbesondere Aspergillus- und Penicillium-Arten) gebildeten Mykotoxin Ochratoxin A (und ggf. auch Aflatoxinen) in Lebensmitteln. Ochratoxin A ist ein potentes weltweit verbreitetes Karzinogen und entspricht allen in der Untersuchung auf der Grundlage klinischer und epidemiologischer Beobachtungen erwarteten und formulierten Eigenschaften. Die Karzinogenität des Mykotoxins ist im Tierversuch nachgewiesen. * Die Belastung mit Aflatoxinen und deren epidemiologische Bedeutung läßt sich auf der Basis der bisher vorliegenden Daten noch nicht beurteilen und macht weitere Untersuchungen notwendig. * Die Mykotoxine entstehen durch Schimmelpilzbefall auf verschiedenen Lebensmitteln und Futtermitteln. Die Pfade der Verbreitung sind Cerealien (Getreidekörner), Mehl, Backwaren, Teigwaren, Bier, Kaffee, Kakao und Schokoladenerzeugnisse, Nüsse, Trockenfrüchte, Rosinen, Weine, Fleisch und Wurstwaren u. a. Sie erfahren durch die Lebensmittel eine außerordentliche weltweite Verbreitung. * Untersuchungen im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings von Bund und Ländern belegen die erhebliche Kontamination verschiedener Lebensmittel mit karzinogenen Schimmelpilztoxinen (Ochratoxin A, Aflatoxine). Für andere Karzinogene in Lebensmitteln mit einer gleichrangigen karzinogenen Wirksamkeit und Verbreitung gibt es nach der durchgeführten epidemiologischen Analyse keinen Anhalt. * Die Zellen der verschiedenen Epithelien - des Dickdarms, des Urothels des Nierenbeckens und der Harnblase, der Milchgänge, der intrahepatischen und extrahepatischen Gallengänge und der Gallenblase, des Ductus pankreaticus, auch das Plattenepithel der Zervix u. a. resorbieren das Karzinogen aktiv unmittelbar aus der Nahrung und/oder aus den Körperflüssigkeiten. An diesen Stellen treten die meisten Tumoren auf. * Das Karzinogen gelangt über die Blutbahn in alle Organe und kumuliert im Gewebe infolge einer sehr geringen Ausscheidung. Die Nachweise von Ochratoxin A im Blut belegen die Kumulation. Die durch Untersuchungen im Blut nachgewiesenen Kontaminationsgrade stellen das Mehrfache der mittleren Tagesaufnahme dar. * Die Resorption der Mykotoxine erfolgt in wassergelöster Form besonders im Dickdarm, in alkoholgelöster Form über die Schleimhaut des Mundes, des Rachens, der Speiseröhre, des Magens und der Harnblase. Das Dickdarmkarzinom (Colon und Rektum) ist die häufigste Krebsform. * Die Ausscheidungsorgane und alle Drüsen und Schleimhäute werden hämatogen belastet. Sie nehmen das Karzinogen direkt aus der Blutbahn auf und scheiden es mit den Exkreten/Sekreten aus. So die Leber, die Niere, die Haut, die Brust, die Bauchspeicheldrüse, die Prostata, die Gebärmutterschleimhaut, - auch die Schleimhaut des Zervixkanals! -, die Bronchialschleimhaut u. a. Durch die Ausscheidung des Karzinogens entsteht an diesen Lokalisationen zunächst nur eine relativ geringe Belastung und damit ein geringes Erkrankungsrisiko. * Durch Untersuchungen belegt ist die Ausscheidung des Karzinogens Ochratoxin A mit der Muttermilch. Daraus ergibt sich eine zeitweilige Verminderung des Brustkrebsrisikos. Zugleich entsteht damit ein Krebsrisiko für den Säugling. Ochratoxin A wurde auch im Serum aus dem Nabelblut und bereits in der 16. Schwangerschaftswoche im Fruchtwasser nachgewiesen. * Durch Untersuchungen belegt ist die Ausscheidung des Ochratoxin A durch die Nieren. Die Rückresorption erfolgt in den Nierentubuli, dem Nierenbecken und der Harnblase. * Angesichts der geringen Ausscheidung und der Kumulation des Mykotoxins im Gewebe gibt es für die Wirkungen des Karzinogens keinen Schwellenwert! * Akut Toxische Wirkungen durch das Mykotoxin werden bei den bestehenden Belastungen in der Regel nicht erreicht. Wenn sie auftreten, werden sie als solche nicht erwartet und nicht diagnostiziert. 57 Risikofaktoren sind keine Primärkarzinogene! Sie begünstigen die Krebsentstehung an verschiedenen Lokalisationen. Sie haben einen direkten Einfluß auf das Ausmaß des Krebsgeschehens. Dazu gehören insbesondere: * Der Alkoholkonsum stellt sich aus der epidemiologischen Sicht als der wichigste Risikofaktor dar. Er verbessert die Resorptionsbedingungen des Mykotoxins und erhöht damit das Erkrankungsrisiko für die Plattenepithelkarzinome des Mundes, des Rachens, der Speiseröhre, des Magens, der Blase, der Brust, sehr wahrscheinlich auch der Plattenepithelkarzinome der Zervix u. a.. Wein und Bier müssen zudem auch als mit dem Karzinogen kontaminierte Lebensmittel in Betracht gezogen werden. Daraus erklärt sich das in der Alkoholstudie (Cho et al., 2004) angegebene erhöhte Erkrankungsrisiko für Wein- und Biertrinker. Ärztliche Empfehlungen, Wein oder Bier zu trinken, sind nicht angezeigt! * Das Rauchen erhöht insbesondere das Krebsrisiko für das Bronchialkarzinom. * Erhöhter BMI-Wert. - Vielesser haben ein erhöhtes Krebsrisiko. Sie werden über die Nahrung stärker mit den karzinogenen Mykotoxinen belastet. * Hormone sind grundsätzlich keine Karzinogene! - Sie erhöhen oder vermindern - in Abhängigkeit von ihren physiologischen Wirkungen - das Erkrankungsrisko an verschiedenen Kreblokalisationen, so z. B. durch die Stimulierung der Sekretion der Brustdrüse oder an den Genitalorganen bei Frauen und Männern. So ist z. B. mit dem Rückgang der Hormonanwendungen seit 2002 auch die Brustkrebsizidenz in der betroffenen Altersgruppe zurückgegangen. * Chronische Entzündungen erhöhen das Risiko an Krebs zu erkranken. Zum Spektrum der Entzündungen, die mit einem höheren Entartungsrisiko einhergehen, gehören unter anderem die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, bakteriell verursachte Inflammationen durch Helicobacter pylori, Entzündungen auf viraler Basis, beispielsweise die Hepatitis B und C, HPV, oder parasitär bedingte Entzündungen. * HPViren erhöhen das Erkrankungesrisiko für die Plattenmepithelkarzinome der Zervix und führen zu einem ersten Erkrankungsgipfel im Alter zwischen 35 und 45 Jahren. * Die Cholestase - bei Leberzirrhose oder chronischer Virushepatitis - begründet eine erhebliche karzinogene Belastung des Leberparenchyms und ist damit eine Voraussetzung für die Entstehung des primären hepatozellulären Karzinoms. * Asbest und Dioxin wirken selbst nicht mutagen. Sie stellen sich jedoch, wie andere Arbeitsstoffe auch, als Ko-Karzinogene dar. Sie erhöhen wie auch andere chemische Stoffe - als Arbeitsstoffe oder als Lebensmittelkontaminanten - das Erkrankungsrisiko an verschiedenen Krebslokalisationen. Damit werden insgesamt mehr als 90 % aller Krebserkrankungen primär einer alimentären Ursache zuzuordnen sein. Berücksichtigt wird damit, dass sich das Krebserkrankungsrisiko durch die Risikofaktoren Alkohol, Rauchen, Entzündungen, Hormone, auch durch ko-karzinogene Arbeitsstoffe und Strahlenbelastungen bei bestimmten Lokalisationen erhöht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung stehen nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen aus den internationalen Ernährungs- und Krebsstudien und zu den verschiedenen Studien über die Rolle der Riskofaktoren. Sie geben eine plausible Antwort auf die Frage nach der Ursache der Erkrankungen. 2. Die karzinogenen Mykotoxine Ochratoxin A und Aflatoxine werden durch Lebensmittel außerordentlich (welt-)weit verbreitet. Der Nachweis von Mykotoxinen in Rohstoffen für die Lebensmittelherstellung und in Lebensmitteln ist in der Regel bereits ein Hinweis auf eine nicht ordnungsgemäße Trocknung und Lagerung und auf eine nicht sorgfältige Vermeidung der Verarbeitung verschimmelter Rohstoffe in Lebensmittel, ggf. auch auf Schimmelpilzbefall verbunden mit Toxinbildung. Ungeachtet noch ungeklärter Detailfragen zur Krebsepidemiologie und zum Entstehungsmechanismus der Turmoren sind zur primären Krebsprävention, angesichts der außerordentlich weltweiten Verbreitung der potenten karzinogenen Schimmelpilzgifte - insbesondere Ochratoxin A und Aflatoxine - in Lebensmitteln, Maßnahmen zur Senkung der Kontaminationen unmittelbar begründet. 58 Die Maßnahmen zur primären Krebsprävention erfordern ein gemeinsames Krebsbekämpfungsprogramm des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Bund und Ländern und der Organe und Einrichtungen des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit mit dem Ziel einer konsequenten Senkung und Beseitigung der Ochratoxin A-Kontaminationen in Lebensmitteln, wo immer das lebensmitteltechnologisch möglich ist. Die Senkung der karzinogenen Mykotoxinbelastung der Lebensmittel ist die entscheidende Voraussetzung für die Senkung der Krebsmorbidität. Es gibt keinen gesundheitlich unbedenklichen Kontaminationsgrad, der eine Höchstwertfestsetzung für die karzinogene Belastung von Lebensmitteln zuläßt. Grundsätzlich ist im Rahmen der laufenden Lebensmittelüberwachung die Frage nach dem Ursprung der Mykotoxin-Kontaminationen zu prüfen, um effektive Maßnahmen zu deren Beseitigung ergreifen zu können! Eine gesunde Ernährung versteht sich ent-sprechend selbstverständlich unter Ausschluß der karzinogenen Kontaminanten in den Lebensmitteln! Für die Mykotoxine ist Nulltoleranz zu fordern. Eine wichtige rechtliche Grundlage für die Durchführung der Maßnahmen besteht bereits in den Festlegungen der VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 DER KOMMISSION vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln u. a.. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. 3. Die Maßnahmen zur Senkung der Krebserkrankungshäufigkeit richten sich entsprechend auf die Vermeidung der Kontamination von Lebens- und Futtermitteln durch: * eine „gute Praxis der landwirtschaftlichen Produktion“, * die Kontrolle jener Produktionsabschnitte, in denen durch Schimmelbefall die Mykotoxinbildung erfolgt, als betriebliche Eigenkontrolle kritischer Kontrollpunkte (HACCP - Hazard Analysis by Critical Control Points) und im Rahmen des Lebensmittelüberwachung. Das sind vor allem die Trocknung, Lagerung und Verarbeitung von Getreide und Schalenfrüchten und die Verarbeitungsbedingungen für verschiedene Früchte zu Säften, die Herstellung von Wein und Bier u. a., * den Einsatz moderner Diagnoseverfahren im Rahmen der betrieblichen Qualitätssicherung und in der staatlichen Lebensmittelüberwachung. * die Aussortierung verschimmelter Früchte zum Ausschluss von deren Verwendung zur Lebensmittelherstellung, * die Entfernung von Mykotoxinen aus den Lebensmitteln (Dekontamination) durch lebensmitteltechnologische Maßnahmen, wo immer das möglich ist, insbesondere Fruchtsäften, Traubensaft, Wein, Bier (Malz), Kaffee, Kakao u. a. - und der Futtermittel! - z. B. durch Adsorption an Aktivkohle, * die Entgiftung im Tierkörper (in situ-Entgiftung) zur Verhinderung der Resorption der Mykotoxine nach der Verfütterung kontaminierter Futtermittel - ggf. durch Zufütterung von Adsorbentien, * die Förderung der Ausscheidung der Mykotoxine zur Vermeidung einer Kumulation im tierischen Organismus, zur Senkung der Mykotoxin-Kontaminationen von Fleisch und Wurstwaren u. a. (Hinweis: Die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zur der Verminderung der Kontaminationen in Lebens- und Futtermitteln können nicht alleine von der Lebensmittelwirtschaft gefordert und erbracht werden!) 4. Die medizinischen Maßnahmen zur Senkung der Krebssterblichkeit richten sich weiterhin auf: * die gesundheitliche Aufklärung, * die Früherkennung der Krebserkrankungen, * die standardgerechte Therapie und deren Weiterentwicklung mit dem Ziel der Verminderung der Nebenwirkungen und Folgen der Chemotherapie und der Operationen und * die Nachsorge. 59 5. Weiterer Forschungsbedarf in der angewandten medizinischen Forschung besteht u. a.: * insbesondere hinsichtlich der epidemiologischen Bedeutung der karzinogenen, neurotoxischen, immuntoxischen Mykotoxine und ihrer Bedeutung bei der Entstehung der verschiedenen Krebserkrankungen - und anderer Krankheiten (z. B.: Allergien, Alzheimer, Arteriosklerose, Arthrose u. a.) ; - * bei der Anwendung moderner diagnostischer Methoden für den Nachweis von Mykotoxinen zur Feststellung der Mykotoxinbelastung in Körperflüssigkeiten und Gewebeproben und Schaffung diagnostischer Voraussetzungen in den medizinischen und Laboratorien; * bei der weiteren Klärung des Verhaltens der Mykotoxine als Karzinogene (Aflatoxine, Ochratoxin A, Patulin u. a.) im menschlichen Organismus (Blut, Muttermilch, Urin, Galle, Sperma, Speichel, Gewebe u.a.), ihrer Resorption und Ausscheidung; * zum Nachweis der Toxikokinetik des Karzinogens in menschlichem Gewebe und in den Körperflüssigkeiten; * zur Möglichkeit der Entgiftung belasteter Patienten z. B. durch Adsorption, Abbau und/oder Ausscheidung der Karzinogene; * über die Möglichkeit einer Verhütung der Übertragung des Karzinogens auf den Säugling; * über die Möglichkeiten und über die Wirksamkeit von Schutzimpfungen. 6. Die Einführung der HPV-Schutzimpfung wird zur Verhütung der virusbedingten Läsionen an der Portiooberfläche führen. Damit werden auch die dadurch induzierten zusätzlichen Zervixkarzinome zu verhüten sein. Mit 300 erforderlichen Impfungen zur Verhütung eines Zervixkarzinom-Erkrankungsfalles wird der Aufwand unverhältnismäßig hoch sein. Für eine Verhütung aller Zervixkarzinome durch die Impfung gibt es bislang noch keinen Beweis. Der Erfolg der Impfmaßnahme ist noch nicht abzusehen. 7. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst, den Lebensmittelaufsichtsämtern und den Lebensmitteluntersuchungsstellen in allen Bundesländern ist erforderlich, um ein koordiniertes Handeln zur Erkennung und Beseitigung der Krebsursachen und eine wirksame Prävention sicherzustellen. Eine schnelle Lösung des Problems ist nicht zu erwarten. 60 17. Zusammenfassung: Mykotoxine sind die Ursache der Krebserkrankungen Mykotoxine - insbesondere Ochratoxin A und Aflatoxine - sind potente Karzinogene mit einer außerordentlich weltweiten Verbreitung. Als Kontaminanten in Lebensmitteln sind sie nach der epidemiologischen Untersuchung die Ursache der Krebserkrankungen an allen Lokalisationen. Das Karzinogen wird mit der Nahrung aufgenommen, gelangt über die Blutbahn in alle Organe. Die Zellen nehmen das Karzinogen aus der Blutbahn oder aus den Körperflüssigkeiten aktiv auf. Es kumuliert im Gewebe infolge einer sehr langen Halbwertzeit. Für die Wirkungen des Karzinogens gibt es keinen Schwellenwert. Toxische Wirkungen werden bei den bestehenden Belastungen in der Regel nicht erreicht. Allerdings werden sie auch weder vermutet noch diagnostiziert. Es geht somit nicht um ein primär toxikologisches Problem. Die in zahlreichen Studien ausgewiesenen Risikofaktoren sind nicht die Ursache der Krebserkrankungen. Sie führen als begünstigende Faktoren zu einer Zunahme der Belastung an verschiedenen Lokalisationen, so Alkohol, das Rauchen, die Hormontherapie, bakterielle und Virusinfektionen (z. B. Helicobacter pylori, HPV, Virushepatitis), die Sonneneinstrahlung u. a.. Alkohol ist zugleich ein bedeutender Risikofaktor - infolge besserer Löslichkeit und Resorption des Karzinogens - und kontaminiertes Lebensmittel (z. B. Wein und Bier). Ärztliche Empfehlungen zum Weinoder Biertrinken zur Gesundheitsförderung sind nicht angebracht. Bei der Hormonbehandlung der postmenopausalen Störungen sind die Empfehlungen der medizinischen Fachgesllschaften zu beachten. Es besteht kein Widerspruch zwischen den Ergebnissen der epidemiologischen Untersuchung und den Feststellungen aus den internationalen Ernährungs- und Krebsstudien. Es besteht weiterer dringender Forschungsbedarf zu Fragen der Epidemiologie, Prävention, Diagnostik und Therapie. Die Medizin muß die Epidemiologie der Krebskrankheiten und die Rolle der „Risikofaktoren“ weiter erforschen, die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen für die Diagnostik und Therapie und die Anforderungen an den gesundheitlichen Verbraucherschutz und an die Lebensmittelsicherheit zur Gewährleistung der Prävention formulieren. Ungeachtet noch ungeklärter Detailfragen zur Krebsepidemiologie und zum Entstehungsmechanismus der Tumoren sind zur primären Krebsprävention, angesichts der außerordentlich weltweiten Verbreitung der potenten karzinogenen Schimmelpilzgifte - insbesondere Ochratoxin A und Aflatoxine - in Lebensmitteln, Maßnahmen zur Senkung der Kontaminationen unmittelbar begründet. Eine wichtige rechtliche Grundlage für die Durchführung der Maßnahmen besteht bereits in den Festlegungen der VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 der KOMMISSION vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln u. a.. Sichtbarer Schimmelbefall ist in jedem Fall als gesundheitsschädlich zu beurteilen. Verschimmelte Rohstoffe sind grundsätzlich aus hygienischen Gründen zur Lebensmittelherstellung nicht zuzulassen! Die Kontamination von Lebensmitteln mit Mykotoxinen ist durch lebensmittel-technologische Maßnahmen zu senken, wo immer dafür Möglichkeiten bestehen, insbesondere in Trauben- und Fruchsäften, Bier (Malz) und Wein, Kaffee, Trockenfrüchten und Nüssen, Getreidefrüchten, auch in Futtermitteln u. a.. Erforderlich ist eine Qualifizierung der Lebensmittelüberwachung und Weiterbildung der Kontrolleure. Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, den Lebensmittelaufsichtsämtern und den Lebensmitteluntersuchungsstellen in den Ländern ist erforderlich, um ein koordiniertes Handeln zur Beseitigung der Krebsursachen sicherzustellen. Die gemeinsam durchzuführenden Maßnahmen sind darauf zu richten, die Belastung der Bevölkerung mit den karzinogenen Mykotoxinen in den Lebensmitteln zuverlässig zu erkennen und strikt zu senken. 61 18. Anhang / Quellen (Das „Kleingedruckte“ soll zugleich Quellennachweis und zusätzliche Information über ausgewählte Publikationen und Meldungen sein. Es soll Assoziationen wecken und Einblicke in die aktuellen Diskussionen über die Probleme geben.) Pilze und Mykotoxine - Stiefkinder der Humanmedizin? Zeitung für Umweltmedizin, 1993 / Nr 1 / S.6 / (Quelle: nach Costantini) Eine Reihe von Wissenschaftlern, angeführt von Prof. Dr. Antonio V. Costantini, ist sich sicher, daß die giftigen Pilzprodukte die Pathogenese vieler Erkrankungen in weit größerem Ausmaß beeinflussen, als bislang angenommen wird. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erschien diese Gefärdung real. Sie bildete eine Arbeitsgruppe "Mykotoxine in Nahrungsmitteln". Pilze und Mykotoxine sind Stiefkinder der Humanmedizin: Veterinäre verfaßten die Mehrzahl der Studien zu diesem Thema. Tierärzten und Landwirten sind Erkrankungen durch verschimmeltes Futter schon lange bekannt. Viele Beobachtungen der Tiermediziner weisen auf die pathologische Potenz der Mykotoxine hin. Ein Geflügelmassensterben führte 1961 auf die Spur der Giftstoffe. Truthähne hatten mit Aflatoxinen verseuchtes Getreide erhalten. Krokodile einer Tierfarm in den USA erkrankten an Gichtarthritis, nachdem sie mit Hühnern gefüttert worden waren, die an einer Mykotoxinvergiftung verendet waren. Auch bei Pferden läßt sich mit fauligem Stroh eine Gichtarthritis provozieren. Längst abgesicherte Studienergebnisse liegen für die Wirkung der Mykotoxine bei der Karzinogenese vor. So ist der Zusammenhang zwischen Aflatoxinen und Lebertumoren lange belegt. Aber auch bei anderen Tumoren spielen Mykotoxine möglicherweise eine Rolle, wie das Cyclosporin bei der Lymphom-Entstehung. Albert, U.-S., Schulz, K.- D. / Universität Marburg Mammographie-Screening ist kein Synonym für Brustkrebs-Früherkennung Berliner Ärzte, 8/2004 Brustkrebs-Früherkennung ist ein umfassendes Gesamtkonzept frauenspezifischer Gesundheitsversorgung. Mammographie im Sinne einer ausschließlichen Röntgen-Reihenuntersuchung wird als nicht mehr zeitgemäße Form einer mechanistischen Fließbandmedizin beschrieben, die nicht die notwendige Risikoberatung einschließt und auf eine ärztliche Begleituntersuchung verzichtet. Neben der Mammographie gehören zur qualitätsgesicherten Früherkennung außerdem Risikoberatung, Anleitung zur Selbstuntersuchung, klinisch-ärztliche Untersuchung, apparative Zusatzdiagnostik bei unklaren Mammographiebefunden, interventionelle Gewebeentnahmetechniken, operative Abklärung und schließlich pathohistologische Befundung. Alexander, R. B.; Propert, K. J.; Schaeffer, A. J. et. al. Ciprofloxacin or tamulosin in men with chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome. A randomized, doubled-blind trial. Ann. Inten Med 2004; 141; 639-640. ref. in Deutsches Ärzteblatt, 101, C 2752 Die Ursache der chronischen Prostatitis und wirksame Behandlungsmöglichkeiten sind unbekannt. Oft wird eine bakterielle Entzündung vermutet und die Behandlung mit Antibiotika versucht. In einer Doppelblindstudie wurden 49 Patienten mit Ciprofloxacin und dem Alpha-Blocker Tamsulosin und Placebo behandelt. Die Patienten litten im Mittel bereits 6 Jahre an der chronischen Prostatitis. Bei keinem der Therapiesysteme besserte sich die Symptomatik, gemessen mit dem NIH-Chronic Prostatitis Symptom Index (NIH-CPSI). Mit dem Index wurden verschiedene Beschwerden und Einschränkungen der Lebensqualität erfaßt. Amézqueta, Susana; González-Peñas, Elena; Murillo-Arbizu, María; López de Cerain, Adela / University of Navarra, C/ Irunlarrea s/n 31008 Pamplona, Navarra, Spain Ochratoxin A decontamination: A review Food Controll 20 (2009) 326-333 Ochratoxin A ist ein toxischer Metabolit, der von verschiedenen Aspergillus und Penizilliun-Arten produziert wird. Es kann als Kontamionante in verschiedenen Lebensmitteln vorkommen. Zulässige Höchstwerte wurden in der EU und in anderen Regionen festgelegt. Von den Methoden zur Verhütung der Contaminationen erweisen sich die vor der Ernte durchgeführten Maßnahmen am wirksamsten. - Verwiesen wird zur Verminderung des Pilzbefalls auf die "gute landwirtschaftliche Praxis. During harvest, the use of clean farming equipment, mechanical damage prevention and overripe or fermented fruits discard are convenient practices." Nach der Ernte zeigt sich die Lagerung am kritischsten. Umweltbedingungen, insbesondere Feuchtigkeit und Wärme sind gut zu kontrolliern. Detoxifikation und Produkte mit einem Schutzeffekt gegen toxische Wirkungen ist ebenfalls umrissen. Amman, Dr. A. (RKI) , Bräunig, Dr. J. (Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz) Lebensmittelbedingte Erkrankungen in Deutschland Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 01/2002 62 Die Salmonellose ist mit über 70.000 Meldungen weiterhin die am häufigsten registrierte lebensmittelbedingte Erkrankung, aber seit 1992 stark rückläufig (Meldungen Stand 31.12.2001: 77.186). Als Ursachen für den Rückgang der Zahlen werden die verbesserte Kontrolle von Eiern durch die Hühnereiverordnung von 1994, aber auch das Nachlassen der Untersuchungsbereitschaft von Erkrankten angesehen. Mit Salmonellen belastet waren im Jahr 2000 insbesondere Geflügelfleisch, aber auch Fleischteilstücke von Rind, Kalb und Schwein. Das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz - LMBG) stellt das Dachgesetz des deutschen Lebensmittelrechtes dar. Die Verantwortung für die amtliche Lebensmittelüberwachung obliegt den zuständigen Ministerien der Bundesländer, wobei je nach Land unterschiedliche Ressorts mit diesen Aufgaben betraut sein können. Die in diesen Behörden beschäftigten Veterinäre, Lebensmittelchemiker, Chemiker und Lebensmittelkontrolleure haben die Berechtigung, Betriebsbesichtigungen vorzunehmen, Proben für die Laboruntersuchungen zu entnehmen und in Fällen von gravierenden Verstößen mit unmittelbarer Gefahr für den Verbraucher auch Betriebsschließungen zu veranlassen. In der Regel führen Staatliche Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter der Länder Laboruntersuchungen amtlich entnommener Lebensmittelproben durch. Neben der Routineuntersuchung ist vom Gesetzgeber gemäß LMBG ein Lebensmittel-Monitoring-System zur Untersuchung auf gesundheitlich unerwünschte Stoffe, wie Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle und Mykotoxine vorgegeben. Die in den Untersuchungseinrichtungen der Länder ermittelten Ergebnisse aus diesem Monitoring werden vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) aufbereitet, zusammengefasst, bewertet und veröffentlicht. aokin AG, / Robert-Rössle-Str. 10, 13125 Berlin Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest März 2009 In einem Labortest hat die aokin AG ein innovatives Verfahren zur Spurenanalytik - "rapid kinetik assay" vorgestellt, mit dem Mykotoxine nachgewiesen werden können. Das Verfahren basiert auf der Bestimmung der Reaktionskinetik eines Analyten mit spezifischen Antikörpern. Die Reaktion wird in Lösung durchgeführt, als Messgröße wird polarisierte Fluoreszenz genutzt. Es handelt sich um ein Schnellverfahren mit dem in 15 Minuten einschließlich der Probenvorbereitung der Nachweis erfolgt. Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist mit 0,1 µg/kg angegeben. - Im Labortest erfolgte die Dekontamination von Rotweinproben durch die Adsorption des Karzinogens an Aktivkohle. Der Test bestätigte die prinzipielle Möglichkeit der Entgiftung von flüssigen Lebensmitteln im Rahmen einer entsprechenden Herstellungstechnologie. Das vorgestellte Verfahren eignet sich als Kontrolltest für die betriebliche Qualitätssicherung (HACCP) zur Wareneingangskontrolle und zur Kontrolle der Produktqualität ebenso wie für die staatliche Lebensmittelkontrolle. Aretz, Dr. Stefan; Propping, Prof. Dr. med. P.; Nöthen, Prof. Dr. med. Markus M. / Institut für Humangenetik, Universität Bonn / Abteilung für Genomik, Forschungszentrum Life & Brain, Bonn Indikationen zur molekulargenetischen Diagnostik bei erblichen Krankheiten Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 9 / 3. März 2006 / S. C-453 Die Autoren beschreiben den festen Platz der Molekulargenetik bei der Aufklärung von Krankheitsursachen. Sie gewinnt in der medizinischen Diagnostik immer mehr an Bedeutung. Sie unterscheidet sich in wichtigen Aspekten von anderen Laboruntersuchungen und bedarf hinsichtlich Interpretation und Befundvermittlung eines spezifisch humangenetischen Fachwissens. Die Hauptanwendungsgebiete der molekulargenetischen Diagnostik in der medizinischen Genetik bestehen in der Differenzialdiagnostik, Heterozygotendiagnostik, Pränataldiagnostik und prädiktiven Diagnostik bei monogen erblichen Krankheiten. Die molekulargenetische Laboruntersuchung erfordert eine klare Indikation. Wegen der potenziell weit reichenden Konsequenzen eines genetischen Befundes sollte jede pränatale und prädiktive genetische Diagnostik nur nach humangenetischer Beratung erfolgen. Bei multifaktoriellen Erkrankungen hat die molekulargenetische Diagnostik derzeit noch keine wesentliche praktische Bedeutung. Es wird ein Erkrankungsrisiko für genetisch (mit-)bedingte Krebserkrankungen (Erblicher Eierstockskrebs 30 - 40 %, Erblicher Brustkrebs 40 - 80 %, Erblicher Darmkrebs 70 - 80 %) angegeben. Die Manifestation beginnt nach dem 25.Lebensjahr. Arndt, V., Bochmann, R., Hohmann, S., Naumann, C., Ponto, K., Seibt, A. Karzinogenität beruflicher Cadmium- und Arsenexposition - Erste Ergebnisse der Saxonia-Studie Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 62 (2002) Nr. 4, S. 159 - 163 In der Epidemiologie wird seit den 70er Jahren ein erhöhtes Krebsrisiko beim beruflichen Umgang mit Cadmium und seinen Verbindungen diskutiert. Neben einem erhöhten Lungenkrebsrisiko werden auch Hinweise auf einen Zusammenhang mit Pankreas-, Prostata-, Nieren-, Brust- sowie Blasenkrebs beschrieben, allerdings sind die vorliegenden Ergebnisse nicht einheitlich. Cadmium und seine Verbindungen wurden von der International Agency for Research on Cancer (IARC) 1993 als krebserzeugend für den Menschen (Gruppe 1) bewertet. Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher 63 Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Cadmium und seine Verbindungen in die Kategorie K 2 (Stoffe, die als krebserzeugend für den Menschen angesehen werden sollten) eingestuft. Derzeit wird eine Umgruppierung in die neue Kategorie K 4 (Stoffe mit krebserzeugender Wirkung mit keinen bzw. geringen genotoxischen Effekten) diskutiert. In einer Meta-Analyse von Bochmann et. al. konnte ein Zusammenhang zwischen Cadmiumexposition und erhöhtem Krebsrisiko nicht bestätigt werden. Es zeigte sich außerdem, dass in den entsprechenden Studien berufliche und außerberufliche Confounder häufig nicht berücksichtigt wurden. Neben Nickel, Asbest und Zigarettenrauchen wird hierbei insbesondere eine mögliche Überlagerung durch arsenbedingte Effekte diskutiert. Bader, M.; Hecker, H.; Wrbitzky, R. / Abteilung Arbeitsmedizin (Direktorin: Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky), / Abteilung Biometrie (Komm. Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Hartmut Hecker), Medizinische Hochschule Hannover Querschnittsstudie zur ernährungs- und tabakrauchbedingten Belastung mit Acrylamid Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 39 / 30. September 2005 Mögliche Gesundheitsgefahren durch krebserzeugendes Acrylamid in der Nahrung werden seit mehreren Jahren wissenschaftlich diskutiert. In einer Querschnittsstudie wurden Blutproben von 395 Probanden aus der Allgemeinbevölkerung auf „Hämoglobinaddukte" des Acrylamids untersucht und zusammen mit demographischen Daten sowie Angaben zum Ernährungs- und Rauchverhalten ausgewertet. Bei mehr als 80 Prozent der Studienteilnehmer wurde eine Acrylamidbelastung im Blut nachgewiesen. Dabei zeigten Raucher mit durchschnittlich 1,5 ug Addukt pro Liter Blut etwa viermal höhere Werte als Nichtraucher (0,4 ug/L). Ein Zusammenhang zwischen der Acrylamidbelastung und dem Ernährungsverhalten konnte nicht festgestellt werden. Bei Probanden, die häufig stark belastete Nahrungsmittel verzehren, wurde eine tendenziell, statistisch jedoch nicht signifikant erhöhte Adduktkonzentration beobachtet. Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass die nachgewiesene Grundbelastung nicht ausschließlich nahrungs- oder tabakrauchbedingt ist. Schätzungen zur täglichen Acrylamidaufnahme aus Lebensmitteln und des daraus resultierenden Krebsrisikos durch reine Modellrechnungen sollten beim aktuellen Kenntnisstand kritisch gesehen werden. Baillargeon J et al. The association ofbody mass Index and prostate-specific antigen in a populationbased study. Cancer 103 (2005) 1092-1095 Studien lassen vermuten, dass bei Männern mit Prostatakarzinom Fettleibigkeit mit einem weiter fortgeschrittenen Krebs und geringeren Überlebenschancen einher geht. Bislang hat man aber Zusammenhänge zwischen BMI und PSA-Spiegel noch kaum untersucht. In Texas wurde das jetzt genauer abgeklärt. Zwischen 2001 und 2004 wurden in einer bevölkerungsbasierten Studie 2770 Männer ohne bekanntes Prostatakarzinom entsprechend ihrem BMI in fünf Gewichtsklassen eingeteilt: Normal- und Untergewichtige (unter 24,9 kg/m2), Übergewichtige (25,0 bis 29,9 kg/m2), Fettleibige der Klasse I (30,0 bis 34,9 kg/m2) Fettleibige Klasse II (35,0 bis 39,9 kg/m2) und Fettleibige Klasse III (BMI über 40,0 kg/m2). Der durchschnittliche PSA-Spiegel (1,3 ng/ml für die gesamte Studienkohorte) nahm linear mit zunehmender BMIKategorie ab. Nach Bereinigung der Daten hinsichtlich ethnischer Zugehörigkeit und Alter bedeutete dies einen Rückgang des PSA-Durchschnittswerts von 1,01 ng/ml bei den Normal/Untergewichtigen auf einen Wert von 0,69 ng/ml bei den Fettleibigen der Klasse III. Als mögliche Erklärung für diese Beobachtung wird angeführt, dass niedrigere Androgen- und höhere Östrogenspiegel bei den fettleibigen Männern die PSA-Produktion beeinflussen könnten. Dabei könnte aber die Entstehung eines Prostata-karzinoms verschleiert werden - ein beunruhigender Gedanke bei den vielen Übergewichtigen in den USA. Vielleicht sollte man bei Fettleibigen die PSA-Werte vorsichtiger interpretieren. Baltzer, Prof. Dr. J. (Krefeld); Meerpohl, Prof. Dr. H.-G.(Karlsruhe) und Bahnsen, Prof. Dr. J. (Stendal) / Herausgeber und Coautoren Praxis der gynäkologischen Onkologie Georg Thieme Verlag, Stuttgart - New York, 2. Auflage, 2000 Das Zervixkarzinom ist weltweit das zweithäufigste Karzinom der Frau. In Europa und in den USA ist in den letzten 20 Jahren ein ständiger Rückgang zu beobachten. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung liegt mit dem Maximum zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr. Das Erkrankungsmuster des Zervixkarzinoms folgt dem einer sexuell übetragbaren Krankheit. Das Papillomavirus ist der wichtigste Risikofaktor. Zervixkarzinome werden nicht bei Frauen ohne sexuelle Kontakte beobachtet. Auch Nikotinabusus wird als möglicher disponierender Faktor gesehen. Zervixkarzinome können im originären Plattenepithel, im Zylinderepithel der Zervix und in der Zervixschleimhaut entstehen. Histologisch werden Plattenepithelkarzinome (90 %) und Adenokarzinome (10 %) unterschieden. Das Zervixkarzionom entwickelt sich über Vorstadien zum infiltrierenden Karzinom. Früh- und Vorstadien des Zervixkarzinoms betreffen bei jungen Frauen vorwiegend die Portiooberfläche und sind bei älteren und alten Frauen zumeist endozervikal lokalisiert. 64 Basler, B. / Prof. Dr. / Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn Wissenschaft und Umweltpolitik zum Schutz vor krebserzeugenden Stoffen Kolloquium Krebserzeugende Stoffe in der Umwelt, Mannheim 23. bis 25. April 1991 Das von kanzerogenen Stoffen in der Umwelt ausgehende mögliche Risiko steht in der Umwelt- und Gesundheitsdiskussion ganz im Vordergrund, obwohl epidemiologische Studien dafür sprechen, dass die Krebssterblichkeit der Bevölkerung nur zu einem geringen Anteil auf Belastungen durch Chemikalien in der Umwelt zurückzuführen ist. Zwei Drittel aller in unserer Wohlstandsgesellschaft beobachteten Krebserkrankungen können auf die heute üblichen Ernährungsgewohnheiten (35 %) und das Rauchen (30 %) zurückgeführt werden. Hormonelle Einflüsse und Sexualverhalten sollen die Ursache für 7 % der Krebsfälle sein, übermäßiger Alkoholgenuß für 3 %. Die Tumorinzidenz, ausgelöst durch kanzerogene Noxen am Arbeitsplatz, beträgt 4 %; geophysikalische Faktoren sind für 3 % verantwortlich und Medikamente für weitere 1 %. Kanzerogenen Chemikalien in der Umwelt (Luft- und Wasserverschmutzung) schreibe man ca. 2 % zu. Die zuletzt genannte, relativ gesehen niedrige Prozentzahl, erstaune umso mehr, wenn man die Anzahl der in den letzten Jahrzehnten in die MAK-Liste aufgenommenen Stoffe betrachtet. Während die Zahl der Stoffe, die beim Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste zu verursachen vermag, nahezu konstant blieb, stieg die Zahl der nur im Tierversuch krebserzeugend wirkenden und der unter Verdacht stehenden Stoffe exponential an. Toxikologen erklärten die hohe Trefferquote im Tierexperiment zunächst mit der gezielten Suche nach verdächtigen Substanzen. Ames und Mitarbeiter führen die erstaunlich hohe Rate, mit der sich Testsubstanzen im Tierversuch als kanzerogen erweisen auf die derzeit gehandhabten Versuchsbedingungen von Kanzerogenitätsstudien zurück. In einem lege artis durchgeführten Versuch wird Versuchstieren eine nahezu toxische Dauerdosis verabreicht. Diese extreme Belastung führt zu chronischen Veränderungen des Stoffwechsels, zu Reizungen und Entzündungen. Es komme zum Absterben einzelner Zellen und zu wiederholten Zellteilungen, um abgestorbene Zellen zu ersetzen. Diese chronischen Zellteilungen aber tragen wesentlich zum Alterungsprozeß der Zellen bei und können die spontane und induzierte Mutationsfrequenz aus folgenden Gründen erhöhen: - Eine in Teilung befindliche Zelle trägt ein wesentlich höheres Risiko, durch chemische Mutagene geschädigt zu werden, als eine ruhende Zelle. - Mutationen werden nicht nur durch exogene Noxen verursacht. Auch infolge metabolischer Prozesse, z. B. bei der Umsetzung von Sauerstoff, bei der DNA-schädigende Oxidantien anfallen, werden Mutationen ausgelöst. Es wird geschätzt, dass die Zahl der pro Körperzelle des Menschen täglich gesetzten DNA-Schäden ca. 10.000 beträgt. Säugerzellen besitzen jedoch Mechanismen (u. a. Excisions-Reparatur), um DNA-Schäden wieder rückgängig zu machen. Die induzierten Schäden werden zwar effektiv repariert, jedoch auch verstärkt Zellteilungen ausgelöst, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Vielzahl von Tochterzellen entstehen, die Mutationen aufweisen. - Diese Mechanismen (degenerative Schädigung des Gewebes, chronische Zellteilung, Alterungsprozesse der Zellen sowie Manifestation und Erhöhung der spontanen Mutationsfrequenz) können letztendlich zur Tumorentstehung führen. Andererseits sei daraus der Schluß zu ziehen, dass zahlreiche Chemikalien nicht krebserzeugend wirken, wenn sie in nicht-toxischen Konzentrationen verabreicht werden. Bastian, P.J.; Waha, A.; Müller, S. C.; Rücker, A.v. Epigenetische Veränderungen in der Karzinogenese des Prostatakarzinoms Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 27, S. C-1588 An der Tumorentstehung sind multiple molekulare Veränderungen beteiligt. Epigenetische Veränderungen spielen eine zentrale Rolle. Wichtige epigenetische Modifikationen in Tumoren sind die Hypermethylierung der DNA, die damit verbundene veränderte Chromatinstruktur und die genomweite Hypomethylierung. Beim Prostatakarzinom, der häufigsten malignen Erkrankung bei Männern, wurden DNA-Hypermethylierungen im Promotorbereich mehrerer Gene beschrieben. Sie sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand kausal mit der Krankheitsentstehung verknüpft. Bauer, Prof. K. H. / Heidelberg Chemotherapie der malignen Tumoren Z. Ärztliche Fortbildung 1949, S. 331 Auf der 55. Tagung der "Deutschen Gesellschaft für innere Medizin" 1949 in Wiesbaden referierte Prof. Bauer über die Krebstherapie mit künstlich erzeugten radioaktiven Stoffen und über die Chemotherapie mit mutativ wirkenden und mitosehemmenden Stoffen. Bauer sprach von der Mutationstheorie, die von ihm 1924 erstmals entwickelt und in den folgenden Jahren ständig erweitert wurde. Die Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle geschieht durch einen Vorgang, der die Zelle nicht abtötet, ihren Teilungsmechanismus nicht schädigt, ihr neue Eigenschaften verleiht, die auf die Tochterzellgenerationen weiter vererbt werden. Er sprach davon, dass alle Einwirkungen, die Mutationen auslösen, auch Krebs erzeugen. 65 Bauer stellte die Frage: Was passiert, wenn man einen solchen Stoff auf das Krebsgewebe einwirken läßt? Man könnte erwarten, dass diese Stoffe, wenn sie normale Zellen in Krebszellen verwandeln, auch eine Wirkung auf die Krebszellen haben müssen. 1934 brachte er in der Heidelberger Klinik Benzpyren auf spontan entstandenes Krebsgewebe und hat damit von 22 teilweise fortgeschrittenen Fällen von Hautkrebs 7 Fälle klinisch zur Heilung gebracht. Er kommt zu dem Schluß, Benzpyren wirkt auf Krebs heilend. Er bezeichnet das als Karzinokolyse. Weitere Untersuchungen wurden mit Arsen, Urethan und Lost durchgeführt. Auch damit wurden positive Ergebnisse erreicht. Diese Ergebnisse sollten niemals Anlaß sein, auf die Operation bei noch operablen Fällen zu verzichten. Bauer, J. und Gareis, M. / Institut für Medizinische Mikrobiologie, München Ochratoxin A in der Nahrungsmittelkette J.Vet.Med. B 34, 613 - 627, (1987) 1987 publizierten die Autoren die Ergebnisse einer 5-jährigen Studie über das natürliche Vorkommen von Ochratoxin A in Zerealien und Mischfutter. Weiterhin wurde untersucht, inwieweit Ochratoxin A-Rückstände in Schlachtschweinen und im Menschen zu finden sind. Ochratoxin A wurde in den Proben pflanzlicher und tierischer Herkunft und in dem vom Menschen stammenden Material gefunden. Der häufige Nachweis von Ochratoxin A in Blutseren vom Menschen, in Nieren und Muttermilch weisen auf eine kontinuierliche Aufnahme über Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft hin. Die Befunde geben hinreichend Anlaß, ein Monitoring-Konzept zu entwickeln und eine Höchstmengenbegrenzung festzulegen. Bei der Untersuchung von 984 Proben Zerealien (Gerste, Hafer, Weizen, Mais) und Futtermitteln (Mischfutter) betrug die Anzahl der positiven Proben 127 (12,9 %). Die mittlere Konzentration betrug 10,3 µg/kg. Der höchste Wert wurde mit 206,0 µg/kg in Gerste gefunden. 21,2 % der am Schlachthof München gesammelten Schweinenieren wiesen Ochratoxin A-Rückstände auf. Es wurden Höchstgehalte bis 1,7 µg/kg bestimmt. In den pathologisch-anatomisch veränderten Nieren aus Dänemark wurden Konzentrationen bis 195,5 µg/kg gefunden. Nahezu die Hälfte der Serumproben (48,7 %) von Schlachtschweinen enthielten Ochratoxin A. Gehalte > 1,0 µg/kg (Höchstwert 67,3 µg/l) wurden in 41 von 191 geprüften Seren festgestellt. Im Probenmaterial menschlichen Ursprungs wurde Ochratoxin A sowohl im Nierengewebe und Blutserum als auch in Muttermilch gefunden. - Von 46 Nieren wiesen 3 Werte zwischen 0,1 und 0,3 µg/kg auf. - Von 306 Blutproben waren 56,5 % positiv. 15 Proben enthielten Konzentrationen zwischen 1,0 und 14,4 µg/l. - 4 von 36 Muttermilchproben enthielten Ochratoxin A zwischen 0,017 und 0,030 µg/l. Das Fazit: Die erhobenen Befunde in der Nahrungsmittelkette bis zur Muttermilch zeigen, dass diesem Toxin aus lebensmittel- und futtermittelhygienischer Sicht eine Bedeutung zukommt, die durchaus der von Aflatoxin vergleichbar ist. Die bei Mensch und Schwein gefundenen Ochratoxin A-Gehalte könnten vorschnell als gering und damit als unbedeutend verkannt werden. Verwiesen wird neben der Nephrotoxizität auf hepatotoxische, teratogene, immunsuppressive und karzinogene Eigenschaften. Wird der ADI-Wert bei der Risikoabschätzung des Lebensmittels "Muttermilch" zugrunde gelegt, so überschreiten die in der Studie gefundenen Werte die tolerierbare Grenze. Wegen der vielfältigen toxischen Wirkungen, vor allem bei chronischer Exposition, als unterstützender Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Erkrankungen (z. B. chronische Nephropathien, Immunschwäche, Tumorbildung) sollte Ochratoxin A ernst genommen werden. Bauer, Prof. Dr. J. // Lehrstuhl für Tierhygiene, Hohenbachernstraße 15, 85354 Freising. Möglichkeiten zur Entgiftung mykotoxinhaltiger Futtermittel Mh. Vet.-Med. 49 (1994): 175—181 / Gustav Fischer Verlag Jena Untersucht wurde die Entgiftung mykotoxinhaltiger Futtermittel durch chemische, physikalische und biologische Verfahren. In-vitro-Untersuchungen ergaben, daß Aktivkohle die besten adsorbierenden Eigenschaften aufweist. Ein Zusatz von 0,01 % zu einer wäßrigen Ochratoxin-A-Lösung reichte aus, um 96 - 99 % der vorgelegten Toxinmenge (100 ug/L) zu binden. Becker, Prof. Dr. K., Berlin Die Dosis macht das Gift Berliner Zeitung, 5. 3. 2005 Der Autor äußert sich in einer Leserzuschrift zu einem Artikel von Manuel Nitschke „Radon im Wohnzimmer“ (Berliner Zeitung, 10. Februar 2005): Nitschke hatte über eine Verlautbarung des Bundesamtes für Strahlenschutz berichtet. Darin wurde mit dem Hinweis auf die Wichmann-Studie, die mit einem zweistelligen Millionenaufwand in etwa 15 Jahren entstand, quasi als gesicherte Tatsache dargestellt, dass selbst die kleinen natürlichen Radonkonzentrationen, wie man sie in menschlichen Behausungen seit Urzeiten findet, das Lungenkrebsrisiko wesentlich erhöhen. Es wurden Zahlenwerte von rund 3.000 dadurch jährlich bedingten Todesfällen in Deutschland (und etwa 20.000 in der EU) genannt. Diese Annahme, die in der Studie aus lediglich 120 Fällen einer leicht erhöhten Radonkonzentration in Wohnungen abgeleitet wird, ist aus mancherlei Gründen international umstritten. Zu Recht 66 werde in dem Aufsatz die überwältigende Bedeutung des Rauchens für das Lungenkrebsrisiko erwähnt. Da 98 % der männlichen Lungenkrebsfälle Raucher waren, kommt Untersuchungen an nichtrauchenden Frauen im sächsischen Erzgebirge und in China besondere Bedeutung zu. Hier wurde bis zu relativ hohen Radonkonzentrationen von 600 bis l.000 Becquerel pro Kubikmeter keine Erhöhung des Risikos gefunden. Becker hat das heute weltweit angewandte Verfahren zur Radonlangzeitmessung in Gebäuden vor nahezu vier Jahrzehnten entwickelt. Er weist auf dessen begrenzte Genauigkeit hin. - Angesichts der geringen Belastbarkeit der Ergebnisse erstaune ihn der Mut des Umweltministeriums, in einem geplanten Radonschutzgesetz alle international gültigen Empfehlungen und Richtwerte mit 100 Becquerel pro Kubikmeter zu unterbieten. Tatsächlich wird die hier zu Grunde liegende, immer noch verbreitete alte inzwischen sehr umstrittene Hypothese einer linearen Beziehung zwischen Dosis und Wirkung auch bei kleinsten Strahlendosen, womit man zum Beispiel in Deutschland jährlich 2.200 „Röntgentote“ und nach dem Tschernobyl-Unfall jeweils durch Multiplikation großer Bevölkerungszahlen mit sehr kleinen Dosen erschreckende Zahlen „errechnete“, zunehmend durch strahlenbiologische und epidemiologische Befunde widerlegt. Auch hier gelte wohl die klassische Beobachtung von Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift!“ Becker, N.; Eis, D. und Fromme, H. Krebserzeugende Agentien - IARC-Klassifikation, MAK-Einstufung Beyer, A. / Eis. D.: Praktische Umweltmedizin, Springer-Verlag Das Internationale Krebsforschungszentrum in Lyon (International Agency for Research on Cancer, IARC) hat 732 chemische Stoffe nach ihrer karzinogenen Bedeutung bewertet. 55 Stoffe wurden für den Menschen als kanzerogen, 45 Stoffe als für Menschen wahrscheinlich kanzerogen eingestuft. Evidenz der Karzinogenität beim Menschen und im Tierexperiment sowie Gesamtbeurteilung der Humankanzerogenität für die in den IARC-Monographien ausgewerteten Agentien (Stand: 1996): Aflatoxine: Gruppe 1; Ochratoxin A: Gruppe 2B; Patulin: Gruppe 3. Becker, N. und Wahrendorf, J. / Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland 1981 - 1990 3. Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 1998 und Fortschreibung im Internet: www.krebsatlas.de Der Krebsatlas beschreibt die Krebssterblichkeit in Deutschland seit dem Beginn der 50-er Jahre. Risikofaktoren: Es bestehe kein Zweifel an der Rolle des Rauchens als bedeutendstem Einzelrisikofaktor, verantwortlich für etwa 25 - 30 % der Krebserkrankungen der Mundhöhle, der Speiseröhre, des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Harnblase und des Gebärmutterhalses. Die Bedeutung der Ernährungsgewohnheiten wird auf einen Anteil von 20 - 42 % geschätzt. Desweiteren Alkoholkonsum (3 %), berufliche Exposition (4 - 8 %), genetische Faktoren (5 %), Umweltbelastungen (2 %), infektiöse Erreger (5 %). Durch primäre Prävention könnten 36.000 bis 46.000 Krebsfälle durch die Aufgabe des Rauchens vermieden werden. Das betreffe die Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf, Lunge, Blase, Niere. Weitere 10.000 bis 20.000 Fälle könnten durch gesunde Ernährung vermieden werden. Gefordert werden Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und Impfungen. Die secundäre Prävention richte sich auf die Früherkennungsmaßnahmen mit dem Ziel einer deutlichen Senkung der Sterblichkeit. Hierzu gehören Gebärmutterhalskrebs und Brustkrebs. Das Mammographie-Screeningprogramm könne die Sterblichkeit um 25 - 30 % senken. Die Magenkrebsmortalität in Europa ist in Portugal sowie in einigen Ländern Mitteleuropas am höchsten. In den letzten Jahren konnte nachgewiesen werden, dass eine Assoziation zwischen dem Vorliegen einer Infektion mit dem 67 Bakterium Helicobacter pylori und dem späteren Auftreten von Magenkrebs besteht. Zum Teil wurde der geschilderte Wissensstand als Nachweis dafür mißinterpretiert, dass das Agens Helicobacter pylori selbst kausal an der Magenkrebsentstehung beteiligt sei. Tatsächlich konnte jedoch bis heute lediglich gezeigt werden, dass eine vorherige Infektion mit einem erhöhten Magenkrebsrisiko assoziiert ist. Inwieweit das Bakterium selbst an der Karzinogenese beteiligt ist oder lediglich einen Indikator für bisher noch nicht verstandene andere Mechanismen darstellt, ist noch gänzlich ungeklärt. Eine auffällige Häufung der Magenkrebssterbefälle von Männern und Frauen wird im Atlas für die Jahre 1981 1990 in Süddeutschland dargestellt (s. Abb.). Das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs weist die typischen Züge einer übertragbaren Krankheit auf. Welches infektiöse Agens beteiligt sein könnte, blieb zunächst unbekannt. Später gerieten Herpesviren in Verdacht, dann konzentrierte sich die Suche auf bestimmte Papillomviren. Zur Rolle der Papillomaviren wird im Krebsaltlas festgestellt: „Die vergleichsweise hohe Durchseuchung mit Papillomviren bei vergleichsweise niedriger Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs führen allerdings zu dem Schluß, dass zur Entwicklung von Tumoren des Gebärmutterhalses über die Virusinfektion hinaus weitere Kofaktoren erforderlich sind.“ Beckmann, Prof. Dr. Matthias W., Mehlhorn G, Thiel F, Breuel Ch, Fasching P A, Ackermann S / Frauenklinik Universitätsklinikum Erlangen Therapiefortschritte beim primären Zervixkarzinom Deutsches Ärzteblatt | Jg. 102 | Heft 14 ] 8. April 2005 Zur Epidemiologie des Zervixkarzinoms stellen die Autoren fest, dass die Inzidenz von Anfang der 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre mit Einführung der gesetzlichen Krebsfrüherkennnung einen deutlich rückläufigen Trend zeigt und im Jahre 2003 bei 12 bis 14 Fällen pro 100.000 Frauen lag. Circa 80 Prozent der Fälle sind Plattenepithelkarzinome. Der Anteil der Adenokarzinome ist in den letzten 25 Jahren von 10 auf 20 Prozent gestiegen. Ätiologisch für die Krebsentstehung wird eine Infektion mit humanen HochrisikoPapillomviren als gesichert angegeben. Kofaktoren der Tumorentstehung sind Langzeiteinnahme von oralen Kontrazeptiva, Zahl der Geburten oder erworbene Immunschwäche. Als weitere Tumorpromotoren werden das Rauchen und Genitalinfektionen mit unterschiedlichsten Erregern diskutiert. Behrends, S Späte Anerkennung für einen Querdenker - Krebs ist eine Stoffwechselentgleisung, sagte Otto Warburg bereits 1924. Nun zeigt sich, dass er vielleicht Recht hatte. Berliner Zeitung, 11./12. 2. 2006 1970 starb der berühmte Physiologe, der am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin-Dahlem tätig war, im Alter von 86 Jahren. Bis ins hohe Alter soll er von seiner Idee überzeugt gewesen sein: Ihr zufolge unterscheiden sich Krebs4zellen durch eine schwächere Zellatmung von gesunden Zellen. 1923 formulierte er diese Theorie, die als Warburg-Hypothese bekannt ist. Warburg nahm an, dass die Stoffwechselveränderungen in Krebszellen nicht nur Symptom, sondern Ursache des aggressiven Wachstums von Tumorzellen seien. Bis in die 1970er-Jahre hinein war seine Behauptung umstritten. Dann geriet sie mit dem Aufkommen von neuen Theorien in Vergessenheit. Schott, H. Otto Heinrich Warburg (1883-1970) in: Die Chronik der Medizin, Chronik Verlag, 1993 Warburg war Arzt und Biochemiker, seit 1918 Professor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem, ab 1931 Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Zellphysiologie. Nobelpreisträger 1931 „für die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments.“ Rückblickend auf sein Lebenswerk stellte Warburg 1967 noch einmal fest: „Alle normalen Körperzellen decken ihren Energiebedarf aus der Sauerstoffatmung, die Krebszellen alleine können ihren Energiebedarf aus einer Gärung decken ...“ - Otto Warburg starb 1970 in Berlin. Was Warburg bereits beobachtet hatte, war die Tatsache, dass Tumorzellen ihre Energie hauptsächlich aus einem als Gärung bezeichneten Stoffwechselvorgang gewinnen - und nicht, wie gesunde Körperzellen, aus der Zellatmung. Beiden Stoffwechselwegen gemeinsam ist der Abbau von Traubenzucker im Rahmen der so genannten Glykolyse. Obwohl sie nie als bestätigt galt, war die Warburg-Hypothese auch in den letzten Jahrzehnten nicht ganz ohne Anhänger. Ihrer Ansicht nach lassen sich alle Arten von Tumoren allein mit Hilfe einer Sauerstofftherapie oder einer strikten Diät bekämpfen. 68 Berberat, Dr. P.; Büchler, Prof. Dr. Dr. h. c. M.W.; Friess, Prof. Dr. H.; Kleeff, Dr. J.; Singer, Dr. R. Chirurgische Klinik, Universität Heidelberg Bauchspeicheldrüsenerkrankungen Patienteninformation, Chirurgische Klinik, Uni Heidelberg Als Europäisches Pankreaszentrum informiert die Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie die Patienten über Pankreaserkrankungen: Die Ursachen des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind zur Zeit nicht bekannt, jedoch ist bei einigen Patienten eine Verbindung mit dem Rauchen anzunehmen. Am häufigsten entsteht der Bauchspeicheldrüsenkrebs im Kopf der Drüse aus den Gangzellen. Insbesondere sind Patienten über 60 Jahre betroffen, an Bauchspeicheldrüsenkrebs können aber auch jüngere Patienten erkranken. - Grundlagenforschung mit Hilfe von molekularbiologischen Methoden hat in den vergangenen Jahren zu einer wesentlichen Erweiterung unseres Wissens über die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses beigetragen. So beobachtet man das vermehrte Vorhandensein von Faktoren, die das Wachstum der Krebszellen stimulieren (Wachstumsfaktoren), sowie Veränderungen (Mutationen) von bestimmten Erbsubstanzen (Genen), die normalerweise das Zellwachstum und den geregelten Zelltod (Apoptose) kontrollieren. Weitere tiefgreifende Untersuchungen sind beim Bauchspeicheldrüsenkrebs notwendig, um diejenigen Veränderungen zu charakterisieren, welche Ansatzpunkte für neue Therapieformen bilden könnten. Beresford, Dr. Shirley A. A, / University of Washington, Seattle / et. al. Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Colorectal Cancer: The Women's Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial JAMA, Volume 295, 8 February 2006, p 643 - 654 An der randomisierten Primärpräventionsstudie der Womens´s Health Initiative, die von 40 Klinikzentren in den USA in den Jahren 1993 bis 1998 nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren ohne frühreren Brustkrebs teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten an. In der Probandengruppe waren 19.541 (40 %), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Dargestellt wird Verminderung der Fettaufnahme auf weniger als 20 % des täglichen Energiebedarfs. - Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem colorectalen Karzinom 201 (0,13 %) der Probandinnen und 279 (0,12 %) der Kontrollpersonen. Im Untersuchungszeitraum starben an einem Colorectalen Karzinom 47 (0,03 %) der Probandinnen und 56 (0,02 %) der Kontrollpersonen. Im Untersuchungszeitraum erkrankten an einem Karzinom 1.946 (1,24 %) der Probandinnen und 3.040 (1,28 %) der Kontrollpersonen. Es starben an einem Karzinom 436 (0,28 %) der Probandinnen und 690 (0,29 %) der Kontrollpersonen. - Insgesamt starben 950 (0,60 %) Probandinnen und 1.454 (0,61) Kontrollpersonen. Die Untersuchung ergibt keinen statistisch signifikanten Nachweis für eine Verminderung der Krebsinzidenz und Krebssterblichkeit durch die Verminderung des Fettkonsums und die Erhöhung des Obst- und Gemüseverzehrs. Berg, L. Experten kritisieren verheerende Situation in der Krebsmedizin Berliner Zeitung, 13.09.2002 In einem Forderungskatalog an die nächste Bundesregierung mahnt die Krebsgesellschaft Verbesserungen in der Prävention und Therapie an. In Deutschgland erkranken jährlich etwa 330.000 Menschen an Krebs, 210.000 sterben daran. Schon in 10 Jahren könnte nach der Einschätzung des Präsidenten der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Klaus Höffken, Krebs an der ersten Stelle unter den Todesursachen stehen. Falls sich an der verheerenden Situation der Krebsmedizin nichts ändere, werde die Zahl der Krebspatienten in den kommenden Jahren schon auf Grund der steigenden Lebenserwartung zunehmen. In einem Präventionsgesetz soll festgelegt werden, dass diejenigen, die zur Früherkennung gehen, weniger Krankenkassenbeitrag zahlen müssen. Rauchen soll vor allem in Schulen eingeschränkt werden. Berg, L. Schneller vom Labor ans Krankenbett - Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum zu einer besseren Tumortherapie in Deutschland beitragen will Berliner Zeitung , 1. 11. 2000 Auf einer Pressekonferenz Ende Oktober 2000 präsentierte Prof. Harald zur Hausen, wissenschaaftlicher Vorstand des DKFZ, Ergebnisse der Tumorforschung: Fortschritte vermeldet das DKFZ bei der Behandlung von Hautkrebsmetastasen und Tumorherden im Gehirn. Etwa 80 % der Arbeit der 1.600 Mitarbeiter des DKFZ, davon 800 Wissenschaftler, hat mit Molekularbiologie zu tun. Zur Hausen kündigte an, dass sowohl die Präventionsforschung als auch die klinische Forschung ausgebaut werden sollen. Zum einen will man noch mehr Substanzen untersuchen, die sich möglicherweise zur Krebsvorbeugung eignen. Das können Inhaltsstoffe von Lebensmitteln sein, etwa das Resveratrol im roten Traubensaft, oder auch Arzneiwirkstoffe wie Tamoxifen. - Die klinische Forschung soll schneller die Ergebnisse der Grundlagenforschung in die Praxis bringen. Das gelinge in den USA besser als in Deutschland. Dies sei der wesentliche Grund dafür, daß die Ergebnisse der Krebstherapie in den USA besser seien als hier zu Lande. 69 Berg, L.; Vorkötter, U.; Podewils, Ch. "Wer nichts Neues erfindet, muß unzufrieden sein" Berliner Zeitung, 02. 02. 2005 Die Autoren sprachen mit Prof. Bullinger über die Forschungsstrategie in Deutschland. Professor Bullinger leitet seit zwei Jahren eine der großen deutschen Wissenschaftsorganisationen, die Frauenhofer Gesellschaft. Auf welche Forschungsfelder sollte man sich in Deutschland künftig konzentrieren? Auf die Megatrends. Einer davon ist die individuelle Medizin; dazu zählen Medikamente, die auf den einzelnen Patienten abgestimmt sind. Topthemen sind auch die maßgeschneiderte Energieversorgung und neue Materialien. Zur Fraunhofer-Gesellschaft zählen 58 Institute mit rund 13.000 Mitarbeitern. Die Themenpalette reicht von der Solarenergie über Werkstoffe bis hin zur biomedizinischen Technik. Die Institute finanzieren sich im Schnitt zu zwei Dritteln aus Forschungsaufträgen der Wirtschaft. Berliner Krebsgesellschaft e. V. Darmkrebs verhindern Broschüre, 2003 Die Frage nach der Entstehung des Darmkrebs kann bis heute nicht vollständig beantwortet werden. Es besteht ein Zusammenhang mit der Ernährung. Vorstufen sind bei den meisten Menschen ein Darmpolyp. Durch Kontakt bestimmter Substanzen (beispielsweise Giftstoffe in der Nahrung) mit der Darmschleimhaut kann es zu Störungen der genetischen Zellinformation kommen. Bei manchen Menschen kommt eine erbliche Form von Darmkrebs vor. Krebs im Dünndarm ist extrem selten. Darmkrebs entwickelt sich überwiegend im unteren Dickdarmabschnitt. Gegeben werden Ernährungsempfehlungen. Gesundheitsfördernde Wirkung haben Getreideprodukte, Kartoffeln, Gemüse, Bananen usw. Alkoholkonsum sollte ein vernünftiges Maß haben. Blank, R. und S. Wolffram / Institut für Tierernährung und Stoffwechselphysiologie, Universität Kiel Zum Einfluss einer Natriumhydrogencarbonat-Zulage auf die Toxikokinetik von Ochratoxin A beim Schwein 26. Mykotoxin-Workshop, Berlin 2004 Ochratoxin A ist verantwortlich für Nephropathien bei Haustieren und Menschen. - Die Reabsorption des Ochratoxins im Nephron führt zu einer Kumulation in der Niere und verursacht die lange Halbwertszeit des Toxins im Körper. In der Studie wurde der Einfluß von Natriumhydrogencarbonat auf die Ausscheidung des Ochratoxins an Schweinen untersucht. Die Studie zeigt, dass die Alkalisierung des pH-Wertes im Urin die Ochratoxin-A-Ausscheidung beschleunigt. Blech, J. Giftkur ohne Nutzen Der Spiegel 41/2004 Was das Überleben bei metastasierenden Karzinomen in Darm, Brust, Lunge und Prostata angeht, hat es in den letzten 25 Jahren keinen Fortschritt gegeben. Das ist die Einschätzung des Epidemiologen Hölzel in München. Er hat Tausende Krankengeschichten dokumentiert. Die vier Tumorarten sind mit 100.000 Todesopfern die Hauptkiller. Chemotherapie gilt für Patienten mit Metastasen als Behandlung der letzten Wahl, wenn sich die verstreuten Metastasen nicht mehr mit Strahlen und Skalpell erreichen lassen. Es werden seit Jahren immer neue Zellgifte eingesetzt. Die Überlebensraten haben sich in den letzten 25 Jahren dadurch nicht verbessert. Bei Brustkrebs ist die Überlebensrate sogar gesunken. Dafür könnte nach Hölzel die systematische Ausweitung der Chemotherapie bei Brustkrebs verantwortlich sein. Die Aussage Hölzels gilt ausdrücklich nicht für die medikamentöse Behandlung von Lymphomen, Morbus Hodgkin, Leukämien, Sarkomen und Hodenkrebs. Bei diesen wurden spektakuläre Heilungserfolge erzielt. - 1985 erklärte der Direktor der Gynäkologie in der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf auf einem internationalen Kongreß in Berlin: "Es sollte uns nachdenklich machen, wenn eine zunehmende Zahl von Ärztinnen und Ärzten sagt: An mir würde ich eine solche Therapie nicht vornehmen lassen." Boeing H. Frentzel-Beyme R. Berger M. Berndt V. Göres W. Körner M. Lohmeier R. Menarcher A, Männl HF, Meinhardt M. et al. // Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg. Case-control study on stomach cancer in Germany. Int J Cancer. 1991 Apr 1; 47(6):858-64 Die Autoren berichten über eine Fallkontrollstudie zum Magenkarzinom, die gleichzeitig in einem Hochrisiko(Bayern) und einem Niedrigrisikogebiet (Hessen) in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde. Verglichen mit dem Rest der Bundesrepublik Deutschland traten die höchsten Raten der Magenkrebssterblichkeit in Bayern (30/100.000 für die Männer), die niedrigsten Raten wurden in im Bundesland Hessen (19/100.000) gefunden. Diese Situation ist seit den 1950er Jahren stabil. - Unter Beteiligung von fünf Krankenhäusern wurden 143 Patienten mit einem Magenkarzinom und 579 Kontrollpersonen zu ihrem Lebensstil befragt, darunter nach der Wasserversorgung, Kühlschrank, Räuchern von Fleisch, Rauchen, Vitamin C-Aufnahme, Obst- und Gemüseverzehr. 70 Sie fanden bei einem höheren Konsum von Früchten, Zitrusfrüchten, Käse und Weißbrot ein vermindertes Erkrankungsrisiko. Ein ähnlicher Effekt wurde beim Konsum von rohem Gemüse beobachtet. Insgesamt war der Gemüsekonsum jedoch nicht wesentlich assoziiert mit dem Erkrankungsrisiko. - In der Studie wurde ein erhöhtes Risiko in Verbindung mit dem Konsum von verarbeitetem Fleisch und Bier beobachtet. Wein und Likör wurden mit einer negativen Assoziation zum Erkrankungsrisiko ausgewiesen. Boeing, Prof. Dr. H und Harttig, U / Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) Ernährungsepidemiologie in Deutschland Der Onkologe, 2006, Nr. 11, S. 1116 - 1117 Nach den bisherigen Abschätzungen über Einflussfaktoren auf chronische Erkrankungen spielt die Ernährung bei der Entwicklung chronischer Erkrankungen eine bedeutsame Rolle. Daher ist es wichtig, bei gesundheitspolitischen Überlegungen über eine gute nationale epidemiologische Datenbasis zu verfügen, aus der heraus "Public-Health"relevante Maßnahmen abgeleitet werden können. Dies betrifft auch den Bereich der Onkologie. Gerade hier sind durch jüngste Veröffentlichungen ernährungsepidemiologischer Forschungsergebnisse, darunter auch solche mit deutschen Autoren, neue Fragen aufgeworfen worden, die von erheblicher gesundheitspolitischer Bedeutung sind. Derzeitig wird z. B. debattiert, ob die neuesten Ergebnisse aus Kohortenstudien weiterhin die Annahme rechtfertigen, dass eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse mit einem abgesenkten Krebsrisiko einhergeht. Eine weitere wichtige Rolle wird der Ernährungsepidemiologie bei der Entwicklung effizienter Rehabilitationsmaßnahmen für chronisch Erkrankte zukommen. Die europäische prospektive Studie zu Ernährung und Krebserkrankungen (EPIC) ist eine der wesentlichen Erkenntnisquellen für Assoziationen zwischen Ernährungsfaktoren, zu denen auch das Übergewicht zählt, und einzelnen Krebserkrankungen. Danach zeichnet sich ab, dass das präventive Potenzial von Obst und Gemüse geringer als vorher geschätzt ist. Das bisher häufig verwendete Maß des Übergewichts, der Body-Mass-lndex, zeigt divergierende Ergebnisse zwischen Männern und Frauen bei einzelnen Krebserkrankungen und sollte durch Körperumfangsmessungen ergänzt werden. Fleisch und Fleischwaren zeigten in den bisherigen Untersuchungen positive Assoziation mit Krebserkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Die Rolle von Fisch ist unklar. Bördlein, I. Wie chronische Entzündungen zu Krebserkrankungen führen Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 10 / 10. März 2006 / S C-492 Die Autorin berichtet vom Internationalen Expertentreffen über den "Zusammenhang zwischen oxidativem Stress, chronischer Entzündung und Krebs" am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Bei dem Symposium wurde an konkreten Beispielen die stufenweise Entwicklung von malignen Tumoren auf der Basis von langzeitigem oxidativen Stress und Inflammation vorgestellt. Chronische Entzündungen sind Triggerfaktoren für Malignome. Prof. Dr. med. Curtis C. Harris vom US National Cancer Institute (NCI) sagte dazu, derzeit werde etwa jede fünfte Krebserkrankung mit oxidativen Stress und Inflammation in Zusammenhang gebracht. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass chronische Entzündungen an weit mehr Krebsarten beteiligt sind, als heute bekannt ist. Zum Spektrum der Entzündungen, die mit einem höheren Entartungsrisiko einhergehen, gehören unter anderem: - die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa; - Entzündungen auf viraler Basis, beispielsweise die Hepatitis B und C; - bakteriell verursachte Inflammationen durch Helicobacter pylori oder - parasitär bedingte Entzündungen, zum Beispiel durch den Leberegel; Sodbrennen erhöht das Risiko für ein Ösophaguskarzinom um das Fünfzig- bis Hundertfache und - Asbestexposition für die Entstehung eines Bronchialkarzinoms um mehr als das Zehnfache. Die schwelenden Entzündungen im Körper lösen eine Kaskade von Reaktionen aus. Bördlein, I. Der erste Impfstoff gegen Krebs Die Wirkdauer der Vakzine zur Prävention des Zervixkarzinoms, an dessen Entwicklung Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums maßgeblich beteiligt waren, liegt bei fünf Jahren Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 31-32 / 7. August 2006 / S. C-1741-1743 Der erste Impfstoff gegen Krebs ist vor kurzem in den USA auf den Markt gekommen. Die Vakzine ist gegen die wichtigsten krebsauslösenden Viren des Zervixkarzinoms, die humanen Papillomviren HPV 16 und 18, gerichtet. Sie kann nach dem Ergebnis umfangreicher Studien in 70 Prozent aller Fälle vor Gebärmutterhalskrebs schützen. Kürzlich wurde die erste auf dem Markt zugelassene Vakzine der Pharmafirma Sanofi Pasteur MSD unter dem Namen "Gardasil" beim DKFZ vorgestellt. - Entwicklungsländer brauchen Impfstoff am nötigsten. Weltweit erkranken jährlich etwa eine halbe Million Frauen an Gebärmutterhalskrebs, der Großteil davon in Entwicklungsländern. In Europa liegt die Zahl der Neuerkran-kungen bei 33.500, in Deutschland bei 8.000 pro Jahr. Nach dem Brustkrebs ist das Zervixkarzinom europaweit die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei jungen Frauen 71 unter 44 Jahren: Im Jahre 2002 starben in Europa 14.638 Frauen. Die Infektionsrate mit HPV ist bei sexuell aktiven Menschen zwar hoch, in den allermeisten Fällen wird es durch die körpereigene Abwehr jedoch wieder eliminiert. Bei etwa zehn bis 20 Prozent kommt es zu persistierenden Infektionen und Zervixiäsionen unterschiedlicher Graduierung. Nur in einem Prozent der Fälle entwickle sich letztlich ein Zervixkarzinom. Boffetta, P.; Hashibe, M.; Vecchia, C.; Zatonski, W. and Rehm, J. IARC, Lyon; Universily of Milan; Cancer Center and Institute of Oncoloy, Warsaw; University of Toronto; WHO Collaboration Centre for Substance Abuse Zürich The burden of cancer attributable to alcohol drinking Int. J. Cancer: 119, 884-887 (2006) Die Autoren schätzen den Anteil der mit dem Alkoholkonsum assoziierten Krebserkrankungen weltweit auf 3,6 % (5,2 % für die Männer und 1,7 % für die Frauen) ein. Bei den Männern treten mehr als 60 % der Alkoholassoziierten Krebserkrankungen in der Mundhöhle, im Ösophagus, in der Leber, im Colon, im Rectum und Kehlkopf auf. Bei den Frauen betreffen 60 % der Alkohol-assoziierten Krebserkrankungen die Brust. Eine Assoziation zum Alkoholkonsum wird auch für das Pankreas-, Lungen-, Blasen- und Nierenkarzinom vermutet. Die Studie basiert auf bereits publizierten Ergebnissen über die gesundheitliche Bedeutung des Alkoholkonsums. Verglichen werden die relativen Risiken von Nichttrinkern (Referenzgruppe) mit dem Risiko bei einem täglichen Alkoholkonsum von 1-39 g/d, 40-59 g/d und >60 g/d bei Männern sowie 1-19 g/d, 20-39 g/d und >39 g/d bei Frauen. Die in 69 Ländern Afrikas, Amerikas, Europas und Asiens durchgeführten Untersuchungen zeigen den höchsten Anteil am relativen Risiko in Mittel- und Osteuropa. Für das Jahr 2000 wurden die Alkohol-assoziierten Krebssterbefälle auf 355.000 geschätzt, für 2001 mit 351.000 angegeben. Für das Jahr 2002 werden in der Studie insgesamt 389.100 Krebserkrankungen und 232.900 Krebssterbefälle dem Alkoholkonsum zugeordnet. - Ein Hinweis auf die Ursache der Krebserkrankungen findet sich in der Studie nicht. Boffetta, P. The causes of cancer European Journal of Cancer Supplements, Vol 7 No 2, P. 64, September 2009 Untersucht wurden die Veränderungen der Krebssterblichkeit verschiedener Karzinome im Zeitraum zwischen 1950 und 2004 in Frankreich. Die Sterblichkeit ist bei beiden Geschlechtern in Frankreich zurückgegangen. Die Unterschiede waren am größten bei Karzinomen in Verbindung mit Tabakrauchen und Alkohol. Im Jahre 2000 war Rauchen für 23,9 % der Krebssterbefälle (33,4 % bei Männern; 9,6 % bei Frauen) verantwortlich, Alkohol für 6,9 % (9,4 % bei Männern; 3 % bei Frauen), dazu Infektionen 3,7 %. Berufliche Belastungen werden für 3,9 % der Sterbefälle der Männer verantwortlich gemacht, mangelnde körperliche Aktivität, Übergewicht/ Adipositas und Hormonanwendungen waren verantwortlich für 2-3 % der Krebssterbefälle der Frauen. Andere Risikofaktoren und Umweltschadstoffe verursachten weniger als 1 % der Sterbefälle. - Der Autor folgert, daß die bekannten Risikofaktoren 35 % der Sterbefälle verursachen; 15 % bei den Nichtrauchern. - Während in Frankreich die Krebssterblichkeit gesunken ist, erklären die bekannten Risikofaktoren nur eine Minorität von Krebsen mit einer bestimmenden Rolle des Rauchens. Daraus wird die Prioritätensetzung für die Krebsbekämpfung, besonders der Veränderung der Lebensweise, abgeleitet. Die Ergebnisse unterstreichen das begrenzte Wissen über die Krebsursachen und zeigen den künftigen Bedarf an epidemiologischer und Grundlagenforschung. Die Untersuchung könne ein Leitbild für die Abschätzung der Rolle der bekannten Krebsursachen in Europa sein. Boyle Prof. P., Ferlay, J / International Agency for Research of Cancer, Lyon (IARC) Cancer incidence and mortality in Europe, 2004 Annals of Oncology, 16: 481 - 488, 2005 Berichtet wird über die Krebsinzidenz und Krebsmortalität in Europe im Jahre 2004: Erfaßt wurden 2.886.800 Erkrankungsfälle und 1.711.000 Krebssterbefälle. Die häufigste Krebserkrankung war das Lungenkarzinom (13,3 % aller Erkrankungsfälle) gefolgt vom colorectalen Karzinom (13,2 %) und Brustkrebs (13 %). - Das Lungenkarzinom war die häufigste Ursache der Krebssterbefälle (341.800 Sterbefälle), gefolgt vom colorectalen Karzinom (203.700), Magenkarzinom (137.900) und Brustkrebs (129.900). 54 % der 2,9 Millionen Erkrankungen betrafen Männer, 46 % betrafen Frauen. Von den 1,7 Millionen Sterbefällen betrafen 56 % die Männer und 44 % die Frauen. - Das Lebenszeiterkrankungsrisiko der Männer (0 - 74 Jahre) wird für alle Lokalisationen (ohne nicht-melanotischen Hautkrebs) mit 30,10 % angegeben. Es beträgt für die Frauen 21,47 %. Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu sterben wird für die Männer mit 16,84 % und für die Frauen mit 9,77 % angegeben. Der größte Fortschritt würde durch eine konzertierte Aktion gegen die Hauptkiller erreicht: Lungenkarzinom, colorectales Karzinom, Brust- und Magenkarzinom. Bei Männern und Frauen geht die Magenkrebsinzidenz und Sterblichkeit in Europa zurück. Die Lungenkrebsinzidenz und -sterblichkeit erfordert Maßnahmen zur Verminderung des Rauchens. Die Einführung einer organisierten Mammographie könnte zur Reduzierung der Brustkrebssterblichkeit führen. 72 Dr. Carl Ernst Bock Professor für pathologische Anatomie zu Leipzig Das Buch vom kranken Menschen. Leipzig, Verlag von Ernst Keil. 1883. Die Einschätzung des Leipziger Pathologen über den Erkenntnisstand am Ende des 19. Jahrhunderts: „Krebsgeschwülste oder C a r c i n o m e heißen bösartige, sich mehr oder minder rasch auf ihre Umgebung ausbreitende und durch ihre Wucherung umfangreiche Zerstörungen der benachbarten Gewebe und Organe herbeiführende Neubildungen des Körpers, welche aus einer faserigen Grundsubstanz, dem sogen. Krebsgerüst, aus verschiedenartig gestalteten, bald rundlichen, bald cylindrischen oder platten Zellen, den sogen. Krebszellen, und einer dicklichen rahmähnlichen Flüssigkeit, dem sogen. Krebssafte, zusammengesetzt sind und je nach dem Ueberwiegen des einen oder anderen dieser Bestandtheile ein etwas verschiedenes Aussehen annehmen. Der Krebs kommt in allen Geweben und Organen des Körpers vor, am häufigsten in der weibliche Brustdrüse, in der Gebärmutter und Scheide, in der Unterlippe, in der Leber, dem Magen und der Speiseröhre sowie in den Lymphdrüsen, am seltensten in Harnblase, Eierstöcken, Muskeln, Gehirn und Rückenmark. In der Regel tritt zuerst an einer kleinen beschränkten Stelle als mehr oder minder harter, höckriger, schmerzhafter Knoten auf, der nach einiger Zeit erweicht, aufbricht, und sich in ein unregelmäßig zerklüftetes Geschwür mit jauchender Absonderung und verpestendem Geruche, in das sogen. Krebsgeschwür umwandelt. Manche Menschen leiden überdies an einer förmlichen K r e b s f u r c h t , wittern in jeder harmlosen Geschwulst oder unschuldigen Hautabschürfung sofort den gefürchteten Krebs und verbittern sich ihr Leben ganz ohne Grund mit den schwärzesten Gedanken und Befürchtungen. Solche Kranken finden in populären Schriften statt der gehofften Beruhigung immer nur neue Nahrung für ihre hypochondrische Verstimmung und sollten sich deshalb lieber an einen tüchtigen und erfahrenen Arzt wenden, der ihnen am besten die nöthige Aufklärung und Belehrung verschaffen wird. Zudem ist die Häufigkeit des Krebses durchaus nicht so beträchtlich, als von den Laien gemeiniglich angenommen und gefürchtet wird; nach den statistischen Erhebungen erkranken von 10.000 Lebenden im Durchschnitt nur 2,4 Männer und 5,2 Weiber am Krebs (die letzteren in etwas größerer Anzahl, weil der Krebs mit einer gewissen Vorliebe Brustdrüsen und Gebärmutter befällt). D i e U r s a c h e n d e r K r e b s b i l d u n g s i n d v ö l l i g d u n k e l ; bisweilen tritt der Krebs an Stellen auf, die vorher einen mechanischen Insult (Schlag, Stoß, Quetschung) erlitten hatten. Ältere Leute werden häufiger von ihm befallen als junge, auch scheinen Erblichkeit, fortgesetzter Kummer und Sorgen, sowie übermäßige körperliche und geistige Anstrengungen die Entstehung krebsiger Entartungen zu begünstigen: dagegen ist eine Übertragung durch Ansteckung vollkommen in Abrede zu stellen. - H e i l u n g kann nur von einer möglichst f r ü h z e i t i g e n u n d e n e r g i s c h e n O p e r a t i o n erwartet werden, da alle bisher gegen den Krebs angepriesenen und ausposaunten Heilmittel sich als völlig unwirksam erwiesen haben. Je frühzeitiger und ausgiebiger die operative Entfernung der Krebsgeschwulst erfolgt, um so eher läßt sich erwarten, dass der Kranke dauernd und für immer von seinem Uebel befreit wird, während bei spät ausgeführten Operationen, bei denen nicht alles Krankhafte mehr weggenommen werden kann, gewöhnlich Rückfälle (Bildung neuer Krebsknoten) nicht ausbleiben, welche schließlich doch noch das Ende des Kranken herbeiführen.“ 73 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Handbuch Lebensmittel-Monitoring Stand: 2004 Das Handbuch regelt für die zu beprobenden Lebensmittel, die Stichprobenplanung, die Probenahme und vorbereitung, lebensmittelspezifische Stoffspektren mit mindest einzuhaltenden Bestimmungsgrenzen. Im Rahmenstichprobenplan wird das jährliche Lebensmittelmonitoring auf maximal 20 Lebensmittel mit je 236 Proben festgelegt. Daraus ergibt sich ein Jahresumfang von 4720 Proben. Eine Aufschlüsselung auf die Länder erfolgt nach der aktuellen Bevölkerungszahl. - Das Monitoring erfaßt im Jahre 2004: Chips, Butterkeks, Eisbergsalat, Feldsalat, Kopfsalat, Porree, Rotkohl, Rukola, Tomate, Ananas, Apfel, Erdbeere, Orangensaft, Haferkörner, Roggenkörner, Erdnuß geröstet, Haselnuß und Brühwürste. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2001 Der Anhang zum „Bericht über die Monitoring-Ergebnisse des Jahres 2001“ enthält detaillierte Angaben zu den lebensmittelspezifischen Stoffspektren und einzuhaltenden analytischen Bestimmungsgrenzen sowie statistische Maßzahlen der untersuchten Lebensmittel-/Stoffkombinationen und den festgestellten Höchstmengen-/Richtwertüberschreitungen. - Die Untersuchungen von 89 Proben Gerstenkörner ergaben in 14 Proben bestimmbare Ochratoxin A-Werte. Der Mittelwert betrug 0,3500 µg/kg. Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte von 3,0 µg/kg wurden in 3 Proben festgestellt. Der höchste Wert lag bei 9,7 µg/kg. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Ergebnisse des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings der Jahre 1995 bis 2002 Bericht 2004 In den Jahren 1995 bis 2002 wurden im Lebensmittel-Monitoring insgesamt über 40 Lebensmittel auf die Mykotoxine Aflatoxine, Deoxynivalenol, Fumonisine, Patulin, Ochratoxin A und Zearalenon untersucht. In 21 % der Proben konnten Mykotoxine nachgewiesen werden. - Mehrmals beprobt wurden Pistazien. In etwa 50 % der Proben wurden Aflatoxingehalte über der zugelassenen Höchstmenge gemessen. Dies betraf vorwiegend Proben iranischer Herkunft, so dass Sofortmaßnahmen für die Kontrolle von Pistazien aus dem Iran erlassen wurden. Dargestellt wird die Aufnahme der Mykotoxine. Für die Aufnahmeberechnungen wurden die Probanden in insgesamt 10 verschiedene Alters-, Geschlechts- und Verzehrsgruppen mit 517 bis 10.314 Personen unterteilt. Für die Verzehrsdaten wurde die Nationale Verzehrsstudie (NVS) verwendet, die vom 1.10.1985 bis zum 31.12.1988 auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde, um einen repräsentativen Überblick über die Verzehrsgewohnheiten der Verbraucher zu erhalten. Die NVS wurde mit 23.209 Probanden im Alter von 4 bis 94 Jahren durchgeführt und deren Verzehrsgewohnheiten über einen Zeitraum von 7 Tagen protokolliert. Die so berechneten Aufnahmemengen dienen der Abschätzung für das mögliche Ausmaß einer langfristigen Exposition der Konsumenten. Für die Bewertung wird die Aufnahmemenge mit anerkannten Referenzwerten in Beziehung gesetzt und ein Ausschöpfungsgrad berechnet. Ochratoxin A: Als Referenzwert für die Bewertung der täglichen Aufnahmemenge von Ochratoxin A (OTA) wurde der Provisional Tolerable Daily Intake (PTDI) von 0,005 µg /kg Körpergewicht verwendet. Für die Umrechnung der ermittelten Aufnahmemengen auf das Körpergewicht wurden die aus der NVS gewonnenen durchschnittlichen Körpergewichte herangezogen. Kinder von 4 bis 6 Jahren 20,9 kg; Kinder von 7 bis 10 Jahren 30,9 kg; Männer 77,8 kg und Frauen 64,2 kg. Die Ausschöpfung des Referenzwertes wird für Frauen zwischen 7,4 und 8,8 %, für Männer zwischen 10,1 und 12,8 % und für Kinder mit 14,2 und 16,1 % angegeben. Das Bundesamt stellt fest: Neben Getreide trugen vor allem Fruchtsäfte bei Kindern und Bier bei Männern zur Exposition bei. Schlußfolgerungen des Bundesamtes: Zur nachhaltigen Reduzierung der Belastung von Lebensmitteln mit Myktoxinen ist die Überprüfung und Korrektur der guten Praxis bei der landwirtschaftlichen Erzeugung, Lagerung, Verarbeitung sowie der Qualitätskontrolle weiter zu entwickeln. Die Erfahrungen bei der Durchführung des Monitorings haben ergeben, dass ein zeitnahes Erkennen von Gefährdungspotentialen sowie ein flexibles Reagieren in sogenannten Krisensituationen aufgrund der festgelegten, starren Rahmenbedingungen nicht immer möglich waren. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2002 Bericht, 2004 Traubensaft - 236 Proben von Traubensaft und 239 Proben schwarzer Johannisbeernektar wurden auf Ochratoxin A untersucht. In 70 % der untersuchten Proben wurde OTA nachgewiesen. Der Mittelwert betrug 0,6 µg/L. Der Höchstwert betrug 90,000 µg/L. Für Traubensaft gibt es gegenwärtig keine Höchstmengenfestsetzung. Für Rosinen gilt seit 2002 eine zulässige Höchstmenge von 10 µg/kg. Da Ochratoxin A (OTA) wie andere Mykotoxine unter dem Verdacht stehen, Krebs auszulösen, sollte der Gehalt in Traubensaft minimiert werden. Möglichkeiten hierzu bieten sich u. a. bei Anbau, Auswahl, Lagerung und Transport der Früchte. - 74 Rotwein - 236 Rotweinproben wurden auf 92 Pflanzenschutzmittel sowie auf Schwermetalle und Ochratoxin A untersucht. Die Weine kamen zu je einem Viertel aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Eine herkunftsbezogene Betrachtung der OTA-Kontamination zeigt, dass Proben deutscher Herkunft signifikant weniger häufig mit OTA kontaminiert waren. Rotwein ist mit unerwünschten Stoffen, abgesehen von OTA, allgemein gering kontaminiert. Die mittlere Belastung wird mit 0,0834, die höchste Belastung mit 2,000 µg/L angegeben. Die Belastung von Wein mit diesem erst seit kurzer Zeit in Diskussion befindlichen Mykotoxin sollte auch weiterhin beobachtet werden. - Vollbier - Bier wurde im Jahr 2002 erstmals im Monitoring beprobt. Die 251 überwiegend deutschen Proben wurden auf Schwermetalle und Mykotoxine untersucht. Ochratoxin A wurde in 51 % der Bierproben in bestimmbaren Mengen gefunden. Der Mittelwert des Ochratoxin A-Gehaltes im Bier betrug 0,154 µg/L, der Höchstwert 20,500 µg/L. Das BVL empfiehlt angesichts der Häufigkeit des Vorkommens von Mykotoxinen im Bier, dieses weiter zu beobachten, geeignete technologische Maßnahmen zur ihrer Verringerung zu ergreifen und ggf. Höchstmengen festzulegen. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Berichterstattung zu Untersuchungen bestimmter Lebensmittelgruppen auf Ochratoxin A (OTA) vom 13. 10. 2004 nach den Verordnungen der Kommission (EG) 466/2001 und 472/2002 Im Bericht werden Untersuchungsergebnisse für getrocknete Weintrauben, Traubensaft, Wein, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Kaffee und Kaffeeerzeugnisse und Gewürze aus dem Jahre 2003 zusammengestellt. Insgesamt wurden 1.818 Lebensmittelproben auf Ochratoxin A untersucht, d. s. 0,44 % der in dem Berichtsjahr untersuchten Proben. - Für 429 Proben getrocknete Weintrauben wird ein Mittelwert der Ochratoxin A-Belastung mit 4,05 µg/kg, ein 95-Perzentil von 14,38 µg/kg und Höchstwert von 66,00 µg/kg angegeben. 36 Proben enthielten Gehalte über dem zu-lässigen Höchstwert von 10 µg/kg. Nur in 3 Fällen haben die Untersuchungseinrichtungen die Proben beanstandet. - Für 327 Proben Wein und weinhaltige Getränke wird ein Mittelwert von 0,30 µg/L, ein 95-Perzentil von 1,5 µg/L und ein Höchstwert von 6,20 µg/L angegeben. - Für 193 Bierproben betrug der Mittelwert 0,09 µg/L, das 95-Perzentil 0,34 µg/L und der Höchstwert 2,9 µg/L. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2004 Bericht, 2005 Ochratoxin A in verschiedenen Lebensmitteln: Im Rahmen des Monitorings 2004 wurde die Mykotoxinbelastung ausgewählter Lebensmittel untersucht. Zur Ochratoxin A-Exposition tragen nach dem Bericht - neben den Haupteintragsquellen Getreide und Getreideerzeugnisse - bei Erwachsenen Wein und Kaffee, bei Kindern Fruchtsäfte, insbesondere Traubensaft bei. Ochratoxin A wurde darüber hinaus in Kakao und Kakaoerzeugnissen und in Gewürzen nachgewiesen. - Die EU hat in der Kontaminanten-Verordnung vom 26.Januar 2005 für Ochratoxin A in Wein und Traubensaft jeweils 2,0 µg/kg als Höchstmenge festgeschrieben. Für lösliche Kaffeeprodukte beträgt die zulässige Höchstmenge nach der Verordnung 10 µg/kg. - Traubensaft ist relativ häufig mit Ochratoxin A belastet. Dies wird durch die hohe Kontaminationsrate von 75 % aller Proben deutlich. Die Gehalte bei etwa 40 % der Proben liegen unter 0,1 µg/kg; über 60 % der Traubensäfte weisen jedoch Gehalte zwischen 0,1 und 0,9 µg/kg auf. Traubensaft wird sehr häufig von kleinen Kindern verzehrt. Legt man deshalb den strengeren Maßstab einer Höchstmenge für Säuglingsnahrung mit 0,5 µg/kg zu Grunde, würden knapp 10 Prozent der Traubensäfte diese Höchstmenge überschreiten. Die Belastung der Säfte sollte daher durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch strengere Rohstoffauswahl, gesenkt werden. - Löslicher Kaffee ist nach wie vor eine mögliche Belastungsquelle mit Ochratoxin A. Über 72 % der untersuchten Proben waren kontaminiert, jedoch mit Gehalten von meist unter 0,5 µg/kg. Der Großteil der belasteten Proben wies Gehalte im Bereich bis 3 µg/kg auf. - Kakao und Kakaoprodukte sind eine Lebensmittelgruppe mit häufiger Kontaminationsrate und relativ hohen Gehalten. Unter Zugrundelegung einer zukünftigen Höchstmenge von 2 µg/kg müssten 7 der 151 Proben wegen Überschreitungen beanstandet werden. Auch bei diesen Produkten hat die Auswahl der Rohstoffe durch den Hersteller entscheidenden Einfluss auf ihre Belastung. - Erstmals erfolgte im Monitoring die Untersuchung von Frühstückscerealien. Diese Lebensmittelgruppe wird sehr häufig und in großen Mengen auch von Kindern verzehrt. Drei Proben waren mit Ochratoxin A-Gehalten im Bereich der Höchstmenge von 3 µg/kg belastet. Da es sich jedoch um Früchtemüslis mit Rosinen handelte, liegt hier die Vermutung nahe, dass der Ochratoxin A-Gehalt aus diesen Früchten resultiert. In fast 95 Prozent der Proben lagen die Gehalte unter 0,5 µg/kg. - Eine weitere Beobachtung dieser Grundnahrungsmittel wird, insbesondere in Jahren mit feuchter Witterung, für erforderlich gehalten. Die Höchstmengenfestsetzungen in Europa und in Deutschland sollten weiter dazu beitragen, dass Rohstoffe und Lebensmittel, die Belastungsspitzen mit Mykotoxinen aufweisen, von der Lebensmittelverarbeitung ausgeschlossen werden. 75 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Berichterstattung zur Lebensmittelüberwachung 2004 bvl online, Juli 2005 Ergebnisse des Jahres 2004 zu Betriebskontrollen und im Labor untersuchte Proben: Betriebe, die Lebensmittel herstellen, bearbeiten oder verkaufen, werden durch die zuständigen Behörden regelmäßig und bei Verdacht kontrolliert. Dabei wird unter anderem geprüft, ob im Betrieb einwandfrei nach hygienischen Standards gearbeitet wird, die Waren richtig gekennzeichnet und zusammengesetzt sind und ob Mängel in der Schulung oder der betrieblichen Eigenkontrolle bestehen. Darüber hinaus werden Proben entnommen und in amtlichen Laboratorien untersucht. Die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung kontrollieren Betriebe und nehmen Proben gezielt und risikoorientiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt Betrieben, die Lebensmittel herstellen, bearbeiten oder verkaufen, von denen ein erhöhtes Risiko für den Verbraucher ausgehen kann. Risikoarme Branchen werden entsprechend weniger kontrolliert. Anzahl und Art der im Labor untersuchten und beanstandeten Proben: Für das Jahr 2004 wurden für die Bundesrepublik insgesamt 410.268 im Labor untersuchte Proben gemeldet. Insgesamt 61.197 Proben wurden mit Verstößen identifiziert, das sind 14,9 % aller Proben. Bei den Lebensmitteln zeigen Eis und Desserts mit 20,8 % die meisten Beanstandungen. Es folgen Fleisch, Wild, Geflügel und Erzeugnisse mit 20,0 % und alkoholische Getränke mit einer Beanstandungsquote von 16,2 %. Die niedrigste Verstoßquote findet sich in der Gruppe Schokolade, Kakao, Kaffee, Tee mit 8,5 %. Verbessert hat sich die Situation bei Knabberwaren und Nüssen: Der Anteil beanstandeter Proben sank hier von 19 Prozent im Jahr 2003 auf 13 Prozent im vergangenen Jahr. Häufigster Grund für Beanstandungen bei Nüssen waren giftige Stoffwechselprodukte aus Schimmelpilzen (Mykotoxine). Für das Jahr 2004 wurden für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt 1.142.045 Kontrollbesuche in 605.961 Betrieben gemeldet. Die Zahl der Betriebe insgesamt wird mit 1.040.300 angegeben, somit wurden nach den eingegangenen Meldungen 58,3 % aller Betriebsstätten kontrolliert. Die Quote der beanstandeten Betriebe betrug damit bei 20,8 % bezogen auf alle kontrollierten Betriebe. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2005 Bericht 2007 Untersuchungen ergaben, Ochratoxin A wurde nur in 7 % der Weißweinproben (2001) aber in 51 % des Rotweins im Jahr 2002 quantifiziert. Die höhere Nachweishäufigkeit und auch die relativ hohen Ochratoxin A-Gehalte im Rotwein sind sicherlich auch darauf zurück zu führen, dass die kontaminierten Schalen der Weinbeeren zur Farbgebung der Maische zugegeben werden. Die Ochratoxin A-Gehalte im Traubenmost lagen im Bereich der Befunde im Traubensaft in den Jahren 2002 und 2004. Die Gehalte im Qualitätsschaumwein waren mit denen der Weine vergleichbar. In jeweils einer Probe wurde der Höchstgehalt von 2 µg/kg mit relativ hohen Konzentrationen von 20 µg/kg im Traubenmost bzw. 10 µg/kg im Qualitätsschaumwein überschritten. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2006 Bericht, Oktober 2007 Im Jahr 2006 wurden im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings im Projekt „Ochratoxin A in Trockenobst außer Weintrauben“ insgesamt 311 Proben auf Ochratoxin A-Kontaminationen untersucht. 42 Proben (13,5 %) wiesen nach Angabe des BVL „in Abhängigkeit von der Art des getrockneten Obstes teilweise recht hohe Gehalte an OTA auf.“ Überschreitungen der zulässigen Höchstmengen lagen ausschließlich bei Feigen. 8 % der untersuchten Feigen (5 Proben) enthielten bis zu 14 µg OTA pro Kilogramm. - OTA wurde in mehr als einem Drittel (35 %) der Schokoladen nachgewiesen. Die Konzentrationen lagen im Mittel bei 0,37 µg/kg und im Maximum bei 0,91 µg/kg. Ein Höchstgehalt ist für Kakao und Kakaoerzeugnisse zurzeit nicht festgelegt. Die relativ häufigen Nachweise von OTA sollten Anlass für weitere Untersuchungen und Expositionsbetrachtungen sein. Bei der Kakaoherstellung ist verstärkt auf die Minimierung des Schimmelpilzbefalls zu achten. - Durch verbesserte Futtermittelqualität wurde OTA nur in 12 % der Schweinenieren gefunden, damit wesentlich seltener als im Jahr 2001 (27 %). Der mittlere Gehalt ist zwar nur geringfügig von 0,31 µg/kg auf 0,25 µg/kg gesunken, dafür war die maximale Konzentration mit 3,8 µg/kg wesentlich geringer als im Jahr 2001 (17,25 µg/kg). Dennoch sind weitere Anstrengungen zur Verminderung der OTA-Kontamination des Tierfutters zu unternehmen. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Lebensmittel-Monitoring 2007 bvl.online, Oktober 2008 Ochratoxin A in Bier, gemahlenem und ungemahlenem Röstkaffee: Im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings 2007 wurden Kaffeeproben auf Ochratoxin A untersucht. Ochratoxin A (OTA) wird im Bericht als Mykotoxin mit immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften 76 angegeben. OTA kann Nierenschäden verursachen und es gibt Hinweise auf eine kanzerogene Wirkung. In den letzten Jahren rückte OTA immer stärker in den Blickpunkt des Interesses, da es über eine sehr hohe Stabilität gegenüber Temperatur- und Umwelteinflüssen verfügt und in vielen weiterverarbeiteten Lebensmitteln zu finden ist. Neben anderen Lebensmitteln kann auch Kaffee in nicht unerheblichem Umfang zur allgemeinen Exposition des Menschen gegenüber OTA beitragen. Im Jahr 2007 wurden u. a. Bierproben und Kaffeproben auf ihre Ochratoxinbelastung hin untersuccht In 52 % der Untersuchten Bierproben (Hefgeweizenbier, Vollbier Pils, Schwarzbier) wurde Ochratoxin in bestimmbarer Menge festgestellt. In 64 % der Kaffeeproben wurden bestimmbare Belastungen gefunden. Die Höchstwerte lagen unter den von der EU festgelegten zulässigen Höchstwerten. Aufgrund unterschiedlicher Ernte- und Lagerungsbedingungen der Kaffeebohnen in den verschiedenen Ländern werden Überschreitungen der Höchstmenge grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Maximale Ochratoxin-A-Konzentrationen lagen bei geröstetem Kaffee bei 2,68 µg/kg bzw. bei entcoffeiniertem Röstkaffee bei 0,75 µg/kg und bei säurearmen Röstkaffee bei 0,17 µg/kg. Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft / Dänicke, S. und Oldenburg, E. (Herausg.) Risikofaktoren für die Fusariumtoxinbildung in Futtermitteln und Vermeidungsstrategien bei der Futtermittelerzeugung und Fütterung FAL Agricultural Research, Sonderheft 216 1. Risikoabschätzung und Vermeidungsstrategien bei der Futtermittelerzeugung Oldenburg, E., Valenta, H. und Sator, C. Schimmelpilze verursachen bei Nahrungs- und Futtermitteln nicht nur Qualitätseinbußen. Mykotoxin-haltige Futtermittel können die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Nutztieren gefährden. Auch der Mensch kann durch die Aufnahme von kontaminierten pflanzlichen und tierischen Lebenmitteln gesundheitlich belastet werden. Am Beispiel der Schimmelpilzgattung Fusarium wird das Vorkommen von Fusariumtoxinen in Getreide, Mais und Gräsern untersucht, weil Arten dieser Gattung zu den wichtigsten Schaderregern bei den genannten Kulturpflanzen gehören. Niederschläge in der Zeit der Blüte des Getreides, Bodenbearbeitung und Fruchtfolgen, Sortenwahl und Pflanzenschutzmaßnahmen haben Einfluß auf den Pilzbefall des Getreides . - In Getreide aus Deutschland wurden in den letzten Jahren häufig die Fusariumtoxine Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZON) gefunden. Weizenund Roggenproben aus ökologischem Landbau waren teilweise höher mit den Fusariumtoxinen belastet als konventionell angebautes Getreide. Auf der Basis des aktuellen Erkenntnisstandes werden Empfehlungen für die praktische Landwirtschaft zur Vorbeugung bzw. Vermeidung von Risiken, die zu einem erhöhten Fusariumbefall von Kulturpflanzen und Ernteprodukten führen, gegeben. Großer Forschungsbedarf ergibt sich hinsichtlich des Vorkommens der Mykotoxine in Getreide, Silagen, Gräsern und Heu sowie Futtermischungen, bezüglich züchterischer und pflanzenbaulicher Einflußfaktoren und konservierungstechnischer Möglichkeiten der Futtermittel. 2. Risikoabschätzung und Vermeidungsstrategien bei der Fütterung Dänicke, S., Valenta, H. und Ueberschär, K.-H. Die Bildung von Mykotoxinen in Futtermitteln erfolgt entweder bereits auf dem Feld vor der Ernte (Feldtoxine) und/oder während der Lagerung (Lagertoxine). Das bedeutsamste Lagertoxin unter unseren Produktionsbedingungen ist das Ochratoxin A. In der Arbeit werden die Wirkungen der Mykotoxine Trichothecene, Zearalenon, Fumonisine und Moniliformin bei landwirtschaftlichen Nutztieren vergleichend dargestellt und Dekontaminationsmöglichkeiten aufgezeigt. Die biologische Wirksamkeit der Mykotoxine hängt u. a. von ihrer Bioverfügbarkeit ab. Dabei ist die Bioverfügbarkeit pharmakokinetisch als der Quotient aus der Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeitkurve nach der Aufnahme des Toxins definiert. Angegeben wird die Pharmakokinetik einiger Mykotoxine bei verschiedenen Tierarten. Beim Schwein wird beispielsweise bereits nach 0,2 bis 0,5 Stunden die maximale Konzentration nach der Aufnahme von Deoxynivalenol erreicht, die Halbwertszeit beträgt 8,5 Stunden. Bei der Aufnahme von Ochratoxin A wird die maximale Konzentration nach 10 Stunden erreicht und die Halbwertszeit mit 88 Stunden angegeben. Die Autoren beschreiben die Folgen der Mykotoxinbelastung für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Nutztiere. Krankheitserscheinungen durch Mykotoxine werden als Mykotoxikosen bezeichnet und sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet: • Sie treten wahrscheinlich oft auf, werden aber als solche häufig nicht erkannt. • Die mit den Toxikosen verbundenen Gesundheitsstörungen sind nicht auf andere Tiere übertragbar, das heißt, Mykotoxikosen sind nicht infektiös. • Die Behandlung mit Antibiotika oder anderen Medikamenten bleibt in der Regel erfolglos. • Krankheitsausbrüche treten meist saisonal auf, wobei Witterungsverläufe, die eine Mykotoxinbildung begünstigen auch mit einem Anstieg der Häufigkeit von Mykotoxikosen einhergehen können. • Epidemiologische Studien belegen häufig eine Beziehung zu einer bestimmten (kontaminierten) Futtermittelcharge. • Hoher Pilzbefall von Futtermitteln muss nicht mit einer hohen Mykotxinbelastung einhergehen und umgekehrt. 77 Die Autoren unterscheiden zwischen akuter und chronischer Toxizität. Während die akute Toxizität zum Tode führen kann oder/und Toxin-spezifische Intoxikationserscheinungen hervorruft, lässt sich eine chronisch latente Mykotoxikose nicht immer sicher als solche diagnostizieren. Latenten Mykotoxikosen, die häufig mit einem unspezifischen Leistungsrückgang verbunden sind, kommt dabei auch aus der Sicht von Mykotoxinkonzentrationen, mit denen in der Fütterungspraxis gerechnet werden kann, sicher die größere Bedeutung zu. Mit Mykotoxinen kontaminierte Futtermittel können für die Tierhalter mit erheblichen Belastungen verbunden sein. Das Problem besteht weltweit und es besteht Interesse an Möglichkeiten, das Getreide oder die Futtermittel zu dekontaminieren. Eine Detoxifikation kann vor der Verfütterung (Futtermittelbearbeitung) oder während der Verfütterung (in situ) physikalisch (mechanisch, Wärmebehandlung, Bestrahlung), chemisch (Ammoniak, Monomethylamin, Calciumhydroxyd), durch Zusatz von Adsorbentien (Aktivkohle, Bentonite, Zeolite, NichtStärke-Polisaccharid und Ionenaustauscher) zum Futter oder biologisch durch Mikroorganismen und Enzyme erfolgen. Bei Verwendung von Adsorbentien zur in situ-Detoxifikation konnte bei Aflatoxin- und Ochratoxin-Akontaminiertem Futter die Toxizität teilweise verringert werden, während für Fusariumtoxine keine Verminderung der Toxineffekte nachgewiesen werden konnte. Die Dekontaminationsmaßnahmen, welche der Futtermittelbearbeitung zuzuordnen sind, sind in der Regel mit einem höheren technischen und finanziellen Aufwand verbunden als Maßnahmen, die in situ durchgeführt werden. Da generell eine Minimierung der Mykotoxinbelastung der Nutztiere anzustreben ist, werden Dekontaminationsmaßnahmen künftig stärker zu berücksichtigen sein. Bundesgesundheitsamt Zuviel Aflatoxine in Pistazien BGA-Pressedienst 33/90 Pistazien waren weit stärker mit Aflatoxinen belastet, als den geltenden Vorschriften der Aflatoxin-Verordnung entsprach. Als Spitzenwert wurden 1310 µ/kg Aflatoxin B1 gefunden. Aflatoxine sind karzinogen wirkende Substanzen aus der Gruppe der Mykotoxine, welche als normale Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze entstehen. Bestimmte Lebensmittel, Erdnüsse, Paranüsse, Feigen, Pistazien können kontaminiert sein. Die HöchstmengenVerordnung legt einen Grenzwert für Aflatoxin B1 mit 2 µ/kg und für Gesamtaflatoxin mit 4 µ/kg fest. Für Aflatoxin M1 in Säuglingsnahrung und Milch 0,01 µ/kg und 0,05 µ/kg für Gesamtaflatoxine. Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) BgVV empfiehlt Höchstmengen für Ochratoxin in Lebensmitteln 15/1997, 17. 06. 1997 Lebensmittel, die von Schimmelpilzen befallen sind, können mit Ochratoxin A (OTA) belastet sein. Das Mykotoxin wirkt beim Menschen nierenschädigend und hat sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Eine kanzerogene Wirkung beim Menschen ist bislang nicht belegt. Europaweite Untersuchungen haben gezeigt, daß Ochratoxin A im Blut nahezu der gesamten Bevölkerung nachgewiesen werden kann. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Bundesministers für Gesundheit, an dem das BgVV, Bundesforschungsanstalten, die Lebensmittelüberwachung und Infratest München beteiligt sind, werden in Deutschland zur Zeit Lebensmittel und Blutproben von Verbrauchern auf ihre Belastung mit Ochratoxin A untersucht, um hieraus Maßnahmen zur Minimierung abzuleiten. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, daß neben Getreide und Getreideprodukten, Kaffee und Bier zu den Nahrungsmitteln gehören, die wesentlich zur Ochratoxin-A-Belastung beitragen. Das BgVV hat dem Bundesminister für Gesundheit die Festlegung von Höchstmengen auf EU-Ebene empfohlen, um den Verbraucherschutz sicherzustellen und Interventionswerte für die amtliche Lebensmittelüberwachung zu schaffen. - Berechnungen, die im Auftrag des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Union (EU) durchgeführt wurden, belegen für verschiedene europäische Länder tägliche Ochratoxin-A-Gesamtaufnahmen zwischen 0,9 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (ng/kg KG/d) für Deutschland und 4,6 ng/kg KG/d für Italien. Die durchschnittliche Ochratoxin-A-Belastung im Blutplasma liegt in Europa zwischen 0,18 (Schweden) und 1,8 (Dänemark) Mikrogramm pro Liter (µg/l). Das Mykotoxin wurde bislang in Getreide und daraus hergestellten Produkten, auch in Kaffee, Bier, Weinen, Trockenobst, auf Gewürzen und Gemüsen nachgewiesen. Über Kakao kann es in Schokolade gelangen und in Fleischerzeugnissen fand es sich dann, wenn Tiere verschimmeltes Futter erhielten. Die durchschnittliche Belastung von Kaffee mit OTA liegt bei 0,8 µg/kg LM. Die von Getreide zum Vergleich bei 0,2 bis 0,4 µg/kg und die von Bier bei 0,07 µg/kg LM. Werden diesen Werten die üblichen Verzehrsmengen zugrundegelegt, ergibt sich für den Verbraucher eine OTA-Aufnahme von 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (ng/kg KG/d) durch Kaffee, 0,5 ng/kg KG/d durch Getreide(produkte) und 0,2 ng/kg KG/d durch Bier. Bestehende Unsicherheiten in der toxikologischen Bewertung haben international zu unterschiedlichen Abschätzungen der tolerierbaren Aufnahmemenge geführt. Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Union liegt sie im Bereich von "einigen ng/kg Körpergewicht und Tag". Auf Empfehlung des BgVV fordert Deutschland in der EU die Festlegung von Ochratoxin-A-Höchstmengen für Lebensmittel. Schweden hat die Festlegung einer Höchstmenge von 5 µg Ochratoxin A/kg auf nationaler Ebene 78 angekündigt. Das BgVV begrüßt die Initiative, tritt aber aus Vorsorgegründen für einen niedrigeren Wert von höchstens 3 µg/kg Lebensmittel ein. Für Rohprodukte zur Herstellung von Kleinkindernahrung empfiehlt das BgVV eine Höchstmenge von nur 0,3 µg/kg. Bundesinstitut für Risikobewertung / Nationales Referenzlabor für Mykotoxine Mykotoxine in Lebensmitteln - Warum sind Mykotoxine als kritisch einzustufen? Verbraucherinformation, 2009 Im Gegensatz zu den meisten Bakterientoxinen, bei denen es sich um Proteine handelt und daher eine Antikörperreaktion auslösen, führen Mykotoxine wegen ihres niedrigen Molekulargewichts zu keiner Antikörperbildung und damit nicht zu einer echten Immunabwehr. Die toxische Wirkung der Mykotoxine kann, abhängig von der Toxinart, akut und/oder chronisch sein. Die chronische Toxizität ist die Giftigkeit eines Stoffes bei wiederholter Aufnahme über längere Zeit. Sie wird ebenfalls in mg/kg Körpergewicht angegeben und ist meist um ein vielfaches kleiner als die akute Toxizität. Die hier beobachteten Symptome treten erst nach mehrfacher bzw. dauerhafter Exposition eines Organismus gegenüber einer Substanz auf i.d.R. nach mehr als sechs Monaten, wobei sowohl substanzkumulative als effektkumulative Symptome beobachtet werden können. Die chronischen Wirkungen bzw. Folgen sind hierbei von einer Schwellendosis abhängig. Ausgenommen hiervon sind genotoxische Wirkungen (z.B. Mutagenität, Kanzerogenität) für die keine Schwellendosis abgeleitet werden kann, da theoretisch bereits durch ein Molekül eine genotoxische Wirkung ausgelöst werden kann. Als Spätfolgen einer chronischen Aufnahme von Mykotoxinen sind kanzerogene Wirkungen (Krebsverusachend), mutagene Wirkungen (Erbschäden bewirken), teratogene Wirkungen (Missbildungen beim Embryo) beschrieben. Bisher kennt man mehr als 300 verschiedene Mykotoxine, die etwa 25 Strukturtypen zugeordnet werden können und aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Strukturen verschiedene toxische Wirkungen zeigen. Die weit über 300 Mykotoxine werden von mehr als 250 Schimmelpilzarten gebildet. Während einige Mykotoxine nur von einer begrenzten Zahl von Arten synthetisiert werden, werden andere wiederum von vielen Arten aus unterschiedlichen Pilzgattungen gebildet. Viele werden nur unter Laborbedingungen in relevanten Mengen gebildet, und nur eine relativ geringe Zahl kommt häufig und in höheren Konzentrationen natürlich vor und ist damit für die Lebensmittelsicherheit von Bedeutung. Hierzu zählen Aflatoxine, Ochratoxine, Mutterkornalkaloide, Fusarientoxine (Trichothecene, Fumonisine, Zearalenon), Patulin und Alternaria-Toxine. Für die Mykotoxine in Lebensmitteln gibt das BfR an: Aflatoxine sind leberschädigend, mutagen, kanzerogen, teratogen. Ochratoxln A wirkt kanzerogen, teratogen, neurotoxisch, nierenschädigend. Für andere Mykotoxine werden auch neurotoxische Wirkungen angegeben. Bundesregierung Aflatoxin-Verordnung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 1945) Die Aflatoxin-Verordnung berücksichtigte die Ergebnisse der Forschung zum Vorkommen und zur Toxizität der Aflatoxine sowie die derzeitigen Erkenntnisse der Überwachungslaboratorien über die Verbreitung und die Kontaminationsgrade in Lebensmitteln. Sie galt nur für Erdnüsse, Nüsse, Kokosraspeln, Mohn, Sesam und Getreide und die ausschließlich daraus hergestellten Lebensmittel. Die zulässigen Höchstwerte betrugen für Gesamtaflatoxin 10 µg/kg und für Aflatoxin B1 5 µg/kg. Bereits früher war eine Aflatoxin-Futtermittel-Verordnung zur Verhütung von Mykotoxinvergiftungen bei Nutztieren erlassen worden, die gleichfalls 10 µg/kg für Gesamtaflatoxine und 5 µg/kg für Aflatoxin B1 vorsah. Bundesregierung Verordnung über Höchstmengen an Mykotoxinen in Lebensmitteln (MHmV) vom 2.6.1999, zuletzt geändert am 2. 5. 2003, BGBl. I. (2003) S. 641 Die Verordnung regelt die zulässigen Höchstmengen an Mykotoxinen in Lebensmitteln und berücksichtigt dabei die entsprechenden Richtlinien der EU. Die Verordnung löst die frühere Aflatoxin-Verordnung aus dem Jahre 1976 ab und übernimmt die zulässigen Höchstwerte für Aflatoxin. Erzeugnisse, deren Gehalt an Aflatoxin die zulässigen Höchstmengen überschreitet, dürfen nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden. Zulässig sind für Lebensmittel 2 µg/kg Aflatoxin B1 oder 4 µg/kg Gesamtaflatoxin, für Milch 0,05 µg/kg Aflatoxin M1. Es werden Erzeugnisse festgelegt, die nach den EU-Richtlinien zu untersuchen sind: Erdnüsse, Schalenfrüchte, Trockenfrüchte, Getreide, Milch, Gewürze (Muskat, Pfeffer, Ingwer, Gelbwurz), Rosinen, Korinthen, Sultaninen. Bundschuh, K Ist Rotwein gesund? Studien zeigen, dass Alkohol vor Herzinfarkten schützt. Aber längst nicht alle Menschen profitieren davon Berliner Zeitung, 27. 10. 2006 / Circulation, Bd. 106, S. 1652 / Epidemiological Review, Bd. 15, S. 328 79 Die Autorin berichtet von der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (2006). Dort stellte der Pharmakologe Ulrich Förstermann (Universität Mainz) drei Studien seiner Arbeitsgruppe vor, die zuvor in Fachzeitschriften publiziert waren. Resveratrol erhöht nach Auskunft von Förstermann die Bildung von Stickstoffmonoxid in den Endothelzellen, jener Gewebeschicht also, die die Blutgefäße auskleidet. Die Mainzer Forscher konnten zeigen, welche molekularen Mechanismen Resveratrol in der Zelle in Gang setzt. Die Produktion von Stickstoffmonoxid wirkt gefäßerweiternd und verhindert die Verklumpung von Blutplättchen ebenso wie die Einwanderung von Entzündungszellen in die Gefäßwand. Förstermann hat Diese Effekte waren in Kulturen aus Endothelzellen und an Ratten untersucht worden. Mit Traubensaft oder Weißwein konnten nicht die herz- und gefäßschützenden Effekte erzielt werden. Auch reiner Alkohol versagte in dieser Richtung. Der Epidemiologe Ulrich Keil (Münster) hält Studien wie die von Förstermann für intellektuell anregend. Doch er schränkt gleich ein, sie bewiesen aber nichts. Das können nach seiner Ansicht nur epidemiologische Studien. Bei solchen Erhebungen wird untersucht, wie sich Krankheiten ausbreiten und wie unterschiedliche Einflüsse, etwa die Ernährung oder Umweltbelastungen, auf die Gesundheit der Bevölkerung wirken. Bisherige epidemiologische Studien haben gezeigt, dass der Alkohol - in moderaten Mengen genossen - schützend auf die Gefäße wirkt. Bereits 1993 wurde in der Fachzeitschrift Epidemiological Review die erste sogenannte Metaanalyse veröffentlicht, nach der Alkohol der entscheidende Wirkstoff für den Schutz der Blutgefäße ist. Deshalb kann er kaum verstehen, dass immer wieder neu über die Frage diskutiert wird, ob nun Weißwein, Rotwein oder Bier dem Herzen mehr hilft. Singer (Universitätsklinik Mannheim) wandte sich gegen Trinkempfehlungen. Der Stoffwechsel sei bei verschiedenen Menschen so unterschiedlich, dass Alkohol niemals gleich wirken könne. Zu bedenken gab Singer auch, dass man dieselben schützenden Effekte, die ein Viertelliter Wein erzielt, beispielsweise auch durch sportliche Aktivität oder durch mediterrane Kost erreichen könne. Einig waren sich Keil und Singer, dass die Forschungslage vor allem deshalb so unübersichtlich ist, weil viele Studien zur positiven Wirkung von Bier und Wein von Brauereien oder Weinanbauverbänden finanziert wurden. Butenand, Prof. / Tübingen Referiert von Frau Dr. Gertraud Lemke, Hauptverwaltung Gesundheitswesen Über die Genese maligner Tumoren Z. Ärztliche Fortbildung 1949, S. 387 Berichtet wird von der 55. Tagung der "Deutschen Gesellschaft für innere Medizin" 1949 in Wiesbaden: Prof. Butenand referierte über die Genese maligner Tumoren. Unter den krebserzeugenden chemischen Stoffen sind die aromatischen Kohlenwasserstoffe und die Azofarbstoffe die wichtigsten Gruppen. Benzanthracen ist die Muttersubstanz der krebserzeugenden Kohlenwasserstoffe. Durch Anlagerung eines Fünferringes entsteht Benzpyren. Dieses ist eines der wirksamsten Mittel zur experimentellen Krebserzeugung im Tierversuch. Die Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle muß etwas mit der spezifischen Proteinproduktion zu tun haben. Es wird angenommen, dass der Angriffspunkt der Kohlenwasserstoffe in der Veränderung der selbst reproduzierenden Prozesse der Zelle liegt. Die Suche nach Enzymen, durch deren Mithilfe eine Dehydrierung von Steroiden zu kanzerogenen Kohlenwasserstoffen zustande kommt, verlief erfolglos. - Untersucht wurde die Frage nach der Rolle der Colibakterien bei der Entstehuing des Rektumkarzinoms. Im Mäuseexperiment entstand das Rektumkarzinom auch ohne Colibakterien. - Untersucht wurde der Leberstoffwechsel, in dem der Auf- und Umbau von Sterinen und Gallensäuren stattfindet. Dazu wurden Extrakte aus normaler Leber, Leber von Krebskranken und Leber von Krebskranken mit Metastasen hergestellt. Diese Extrakte wurden im Tierversuch auf Karzinogene untersucht. Sie wurden dazu 800 Tieren auf eine rasierte Hautstelle gepinselt. Bei keinem einzigen Tier wurde damit ein Plattenepithelzellkarzinom erzeugt. Daraus ergab sich, dass in den Leberextrakten keine spezifischen karzinogenen Stoffe vorhanden waren.- Butenand nannte unter den Krebsentstehungstheorien zunächst die Theorie der somatischen Mutation von Bauer. Er sah darin aber nicht die einzige Ursache. - Es sollte auch über eine Virusätiologie nachgedacht werden. Beim Menschen waren virusbedingte Tumoren nicht bekannt geworden. Viren, die im Tierexperiment Karzinome erzeugen, haben Antigencharakter. Sie regen den Körper zur Antikörperbildung an und ermöglichen die Immunisierung gegen die Virusinfektion. Bei Menschen konnte keine irgendwie geartete Krebsabwehr festgestellt werden. Butylin, Juri Holzkohle - fast ein Allheilmittel Sputnik 7/1987, (n.: Pharmazewtitscheski Journal, Kiew) Seit undenklichen Zeiten verwenden die Ärzte stoffliche Mittel zur Entschlackung. Hippokrates entgiftete so an Urämie erkrankte Patienten. Möglicherweise erfuhren die Europäer durch ägyptische Priester von der Eigenschaft der Holzkohle, verschiedene Stoffe zu adsorbieren. Im 18. Jahrhundert begann man, Aktivkohle in der europäischen Medizin anzuwenden, In Rußland wurde die Kohle in der zweiten Hälfte des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts besonders populär, als man sie schon industriell gewann, allerdings für die Zuckerraffinierung. - In den 1970er Jahren vervollkommnete Lopuchin die Methode der Hämosorption. Aktivkohle wurde synthetisiert. Die Reinigung des Blutes ermöglicht die Behandlung von Krankheiten, denen die Medizin oft machtlos gegenüber stand (Pank- 80 reatitis, Peritonitis, chronische Leber- und Nierenstörungen u. a.). Kohlenstoff adsorbiert aktiv beliebige Gifte und wirkt auf dem gesamten Weg durch den Magen-Darm-Trakt. Bei etwa 30 Krankheiten bewirkt das Adsorbens einen guten Heileffekt. So bei starken Vergiftungen durch Nahrungsmittel, Arzneimittel und Chemikalien. Enterosorbenten wirken bei schweren Verbrennungen, Gelenkentzündungen, Bronchialasthma, Schwangerschaftstoxikose, Arteriosklerose u. a. - In den 1980er Jahren wurde die Wirkung der Enterosorbenten auf verschiedene allergische Erkrankungen untersucht. Bei 85 - 90 % der Behandelten stellte sich Besserung ein. Interessant ist, dass die Enterosorbenten nicht unbedingt wissen müssen, welches Allergen das Unwohlsein hervorgerufen hat. Butz, M. u. Coautoren / Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) Asbestverursachte Berufskrankheiten in Deutschland - Entstehung und Prognose HVBG, August 2003 Im Zeitraum von 1980 - 2000 wurden 6.395 asbestbedingte Lungen-/Kehlkopfkrebserkrankungen und 6.093 Mesotheliome als Berufskrankheiten anerkannt. - Von den im Geschäftsjahr 2000 anerkannten Asbest-Berufskrankheiten haben bei den Asbestkrebserkrankungen 37 % und bei den Mesotheliomen 20,3 % der betroffenen Versicherten ihre gefährdende Tätigkeit zwischen 1950 und 1960 aufgenommen. Es wird vermutet, das in den ersten 10 oder 20 Jahren an bestimmten Arbeitsplätzen massive Asbesteinwirkungen bestanden oder sehr viele Arbeitnehmer exponiert waren. - Tabakrauch erhöht das Risiko, an einem Lungenkrebs zu erkranken, erheblich. Das Maximum der asbestbedingten Erkrankungen wird deutlich vor dem Jahr 2010 erwartet. - Die narbengewebsbildenden und insbesondere die tumorerzeugenden Wirkungen eingeatmeter Asbestfasern werden in der Medizin seit langem diskutiert. Asbestbedingte Lungenkrebserkrankungen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer morphologischen, topographischen und histologischen Charakteristika nicht von Lungenkrebserkrankungen anderer Genese. Verbreitete Rauchgewohnheiten stellen einen wesentlichen syncanzerogenen Risikofaktor dar. Butz, M. / Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) Beruflich verursachte Krebserkrankungen Eine Darstellung der im Zeitraum 1978 - 2003 anerkannten Berufskrankheiten HVBG, Juli 2005 Im Berichtszeitraum 1978 bis 2003 wurden von den gewerblichen Berufsgenossenschaften insgesamt 354.231 Fälle im Verwaltungsverfahren als Berufskrankheit anerkannt. 25.729 Krebserkrankungen waren beruflich verursacht. In der gesetzlichen Unfallversicherung nimmt seit Jahren die Diskussion um beruflich verursachte Krebserkrankungen einen erheblichen Raum ein, ohne dass von den Fallzahlen her den Krebserkrankungen eine ähnlich große Bedeutung zukommt wie im übrigen Gesundheitswesen. So starben im Jahr 2003 von den 42 Millionen Versicherten der gewerblichen Berufsgenossenschaften 1.980 infolge einer Berufskrankheit. Bezieht man die auf Krebs zurückzuführenden 1.236 Todesfälle auf die insgesamt an den Folgen einer Berufskrankheit Verstorbenen, so errechnet sich ein Anteil von 62,4 %. - Für den asbestbedingten Lungen- oder Kehlkopfkrebs scheinnt die jüngste Entwicklung auf einen überwundenen Höhepunkt hinzudeuten. Für eine eindeutige Interprätation bleiben die Folgejahre abzuwarten. Chao, Ann et al. / Epidemiology and Surveillance Research, American Cancer Society / Department of Epidemiology, Rollins School of Public Health, Emory University / Division of Cancer Epidemiology and Genetics, National Cancer Institute Meat Consumption and Risk of Colorectal Cancer JAMA 2005; 293: 172 - 182 In der epidemiologischen Literatur ist der Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch mit einem erhöhten Krebserkrankungsrisiko für das colorectale Karzinom assoziiert. - In einer Kohortenstudie mit 148.610 erwachsenen Probanden (69.664 Männer; 78.946 Frauen) zwischen 50 und 74 Jahren (mittleres Alter 63 Jahre) untersucht. Es wurden 1.667 colorectale Karzinome gefunden. Die Probanden wurden in je 5 Gruppen nach dem Wochenverbrauch von rotem Fleisch eingeteilt. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch mit einem erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom (RR 1,50; 95 % CI: 1,04 - 2,17) assoziiert. Ein häufiger Verzehr von rotem Fleisch erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom (RR 1,29; 95 % CI: 0,88 - 1,89 ) und für ein Rektumkarzinom (RR 1,43; 95 % CI: 1,00 - 2,05). Wer mehr rotes als weißes Fleisch verzehrte, hatte ein höheres Risiko für ein distales Karzinom (RR 1,53; 95 % CI: 1,08 - 2,18). Für proximale Tumore bestanden keine Assoziationen. Charles, R.H.G., Leitender Medizinalbeamter im Ministerium für Gesundheit, London Gemeinschaftsverpflegung durch zentrale Großküchen Veröffentlichung der WHO, Europäische Schriftenreihe Nr. 15, (1986) Der Autor beschreibt die verschiedenen Kontaminanten von Lebensmitteln, darunter u. a. Bakterien, bakterielle Gifte, Parasiten, Viren, auch die Toxine bestimmter Pilze (Mykotoxine). 81 Er stellt das Kontrollsystem HACCP vor, das in den USA weit verbreitet angewendet wird. Die Lebensmittelkontrolle und der Qualitätssicherung basiert auf der betrieblichen Kontrolle". Aufgrund technischer Einzelheiten des Verarbeitungsprozesses oder der anschließenden Handhabung oder aufgrund des Nachweises des Verderbs oder von Fäulnis wird ein Lebensmittel oder eine Gruppe von Lebensmitteln als gefährlich eingestuft. Anschließend wird eine eingehende, systematische Untersuchung des gesamten Produktionsablaufs, der Verteilung und der Verwendung dieser Lebensmittel durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden analysiert, um festzustellen, wie und wo diese Gefährdungen entstehen, an welchen Punkten Kontrollen vorgenommen werden müssen und welche Kontroll- und Überwachungsverfahren an diesen Punkten anzuwenden sind. Diese Verfahren können in der mikrobiologischen Untersuchung von Nahrungsmittelstichproben bestehen, die an jedem kritischen Punkt entnommen werden, oder aus anderen, besser geeigneten Tests wie Zeit- und Temperaturüberwachung oder Messung des pH-Wertes. Das alles ist keineswegs neu, doch der entscheidende Punkt ist die starke Betonung der systematischen Analyse von Gefährdungen und der Ermittlung der kritischen Punkte sowie die Konzentration der verfügbaren Mittel auf die zweckmäßigsten Kontrollmethoden an diesen Punkten. Die Anwendung dieser Methode scheint bedeutend kostenwirksamer zu sein als intensive Untersuchungen der Endprodukte, die dadurch ganz oder weitgehend überflüssig werden. Parallel mit dem HACCP-Verfahren müssen unbedingt alle Aufzeichnungen über die Verarbeitung und die Überwachungsergebnisse als Mittel zur genauen Identifizierung jeder einzelnen Produktions- bzw. Lieferungsserie des betreffenden Produkts aufbewahrt und ein System geschaffen werden, das die Auslieferung und den Konsum gesundheitsgefährlicher Lebensmittel und Speisen sicher verhindert. Cho, E. und Coautoren / Harvard Medical School, Boston Alcohol intake and colorectal cancer: A pooled analysis of 8 cohort studies Ann Intern Med 2004; 140: 603-613 Regelmäßiger Alkoholkonsum erhöht das Erkrankungsrisiko für das Dickdarmkarzinom. Das ist das Ergebnis einer Analyse von 489.979 Erwachsenen mit 4.687 Colonkarzinomen. Es betraf beide Geschlechter mit Bier-, Wein- oder Spirituosenkonsum im Vergleich zu Nichttrinkern. Die Autoren evaluierten diesen Zusammenhang auf der Grundlage von 8 Kohortenstudien, die in Amerika und Europa mit 489.979 Probanden und 4.687 dokumentierten colorectalen Karzinomen durchgeführt worden waren. Die Autoren finden eine signifikante Erhöhung des Erkrankungsrisikos bei einem Alkoholkonsum von >30 g/d. Im Vergleich zu Nichttrinkern erhöht sich das Erkrankungsrisiko für Probanden mit 30 - 45 g/d Alkoholaufnahme auf 1,16 (CI: 0,99 - 1,36), bei einer Alkoholaufname von >45 g/d auf 1,41 (CI: 1,16 - 1,72). Zwischen den Geschlechtern wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden. Probanden mit einem niedrigen BMI sind stärker betroffen, als Probanden mit einem hohen BMI. Für Bier- und Weintrinker wird ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bereits bei einem Alkoholkonsum von >15 g/d ausgewiesen. - Bei Biertrinkern erhöht sich das Risiko für das Colonkarzinom auf 1,38 (CI: 1,05 - 1,82); für das Rectumkarzinom auf 1,59 (CI: 1,12 - 2,25). - Bei Weintrinkern erhöht sich das Risiko für das Colonkarzinom 1,33 (CI: 1,00 - 1,77); für das Rectumkarzinom auf 1,55 (CI: 1,11 - 2,17). - Spirituosen führen noch nicht zu einem signifikanten Risikoanstieg. Cholmakov-Bodechtel, C.; Wolff, J.; Gareis, M.; Bresch, H.; Engel, G.; Majerus, P.; Rosner, H. und Schneider, R. Ochratoxin A: Representative Food Consumption Survey and Epidemiological Analysis Archiv für Lebensmittelhygiene, 51 (2000) 111-115 Untersucht wurde die Ochratoxin A-Aufnahme aus Lebensmitteln. 2005 Erwachsene und 574 Kinder wurden auf ihre Verzehrsgewohnheiten befragt. Die Verzehrshäufigkeiten wurden quantifiziert und für alle Lebensmittel plausible niedrigste, mittlere und höchste Portionsgrößen errechnet. In Verbindung mit den Ergebnissen der OTAAnalysen der einzelnen Lebensmittel wurden 4 Modelle (best, mean, bad und worst case) berechnet. Das mean caes-Modell dürfte der durchschnittlichen Belastung am ehesten entsprechen. Errechnet wurde eine Tagesaufnahme von 27,9 ng für Kinder und von 39,9 ng für Erwachsene. Daraus ergeben sich relative Tagesaufnahmen von 0,97 ng/kg Körpergewicht für Kinder und 0,58 ng/kg Körpergewicht für Erwachsene. Bei Kindern zwischen 4 und 6 Jahren liegt die relative Tagesaufnahme mit 1,3 ng am höchsten. - Die prozentualen Anteile an der Tagesaufnahme von Ochratoxin A werden für 19 Lebensmittelgruppen als Mittelwerte angegeben. Getreideprodukte sind mit mehr als 40 bis über 50 % an der Tagesaufnahme beteiligt; bei Erwachsenen darüber hinaus Kaffe (14,5 %) und Bier (9,8 %); bei Kindern rote Traubensäfte (15,4 %) und Naschereien und Knabbereien (9,9 %). Eine überwiegend vegetarische Ernährung stellt keinen Risikofaktor dar. Christ, Dr. med. Stephan Vergleichende Untersuchungen zum Stellenwert der palliativen perkutanen Strahlentherapie beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom Dissertation an der Humboldt-Universität (Charité), Berlin, 2001 Der Autor äußert sich zur Entstehung der Bronchialkarzinome: 82 Bösartige Tumoren der Lunge führen die Statistiken der zum Tode führenden Tumoren an. Zählte noch zu Beginn unseres Jahrhunderts das Bronchialkarzinom zu den seltenen Tumorformen, läßt der Anteil dieses Tumors an der Krebsgesamtsterblichkeit in Deutschland im Jahre 1997 mit 26 % bei den Männern und 8 % bei den Frauen Ursachen u. a. in den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensweisen sowie in der steigenden Industrialisierung vermuten. So konnte beispielsweise ein kanzerogenes Potential in den letzten Jahren für einige Stoffe wie z.B. Asbest, Chromate, Arsen, Nickel aber auch durch ionisierende Strahlung nachgewiesen werden. Zudem unterstrichen tierexperimentelle Untersuchungen, daß Mehrfachbelastungen mit kanzerogenen Stoffen, die sogenannte Synkanzerogenese, zur weiteren Häufigkeitszunahme des Lungenkrebses führen. Diese arbeitsplatzspezifischen Noxen aber dürften für die Bevölkerungsinzidenz insgesamt eher eine untergeordnete Rolle spielen, da sie meist nur einen sehr kleinen Teil berufsmäßig Exponierter treffen. Unbestritten ist die herausragende Rolle des Tabakrauchens bei der Entstehung des Bronchialkarzinoms und die Abhängigkeit des diesbezüglichen Erkrankungsrisikos von Konsumdauer und Menge. Bei 90 % aller Bronchialkarzinompatienten läßt sich eine Raucheranamnese erheben. Demgegenüber steht ein Anteil von Rauchern an der Gesamtbevölkerung in Deutschland von 27 % im Jahre 1998. Hingegen erkranken nur etwa 5 % aller Raucher, so daß davon ausgegangen werden muß, daß noch weitere exogene und endogene Faktoren wie beispielsweise konstitutionelle Voraussetzungen und der Zustand der körpereigenen Abwehr von erheblicher Bedeutung sind. Als Hauptursache für die Tumoren des Bronchialsystems werden insbesondere aerogene Noxen angenommen, weil die Inzidenz mit zunehmendem Lebensalter stetig steigt. Je länger die Exposition gegenüber Noxen der Umwelt anhält, dies auch in Hinblick auf eine zunehmende Luftverschmutzung, desto höher ist das Risiko, an einem Bronchialkarzinom zu erkranken. In den letzten Jahren konnte zudem eine genetische Disposition belegt werden. Zwar sind die Entstehungsmechanismen der Lungentumoren inzwischen auch auf zellulärer Ebene bekannt und eröffnen damit auch präventive Möglichkeiten, jedoch ergibt sich mit 28.200 Neuerkrankungen im Jahre 1995 bei den Männern und 8.900 Neuerkrankungen bei Frauen in Deutschland eine dringende Notwendigkeit in der Behandlung dieser Krebsform. Clarke C A., Glaser S L, Uratsu C S, Selby J V, Kushi L H and Herrinton L J. / Surveillance Research, Northern California Cancer Center, Fremont CA, and Department of Health Research and Policy, Stanford University School of Medicine, Stanford, CA / Division of Research, Kaiser Permanente, Oakland CA Recent Recent Declines in Hormone Therapy Utilization and Breast Cancer Incidence: Clinical and Population-Based Evidence Journal of Clinical Onkology , Vol.24, Number 33, Nov. 2006 Die Autoren berichten im Zuammenhang mit dem Rückgang der Hormonanwendungen im Jahr 2003 gegenüber dem Jahr 2001 in Kalifornien um 68 % für die Östrogen/ Gestagen-Therapie und um 36 % für Östrogen alleine. Die Brustkrebsmorbidität ging in den untersuchten Gebieten um 10 bis 11 % zurück. Für 2004 lag die Inzidenz in zwei untersuchten Gebieten leicht unter den Werten von 2003. Dargestellt wird der Rückgang der Hormonanwendungen und die altersspezifische Brustkrebsinzidenz für den Zeitraum 1994 bis 2004. Cottier, Prof. Dr. H. / Patholgisches Institut der Universität Bern Pathogenese Springer-Verlag Berlin * Heidelberg * New York 1980 Der Pathologe Cottier reflektiert den Erkenntnisstand am Ende der 1970er Jahre. Beim Menschen kommen verschiedene Möglichkeiten der Exposition gegenüber karzinogenen Substanzen in Betracht: Im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, durch Einnahme mit der Nahrung, durch Verunreinigung der Umwelt, insbesondere der Luft, infolge besonderer Lebensgewohnheiten sowie in Form von Arzneimitteln mit karzinogener Wirkung. Nach Schätzungen der WHO (World Health Organisation) dürften in über 75 % maligner Neoplasien des Menschen Umweltfaktoren ätiologisch maßgeblich beteiligt sein, davon in etwa 90 % der Fälle körperfremde Chemikalien. - Als Beispiele exogener chemischer Substanzen mit karzinogener Wirkung auf den Menschen und/oder das Tier nennt Cottier u. a.: Chloroform und Tetrachlorkohlenstoff, Beryllium, den Azofarbstoff 83 Buttergelb, das Pilzgift Aflatoxin, Nitrosamine, Zigarettenrauch. - Aus den angeführten Beispielen geht hervor, daß karzinogene Substanzen ihre Wirkung z. T. offenbar lokal, d. h. am Ort des Kontakts mit der äußeren oder mit inneren Oberflächen des Körpers, entfalten können (lokal wirkende Karzinogene). In anderen Fällen kommt es nach Einwirkung karzinogener Chemikalien nicht in der Kontaktfläche, sondern in anderen, von dieser entfernten Geweben und Organen zur Entwicklung von Neoplasien (sog. resorptive Karzinogene). Die Löslichkeit der Karzinogene in Körperflüssigkeiten und damit deren Transportfähigkeit, die Eintrittspforte, selektive Speicherung in gewissen Zellsystemen oder der Anhäufung in bestimmten Organen, scheinen eine wesentliche Rolle zu spielen. Crispin, A.; Hölzel, D. / Universität München Epidemiologische Aspekte des Mammographiescreenings Berliner Ärzte, 8/2004 Bayern ist das erste Bundesland mit einem flächendeckenden Mammographiescreening. Das Mammakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor und die wichtigste Todesursache der Frau. Jährlich erkranken mehr als 50.000 Frauen an Brustkrebs neu. 2002 starben 17.780 Frauen an Brustkrebs. Die Diagnose eines Mammakarzinoms sei kein Todesurteil. Je früher im Krankheitsverlauf Diagnose und Therapie erfolgen, desto besser ist die Prognose. - Ohne Mammographie würden die meisten Tumoren erst bei einer Größe zwischen 2 und 5 cm entdeckt und - wie vor 30 Jahren - mehr als die Hälfte der erkrankten Frauen versterben. Mit einem systematischen Screening könnte im Mittel ein Tumordurchmesser von 12 mm erreicht und damit 20jahresÜberlebensraten bis 70 % realisierbar werden. Mit jedem Sterbefall bei einem mittleren Lebensalter von 62 Jahren gehen fast 15 Lebensjahre verloren. Darby, Sarah , Prof. für medizinische Statistik und Coautoren / Radcliffe Infirmary in Oxford Radon in homes ans risk of lung cancer: collaborative analysis of individual data from 13 European casecontrol studies BMJ, Bd. 330, S. 223 Die Autorin kommt im British Medical Journal (BMJ) zu dem Schluss, dass 9 % aller Lungenkrebstodesfälle in Europa - 2 % aller Krebssterbefälle - auf das radioaktive Edelgas Radon zurückgehen. Mit jedem Anstieg der Radonbelastung um 100 Becquerel je Kubikmeter Raumluft nehme nach der Studie das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, um 16 Prozent zu. Degen, G. H., Lektarau, Y., Blaskewicz, M., Grüner, C. / Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund, Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Ochratoxin A Analysen im Blut von Wertstoffsortierern und Deponie-Beschäftigten 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, Juni 2002 Ochratoxin A (OTA) ist eine häufig vorkommende Kontamination in Nahrungsmitteln, über die es oral aufgenommen wird. Daraus resultiert eine gewisse Hintergrundbelastung der Bevölkerung. Untersucht wurde die Möglichkeit einer inhalativen Mykotoxin-Aufnahme Ochratoxin A-haltiger Stäube bei Wertstoffsortierern. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Studie des Landesgesundheitsamts Baden-Würtemberg an Beschäftigten in der Abfallwirtschaft (Wertstoffsortierer, Deponierer) sind ca. 400 Blutproben untersucht worden. - Die Höchstwerte lagen in den untersuchten Gruppen nicht höher als die in einer anderen Untersuchung gefundenen Spitzenwerte für die Allgemeinbevölkerung in zwei Regionen Süddeutschlands (s. Rosner et al., 2000). Aus den vorliegenden Befunden ergibt sich kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Gestützt wird aber ein Verdacht auf eine zusätzliche inhalative Aufnahme von Ochratoxin A durch Stäube, der weitere Untersuchungen an Risikoarbeits-plätzen rechtfertigt. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Dr. Günter Keding, Bad Nenndorf Krebs - Wer ist gefährdet? - Risiken erkennen und vermeiden Die blauen Ratgeber 1, 07/2003 Die Autoren geben einen allgemeinen Überblick über die Entstehung der Krebserkrankungen. Untersuchungen zur Krebsepidemiologie haben Zusammenhänge zwischen bestimmten Lebensgewohnheiten und bestimmten Krebsarten festgestellt. Es sei inzwischen erwiesen, dass 90 Prozent aller Bronchialkarzinome auf das Rauchen zurückzuführen sind. Auch bei Magen-, Rachen-/Kehlkopf-, Mund-, Kiefer-, Nierenbecken-, Blasen- und Gebärmutterkrebs wurde Nikotinmissbrauch als Risiko erkannt. Alkohol, regelmäßig und in größeren Mengen zu sich genommen, trägt zur Entstehung von Rachen- und Kehlkopf-, Magen- und Leberkrebs bei. Übermäßige Sonnenbestrahlung und Hautkrebs - beides hängt eng zusammen. Ein anderer Faktor, der Einfluss auf die Entstehung von Krebs haben kann, sei die Ernährung. Ungesunde, weil zu fette und ballaststoffarme Ernährung kann dazu beitragen, dass sich Magen- oder Darmkrebs entwickelt; ein hoher Fettverzehr steht auch im Zusammenhang mit Brustkrebs; Übergewicht begünstigt die Entstehung von Gebärmutterkrebs. Neben den Lebensgewohnheiten, auf die wir selbst Einfluss nehmen können, gibt es aber noch andere Faktoren, die das Risiko für einzelne Krebsarten erhöhen, die wir allerdings nicht oder nur zum Teil beeinflussen können: 84 bestimmte Krankheiten, krebserregende Stoffe, denen man am Arbeitsplatz ausgesetzt ist, und nicht zuletzt eine familiäre Veranlagung, die es zum Beispiel bei Magen-, Darm- und Brustkrebs gibt. Deutsche Krebshilfe e.V. / Berater: Prof. Dr. W. Jonat; Dr. M Holweg, Universität Kiel Brustkrebs Die blauen Ratgeber 2, 07/2003 Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken jährlich fast 46.300 Frauen an Brustkrebs. Zunehmend sind auch jüngere Frauen betroffen. Auch Männer können an Brustkrebs erkranken. 1999 starben 182 Männer an diesem Tumor. Die Ursachen des Brustkrebses - wie der Krebskrankheiten überhaupt - sind noch weitgehend unerforscht. Ein erhöhtes Risiko wird für Frauen angegeben, deren nahe Verwandte Brustkrebs hatten, die selbst bereits früher an Brustkrebs erkrankt waren, die älter als 50 Jahre sind. - Früherkennung ermöglicht eine 98-prozentige Überlebensrate von mehr als 5 Jahren nach der Operation. Mit der Mammographie lassen sich in mehr als 90 % der Fälle die Vorstadien und die Frühstadien der Erkrankung feststellen. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. W. Jonat, Universität Kiel ; Prof. Dr. M. Bamberg, Tübingen Gebärmutter- und Eierstockkrebs Die blauen Ratgeber 3, 10/2003 Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken in Deutschland jährlich etwa 24.500 Frauen an den Neubildungen der inneren Geschlechtsorgane (Gebärmutterhalskrebs: 7.000 Frauen; Gebärmutterschleimhautkrebs: 10.000 Erkrankungen; Eierstock: 7.400 Erkrankungen). Die Ursachen für die Entstehung von Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sind bisher nicht eindeutig geklärt. - Als Risikofaktoren werden Sexualverhalten, chronische Infektionen und Viruserkrankungen genannt. - Mit höherem Alter steigt das Risiko. - Früherkennung wird angeraten. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. H. Jürgens; Universität Münster Krebs im Kindesalter Die blauen Ratgeber 4, 04/2003 Jährlich werden etwa 1.700 bis 1.800 neue Krebserkrankungen bei Kindern unter 15 Jahren festgestellt. Die höchste Erkrankungsrate besteht in den ersten 5 Jahren. In dieser Zeit ist sie etwa doppelt so hoch, wie in den folgenden Jahren. Die häufigsten Diagnosen sind Leukämien mit 33,8 %, Tumoren des Zentralnervensystems mit 20,3 % und Lymphome mit 12,5 %. Die Heilungschancen krebskranker Kinder sind in Deutschland deutlich gestiegen. Fünf Jahre nach der Diagnose "Leukämie" lebten am Anfang der 80er Jahre 69 % der erkrankten Kinder, Ende der 1990er Jahre sind es 81 %. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. E. W. Breitbart / Dermatologisches Zentrum, Krankenhaus Buxtehude Hautkrebs Die blauen Ratgeber 5, Ausgabe 05/2002 Pro Jahr erkranken in Deutschland zirka 94.000 Menschen neu an Hautkrebs. Davon sind etwa 6.400 Neuerkrankungen an einem malignen Melanom. In den letzten Jahren hat die Zahl dieser Erkrankungen drastisch zugenommen. Übermäßige Sonnenbestrahlung gehört zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Hautkrebs. Darüber hinaus können zusätzliche Einflüsse die Wirksamkeit der ultravioletten Strahlen steigern - so zum Beispiel Teer oder Zusätze in Parfüms beziehungsweise Gesichtswässern. Deutsche Krebshilfe e. V. /Berater: Prof. Dr. W. Schmiegel, Universität Bochum; Prof. Dr. M. Bamberg, Universität Tübingen Darmkrebs Die blauen Ratgeber 6, 07/2003 Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 50.000 Menschen. Die Ursachen für die Entstehung von Darmkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt. Es scheint eine gewisse erbliche Veranlagung zu bestehen. Die Ernährungsweise soll Einfluß auf die Entstehung der Krankheit haben. Ab dem 55. Lebensjahr hat jeder Bürger Anspruch auf 2 Darmspiegelungen im Abstand von 10 Jahren! Deutsche Krebshilfe e. V./ Berater: Prof. Dr. W. Schmiegel, Uni. Bochum; Prof. Dr. M. Bamberg, Uni. Tübingen Magenkrebs Die blauen Ratgeber 7, 01/2007 Die Ursachen für die Entstehung von Magenkrebs sind bisher nicht eindeutig geklärt. Als Risikofaktoren für Magenkrebs werden genannt: eine Entzündung des Magens mit dem Bakterium „Helicobacter pylori". Dieser Entzündungsvorgang führt zu einem allmählichen Abbau der Schleimhaut- 85 schutzschicht des Magens und dadurch zu Veränderungen an der Magenschleimhaut, die als chronisch-atrophe Gastritis und intestinale Metaplasie bezeichnet werden. Auf der Basis solcher Veränderungen kann sich dann im Zusammenspiel mit Nahrungs- und Umweltfaktoren ein Magentumor entwickeln. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. U. Schlegel; Prof. Dr. O. D. Wiesler, Universität Bonn Gehirntumoren Die blauen Ratgeber 8, 07/2003 Gehirntumoren zählen zu den selteneren Tumoren. Risikofaktoren und Lebensgewohnheiten, die mit anderen Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht werden können, sind nicht bekannt. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. H. Dralle, Uni. Halle-Wittenberg; PD Dr. M.-L. Sautter, Karlsruhe Schilddrüsenkrebs Die blauen Ratgeber 9, 03/2001 Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkrankten 1997 2.800 Menschen an Schilddrüsenkrebs. Frauen sind stärker betroffen als Männer. Die Ursachen für die Entstehung des Schilddrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig geklärt. Früherkennung bietet gute Heilungschancen. Röntgenbestrahlung im Halsbereich erhöht das Erkrankungsrisiko. Es wird auf die Möglichkeit einer familiären Vererbung verwiesen. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. R. Osieka, TH Aachen Bronchialkarzinom Die blauen Ratgeber 10, 01/1999 In Deutschland erkrankten 1995 etwa 28.900 Männer und 8.100 Frauen an einem Bronchialkarzinom. Seit Jahren steigt bei Frauen durch veränderte Lebensgewohnheiten (Rauchen) die Zahl der Erkrankungen. Als erfolgversprechendster Weg für die Vorbeugung wird die Einschränkung des Tabakkonsums gesehen. Es ist notwendig, über die Faktoren aufzuklären, welche die Entstehung von Bornchialkarzinomen begünstigen können. Sie gelten als Risikofaktoren für diese Krankheit. Als Risikofaktoren werden genannt: Rauchen, Infektionen und Umweltfaktoren (Asbest, Nickel, Chrom, PAK). Im Zigarettenrauch sind zahlreiche krebserregende Substanzen, die sich teilweise erst nach Verbrennung bilden. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. W. Steiner; Prof. Dr. E. Kruse; Prof. Dr. Dr. C.F. Hess, Universität Göttingen Rachen- und Kehlkopfkrebs Die blauen Ratgeber 11, 08/2002 Die Zahl der Erkrankungen steigt. Häufig werden auch jüngere Patienten betroffen. Rauchen und Alkohol tragen zur Entstehung des Rachen- und Kehlkopfkrebses bei. Deutsche Krebshilfe e. V. /Berater: Prof. Dr. A. H. Hölscher; Dr. S. P. Mönig, Universität Köln; Prof. Dr. M. Bamberg, Universität Tübingen Speiseröhrenkrebs Die blauen Ratgeber 13, 02/2002 Jährlich erkranken 4.100 Menschen (3.200 Männer, 900 Frauen) an dieser Krebsart. 1999 starben 4.139 Menschen. Unterschieden werden Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome. Die Ursachen sind trotz intensiver Forschungen bisher unbekannt. Ein klarer Zusammenhang wird zwischen Plattenepithelkarzinomen und einem erhöhten Alkohol- und Nikotinkonsum nachgewiesen. Für das Adenokarzinom konnte dieser Zusammenhang nicht so eindeutig aufgezeigt werden. Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. Schmiegel, Universität Bochum, Prof. Dr. W. Budach, Universität Tübingen Krebs der Bauchspeicheldrüse Die blauen Ratgeber 14, 08/2002 Jährlich erkranken 11.400 Menschen (4.900 Männer, 5.500 Frauen). Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei den Männern bei 67 Jahren, bei den Frauen bei 74 Jahren. Die Ursachen für die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses sind bisher nicht eindeutig geklärt. Gesichert ist der schädliche Einfluß des Rauchens. Raucher erkranken dreimal häufiger als Nichtraucher. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Diabetes mellitus oder einer chronischen Pankreatitis. Diese tritt häufig bei übermäßigem Alkoholgenuß auf. Über den Einfluß von tierischen Fetten und Koffein wird diskutiert. Deutsche Krebshilfe e. V./Berater: Prof. Dr. Dr. H. Rübben, Universität Essen; PD Dr. Th. Küchler, Kiel Prostatakrebs Die blauen Ratgeber 17, 08/2002 86 Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes erkranken in Deutschland jährlich etwa 32.000 Männer. Nach Berechnungen des Europäischen Krebsforschungsinstitutes in Mailand wird eine Zunahme der Häufigkeit des Karzinoms bis 2010 um 3 % jährlich erwartet. Warum Prostatakrebs entsteht, darüber herrscht noch weitgehend Ungewissheit. Man weiß jedoch, dass ohne Testosteron kaum ein Prostatakrebs entstehen kann. Es ließ sich nachweisen, dass Testosteron das Krebswachstum fördert. "Genveränderungen auf dem ersten Chromosom können den Ausbruch der Krankheit begünstigen. Prostatakrebs ist demnach erblich." Deutsche Krebshilfe e. V. / Berater: Prof. Dr. Th. Gilbert; PD. Dr. W. Vahlensieck, Klinik Wildtal; Prof. Dr. Ch. Huber, Universität Mainz; Prof. Dr. H. Rübben, Universität Essen; Prof. Dr. M. Bamberg, Universität Tübingen Nierenkrebs Die blauen Ratgeber 19, 12/2003 In Deutschland erkranken jährlich 5.700 Frauen und 8.300 Männer an Nierenkrebs. Darin enthalten sind Karzinome des Nierenbeckens und des Harnleiters. 85 % sind Nierenzellkarzinome. Bei den übrigen handelt es sich um Sarkome, Nephroblastome, Embryonalkarzinome. Die Ursachen sind unbekannt. In Experimenten konnte der Tumor durch chemische, physikalische, virale und homonelle Mechanismen ausgelöst werden. Umgang mit Blei, Asbest, Cadmium und PAK konnten nicht nachgewiesen werden. Eine familiäre Veranlagung ist bei einem Teil der Betroffenen nachgewiesen. Deutsche Krebshilfe e. V. / Beratung: Diplom-Trophologin I. Böttcher, Leverkusen Ernährung bei Krebs Die blauen Ratgeber 33, 09/2003 Neben einem Zuviel oder Zuwenig an Nährstoffen spielen Schadstoffe in Lebensmitteln eine Rolle bei der Krebsentstehung. Schimmel auf Lebensmitteln enthält häufig Pilzgifte (Aflatoxine), Braunfäule auf Äpfeln und anderen Früchten bildet Gifte (Patuline), die Krebs auslösen können. Als weitere Schadstoffe werden genannt: Nitrosamine, die direkt mit Lebensmitteln aufgenommen werden, denen aus lebensmittel-technologischen Gründen Nitritpökelsalz zugesetzt werden darf. Kohlenwasserstoffe, die beim Grillen entstehen. Giftige Schwermetalle (Blei, Cadmium) auf Pflanzen und in Innereien. Ernährungsempfehlungen: Vermeidung von Übergewicht, täglich frisches Obst, Waschen von Obst und Gemüse, nitratreiches Gemüse nicht wärmen, wenig gepökelte und geräucherte Lebensmittel essen, keine angeschimmelten Lebensmittel (Nüsse), wenig Alkohol und Kaffee trinken, nicht Rauchen. Deutsche Krebshilfe e. V. Deutsche Krebshilfe - Ziele und Erfolge Broschüre Juli 2004 Die Krebshilfe sieht die Ursache der Krebsentstehung in Störungen im Erbgut von Zellen. Bei diesen DNASchäden können auch Gene betroffen sein, die dadurch ihre natürliche, für den Körper wichtige Rolle einbüßen und zu Tumor-erzeugenden Genen werden. Ihre Gegenspieler, die tumor- und wachstums-hemmenden Gene, können ihrerseits durch schädigende Einflüsse ausfallen und damit die Zellsteuerung aus dem Gleichgewicht bringen. Je mehr über diese Mechanismen bekannt ist, desto besser lassen sich bösartige Geschwülste verhüten, rechtzeitig erkennen und behandeln. Wenn es den Wissenschaftlern gelingt zu entschlüsseln, warum manche Krebszellen sich dem Selbstmord-Signal verweigern, können sie Ansätze entwickeln, wie sich dieses Signal wieder anschalten lässt. Dann können viele Krebspatienten auf eine bessere Behandlung ihrer Krankheit hoffen. Im Kampf gegen den Krebs bauen Wissenschaftler zunehmend auf die körpereigene Abwehr des Betroffenen. Was bei anderen Krankheiten funktioniert, müsste doch auch hier gelingen: das Immunsystem so zu stimulieren, dass es gut getarnte Tumorzellen erkennt, attackiert und beseitigt. Es wird erwartet, dass die immunologische Krebstherapie in einigen Jahren die etablierten Verfahren Operation, Chemo- und Strahlentherapie künftig ergänzen wird. Zahlreiche klinische Studien erproben den Einsatz von Tumor-spezifischen Antikörpern. Vier sind in Deutschland bereits zur Behandlung von Hochrisikopatienten zugelassen. - Eine andere Möglichkeit, dem Abwehrsystem auf die Sprünge zu helfen, ist die Übertragung von Immunzellen, die auf den Tumor reagieren. Impfen gegen Krebs - nicht vorbeugend, sondern um Killerzellen zu mobilisieren, die den Tumor vernichten. Das Tumorvakzinationszentrum in Mainz arbeitet an der Weiterentwicklung dieses aussichtsreichen Therapieverfahrens. Trotz unbestrittener Erfolge in der Krebsforschung und -therapie gibt es auch heute noch Krebsarten mit unverändert schlechter Prognose, z. B. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es ist nicht möglich, diesen Krebs mit bildgebenden Verfahren frühzeitig zu entdecken. Es gilt, neue diagnostische Strategien zu finden, um diese lebensgefährlichen Lücken zu schließen. Zum Förderschwerpunkt Bauchspeicheldrüsenkrebs gehören außerdem Projekte zur erblichen Form dieser Krebsart. Erst kürzlich fanden Forscher heraus, dass Mutationen im BRCA-2-Gen, die das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen, auch für die Entstehung des erblichen Pankreaskarzinoms verantwortlich sind. Auf der Basis neuer Erkenntnisse zur Genetik und Molekularbiologie dieses Tumors werden sich heute noch unbekannte Perspektiven in der Diagnostik und Therapie dieser meist todbringenden Krankheit eröffnen. 87 Nach Expertenschätzungen wird die Zahl der Krebserkrankungen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zunehmen. Der Anteil der Menschen über 65 Jahre wird von derzeit etwa 15 Prozent auf bis zu 30 Prozent ansteigen. Deutsche Krebshilfe e. V. Deutsche Krebshilfe - Geschäftsbericht 2004 Broschüre Juli 2005 Krebs ist eine Volkskrankheit und ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Die Deutsche Krebshilfe hat es sich zur Aufgabe gemacht, Krebskranken zu helfen sowie Tumorerkrankungen zu verhindern und zu bekämpfen. - Hinter dem Begriff Krebs verbergen sich mehr als hundert verschiedene bösartige Erkrankungen. Sie entstehen durch Veränderungen der Erbsubstanz (Gene), wenn diese Veränderungen nicht mehr repariert und die Erbinformationen dadurch „verfälscht“ werden. Die Veränderungen können durch UV-Strahlen, Zigarettenrauch, Chemikalien, Virusinfektionen, eine ungesunde Ernährung oder aufgrund einer erblichen Veranlagung ausgelöst werden. Je älter der Mensch wird, desto unzuverlässiger arbeitet das Reparatursystem seiner Gene. 75 Prozent der Männer mit Krebs und 71 Prozent der betroffenen Frauen sind älter als 60 Jahre. Prävention: Für ein Drittel aller Krebserkrankungen wird das Rauchen verantwortlich gemacht, ein weiteres Drittel wird auf ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht zurückgeführt. Diese Faktoren der Lebensführung sind Risikofaktoren und stehen im Mittelpunkt zahlreicher Präventionskampagnen der Deutschen Krebshilfe. Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie - Studienreport 5. Ausgabe, Stand Dezember 2003 Intensive Anstrengungen der Forscher haben zu einigen Erfolgen in der Therapie von Krebserkrankungen geführt. Dennoch sterben jährlich 210.000 Männer und Frauen an den Folgen der Krebserkrankungen. Möglichkeiten zur Verhütung zu finden, stellt eine der großen Herausforderungen der Gegenwart dar. Die Erfassung der Ernährung kann helfen, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Erkrankungen besser zu verstehen. - Untersucht wurde in der Studie das Ernährungsverhalten von 27.548 Männern und Frauen. Im Studienreport sind die Ernährungsmuster für Männer und Frauen in Heidelberg und Potsdam miteinander verglichen worden. - Es bestehen erhebliche Unterschiede in den Ernährungsgewohnheiten. - Ob die unterschiedlichen Verzehrsmuster eine risikosenkende oder risikoerhöhende Wirkung für die Entstehung einzelner Krebserkrankungen haben, soll in der weiteren Auswertung der Untersuchung geklärt werden. - Hinweise auf die primäre Ursache ergeben sich aus dieser Studie - ebenso wie aus anderen Ernährungsstudien - nicht. Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) Krebsprävention durch Ernährung Potsdam-Rehbrücke, 2004 Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen, Vorsitzender und wissenschaftliches Mitglied des Stiftungsvorstandes des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, verweist auf den von Doll und Peto (1981) im Auftrag des US-Kongresses veröffentlichten Bericht "The Causes of Cancer". Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass etwa 35 % aller Krebstodesfälle auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind. - In einem Bericht des World Cancer Research Fund wird das praktische Ziel einer weltweiten Krebsprävention angestrebt. Darin wird eingeschätzt, dass seine Empfehlungen zur Ernährung und zur körperlichen Bewegung die Zahl der Krebsfälle um 30 - 40 % vermindern können. Für Deutschland errechnet zur Hausen daraus 97.000 bis 132.000 Krebsfälle weniger. Zur Frage "Krebs heilen oder vermeiden?" äußert sich Prof. Dr. Christian Barth, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung. Den Forschungsbedarf sieht er besonders in der Aufklärung der Mechanismen, die zur Einschaltung bestimmter Gene im frühen Krebsprozeß führen. Je besser die der Krebszelle eigenen Prozesse erforscht sind, desto mehr spezifische Wirkstoffe werden entwickelt werden können. Durch das Studium der genetischen Disposition des Einzelnen hofft er, in Zukunft das Risiko des Individuums genauer beschreiben zu können. Daten zeigen, dass vom Menschen verursachte Verunreini-gungen der Nahrung für die Krebsentstehung vergleichsweise wenig bedeutsam sind. Bedeutsam sind Einflußfaktoren wie das Rauchen und die richtige Lebensmittelauswahl. Barth hält die Aufklärung über Präventivmöglichkeiten für nicht ausreichend. Der Arzt hat keine Zeit, sich der Verhütung der Krankheiten zu widmen. - Die Patienten sollen die gegebenen Ratschläge befolgen: mehr körperliche Betätigung, Vermeidung des Inhalierens von Zigarettenrauch und Genuß dessen, was der Ernährungswissenschaftler unter einer ausgewogenen Ernährung versteht. Rund ein Drittel der bösartigen Erkrankungen könnten dadurch vermieden werden. - Lebensmittel, die aufgrund ungünstiger Lagerungsbedingungen mit Pilzgiften (Mykotoxinen) verseucht sind, sollten nicht verzehrt werden. - Mykotoxine gelten als gesicherte Karzinogene für den Menschen (z. B. verschimmeltes Brot, verschimmelte Nüsse). Diese Empfehlung sei besonders bedeutsam in feucht-warmen Regionen, sollte aber auch in gemäßigten Breiten Anwendung finden. - Lebensmittelzusätze, Verunreinigungen und andere Rückstände in Lebensmitteln unterliegen in Deutschland gesetzlichen Regelungen über Höchstmengen. Diese werden als unschädlich angesehen. Angekohlte 88 Lebensmittel sollen nicht verzehrt werden. Warnung vor gegrilltem Fleisch und Fisch. - Der Tabakkonsum ist das Krebsrisiko Nummer eins und gilt als verantwortlich für ein Drittel aller Krebserkrankungen. Deutsches Institut für Emährungsforschung (DIE) / Prof. Dr. Joost, H.-G. / Obst und Gemüse: Schutz vor Krebserkrankungen? Stellungnahme des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) Pressemitteilungen 2005 / 07.02.2005 Seit Beginn der 1990er Jahre wird mit der 5-am-Tag-Kampagne, einer der größten gesundheitsbezogenen Kampagnen der letzten Jahre, in den USA und in Europa das Ziel verfolgt, den Verzehr von Gemüse und Obst anzuheben - in Deutschland von derzeitig durchschnittlich 350 g/Tag auf 650 g/Tag. Ein wesentlicher Grund für diese Kampagne war die Annahme, dass sich ein großer Teil der Krebserkrankungen durch Änderungen der Ernährungsgewohnheiten verhindern ließe. - Die Auswertung der beiden amerikanischen Kohorten Nurses Health Study und Health Professional Study (insgesamt 109.000 Teilnehmer, 2500 Krebsfälle) zeigte keinen Einfluss des Obst- und Gemüseverzehrs auf das gesamte Krebsrisiko. - Die Daten der prospektiven Kohortenstudien zeigen übereinstimmend, dass zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko einer Brustkrebserkrankung keine Assoziation besteht . - Die Daten zur Rolle des Obst- und Gemüseverzehrs in der Entstehung des Colon/ Rectum-Carcinoms sind bislang inkonsistent, zeigen geringe Effekte und z.T. nur in Subgruppen der Studienpopulationen. Allerdings ist die Rolle der Ernährung für die Entstehung dieser Krebsform am besten belegt: So habe die EPIC-Studie gezeigt, dass ein hoher Ballaststoffgehalt der Ernährung mit einem erniedrigten DickdarmkrebsRisiko einher geht. Nach der jetzigen Datenlage ist also das vermutete Krebspräventive Potenzial von Obst und Gemüse geringer als bislang angenommen und auf wenige Krebsarten beschränkt. Deutsches Institut für Emährungsforschung (DIfE) Joost, Prof. Dr. Dr. H.-G. Fleisch steigert, Fisch senkt das Darmkrebsrisiko Pressemitteilung 9/2005 / 14.06.2005 Die Studienteilnehmer aus zehn verschiedenen europäischen Ländern lassen sich seit 1992 im Rahmen von "EPIC" (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) zu ihren Emährungsgewohnheiten und Lebensumständen befragen. Diese Daten werden auf ihren Zusammenhang mit dem Auftreten neuer Krebsfälle bei den Teilnehmern untersucht. In Deutschland sind das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg sowie das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke als EPIC-Studienzentren beteiligt. - Die Analyse stützt sich auf 1.329 Rektum- und Dickdarmkrebsfälle, die seit Studienbeginn bei den Teilnehmern erstmalig diagnostiziert worden sind. Studienteilnehmer, die viel so genanntes "rotes" Fleisch (dazu zählen Schweine-, Rind-, Kalb- und Lammfleisch) oder Fleischprodukte aßen, erkrankten häufiger an Darmkrebs als Menschen, die nur wenig davon verzehrten. Genau umgekehrt verhält es sich mit Fisch: Wer viel Fisch verzehrte, hatte gegenüber Personen mit geringem Fischkonsum ein deutlich niedrigeres Darmkrebsrisiko. Der Verzehr von Geflügelfleisch spielte für die Erkrankungshäufigkeit keine Rolle. Nach Schätzungen der Forscher steigt das Darmkrebsrisiko pro 100 Gramm täglich verzehrtem "roten" Fleisch um 49 %. Bei einer Erhöhung des Wurstverzehrs um 100 Gramm am Tag würde es sogar um 70% steigen. Täglich 100 Gramm mehr Fisch halbieren dagegen das Erkrankungsrisiko. Bei diesen Werten ist der Einfluss verschiedener Faktoren wie Geschlecht, Körpergewicht, Alkoholkonsum, Sport oder Rauchen auf das Erkrankungsrisiko berücksichtigt. Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg Forschung DKFZ.de/online/ 9. 11. 2004 Die Forschungen im Forschungszentrum richten sich auf die Schwerpunkte Krebsrisikofaktoren und Prävention, Klinische Epidemiologie, Genetische Veränderungen bei der Carzinogenese, Molekulargenetische Epidemiologie, Biostatistik und Umweltepidemiologie. Der erste Forschungsschwerpunkt befaßt sich mit der Identifizierung von Risikofaktoren (Primärprävention), Früherkennung (Screening) und Chemoprävention. Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten 20 - 30 Jahren bis 30 % der Krebsfälle verhütet werden können. In der Krebsursachenforschung werden Risikofaktoren identifiziert und quantifiziert, die mit möglichen Krebs erregenden Substanzen in Umwelt und Beruf zusammenhängen, desweiteren Ernährungsfaktoren und ionisierende Strahlung. – 89 Dr. med. Jenny Springer Die Ärztin im Hause 21. verbesserte Auflage, Dresden 1928 Die praktische Ärztin Dr. med. Jenny Springer beschreibt in ihrem Buch, dass 1928 bereits in seiner 21. Auflage mit insgesamt 460.000 Exemplaren erschienen und verkauft war, auch das Bild der verschiedenen Krebskrankheiten. Sichtbar wird die Suche nach den Ursachen für das Auftreten der Erkrankungen. Wiedergegeben wird der Erkenntnisstand in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Wie bereits erwähnt, sind uns die Ursachen der Krebsneubildung nicht bekannt. Aber sicherlich spielen Reizungen mechanischer oder chemischer Natur für ihr Auftreten eine große Rolle. Der Krebs entwickelt sich mit Vorliebe an denjenigen Körperstellen, die solchen Reizungen häufiger ausgesetzt sind. Ein Beispiel dafür bildet der Krebs an den Lippen, an der Zunge, im Magen, im Darm und an den Geschlechtsorganen. Die Erkrankungen an Lippen und Zunge bringt man mit dem Rauchen, mit den häufigen Reizungen durch schlechtes Rasieren, mit Reizungen durch scharfe Zahnränder usw. in Verbindung. Ebenso sind gewisse Arbeiterkategorien häufiger als andere damit behaftet, nämlich die Schornsteinfeger und Arbeiter in Teer- und Parafinfabriken. Von anderer Seite ist auch die Ansicht ausgesprochen, dass allzu reichliche Fleischkost eine Ursache zur Krebsbildung darstellen könnte. Indessen ist wohl diese Annahme mit Sicherheit auszuschließen, denn gerade in denjenigen Bevölkerungsklassen, in welchen Fleisch seiner Teuerkeit wegen verhältnismäßig selten genossen wird, ist Krebs eine häufige Erscheinung. Die Neigung zur Erkrankung an Krebs scheint oft vererbt. Man muß an Erblichkeit glauben, wenn immer neue Fälle zeigen, dass in Familien, in denen Vater oder Mutter an Krebs litten, auch bei den Kindern, wenn auch natürlich nicht immer und nicht bei allen, das gleiche Leiden auftritt. Leberkrebs gehört zu den häufigen Krankheiten und tritt hauptsächlich im höheren Lebensalter auf. Über seine Ursachen weiß man nichts, doch scheint es, als wenn die Erblichkeit in manchen Fällen eine Rolle spielt. Nur selten entwickelt sich der Krebs von Anfang an in der Leber. Gewöhnlich nimmt er seinen Ausgang von einem anderen Organ und bildet dann erst Tochterknoten, die in mehr oder weniger großer Zahl und Ausdehnung das Lebergewebe durchsetzen. Der Gebärmutterkrebs. Dieses Leiden gehört zu den häufigsten Frauenkrankheiten und ist in den letzten Jahren in immer steigender Zahl beobachtet worden. Während es früher fast ausschließlich eine Erkrankung der höheren Lebensjahre bildete, tritt es jetzt auch schon bei Jugendlichen auf. Über die Entstehung wissen wir vorläufig noch nichts. Es liegt nahe, geschlechtliche Vorgänge zur Erklärung heranzuziehen, da in der Tat unter den Kranken solche Frauen, die regelmäßig Geschlechtsverkehr unterhalten und Geburten durchgemacht haben, an Zahl überwiegen. Der Gebärmutterkrebs ist eine Geschwulst, die sich mit Vorliebe am Gebärmutterhals, weniger häufig am Gebärmutterkörper entwickelt. Die meisten Kranken holen erst ärztlichen Rat ein, wenn die Neubildung einen erheblichen Grad erreicht hat oder wenn es bereits für den Eingriff zu spät ist. Die bösartigen Geschwülste der Brustdrüse sind Krebs und Sarkom. Krebs kommt überwiegend bei Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren vor, während er bei Männern nur selten auftritt. Gewöhnlich befällt er nur eine Brust, doch können auch beide Brüste gleichzeitig oder nacheinander erkranken. Über die eigentlichen Ursachen des Krebses wissen wir nichts, doch kann man annehmen, dass Entzündung der Brustdrüse, sowie Stoß oder Schlag gegen die Brust und Druck durch Korsetts Gelegenheitsursachen bilden können. Lieblingsstellen des beginnenden Brustkrebses sind der obere äußere Teil der Brustdrüse und der Warzenhof. Die Behandlung des Brustkrebses besteht einzig und allein in der Entfernung der Brustdrüse. Diese Operation wird auch auf die Achseldrüsen ausgedehnt. 90 Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg / Krebsinformationsdienst Schutz vor Krebs Informationsbroschüre zur Krebsprävention, 2004 Unter Bezug auf den Harvard Report on Cancer Prevention aus dem Jahre 1996 publiziert das Deutsche Krebsforschungszentrum eine Abschätzung der Rolle der Risikofaktoren Rauchen, Ernährung, Alkohol, berufliche Faktoren, genetische Faktoren, Infektionen und Luftschadstoffe bei der Krebsentstehung der verschiedenen gefährdeten Organe, die für die USA ermittelt wurde. - Nach der Einschätzung des Krebsforschungszentrums könnten durch die Aufgabe des Rauchens 36.000 bis 46.000 Krebsfälle vermieden werden. Das betrifft die Krebslokalisationen Mund und Rachen, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Kehlkopf, Lunge, Blase, Niere. Durch gesunde Ernährung ließen sich weitere 10.000 bis 20.000 Fälle vermeiden. Gefordert werden Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und Impfungen. Europäischer Codex: 11 Regeln für die Gesundheit. Nach den damals vorliegenden Erkenntnissen erarbeiteten Experten den Codex. Neue Erkenntnisse führten 2003 zu seiner Überarbeitung. Die Regeln beinhalten: Nicht Rauchen, Vermeidung von Übergewicht, tägliche Bewegung, Essen von Obst und Gemüse, wenig Alkohol, Vermeidung starker Sonnenbestrahlung, Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, Früherkennungsuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs, Mammographiescreening, Früherkennung von Dickdarmkrebs und Hepatitis-B-Impfung. Dieckmann, K. P. und Huland, H. Hodentumoren in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York 1997 Von den eigentlichen Hodentumoren entfallen über 90 % auf die Keimzelltumoren. Alle testikulären Keimzelltumoren gehen von der testikulären intraepitheliale Neoplasie (TIN) aus. Bei dieser Präkanzerose - auch Carcinoma in situ genannt - handelt es sich um atypische, neoplastische Spermatogonien, die sich von normalen Spermatogonien morphologisch und histologisch unterscheiden. - Die Inzidenz wird mit 6 - 7 Neuerkrankungen pro 100.000 Männer und Jahr angegeben. Die Tendenz ist weltweit steigend. Die betroffene Altersgruppe, die Männer zwischen 20 und 35 Jahren. Es gibt keine gesicherte Ursache. Als Risikofaktor wird ein vorangegangener Hodentumor angegeben. Es besteht ein etwa 50-fach höheres Risiko an einen kontralateralen Hodentumor zu erkranken. Der Hodenhochstand ist mit einem 4 - 8-fache höheren Risiko verbunden. Dieckmann, Prof. Dr. K.-P., Claßen, J., Loy, Prof. Dr. V. / Albertinen-Krankenhaus, Hamburg / Universitätsklinikum Tübingen / Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin Präkanzerose der Hodentumoren: Testikuläre intraepitheliale Neoplasie Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 45 / 11. November 2005 / S. C 2463 Die Keimzelltumoren umfassen die größte Gruppe aller Tumoren des Hodens. Diese Tumoren gehen aus einer gemeinsamen Vorstufe, der testikulären intraepithelialen Neoplasie (TIN), hervor. Diese Präkanzerose besteht aus Spermatogonien-ähnlichen Zellen, die innerhalb der Tubuli seminiferi meist an der Basalmembran angeordnet liegen. - Die Erkenntnis einer Präneoplasie bei Keimzelltumoren wurde durch klinischpathologische Studien empirisch gesichert. Ein induktiver (experimenteller) Beweis ist nicht möglich, weil InvitroModelle fehlen. Die Pathogenese dieser Tumoren beginnt demnach bereits in utero, während der Embryonalzeit des späteren Patienten. Die Präkanzerose wurde erstmals 1972 von Skakkebaek beschrieben, der diese Zellen als „Carcinoma in situ des Hodens" bezeichnete. Die Theorie ist heute ausnahmslos akzeptiert. Die Bezeichnung „Carcinoma in situ" ist nach der Einchätzung der Autoren inkorrekt, weil Keimzelltumoren nicht epithelialen Ursprungs und somit keine Karzinome sind. Loy prägte den Begriff „testikuläre intraepitheliale Neoplasie" - ein Name der morphologisch korrekt ist und andererseits eine Parallele zu anderen Präneoplasien, beispielsweise PIN, VIN, CIN, darstellt. - TIN ist der Vorläufer eines jeden Keimzelltumors; es gibt keine Ausnahmen. Auch umgekehrt gilt: jede klinisch nachgewiesene TIN geht irgendwann in einen Keimzelltumor über. - TIN ist lange vor der klinischen Tumormanifestation in dem betreffenden Hoden vorhanden. Direktorate-General Health and Consumer Protection; Opinion of the Scientific Committee on Food on Ochratoxin A (expressed on 17. September 1998) online 03.04.00 Ochratoxin A ist ein Mykotoxin, das von verschiedenen Pilzen (Penicillium- und Aspergillus-Arten) produziert wird. Es kommt natürlicherweise weltweit in einer Reihe von Pflanzenerzeugnissen wie Getreide, Kaffeebohnen, Kakao und getrockneten Früchten vor. Es wurde beispielsweise in Getreideerzeugnissen, Kaffee, Wein, Bier und Traubensaft, aber auch in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, nämlich in Schweinenieren, nachgewiesen. Ochratoxin A-Nachweise in Proben von Lebensmitteln und menschlichem Blut weisen darauf hin, dass Lebensmittel häufig kontaminiert sind. Ochratoxin A ist ein Mykotoxin mit karzinogenen, nephrotoxischen, teratogenen, immuntoxischen und möglicherweise neurotoxischen Eigenschaften. - Kanadische Experten haben Ochratoxin A evaluiert und einen Provsional Tolerable Daily Intake (PTDI) von 1,2 bis 5,7 ng/kg Körpergewicht/Tag vorgeschlagen. Die Evaluierung basiert auf den karzinogenen Eigenschaften unter Berücksichtigung eines Sicher- 91 heitsfaktors. - Eine nordische lebensmittel-toxikologische Expertengruppe hat die höchste tolerable Tagesaufnahme von Ochratoxin A auf 5 ng/kg Körpergewicht/Tag basierend auf der karzinogenen Eigenschaft eingeschätzt. Die IARC hat Ochratoxin A bereits 1993 als möglicherweise humankanzerogen in die Gruppe 2 B eingestuft. Das wissenschaftliche Komitee empfiehlt entsprechend, die Ochratoxin-A-Exposition vorsichtshalber so weit wie möglich zu verringern und sicherstellen, dass sich die Exposition eher im unteren Bereich der Spannweite annehmbarer Tagesdosen von 1,2 bis 14 ng/kg Körpergewicht/Tag bewegt, die von verschiedenen Experten vorgschlagen wurden, z. B. unter 5 ng/kg Körpergewicht/Tag. Direktorate-General Health and Consumer Protection; Pazzaglini, Barnaba; Grossi, Silvana - Instituto Superiore di Santa, Rome, Italy Assessment of dietary intake of Ochratoxin A by the population of EU Member States Bericht, Januar 2002 Der Bericht informiert über die alimentäre Aufnahme von Ochratoxin A in den EU Mitgliedsstaaten. Grundlage sind Untersuchungen über die Belastung der Lebensmittel mit Ochratoxin A und über die tägliche Aufnahme. Die Untersuchungen beziehen sich auf Zerealien, Kaffee, Bier, Wein, Kakao und Kakaoprodukte, Trockenfrüchte, Fleischprodukte, Gewürze, Fruchtsäfte und Milch. Von 547 Proben Kakao und Kakaoprodukten waren 81,3 % kontaminiert (Mittel = 0,236 µg/kg / Median = 0,277 µg/kg). - Über die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A in Deutschland wird angegeben: Mädchen, 4 - 6 Jahre, 3,14 ng/kg Körpergewicht; Kinder <14 Jahren: 1,82 ng/kg Körpergewicht; Erwachsene > 14 Jahre: 1,09 ng/kg Körpergewicht. - Der Berechnung der Ochratoxin A-Aufnahme werden durchschnittliche Tagesaufnahmen verschiedener Lebensmittel und deren mittlere Ochratoxinbelastung zugrunde gelegt und schließlich als Tagesaufnahme in ng/kg Körpergewicht angegeben. Für Deutschland werden im Bericht folgende mittlere Belastungen der Lebensmittel angenommen (Angaben in µg/kg.): Alkoholfreies Bier (0,02), Bier (0,03), Rotwein (0,49), Rosewein (0,31), Weißwein (0,43), gerösteter Kaffee (1,07), koffeinfreier Kaffee (1,07), Brot und Backwaren (0,19), Teigwaren (1,04), Schokolade und Süßwaren (0,12) Fruchtsaft (0,89), Zerealien (0,32), Fleischwaren (0,18). In den EU-Teilnehmerländern wurden Untersuchungen von Blutserum, Urin und Muttermilch auf Ochratoxin AGehalte durchgeführt: Serumproben: n Proben Mittelwert µg/L Höchstwert µg/L Deutschland 1732 0,23 2,0 Italien 273 0,93 3,6 Norwegen 202 0,18 0,78 Spanien 168 1,19 5,58 Schweden 191 0,21 1,23 Vereinigtes Königreich 50 1,098 3,11 Urinproben: n Proben Mitteltwert µg/L Höchstwert µg/L Vereinigtes Königreich 50 0,0159 0,054 Muttermilch: n Proben Mitteltwert µg/L Höchstwert µg/L D, I, N, S 324 0,09 2,35 Doll, R. and Hill. A. B. The Mortality of doctors in relation to their smoking habits BMJ, June 26 1954. p. 1451 - 1455 Bis Ende Oktober 1951 wurden 56.600 Ärzte aus dem britischen Ärzteregister nach ihrem Raucherverhalten berfragt. Etwa 40.000 Männer und Frauen beantworteten die Fragen. Auf dieser Basis wurden Probandengruppgen gebildet: Nichtraucher, Zigarettenraucher 1-14 Zigaretten/Tag, 15-24 Zigaretten/Tag und mehr als 25 Zigaretten /Tag. An der ersten Studie nahmen insgesamt 24.389 Probanden Teil. - Untersucht wurde in der ersten Studie der Einfluß des Zigarettenrauchens auf die Lungenkrebssterblichkeit und auf die Streblichkeit anderer Krankheitsgruppen. Über einen Zeitraum von 29 Monaten wurden die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden über 35 Jahren pro Jahr für Lungenkarzinome, andere Karzinome, andere Erkrankungen des Respirationstraktes, Coronare Thrombose, andere cardiovascoläre Erkrankungen und übrige Erkrankungen ermittelt. Die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden/Jahr betrug im Untersuchungszeitraum: Todesursache Zahl der Nichtraucher Zigarettenraucher (Zigaretten/Tag) Gestorbenen (1-14 Z/d) (15-24 Z/d) (>25 Z/d) Lungenkrebs 36 0.0 0.48 0.67 1.14 Andere Krebsarten 92 2.32 1.41 1.50 1.91 Alle Sterbefälle 789 13.61 13.42 13.38 16.30 Die Untersuchung zeigt den extensiven Einfluß des Rauchens auf die Sterblichkeit. 92 Doll, R. (em. Prof. für Medizin.) and Peto, R. (Prof. für medizinische Statistik und Epidemiologie), Boreham, J und Sutherland, I. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ 2004; 328:1519-1533. 1951 publizierte Sir Richard Doll die erste Studie über die gesundheitsschädliche Rolle des Rauchens, die eindeutig belegte, dass Zigarettenrauchen auch zu einem erhöhten Krebsrisiko führte. An der Studie nahmen 34.439 britischen Ärzte teil, die zwischen 1851 und 1930 geboren und deren Sterblichkeit zwischen 1951 und 2001 beobachtet wurde: Die Sterblichkeitsrate je 1.000 Probanden/Jahr betrug im Untersuchungszeitraum: Todesursache Lungenkrebs Krebserkrankungen des Mundes, Rachens und Oesophagus Andere Krebsarten Alle Sterbefälle Zahl der Gestorbenen 1052 Nichtraucher 0.17 Zigarettenraucher (Zigaretten/Tag) (1-14 Z/d) (15-24 Z/d ) (>25 Z/d) 1.31 2.33 4.17 340 0.09 0.36 0.47 1.06 3.893 25.346 3.34 19.38 4.21 29.34 4.67 34.79 5.38 45.34 Für Zigarettenraucher ergab die Untersuchung für die Jahrgänge 1900 bis 1909 ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko zwischen dem 35. und 69. Lebensjahr und ein dreifaches Mortalitätsrisiko für die in den 1920erJahren Geborenen. Während die Lebenserwartung bei den Nichtrauchern in den letzten 50 Jahren deutlich angestiegen ist, trifft dies für die Zigarettenraucher nicht zu. Das Risiko, frühzeitig zu sterben, halbierte sich bei den Ärzten die mit 50 Jahren den Tabakkonsum aufgaben. Wurde das Rauchen bereits im Alter von 30 Jahren eingestellt, war die Lebenserwartung identisch mit der von Nichtrauchern. Durst, J. (Lübeck); Rohen, Johannes W. (Erlangen) und Coautoren Bauchchirurgie 2. Auflage 1998, Schattauer Stuttgart/New York Pankreaskarzinom: Der einzige bekannte exogene Risikofaktor - mit allerdings schwacher Korrelation zum Pankreaskarzinom - ist das Zigarettenrauchen. Für andere Faktoren, wie z. B. chronische Pankreatitis, Alkohol- und Kaffeeabusus und andere chemische Noxen ist eine kausale Bedeutung fraglich. 2/3 bis 3/4 aller exokrinen Pankreaskarzinome sind im Pankreaskopf lokalisiert. Sie sind in der Mehrzahl vom Gang ausgehende Adenokarzinome. Eine papilläre Hyperplasie wird als Begleitveränderung in etwa 1/3 der Bauchspeicheldrüsen mit Karzinom beobachtet. Die Prognose der exokrinen Pankreaskarzinome ist insgesamt sehr schlecht. Die EinjahresÜberlebensrate beträgt etwa 3 - 13 %. Hepatozelluläres Karzinom: Das Leberzellkarzinom kommt in Europa relativ selten vor und tritt mit etwa 3 % aller Krebserkrankungen auf. Als prädisponierende Faktoren werden angegeben: Leberzirrhose, unabhängig von deren Ursache; Hepatitis-B-Virusinfektionen unabhängig vom Bestehen einer Zirrhose. Überdurchschnittlich häufig beteht eine aktive chronische Hepatitis. Als gesichert gilt die Hepatitis-C-Virusinfektion. Alkohol, Alkoholiker ohne Zirrhose scheinen kein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Die Prognose ist schlecht mit einer Überlebenszeit von 4 Monaten. Abzugrenzen sind intrahepatische Cholangiokarzinome. Bei ihnen handelt es sich um Adenokarzinome, die sich nicht von den Adenokarzinomen der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge unterscheiden. 93 Kausal pathogenetisch bestehen Zusammenhänge mit kongenitalen intrahepatischen Gallengangszysten, kongenitaler Leberfibrose, intrahepatischer Cholangiolithiasis. - Gallenblasenkarzinom: 80 % der Patienten mit einem Gallenblasenkarzinom sind Gallensteinträger. Auch eine chronische Cholezystitis wird in der Mehrzahl der Gallenblasen mit Karzinom gefunden. Eine kausale Beziehung zwischen Gallensteinen und Karzinom ist jedoch nicht eindeutig gesichert. Auch genetische Faktoren scheinen bei ihrer Entstehung eine Rolle zu spielen. Das extrahepatische Gallengangskarzinom ist am häufigsten im Ductus choledochus lokalisiert, gefolgt von der Mündung des Ductus zysticus in den Ductus hepaticus communis. Durst, M.; Backsch, C.; Kaufmann, A. M.; Schneider A./ Abteilung Frauenheilkunde, Universität Jena Ätiologie und Pathogenese des Zervixkarzinoms Gynäkologe 2003 / H.4 / S. 282 - 288 Das Zervixkarzinom zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen des Menschen und nimmt heute weltweit bei Frauen nach dem Mammakarzinom und dem Kolonkarzinom den dritten Platz ein. Insgesamt erkranken etwa 370.000 Frauen pro Jahr am Karzinom der Cervix uteri. Da für Deutschland ein bundesweites Krebsregister fehlt, wird die Zahl der Neuerkrankungen auf 7.000 geschätzt. Papillomviren HPV16 und HPV18 sind ursächlich an der Entstehung des Zervixkarzinoms beteiligt. In einer prospektiven Studie, bei der alle 3 Monate ein HPV-DNA-Nachweis geführt wurde, konnte eine mediane Infektionsdauer von 8 Monaten ermittelt werden. Nach 12 bzw. 24 Monaten war die Infektion bei 70 % bzw. 91 % der Frauen nicht mehr nachweisbar. Von 100 Frauen, die mit HR-HPV infiziert werden, entwickeln etwa 20 eine Präkanzerose (zervikale intraepitheliale Neoplasie, CIN). Besteht eine HPV-Infektion über mehrere Jahre, erhöht sich das Risiko für die Entwicklung einer schwergradigen Präkanzerose (CIN 3). In prospektiven Studien wurden bei HR-HPV-positiven Frauen für die Entwicklung einer Präkanzerose ein relatives Risiko von 10 errechnet. Ein erheblicher Teil der CIN 3 progredieren zum invasiven Karzinom. Die Berechnungen schwanken allerdings stark und liegen zwischen 12 und 71 %. Tatsächlich entwickeln etwa 2 % der mit HR-HPV infizierten Frauen ein Zervixkarzinom. Nahezu alle Zervixkarzinome enthalten HPV-DNA, wobei HPV16 am häufigsten vertreten ist. Da das Intervall zwischen einer HR-HPV-Infektion und der Entwicklung eines Karzinoms in der Regel mehrere Jahre beträgt, ist es offensichtlich, dass die Infektion zwar eine notwendige, aber allein nicht ausreichende Voraussetzung für die Zervixkarzinogenese darstellt. Inzwischen wurden etwa 40 verschiedene HPV-Typen identifiziert, die den Genitaltrakt infizieren. Ihr Fazit für die Praxis: So genannte humane High-risk-Papillomviren (HR-HPV) verursachen Gebärmutterhalskrebs. Zusätzliche Risikofaktoren sind für die Krebsentstehung notwendig. Molekularbiologische Daten zeigen, dass die kontinuierliche Expression der viralen Onkogene E6 und E7 für die Transformation des HPV-infizierten Epithels entscheidend ist. Neben viralen Genen erscheinen verschiedene zelluläre Gene für die Krebsentstehung wichtig. Ebeling, K. und Nischan, P. / Zentralinstitut für Krebsforschung , Berlin-Buch Epidemiologie des Zervixkarzinoms Akademie-Verlag Berlin, 1987 Das Zervixkarzinom verhält sich epidemiologisch wie eine Geschlechtskrankheit. Es ist verbunden mit niedriger Infektiosität, die mit früher Aufnahme sexueller Beziehungen und Promiskuität assoziiert. Gesprochen wird vom "Risikopartner". Frauen von Männern mit Peniskarzinom erkranken häufiger, ebenso, wenn der Mann bereits früher mit einer Frau verheiratet war, die an einem Zervixkarzinom erkrankt ist. Für Frauen mit Intrauterinpessaren ergibt sich ein vermindertes Risiko. - Genetische Prädispositionen spielen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. - Rauchen und Vitaminmangel führen zu einem erhöhten Risiko. Obwohl die Ätiologie des Zervixkarzinoms bis heute ungeklärt ist und nach wie vor Meinungsverschiedenheiten über die formale Genese bestehen, ergeben die vorliegenden Ergebnisse eine gute Basis für eine erfolgreiche primäre und sekundäre Prävention. - Carcinoma in situ: Nach der Begriffsbestimmung des 1. Kongresses der Internationalen Akademie für Zytologie ist das Carcinoma in situ der Cervix uteri eine Epithelveränderung, die durch eine ausgeprägte zelluläre Atypie und den vollständigen Verlust der Schichtung des Epithels gekennzeichnet ist und mit Ausnahme der Invasion alle Charakteristika eines Karzinoms aufweist. Der überwiegende Teil der Karzinome an der Cervix uteri sind Plattenepithelkarzinome. Die Häufigkeit endozervikaler Adenokarzinome wird mit 5 % angegeben. Eberhard-Metzger, Claudia Die HPV - Story einblick 1/2005 / Magazin des Deutschen Krebsforschungszentrums Die Autorin berichtet über den langen Weg zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Gebärmutter-halskrebs. Bereits um 1907 kam erstmals der Verdacht auf, dass es sich bei dem übertragbaren „Warzenprinzip" um Viren handeln könnte, von denen heute Tausende bekannt sind und die der Virologe Ernst-Ludwig Winnacker als „die heimlichen Herrscher" bezeichnet. - Eine Kuriosität bei Hühnern, ohne jegliche Bedeutung für den Menschen - so bewertete die etablierte Wissenschaft die Arbeiten des jungen Forschers Peyton Rous vom Rockefeller Institut in 94 New York. Der damals 30-jährige Virologe behauptete um das Jahr 1910, dass Viren Tumoren auslösen können und belegte dies mit eindrucksvollen Experimenten: Er presste die Krebsgeschwülste von Hühnern durch Filter, deren Poren so winzig waren, dass sie nichts anderes mehr hindurchlassen konnten als ultrakleine Viren. Tatsächlich konnte Rous mit seinen Filtraten Tumoren von einem Federvieh aufs andere übertragen und schlussfolgerte, dass es Viren geben müsse, die Krebs verursachen. Dies fand in der Fachwelt jedoch nur wenig Anerkennung. Spöttische Zungen behaupteten gar, die Virologen hätten entweder Löcher in ihren Köpfen - oder in ihren Filtern. Bei dieser Einschätzung blieb es trotz sich anhäufender weiterer Indizien über ein halbes Jahrhundert hinweg, bevor Rous 1966 für seine bahnbrechende Entdeckung den Nobelpreis für Medizin erhielt. In den 1940er Jahren wurden mit Hilfe des Elektronenmikroskops die „Warzenviren“ des Menschen (Humane Papillomviren) entdeckt. Sie enthalten DNS als Erbmaterial und verursachen harmlose Warzen an Händen und Füßen sowie Kondylome, Genitalwarzen am Penis oder am Gebärmutterhals. Von diesen Warzen des Gebärmutterhalses war Ende der 1960er Jahre bekannt, dass sie - wenn auch sehr selten - nach Jahrzehnten ungehemmt wachsen und zu gefährlichen Karzinomen entarten können. Heute sind über 100 verschiedene HPV-Typen bekannt, die Warzen an Händen und Füßen und an den Genitalien von unterschiedlichen Vertretern der Papillomviren verursachen. An dieser Erkenntnis aus den 1970er Jahren haben zur Hausen und sein damaliger Doktorand Lutz Gissmann entscheidenden Anteil. Anfang der 1980er Jahre gelang es der Forschergruppe um Harald zur Hausen, die DNS der Papillomavirustypen 16 (HPV 16) und 18 (HPV 18) aus verdächtigem Tumormaterial zu vervielfältigen und zu charakterisieren. HPV 16 und HPV 18 sind in etwa 70 Prozent aller Gewebeproben von Gebärmutterhalskrebs sowie seinen Vorstufen zu finden. Von der Erkenntnis, dass es Viren sind, die Gebärmutterhalskrebs begünstigen, und dem Gedanken, die schwerwiegenden Folgen der chronischen Infektion mit einer Impfung zu unterbinden, ist es nicht weit. In zwei bis drei Jahren könnte, nach Gissmann, mit einer Vakzine der erste, eigens gegen eine Krebserkrankung hergestellte Impfstoff auf dem Markt sein. Zur Hausen geht davon aus, dass die Impfversuche, die gegenwärtig stattfinden, erfolgreich verlaufen werden. Dafür sprächen die derzeit vorliegende Testergebnisse einer in der Fachzeitschtrift „Lancet" veröffentlichten Studie: 1000 Frauen erhielten eine Vakzine, einen Impfstoff, der sie vor einer Infektion mit bestimmten Viren - so genannten humanen Papillomviren - schützen sollte. Bei keiner der geimpften Frauen konnte eine chronische Infektion mit den verdächtigen Viren festgestellt werden. Zurzeit wird die Verträglichkeit und Effektivität des Impfstoffes in einer Studie mit 13.000 Frauen in 14 Ländern weiter geprüft, eine gemeinsame große Studie mit dem amerikanischen Krebsinstitut NCI (National Cancer Institute) ist geplant. Gissmann erwartet, dass das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs mit Hilfe der Impfung innerhalb von zwei Jahrzehnten weltweit um 30 bis 50 Prozent reduziert werden kann. Das wäre ein bemerkenswerter Erfolg, setzt aber voraus, dass der Impfstoff auch denjenigen zugute kommt, die ihn am meisten brauchen. Das seien nicht die wohlhabenden Frauen der Industrienationen, sondern die Frauen der Dritten Welt. Insgesamt wird Gebärmutterhalskrebs weltweit jedes Jahr bei 510.000 Frauen diagnostiziert, 80 Prozent der betroffenen Frauen leben in Entwicklungsländern. Elstner, P. / Max von Pettenkofer Insitut des BGA Rechtliche Grundlagen und behördliches Handeln in der Toxikologie Senatsverwaltung für Gesundheit Berlin; Materialien zur Umweltmedizin 7/1994 Das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen vom 15. 8. 1974 enthält Festlegungen mit toxikologischer Relevanz zum Schutz der Gesundheit. Es stellt keine detailierten Anforderungen an die toxikologische Prüfung. Das ermöglicht eine flexible Handhabung und Anpassung an den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Der möglichst vollständige Ausschluß von Gesundheitsrisiken erfordert die gezielte Prüfung toxikolo-gischer Sachverhalte bei entsprechenden Verdachtsmomenten. Behördliches Handeln: Das Bundesgesundheitsamt hat keine Vollzugsaufgaben. Die Überwachung erfolgt in den Ländern durch die Untersuchungsämter. Emons, Prof. Dr. G. / Georg-August-Universität, Göttingen Endometrium und Hormontherapie Gyno-Panorama 2005 Nr 8, S. 2 - 3 Heute gelte als gesichert: Eine reine Östrogentherapie erhöht hei Frauen mit Uterus das relative Risiko für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms je nach Anwendungsdauer auf l,45 bis 9,5. Dies gelte auch für die Gabe von sehr niedrig dosierten reinen Östrogenen bzw. für die orale Applikation von Estriol; nur die vaginale Anwendung von Estriol scheint sicher zu sein. In einer kürzlich publizierten weiteren Auswertung der „Million Women Study" fand sich auch für Tibolon ein relatives Risiko für ein Endometriumkarzinom von 1,79 (95 % CI = 1,43 - 2,25), das in der gleichen Größenordnung lag, wie nach reiner Östrogentherapie (RR = 1,45 (1,01- 2,06)). Die Autoren dieser Studie postulierten, dass die Frauen, die Tibolon erhalten hatten, kein höheres Ausgangsrisiko aufwiesen als die Vergleichsgruppen. Nach wie vor sei die langfristige Gabe von reinen Östrogenen mit intermittierender Gestagengabe, z. B. alle drei Monate im 95 Langzyklus, noch nicht ausreichend abgesichert. Somit sei unter dem Aspekt der endometrialen Sicherheit die kontinuierliche kombinierte Östrogen-Gestagentherapie die Methode der Wahl. Die Studien der letzten Jahre zeigen weitgehend übereinstimmend, dass das Mammakarzinomrisiko durch eine kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie deutlicher gesteigert wird als durch eine reine Östrogentherapie, die möglicherweise nur eine marginale oder keine Risikoerhöhung für das Mammakarzinom zur Folge hat. Es bestehe großer Forschungsbedarf. Bis zum Vorliegen entsprechender Studienergebnisse sei man gut beraten, sich an den Empfehlungen der DGGG zu orientieren. Engelhardt, G. / Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Mykotoxine - Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen online; Juli 1999 Seit dem Beginn des organisierten Nahrungsmittelanbaus haben Mykotoxine die Menschheit bedroht. Bereits in der Bibel wird der Ergotismus beschrieben, eine Krankheit, die nach Verzehr von Mutterkorn auftritt. Hunderttausende starben im Mittelalter an Mutterkornvergiftung. Auch Fusarientoxine waren schon im Mittelalter in Europa eine bedeutende Krankheitsursache. Engelhardt, G. Mykotoxine - Giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, 2004 In den letzten Jahren steigt zunehmend die Erkenntnis, dass eine Gruppe von natürlichen, strukturell sehr unterschiedlichen Giftstoffen, die durch Schimmelpilze gebildet werden, so genannte Mykotoxine, regelmäßig in Ernteprodukten wie Cerealien, ölhaltigen Samen und Früchten vorhanden sind und Ursache von Vergiftungen bei Mensch und Tier sein können. Die Gefährlichkeit der Mykotoxine wurde lange Zeit nicht erkannt bzw. unterschätzt. Mykotoxine sind weitgehend hitzestabil und werden daher bei der Nahrungsmittelverarbeitung in der Regel nicht zerstört. Im Gegensatz zu den meisten Bakterientoxinen, die Proteine sind und daher eine Antikörperreaktion auslösen, führen Mykotoxine wegen ihres niedrigen Molekulargewichts zu keiner Antikörperbildung und damit nicht zu einer echten Immunabwehr. Die Wirkung der Mykotoxine kann, abhängig von der Toxinart, akut und chronisch toxisch sein. Toxinmengen, die keine akuten Krankheitssymptome auslösen, können krebserzeugend sein, Erbschäden bewirken, zu Missbildungen beim Embryo führen. Die Aufnahme von Mykotoxinen über die Nahrung stellt sicher die wichtigste Quelle einer Mykotoxinbelastung dar. Mykotoxine werden von Schimmelpilzen während des Pilzwachstums gebildet. Da Mykotoxine chemisch sehr stabile Verbindungen sind und es nur wenige und beschränkt wirksame Methoden zu ihrer Detoxifizierung gibt, ist die entscheidende Präventivmaßnahme die Verhinderung der Verschimmelung von Futter- und Lebensmitteln. Empfehlungen: Vom Schimmel befallene Lebensmittel müssen weggeworfen werden. - Angefaultes Obst sollte weder gegessen noch weiter zu Kompott oder Konfitüre verarbeitet werden! - Angeschimmelte Konfitüren und Gelees sollten grundsätzlich verworfen werden. Schimmelstellen auf ganzen Brotstücken können großzügig ausgeschnitten werden. - Bei Nüssen geht die Gefahr oft von angeschimmelten Einzelnüssen aus, die deshalb unbedingt aussortiert werden müssen. - Verschimmelte Produkte dürfen auf keinen Fall an Tiere verfüttert werden. Die Mykotoxinkontamination von Lebens- und Futtermitteln ist heute ein weltweites Problem. Die UN Food and Agriculture Organization (FAO) schätzt, dass bis zu 25 % der Weltproduktion von Nahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontaminiert sind. Etwa 20 % der Cerealienernte der EU enthalten messbare Mengen von Mykotoxinen. Über die Wirkung geringer Mengen oder einer Mischung von Mykotoxinen - vor allem bei lebenslanger Aufnahme liegen dagegen kaum Erkenntnisse vor. Engelhardt G, Kibler R, Arnold R, Verwied-Jorky S, Koletzko B (München) Die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A über die Gesamtnahrung Ergebnisse einer Duplikatstudie bei bayerischen Schulkindern Mykotoxin Research, Vol. 19 (2003), S. 8 ff. Ochratoxin A ist ein nephrotoxisches, immunsuppressives und möglicherweise karzinogenes Mykotoxin. Es kommt häufig in Lebens- und Futtermitteln vor. In der Klassifikation der IARC ist es in die Kategorie der für den Menschen möglicherweise karzinogenen Stoffe eingestuft. Die tolerable tägliche Aufnahme wird vom EU Scientific Committee for Food mit 5 ng/kg Körpergewicht (TDI-Wert) angegeben. - Untersucht wurde die tägliche Aufnahme von Ochratoxin A mit der Nahrung von 28 Schulkindern aus Erlangen im Alter von 7 - 9 Jahren (15 Jungen und 13 Mädchen) an drei aufeinander folgenden Tagen. Die Mädchen haben mehr Obst, Gemüse und Kartoffeln gegessen und mehr Tee und Wasser getrunken, die Jungen mehr Milch und Milchprodukte, Brot, Zerealien, Süßigkeiten und alkoholfreie Getränke. Die tägliche Mykotoxinaufnahme an drei aufeinander folgenden Tagen betrug bei den Jungen im Durchschnitt 1,21 bei den Mädchen 1,85 ng/kg Körpergewicht. Bei drei Mädchen betrug die Aufnahme an jeweils einem Tag 6,0, 26,4 96 bzw. 97,9 ng/kg Körpergewicht. Bei einem Jungen lag die Aufnahme an allen drei Untersuchungstagen zwischen 7 und 11 ng/kg Körpergewicht. Die Ochratoxinaufnahme kann bei Kindern an einzelnen Tagen die tolerable Aufnahme von 5 ng/kg überschreiten. Engelhart, S., Exner, M. Schimmelpilzbelastung in Innenräumen in: Praktische Umweltmedizin, Herausgegeben von Beyer, A. und Eis. D., Springer-Verlag 1997 Toxische Wirkungen von Schimmelpilzen sind allgemein bekannt im Zusammenhang mit dem Verzehr mykotoxinhaltiger Lebensmittel. Beispiele sind primäre Leberzellkarzinome durch Aflatoxine oder Nephropathien durch Ochratoxin A. - Mykotoxine sind gut wasserlöslich, werden leicht durch die Schleimhäute resorbiert und können ähnlich wie bei einer oralen Aufnahme neben lokalen Reaktionen auch systemische Wirkungen auslösen. EU-Kommission Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften über Aflatoxine - Leitlinien für zuständige Behörden online, 12. 9. 2005 Diese Leitlinien betreffen vor allem die amtliche Kontrolle der Aflatoxinkontamination in Lebensmitteln, für die spezifische Kommissionsentscheidungen gelten. Die Kontrollen betreffen Erdnüsse, Pistazien, Haselnüsse, Paranüsse, Feigen und daraus hergestellte Lebensmittel. Mit der Kommissionsverordnung (EG) Nr. 466/2001 werden Höchstgehalte für Aflatoxin-B1 und Gesamtaflatoxin in zum unmittelbaren Verzehr oder zur Verwendung als Zutat in Lebensmitteln bestimmten Erdnüssen, Schalenfrüchten und getrockneten Früchten sowie daraus hergestellten Erzeugnissen festgelegt. - Erfüllt eine Sendung die Vorschriften nicht, sollten in jedem Fall die Genusstauglichkeitsbescheinigung und alle anderen Begleitdokumente (insbesondere die für die Einfuhr in die EU relevanten) ungültig gemacht werden. Zur Detoxifikation: Unter „Physikalische Behandlung zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ versteht man jede Behandlung, durch die Aflatoxine ohne chemische Stoffe entfernt werden. Ein Beispiel für eine solche Behandlung wäre das Blanchieren kombiniert mit Sortierung. Das Rösten kann nicht als „physikalische Behandlung zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ gelten, da Aflatoxine wärmebeständig sind und durch das Rösten nicht wesentlich entfernt/vermindert werden. Andererseits kann die Verwendung von Aktivkohle zur Reinigung von Ölen, die aus Schalenfrüchten gewonnen werden, als „physikalische Behandlung zur Verringerung der Aflatoxinkontamination“ betrachtet werden. EU-Kommission VERORDNUNG (EG) Nr. 472/2002 DER KOMMISSION vom 12. März 2002 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln Die Kommission hat festgelegt, die Bestimmungen in Anhang I Abschnitt 2 Nummern 2.2.2 und 2.2.3 spätestens bis zum 31. Dezember 2003 hinsichtlich des Höchstgehalts von Ochratoxin A in getrockneten Weintrauben sowie der Einsetzung eines Höchstgehalts für Ochratoxin A in grünem und geröstetem Kaffee, Kaffeeerzeugnissen, Wein, Bier, Traubensaft, Kakao und Kakaoerzeugnissen sowie Gewürzen zu überprüfen. Dabei sollen die durchgeführten Untersuchungen und die angewandten Vorbeugungsmaßnahmen zur Verringerung der Ochratoxin A-Mengen in diesen Erzeugnissen berücksichtigt werden. EU-Kommission Verordnung (EG) Nr. 685/2004 der Kommission vom 13. April 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 im Hinblick auf Aflatoxine und Ochratoxin A in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder Amtsblatt der Europäischen Union, 15.04.2004, L 106/3 Einige Mitgliedstaaten haben Höchstgehalte für Aflatoxin B1, Aflatoxin M1 und Ochratoxin A in für Säugling und Kleinkinder bestimmten Lebensmitteln verabschiedet. Angesichts der Unterschiede zwischen den einzelnen staatlichen Bestimmungen und des Risikos, das daraus Wettbewerbsverzerrungen resultieren können, sind unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzip gemeinschaftliche Maßnahmen geboten, um die Einheit des Marktes zu gewährleisten. Zum Schutz der Gesundheit von Säuglingen und Kleinkindem, die eine anfällige Bevölkerungsgruppe bilden, ist es geboten, die niedrigsten Höchstgehalte zu vereinbaren, die sich durch eine strikte Auswahl der Ausgangserzeugnisse für die Herstellung von Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Getreidebeikost und andere Beikost erreichen lassen. Im Anhang 1 zur Verordnung werden für Aflatoxin B1 in Säuglingsnahrung Höchstwerte für Getreidebeikost mit 0,10 µg/kg festgelegt. Höchstwerte für Aflatoxin M1 betragen 0,025 µg/kg. Der Höchstwert für Ochratoxin A wird für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder auf 0,50 µg/kg festgesetzt. Die gleichen Werte sollen jeweils für diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die eigens für Säuglinge bestimmt sind, gelten. 97 EU-Kommission VERORDNUNG (EG) Nr. 123/2005 DER KOMMISSION vom 26. Januar 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 in Bezug auf Ochratoxin A DIE KOMMISSION hat auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 neue Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln festgelegt. Die Verordnung gilt seit dem 1. April 2005 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. - Die Höchstwertfestlegungen werden entsprechend der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Lebensmittel“ (SCF) zu Ochratoxin A vom 17. September 1998 damit bgründet, dass es sich bei Ochratoxin A um ein Mykotoxin handelt, das karzinogene, nierenschädigende Missbildungen verursachende, immuntoxische und möglicherweise neurotoxische Eigenschaften besitzt. Die Höchstwertfestlegungen betreffen Getreide und Getreideerzeugnisse, Getrocknete Weintrauben, Kaffee, Wein, Traubensaft, Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder und diätetische Lebensmittel. Für grünen Kaffee, andere Trockenobstsorten als getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Lakritz wurde kein Höchstwert festgelegt. EU-Kommission VERORDNUNG (EG) Nr. 1881/2006 DER KOMMISSION vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln Amtsblatt der Europäischen Union // L 364/5 // 20.12.2006 Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat auf Ersuchen der Kommission am 4. April 2006 eine aktualisierte wissenschaftliche Stellungnahme zu Ochratoxin A in Lebensmitteln abgegeben, die neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung trägt, und hat darin eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI) von 120 ng/kg Körpergewicht vorgeschlagen. - Diese Verordnung ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 466/2001 vom 8. März 2001 zur Festsetzung der Höchstgehalte von Kontaminanten in Lebensmitteln. Die Verordnung legt die zulässigen Höchstwerte für Ochratoxin A neu fest. Zulässige Höchstgehalte für Ochratoxin A: (µg/kg oder ppb) - Unverarbeitetes Getreide - Alle aus Getreide (einschließlich verarbeiteten Getreideerzeugnissen und zum unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmten Getreidekörnern gewonnenen Erzeugnisse - Getrocknete Weintrauben (Korinthen, Rosinen und Sultaninen) - Geröstete Kaffeebohnen sowie gemahlener gerösteter Kaffee außer löslicher Kaffee - Löslicher Kaffee (Instant-Kaffee) - Wein (einschließlich Schaumwein, ausgenommen Likörwein mit einem Alkoholgehalt von mindestens 15 Vol.%) und Fruchwein - Aromatisierter Wein, aromatisierte weinhaltige Getränke und Cocktails - Traubensaft, rekonstituiertes Traubensaftkonzentrat, Traubennektar zum unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmter Traubenmost und Traubenmostkonzentrat - Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder - Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die eigens für Säuglinge bestimmt sind Grüner Kaffee, andere Trockenfrüchte als getrocknete Weintrauben, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Likörweine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Süßholz 5,0 3,0 10,0 5,0 10,0 2,0 2,0 2,0 0,5 0,5 - Ferlay, J.; Autier, P.; Boniol, M.; Heanue, M.; Colombet, M. & Boyle, P. / IARC Estimates of the cancer incidence and mortality in Europe in 2006 Annals of Oncology 18: 581-592, 2007 Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) in Lyon veröffentlichte eine Schätzung der Krebsinzidenz in Europa im Jahre 2006. Danach wurden im vergangenen Jahr in 39 europäischen Staaten etwa 3,2 Millionen Krebserkrankungsfälle neu festgestellt; dies waren 300.000 mehr als im Jahr 2004. Europaweit starben 2006 nach den IARC-Angaben 1,7 Millionen Menschen an Krebs. Wie in den Jahren zuvor fordert Lungenkrebs von allen Krebsarten die meisten Opfer. Daran starben im vergangenen Jahr in Europa 334.000 Menschen. Auf den folgenden Plätzen stehen Darmkrebs (207.400 Tote), Brustkrebs (131.900) und Magenkrebs (118.200). Bei den neu entdeckten Krebserkrankungen führte Brustkrebs im Jahr 2006 mit 429.900 Fällen die Statistik an; das entspricht 13,5 Prozent aller neuen Tumordiagnosen. Dahinter rangierten in geringem Abstand Darmkrebs (412.000 Fälle) und Lungenkrebs (386.000). Am größten sei die Krebsgefahr offenbar in Mittel- und Osteuropa: Im Vergleich zum übrigen Europa erkrankten und starben dort 2006 überproportional viele Menschen an Tumorleiden. Boyle, führt den Anstieg in der Krebsstatistik auf die alternde Bevölkerung zurück, denn Krebs trete gehäuft im höheren Lebensalter auf. Evidenzbasierte Gesundheitsschutzmaßnahmen bestehen zur Reduzierung der Brust- und Darmkrebssterblichkeit. Die Inzidenz des Lungenkarzinoms und anderer Krebsformen kann durch Änderung des Raucherverhaltens gesenkt werden. 98 Johann Ludwig Formey Versuch einer medicinischen Topographie von Berlin Berlin, 1796 Zu Anfang des 19. Jahrhunderts fanden vielfach Veröffentlichungen hygienischer Studien in der Form medizinischer Topographien von Städten statt. Formey war an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert, als er sein Buch „Versuch einer medicinischen Topographie von Berlin“ schrieb, als Arzt verwaltend und administrierend als "Vortragender Rath" im zuständigen Ministerium für das Medizinalwesen tätig. Viele Entscheidungen dieser Zeit tragen seine Unterschrift. Über die Lebensgewohnheiten und die Ernährung schreibt Formey unter anderem: "Ausser dem Wasser welches als gewöhnliches Getränk genossen wird, trinken die Berliner viel Bier und Kaffee. Diese beiden Getränke sind so allgemein eingeführt, dass es kein Haus und keine Haushaltung giebt, wo sie nicht täglich genossen werden. Ausser den in Berlin selbst gebrauten weissen und braunen Bieren welche von vorzüglicher Güte sind, trinken unsere Einwohner viele fremde Biere, die von Crossen, Spandau, Ruppin, Kotbus und anderen Städten hergeführt werden, und wir haben manchen rüstigen Biertrinker, der am Abend sein halb Dutzend Quartbouteillen zu sich nehmen kann." Man führte allerdings auf den Genuß von Tee und Kaffee die Abnahme der Blasensteine, Kröpfe und der Lungensucht zurück. Gareis, Prof. Dr. M. / Bundesanstalt für Fleischforschung, Kulmbach Mykotoxine und Schimmelpilze Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Forschungsreport 2001 In Deutschland hat die Mykotoxinforschung eine über 30-jährige erfolgreiche Tradition. - Mykotoxine sind für Menschen, Tiere und Pflanzen giftige Naturstoffe. Sie werden von Pilzen im Rahmen ihres Sekundärstoffwechsels auf pflanzlichen Substraten gebildet. Von etwa 20 Toxinen ist bekannt, dass sie in höheren Konzentrationen in Lebensmitteln auftreten können und aus der Sicht des Verbraucherschutzes eine Bedeutung besitzen können. Sie können Krebs erzeugen (Aflatoxine, Ochratoxin A, Fumonisine), mutagen wirken (Aflatoxine, Sterigmatocystin), Missbildungen auslösen (Ochratoxin A), das Hormonsystem beeinflussen (Zearalenon), das Immunsystem beeinträchtigen (Aflatoxine, Ochratoxin A) u. a. Gareis, Prof. Dr. M. / Bundesanstalt für Fleischforschung, Kulmbach Ochratoxin A in Bierhefe 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002 Bierhefe wird als Nahrungsergänzungsmittel in flüssiger Form oder in Form von Pulver, Flocken und Tabletten angeboten. Dabei wird vor allem der hohe Vitamin B1-Gehalt von den Herstellern betont und eine tägliche Aufnahme des Naturproduktes empfohlen. Zielgruppen sind primär Kinder im Wachstum, Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit, Rekonvaleszenten, Menschen mit sportliche Aktivitäten und erhöhter körperlicher Anstrengung, Raucher und Personen, die hohen Umweltbelastungen ausgesetzt sind. Unter Berücksichtigung der empfohlenen Tagesrationen von z.B. 3 x 6 Bierhefe-Tabletten kann im ungünstigen Fall täglich eine Dosis von mehr als 10 ng Ochratoxin A aufgenommen werden. Damit stellt die Aufnahme von kontaminierten Bierhefepräparaten einen nicht unerheblichen Risikofaktor dar. Geisler, A.; Schweitzer, J.; Leyendecker, K. Kampf auf Leben und Tod stern Nr. 6, 03.02.2005, S. 52 Die Autoren berichten über Betroffene, über Brustkrebs, - Operationen, Amputation, Chemotherapie, Sterilisation, Strahlentherapie, Eierstocksentfernung, Antihormontherapie, Antikörpertherapie. Doch Fortschritte in der Krebstherapie haben einigen Tumorarten viel von ihrem Schrecken genommen. Inzwischen ist nicht mehr die vollständige Heilung das Ziel. Forscher wollen aus dem grausamen Leiden eine Krankheit machen, mit der man alt werden kann. - Radiologen berichten über punktgenaue Bestrahlung, Immunologen über effektive Antikörper, Chirurgen über verfeinerte Opersationsmethoden, Genetiker über neue Möglichkeiten der zielsicheren Therapie. Belastende Nebenwirkungen wie Haarausfall und erbrechen werden vermieden oder vermindert. - Mit höherem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken. - Die Zeitschrift informiert aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und anderen Forschungseinrichtungen. Im DKFZ bestrahlen Radiologen bestimmte Tumorarten so punktgenau, dass umliegendes Gewebe geschont wird. Seit 30 Jahren versuchen Forscher Antikörper herzustellen, die fast nur gegen die Krebszellen wirken, im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie. Zehn Antikörper sind inzwischen zugelassen. Herceptin wirkt bei einem Viertel der Frauen mit Brustkrebs. vollständig verhindern kann das Präparat die Expansion des Tumors jedoch nicht. Jede neue Methode bringt die Forscher ihrem Ziel näher, aus dem Massenkiller Krebs eine chronische Krankheit zu machen, mit der man alt werden kann. 99 Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR) Krebsinzidenz 1999 Schriftenreihe des GKR 1/2002 Das GKR dokumentiert die gemeldeten Krebserkrankungen und Sterbefälle entsprechend der ICD 9 für die Neuen Bundesländer und Berlin mit 17,4 Millionen Einwohnern. Der Jahresbericht 1999 enthält die Daten aller gemeldeten Fälle nach Altersgruppen für das Beobachtungsgebiet und für die einzelnen Bundesländer. - Die grafische Darstellung der Entwicklung der Krebsmorbidität ausgewählter Lokalisationen auf der Grundlage des Krebsregisters der DDR und der aktuellen Meldungen nach 1990 gibt einen Einblick in die Trends. Abgesehen von einem meldebedingten Rückgang Anfang der 90er Jahre stellt sich deutlich die Zunahme der Inzidenz aller Krebserkrankungen, des Darmkrebses und des Brustkrebses, dagegen die Abnahme des Magenkrebses und des in situ-Zervixkarzinoms dar. Invasive Zervixkarzinome sind bereits seit den 60er Jahren rückläufig. Beträchtliche Unterschiede in der Morbidität von Männern und Frauen bestehen bei den Erkrankungen an Lungenkrebs, Mund-, Rachen-, Speiseröhren- und Magenkarzinom. Die häufigste Krebserkrankung der Frauen ist der Brustkrebs mit 9.499 gemeldeten Erkrankungsfällen. Die häufigsten Lokalisationen der Männer sind das Bronchialkarzinom mit 7.056 und das Prostatakarzinom mit 5.728 gemeldeten Erkrankungsfällen. An Darmkrebs erkrankten 1999 9.678 Männer und Frauen. Davon betrafen 9.520 den Dickdarm und 158 den Dünndarm. Unterschiede in der altersspezifischen Morbidität bestehen bei den Gebärmutterkarzinomen. Die höchte Zahl der Neuerkrankungen wurde für das Zervixkarzinom in der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren, für das Gebärmutterkarzinom in der Altersgruppe von 60 bis 74 Jahren angegeben. Die Zervixkarzinome sind zu 79,4 % Plattenepithelkarzinome, 14,2 % werden als als Adenokarzinome angegeben. Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR) Krebsinzidenz 2000 Schriftenreihe des GKR 1/2004 Der Jahresbericht gibt einen Überblick über die Krebsneuerkrankungen des Jahres 2000. Insgesamt sind 77.658 Neuerkrankungen registriet worden (davon männlich: 39.189 Fälle; weiblich: 38.469 Fälle). Die häufigsten Tumorlokalisationen bei Männern waren der Lungenkrebs (19 %), Prostatakrebs (17 %) und Darmkrebs (14 %). Bei Frauen ist Brustkrebs die häufigste Lokalisation (25 %) vor Darmkrebs (14 %) und Lungenkrebs (6 %). - Während der Lungenkrebs bei Männern in den letzten 15 bis 20 Jahren rückläufig ist, steigt er bei Frauen weiter an. Dies zeige, dass in gezielten Kampagnen gegen das Rauchen neben Früherkennungsmaßnahmen das größte Potenzial zur Vermeidung von Krebserkrankungen stecke. Durch Krebsfrüherkennung stieg beim Mammakarzinom der Anteil der in situ-Tumoren und der invasiven Tumoren < 10 mm. Im Beobachtungsgebiet sind im Jahre 2000 44.266 Menschen (23.206 Männer und 21.060 Frauen) an Krebs gestorben. Damit ist die Zahl im Vergleich zu 1999 gering gestiegen. Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR) Krebsinzidenz 2001 und 2002 Jahresbericht des GKR, 2005 Der Jahresbericht gibt einen Überblick über die Krebsneuerkrankungen der Jahre 2001 und 2002. Insgesamt sind für das Jahr 2002 mehr als 80.000 Krebsneuerkrankungen registriert worden, davon circa 20 % als DCO-Fälle (2000: 77.000 Fälle, 24 % DCO). Der häufigste Tumor bei Männern ist in Ostdeutschland erstmals der Prostatakrebs mit 18 % aller Krebsneuerkrankungen vor Lungenkrebs mit knapp 18 % und Darmkrebs mit 14 %. Bei Frauen ist der Brustkrebs die häufigste Lokalisation mit 26 % aller Fälle vor Darmkrebs (14 %) und Lungenkrebs (6 %). Während der Lungenkrebs bei Männern während der letzten 15 - 20 Jahre einen rückläufigen Trend hat, steigt er bei Frauen weiter deutlich an. In Berlin tritt heute bereits jeder dritte Lungenkrebsfall bei einer Frau auf. Vor 20 Jahren war es noch jeder vierte. Bei den unter 50-Jährigen beträgt das Lungenkrebsrisiko der Berliner Frauen bereits circa 70 % von dem der Männer. Vor 20 Jahren waren es noch weniger als 30 %. Lungenkrebs ist bei Frauen in Berlin im Jahr 2003 erstmals häufigste Krebstodesursache. Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu erkranken wird für alle Krebslokalisationen mit etwa 38,26 % für die Männer und mit etwa 32,3 % für die Frauen angegeben. Das Gemeinsame Krebsregister berichtet auf der Basis der Erkrankungsmeldungen an das Nationale Krebsregister der DDR und der Meldungen aus den Neuen Bundesländern und Berlin über die Inzidenztrends ausgewählter häufiger Krebserkrankungen im Zeitraum 1960 bis 2002. Besonders auffallend sind die seit 1960 eingetragenen rückläufigen Trends der Magen- und Zervixkarzinome. 100 Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR) GKR - Kurz Informiert Brustkrebsinzidenz rückläufig bei 45 - 59-jährigen Frauen Oktober 2007 Das gemeinsame Krebsregister informierte über den Rückgang der Brustkrebsinzidenz unter den 45 - 59-jährigen Frauen. Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung könnte der Rückgang der verschriebenen Hormonersatztherapien sein. Ausgewertet wurden Inzidenzdaten des Gemeinsamen Krebsregisters zum weiblichen Brustkrebs für den Zeitraum zwischen 1995 und 2005. Einbezogen wurden Daten von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen, basierend auf ärztlichen Meldungen. Durchschnittlich wurde in allen vier Bundesländern über den betrachteten Zeitraum ein Rückgang der Inzidenz unter den 45- bis 59-jährigen Frauen beobachtet. In Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern verringerte sich die Inzidenzrate am stärksten unter den 50-54-Jährigen, und zwar betrug die Änderung -3,3 % und -6,8 % pro Jahr, was 6 bzw. 14 Fällen weniger pro Jahr in dieser Altersgruppe entspricht. In Sachsen und Thüringen hingegen nahm die Brustkrebsrate am deutlichsten unter den 55-59-jährigen Frauen ab (-4,7 % bzw. 10 Fälle weniger und -4,0 % bzw. 8 Fälle weniger pro Jahr). Zuwächse in der Neuerkrankungsrate waren eher in den höheren Altersgruppen zu verzeichnen. So stieg z. B. die Brustkrebsrate in Mecklenburg-Vorpommern bei den 65-69-jährigen Frauen durchschnittlich jährlich um 4,7 % oder 10 Fälle. Ein Rückgang der Brustkrebsinzidenz wurde unter den 45-59-jährigen Frauen beobachtet Diese Altersklasse stellt die Zielgruppe für HET dar. Allein aus dieser Beobachtung könne jedoch noch nicht auf einen ursächlichen Zusammenhang mit der abnehmenden Zahl verschriebener HET geschlossen werden. Alternative Erklärungsansätze sollten deshalb nicht unberücksichtigt bleiben. Für eine Rolle der HET in der Trendentwicklung der Brustkrebsinzidenz spreche die biologische Plausibilität, dass insbesondere die kleinen Tumoren im Mammogramm detektierbar wären und deren Wachstum durch Entzug der Nahrungsquelle (HET) verlangsamt oder gar eingestellt worden sein könnte. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID) in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut (RKI) Krebs in Deutschland 4. Ausgabe, 2004, 5. Ausgabe, 2006, 6. Auflage, 2008 und 7. Ausgabe, 2010 Zur Schätzung der Zahl auftretender Krebsneuerkrankungen: Die Daten epidemiologischer Krebsregister, die alle Krebserkrankungen ihrer Region hinreichend vollzählig erfassen, bilden die Basis für die Schätzung der Zahl aller Krebsneuerkrankungen in Deutschland durch die Dachdokumentation Krebs im RKI. Die vorliegenden Schätzungen decken den gesamten Zeitraum zwischen 1980 und 2004 ab. - Die Schätzung des Robert-Koch-Instituts weist für das Jahr 2002 etwa 424.250 Krebsneuerkrankungen aus (Männer 218.250, Frauen 206.000). Im Vergleich zur vorherigen Schätzung des RKI, die mit dem Jahr 2000 abschloss, sind dies insgesamt etwa 29.600 Erkrankungsfälle mehr. Diese Differenz ist nicht Folge eines steilen Anstiegs der Erkrankungshäufigkeit innerhalb von nur zwei Jahren, sondern sie unterscheidet die aktuelle Schätzung von der zurückliegenden. Höhere Erkrankungszahlen der aktuellen Schätzung sind vor allem auf den vermehrten Einsatz bestimmter diagnostischer Verfahren zur frühzeitigeren Entdeckung von Krebserkrankungen zurückzuführen. Der zunehmende Einsatz dieser Verfahren führt nicht nur zu einem höheren Anteil von Frühstadien dieser Krebskrankheiten, sondern er führt auch insgesamt zu einer höheren Anzahl von Erkrankungsfällen und zu höheren altersspezifischen bzw. altersstandardisierten Raten. Die höhere Anzahl 2002 aufgetretener Krebserkrankungen in Deutschland nach der aktuellen Schätzung des RKI wird nicht als Ergebnis einer erheblichen Zunahme der Erkrankungshäufigkeit zwischen 2000 und 2002, sondern als Ergebnis einer verbesserten Anpassung an das Krebsgeschehen in Deutschland gewertet. Im Wesentlichen sind die jetzt höheren Erkrankungszahlen auf den zunehmenden Einsatz der Mammographie zur frühzeitigeren Diagnose von Brustkrebs und des Bluttestes auf PSA zur Diagnose des Prostatakrebses zurückzuführen. Die Entstehung einer Krebskrankheit beruht in der Regel nicht auf einer einzigen Ursache, sondern auf einem Geflecht verschiedenster Faktoren. Von den vermeidbaren Risikofaktoren ist das (Zigaretten-) Rauchen, das 25 % bis 30 % aller Krebstodesfälle verursacht, von überragender Bedeutung. Ein ähnlich großer, weniger genau abschätzbarer Anteil aller Krebstodesfälle von etwa 20 % bis 40 % dürfte auf falsche Ernährungsweisen wie allgemeine Überernährung, einen zu hohen Anteil tierischen Fetts und einen zu geringen Anteil bestimmter Vitamine, Mineralien und unverdaulicher Faserstoffe aus frischem Obst und Gemüse zurückzuführen sein. Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung bestimmter Krebskrankheiten sind Infektionen, erhöhter Alkoholgenuss, Expositionen am Arbeitsplatz und Einflüsse aus der Umwelt. Zu den Umwelteinflüssen zählen neben der Sonneneinstrahlung unter anderem Radon und Passivrauchen. Aus den Einschätzungen über die verschiedenen Krebslokalisationen werden an dieser Stelle auf der Basis der Schätzung aus dem Jahre 2004 lediglich die Häufigkeit und Risikofaktoren der Krebserkrankungen des Magens, der Brust und der Gebärmutter wiedergegeben: 101 Magenkrebs:. Die geschätzte Zahl der jährlichen Neuerkrankungen beträgt in Deutschland insgesamt circa 19.400, davon etwas mehr als 11.200 Männer. Als Risikofaktoren werden Ernährungsgewohnheiten angegeben, ein Mangel an frischem Obst und Gemüse scheine von Bedeutung zu sein. Bei entsprechenden Ernährungsgewohnheiten komme häufig der negative Einfluss stark gesalzener, gepökelter oder geräucherter Speisen hinzu. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum erhöhen ebenfalls das Erkrankungsrisiko. Tabak und Alkohol begünstigen zudem länger anhaltende Entzündungen mit Schleimhautveränderungen wie die chronisch-atrophische Gastritis oder chronische Magengeschwüre, die das Risiko ebenfalls erhöhen. In den letzten Jahren wurde gezeigt, dass in diesem Zusammenhang die bakterielle Infektion mit Helicobacter pylori eine wesentliche Rolle spielt und familiäre Häufungen erklären kann, auch unter nicht blutsverwandten Mitgliedern. Erbliche Genveränderungen werden jedoch ebenfalls weiter diskutiert. Unter den fast immer gutartigen Magenpolypen gelten nur die seltenen Adenome als Präkanzerose. Perniziöse Anämie, Morbus Ménétrier und weitere seltene Vorerkrankungen tragen anteilsmäßig in nur geringem Umfang zum Risiko bei. Seit über 30 Jahren wird ein stetiger Rückgang der Neuerkrankungen an Magenkrebs beobachtet. In Deutschland erkranken jährlich über 55.100 Frauen an Brustkrebs, davon etwa 23.200 im Alter unter 60 Jahren. Brustkrebs stellt die häufigste Krebserkrankung bei Frauen dar. Diese Erkrankung ist für 26,8 % aller Krebsneuerkrankungsfälle bei Frauen und für deutlich mehr als ein Drittel (40 %) der Neuerkrankungen bei Frauen unter 60 Jahren verantwortlich. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwas über 62 Jahren, knapp 7 Jahre unter dem mittleren Erkrankungsalter bei Krebs gesamt. Als Risikofaktoren werden genannt: Brustkrebserkrankungen in der naher Verwandtschaft; einige Genveränderungen steigern das Risiko. Eine frühe erste Regelblutung (Menarche), Kinderlosigkeit oder ein höheres Alter bei der ersten Geburt sowie der späte Eintritt in die Wechseljahre (Klimakterium) werden mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs assoziiert. Ausgetragene Schwangerschaften in jungen Jahren, mehrere Geburten und längere Stillzeiten scheinen umgekehrt das Brustkrebsrisiko zu verringern. Jährlich erkranken derzeit etwa 6.500 Frauen in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Die Erkrankungshäufigkeit variiert sehr stark mit dem Alter. So werde im Alter zwischen 25 und 35 Jahren bei mehr Frauen die an Krebs erkranken die Diagnose Gebärmutterkrebs gestellt als bei Frauen über 65 Jahren. Dem entspreche eine unterschiedliche Erkrankungshäufigkeit mit einem ersten Gipfel zwischen 35 und 55 Jahren, der dann von einem zweiten Antieg der Häufigkeit ab etwa 60 Jahren abgelöst wird. - . Heute bestehe kein Zweifel mehr daran, dass einem Gebärmutterhalskrebs regelmäßig eine, oft Jahrzehnte zurückliegende, Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) zugrunde liegt. Die HPV-Infektion, nicht die Krebserkrankung, ist sexuell übertragbar. Der Großteil aller Frauen wird im Laufe des Lebens mit HPV infiziert, jedoch persistiert die Infektion nur bei einem geringen Prozentsatz der Frauen. Eine frühe Aufnahme des Geschlechtsverkehrs, ungeschützter Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern und eine hohe Geburtenzahl sind assoziierte Faktoren. Andere Erreger sexuell übertragbarer Krankheiten, zum Beispiel Herpes Simplex Viren oder Chlamydien, werden als potenzielle Kofaktoren bei der Krebsentstehung angesehen. Ob die beobachtete leichte Steigerung des Risikos durch orale Kontrazeptiva (»Pille«) mit Östrogenen und Gestagenen ein Risiko an sich oder eher ein Indiz für ein Risiko steigerndes Sexualverhalten ist, muss weiter untersucht werden; auch ist eine Abwägung des Risikos gegenüber dem Nutzen notwendig (u.a. Schutz vor Gebärmutterkörperkrebs und Eierstockkrebs). Rauchen und Passivrauchen sowie ein schlechter Ernährungszustand gelten als Kofaktoren. Giersiepen, K.; Heitmann, C.; Janhsen, K. und Lange, C. // Robert Koch-Institut / Brustkrebs Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2005 Brustkrebs ist die häufigste bösartige Neubildung bei Frauen weltweit. In Deutschland erkrankt jede 11. Frau im Verlaufe ihres Lebens an Brustkrebs. Die häufigste Form ist das duktale Mammakarzinom. Nach Schätzung der WHO erkrankten im Jahre 2000 weltweit über eine Million Frauen an Brustkrebs, 370.000 verstarben daran. In Europa erkrankten 350.000 Frauen und starben 130.000 Frauen an Brustkrebs. Das Erkrankungsrisiko nimmt mit zunehmendem Alter zu. Risikofaktoren und Prävention: Die Autoren verweisen auf eine Reihe von Faktoren, die das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, erhöhen: Überernährung und Alkoholkonsum, der hormonelle Status und die genetische Disposition. Die genetische Disposition beim Brustkrebs wird in der Literatur bei etwa 5 - 10 % der Fälle als Ursache angesehen. Der weitaus größere Teil der Brustkrebserkrankungen scheint somit durch andere Faktoren bedingt zu sein. Diskutiert werden u. a. reproduktive Faktoren, wie eine frühe Menarche, späte erste Schwangerschaft, geringe Anzahl an Schwangerschaften, kurzes bzw. kein Stillen, späte Menopause. Lebensstilfaktoren wie Übergewicht bzw. Gewichtszunahme nach der Menopause, Alkoholkonsum. Rauchen und geringe körperliche Aktivität scheinen ebenfalls das Erkrankungsrisiko zu erhöhen. Mit dem Lebensalter steigt das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. - In verschiedenen Studien wurde bei Frauen, die im Rahmen einer Hormontherapie über mehrere Jahre eingenommen hatten, ein erhöhtes Brustkrebsrisiko festgestellt. - Die Möglichkeiten der primären Prävention bei Brustkrebs sind begrenzt. Zur allgemeinen Senkung des Krebsrisikos kann eine gesunde Lebensweise (Reduktion von Übergewicht, geringer Alkoholkonsum, Nichtrauchen, körperliche Aktivität) beitragen. Nach Ergebnissen der EPIC-Studie senkt der Verzehr von Obst und Gemüse aber nicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. 102 Girgert, R., Gründker, C. und Hanf, V. // Universitätsfrauenklinik Ulm / Elektromagnetische Feldeinwirkung und Brustkrebs Beyer, A. /Eis. D.: Praktische Umweltmedizin, Springer-Verlag, Stand: Juli 2005 Die Einwirkung niederfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen ist eine unvermeidliche Begleiterscheinung der Energienutzung. Da in westlichen Ländern das Mammakarzinom parallel zur Industrialisierung zur häufigsten Krebserkrankung der Frau wurde, wird ein kausaler Zusammenhang der Einwirkung elektromagnetischer Felder diskutiert. Verschiedene Studien stellen einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldeinwirkungen und Brustkrebs fest. Die Ergebnisse der Studien sind sehr umstritten. In Ermangelung großer Studien, die auch geringe Unterschiede in den verschiedenen untersuchten Gruppen nachzuweisen vermögen, macht weitere Grundlagenforschung notwendig, um zur mechanistischen Hypothesenbildung bzw. -prüfung beizutragen. Gissmann, Prof. Dr. L. und Pawlita, Dr. M // Abteilung Genomveränderungen und Carcinogenese im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg Gebärmutterhalskrebs und Papillomvirusinfektion: Ansätze zur Vorbeugung, Diagnostik und Therapie Krebsforschung heute; Berichte aus dem DKFZ, 2002 Krebs beim Menschen kann vielfältige Ursachen haben: Neben einer erblichen Veranlagung oder Umwelteinflüssen können auch Infektionen mit bestimmten Bakterien, Viren oder Parasiten die Entstehung von Krebs beeinflussen. Nur ein sehr kleiner Teil der infizierten Personen erkrankt an Krebs. Eine HPV-Infektion wird als notwendiger Faktor für die Entstehung des Gebärmutterhalskrebses angesehen. Es wird angenommen, dass ein virusspezifischer Impfstoff die Erkrankung verhindert. Ziel ist, die Entstehung von Gebärmutterhals dadurch zu verhindern, dass eine HPV-Infektion nicht erfolgen kann. Ob dieses Ziel erreicht werden kann läßt sich jedoch erst nach vielen Jahren überprüfen. - Sollte sich eine solche Impfung nach Abschluß der Studien als erfolgreich erweisen, müßten Impfprogramme bei Jugendlichen beiderlei Geschlechts durchgeführt werden. Graffi, Dr. A., / Akademie der Wissenschaften der DDR, Forschungsstätte Berlin-Buch Beitrag zur Wirkungsweise der cancerogenen Reize und zum chemischen Aufbau normaler und maligner Zellen Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung / 43. Jahrgang, 1949, S. 156 - 159 Seit der Entdeckung der cancerogenen Wirkung des Teeres durch Yamagiwa und Itchikawa im Jahre 1915 sind noch viele genau definierbare Reize bekannt geworden, mit deren Hilfe es gelingt, normale Zellen in maligne umzuwandeln. Wenn wir diese Reize nach ihrer Wirkungsintensität und Spezifität hinsichtlich ihrer krebserregenden Eigenschaft gruppenweise ordnen, so ergibt sich etwa folgende Reihenfolge: Canzerogene Kohlenwasserstoffe (Benzpyren, Methylcholanthren), cancerogene Strahlen (Röntgen, Radium, UV), cancerogene Azofarbstoffe (Buttergelb, Orthoamidoazotoluol), Arsen, bestimmte Metalle (Kobalt, Nickel), schließlich diverse Reizwirkungen wie z. B. unter die Haut geschobene Bakelit- und Cellophanplättchen. Die meisten Karzinome, die sich nach ca. 3 Monaten größtenteils multipel und multizellulär entwickeln, gehen aus soliden ins Corium ragenden Epithelzapfen durch weitere Aufsplitterung und infiltratives Wachstum hervor. Ein genauerer Einblick in den Mechanismus der unmittelbaren Wirkung des cancerogenen Reizes auf die einzelne Zelle war aus diesen morphogenetisch-histologischen Untersuchungen nicht zu gewinnen. Ob der cancerogene Kohlenwasserstoff unmittelbar auf die Zelle wirkt oder mittelbar, etwa über das Nerven- oder Gefäßsystem, konnte aus diesen Versuchen mit Sicherheit nicht geschlossen werden, wenngleich, zumal bezüglich der epithelialen Anteile der Haut, erstere Möglichkeit wahrscheinlicher erschien. Grubert T. A.; Friese K. // 1. Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München Impfung gegen HPV Aktueller Stand und neue Perspektiven zur Vakzinierung gegen humanpathogene Papillomviren Der Gynäkologe 2003 / Heft 4 / S. 313-322 1975 wurde erstmals der Gebärmutterhalskrebs mit Humanen Papillomviren (HPV) in Verbindung gebracht. Die entscheidende Phase begann vor 20 Jahren im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, als dort die entscheidende Rolle von HPV 16 in der Pathogenese des Zervixkarzinoms erkannt wurde. Mit diesen und vielen weiteren Arbeiten war die Basis geschaffen für eine intensive und erfolgreiche Erforschung der Papillomviren und ihrer Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Heute ist die Rolle von HPV als notwendige Ursache bei der Krebsentstehung zweifelsfrei nachgewiesen und das komplizierte Puzzle der viralen Onkogenese in weiten Teilen gelöst worden. - Im Zusammenhang mit der Erkenntnis der viralen Genese des Zervixkarzinoms liegt der Gedanke an eine Vakzinierung nahe. Allerdings basiert die Entwicklung und der Erfolg von Schutzimpfungen gegen virale Erkankungen in der Regel auf einer genauen Kenntnis des natürlichen Verlaufs der Infektion und der ausgelösten Immunreaktion. Aufgrund der sehr speziellen Eigenheiten einer HPV-Infektion ist unser Bild der stattfindenden Immunreaktion bislang nur sehr lückenhaft. - Eine wirksame Vakzine gegen nur einen oder nur einige 103 der potenziell onkogenen HPV-Typen könnte die geimpften Individuen in falscher Sicherheit wiegen, nicht nur gegenüber HPV, sondern auch gegenüber anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, insbesondere HIV. Selbst ein Impfstoff, der z. B. die 4 wichtigsten High-risk-HPV-Typen (HPV 16, HPV 18, HPV 31 und HPV 45) abdeckt, bietet mit großer Wahrscheinlichkeit noch keinen Schutz vor derzeit seltener vorkommenden HPV-Typen und könnte diesen im schlimmsten Fall das Feld überlassen. Eine prophylaktische Vakzine wird ökonomisch umso effizienter, je breiter sie eingesetzt werden kann, ungeachtet der Tatsache, dass etwa 80 % aller HPV-Infektionen auch von selbst völlig folgenlos ausheilen. Bis eine präventive Massenimpfung tatsächlich die Inzidenz HPV-assoziierter Erkrankungen, insbesondere des Zervixkarzinoms, senken kann, werden jedoch Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen. Das heißt aber, dass eine präventive Vakzine zunächst keinerlei Einsparung, sondern im Gegenteil eine Steigerung der Gesundheitsausgaben mit sich bringen wird. Zu den Kosten für die Krebsfüherkennnung und die Behandlung von Präkanzerosen, die nach wie vor unabdingbar aufzuwendenden sind, werden zusätzliche Kosten für die Implementierung von Impfprogrammen anfallen. In dieser Hinsicht wäre es von großem Vorteil, wenn sich, ergänzend zu rein präventiven Impfstoffen, das Konzept einer therapeutischen Vakzinierung verwirklichen ließe. - Die Entwicklung einer wirksamen Vakzine gegen HPV und assoziierte Erkrankungen wäre der wissenschaftliche Triumph einer seit 20 Jahren betriebenen, intensiven und zielstrebigen HPV-Forschung. Die Verfügbarkeit erster Impfstoffe ist absehbar geworden, wenn auch noch einige Jahre bis zur Zulassung vergehen werden. Als erste Impfung gegen ein potenzielles Tumorvirus würde der Erfolg eines HPV-Impfstoffs einen Meilenstein in der Medizingeschichte darstellen. Eine Langzeitwirksamkeit vorausgesetzt, wird sich eine Auswirkung einer präventiven Vakzine auf die Inzidenz von Zervixkarzinomen erst in Jahrzehnten zeigen. Auch wenn parallel therapeutisch wirksame Impfungen durchgeführt werden können, bleiben herkömmliche Früherkennungsuntersuchungen noch unverändert notwendig. Grunow, W., Schmidt, E.H.F. Ernährungsrisiken durch Schadstoffe Bundesgesundheitsblatt 33 (1990) H.12, 573-577 Ein Problem von großer Tragweite ist die Frage nach dem Krebsrisiko durch Schadstoffe in Lebensmitteln. Nach Schätzungen von Doll und Peto haben in den USA 35 % der Krebstodesfälle eine alimentäre Ursache. Überernährung, hoher Fettverzehr und bestimmte Mangelzustände werden als Risikofaktoren genannt. - Ein Zusammenhang zwischen der Kontamination von Lebensmitteln und Krebs ist bisher nur für Aflatoxin B1 belegt. Leberkrebs korrelliert in tropischen Ländern mit hoher Aflatoxinaufnahme. Für die USA wird bei einer täglichen durchschnittlichen Aufnahme von 0,25 ng/kg Körpergewicht/Tag unter Berücksichtigung tierexperimenteller und epidemiologischer Daten eine Inzidenz von weniger als 1 Fall je 1 Million Einwohner als Erwartungswert angegeben. Guzek, G. und Guzek, B. Mykotoxine sind die Ursache der Arteriosklerose Zeitung für Umweltmedizin, 1 (1993) H.1, 7-8 Die Autoren sprachen am Rande des XI. Internationalen Umweltmedizinischen Symposiums der American Environmental Health Foundation in Dallas, Texas, USA, mit Prof. Antonio Vito Costanini, dem Direktor der WHO-Forschungsgruppe „Mykotoxine in Lebensmitteln“ über die Entstehung der Arteriosklerose. - Die Läsion des Gefäßendothels besteht schon bevor die Blutfette ansteigen. Die erste Läsion wird durch bakterielle Endotoxine verursacht. Aber auch Mykotoxine können die Läsionen hervorrufen. Die beste Diät kommt aus Japan: viel Reis, viel Gemüse, viel Fisch. Die klassische japanische Kost ist arm an Mykotoxinen und kaum fermentiert. Die Empfehlung lautet: keine Hefe! Das bedeutet auch: kein Bier, kein Brot, kein Wein u. a. Hamann, PD Dr. Ute / Leiterin der Arbeitsgruppe „Molekulargenetik des Mammakarzinoms“ im Krebsforschungszentrum Heidelberg / Privatdozentin Biochemie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Brustkrebs - Erbliche Formen sind selten mensch+umwelt, Magazin des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in der HelmholtzGemeinchaft, 16. Ausgabe 2003 Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung und krebsbedingte Todesursache bei Frauen. Bisher wurden zwei Anfälligkeitsgene identifiziert, deren Veränderungen für die Entstehung der meisten erblichen Formen von Brustkrebs verantwortlich sind. Die weitaus meisten Krebsfälle entstehen vermutlich jedoch durch das Zusammenspiel weiterer "Anfälligkeitsgene" mit Umweltfaktoren. Weltweit erkranken jährlich etwa eine Million Frauen an Brustkrebs, davon allein in Deutschland 46.000 Frauen. Ungefähr jede zehnte Frau in der westlichen Welt ist im Laufe ihres Lebens von dieser Krankheit betroffen. Ein Drittel der Patienten stirbt an den Folgen. Während in den Industrieländern die Neuerkrankungsrate besonders bei jungen Frauen immer noch zunimmt, zeigt die Mortalitätsrate eine fallende Tendenz. Nur für eine kleine Zahl aller Brustkrebsformen lässt sich eine einzelne Ursache benennen, die hauptsächlich für die Entstehung verantwortlich ist. Für die überwiegende Zahl der Brustkrebserkrankungen jedoch ist dies nicht möglich. 104 Bei diesen Fällen tragen wahrscheinlich viele unterschiedliche genetische und nicht genetische Faktoren zur Umwandlung einer normalen Zelle in eine Krebszelle und damit zur Tumorentstehung bei. Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 sind nur für die Entstehung von zwei bis drei Prozent aller Brustkrebsfälle verantwortlich. Die meisten Brustkrebse entstehen vermutlich durch Gen-Gen- und/oder GenUmwelt-Interaktionen. Hamperl, H. Prof. / Direktor des Pathologischen Instituts der Universität Bonn Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der pathologischen Anatomie Springer-Verlag, Berlin-Göttingen-Heidelberg, 1957 Karzinome sind im Uterus überaus häufig. Man unterscheidet je nach dem Sitz Portio- (85 %), Corpus-(10 %) und Cervixkarzinome (5 %). - Das Portiokarzinom ist ganz in der Regel ein Plattenepithelkarzinom. Es wächst zunächst intraepithelial („in situ“) und ist dann nur am Auftreten unregelmäßiger, stark färbbarer Zellen zu erkennen. Später dringt es in die Tiefe vor. Es befällt die meisten Frauen, die geboren haben, vor dem 50. Lebensjahr. - Weit weniger bösartig verläuft das Corpuscarzinom, ein Adenokarzinom. Es befällt meist Frauen nach dem 50. Lebensjahr, die nicht geboren haben. - Die seltenen reinen Cervixcarcinome gehen von dem cervicalen Drüsenepithel aus und sind dementsprechend Adenocarcinome. Sie infiltrieren die Wand des Cervicalkanals und breiten sich in die Umgebung aus, indem sie die Muttermundslippen auftreiben. Wenn sie zerfallen, entsteht ebenso wie beim Portiocarcinom ein tiefer Geschwürskrater, so daß schließlich der Ausgangspunkt des Tumors nicht mehr festzustellen ist. Die Bezeichnung als Collumcarcinom trägt dann dieser Schwierigkeit Rechnung. Hautmann, R. E. und Huland, H. /Urolog. Universitätsklinik Ulm / Urolog. Universitätsklinik Eppendorf Urologie Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, 1997 Prostatitis: Abakterielle Prostatitis. Die Ätiologie ist nicht hinreichend geklärt. Chlamydien- und UreaplasmenInfektionen werden diskutiert. In der Mehrzahl der Fälle ist kein Erreger nachzuweisen. Chronische Prostatitis: Die Symptomatologie der chronischen bakteriellen und "abakteriellen" Prostatitis ist uncharakteristisch. Für die abakterielle Prostatitis gibt es keine suffiziente Therapie. Nierentumoren: Der häufigste Tumor der Niere ist das Nierenkarzinom, ein Adenokarzinom des proximalen Tubulus. Die Inzidenz beträgt jährlich 5/100.000 Einwohner. Sie werden fast ausschließlich im Erwachsenenalter beobachtet, insbesondere in der 5. bis 7. Dekade. Ätiologische Faktoren sind nicht sicher nachgewiesen. Eine höhere Inzidenz findet man bei Rauchern. Die meisten Pathologen sehen Adenome als Vorstufe des Nierenzellkarzinoms. Nierenbecken- und Harnleitertumoren: Nierenbecken- und Harnleitertumoren treten mit einer Häufigkeit von 7 % in Bezug auf die Gesamtheit urothelialen Tumoren auf. Die relative Häufigkeit Von Nierenbecken, Harnleiter und Blase entspricht dem Anteil der urothelialen Oberfläche. Der Häufigkeitsgipfel findet sich um das 65. Lebensjahr. Urothelkarzinome sind exogen induzierbar. Gefährdete Berufsgruppen sind Textil-, Leder- und Farbindustriearbeiter, die aromatischen Aminen, Benzidin und Naphtylamin ausgesetzt sind. Ein Zusammenhang wird auch mit Zigarettenrauchen gesehen. Häring, R. und Zilch, H. (Herausgeber) und Coautoren Chirurgie 4. Auflage, Walter de Gruyter-Verlag, Berlin-New York, 1997 Karzinome im Bereich der Mundhöhle kommen am häufigsten in der Parotis vor. Man findet sowohl Plattenepithelkarzinome, die sich von den Ausführungsgängen entwickeln, als auch Adenokarzinome. Die Karzinome der Mundhöhle befallen die Zunge, vor allem die seitlichen Zungenpartien und den Zungengrund, bei älteren Männern auch die Lippen, vor allem die Unterlippe. Bei 80 % der Mundhöhlenkarzinome findet sich eine Alkohol- und Raucheranamnese. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. Das Zungenkarzinom befällt vorwiegend die seitlichen Zungenpartien und der Zungengrund. Die Operation ist nach wie vor die Behandlung der ersten Wahl. Sie wird ergänzt durch zusätzliche Vor- oder Nachbestrahlung und Chemotherapie. Früherkennung und Frühbehandlung sind therapieentscheidend. Hawighorst, T. und Emons, G. / Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg-August-Universität, Göttingen Adipositas und Krebs Der Gynäkologe 2006 / 39 / S. 975 - 980 Die Fettleibigkeit, die auf eine übermäßige Nahrungsaufnahme zurückzuführen ist, gilt laut WHO als eine der am meisten unterschätzten und vernachlässigten Gesundheitsstörungen unserer Zeit. Ein zu hohes Körpergewicht wird mit einer Vielzahl von Krankheiten und Beschwerden in Zusammenhang gebracht. Neben dem deutlich häufigeren Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen, wie z. B. Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, oder von Diabetes mellitus Typ 2 ist auch die Prävalenz verschiedener Krebserkrankungen erhöht. Inzwischen existiert eine ausreichend abgesicherte Beweislage für den Zusammenhang zwischen Adipositas und erhöhtem Risiko für Karzinome des Endometriums, der Niere, der Mamma (bei postmenopausalen Frauen), des Kolons (vor allem bei 105 Männern) und für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs. Die Prognose von adipösen Patientinnen mit Brustkrebs ist schlechter, und auch eine Gewichtszunahme nach Diagnosestellung hat einen ungünstigen prognostischen Effekt. Erste Daten zeigen, dass eine diätetische Änderung des Lebensstils die Prognose von Brustkrebs günstig beeinflussen kann. Beratungsgespräche in der frauenärztlichen Praxis sollten im Hinblick auf die Krebsprävention diätetische und andere Faktoren des Lebensstils zum Gegenstand haben. Hellriegel, K.-P. / Vivantes-Klinikum Am Urban, Berlin Brustkrebsscreening - Nutzen und Anforderungen Berliner Ärzte, 8/2004 Mit der Entwicklung neuer Therapieverfahren ist die Heilungschance für viele Patienten verbessert worden. Fast die Hälfte der Krebserkrankungen ist heute heilbar. Trotzdem sterben in Deutschland jährlich 210.000 Menschen an einem Karzinom. Früherkennungsuntersuchungen beim Mammakarzinom sind gegenwärtig die einzig realistische Möglichkeit, die krankheitsbedingte Letalität zu senken und die Heilungschancen entscheidend zu verbessern. Die Überlebensrate steigt, wenn der Tumor bei der Erstdiagnose kleiner als 1 cm ist, auf über 90 %. - Die wirkungsvollste Methode zur Früherkennung ist die qualitätsgesicherte Mammographie, die durch ärztliche inspektorische und palpatorische Untersuchung von Brustdrüse und Lymphknoten zu ergänzen ist. Hennel, M., B. Beinling, D. Eppert, D. Meyer, G. Schöning / Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit; Lebensmittelinstitut Braunschweig Ochratoxin A in getrockneten Weinbeeren 26. Mykotoxin-Workshop, 2004 Im Jahr 2003 wurden im Lebensmittelinstitut Braunschweig 89 Proben von getrockneten Weinbeeren auf Ochratoxin A untersucht. Dies erfolgte im Rahmen des durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) organisierte Lebensmittel-Monitoring. Der Hauptanteil bestand aus Sultaninen (81 %), 11 % waren Korinthen und 8 % Rosinen. Die Höchstmenge von 10 µg/kg war bei 8 % der Proben überschritten. Der Medianwert beträgt 2,7 µg/kg. Die ermittelten Werte zeigen also eine durchweg hohe Kontamination der getrockneten Weinbeeren mit Ochratoxin A. Heppner, Dr. C. / Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Aufgaben und Funktion der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004-47 S. 862-867 Auftrag und Aufgaben der EFSA: Die Aufgabe der Behörde ist die wissenschaftliche Beratung sowie die wissenschaftliche und technische Unterstützung der Rechtssetzung und Politik der Gemeinschaft in allen Bereichen, die sich direkt oder indirekt auf die Lebens- und Futtermittelsicherheit beziehen. Die Behörde soll in erster Linie zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen beitragen, indem sie unabhängige Informationen zu diesen Themen bereitstellt und ggf. auf Risiken aufmerksam macht. – Zu den Aufgaben der EFSA gehört u. a. die Überwachung bestimmter Risikofaktoren und Erkrankungen sowie Erstellung wissenschaftlicher Gutachten für Tests und andere Kontrollinstrumente für diese Parameter. Deutschland wird im Beirat der EFSA durch Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstitutes für Risikobewertung, (BfR) vertreten. Hertlein, A. Wenn der Krebs zweimal kommt Lymphdrüsenkrebs läßt sich inzwischen gut heilen. Nun geht es um Spätfolgen. Berliner Zeitung, 30. 09. 2004 Berichtet wird vom 6. Internationalen Hodgkin-Symposium 2004 in Köln. Vor 30 Jahren hatten Patienten mit Mb. Hodgkin kaum eine Überlebenschance. Jetzt können durch moderne Strahlen- und Chemotherapie bis 90 % der Kranken geheilt werden. Prof. Volker Diehl, Klinik I für innere Medizin der Univesität Köln: "Wir haben erreicht, dass die meisten Hodgkin-Patienten am Leben bleiben. Nun geht es darum, die Aggressivität der Therapie zu verringern, um die Entstehung der Spätfolgen zu verhindern." Auffällig viele Patienten erkranken Jahrzehnte nach einer erfolgreichen Therapie wieder an Krebs - nicht an Mb. Hodgkin, sondern an einer anderen Krebserkrankung wie Leukämie oder auch Lungen- oder Darmkrebs. Als Ursache wird die aggressive Chemotherapie angesehen, die bei Rezidiven angewendet wurde. Herz, Elke / Verband der Angestellten-Krankenkassen, Siegburg Gesundheitsziel Brustkrebs: Sterblichkeit senken, Lebensqualität erhöhen Bundesgesundheitsblatt 2003, S. 144 - 149 Analog zu anderen Staaten werden auch in Deutschland Gesundheitsziele entwickelt. Ausgehend vom Ursprungsthema werden entsprechende Teilziele formuliert. Dabei haben sich folgende Zielbereiche herausgebildet: 106 Primärprävention, Früherkennung, Diagnostik/ Therapie/Nachsorge, Information der Nicht-Betroffenen und der Patienten u. a. Risikofaktoren und Primärprävention: Der internationale Vergleich von Mortalität und Morbidität beim Brustkrebs zeigt große Unterschiede, für die es bisher keine ausreichend gesicherten epidemiologischen Erklärungen gibt. Die Ätiologie der Erkrankung bleibt weitgehend ungesichert und die Erkrankungs- und Sterberaten bieten lediglich Ansatzpunkte für Präventionsmöglichkeiten. Anerkannte Risikofaktoren sind nur für ca. 20 - 30 % der Betroffenen von Belang, bei den meisten nicht nachweisbar. Eine kritische Haltung zu den Risikofaktoren ist angebracht. Hillemanns P.; Friese K.; Hepp H. / Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe-Großhadern, Klinikum der Universität München HPV und Zervixkarzinom Gynäkologe 2003 / H.4 / S. 282 - 287 Vor 30 Jahren publizierte Harald zur Hausen die Hypothese, dass nicht die Infektion mit Herpes-simplex-Virus Typ 2, sondern mit dem Humanen Papillomvirus (HPV) ursächlich für das Zervixkarzinoms ist. - Vor 20 Jahren gelang seiner Arbeitsgruppe mit Matthias Durst, Lutz Gissmann und Hans Ikenberg der Nachweis von HPV 16 im Zervixkarzinom. Heute steht fest, dass das Vorliegen einer HPV-Infektion die Voraussetzung für die Krebsentstehung ist. Die im Editorial des New England Journal of Medicine kürzlich aufgeworfene Frage:„The beginning of the end of cervical cancer?" ist derzeit eines der spannendsten Kapitel der Onkologie überhaupt. Die ersten positiven Ergebnisse der präventiven HPV-Impfung wurden als „proof of concept" bewertet. Ob eine Impfung in den nächsten Jahren Realität wird und jetzt schon unsere Screeningstrategie in Frage stellt, diskutiert T. Grubert in seinem Beitrag. Hölzel, D.; Engel, J. und Schubert-Fritschle, G. / Klinikum Großhadern Disease-Management-Programm Brustkrebs Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 25, S. 1450 In den USA hatten in den letzten zwei Jahren 78,6 % aller Frauen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren eine Mammographie. Aufgrund einer besseren Stadienverteilung verbessert sich die Überlebensrate. In Deutschland dagegen hat der für die Früherkennung zuständige Bundesausschuss der Ärzte und der Krankenkassen die Mammographie nicht wie in vielen anderen Ländern Ende der 80er Jahre zugelassen. 15 Jahre wurden mit Konzeptentwicklungen überbrückt und dadurch 45.000 Brustkrebssterbefälle, die seit 1990 zu vermeiden gewesen wären, bewirkt. Die Früherkennung ist das entscheidende Handlungsfeld, wenn die Brustkrebssterblichkeit gesenkt werden soll. Das DMP verschlechtert die Versorgung, ist unwissen-schaftlich, steht für behördliche Bürokratie, blockiert notwendige Entwicklungen. Hof, Herbert - Ordinarius für medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Mannheim Pilzbedingte Erkrankungen: Interdisziplinäre Herausforderung Deutsches Ärzteblatt, Jg. 101, Heft 21, 21.05.2004 Von etwa 1,2 Millionen Pilz-Arten können einige Hundert auch als Krankheitserreger in Form von Allergie, Intoxikation oder Infektion in Erscheinung treten. Die Exposition gegen Schimmelpilze ist alltäglich. Mykotoxine: Von großer Bedeutung für Mensch und Tier sind die schädlichen Metaboliten, die von einigen Schimmelpilzen produziert werden. Darunter Alkohol, Patulin, Ochratoxin u. a. mit erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit. Das Mykotoxin Desoxynivalenol überschreitet in manchen Lebensmitteln die Toleranzgrenze, weil die wenigsten Lebensmittel darauf kontrolliert werden. Genannt werden die organschädigende und karzinogene, wie auch immuntoxische Wirkung der Mykotoxine. Huland, H. Prostatakarzinom in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, New York 1997 Das Prostatakarzinom ist der häufigste urologische Tumor des Mannes. Er wird vornehmlich im höheren Lebensalter beobachtet. Die Inzidenz beträgt in China 1,3, in Japan 3,4, in Deutschland 30 Neuerkrankungen je 100.000 Männer im Jahr. Die genaue Ätiologie ist nicht bekannt. Als Risikofaktoren werden diskutiert: genetische Faktoren, hormonelle Faktoren, Lebensumstände, Ernährung und Umweltfaktoren sowie Infektionskrankheiten. Die Einschätzungen sind jedoch kontrovers. Prostatakarzinome entstehen in 98 % der Fälle aus dem Drüsenepithel. Selten findet man Plattenepithel- oder Übergangsepithelkarzinome Das Adenokarzinom tritt meist multifokal, sehr selten unifokal auf. Es werden verschiedene Malignitätsgrade beschrieben. 107 Jahn, Dr. phil. I; Eberle, Dipl.-Biol. A, MPH; Niehues, Dr. med. C; Birn, A; Horch, Dr. K // Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BiPS) / Robert Koch-Institut Gebärmuttererkrankungen Gesundheitsberichterstattung des Bundes / Heft 37 / Januar 2007 Der Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) ist die dritthäufigste gynäkologische Tumorerkrankung, an der in Deutschland derzeit jährlich ca. 6.500 Frauen erkranken. Die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate lag im Jahr 2002 bei 13,3 Erkrankungsfällen je 100.000 Einwohnerinnen (Europastandard). Dies entspricht einem Anteil von 3,2 % an allen Krebsneuerkrankungen. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 50,4 Jahre und liegt damit ca. 19 Jahre unter dem mittleren Erkrankungsalter für alle Krebserkrankungen. Der Rückgang von Inzidenz und Mortalität, der in Deutschland bereits seit Beginn der 1970er Jahre zu beobachten ist, trat zeitgleich mit der Einführung des jährlichen Zervixabstriches (Pap-Test) im Rahmen der Krebsfrüherkennung auf. Es gilt als mit relativ hoher Zuverlässigkeit belegt, dass der Pap-Test, mit dem die Diagnose von Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses möglich ist, das Risiko, an dieser Krebsform zu erkranken und zu sterben, verringert. Hauptrisikofaktor für ein Zervixkarzinom ist die Infektion mit Humanen Papillomaviren (HPV), insbesondere mit so genannten Hochrisikotypen dieses Virus (hauptsächlich HPV 16 + 18). Bei 90 - 95 % der Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs wurden HPV-Viren nachgewiesen. Der häufigste Übertragungsweg sind sexuelle Kontakte, so dass fast alle sexuell aktiven Menschen im Laufe ihres Lebens eine HPV-Infektion durchmachen. Zwar gelte die Infektion mit HPV als Hauptursache, aber für die Krebsentstehung müssen zusätzliche Faktoren (so genannte Ko-Faktoren) hinzukommen. Für Gebärmutterhalskrebs werden u. a. Rauchen, Pilleneinnahme, zusätzliche Infektionen mit Chlamydien oder Herpes simplex Viren diskutiert, deren Rolle ist bislang jedoch nicht geklärt. Kaatsch, P. // Deutsches Kinderkrebsregister / Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz Das Deutsche Kinderkrebsregister im Umfeld günstiger Rahmenbedingungen Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 / 47:437-443 Das Deutsche Kinderkrebsregister arbeitet seit 1980. Es ist ein flächendeckendes, bundesweites epidemiologisches Krebsregister mit hohem Vollzähligkeitsgrad und erfüllt die an ein bevölkerungsbezogenes Register gestellten international festgelegten Kriterien. Es wurde auf Initiative der ärztlichen Fachgesellschaft der pädiatrischen Onkologen gegründet. Durch den regelmäßigen Datenaustausch mit den multizentrischen klinischen Studien werden Synergieeffekte erzeugt, die für die Vollzähligkeit und Datenqualität von großer Bedeutung sind und eine Erweiterung des Dokumentationsumfanges um klinische Daten mit sich bringen. Das Register ist von Beginn an am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz angesiedelt. Es kooperiert mit der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. In den Jahren 1993 - 2002 wurden 17.898 Fälle an das Deutsche Kinderkrebsregister gemeldet. Die Häufigste Erkrankung im Kindesalter ist die Leukämie (5.970). Hirntumoren (3.722), Lymphome (2.227), Tumoren des sympatischen Nervensystems (1094), Nieren- und Lebertumoren, Karzinome (229) u. a. Forschungsprojekte und internationale Kooperationen: Aktuell wird derzeit eine Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken durchgeführt. - In einer bundesweiten Studie zur Ursache von Krebs im Kindesalter wurden prinzipiell alle in der Literatur diskutierten potenziellen Risikofaktoren für Krebs im Kindesalter mithilfe einer Elternbefragung (Befragung von je ca. 2.500 Eltern krebskranker bzw. nicht krebskranker Kinder) untersucht. Karger-Decker, B. An der Pforte des Lebens: Wegbereiter der Heilkunde im Porträt edition q, Berlin 1991 Der Zufall hatte dem Forscher Sir Alexander Fleming eine Schimmelspore auf seine Nährbodenplatte geweht. Die Staphyllokokkenkolonie in der Nachbarschaft des blau-grünen Schimmelrasens, die vorher prächtig gediehen war, löste sich allmählich auf. Der begabte Forscher entdeckte darin die von ihm gesuchte antiseptische Substanz zur Bekämpfung der gefährlichen Eiterbakterien, was sich in weiteren Untersuchungen bestätigte. - Fleming war Professor für Bakteriologie an der Londoner Universität. Für seine epochale Entdeckung erhielt Fleming 1945 den Nobelpreis für Medizin. Kassenärztliche Vereinigung Berlin Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV-lmpfung): Vereinbarung mit der DAK Schreiben vom 19.01.2007 Die Kassenärztliche Vereinigung teilt allen Ärztern mit Impfberechtigung mit, dass von der Deutschen AngestelltenKrankenkasse (DAK) ab sofort in Berlin eine neue Impfmöglichkeit angeboten wird. Im Vorgriff auf eine erwartete Änderung der STIKO-Empfehlungen hat die DAK mit der KV Berlin eine Vereinbarung zur Schutzimpfung gegen humane Papillomaviren-Infektionen zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs abgeschlossen. 108 Der anspruchsberechtigte Personenkreis sind weibliche DAK-Versicherte im Alter von 10 bis 17 Jahren. Über den Vertragsinhalt hinaus ist die AOK Berlin bereit, auch für Mädchen ab dem Alter von neun Jahren die Impfkosten zu übernehmen. Für diese Altersgruppe hat die AOK die Kostenerstattung (Privatrezept und Privatliquidation) zugesagt. Da die Impfung über die bisher geltenden STIKO-Empfehlungen hinaus geht, wird eine besonders sorgfältige Aufklärung der Versicherten bzw. auch der Erziehungsberechtigten und die Dokumentation darüber gefordert. Katalinic, A. // Universität Lübeck / Epidemiologische Krebsregistrierung in Deutschland - Bestandsaufnahme und Perspektiven Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 • S. 422-428 In allen Bundesländern arbeiten epidemiologische Krebsregister auf gesetzlicher Grundlage, überwiegend mit flächendeckender Registrierung. Damit können die wesentlichen Aufgaben der Krebsregister wie Gesundheitsberichterstattung und Unterstützung der Krebsforschung immer besser wahrgenommen werden. Nachdem der Fokus der Krebsregistrierung bisher auf den Aufbau aussagekräftiger Register gelegt wurde, gilt es nun, den Schwerpunkt auf die Nutzbarkeit der Daten zu erweitern. Die Daten sind z. B. zur Ursachenforschung und Evaluation von Früherkennungsmaßnahmen verwendbar. Wissenschaftler aus den Bereichen der Krebsepidemiologie, des Public Health und der Versorgungsforschung sind aufgerufen, die Daten der Krebsregister für Forschungs- oder Evaluationsprojekte intensiv zu nutzen. Klinkhammer, F Erkrankungen durch Pilze nehmen zu - Die gesundheitlichen Implikationen, die von Allergien bis zu toxikologischen Reaktionen auf Mykotoxine reichen, erfordern eine extensive Forschung Deutsches Ärzteblatt, 14. 2. 2003, S. C317-318 Im Bericht über die Jahrestagung der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (MYK2002) wird auf die Zunahme der durch Schimmelpilze bedingten gesundheitlichen Schäden hingewiesen. - Mykotoxine werden überwiegend mit der Nahrung und über kontaminierte Stäube aufgenommen. Besondere Bedeutung kommt dem Aflatoxin B1 (hepatotoxisch und karzinogen), dem Ochratoxin A (nephrotoxisch und karzinogen), dem Deoxynivalenol (beeinflußt die Proteinbiosynthese), dem Zearalenon (östrogene Wirkung) und dem Fusominin B1 (hepatotoxisch) zu. Eine hohe Letalität invasiver Aspergillosen wird durch die Auswertung zahlreicher Publikationen belegt. Gefordert wird eine extensive Entwicklung der mykologischen Forschung. Kurzeder C. / Sauer G. / Kreienberg R. // Universitätsfrauenklinik Ulm / Epidemiologie des Endometriumkarzinoms Gynäkologe 2007 / Band 40 / Heft 1 / S. 10-13 Die epidemiologische Forschung habe wesentlich dazu beigetragen, eine der größten iatrogenen Epidemien von Krebserkrankungen aufzudecken, indem sie erste Hinweise für eine pathogenetische Rolle endogener und exogener Östrogene bei der Entstehung des Endometriumkarzinoms erbrachte. Das Endometriumkarzinom ist das vierthäufigste Karzinom der Frau in Deutschland mit schätzungsweise 11.370 Neuerkrankungen und 2.700 Todesfällen jährlich in Deutschland. Risikofaktoren: Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 67 Jahren und damit deutlich über dem mittleren Erkrankungsalter beim Zervixkarzinom und etwa auf einer Stufe mit dem beim Ovarialkarzinom. Selten werden Endometriumkarzinome auch vor dem 45. Lebensjahr diagnostiziert, in ca. 10 % der Fälle erfolgt die Diagnosestellung vor dem 55. Lebensjahr. Die östrogenabhängigen Karzinome (Typ 1) entstehen in der Regel auf dem Boden einer Endometriumhyperplasie und zeichnen sich durch gute prognostische Zusatzkriterien aus. Eine kontinuierliche östrogenvermittelte Stimulation des Endometriums führt zu einer Hyperplasie, die in Abhängigkeit von der zellulären Architektur als einfach oder komplex eingestuft wird. Treten zusätzlich atypische zelluläre Merkmale auf, steigt das Risiko, ein Endometriumkarzinom zu entwickeln, auf 29 %. Karzinome vom Typ 2 entstehen meist im atrophischen Endometrium, weisen häufiger eine schlechte Differenzierung, eine tiefe Myometriuminvasion und Lymphknotenmetastasen auf. Die beiden histopathologischen Prototypen sind das endometrioide und das seröse Adenokarzinom. Die Erhöhung des Risikos, ein Endometriumkarzinom unter perimenopausaler Hormonersatztherapie mit konjugierten Östrogenen oder Östradiol zu entwickeln, gilt mittlerweile als gesichert. Der Effekt ist sowohl abhängig von der Östrogendosis als auch von der Anwendungsdauer. Bereits ab einer 2-jährigen Therapie ohne opponierende Gestagentherapie ist von einem erhöhten Risiko auszugehen, bei einer Therapiedauer über 5 Jahre ist das Risiko auf das 6-fache erhöht. Die unter Östrogentherapie diagnostizierten Endometriumkarzinome entsprechen dem Typ 1 des pathogenetischen Modells, die Diagnosestellung erfolgt in jüngerem Alter, und es werden häufiger frühe Tumorstadien mit niedrigem Grading diagnostiziert. 109 Langbein, K.; Martin, H.-P.; Weiss, H. Bittere Pillen Nutzen und Risiken der Arzneimittel Ein kritischer Ratgeber 55. komplett überarbeitete Auflage, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1990 Die Autoren weisen auf ein mögliches erhöhtes Krebsrisiko durch die hormonelle Kontrazeption hin. In verschiedenen sich widersprechenden Studien sei immer wieder ein bislang nicht bewiesenes erhöhtes Krebsrisiko diskutiert worden. Da der Anstieg der Krebserkrankungen aber erst nach einem langen Zeitraum eintrete, wäre es denkbar, dass sich in den 1990er Jahren ein solcher Zusammenhang nachweisen lassen könnte. Auf jeden Fall sollte beachtet werden, dass das Krebsrisiko bei einer Behandlung, die nicht länger als 1 Jahr andauert, gering sei. Es steige jedoch mit der Dauer der Einnahme der Medikamente an. Für zahlreiche in den Wechseljahren angewendete Medikamente werden als Nebenwirkungen "Überlkeit, Schmerzen und Spannungen der Brüste, Völlegefühl im Becken, erhöhtes Thromboserisiko und Leberschäden" angegeben. Abgeraten wird von Östrogen-Gestagen Kombinationspräparaten mit Langzeitwirkung. Andere Präparate werden sehr kritisch bewertet Länderausschuß für Immissionsschutz Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen Düsseldorf 1992 Die karzinogene Wirkung des Asbests ist durch Tierversuche experimentell belegt. Nach Modell-versuchen besitzen Fasern mit einer Länge von 20 Mikrometer und einer Dicke von 0,1 Mikrometer die größte karzinogene Wirkung. Das Einheitsrisiko (unit risk) für belastete Personen (100 F/m3) wird für Mesotheliome mit 0,5 - 2/100.000 Personen, für Bronchialkarzinome mit 1/1.000.000 (Nichtraucher) bzw. mit 1/100.000 (Raucher) angegeben. Die Latenzzeit zwischen Exposition und Erkrankung kann 20 bis 40 Jahre betragen. Das Einheitsrisiko bezogen auf die gegenwärtige allgemeine Immissionssituation wird für Ballungsgebiete mit 80, für ländliche Gebiete mit 15/100.000 Personen angegeben. Leinmüller, Dr. rer. nat. Renate Zervixkarzinom-Früherkennung - Bilanz muss besser werden Deutsches Ärzteblatt Jg. 102 / Heft 49 / 19. Dezember 2005 / S. C-2685 Die Autorin berichtet von der "2. Conference on Cervical Cancer Screening in Europe" in Tübingen zur Früherkennung des Zervixkarzinoms. Erstmals wurden in Tübingen die Ergebnisse einer europaweiten Studie zur verbesserten Früherkennung vorgestellt. Das Projekt wird von Prof. Dr. rer. nat. Thomas Iftner (Tübingen) koordiniert. Seit Einführung des PAP-Tests zur Früherkennung des Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen in den 1970er-Jahren sei die Rate der Erkrankungen und Todesfälle in Deutschland um etwa zwei Drittel gesunken. Viele Experten sind jedoch überzeugt, dass die Reduktion noch stärker ausfallen könnte. Auf der Konferenz sprach Prof. M. Schiffman vom National Institute of Health (NIH) der USA darüber, dass der HPV-Test nicht bei jungen Frauen angewandt werden sollte. HPV-Infektionen seien bei sexuell aktiven jüngeren Frauen sehr häufig, werden aber fast immer von der Immunabwehr schnell wieder eliminiert. HPV-Tests würden zu einer häufigen Überdiagnose von Läsionen führen, die von alleine in Remission gehen. Aber auch bei älteren Frauen (> 30 Jahre) liegt die "Clearance" recht hoch, nach einem Jahr ist bei der Hälfte bis zwei Drittel der infizierten Frauen die Infektion von selbst wieder verschwunden. Auch hier kann also ein HPV-Test zu nicht unerheblichen Überdiagnosen und zu Verunsicherung führen. Wenn positive HPV-Tests nicht massenhaft Kolposkopien nach sich ziehen sollen, ist eine gute Aufklärung der Frauen die wesentliche Voraussetzung: Bevor aus einer Infektion ein invasives Karzinom entstehen kann, vergingen meist deutlich mehr als zwölf Jahre, so die Experten. Lindhauer, M.: Münzing, K.: Seling, S.: Betsche, T.: Kersting, H-J.: Masloff, S. und Seifert, M. / Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel Hochwertiges Getreide durch kontinuierliche Qualitätserhebungen Forschungs-Report 2/2005 Die Agrar- und Verbraucherpolitik der Bundesregierung benötigt fortlaufend repräsentative Daten, um die politischen Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Markt und für die Versorgung mit gesundheitlich einwandfreien Lebensmitteln setzen zu können. Die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel am Standort Detmold ist seit fast 40 Jahren mit den Qualitätsuntersuchungen im Rahmen der BEE beauftragt. Gesundheitlich nicht erwünschte Stoffe: Mykotoxine: Eine Reihe getreidepathogener Pilze produziert unter bestimmten Bedingungen toxische Substanzen, die Mykotoxine. Zwar sind akute Vergiftungserscheinungen beim Menschen durch Mykotoxine selten, aber auch die kontinuierliche tägliche Aufnahme kleiner Mengen an Mykotoxinen mit der Nahrung kann ein Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Getreide als Grundnahrungsmittel steht hier besonders im Fokus. Um beurteilen zu können, in welchem Maße der Rohstoff Getreide mit Mykotoxinen belastet ist, sind die Muster der BEE von besonderem Wert, da sie einen statistisch abgesicherten Überblick erlauben. Das Vorkommen der durch 110 Feldpilze gebildeten Mykotoxine hängt stark von klimatischen Bedingungen sowie pflanzenbaulichen Maßnahmen ab. Die jährlich durchgeführten Analysen auf die Mykotoxine Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA) ergaben, dass auch in klimatisch ungünstigen Jahren wie 2002 genügend Getreidepartien zur Versorgung des Verbrauchers mit gesundheitlich unbedenklichem Getreide zur Verfügung stehen. Luboldt, H.-J.; Rübben, H. Früherkennung des Prostatakarzinoms PSA-Test nur nach Aufklärung und Einwilligung des Patienten Deutsches Ärzteblatt, Jg, 101, Heft 24 Seite C-1389 Da das fortgeschrittene Prostatakarzinom nicht heilbar ist und es keine effektive Prävention gibt, ist die Früherkennung im organbegrenzten Stadium eine Grundvoraussetzung für eine kurative Therapie. Von Patienten, die radikal prostatektomiert worden sind, leben nach 15 Jahren noch 84 % der Männer, bei denen ein organbegrenztes Tumorstadium (pT2) pathologisch definiert worden ist, dagegen nur noch 33 % der Männer mit organüberschreitendem Tumor (pT3). Mit Hilfe des PSA-Tests kann das Karzinom im organbegrenzten Stadium durch eine Gewebeentnahme festgestellt werden. MacLean CH, Newberry SJ, Mojica WA et al. / Southern California Evidence-Based Practice Center, Santa Monica Effects of Omega-3-Fatty Acids on Cancer Risk. - A Systematic Review Jama 2006; 295: 403-415. MacLean und Coautoren analysierten die Resultate zahlreicher Publikationen und aus 20 Kohortenstudien aus 7 Ländern, in denen die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren auf verschiedene Krebslokalisationen (Atemwege, Lunge, Harnblase, Brust, Ovarien, Pankreas, Prostata, Haut, Magen und non Hodgkin Lymphome) untersucht und beschrieben worden war. - Der Konsum von Omgega-3-Fettsäuren war in sieben Auswertungen ohne signifikante Assoziation mit der Entstehung von Brustkrebs, drei zeigten ein verringertes und eine Untersuchung ein erhöhtes Risiko. Für das colorectale Karzinom fanden die Autoren 17 Schätzungen, die nicht signifikant auf einen Zusammenhang mit dem Verzehr von Omega-3-Fettsäuren schließen lassen, eine deutete auf ein verringertes Risiko. Vier Untersuchungen zum Lungenkrebs zeigten keine signifikanten Ergebnisse, eine ergab ein verringertes Risiko, eine weitere wies auf ein erhöhtes Risiko. Beim Prostatakrebs war in 15 Bewertungen kein signifikantes Risiko festgestellt worden, eine Bewertung ermittelte ein reduziertes, eine andere ein erhöhtes Risiko. Die Studie, in der Hautkrebs untersucht worden war, wies signifikant auf ein erhöhtes Risiko. Es wurden keine Assoziationen zwischen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren und der Inzidenz von Krebserkrankungen der Blase, der Ovarien, des Pankreas, des Magens, der Speiseröhre oder der Lymphknoten gefunden. Für die Autoren liefert die bisherige Studienlage keinen Beweis für die Annahme, dass zwischen dem Konsum von Omega-3-Fettsäuren und der Verminderung der Krebsinzidenz eine Assoziation besteht. Marcusson, E. Sozialhygiene VEB Georg Thieme Verlag, Leipzig 1954 Zur Krebsepidemiologie in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts finden sich in der Züricher Todesursachenstatistik folgende Informationen: Das Magenkarzinom hat bei beiden Geschlechtern abgenommen. Dieser Rückgang ist auffällig, denn die Therapie des Magenkrebses hat keine prinzipielle Änderung erfahren und keine solchen Erfolge aufzuweisen, welche diesen Rückgang erklären würden. Allerdings wird das Magencarcinom heute durch die Röntgenuntersuchung früher diagnostiziert, aber dies gilt doch nur für einen kleinen Teil aller Kranken, denn die Erfassung der Frühfälle ist noch immer eine sehr unbefriedigende Angelegenheit. Sichere Schlüsse könnten nur aus einem Vergleich einer in keinem Lande vorhandenen Morbiditätsstatistik mit der Mortalitätsstatistik der Magenkrebse gezogen werden. Der dritthäufigste Krebs ist bei den Frauen der Gebärmutterkrebs. Hier begegnen wir sinkenden Zahlen, die bei den 45 - 74-jährigen statistisch sehr gut gesichert sind. Praktisch handelt es sich dabei in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um Gebärmutterhalskrebse, die therapeutisch sehr dankbar sind, denn das Gebärmuttercarcinom ist neben den Haut- und Lippencarcinomen diejenige Krebsform, die für unsere heutigen Methoden die besten. Heilungsaussichten bietet. Ein Teil des Rückganges ist sicher auf diesen Faktor zurückzuführen. Ob er den Rückgang vollständig erklärt, bleibt offen, solange wir nicht eine Morbiditätsstatistik haben. Berufskrebsen sind bestimmte Merkmale eigen. - Folgende Stoffe sind als krebserregende Ursachen bekannt: Ruß, Teer, Pech, Anilin, Arsen, Chrom und Chromfarben, Nickel, Kupfer, Asbest, Schädlingsbekämfungsmittel, Hitze, Röntgenstrahlung, Radiumemanation, Licht, Bilharziakrebs. Jeder Berufskrebs hat sein spezifisch betroffenes Gewebs- bzw. Organsystem. Er tritt - im Gegensatz zu dem so gut wie stets nur solitären Krebs - gelegentlich multipel auf. Der Berufskrebs bevorzugt einen bestimmten morphologischen Krebstyp. Die weit überwiegenden Berufskrebsarten sind Karzinome. Jeder Berufskrebs ist experimentell nachahmbar und hat so in der Ursachenforschung neue Wege gewiesen. Der Berufskrebs ist in den meisten Fällen nach der Klärung der Ursachen verhütbar geworden. Der Berufskrebs ist die bisher fast einzig sichere Grundlage einer wirksamen Krebsprophylaxe. 111 Matthiaschk, G. / Bundesgesundheitsamt - Max von Pettenkofer-Institut Gesundheitliche Risiken durch Schimmelpilzbefall von Lebensmitteln Bundesgesundheitsblatt 33 (1990) H.12, 381-385 Die Kontamination von Lebensmitteln mit Mykotoxinen kann durch Befall des Getreides mit Schimmelpilzen oder bei der Lagerung erfolgen. Zielorgane sind vorwiegend die Leber, die Nieren und der Magen. Für einige Mykotoxine sind mutagene und/oder teratogene und/oder karzinogene Wirkungen nachgewiesen worden. Aflatoxin B1 ist am stärksten karzinogen. Ochratoxin zeigt bei Ratten gleichfalls eine karzinogene Wirkung an den Nieren. Mestwerdt, Prof. Dr. G. / Universitäts-Frauenklinik Greifswald Kolposkopie und weibliches Genital-Karzinom Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung / 43. Jahrgang / 1949 / S. 394 - 399 Auf der Onkologentagung am 29. Oktober 1948 in Berlin sprach Mestwerdt über die Notwendigkeit der „Früherkennung und Bekämpfung des Zervixkarzinoms: Die Bestrebungen, auch dem Auftreten des Karzinoms als einer Volksseuche organisatorisch entgegenzuwirken, haben besonders in letzter Zeit stärkere Beachtung gefunden. In der Frauenheilkunde hat erstmalig Winter im Anfang des Jahrhunderts in Königsberg mit vorbildlicher persönlicher Initiative den wichtigsten und häufigsten weiblichen Karzinomen, den Gebärmutter- und Mammakarzinomen, den Kampf angesagt. Seine bemerkenswerten Erfolge wurden durch den Ersten Weltkrieg zunichte gemacht. Als später erneut die Winterschen Ideen erweitert wieder aufgegriffen wurden und sich auszuwirken begannen, setzte der 2. Weltkrieg diesen Bestrebungen ein vorzeitiges Ende. Sie wieder zu beleben und ihnen zum entscheidenden Erfolg zu verhelfen, stellt den Frauenärzten von heute neue Aufgaben.“ - Daß Epithelveränderungen sehr enge Beziehungen zum Karzinom aufweisen und die Fähigkeit besitzen können, sich zum Karzinom zu entwickeln, ist heute eine nicht mehr zu bestreitende Tatsache. Es erscheint daher zweckmäßig, sie als karzinopotent zu betrachten. Das bedeutet praktisch, insbesondere auf dem Gebiete der Krebsbekämpfung und -verhütung, daß man solchen kolposkopisch faßbaren Epithelveränderungen nachspüren soll und ihnen sein besonderes Augenmerk durch wiederholte kolposkopische und histologische Kontrollen zuwenden muß. Diese Epithelveränderungen können ein Karzinom werden, brauchen es aber nicht. Die Frage, wie oft sie es tun, ist noch ungeklärt. Sie ist zur Zeit auch von untergeordneter Bedeutung und bleibt weiterer wissenschaftlicher Forschung vorbehalten. Meyer, K., Motawee, M. M., Bauer, J. / Lehrstuhl für Tierhygiene, TU München, Freising-Weihenstephan / National Organization for Drug Control and Research-Egypt Vorkommen von Aflatoxin M1 in Milch und Molkereiprodukten aus Ägypten 26. Mykotoxin-Workshop 17.-19. Mai 2004 Aflatoxin M1 (AFM1) kann in Milch und Molkereiprodukten in Folge einer alimentären Aufnahme von Aflatoxin B1 (AFB1) durch milchproduzierende Nutztiere vorkommen. Eine potenzielle Gesundheits-gefährdung durch AFM1 stellt in Mitteleuropa nur ein untergeordnetes Problem dar, während in feuchtwarmen Gebieten eine relevante Kontamination von Milch und Milchprodukten durchaus denkbar ist. Aus diesem Grund wurde eine Studie über das Vorkommen von AFM1 in Produkten aus der Region Mansoura, Ägypten, durchgeführt. - Insgesamt wurden 260 Proben, 100 Proben roher Büffel- und Kuhmilch (Bos taurus) sowie 160 Proben vermarkteter Molkereiprodukte, überprüft. Der durchschnittliche Gehalt von AFM1 betrug 0.29 µg/l in Büffelmilch bzw. 0.31 µg/l in Kuhmilch, die höchste gemessene Konzentration war 0,56 µg/l. Insgesamt konnte in 32 % bzw. 20 % dieser Proben AFM1 bei einer Nachweisgrenze von 0,02 µg/ml bestimmt werden. Im Gegensatz hierzu war nur in wenigen der vermarkteten Proben Aflatoxin M1 nachweisbar (8 %, c > 0,02 µg/l bzw. kg). In Buttermilch, UHT-Milch und Säuglingsnahrung war in keinem Fall eine Kontamination detektierbar. Die Unterschiede werden durch die zeitlich getrennte Akquirierung des Probenmaterials erklärt. Michel J Kaum Schutz vor Ekelfleisch - Verbraucherschützer und Lebensmittelkontrolleure verlangen bessere Überwachung / Anhörung im Bundestag / Wirtschaft verteidigt sich Berliner Zeitung, 23. 01. 2006 Nach den jüngsten Fleischskandalen rechnen Verbraucherschützer und Lebensmittelkontrolleure auch in Zukunft mit unappetitlichen Lebensmittelkrisen. Sie fordern deshalb eine deutliche Aufstockung der Überwachungskapazitäten. „Die in der Fleischwirtschaft bekannt gewordenen Skandale können sich grundsätzlich in allen Bereichen der Lebensmittelbranche wiederholen", heißt es in der Stellungnahme des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure für den Verbraucherausschuss des Bundestages. Bis Anfang Dezember wurden mehr als 200 Tonnen vergammeltes Fleisch gefunden. Bundesweit waren rund 50 Betriebe in den Skandal verwickelt. 112 Inzidenz ausgewählter Lokalisationen 1961 - 1987 im Beobachtungsgebiet des Krebsregisters der DDR (altersstandardisiert auf die Weltbevölkerung) Seit 1952 besteht auf dem Territorium der ehemaligen DDR eine gesetzliche Meldepflicht für bösartige und ausgewählte gutartige Neubildungen. Im Krebsregister werden seit dieser Zeit die Angaben zu diesen Erkrankungen erfaßt und ausgewertet. Bis auf den Umstand, daß 1987 die Basaliome der Haut auf Grund ihrer geringen biologischen Bösartigkeit aus der Meldepflicht entlassen wurden, hat sich an den rechtlichen Grundlagen des Krebsmeldesystens nichts geändert. Seit Juli 1990 ist das Krebsregister Teil der amtlichen Statistik. Die Anzahl der Meldungen für bösartige Neubildungen ist von ursprünglich 38.000 in Jahre 1953 leicht angestiegen und erreichte Mitte der 70er Jahre mit rund 54.000 Fällen den bisherigen Höhepunkt. Seit diesem Zeitpunkt ist die Zahl der eingehenden Meldungen für Neuerkrankungen nahezu konstant geblieben. Für das Jahr 1987 wurden insgesamt 53.761 Neuerkrankungen registriert. Die 10 häufigsten Tumorlokalisationen, bezogen auf die absolute Zahl der Neuerkrankungen im Jahre 1987 waren bei den Männern: Lunge, Prostata, Magen, Harnblase, Kolon, Rektum, Nieren, Pankreas, Hoden, Leukämien; bei den Frauen: Brustdrüse, Kolon, Cervix uteri, Magen, Corpus uteri, Rektum, Ovar, Gallenblase, Lunge, Pankreas. (Quelle: Bernstein, P. und Möhner, M. in: Das Gesundheitswesen 1990 / Jahresgesundheitsbericht 1989 für das Gebiet der ehemaligen DDR / Berlin, 1990 ) Zum Vergleich: Das Gemeinsame Krebsregister der Neuen Bundesländer und von Berlin gibt für das Jahr 2002 eine Inzidenz je 100.000 Personen gleichen Geschlechts - altersstandardisiert auf eine Weltbevölkerung - an: für die Männer: Prostata 50,7; Lunge 47,9; Dickdarm 39,3; Magen 14,3; Nieren 14,0 und Harnblase 13,6; für die Frauen: Brust 61,4; Dickdarm 22,8; Lunge 11,8; Korpus 11,5; Zervix 9,2 und Magen 7,4. 113 Möhner, M., Stabenow, R. und Eisinger, B. / Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (Hrsg.) Atlas der Krebsinzidenz in der DDR 1961-1989 Ullstein Mosby GmbH, 1994 In dem vorliegenden Krebsinzidenzatlas werden nicht nur geographische Variationen, sondern auch zeitliche Trends in der Krebsinzidenz dargestellt. Das Datenmaterial des ehemaligen „Nationalen Krebsregisters" der DDR bietet dafür sehr gute Voraussetzungen. Aufgrund der gesetzlichen Meldepflicht wurde unter nahezu konstanten Bedingungen die Häufigkeit von Krebserkrankungen der Jahre 1953 bis 1989 für das gesamte Gebiet der ehemaligen DDR erfaßt. Es bestehe heute kein Zweifel mehr daran, daß die Häufigkeit vieler Krebsformen von Umweltfaktoren beeinflußt wird, wobei der Begriff „Umwelt“ nicht nur die natürliche Umwelt (Wasser, Boden, Luft, natürliche Strahlung), sondern auch die soziale und persönliche Umwelt wie berufliche Tätigkeit, Sozialstatus und vor allem den individuellen Lebensstil (Ernährungsgewohnheiten, Tabak- und Alkoholkonsum, Geburtenzahl usw.) des Menschen umfaßt. Neben der Verbesserung der Datengrundlage zur Generierung neuer Hypothesen über den Zusammenhang von Umwelt und Krebs soll der Atlas dazu beitragen, dem Bedürfnis nach fundierten Informationen über das Krebsgeschehen in der ehemaligen DDR nachzukommen. Für die bösartigen Neubildungen kommen die Autoren zu der Einschätzung, für eine Reihe von Faktoren, wie z. B. das Rauchen, gäbe es schon umfassende Kenntnisse, in welchem Maße diese an der Krebsentstehung beteiligt sind. Sie orientieren sich an der Veröffentlichung von Doll und Peto aus dem Jahre 1981. Es könne davon ausgegangen werden, daß sich die Ursachen für alle Krebserkrankungen zusammengenommen wie folgt verteilen: Ernährung 35 %; Tabak 30 %; Sexual- und Fortpflanzungsverhalten 7 %; berufliche Expositionen 4 %; Alkohol 3 %; Luft- und Wasserverschmutzung 2 %; Sonnenlicht 1,5 % und medizinische Maßnahmen l %. Mühlhauser, Univ.-Prof. Dr. med. Ingrid // Universität Hamburg / Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Fachwissenschaft Gesundheit Ist Vorbeugen besser als Heilen? Nur für wenige der empfohlenen und praktizierten Maßnahmen liegen valide Daten zu Nutzen und Schaden vor. Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 25 / 22. Juni 2007 / C - 1529-1531 Die Autorin stellt eine verstörende Bestandsaufnahme zur Diskussion: Der Enthusiasmus für Früherkennungs- und Präventionsmaßnahmen beruhe auf der irrigen Annahme, dass diese immer besser und billiger sind als Heilmaßnahmen. Es gebe inzwischen zahlreiche Beispiele für missglückte Früherkennungs- und Präventionsinitiativen mit zum Teil verheerenden Folgen für die Teilnehmer. Als Beispiel führt die Autorin den „Hormonskandal“ an. Die Deklarierung von Frauen in der Meno- und Postmenopause zu kastrierten Wesen und die über Jahrzehnte massive Verordnung von Östrogen-/Gestagentherapien zur Anhebung der Hormonspiegel endete als Fiasko. Müller, Doz. Dr. R. K.; Lohs, Prof. Dr. K. // Universität Leipzig // Forschungsstelle für chemische Toxikologie der Akademie der Wissenschaften der DDR, Leipzig Toxikologie Akademieverlag Berlin 1987 Die Toxikologie betrachtet die Schädigungen, die Stoffe an lebenden Organismen verursachen. Die Autoren sehen die Notwendigkeit einer weitaus stärkeren Beachtung der Bindungsform der Elemente und Verbindungen hinsichtlich der Nahrungs- und Genußmitteltoxikologie. Immerhin erfolgt die hauptsächliche Zufuhr von Fremd- und Schadstoffen für den Menschen durch den Nahrungs- und Genußmittelkonsum. Hierbei kann es sich um Umweltchemikalien als Kontaminanten von Lebensrnitteln und Erntegütern ebenso wie um lagerungs- oder verarbeitungsbedingte Beimengungen handeln, denen man bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Genannt wurden beispielsweise nur die Aflatoxine, die Nitrosamine sowie Pestizidrückstände, die Extraktions- und Lösungsmittelrückstände oder die aliphatischen C4 - C6-Alkohole in Spirituosen. Diese Beispiele verdeutlichen, daß ohne chemisch-toxikologische Forschungen zur Struktur und Reaktivität von biologisch aktiven Verbindungen keine Bewertung der realen Gefährdung von Mensch und Umwelt erfolgen kann. - Die Autoren weisen auf die sehr schnelle Resorption des Alkohols hin, diese erfolgt vom Magen-Darm-Trakt bereits nach 10 bis 15 Minuten, bei leerem Magen bereits nach 5 bis 6 Minuten, wie auch auf die direkte Aufnahme des Alkohols über die Haut. Überwiegt die Resorptionsgeschwindigkeit eines Stoffes die ihrer Elimination, dann kommt es zur Kumulation. Bedeutungsvoll kann dies werden, wenn infolge abnorm geförderter Resorption (z. B. durch Alkohol) oder einer gehemmten Ausscheidung (z. B. durch Nieren- oder Leberdefekte) Abweichungen von den normalen Verhältnissen auftreten. - Ein großer Anteil körperfremder Stoffe wird über die Galle in das Duodenum ausgeschieden. Dabei kann sich bei einer erneuten Resorption ein sog. enterohepatischer Kreislauf ausbilden (Darmwand - Kapillaren Pfortader - Leber - Galle - Darm). Die Abatmung gasförmiger oder flüchtiger Gifte, darunter der Alkohole, ätherischer Öle u. a. trägt nur in wenigen Fällen wesentlich zu einer Gesamtelimination bei. Zum Teil werden Gifte über die Haut, die Schweiß- und Talgdrüsen, Haare und Nägel eliminiert. Indirekt kann auch die Ausscheidung über die Milchdrüsen relevant werden. Toxische Schädigungen oder allergische Reaktionen des Säuglings wurden beobachtet. 114 Bei den irreversibel wirkenden Giften müssen sich die Wirkungen selbst kleinster Dosen summieren, eine Schwellendosis wäre danach nicht zu beobachten („Summationsgifte", z. B. Karzinogene). Für die letzteren, die Krebs erzeugen können, existiert wegen der Irreversibilität der Zellschädigung und damit der Langzeitsummation für sich allein unmerklicher Einwirkungen möglicherweise keine Schwellendosis oder -konzentration. Stoffe, von denen aus Tierversuchen oder Beobachtungen an Menschen der Verdacht auf eine kanzerogene Wirksamkeit entsteht, werden daher im Vergleich zu anderen Giften stärker diskriminiert. Jegliche Exposition soll grundsätzlich vermieden werden, und MAK- oder MIK-Werte verlieren hierbei ihren Sinn. Muschter, Prof. Dr. W. / Hygiene-Institut Berlin Importkontrollen von Erdnüssen auf Aflatoxine Jahresbericht 1970 Auf Grund der zunehmenden Bedeutung der Mykotoxine in Lebensmitteln wurde schon 1968 im Hygiene-Institut Berlin eine dünnschichtchromatographische Methode zur Bestimmung von Aflatoxin eingeführt. Diese Methode wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten, insbesondere dem Institut für Veterinärhygiene der Humboldt-Universität, weiterentwickelt und vereinfacht, so daß eine Anwendung in der Routineanalytik möglich war. Aus der Literatur ist bekannt, daß Aflatoxine bisher in fast allen Lebensmitteln nachgewiesen werden konnten, besonders häufig jedoch in Erdnüssen und Erdnußprodukten. Untersucht wurden insgesamt 450 Proben. In 12 % der Proben konnten Aflatoxine nachgewiesen werden. Die ermittelten Konzentrationen an Aflatoxin B1 lagen im Mittel bei 40 µg/kg und schwankten zwischen 5 und 200 µg/kg. National Institute of Health (USA) Konsensusbildende Konferenz: Management der Hepatitis C Endgültiger Entwurf, Juni 2002 Das National Institute of Health (NIH) erarbeitet in der Konsensus-bildenden Konferenz einen unabhängigen Bericht über den aktuellen internationalen Erkenntnisstand auf dem speziellen Gebiet. Es stellt eine "Momentaufnahme" des Wissensstandes über das Thema der Konferenz zur Verfügung. Das Hepatitis C Virus (HCV) ist die Hauptursache der bekannten Lebererkrankungen in den USA. Es ist die häufige Ursache für Leberzirrhose und auch für das hepatocelluläre Karzinom (HCC). Es ist der häufigste Grund für eine Lebertransplantation. Die HCVInfektion wird hauptsächlich durch Kontakt mit infiziertem Blut übertragen. Das erfolgt vor allem im Kontext zum Drogenkonsum. Der Mangel an einer effektiven T-Lymphozytenantwort scheint eine hohe Chronifizierungsrate zu begünstigen. Die schwerwiegendsten Folgen sind die Leberfibrose und das hepatozelluläre Karzinom. Neubert, Prof. Dr. D. / Institut für Toxikologie und Embryopharmakologie, Freie Universität Berlin Probleme bei der Abschätzung des kanzerogenen Risikos persistierender halogenierter organischer Verbindungen, insbesondere PCDDs, PCDFs und PCBs Kolloquium "Krebserzeugende Stoffe in der Umwelt", Mannheim 23. - 25. 4. 1991 Beim Versuch einer medizinisch-toxikologischen Risikoabschätzung für die Kanzerogenität der erwähnten Substanzklassen ergeben sich eine Reihe von Problemen. Eine solche Beurteilung muß sich sowohl auf experimentelle Befunde als auch auf vorhandene Studien beim Menschen stützen. Die Extrapolation von experimentellen Befunden auf die wahrscheinlich beim Menschen vorliegenden Verhältnisse erfolgt heute, wenn sie überhaupt noch durchgeführt werden soll, zweckmäßigerweise auf der Basis von Gewebekonzentrationen. Obgleich kinetische Daten heute bei neuen Studien als unverzichtbar gelten, sind allerdings in der Vergangenheit nur wenige der Kanzerogenitätsstudien mit entsprechenden kinetischen Untersuchungen kombiniert worden. Diese Klassen von Verbindungen schließen spezielle Eigenheiten der Auslösung von Tumoren ein: Sie besitzen kein deutliches mutagenes Potential, und sie gehen keine direkte Wechselwirkung mit der Zellkern-DNA ein (epigenetische Kanzerogenese). Sie besitzen einen Wirkungsmechanismus, der am ehesten mit der Wirkung bestimmter Steroid-Hormone verglichen werden kann.- Sie führen insbesondere zu benignen Lebertumoren. Bei sehr hoher Dosierung, die dann häufig auch zu ausgeprägten Leberschädigungen führt, werden auch maligne Tumoren beobachtet. Aussagen wie z. B. "... TCDD ist das stärkste bekannte Kanzerogen ..." sind daher nicht nur falsch, sondern auch irreführend. Spezielle Probleme der Beurteilung entsprechender beim Menschen erhobener Daten: Epidemiologische Daten über mögliche Erhöhungen von Tumorinzidenzen beim Menschen sind grundsätzlich mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet, und ihre Aussagekraft wird in bezug auf die Wirkung definierter Substanzen und des entsprechenden Expositionsausmaßes in der Regel überschätzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffenden Substanzen (wie die PCDDs/PCDFs) als Verunreinigung vorliegen, und damit eine Exposition primär gegenüber vielen anderen Substanzen stattgefunden haben muß. Man kann daher in keinem Falle eventuelle beobachtete Abweichungen von der Norm kausal auf PCDDs/ PCDFs zurückführen, sondern bestenfalls auf Expositionen an denen auch diese Substanzklassen beteiligt gewesen sein können. 115 Nöthlings, U. L. R. Wilkens, S. P. Murphy, J. H. Hankin, B. E. Henderson, E. N. Kolonel / Cancer Research Center of Hawaii, University of Hawaii Meat and fat intake äs riskfactors for pancreatic cancer; The Multiethnic Cohort Study Fleisch- und Fettkonsum als Risikofaktoren für das Pankreaskarzinom: eine multiethnische Kohortenstudie J. NATL. CANCER INST. 97:1458-1465 (2005) Fleischkonsum ist mit erhöhtem Risiko für das exokrine Pankreaskarzinom assoziiert, allerdings sind die bisherigen Studien uneinheitlich. Das erhöhte Risiko wird wahrscheinlich durch den Fett- und Cholesteringehalt von Fleisch und Nahrungszubereitungsmethoden verursacht. In dieser Studie wurden Daten der multiethnischen Kohortenstudie auf den Zusammenhang von Fleischkonsum, anderen tierischen Produkten, Fett und Cholesterin mit dem Entstehen eines Pankreaskarzinoms untersucht. Während der 7-jährigen Nachbeobachtungszeit traten 482 Pankreaskarzinome bei 190.545 Personen der Kohorte auf. Die Autoren folgern, dass eine Ernährung mit rotem und prozessiertem Fleisch mit einer Erhöhung des Pankreaskarzinomrisikos zusammenhängt. Fett und gesättigtes Fett scheinen nicht mit der Risikoerhöhung in Zusammenhang zu stehen, da sich die Ergebnisse der Fettaufnahme durch Fleisch und Milchprodukte unterscheiden. Möglicherweise sind Karzinogene, die durch die Fleischzubereitung entstehen, für die Risikoerhöhung verantwortlich. Oldenburg, E., Brunotte, J.; Valenta, H. und Dänicke, S. / Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Pilzbefall im Getreide (und wie man ihn vermeiden kann) BMVEL, Forschungsreport, Sonderheft 2001 Schimmelpilze gehören zu den natürlichen Mikroorganismen des Bodens. Sie ernähren sich meist von abgestorbenen organischen Substanzen, die dadurch zersetzt werden. Schimmelpilze bilden häufig Toxine, die schädlich auf Mensch und Tier wirken können, am häufigsten Deoxynivalenol und Zearalenon. - Deoxynivalenol reizt die Schleimhäute und beeinflußt das Immunsystem. Das Schwein ist die empfindlichste Nutztierart. - Zearalenon hat eine Östrogen-ähnliche Wirkung. - Gesundheitsgefährdungen des Menschen werden angesichts geringer Kontaminationsgrade nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht erwartet. Akute Vergiftungen durch Fusariumtoxine sind im europäischen Raum nicht bekannt geworden. Nicht untersucht ist, ob sich eine langfristige Aufnahme von niedrigen Deoxynivalenol- oder Zearalenongehalten beim Menschen negativ auf das Immunsystem auswirken kann. Das Gesundheitsrisiko wird als gering eingeschätzt. Die Autoren beschreiben mögliche Maßnahmen (Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz) zur Senkung der Schimmelpilzbelastung des Getreides. Otteneder, H.; Majerus, P. / Chemisches Untersuchungsinstitut Trier Mykotoxinuntersuchung in der amtlichen Lebensmittelüberwachung Bundesgesundheitsblatt 36 (1993) H.11, 451-455 Im November 1976 wurde auf der Grundlage des Bundes-Lebensmittel-Gesetzes die Aflatoxin-Verordnung erlassen. In der amtlichen Begründung dazu (BR-Drs. 522/76) wird festgestellt, Kontaminationsraten und die Höhe des Aflatoxingehaltes können durch Vorsichtsmaßnahmen bei der Ernte und Lagerung verringert, aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Deshalb wurde bei dem Erlaß der Aflatoxin-VO keine Nulltoleranz festgelegt, wie sie bei karzinogenen Stoffen erforderlich gewesen wäre. Diskutiert wird über die notwendige Festsetzung eines Höchstwertes für Ochratoxin A in Lebensmitteln. Ein Höchstwert von 2 µg/kg wird für realistisch und möglich gehalten. Ochratoxin A-Gehalte werden angegeben für: Getreide 0,1-15 µg/kg; Mehl, Gries 0,1-18 µg/kg; Braumalz 0,1-11 µg/kg; Rohkaffee 3 µg/kg u. a. Häufig in Schalenfrüchten und in Milch. Otto, T. und Rübben, H. Penistumoren in: Hautmann, R.E. und Huland , H.: Urologie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, New York 1997 Penistumoren finden sich in der Regel in der 6. bis 7. Lebensdekade. Vorherrschender Typ ist das Plattenepithelkarzinom, selten ein Basalzellkarzinom oder Adenokarzinom. Als entscheidende ätiologische Faktoren werden die Phimose mit chronischer Irritation, retiniertem Smegma und rezidivierender Balanoposthitis angesehen. Für das Peniskarzinom werden 0,8 Neuerkrankungen je 100.000 Männer im Jahr angegeben. Paukovits Dr. J B., Parzefall, Prof. Dr. rer. nat. W. / Institut für Krebsforschung der Universität Wien 50 Jahre Krebsforschung - Einige Fakten in: Krebsforschung -gestern-heute-morgen / 50 Jahre Institut für Krebsforschung der Universität Wien 1953 - 2003 Alkohol ist selbst nicht direkt krebserregend sondern er führt diese Krankheit auf indirektem Wege herbei. Bereits bei einer Dosis von über 20g Alkohol/Tag bei Männern und 10g bei Frauen beginnen die relativen Risiken für eine „alkoholbedingte“ Krebserkrankung zu steigen. Wein, Bier oder Spirituosen können also das Krebsrisiko steigern. Betroffen sind neben der Mundhöhle und Speiseröhre - meist in Zusammenhang mit Tabakrauch - vor allem die 116 Leber, daneben aber auch Brust und Darm. Die chronische Aufnahme größerer Mengen erhöht das Krebsrisiko. Bei Alkoholmissbrauch kommt es zu Leberschädigungen. Die Leber entwickelt sich dabei von der Fettleber zur zirrhotischen Leber, aus der Leberkrebs entstehen kann. Bei 10 - 30 % der an Zirrhose Erkrankten entsteht ein primäres Leberzellkarzinom. Die Verbindung zwischen Rauchen und Lungenkrebs ist besonders auffallend. Ist das Inhalieren von Tabakrauch doch verantwortlich für 85 - 90 % der Lungentumore. Bei Männern sind 90 % und bei Frauen 70 % der Krebserkrankungen der Lunge auf Tabakrauchen zurückzuführen. Es ist jedoch auch zweifelsfrei erwiesen, dass Rauchen für die Entstehung von Kehlkopf-, Zungen-, Mundhöhlen-, Speiseröhrenkrebs verantwortlich ist, vor allem beim Pfeiferauchen und Tabakkauen. Aber auch zwischen Rauchen und der Entstehung von Tumoren des Magens, der Bauchspeicheldrüse, Blase, Nieren besteht ein gesicherter Zusammenhang. Um die Ursachen der ernährungsbedingten Krebsentstehung zu untersuchen, wurden von der EU groß angelegte Forschungsprojekte gestartet, an denen auch die Arbeitsgruppe für Umwelttoxikologie am Institut für Krebsforschung teilnimmt. Ein Ergebnis dieser Studien zeigte, dass im Wesentlichen vier verschiedene Faktorenkomplexe unterschieden werden können, die das ernährungsbedingte Krebsrisiko beeinflussen: 1. die Kontamination der Nahrungsmittel mit krebsauslösenden Substanzen, 2. der Mangel an Schutzsubstanzen, die krebsauslösende Verbindungen entgiften und so die Entstehung von Krebszellen beeinflussen bzw. die Entwicklung von Krebszellen verhindern, 3. der Mangel an bestimmten Spurenelementen und Vitaminen, die die Stabilität der Erbsubstanz beeinflussen, 4. Übergewicht (BMI). Die Autoren verweisen auf den Zusammenhang zwischen Übergewicht (BMI) und Krebserkrankungen von Brust, Prostata, Darm, Gebärmutter, Leber u. a.., die in der Cancer Prevention Study II in den USA mit mehr als 900.000 Erwachsenen sehr deutlich wurden. Peters, Prof. Dr. Th. / Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin Bochum Berufskrebs Beiträge zur Arbeits- und Umweltmedizin, ZAUM 1993 Um 1900 starben im Deutschen Reich pro 100.000 Einwohner etwa 40 an Krebs. Im Jahre 2000 werden es im Bundesgebiet etwa 300 Menschen sein. Krebs ist nicht nur eine Antwort auf schädliche Einflüsse sondern auch auf das zunehmende Alter. Krebsnoxen sind chemische Karzinogene, die zum Teil auch in Lebensmitteln vorkommen, physikalische Faktoren, Strahlen und Viren. Der Einfluß, den diese Faktoren nehmen, zielt auf das Molekulargefüge der "normalen" Zelle. - Hochpotente Karzinogene haben als Arbeitsstoffe oder deren Metaboliten meist sogenannte spezifische karzinogene Effekte und können als Primärkarzinogene bezeichnet werden. Bei der Ko-Karzinogenese wird ein unterschwelliger karzinogener Effekt von bestimmten Zusatzfaktoren "aktiviert". Sie lösen per se aber kein malignes Krebswachstum aus wie die unterschwellige Einwirkung von Primärkarzinogenen. Petz, Prof. Dr. rer. nat. M., Wuppertal / Boeing, apl. Prof. Dr. oec. troph. H., DIfE Ernährungsbericht 2004 Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Prof. Petz äußert sich im Ernährungsbericht über toxikologische Aspekte. Darunter verweist er auf die von Schimmelpilzen gebildeten Mykotoxine. - Mykotoxine können auf landwirtschaftlichen Erzeugnissen bereits vor der Ernte gebildet werden. Ihre Gehalte können sich unter bestimmten Bedingungen bei der Lagerung und Verarbeitung der Erntefrüchte weiter erhöhen. Da die Möglichkeiten, eine natürliche Mykotoxin-kontamination zu erkennen und zu verhindern, begrenzt sind, kann es auch keine absolute Gewähr für mykotoxinfreie Lebensmittel geben. Aflatoxin B1 ist mit einer Quote von 6 % Höchstmengen-Überschreitungen und einer Kontaminationsrate von 22 % Schalenobst (Pistazien, Paranüsse, Mandeln, Haselnüsse und Erdnüsse) neben Gewürzen (10 % HöchstmengenÜberschreitungen, 42 % positiven Proben) das am stärksten belastete Segment des Warenkorbs. Ochratoxin A, Deoxynivalenol, Fumonisine, Zearalenon und Patulin sind weitere Mykotoxine, die von der Lebensmittel-überwachung laufend kontrolliert werden. Das Problembewusstsein und das Bemühen, die Ursachen der Mykotoxinbildung zu erforschen, nehmen ständig zu. Von daher bestehe die begründete Aussicht, dass unter dem Einfluss einer verbesserten Nacherntebehandlung, von Hygienemaßnahmen bei der Verarbeitung und insbesondere auch von optimierten Anbaubedingungen die Mykotoxinbelastung künftig vermindert wird. Boeing hält für die primäre Prävention von malignen Erkrankungen drei Faktoren - die Ernährung, die körperliche Aktivität und das Körpergewicht - für bedeutungsvoll. Durch Änderungen des Lebensstils wäre nach seiner Auffassung in der Bevölkerung ein nicht unerhebliches Präventionspotenzial zur Verminderung von Krebs vorhanden. Der steigenden Zahl von Krebserkrankungen auf Grund der zunehmenden Lebenserwartung könnte durch Nutzung dieses Präventionspotenzials entgegengewirkt werden. - Aus der Bewertung der das Tumorrisiko modifizierenden Ernährungsfaktoren zieht er zwei Schlussfolgerungen: Auf Grund des derzeitigen Kenntnisstandes sollten Leitlinien zur Krebsprävention durch Ernährung erstellt und in der Bevölkerung umgesetzt werden. Dazu zählen aus heutiger Sicht neben dem Nichtrauchen eine starke Erhöhung des Gemüse- und Obstverzehrs, die 117 regelmäßige Gewichtskontrolle und ein körperlich aktiver Lebensstil. Und das akademische Interesse an Erkenntnisgewinn sollte nicht nachlassen sondern weiter gefördert werden. Pischon, T ; Schulz, M; Boeing, H / Abteilung Epidemiologie, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke (DIfE) Primärprävention maligner Tumoren durch die Ernährung: Epidemiologische Evidenz The Role of Nutrition in the Primary Prevention of Malignant Tumors: Epidemiological Evidence Aktuelle Ernaehrungsmedizin 2007; 32: S. 31-40 Die Autoren orientieren sich an entsprechenden Evaluationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der International Agency for Research on Cancer (IARC), des World Cancer Research Fund (WCRF) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) und gehen auf aktuelle Studienergebnisse ein. Die WHO hat 2003 einen Expertenbericht vorgelegt, in dem die wissenschaftliche Evidenz zum Einfluss von Nahrungskomponenten auf die Krebsentstehung evaluiert wurde. Die Evaluation erfolgte durch systematische Auswertung von Metaanalysen und Originalarbeiten und umfasste sowohl Beobachtungs als auch Interventionsstudien. Wichtige Kriterien zur Beurteilung der Evidenz waren neben dem Studiendesign die Konsistenz der Ergebnisse und die biologische Plausibilität. Zwar ließen sich nach Meinung der Experten - wohl weitgehend angelehnt an die Schätzungen von Doll und Peto von 1981 - ca. 30 % der Krebserkrankungen in industrialisierten Ländern durch die Ernährung erklären, umgekehrt kam das Expertengremium aber auch zu dem Schluss, dass die Forschung bis heute wenige eindeutige Zusammenhänge zwischen der Ernährung und dem Risiko der Krebsentstehung aufgedeckt hat. Nahrungsfaktoren, für die laut Expertenbericht überzeugende Evidenz besteht, dass sie das Risiko bestimmter Krebserkrankungen erhöhen, sind: Übergewicht und Adipositas, hoher Alkoholkonsum, Aflatoxine und bestimmte Formen gesalzenen bzw. fermentierten Fisches. Wahrscheinliche Evidenz für eine Risikoerhöhung bestimmter Krebserkrankungen besteht für konserviertes bzw. verarbeitetes Fleisch, Salz konservierte Lebensmittel und sehr heiße Getränke bzw. sehr heißes Essen. Wahrscheinlich protektiv für spezifische Krebserkrankungen wirkt sich nach Ansicht des Expertenkomitees der Obst- und Gemüseverzehr aus. Die Autoren geben das relative Risiko verschiedener Krebserkrankungen in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum an. Es beträgt bei einem Alkoholkonsum von 50 g/d: Mundhöhle und Rachenraum (3,11), Speiseröhre (1,93), Kehlkopf (2,02), Dickdarm (1,10), Mastdarm (1,19), Leber (1,40), Brust (1,55), Magen (1,15), Dünndarm (1,04), Gallenblase (1,36), Pankreas (1,05), Lunge (1,04), Gebärmutterhals (0,64), Endometrium (1,09), Ovar (1,23), Prostata (1,09), Harnblase (1,08), Niere (0,79). Der meiste Alkohol stammt in Deutschland aus Bier, gefolgt von Wein und Spirituosen. Er wird mehrheitlich von Männern getrunken. Im Ernährungsbericht 2004 wurde geschätzt, dass in Deutschland 2,5 % der Krebsfälle bei Männern und 1,0 % der Krebsfälle bei Frauen auf einen Alkoholkonsum über der maximal empfohlenen Aufnahmemenge (20 g/d bei Männern und l0g/d bei Frauen) erklärt werden können. Der genaue Mechanismus einer Risikoerhöhung durch chronischen Alkoholkonsum ist weiterhin unbekannt. Alkohol selbst wirkt nicht karzinogen, verhält sich im Experiment aber als Kokarzinogen oder Tumorpromoter. Plank, Gerlinde; Bauer, J.;, Grünkemeier; Fischer, Andrea Susanne; Gedek, Brigitte; Berner, H. / Ludwig-Maximilians-Universität München Untersuchungen zur protektiven Wirkung von Adsorbentien gegenüber Ochratoxin A beim Schwein Tierärztliche Praxis 18, 483-489 (1990) Die adsorbierende Wirkung von Aktivkohle, verschiedenen Bentoniten (sauer, alkalisch, neutral) und hydrierten NaCa-Al-Silikat gegenüber Ochratoxin A wurde sowohl einem In-vivo-Testmodell als auch in Fütterungsversuchen an Schweinen geprüft. - Bei den In-vitro-Versuchen wurde zunächst festgestellt, daß nach Zusatz von 1 % Aktivkohle Ochratoxin A vollständig aus wäßrigen Lösungen adsorbiert wird, wobei PH-Werte zwischen 3 und 8 diese Wirkung nicht beeinflußten. - In einem Fütterungsversuch wurde auch der resorptionsmindernde Effekt der Aktivkohle gegenüber Ochatoxin A bestätigt. Prentice, Ross L. PhD / Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle, Washington / et. a Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Invasive Breast Cancer: The Women's Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial JAMA, Volume 295, 8 February 2006, p 629 - 642 An der randomisierten Primärpräventionsstudie der Womens´s Health Initiative (WHI), die von 40 Klinikzentren in den USA in den Jahren 1993 bis 2005 durchgeführt wurde, nahmen 48.835 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren ohne frühreren Brustkrebs teil. 18,6 % der Teilnehmerinnen gehörten ethnischen Minderheiten an. In der Probandengruppe waren 19.541 (40 %), in der Kontrollgruppe 29.294 (60 %) Frauen. Die Intervention bestand in der Aufforderung der Probanden, die Fettaufnahme auf insgesamt 20 % des Energiebedarfs zu reduzieren und den Obst- und Gemüsekonsum auf mindestens 5 Mahlzeiten täglich und und Körner auf mindestens 6 Mahlzeiten zu erhöhen. Die Teilnehmerinnen der Kontrollgruppe waren nicht zu einer Änderung der Ernährung angehalten. Ziel der Untersuchung war die Entwicklung der Brustkrebsinzidenz. An Brustkrebs erkrankten 655 (0,42 %) der 118 Probandinnen und 1.072 (0,45 %) der Vergleichspersonen. An Brustkrebs starben 27 (0,02 %) der Probandinnen und 53 (0,02 %) der Vergleichspersonen. Aus der Studie ergibt sich keine Senkung des Erkrankungsrisikos in der Probandengruppe durch die Verminderung der Fettaufnahme auf 20 % des Energiebedarfs und Erhöhung des Obst- und Gemüsekonsums. Probst, M. Mammachirurgie in Häring, R. und Zilch, H.: Chirurgie, 4. Auflage, Walter de Gruyter Berlin-New York, 1997 Das Mammakarzinom ist die häufigste Karzinom der Frau. In den Altersgruppen bis 70 Jahre ist bei 7 % der Frauen mit einem Karzinom zu rechnen.. Die Ätiologie ist weitgehend ungeklärt. Als gesichert wird der fördernde Einfluß von Östrogenen auf das Wachstum gesehen. Die Risikofaktoren sind in 3 Gruppen zu unterteilen: genetisch, endokrin, Umwelt. Am häufigsten sind die ductalen, von den Milchgängen ausgehenden (80 %) und die lobulären, von den Milchdrüsen ausgehenden Karzinome (5-10 %). Pschyrembel, Prof. Dr. W. Klinisches Wörterbuch de Gruyter Verlag, Berlin * New York, 252. Auflage 1975 Für die Mitte der 1970er Jahre gibt Pschyrembel die Anteile an den Karzinomen der weibliche Geschlechtsorgane für das Zervixkarzinom mit 65 - 80 %, für das Korpuskarzinom mit 15 - 25 %, für das Ovarialkarzinom mit 10 %, für das Vulvakarzinom mit 3 - 4 % und für das Vaginakarzinom mit 3 % an. Recker, Dr. Katarina, München Hormonersatztherapie Ausgewogene Kommunikation von Nutzen und Risiko Der Gynäkologe, Beilage zum Heft 6 / 2006 "Risk communication - a Challenge for Doctors and Patients", Düsseldorf, 8. 3. 2006 Die Hormonersatztherapie zur Behandlung klimakterischer und postmenopausaler Beschwerden gehört zu den häufigsten medikamentösen Therapieverfahren in der gynäkologischen Praxis. Die Veröffentlicheung der WHIStudie über die damit verbundene Erhöhung des Brustkrebsrisikos hat zu einer Verunsicherung der Patientinnen und Ärzte geführt. Peter van den Weijer, Apeldoorn/Niederlande, hält die Initiation eines malignen Prozesses durch die Substitutionstherapie nach seinem derzeitigen Wissensstand für eher unwahrscheinlich. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat eine Neubewertung der Ersatztherapie vorgenommen. Zu den wesentlichen Punkten gehören folgende Empfehlungen: • Die Ersatztherapie ist die wirksamste Behandlungsform vasomotorischer Symptome. • Sie darf im Klimakterium und in der Postmenopause nur bei bestehender zugelassener Indikation eingesetzt werden. • Eine Nutzen-Risiko-Abwägung und Entscheidung muß gemeinsam mit der Rat suchenden Frau erfolgen und jährlich überprüft werden. • Sie ist zur Prävention der koronaren Herzkrankheit und des Schlaganfalls nicht zugelassen. John Paling, Leiter des Instituts für "Risk Communication" Gainesville/Florida, USA, plädiert für die Verwendung von geeigneten Hilfsmitteln für die Darstellung des Risikos. Damit können Informationen im Kontext betrachtet und das Verständnis der Patientinnen maximiert werden. Dargestellt wird das Mammakarzinomrisiko mit und ohne Hormonersatztherapie. Von 1.000 Frauen mittleren Alters (63 Jahre) erkranken im Verlaufe eines Jahres 3 Frauen in der Allgemeinbevölkerung an Brustkrebs. Das zusätzliche Risiko wird mit 0,8/1.000 Frauen angegeben. Reutter, M. / Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt / Institut für Tiergesundheit und Lebensmittelqualität GmbH Vorkommen und Bestimmung von Ochratoxin A in Glühwein 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002 Im Rahmen einer Markterhebung wurden im Zeitraum November 2000 bis Januar 2002 Glühweine und Punschgetränke aus dem Einzelhandel Schleswig-Holsteins auf ihren Ochratoxin A (OTA)-Gehalt hin untersucht. Insgesamt 56 verschiedene Rotweinprodukte von 23 verschiedenen Herstellern/Abfüllern auf Rotweinbasis wurden untersucht. Neben den klassischen Glühweinen wurden auch Punschgetränke mit Alkoholzusatz und Feuerzangenbowlezubereitungen mit einbezogen. 10,7 % der Proben wiesen einen OTA-Gehalt von mehr als 3 µg/l auf. Der Maximalwert lag bei 7,54 µg/l. Bei der Überprüfung des Herstellungsprozesses dieses Produkts wurde als Ursache die Verwendung von sogenanntem "Aufzugswein" ermittelt. Er wird aus Restpartien und Rückläuferware verschiedenster Herkunft durch Entkorken gewonnen. 119 Riboli, E. (IARC) und Coautoren / darunter: Boeing, Prof. H., Bergmann, M. M. (DIFE Potsdam-Rehbrücke), Nieters, A., Linseisen, J. (DKFZ Heidelberg) Meat, Fish, and Colorectal Cancer Risk: The European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition Journal of the National Cancer Institute, Vol. 97, No. 12, 15. Juni 2005, S. 906-916 Berichtet wird über die seit 1992 durchgeführte Ernährungsstudie (EPIC) mit etwa 480.000 Probanden. - An der Studie waren auch Boeing und Mitarbeiter vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) beteiligt. Von den Probanden (366.521 Frauen und 153.457 Männer) erkrankten 1.329 Probanden an Darmkrebs. Besonders negativ wirkte sich ein hoher Wurstanteil am Fleischkonsum aus. In der Gruppe mit dem höchsten Fleischkonsum (>160 g/d), betrug das Risiko, in 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken 1,71 %, bei den "FleischVerächtern" (< 20 g/d) 1,28 %. - Möglicherweise trage der hohe Anteil an Hämoglobin-gebundenem Eisen im Fleisch zur Krebsentstehung bei. Eisen könne die Bildung schädlicher Nitroso-Verbindungen fördern. Rieser, S. und Zylka-Menhorn, Dr. V. Krebsforschung in Deutschland - „Wir müssen völlig neue Allianzen schaffen" Deutsches Ärzteblatt / Jg. 103 / Heft 11 / 17. März 2006 / S. C- 547 Zu einer Diskussionsveranstaltung „Ärzteblatt-Wortwechsel" hatten die Deutsche Krebshilfe und das Deutsche Ärzteblatt Fachleute unterschiedlicher Disziplinen vor dem Hintergrund, dass die klinische Forschung in der Onkologie in weiten Teilen brachliegt und die Deutsche Krebshilfe mittlerweile fast alleiniger Geldgeber der industrieunabhängigen Forschungsprojekte geworden ist, nach Berlin geladen. Es diskutierten der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, die Programmdirektorin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Dr. rer. nat. Petra Hintze, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums und Vorsitzende des Beirats Deutsche Krebshilfe, Prof. Dr. med. Otmar Wiestler, der Ministerialdirigent im Bundesforschungsministerium, Priv.-Doz. Dr. Peter Lange, der Vorsitzende des Fachausschusses „Therapiestudien" der Deutschen Krebshilfe Prof. Dr. med. Wolfgang Hiddemann u. a. Ihre Einschätzung: In Deutschland gibt es in der Krebsforschung viele strukturelle Schwachpunkte. Junge Ärzte finden neben der Krankenversorgung zu wenig Zeit für eine patientenbezogene Forschung. Klinische Studien in der Onkologie werden fast ausschließlich von der Deutschen Krebshilfe finanziert. Vielversprechende innovative Forschungsansätze gelangen nicht rasch genug in die Praxis. - Doch wenn die beteiligten Akteure stärker als bisher kooperierten, ließen sich einige strukturelle Defizite in der Krebsforschung trotz knapper finanzieller Ressourcen beheben. - Während die Grundlagenforschung in Deutschland einen hohen Stellenwert besitzt und in bestimmten Gebieten sogar Weltmaßstäbe setzt, fristet die klinische Forschung im internationalen Vergleich ein Schattendasein. Die Mehrzahl der global bedeutenden, patientenorientierten Studien wird entweder von Ärzten aus anderen Ländern geleitet, oder die Durchführung erfolgt ohne jede deutsche Beteiligung, obwohl hierzulande leistungsfähige medizinische Versorgungseinrichtungen vorhanden sind, die gute Vorausetzungen für die ergebnisorientierte Forschung besitzen. Rohrbach, J. M.; Lieb, W. E. Tumoren des Auges und seiner Adnexe Schattauer Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 1998 Die Autoren beschreiben u. a. Krebserkrankungen der ableitenden Tränenwege und des Tränensackes. Das Karzinom des Tränensackes gehört zu den sehr seltenen Tumoren. Die Patienten sind 40 bis 75 Jahre alt. Plattenepithelkarzinome treten häufiger auf als Transitionalzellkarzinome, die sich morphologisch nicht von den Karzinomen des Epithels der Harnblase unterscheiden. Die weitere Aufklärung der Zusammenhänge von Kanzerogenese, Wachstum, Differenzierung und Alterung wird als Schlüssel für das Verständnis der Tumorentstehung gesehen. Die heutige Tendenz, die Krebsforschung in großen Forschungseinrichtungen zu konzentrieren, könnte besonders die Patienten der „kleinen Fächer“ um die Chance einer besseren Therapie in absehbarer Zukunft bringen. Bis zur Entwicklung besserer Therapien bleiben die frühzeitige Erkennung von Tumoren des Auges und die Einleitung der derzeit besten Therapie die vordringliche Aufgabe. Ronge, R. Darm- und Brustkrebs: Welchen Einfluss hat die Ernährung? Aktuelle Ernährungsmedizin, Jg. 30, H. 5, Oktober 2005, S. 229 Die Autorin referiert zwei Studien, die in der JAMA veröffentlicht waren: Über den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch bzw. verarbeitetem Fleisch und dem Darmkrebsrisiko berichtet eine US-amerikanische Studie (Meat consumption and risk of colorectal cancer). Thema der europäischen EPIC-Studie (Consumption of vegetables and fruits and risk of breast cancer) war der Einfluss des Obst- und Gemüseverzehrs auf die Brustkrebshäufigkeit. Die US-Forscher werteten die Daten von 148.610 Amerikanern zwischen 50 und 74 Jahren aus, die erstmals 1982 einen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten beantwortet hatten. 10 Jahre später wurden sie erneut befragt. 120 1.667 erkrankten an Darmkrebs. In der Studie war ein langfristiger hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch mit einem um 50 % erhöhten Risiko für ein distales Kolonkarzinom assoziiert. Ein häufiger Verzehr von rotem Fleisch erhöhte das Risiko für ein distales Karzinom um 29 %, für ein Rektum-karzinom um 43 % (rekto-sigmoidaler Übergang 75 %). Wer mehr rotes als weißes Fleisch verzehrte, hatte ein 53 % höheres Risiko für ein distales Karzinom. Für proximale Tumore bestanden keine Assoziationen. An der EPIC-Studie nahmen 285.526 Probandinnen im Alter von 25 - 70 Jahren teil. Die Frauen hatten einen Ernährungsfragebogen ausgefüllt und wurden im Schnitt 5,4 Jahre nachbeobachtet. Untersucht wurde der Verzehr von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Frucht- und Cemüsesäften. Es traten 3.659 Brustkrebsfälle auf. Viel Geflügel und Fisch hatte im gesamten Kolon einen leicht risikosenkenden Effekt, in der europäischen Studie wurde keine Assoziation zwischen der Aufnahme von Obst und Gemüse und dem Brustkrebsrisiko gefunden. - Mögliche Effekte nicht untersuchter Nahrungssorten oder Einflüsse bei spezifischen Subgruppen sind nicht auszuschließen. Rose, Dr. C. und Robra, Prof. Dr. B.-P. // Institut für Sozialmedizin, Otto-v.-Guericke-Universität Magdeburg Epidemiologie gynäkologischer Tumoren In: Bender, H. G. (Hearausgeber): Allgemeine gynäkologische Onkologie, Urban & Schwarzenberg, 1999 Mit Hilfe populalionsmedizinischer Datenquellen und Studien versucht die Epidemiologie, Krankheiten und gesundheitliche Risiken in ihrer Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung zu beschreiben und die quantitativen Beziehungen komplexer ätiologischer Zusammenhänge zu klären. Eine Beschreibung zeitlicher Trends der Inzidenz und Mortalität gynäkologischer Krebse trägt dabei elementare Informationen für die Suche nach Determinanten dieser Neubildungen bei. Ebenso kann man aus einer Analyse von Neuerkrankungsziffern Hinweise zur Wirksamkeit und Verbesserung der Versorgung erhoffen. Dargestellt werden die bösartigen Neubildungen der Brust und der Gebärmutter. Verwiesen wird auf positive Auswirkungen der Screening-Programme. Beeinflußbar erscheinen die Ernährungsfaktoren bei Brust- und Korpuskarzinom. Die Inzidenz des Brustkrebses zeigt geographisch erhebliche Unterschiede. Wie bei der Mortalität war die Inzidenz des Mammakarzinoms über viele Jahre am höchsten in Nordamerika und Nordeuropa, im mittleren Bereich in Südeuropa und Südamerika und am niedrigsten in Asien und Afrika (Inzidenz in den USA 89,2/100.000 Einwohner, in Thailand 9,9/100.000 Einwohner). In der Bundesrepublik Deutschland beträgt die Inzidcnz des Brustkrebses jährlich ca. 79,1 auf 100.000 (Krebsregister des Saarlands, 1993). Auf der Basis der Inzidenz in den USA wird damit gerechnet, daß ca. jede achte Frau irgendwann in ihrem Leben am Mammakarzinom erkrankt. - Das Brustkrebsrisiko ist wesentlich vom Lebensalter, von der genetischen Disposition abhängig. Einige Gene gehen mit einem erhöhten Risiko einher (BRCA 1 und BRCA 2). Fettreiche Ernährung und Alkohol erhöhen das Erkrankungsrisiko. Eine Rolle des Rauchens ist nicht eindeutig nachweisbar. Seit der Einführung des Screening-Programmes ist die Sterblichkeit des Zervixkarzinoms ständig zurückgegangen. Die Inzidenz zeigt ebenfalls einen kontinuierlichen Rückgang. Dabei war in den ersten Jahren durch intensive Suche ein Anstieg des Carcinoma in situ der Zervix zu beobachten. Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, daß das Zervixkarzinom durch exogene Faktoren induziert werden kann. Als Determinanten werden Papillomaviren, reproduktive Faktoren, Rauchen genannt. Die orale Kontrazeption ist umstritten. Insbesondere das Sexualverhalten wird als Störgröße der Studien gesehen. Für Korpuskarzinome werden Übergewicht, Nulliparität, späte Menopause und anovulatorische Zyklen als Risikofaktoren beschrieben. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Diabetikerinnen. Der Einfluß fettreicher Ernährung auf die Inzidenz ist dagegen nicht gesichert. Rosner, H.; Rohrmann, B.; Peiker, G. // Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Jena // Universitätsfrauenklinik Jena Ochratoxin A in Human Serum Archiv für Lebensmittelhygiene, 51 (2000) 104-107 Untersucht wurden 927 Seren von repräsentativen Probandengruppen. In 98,1 % der Proben wurde Ochratoxin A detektiert. 1,9 % der Proben lagen unter der Nachweisgrenze. Der Mittelwert betrug 0,27 ng/ml, das Maximum 2,03 ng/ml. In 69 von 70 Serumproben aus Nabelblut wurden Ochratoxin A-Werte - mit vergleichbaren Konzentrationen wie im Blut der Mütter - zwischen 0,06 und 0,90 ng/ml gefunden. Auch in der Amnionflüssigkeit wurden in der 16. Schwangerschaftswoche in 18 von 22 Proben Werte zwischen 0,06 und 0,13 ng/ml detektiert. - Zur Abschätzung des möglichen Risikos wurde aus den ermittelten Serumwerten die tägliche Ochratoxin A-Aufnahme berechnet und mit PTDI (Provisional Tolerable Daily Intake)-Werten aus der Literatur verglichen. Obgleich in Einzelfällen eine erhöhte Exposition nicht ausgeschlossen wird, wird in den Befunden für den Großteil der Bevölkerung keine Gefährdung durch die Ochratoxin A-Belastung gesehen. Rosner, H. // Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Berlin Gesetzliche Regelungen für Mykotoxine in Lebensmitteln 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002 Im Allgemeinen steht bei Mykotoxinen in Lebensmitteln nicht die akute Vergiftungsgefahr als Gefährdungspotential im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern vielmehr die tägliche Aufnahme geringer Dosen über einen langen 121 Zeitraum. Die regulatorischen Maßnahmen sind deshalb auf eine Minimierung des Restrisikos durch Senkung der Mykotoxinkontamination in den relevanten Lebensmitteln auf das niedrigste, technisch erreichbare Niveau gerichtet. - Die Festsetzung zulässiger Höchstmengen für Mykotoxine in Lebensmitteln erfolgt in Deutschland durch die Bundesregierung auf Vorschlag des zuständigen Bundesministeriums und in der Europäischen Gemeinschaft durch die Europäische Kommission auf Vorschlag der zuständigen Generaldirektion. Den Entscheidungsträgern stehen dabei wissenschaftliche und politische Gremien beratend zur Verfügung. Rosner sieht die Notwendigkeit, zur Reduzierung der Mykotoxin-Kontamination von Lebensmitteln möglicherweise neue Technologien für Produktion, Lagerung und Transport zu entwickeln, Kontrollmaßnahmen für die Probenahme und die Analyse vorzusehen sowie die Ausbildung der beteiligten Personen zu verbessern. Die zusätzlichen Aufwendungen für diese Qualitätssicherungsmaßnahmen dafür wären dann sowohl durch die Produzenten und die Händler als auch durch die staatliche Lebensmittelüberwachung zu tragen und können sich bis auf die Erzeugerländer auswirken. Rossouw, Jaques E. / National Heart, Lung and Blood Institute, Bethesda // Anderson, Garnet L. / Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle / et al Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausal Women Principal Results From the Women's Health Initiative Randomized Controlled Trial JAMA 2002; 288: 321 - 333 Die Autoren veröffentlichen in einer Express-Publikation die Hauptergebnisse der WHI-Studie. Die Womens Health Initiative war auf die Bestimmung des Risikos und des Nutzens für eine Strategie zur Senkung der Inzidenz der Herz-Krankheit, des Brust- und des colorectalen Karzinoms sowie von Frakturen der postmenopausalen Frauen gerichtet. Zwischen 1993 und 1998 wurden insgesamt 161.809 Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40 Klinikzentren der USA in die Studien über eine geringe Fettaufnahme und in zwei Studien über postmenopausale Hormontherapie einbezogen. In die Studie über die kombinierte Gabe von Östrogen und Gestagen waren 16.608 Frauen einbezogen. Sie wurde am 31. Mai 2002 nach einer mittleren Laufzeit von 5,2 Jahren gestoppt, weil sie das Risiko an coronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Lungenemboli und Brustkrebs erhöhte und das Risiko die Verminderung der Inzidenz von colorectalen Karzinomen und Schenkelhalsfrakturen überwog. Die Erhöhung des Erkrankungsrisikos durch die kombinierte Hormongabe wird für die Coronare Herzkrankheit mit 7, für Schlaganfall mit 8, für Lungenembolien mit 8 und für invasive Mammakarzinome gleichfalls mit 8 Ereignissen je 100.000 Personen-Jahre angegeben. Für die Verminderung des Risikos für colorectales Karzinom werden 6 und für Schenkelhalsfrakturen 5 Ereignisse je 100.000 Personen-Jahren genannt. Daraus ergibt sich insgesamt ein erhöhtes Risiko von 19 auf 100.000 Personen-Jahre. Die zweite Studie über die alleinige Anwendung von Östrogenen wurde fortgesetzt. Roth, L.; Frank, H.; Kormann, K. Giftpilze - Pilzgifte / Schimmelpilze – Mykotoxine / Vorkommen - Inhaltsstoffe - Pilzallergien Nahrungsmittelvergiftungen ecomed Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg, 1990 Die Autoren berichten über die Toxizität der Mykotoxine für den Menschen: Über akute und chronische Vergiftungen bei Haustieren durch mykotoxinhaltiges Futter sei schon viel bekannt; durch gezielt angelegte Untersuchungen mit Versuchstieren, tierischen und menschlichen Zellkulturen und mikrobielle Prüfung auf Gentoxizität wurde das Wissen besonders über die Aflatoxine erweitert. - Man habe im Laufe der Jahre gelernt, daß Ergebnisse von Tierversuchen keineswegs in jedem Fall auf den Menschen übertragbar sind. Trotzdem sei es weltweit zur allgemeinen Regel z. B. bei der Beurteilung von Lebensmittel-Zusatzstoffen geworden, Stoffe, die sich im Versuch mit biologischen Systemen als gentoxisch und krebserregend erwiesen haben, aus dem Verkehr zu ziehen. Bei Naturstoffen wie den Mykotoxinen sei die Situation jedoch anders. Sie würden nicht "zugesetzt", und man könne ihre Produktion weder verbieten noch einstellen, aber man könne sie verhindern, wenn man ihre Bildungsbedingungen kennt und beachtet. Es bleibe also nichts anderes übrig, als auf potentielle Gefahren, besonders vor Spätschäden hinzuweisen und möglichst viel Aufklärung zu betreiben, damit der Verbraucher sich so gut es geht selber schützen können. Das sei auch eines der erklärten Ziele ihrer Veröffentlichung. Weder der Arzt noch der Verbraucher oder der Händler sehen einem Schimmelpilz auf einem Lebensmittel an, ob der Pilz Mykotoxine gebildet hat oder nicht. Jedes verschimmelte Lebensmittel muß daher als potentiell giftig angesehen werden und darf nicht verzehrt werden. Man brauche jedoch nicht jedes verschimmelte Produkt wegzuwerfen. Brot könne man großzügig ausschneiden, da die Toxine in der mit Hohlräumen durchsetzten Krume nicht wandern können. Die Autoren beschreiben die Mykotoxine als biogene Gifte, die von verschiedenen Schimmelpilzarten gebildet werden. Das von Aspergillusarten gebildete Aflatoxin wird als hepatotoxisch und hepatokarzinogen beschrieben. Es ist das stärkste bekannte Karzinogen. Neben der Ratte ist die Wirkung bei Maus, Entenküken, Forelle und auch bei Wirbeltieren beschrieben. - 122 Das Ochratoxin A wird als karzinogenes Mykotoxin von einer Reihe Aspergillus- und Penicillium-Arten gebildet. Es kommt auf Erdnüssen, Baumwollsamenmehl, Getreide, Mais und daraus hergestellten Produkten vor. 13 % der einheimischen Futtermittel werden als kontaminiert angegeben. Es wurde in Schweinenieren, Blutplasma von Schweinen, Brühwürsten und in humanen Blutproben gefunden. - Zur Ersten Hilfe bei Vergiftungen wird die sofortige Anwendung von Aktivkohle empfohlen. In der Klinik sind Magenspülung, Kohlepulver u. a. Maßnahmen angezeigt. Sangiovanni A, E Del Nino, M Colombo et al.: Division of Hepatology, IRCCS Maggiore Hospital, University of Milan, Italien Increased survival of cirrhotic patients with a hepatocellular carcinoma detected during surveillance. Gastroenterology 2004;126:1005-1014. (Ref. in Deutsches Ärzteblatt, Heft 12, 2005) Hepatozelluläre Karzinome sind eine der gefürchteten Komplikationen bei der Leberzirrhose. Zur Früherkennung derartiger Veränderungen werden regelmäßige Ultraschalluntersuchungen empfohlen. Die Autoren berichten über eine Studie an 417 Patienten mit Leberzirrhose, die im Schnitt 148 Monate nachbeobachtet werden konnten und bei denen alle 6 bis 12 Monate neben einer Fetoprotein-Bestimmung Ultraschalluntersuchungen durchgeführt wurden. 112 (26,8 Prozent) Patienten entwickelten ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) mit einer Rate von 3,4 Prozent pro Jahr. In 41 Prozent handelte es sich um einen Solitärtumor.der bei den meisten Patienten reseziert werden konnte. Schlesinger-Raab A; Eckel R; Engel J; Sauer H; Löhrs U; Molls M; Hölzel D / Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE) Ludwig-Maximilians-Universität, München et. al. Metastasiertes Mammakarzinom: Keine Lebensverlängerung seit 20 Jahren Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 40 / 7. Oktober 2005 / Seite C-2154 Ob die Behandlung fortgeschrittener metastasierter Krebserkrankungen in den letzten 20 Jahren die Überlebensraten überzeugend verbessert hat, wird kontrovers diskutiert. Entsprechende Ergebnisse des Tumorregisters vom Tumorzentrum München (TRM) werden am Beispiel des Mammakarzinoms detailliert aufbereitet. Multivariate Analysen ergeben, dass das Überleben ab Metastasierung signifikant abhängt von Alter, Grading, Rezeptorstatus und metastasenfreier Zeit. Der Zeitpunkt der Diagnose der Primärerkrankung oder der Metastasierung und die behandelnde Klinik haben keinen relevanten Einfluss. Zwischen 1980 und 2000 kam es zu keiner stetigen Verbesserung. - Daten des Tumorregisters vom Tumorzentrum München (TRM) zeigen für das Mammakarzinom zur Lebensverlängerung ab Fernmetastasierung in den letzten 20 Jahren keine relevanten Fortschritte. Wegen ausbleibender Therapieerfolge bei häufigen Krebserkrankungen kam 2004 auch das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Fortune zu einer kritischen Bilanz. Es wurden sogar die Strategien der Krebsforschung der letzten 30 Jahre hinterfragt. Epidemiologische Daten aus den USA belegen ebenfalls eine Stagnation. Im Gegensatz dazu werden seit der ersten Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie zum Disease-Management-Programm (DMP) Brustkrebs erhebliche Fortschritte verkündet, die mit den Anfang 2004 publizierten Ergebnissen des M. D. Anderson Hospital in Texas vergleichbar sein sollen. Seit 25 Jahren soll sich dort die 5-Jahres-Überlebensrate jährlich um ein Prozent verbessert haben und scheint heute fast schon 50 Prozent erreicht zu haben. Es stellt sich die Frage, ob in Deutschland Innovationen der letzten Jahre regional unterschiedlich umgesetzt wurden, große Versorgungsunterschiede bestehen und die Aussagen der texanischen Gruppe belastbar sind. Schmidt-Matthiesen, Prof. Dr. H. (Frankfurt/M) und Fournier, v. D.: Präkanzerosen und Karzinome der Cervix uteri in: Schmidt-Matthiesen, H.; Wallwiener, D (Herausgeber).: Gynäkologie und Geburtshilfe - Lehrbuch für Studium und Praxis / Schattauer Verlag, Stuttgart - New York, 2005 Die Autoren beschreiben im Lehrbuch u. a. die Karzinogenese der Zervixkarzinome: Von den Krebserkrankungen der Genitalorgane entfallen ca. 20 - 30 % auf die Zervixkarzinome (jährlich etwa 7.000 Neuerkrankungen). Nach ihrer Einschätzung dürften diese bei den heutigen Möglichkeiten der Vorsorge schon nicht mehr vorkommen, da man bereits die präinvasiven Stadien erkennen und behandeln kann. Der Häufigkeitsgipfel für die Manifestation der Dysplasien liegt bei 28 J., der Carcinomata in situ bei 35 J. und der Karzinome bei 59 J. (Plattenepithelkarzinome) bzw. 55 J. (Adenokarzinome). Die Annahme, dass die Entstehung obligatorisch an sexuelle Aktivität gebunden ist, gelte als gesichert. Dabei scheine das Risiko um so größer zu sein, je früher regelmäßige sexuelle Beziehungen aufgenommen werden; der Risikofaktor bei sexueller Aktivität im Adoleszentenalter betrage etwa 2,5. Risikosteigernd wirke sich auch Promiskuität aus. Es gehe um die Exposition der Zervix gegenüber örtlich wirksamen kanzerogenen oder kokanzerogenen Noxen. Als solche wurden früher Smegmaanteile (Risikominderung bei Beschneidung), mangelnde Sexualhygiene und Abbauprodukte der Sperma-DNS angesehen. Heute stehe die Beachtung von Infektionen im Vordergrund. Vorübergehend wurde das HSV-2 beschuldigt, dem man jetzt (ebenso wie Nikotin) nur die Rolle 123 eines mutagenen Kofaktors beimesse. Es gelte als gesichert, dass den Papillomaviren HPV (vor allem die Typen HPV 16 und 18) die größte, entscheidende Bedeutung zukomme. Schmutzler, Prof. Dr. Rita K // Stiftungsprofessorin der Deutschen Krebshilfe / Universitätsfrauenklinik Köln Familiärer Brust- und Eierstockkrebs - Von der Forschung zur Regelversorgung Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 50 / 16. Dezember 2005 / S. C-2461 12 interdisziplinäre Zentren für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs" bieten ein strukturiertes Betreuungsangebot an. Weil die Zahl der Betroffenen relativ klein ist, ist die „Zentrumsversorgung" besonders wichtig, um eine optimale Ressourcennutzung und Sicherung der Behandlungsqualität zu erreichen. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frauen in Deutschland. Etwa 10 Prozent erkranken im verlaufe des Lebens. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren. Bei einer kleinen Gruppe von Frauen mit erblicher Belastung liegt das Erkrankungsrisiko deutlich höher: Sie erkranken zu 60 bis 80 % an einem Mamma- und zu 20 bis 50 % an einem Ovarialkarzinom. Schätzungen gehen davon aus, dass bei rund 0,3 % der gesunden Frauen und bei 5 % der an Brustkrebs erkrankten Frauen eine erbliche Belastung vorliegt. Bei einem Teil der Frauen findet sich die Ursache in den Hochrisikogenen BRCA1 und BRCA2. - BRCA-assoziierte Mammakarzinome weisen verschiedene Charakteristika auf, an die eine effiziente Prävention angepasst werden muss. Wichtig ist zum Beispiel, dass das mittlere Erkrankungsalter für ein Mammakarzinom bei etwa 45 Jahren liegt, Prävention und Früherkennung also sehr früh beginnen muss. Nach einer ersten Erkrankung ist auch das Risiko für ein kontralaterales Zweitkarzinom mit rund 40 Prozent in zehn Jahren deutlich erhöht. Nach neueren Ergebnissen besteht aber kein erhöhtes Risiko für ein Zweitkarzinom auf der gleichen Seite nach brusterhaltender Therapie mit anschließender Bestrahlung. Außerdem scheinen BRCA-assoziierte Mammakarzinome besonders empfindlich auf eine Chemotherapie anzusprechen. Besonderes Augenmerk liege auf der Prävention. Sowohl internationale als auch nationale Daten des Projekts zeigen, dass Mutationsträgerinnen ihr Brust- und Eierstockkrebsrisiko durch eine prophylaktische bilaterale Mastektomie in Kombination mit einer bilateralen Salpingo-Oophorektomie auf unter fünf Prozent reduzieren können. Schon die Oophorektomie alleine halbiert das Risiko für ein Mammakarzinom. Allerdings entscheidet sich in Deutschland nur etwa eine von zehn Mutationsträgerinnen für eine vorbeugende Mastektomie, zunehmend mehr Frauen wählen aber eine Oophorektomie. Als Alternative zur Brustentfernung wählten im Rahmen des Verbund-projekts 80 % der Frauen eine intensive Früherkennung. Die Frage, wie erfolgreich diese Strategie ist, kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden. Für das Ovarialkarzinom hat die Früherkennung keinen Nutzen erbracht. Schön, D. • Bertz, J. • Görsch, B. • Haberland, J. • Kurth, B.-M. / Robert Koch-Institut, Berlin Die Dachdokumentation Krebs - Eine Surveillance-Einrichtung der Krebsregistrierung in Deutschland Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004 • 47:429-436 Die Dachdokumentation Krebs wertet seit 20 Jahren die Daten der bevölkerungsbezogenen Krebsregister in der Bundesrepublik Deutschland zusammenfassend und übergreifend aus. Zu den wichtigsten Aufgaben der Dachdokumentation Krebs im Robert-Koch-Institut gehört neben einer gründlichen Prüfung der eingehenden Daten auf Stimmigkeit vor allem die Prüfung der Register auf Vollzähligkeit der Erfassung. Vor allem die zusammenfassende Auswertung der Daten aller Krebsregister in Deutschland bietet die Möglichkeit, Aussagen über die Krebshäufigkeit auch seltenerer Krebskrankheiten zu machen, regionale Besonderheiten in der Häufigkeit bestimmter Krebsformen festzustellen, aber auch zuverlässige Informationen als Grundlage für Entscheidungen der Gesundheitspolitik und für die Planung der Krebsforschung bereitzustellen. Die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland an Krebs zu erkranken oder zu sterben wird in der Dokumentation für Krebs insges. und ausgewählte Krebslokalisationen angegeben. Das Lebenszeitrisiko an Krebs zu erkranken beträgt für Männer 44,3 %, für Frauen 25,9 %. Das Lebenszeitrisiko an einer Krebserkrankung zu sterben wird für Männer mit 39,0 %, für Frauen mit 20,9 % angegeben. Schrenk, D., Prof. Dr. Dr. / Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie, TU Kaiserslautem Chemische Lebensmittelkontaminanten Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004 - 47; S. 841 - 847 Gruppen relevanter Lebensmittelkontaminanten: Metalle und ihre Verbindungen (As, Pb, Cd, Hg); Persistente organische Stoffe (PCDD, PCDF, PCB, PBDE); Pflanzenschutzmittelrückstände Rückstände aus der Nutztierhaltung; Mikrobielle und andere Toxine (Aflatoxine, Ochratoxine, Fusarientoxine); Bei der Herstellung gebildete Kontaminanten (PAK, Nitrosoverbindungen, Acrylamid u. a.). Wesentliche Grundlagen der Bewertung von Kontaminanten sind die Analyse des Vorkommens in Lebensmitteln und der Identifizierung der Quelle(n) sowie die Abschätzung der Exposition der Verbraucher. - Insbesondere bei begründetem Verdacht sind Untersuchungen zur Mutagenität, Kanzerogenität sowie zu fruchtschädigenden und reproduktionstoxischen Eigenschaften angezeigt. - Normalerweise nicht nachweisbare oder über die Hinter- 124 grundbelastung deutlich hinausgehende Gehalte an Kontaminanten (z. B. an Mykotoxinen etc.) lassen sich oft durch Rückverfolgung des Herstellungsprozesses einer bestimmten Quelle zuordnen und mindern oder beseitigen. Schrenk betont, dass es eine völlig von Kontaminanten freie Nahrung niemals gegeben hat und niemals geben kann. Die Forderung nach Lebensmitteln, die völlig "frei" von Krebs erregenden Stoffen etc. sind, ist nach seiner Einschätzung wissenschaftlich nicht haltbar. - Die angewandte Forschung auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit ist in Deutschland zu wenig entwickelt und werde nur unzureichend gefördert. Das hohe Maß an Lebensmittelsicherheit, das wir gegenwärtig haben, werde sich durch die massiven Einsparungen in vielen der genannten Bereiche nicht aufrechterhalten lassen. Mechanistische Untersuchungen am Tier und in vitro werden mehr und mehr zur Beurteilung herangezogen. In einigen Fällen können auch Fallstudien oder am Menschen erhobene, epidemiologische Daten genutzt werden oder gar zur Grundlage der Risikobewertung werden. Bei der Bewertung gentoxischer Kanzerogene, für die keine wirkungsfreie Dosis angenommen wird, wird durch Extrapolationsverfahren versucht, aus tierexperimentellen oder sonstigen Untersuchungen das zusätzliche Krebsrisiko bei lebenslanger Exposition im niedrigen Dosisbereich abzuschätzen. Welches theoretische zusätzliche Krebsrisiko, z. B. ein zusätzlicher Fall in einer Million exponierter Verbraucher, als akzeptabel gilt, ist letztlich das Ergebnis gesellschaftlicher Übereinkunft (Acceptable-RiskKonzept). Schüz, J., Blettner, M., Michaelis, M. und Kaatsch, P. Ursachen von Leukämien im Kindesalter Resümee einer Fallkontrollstudie des Deutschen Kinderkrebsregisters Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 38 / 23. September 2005 / S. C 2038 Zwischen 1992 und 2000 führte das Deutsche Kinderkrebsregister eine umfassende Fallkontrollstudie zu den Ursachen von Leukämien im Kindesalter durch. - In Deutschland erkranken von 13 Millionen Kindern unter 15 Jahren jährlich etwa 600 neu an einer Leukämie. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt und konnten auch durch die große deutsche Studie und vergleichbare Projekte in den USA, Kanada und Großbritannien nur wenig erhellt werden. Von den Umweltfaktoren haben Expositionen mit ionisierender Strahlung sowie vermutlich auch mit Pestiziden und nichtionisierender Strahlung einen Einfluss auf das Kinderleukämierisiko. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Erkrankungen ist aber als insgesamt eher gering einzuschätzen. Zigarettenrauchen in der Schwangerschaft, auch Alkoholkonsum er Mutter hatten keinen Einfluß auf das Leukämierisiko. Die berufliche Exposition der Eltern ergibt kein klares Bild. Als gesicherter umweltbedingter Risikofaktor für Leukämien insgesamt gilt ausschließlich die ionisierende Strahlung. Röntgenuntersuchungen während der Schwangerschaft und des Kindes führten zu keinem erhöhten Risiko. Schultz, Helga Berlin 1650 - 1800 Akademie-Verlag Berlin, 1987 Der Kaffee gehörte selbst für die Ärmsten nicht zum Luxuskonsum. Er wurde in Berlin während des 18. Jahrhunderts in wachsendem, unseren heutigen Gebrauch schließlich deutlich übertreffendem Maße genossen, und keine Akzise und Einfuhrbeschränkung vermochte dies einzudämmen. Betrachtet man die Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs, so scheint der Kaffee eher als der Branntwein den Bierkonsum teilweise ersetzt zu haben. Wahrscheinlich erfolgte die Substitution des Bieres, das noch im 17. Jahrhundert das allgemeine Alltags- und Festtagsgetränk aller Klassen und Schichten gewesen war, in zweierlei Weise. Der Branntwein verdrängte es als Rauschmittel, der Kaffee löste das Bier als Frühstücks- und Vespergetränk ab. Letzteres könnte mengenmäßig bedeutender gewesen sein. Schultz M, Parzinger H, Posdnjakov DV, Chikisheva TA, Schmidt-Schultz TH // Universität Göttingen / Deutsches Archäologisches Institut / Russische Akademie der Wissenschaften, Nowosibirsk Oldest known case of metastasizing prostate carcinoma diagnosed in the skeleton of a 2,700-year-old Scythian king from Arzhan (Siberia, Russia). International journal of cancer / 15. Dezember 2007 // Bd. 121 // S. 2591-2595 Im 7. Jahrhundert v. Ch. starb ein Skythenkönig an einem Prostatakarzinom. Sein ganzes Skelett war von Metastasen befallen. Das diagnostizierten Wissenschaftler der Universität Göttingen mit morphologischen und biochemischen Diagnoseverfahren. Der Nachweis des prostataspezifischen Antigens (PSA) aus den untersuchten Gewebeproben der Metastasen bestätigte letztendlich die Diagnose. Der 40 bis 50 Jahre alte König lebte in der Eisenzeit in der südlichen sibirischen Steppe. Seine Gebeine wurden zwischen 2000 und 2003 bei archäologischen Ausgrabungen in einem der reichsten Gräber in der eurasischen Steppe in der Nähe der sibirischen Stadt Arshan entdeckt. Man hatte ihn dort mit mehr als 9.600 Objekten, davon mehr als 6.000 aus Gold, beigesetzt. 125 Schurr R.; Stölzel U.; Schuppan D.; Schwertner C.; Steinberg J.; Scherübl H. / Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Gastrointestinale Onkologie, Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin u. a. Zunahme des hepatozellulären und des intrahepatischen cholangiozellulären Karzinoms im Nordosten Deutschlands / Increased incidence of hepatocellular and intrahepatic cholangiocellular cancer in the Northeast of Germany Dtsch Med Wochenschr 2006; 131: 1649-1655 Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt weltweit zu den fünf häufigsten malignen Tumoren. In den westlichen Industrieländern stieg in den letzten 20 Jahren die Inzidenz des HCC und der intrahepatischen cholangiozellulären Karzinome (iCCC.) dramatisch an. Schätzungen aus dem Jahr 2000 deuten auf mehr als 560.000 neue Fälle pro Jahr weltweit hin. Da für Deutschland bislang keine entsprechenden epidemiologischen Daten publiziert wurden, untersucht die vorliegende Arbeit die Frage, ob in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen die Häufigkeit des HCC und der iCCC in den letzten 25 bis 30 Jahren stark zugenommen hat. Im Untersuchungsgebiet stieg die Inzidenz des HCC bei den Männern von 3,6 im Jahr 1976 auf 5,7 im Jahr 2002; die absolute Zahl an neuen Fällen pro Jahr erhöhte sich von 192 auf 383. In der weiblichen Bevölkerung lag die Inzidenz allerdings deutlich niedriger. Am iCCC erkrankten 1976 30 Männer und 36 Frauen, 2002 waren es 64 Männer und 75 Frauen. Die Inzidenz lag 1976 bei 0,5 für die Männer bzw. 0,4 für die Frauen, bis 2002 stieg sie auf 0,8 bzw. 0,6 an. Das kumulative 5-Jahresüberleben für den Zeitraum von 1976 bis 2002 betrug sowohl für das HCC als auch für das intrahepatische CCC weniger als 10 %; erfreulicherweise hat sich aber das Überleben bei HCC in den letzten 10-20 Jahren signifikant verbessert. - Im Untersuchungsgebiet hat in den letzten 20 Jahren die Häufigkeit des HCC und des intrahepatischen CCC deutlich zugenommen. Die in den letzten Jahren beobachtete Prognoseverbesserung des HCC wird auf eine frühere Diagnosestellung und Therapie zurückgeführt. Infolge neu eingeführter Impfprogramme werden langfristig die Infektion mit HBV und die damit verbundenen Komplikationen einschließlich eines HCC abnehmen. Schweinsberg, F.; Schweizer, E.: Nitrat, Nitrit, Nitrosamine, Nitrosamide. in Beyer, A.: Eis, D.: Praktische Umweltmedizin, Springer Verlag Mit Nitrosaminen, die auch in Nahrungsmitteln nachgewiesen wurden, konnte in einem Langzeitversuch bei Ratten mit täglichen Gaben von 10 µg/kg Körpergewicht ein signifikantes Ansteigen der Tumorhäufigkeit nachgewiesen werden. Die karzinogene Wirkung von Nitrosaminen konnte mehrfach in Tierversuchen dargestellt werden. Ösophagus, Magen und Nasopharynx sind die Hauptmanifestationsorgane. Häufig besonders in Asien (China). Auch wenn der direkte Beweis dafür noch fehlt, ist die Annahme berechtigt, dass die aus den Vorstufen Nitrit und Aminen gebildeten Nitrosamine zur Krebsentstehung beim Menschen beitragen. Die Hauptbelastung entsteht durch Nitritpökelsalz. Schweyer, S., Fayyazi, A. / Georg-August-Universität, Göttingen Pathogenese maligner Keimzelltumoren des Hodens Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 36 / S. C-1917 Invasive maligne Keimzelltumoren (TGCT, "testicular germ cell tumours") repräsentieren den häufigsten soliden 'Tumor des jungen Mannes zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Aus bisher ungeklärten Gründen steigt die Inzidenz in den USA und Europa kontinuierlich an und beträgt zurzeit in Deutschland etwa 7,6 pro 100 000 männliche Einwohner pro Jahr. Welche auslösenden Ursachen den Tumoren zugrunde liegen, ist bisher unbekannt. Ob eine infektiöse Genese, etwa im Sinne einer Virusinfektion die Entstehung maligner Keimzelltumoren beeinflusst, ist noch ungewiss. - Es herrscht Übereinstimmung darüber, dass testikuläre intratubuläre Keimzellneoplasien die Vorläuferläsionen der malignen invasiven Keimzelltumoren des Hodens repräsentieren. Zur Pathogenese intratubulärer Keimzellneoplasien stellen die Autoren fest, daß eine fehlerhafte Entwicklung und mangelhafte Funktion des männlichen Genitalsystems mit malignen Keimzellneoplasien des Hodens korreliert. Es wird angenommen, daß das testuläre Dysgenesie-Syndrom eine Grunderkrankung mit verschiedenen klinisch und/oder morphologisch erfassbaren Reproduktionsstörungen unterschiedlicher Schweregrade darstellt. Dazu gehören funktionelle Störungen wie abnorme Spermatogenese, anatomische Fehlentwicklungen wie Hypospadie, eine angeborene Fehlmündung der Harnröhre und Kryptorchismus, aber auch diverse histopathologische Veränderungen von Mikrolithiasis bis hin zu malignen Keimzellneoplasien des Hodenparenchyms. - Die Autoren beschreiben die Entstehung maligner Keimzelltumoren in mehreren Schritten: Umweltfaktoren / genetische Defekte > testikuläres Dysgenesie-Syndrom > Differenzierungsstörungen von Keimzellen > invasive Keimzelltumoren des Hodens. Der wichtigste exogene Faktor scheint Östrogen zu sein. Ein relativer Überschuss an Östrogenen in der Frühschwangerschaft könnte die Entwicklung der Gonaden negativ beeinflussen. In betroffenen Tubuli seminiferi verharren die undifferenzierten Keimzellen bis zur Pubertät, in der sie unter Einwirkung von Hormonen und anderen bisher unbekannten Kofaktoren wie beispielsweise eine kalorienreiche Ernährung im Kindesalter ihre maligne Transformation vollziehen können. - 126 Obwohl viele epidemiologische Studien einen Östrogenüberschuss oder eine kalorienreiche Ernährung im Kindesalter als Risiken identifiziert haben, konnten bisher keine experimentellen/klinischen Studien nachweisen, daß diese exogenen Faktoren für den Anstieg der Inzidenz der malignen Keimzelltumoren der Hoden tatsächlich ausschlaggebend sind. Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Berlin Gesundheitberichterstattung Berlin Basisbericht 2002, Kapitel 5 Im Jahre 2001 wurden in Berlin insgesamt 412 Lebensmittel pflanzlicher Herkunft auf Mykotoxine untersucht. Den größten Anteil nahmen die Untersuchungen auf Aflatoxine (229 Proben) ein. Dabei handelte es sich um Nüsse, Nußmassen und daraus hergestellte Cremes und um Gewürze. 14 Proben waren wegen erhöhter Aflatoxingehalte zu beanstanden. Auf Ochratoxin A wurden insgesamt 128 Proben untersucht. Dabei wurden einige erhöhte Werte festgestellt. Untersucht wurden 25 Proben auf Patulin, 5 Proben auf Zearalenon und 30 Proben auf Deoxynivalenol. Sie waren ohne Auffälligkeiten. Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Gesundheitsberichterstattung Berlin - Daten des Gesundheits- und Sozialwesens Basisbericht 2003/2004, Berlin 2004 Berichtet wird über die Untersuchungen von Lebensmittelproben im Jahre 2002: Mykotoxine: 475 Lebensmittel pflanzlicher Herkunft wurden auf Rückstände von Mykotoxinen untersucht. Den größten Anteil (193) nahmen hierbei die Untersuchungen auf Aflatoxine ein. Bei den Proben handelte es sich um verschiedene Nüsse wie Erdnüsse, Paranüsse, Haselnüsse, Pistazien sowie um Gewürze und Feigen. 13 Proben waren wegen erhöhter Gehalte an Aflatoxin zu beanstanden. 186 Proben wurden auf Ochratoxin A untersucht, u. a. Lakritze, Rotwein und Glühwein, Röstkaffee, Bier, Getreide, rote Traubensäfte, Rosinen und Melonenkernmehl. Bei einer Probe Rosinen wurde der festgesetzte Höchstwert überschritten. Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Gesundheitsberichterstattung Berlin Basisbericht 2005, Berlin 2006 Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurden im Jahr 2004 wurden 174 Proben auf den Aflatoxingehalt untersucht. Darunter waren u. a. Erdnüsse, Erdnusscremes, Mandeln, getrocknete Feigen, Gewürze, Müsliriegel, Reis, Haselnüsse, Pistazien, Walnüsse. 7 Proben (Pistazien, Erdnüsse, Haselnüsse, Feigen) waren wegen erhöhter Aflatoxingehalte zu beanstanden. Es wurden 188 Proben auf ihren Gehalt an Ochratoxin A überprüft (Kakao, Lakritze, Rotwein, Röstkaffee, Malzbier, Getreide, Brotbackmischungen, Toastbrot, Rosinen). Es ergaben sich keine Auffälligkeiten, d. h. Ochratoxin A war jeweils nicht nachweisbar bzw. waren Gehalte bestimmbar, die jeweils unter den festgelegten bzw. diskutierten Höchstmengen lagen. Bei den im Rahmen des bundesweiten Monitoring untersuchten 40 Proben (Frühstückscerealien, Müsli) war bei 20 Proben Ochratoxin A nicht nachweisbar, bei 18 Proben war Ochratoxin A nicht bestimmbar, bei 2 Proben lagen die Gehalte zwischen bei 1 und 2,2 µg/kg. Senat von Berlin, Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz Gesundheitsberichterstattung Berlin Basisbericht 2006/2007; Berlin August 2007 Der Basisbericht 2006/2007 der Gesundheitsberichterstattung gibt einen Überblick über den Gesundheitszustand der Berliner und das Gesundheitswesen in der Stadt. - Angegeben werden u. a. die Inzidenzdaten für Brust- und Prostatakrebs für die Jahre 2001 bis 2004 für Berlin nach Altersgruppen (absolut und je 100.000). Darin wird bei einer Zunahme der Brustkrebsinzidenz von 1.917 Fällen (110,2/100.000) im Jahre 2001 auf 2.079 Fälle (119,5/ 100.000) im Jahre 2004 ein Rückgang der Fallzahl im Zusammenhang mit der Abnahme der Hormonanwendungen in der Postmenopause in den Altersgruppen zwischen 50 und 64 Jahren von 752 auf 621 Fälle sichtbar. 127 Seydlitz, Eva-Maria Bösartige Neubildung des Magens in der DDR - eine statistische Erhebung auf der Basis der Daten des Nationalen Krebsregisters der DDR von 1953 bis 1982 Dissertation (A) an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR (1986) Im NKR wurden von 1953 bis 1982 insgesamt 213 302 Neuerkrankungen an bösartigen Neubildungen (bNb) des Magens registriert. Dabei fielen 120.660 Fälle auf das männliche Geschlecht und 92.642 auf das weibliche Geschlecht. Bei dem Vergleich zwischen bNb des Magens zur Gesamtzahl aller malignen Geschwulsterkrankungen von 1953 bis 1982 in der DDR lag der höchste prozentuale Anteil beim männlichen Geschlecht mit 27 % im Jahre 1955 vor. Beim weiblichen Geschlecht konnte 1960 mit 14,2 % das Maximum registriert werden. Bis 1982 fielen die Werte auf 10,6 % beim männlichen und auf 7,8 % beim weiblichen Geschlecht. Die jährliche Zugangsrate der Neuerkrankungen des Magenkarzinoms beider Geschlechter betrug von 1953 bis 1971 zwischen 7.000 und 8.500 Fälle. Erst ab 1972 wurde die 7.000er Grenze unterschritten und sank bis 1982 auf 4.767 Neuerkrankungsfälle. Die Autorin weist auf große Unterschiede in der Erkrankunghäufigkeit zwischen den verschiedenen Staaten und ebenso den Ländern in Deutschland hin. Frentzel-Beyme u.a. fanden, daß in der BRD im Bundesstaat Bayern die größte Mortalitätsrate an bNb des Magens vorliegt. Innerhalb dieses Regierungsbezirkes verfügen über die höchste Sterblichkeit die Gebiete Niederbayern, Oberpfalz und Oberfranken. - Diskutiert wird ein Modell der Ätiologie des Magenkrebses von Correa u. a. (1982) in dem deutlich gemacht wird, daß spezielle Risikoerkrankungen wie zum Beispiel Perniziosa, chronisch atrophische Gastritis oder die intestinale Metaplasie mit Erhöhung des pH-Wertes im Magen einhergehen. Dies bedeute eine Einschränkung der Säureproduktion und damit die Möglichkeit der Bakterienvermehrung. Dadurch werde die Bildung von N-Nitroso-Verbindungen begünstigt. Siegmund-Schultze, Dr. rer. nat. N.; Zylka-Menhorn, Dr. med. V.; Leinmüller, Dr. rer. nat. R.; Meyer, R. Hormontherapie und Brustkrebs - Ein Blick auf die aktuelle Datenlage Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 6 / 18. Februar 2008 / S. C 230 Vier Jahre nach der WHI-Studie kam aus den USA die erste Meldung eines Rückgangs der Brustkrebsdiagnosen auf der Basis des SEER-Registers (Surveillance Epidemiology and End Results) des National Cancer Institute. So war die Fachwelt überrascht, als der Biostatistiker Peter Ravdin auf dem San Antonio Breast Cancer Meeting im Dezember 2006 von einem Rückgang der Brustkrebsfälle im Jahr 2003 um sieben Prozent berichtete. - Die rückläufige Tendenz in der epidemiologischen Entwicklung besteht auch in Deutschland. Hatte die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) von 1970 bis 2002 eine Zunahme der MammakarzinomInzidenz beobachtet, so sind die Zahlen nun rückläufig. Ganz einheitlich ist das Bild bislang allerdings nicht, die Häufigkeiten unterscheiden sich zum Teil zwischen den einzelnen Bundesländern. So liege die Inzidenz des Mammakarzinoms in Schleswig-Holstein zum Beispiel um 20 Prozent über der des Saarlands. Trotz dieses unterschiedlichen Ausgangsniveaus sinke aber die Brustkrebsinzidenz ab 2001 in beiden Bundesländern ähnlich, so die Analysen des Instituts für Krebsepidemiologie (Lübeck): um etwa sechs bis sieben Prozent pro Jahr, was den Daten des US-amerikanischen SEER-Registers nahe kommt. Mit jeweils knapp 19 Prozent findet man den größten Rückgang in der Altersgruppe der Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Ließe sich der Trend aus dem Saarland und Schleswig-Holstein auf die Bundesrepublik übertragen, könnte nach Katalinic die Inzidenz des Mammakarzinoms in Deutschland zwischen 2003 und 2005 um zehn Prozent gesunken sein, was etwa 5.500 weniger Neuerkrankungen pro Jahr entspräche. Sjöblom T, Jones S, Wood LD, Parsons DW, Lin J, Barber T, Mandelker D, Leary RJ, Ptak J, Silliman N, Szabo S, Buckhaults P, Farrell C, Meeh P, Markowitz SD, Willis J, Dawson D, Willson JK, Gazdar AF, Hartigan J, Wu L, Liu C, Parmigiani G, Park BH, Bachman KE, Papadopoulos N, Vogelstein B, Kinzler KW, Velculescu VE. / Ludwig Center and Howard Hughes Medical Institute, Sidney Kimmel Comprehensive Cancer Center at Johns Hopkins, Baltimore, MD 21231, USA. The Consensus Coding Sequences of Human Breast and Colorectal Cancers. Science, 2006 Sep 7 Die Forscher untersuchten das Genom von 11 Mammakarzinomen und 11 Kolonkarzinomen. Sie konzentrierten sich dabei auf die 13.000 am besten bekannten Gene des menschlichen Genoms. Die Zahl der genetischen Veränderungen in Krebszellen war weitaus größer als bisher angenommen wurde. Die Forscher fanden in den untersuchten Tumorproben insgesamt 1.672 Mutationen (Brustkrebs: 921; Darmkrebs: 751) in 1.149 mutierten Genen (Brustkrebs: 673; Darmkrebs: 519). Von der großen Mehrzahl dieser Gene war nicht bekannt, welche Rolle diese bei der Tumorentstehung spielen. - 191 Gene, die häufig mutiert waren, wurden als CAN-Gene (CANdidate cancer genes) eingestuft. Besonders interessant war, daß 22 von 122 (18 %) CAN-Gene für den Brustkrebs und 13 von 69 (19 %) CAN-Gene des colorectalen Karzinoms als Regulatoren der Transkription angegeben werden. - Damit beschreiben die Autoren die genetische Landschaft der beiden Krebstypen und sehen darin eine Basis für Zielstellungen für diagnostische und therapeutische Maßnahmen. Auch eröffnen sie nach deren Einschätzung neue Wege für die Grundlagenforschung der Tumorbiologie. 128 Souza-Offtermatt, G.; Staubacch, K.-H.; Sterk, P. und Udolph, A. Intensivkurs Chirurgie 1. Auflage 2004, Elsevier GmbH München, Urban und Fischer-Verlag Karzinome der Haut, des Gesichts und der Mundhöhle: 80 % aller Plattenepithelkarzinome der Haut treten im Gesicht auf, vor allem an der Unterlippe, der Schläfe und der Stirn. Sie entstehen meist aus Präkanzerosen, z. B. aus solaren Keratosen. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. - Plattenepithelkarzinome in der Mundhöhle finden sich meist am Mundboden oder an der Zunge. Sie treten bei Männern doppelt so häufig auf wie bei Frauen. Prädisponierend wirken Alkohol, Tabak, Prothesen und schlechte Mundhygiene. - Speicheldrüsenkarzinome können an allen Speicheldrüsen vorkommen. Auch die kleinen Speicheldrüsen am Gaumen, an der Wange und der Lippe können betroffen sein. Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut: Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen von 12 bis 17 Jahren Empfehlung und Begründung Robert Koch-Institut / Epidemiologisches Bulletin / 23. März 2007 / Nr. 12 / S. 97 - 104 Die Ständige Impftommission hat auf ihrer 56. Sitzung am 27. und 28. Februar 2007 nach Abstimmung mit den Bundesländern und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen weiterer betroffener Kreise eine Empfehlung zur generellen Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren verabschiedet. Die STIKO empfiehlt zur Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhalskrebs die Einfuhrung einer generellen Impfung gegen humane Papillomaviren (Typen HPV 16,18) für alle Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Die Impfung mit 3 Dosen sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein. Die Kommission erwartet, dass bei einem möglichen Durchimpfungsgrad von 70 % jede 140. geimpfte Frau von der Impfung profitiert. - Zur Abschätzung der Wirksamkeit der HPV-Impfung gelte es nach der Einschätzung der Kommission zu beachten, dass die derzeit vorliegenden Daten zur Häufigkeit des Gebärmutterhalskrebses und damit zur Krankheitslast in Deutschland demographische Entwicklungen (sinkende Geburten), verändertes Sexualverhalten und Implementation eines wirksamen Screeningprogramms nicht ausreichend berücksichtigen. - Nach Prof. von Kries ergebe sich für die im Jahre 1996 in Deutschland geborenen 360.000 Mädchen, dass bei einer Lebenszeitinzidenz von 1.100/100.000 (3.943 Fälle) und einer angenommen lebenslangen Impfeffektivität von 92,5 % etwa 98 Mädchen geimpft werden müssen, um einen Fall an Gebärmutterhalbkrebs zu verhindern. Berücksichtigt man eine mögliche Durchimpfung von 70 %, würde etwa jedes 140. Mädchen der Geburtskohorte von der Impfung profitieren. Die genaue Dauer der Immunität nach Verabreichung aller Impfstoffdosen ist derzeit noch nicht bekannt. Es konnten stabile Antikörpertiter nach 3 Dosen der Impfung für etwa 5 Jahre nachgewiesen werden. - Die Frage der Notwendigkeit einer Wiederimpfung kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Über die epidemiologische Wirksamkeit der Immunisierung von Jungen und Männern zur Verhinderung der Infektion bei Frauen liegen bisher keine ausreichenden Daten vor. - Frauen, die im Alter von 12 - 17 Jahren keine Impfung gegen HPV erhalten haben, können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren. Es liegt in der Verantwortung des betreuenden Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. - Geimpfte Personen sind auch darauf hinzuweisen, dass die Impfung mit einem Impfstoff gegen humane Papillomaviren gegen die Typen 16 und 18 nicht gegen Infektionen mit anderen Typen schützt und dass deshalb die Früherkennungsmaßnahmen zum Gebärmutterhalskrebs unverändert in Anspruch genommen werden müssen. Statistisches Bundesamt Bevölkerung Statistisches Jahrbuch 1999 für die Bundesrepublik Deutschland Im Statistischen Jahrbuch ist die Bevölkerung 1980 1997 für das ehemalige Bundesgebiet und für die Neuen Bundesländern nach dem Alter ausgewiesen. Für die Neuen Bundesländer wird darin ab dem Jahre 1991 ein Geburtenrückgang um mehr als 50 % sichtbar. In den Alten Bundesländern betrug der Rückgang im gleichen Zeitraum dagegen lediglich 3,6 %. (s. Abb.) Für das Jahr 1996 gibt das Statistische Bundesamt für Deutschland 798.000 Geburten (410.000 männliche/ 388.000 weibliche) an. 129 Statistisches Landesamt Berlin Berliner Statistik - Bevölkerungsentwicklung in Berlin 1991 bis 1996 Statistische Monatsschrift Nr. 1/1998 In Ostteil der Stadt Berlin haben nach 1990 massive Veränderungen des generativen Verhaltens stattgefunden. Im Jahr 1991 ging die Zahl der Neugeborenen um fast 44 % zurück, im darauf folgenden Jahr um weitere 11 % und 1993 um weitere 3 %. Im Westteil der Stadt schwankte die Zahl der Lebendgeborenen nur mäßig. - Als Maß zur Beurteilung generativer Veränderungen wird die Zahl der Lebendgeborenen je 1.000 Frauen im Alter der Gebärfähigkeit zwischen 15 und 45 Jahren angegeben. Statistisches Amt der DDR / Statistisches Bundesamt Bierverbrauch in Deutschland Statistisches Jahrbuch der DDR 1990 / Statistisches Taschenbuch 2000 Der Bierverbrauch in Deutschland in den zurückliegenden 30 Jahren ist deutlich zurückgegangen. In der Bundesrepublik betrug der Verbrauch in der Mitte der 70er Jahre mehr als 150 Liter je Einwohner und Jahr. In der DDR hatte der Verbrauch zwischen 1965 und 1989 ständig zugenommen. Zwischen 1990 und 2003 ist der Bierverbrauch in Deutschland von 142,2 auf 117,5 Liter je Einwohner gesunken. Stefanick, Marcia L. / Stanford Prevention Research Center, Department of Medicine, Stanford University; Dr Anderson and Ms Rodabough / Clinical Coordinating Center, Division of Public Health Sciences, Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle / et. al. Effects of Conjugated Equine Estrogens on Breast Cancer and Mammography Screening in Postmenopausal Women With Hysterectomy JAMA, 2006; 295: 1647-1657 Die Autoren berichten über Ergebnisse einer weiteren Studie im Rahmen der Womens Health Initiative (WHI) zur postmenopausalen Östrogenanwendung (Estrogen-Alone trial). - Die WHI-Studie erfaßte 10.739 Frauen (5.310 Probandinnen, 5.429 Kontrollpersonen) in einer Kohorte, die die ethnische / rassische Diversität in den USA reflektiert, im Alter zwischen 50 und 79 Jahren in 40 Klinikzentren der USA. - Insgesamt erkrankten an Brustkrebs 129 (0,34 %) Probandinnen und 161 (0,42 %) Kontrollpersonen. An invasiven Mammakarzinomen erkrankten 104 (0,28 %) Probandinnen und 133 (0,34 %) Kontrollpersonen. An einem Carcinoma in situ erkrankten 25 (0,07 %) Probandinnen und 30 (0,08 %). - Abschließend wird festgestellt, Östrogen alleine über die Dauer von 7,1 Jahren gegeben, führt nicht zu einer Erhöhung der Brustkrebsinzidenz bei postmenopausalen Frauen nach Hysterektomie und kann eine Verminderung des Frühstadiums des duktalen Brustkrebses bedingen. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur WHI-Studie über Östrogen plus Gestagen-Anwendung bei Frauen mit Uterus, in der eine signifikante Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei der Behandlung über 5,6 Jahre beobachtet wurde. Es wird empfohlen, Östrogen alleine bei Frauen nach Hysterektomie auf der Basis einer vorsichtigen Abwägung des Risikopotentials und des Nutzens für die Patientin anzuwenden. Stein, R. Deutsch-französisches Engagement für „Public Health“ „Vielleicht können wir die Entwicklung beschleunigen“ Berliner Ärzte 8 / 2007 / S. 15 - 17 Die Autorin berichtet über das zweite Auslandscolloquium des ehrwürdigen College de France mit der Charite und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Diskutiert wurden Themen aus dem Bereich Public Health und Prävention. Wie stellt man die oft irrational erscheinende Gesundheitspolitik auf eine vernünftige, möglichst wissenschaftlich untermauerte Grundlage? Was muss geschehen, damit die medizinische Versorgung auch in Zukunft bezahlbar bleibt? Wie bringt man die Leute dazu, die Ergebnisse der Präventionsforschung im täglichen Leben zu beherzigen? Welches Gewicht haben die vielen verschiedenen Faktoren, die Gesundheit und Krankheit beeinflussen? - Das waren Probleme auf dem Colloquium. Die Arbeit an den Lösungen kann nicht von den Ärzten allein geschultert werden. Die Medizin braucht Entlastung und Unterstützung durch andere Gesundheitswissenschaften, die zusammen den multidisziplinären Lehr- und Forschungsbereich Public Health bilden. Public Health ist die Wissenschaft und Praxis der Krankheitsverhütung, Lebensverlängerung und der Förderung psychischer und physischer Gesundheit durch bevölkerungsbezogene Maßnahmen. Während der Hauptgegenstand der Medizin die Krankheit des Individuums ist, geht es Public Health um die Gesundheit der Bevölkerung oder bestimmter Gruppen, zum Beispiel Fabrikarbeiter oder Mutter und Kind. Es gebe Überschneidungen mit der Medizin, für die aber Prävention leider oft ein Stiefkind ist, reduziert auf Früherkennung. Unter das Dach von Public Health gehört aber noch eine Fülle anderer Fächer. Neben der klassischen Seuchenhygiene, Sozialhygiene und Präventionsforschung unter biologischen, psychologischen und soziologischen Aspekten zählen dazu die von vielen Ärzten nicht gerade geliebten Disziplinen Epidemiologie und Biostatistik, Gesundheitsökonomie, Gesundheits- 130 systemforschung, Krankenhausmanagement und Versorgungsforschung. Auch Ingenieure, Architekten und Städteplaner können viel zu Public Health beitragen, wie dieses Colloquium zeigte. Dass wirtschaftliche Interessen häufige gesundheitliche Risikofaktoren sind, zeige sich auch am beim Kongress diskutierten Verhalten der Arzneimittelindustrie, die oft die erwünschten Wirkungen ihrer Produkte übertreibe und die unerwünschten herunterspiele; ebenso am Einfluss der Zigarettenlobby, der zeitweise tief in die Wissenschafts- und die Politikszene hineinreichte, gerade in Deutschland. - "Die Lobbies sind zu stark, und Public Health gibt es bei uns erst seit fünfzehn Jahren wieder", sagte die bisher einzige Lehrstuhlinhaberin der eben gegründeten "Berlin School of Public Health", Ulrike Maschewsky-Schneider, in der Diskussion. Steliarova-Foucher, E., Stiller, C., Kaatsch, P. et al.: / IARC Lyon Geological patterns and time trends of cancer incidence and survival among children and adolescents in Europe since 1970s (the ACCIS projekt) and epidemiological study. Lancet 2004, Bd. 364, S. 2097-2105 Die Autoren berichten über eine Studie aus 63 europäischen Krebsregistern. - Seit 1970 ist in Europa die Zahl der Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen angestiegen. Die Krebsrate stieg bei Kindern bis 14 Jahre in den vergangenen drei Jahrzehnten jedes Jahr um durchschnittlich l Prozent, bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren sogar um 1,5 Prozent. Die Autoren nehmen an, dass das Geburtsgewicht der Kinder eine Rolle spielen könnte, das ebenfalls im Laufe der letzten dreißig Jahre kontinuierlich angestiegen ist. Ihrer Meinung nach könnte Zusammenhang mit Infektionskrankheiten bestehen, der jedoch noch untersucht werden muss. Sie vermutet außerdem genetische Faktoren. Darauf deuten zumindest Erkenntnisse aus den USA hin. Stolze, C. Mit dem Gentaxi auf holprigen Wegen Noch sind grundlegende Probleme der Gentherapie gegen Krebs und Erbleiden ungelöst Berliner Zeitung, 24. 09.1997 Berichtet wird nach einer Pressekonferenz über einen "Durchbruch in der Gentherapie". Wissenschaftler der Hautklinik der Berliner Charite haben von einer "Trendwende" gesprochen. In einer kürzlich abgeschlossenen klinischen Studie hätten sich bei einem von 15 schwerkranken Patienten mit schwarzem Hautkrebs (Melanom) alle Metastasen komplett zurückgebildet. Doch das Verfahren muß sich erst noch an großen Patientengruppen bewähren. Bis dahin bleibt unklar, ob es auch anderen Patienten helfen kann. Zellforscher wie Michael Strauss von der Berliner Humboldt-Universität wollen mit Adenoviren beispielsweise Lebertumoren behandeln. Im Labor veränderte Adenoviren sollen dabei Gene in die Krebszellen transportieren. Dort sollen diese Gene eine Art Selbstmordprogramm auslösen, die sogenannte Apoptose. In Tierexperimenten fanden rund 90 Prozent der so präparierten Viren den Weg über die Blutbahn zur Leber. Problematisch ist allerdings, daß kein Vektor in der Lage ist, alle Tumorzellen zu erreichen. Viele Menschen verfügen über Abwehrkräfte gegen Adenoviren, weil einige dieser Zellpiraten als Erreger von Atemwegserkrankungen weit verbreitet sind. Immunzellen des Patienten können daher einen erfolgreichen Gentransfer häufig vernindern. Mit den bisherigen Verfahren lassen sich Gene also nur in wenige Zellen einbringen. Zudem bleiben sie dort nur für kurze Zeit aktiv. In der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" erläutern die amerikanischen Forscher, mit welchen Problemen die Gentherapie noch immer zu kämpfen hat. Eine "Achilles-Ferse der Gentherapie" ist nach Ansicht von Verma und Somia der Gentransfer, jener Schritt also, bei dem die Korrekturgene in das Erbmaterial (DNA) der jeweiligen Körperzellen eingeschleust werden sollen. Denn noch gibt es keine Transportvehikel für Gene, sogenannte Vektoren, mit denen sich bestimmte Erbanlagen in ausreichender Anzahl, zuverlässig und gezielt in eine vorher genau festgelegte Art von Körperzellen einbringen lassen. Selbst wenn solche Ersatzgene erfolgreich in bestimmte Zellen eingeschleust werden könnten, tun sie ihren Dienst, die Herstellung eines bestimmten Proteins, oft nur für kurze Zeit. Die Gründe dafür sind in den meisten Fällen unbekannt. Strauß, G. Die Coca-Cola Story online, 28.8.2006 Der Autor berichtet über die Erfolgsgeschichte von Coca-Cola. 1886 hat der Apotheker Dr. John S. Pemberton aus Atlanta/Georgia (USA), einen neuartigen Sirup aus der CocaPflanze und der Cola-Nuss hergestellt und Coca-Cola als Medizin gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit verkauft. In Deutschland wurde 1929 in Essen die erste Coca-Cola abgefüllt. 1933 wurden mehr als 100.000 Kisten CocaCola verkauft. 1940 werden in Deutschland durch den Krieg die Rohstoffe für Coca-Cola knapp. Es wurde ein neues Getränk auf Molkebasis erfunden und mit großem Erfolg verkauft: Fanta. 1942 wurde wegen Rohstoffmangel die Herstellung von Coca-Cola in Deutschland komplett eingestellt. Ab 1949 wird Coca-Cola auch in Deutschland wieder produziert. Bereits 1967 wurden in Deutschland mehr als 100 Millionen Kisten Coca-Cola verkauft. In den USA entschied 1941 der damaliger Präsident der "The Coca-Cola Company" Robert Woodruff: "Jeder Mann in US-Uniform bekommt eine Coca-Cola für 5 Cent, wo auch immer er sich befindet und was immer es kostet." Seit 131 1950 wird Coca-Cola in den USA für die Army erstmals in Dosen abgefüllt. Und ab 1955 erfolgte in den USA die Markteinführung eines neuen, größeren Flaschenformats. Heute ist Coca-Cola einer der meist getrunkenen Durstlöscher dieses Jahrhunderts. Weltweit werden täglich in 155 Ländern mehr als 270 Millionen Drinks getrunken. Teuscher, E., Lindequist, U. / Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Biogene Gifte - Biologie-Chemie-Pharmakologie Akademie-Verlag Berlin, 1988 Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Sie sind für Mensch und Tier giftig. Die Mehrzahl der Mykotoxine bildenden Pilze ist in der Klasse der Ascomycetes zu finden. Die Mykotoxinbildung auf Lebens- und Futtermitteln muß nicht mit gutem Pilzwachstum einhergehen. Sie wird durch sehr viele Faktoren bestimmt. - Die meisten Mykotoxinbildner haben ein Temperaturoptimum für das Wachstum von 20 - 25° C. Viele Schimmelpilze gedeihen zwar bei niedrigeren Temperaturen noch, bilden aber unterhalb von 10 - 15° C keine Mykotoxine mehr. Für ein gutes Wachstum ist nicht nur ein feuchtes Substrat, sondern meistens auch eine hohe relative Luftfeuchte notwendig. Pilze sind Aerobier. – Epidemiologische Untersuchungen machen deutlich, dass durch Mykotoxine verursachte Erkrankungen vor allem in unterentwickelten Ländern Asiens und Afrikas relativ häufig sind. Dazu tragen sicher das unzureichende Nahrungsangebot für große Teile der Bevölkerung dieser Länder und die für das Pilzwachstum günstigen klimatischen Bedingungen bei. In Mitteleuropa ist das Risiko wahrscheinlich wesentlich geringer. Schimmelpilz-befallene Futterund Nahrungsmittel, aber auch infizierte Arzneidrogen, sollten vernichtet werden. Spezifische Heilmittel für Mykotoxikosen gibt es nicht. Aflatoxine wirken hepatotoxisch und hepatokarzinogen. Die akuten Leberschädigungen sind charakterisiert durch Zerstörung der Hepatocyten und Gallengangsproliferation. Die karzinogene Wirkung resultiert aus einer Alkylierung der DNA durch die bei der Metabolisierung aus den Aflatoxinen gebildeten 2,3-Epoxide. Aflatoxin B1 ist das stärkste bisher bekannte Karzinogen natürlicher Herkunft. In pflanzlichen und tierischen Zellen bewirkt es Chromosomenaberrationen und Brüche der DNA, in einigen Bakterientestsystemen nach mikrosomaler Aktivierung Genmutationen. In hoher Konzentration kann es teratogene Effekte ausüben. Thielert, G. / Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen Aflatoxine in Erdnüssen - Inspektionsreise nach Ägypten 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin - Marienfelde, 03. bis 05. Juni 2002 Erdnüsse aus Ägypten wurden seit den Jahren 1998 und 1999 in großem Umfang untersucht. Sie waren auffällig oft und hoch mit Aflatoxinen belastet. Die vielen Meldungen veranlassten die EU-Kommision gegenüber Erdnüssen aus Ägypten einen Importstopp zu verhängen. Gegenüber den ägyptischen Behörden wurden Empfehlungen für Verbesserungen im Land ausgesprochen, damit zukünftig gewährleistet werden kann, dass eine Aflatoxin-Kontamination von Erdnüssen vermieden wird. Außerdem mussten alle zum Export freigegebenen Partien von den ägyptischen Behörden beprobt, untersucht und zertifiziert werden. Thomas, Dr. A; Kümmel, S; Sehouli, J; Lichtenegger, W / Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Berlin, Charité Aktuelle Diagnostik und Therapie des Zervixkarzinoms CME Praktische Fortbildung: Gynäkologie, Geburtsmedizin und Gynäkologische Endokrinologie, 3/2005 Epidemiologie des Zervixkarzinoms: Weltweit ist das invasive Zervixkarzinom die zweithäufigste Krebserkrankung unter den malignen Erkrankungen der Frau. Etwa 500.000 neu diagnostizierte Fälle werden jedes Jahr registriert. In Deutschland zeichnet sich seit Jahren sowohl eine rückläufige Inzidenzrate, mit z. Z. 12 -15 Neuerkrankungen auf 100.000/Jahr, als auch eine sinkende Letalitätsrate auf 6/100.000 ab. Die seit ca. 20 Jahren abnehmenden Erkrankungshäufigkeiten könne man u. a. mit der Einführung des Vorsorgescreenings erklären. Daraus resultiere ein Anstieg der Inzidenz für zervikale Präkanzerosen auf das 50- bis 100-fache, die für Deutschland bei ca. 1 % liegt. Das mittlere Erkrankungsalter von Frauen mit Zervixkarzinom liegt nach Beckmann bei 52 Jahren, so dass Frauen ungefähr 14 Jahre eher erkranken als vor 25 Jahren. Pathogenese: Das Zervixkarzinom zeigt alle Merkmale einer sexuell übertragbaren Erkrankung. Eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV),von denen insgesamt bisher über 100 verschiedene Genotypen identifiziert wurden, ist Voraussetzung für die maligne Transformation. Bei der Differenzierung der HPV-Viren sind die als High-riskTypen eingestuften Viren als Onkogene von zentraler Bedeutung. Hierbei wirken die viralen E6- und E7Onkoproteine als Auslöser der Transformation. Ganz entscheidend für die Karzinogenese sind sog. Kofaktoren wie frühe Kohabitation, häufiger Partnerwechsel, lokale Infektionen (z. B. Chlamydien, HSV-2), Multipara und langjährige Einnahme von Kontrazeptiva. Alle genannten Faktoren bedingen sich. Ferner zeigen sich Assoziationen mit verschiedenen anderen Tumoren wie Kaposi-Sarkom, Hodgkin-Lymphom und Analkarzinom. Der Immunstatus scheint ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entwicklung eines Zervixkarzinoms zu sein. Auch ein Nikotinabusus 132 erhöht das Risiko um etwa das 2- bis 4-fache. Etwa 80 - 85 % der Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome, 15 - 20 % Adenokarzinome. Thun, M.J. et al. / American Cancer Society, Atlanta GA 30329 Aspirin use and risk of fatal cancer Cancer Research (1993); 53, 1322-1327 Möglicherweise lassen sich durch ASS auch gastrointestinale Krazinome verhüten. In einer Gruppe von 635.000 Personen der amerikanischen Cancer-Präventions-Studie untersucht man seit 1982 prospektiv die Wirkung von ASS. Je häufiger und je länger die Probanden ASS eingenommen haben, desto niedriger lag die Mortalität bei gastrointestinalen Karzinomen. Auf das Vorkommen von Karzinomen anderer Organe hatte die ASS-Einnahme keinen Einfluß. Diskutiert wird ein Hemmeffekt auf das Tumorwachstum. Nicht erklärlich ist, warum in den USA das Magenkarzinom immer seltener, dagegen Pankreas- und Dickdarmkrebs immer häufiger beobachtet wird. Thun, M.M. Aspirin use and reduced risk of fatal colon cancer N.Engl.J.Med. 325(1991) 1593-1596 Nach epidemiologischen Untersuchungen wird Aspirin (ASS) und anderen antiinflamatorischen Medikamenten eine Schutzwirkung gegen das Auftreten des Colonkarzinoms zugesprochen. Mit zunehmender Einnahme von ASS kam es zu einem Rückgang der Mortalität. Bei Männern die mindestens ein Jahr 16 x im Monat ASS einnahmen sank das relative Risiko auf 0,6, bei Frauen auf 0,58. Der hierfür ursächliche Wirkungsmechanismus ist weiterhin unklar. Toepfer, I. und Petersen, K. / Institut für Toxikologie und Umwelthygiene, INTOX GmbH, c/o Universität Oldenburg Mykotoxine in Innenräumen - Nachweis im Staub 26. Mykotoxin-Workshop, 17.-19. Mai 2004, Herrschhing am Ammersee Zunehmend bereiten Schimmelpilze im Innenraum Probleme. Daher stellt sich die Frage, ob eine hohe Sporenbelastung der Raumluft neben den mykogenen Allergien und Mykosen auch Mykotoxikosen verursachen können. Es gibt bisher einzelne Fallstudien, in denen nachgewiesen wurde, dass die Exposition gegenüber extremer Sporenkonzentrationen in der Atemluft zu Mykotoxikosen führen können. Diese stark sporenhaltigen Stäube kommen z. B. bei der Müllverwertung und in landwirtschaftlichen Produktionsstätten vor. Bisher sind keine Werte ermittelt worden, ab welchen Konzentrationen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist. In einem Privathaus mit Lüftungsanlage, das sowohl auf Material als auch in der Luft keine Probleme hinsichtlich Schimmelpilzbefall aufwies, enthielt der Staub 20.000 KBE/g eines Vertreters der Aspergillus glaucus Gruppe und wies einen Ochratoxin A-Gehalt von bis zu 7,2 µg/kg auf. Es stellte sich die Frage, ob die orale Aufnahme von toxinhaltigem Staub besonders durch Kleinkinder zu Problemen führen kann. Kleinkinder bis 6 Jahre verschlucken durchschnittlich pro Tag 20 bis 100 mg, im ungünstigsten Fall sogar bis zu 500 mg Boden- und Hausstaub. In einem Privathaus mit Lüftungsanlage, das sowohl auf Material als auch in der Luft keine Probleme hinsichtlich Schimmelpilzbefall aufwies, enthielt der Staub 20.000 KBE/g eines Vertreters der Aspergillus glaucus Gruppe und wies einen Ochratoxin A-Gehalt von bis zu 7,2 µg/kg auf. Da nicht alle Konidien im Staub keimfähig sind, wurden auch Proben auf Toxine getestet, in denen keine lebensfähigen Toxinbildner entdeckt wurden. In einem feuchtebelasteten Privathaushalt konnten 4,4 µg/kg Ochratoxin A mittels ELISA im Staub nachgewiesen werden. Uebermuth, H. Prof. Dr. / Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Leipzig Spezielle Chirurgie Johann Ambrosius Barth-Verlag, Leipzig 1957 Der Chirurg beschreibt Beobachtungen hinsichtlich des Magenkarzinoms in der Mitte des vergangenen Jahrunderts: Von. allen Krebsleiden, die die Organe des Menschen betreffen, ist der Magenkrebs der häufigste; nach großen Statistiken betrifft jedes zweite Karzinom den Magen. Die Häufigkeit ergibt sich auch daraus, daß in Deutschland in einem Jahr, bezogen auf eine Bevölkerungszahl von 68 Millionen, 52.000 noch immer an Magenkrebs sterben. Hierbei werden Männer etwa dreimal häufiger als Frauen betroffen. Der Autor erklärt den Magenkrebs in den nordischen Ländern mit großem Fett- und Ölverbrauch, mit deren Neigung, heiße Speisen zu bevorzugen, zahlenmäßig sehr hoch anzutreffen ist, während nach statistischen Erhebungen Völker mit gleichmäßiger und naturgemäßer Ernährung (Reisesser) den Magenkrebs kaum kennen. In den gleichen Zusammenhang gehöre die Erfahrung, daß Angehörige der Gaststättengewerbe, Brauer und Kellner häufig magenkrebskrank werden, wobei auch der gewohnheitsgcmäße Genuß von Alkohol krebsauslösende, durch die Jahre sich summierende Reize setzt. Da auf dem Gebiet des Genusses und hinsichtlich mehr oder minder unphysiologischer Essensgewohnheiten die Männer den Frauen gegenüber beträchtlich schlechter abschneiden, 133 findet sich hierin die Erklärung des Überwiegens der Beteiligung der Männer an der Magenkrebskrankheit gegenüber den Frauen. Umweltbundesamt / Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder, Ausschuß Umwelthygiene Asbest - Baustoff, gesundheitliches Risiko Berichte 5/1991, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1991 Die Autoren beschreiben die gesundheitlichen Auswirkungen der Aufnahme von Asbestfasern. Sehr dünne Fasern gelangen bis in den Bereich der Lungenbläschen. Der überwiegende Teil der in der Lunge abgelagerten Asbestfasern wird durch den mukoziliaren Transport der Bronchialschleimhaut aus der Lunge herausbefördert. Es ist bekannt, daß eine Reihe von Faktoren diesen Transport beeinflussen kann. Dazu gehört in erster Linie das Rauchen, das anfangs zu einer Zunahme des Transports, später zu einer weitgehenden Störung dieses Schutzmechanismus führt. Es wird angegeben, dass das Rauchen zu einem 10-fach höheren Lungenkrebsrisiko führt. Bei beruflicher Asbestexposition erhöht sich das Erkrankungsrisko noch einmal um den Faktor 5. Ein durch Rauchen entstandener Lungenkrebs unterscheidet sich nicht von einem durch Asbest entsandenen. Das Vorliegen einer Asbestose ist für die Entstehung eines asbestbedingten Karzinoms nicht Bedingung. Volkmer, M. / Informationskreis KernEnergie Berlin Radioaktivität und Strahlenschutz Informationsschrift, Berlin, Januar 2004 Die gesamte mittlere effektive Dosis durch die natürliche Strahlenexposition beträgt in Deutschland 2,1 mSv/a. Die zivilisatorische Strahlenbelastung beträgt etwa 2 mSv/a und wird fast ausschließlich durch medizinische Anwendungen verursacht. Sie erfaßt auch die Belastungen durch Atomwaffentests, den Reaktorunfall in Tschernobyl, Belastungen bei Flugreisen, berufliche Expositionen, Kernkraftanlagen u.a. Insgesamt ergibt sich eine mittlere Belastung von rund 4,1 mSv/a mit einem typischen Wertebereich für exponierte Einzelpersonen zwischen 1 und 10 mSv/a für die natürliche Exposition und zwischen 0,1 und 20 mSv/a für die zivilisatorischen Belastungen. Die Belastung durch den Reaktorunfall in Tschernobyl wird für belastete Einzelpersonen in Deutschland mit 0,005 bis 0,04 mSv/a angegeben. van Gils, C. H.; Peeters, Petra H. M., Utrecht, Niederlande, und zahlreiche Coautoren und Institute Consumption of Vegetables and Fruits and Risk of Breast Cancer JAMA, Bd. 293, S. 183 Der Verzehr von Obst und Gemüse senkt nicht das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Das ergab eine aktuelle Auswertung der europaweiten Ernährungsstudie "EPIC". An der Teilstudie nahmen 286.000 Frauen zwischen 25 und 70 Jahren teil, darunter etwa 16.000 Frauen aus der Potsdamer Region. Die Frauen leben in acht europäischen Ländern. Die aktuellen Befunde stützen sich einerseits auf Befragungen zum Ernährungsverhalten in der Zeit zwischen 1992 und 1998 und andererseits auf die Zahl der von 1992 bis 2002 dokumentierten Brustkrebsneuerkrankungen bei den befragten Frauen. Wie sich zeigte, erkrankten die Frauen mit einem hohen Obst- und Gemüseverzehr ebenso häufig an Brustkrebs wie Frauen mit geringem Verzehr. Das Ergebnis bestätige nun abschließend, was man aufgrund früherer Studien bereits vermutet hatte. 134 Wagner, Prof. Dr. G. / Direktor des Instituts für Dokumentation, Information und Statistik des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (DKFZ) Epidemiologie des Krebses in: Klinische Onkologie; Herausgegeben von R. Gross und C. G. Schmidt; Georg-Thieme-Verlag, 1985 Bedeutung der Krebsepidemiologie: Der Krebs stellt zweifellos eines der bedeutsamsten sozial- und gesundheitspolitischen Probleme der heutigen Medizin dar. Als Todesursache steht die Gruppe der unter der Sammelbezeichnung „Krebs" zusammengefaßten bösartigen Blut- und Gewebsveränderungen nach den Herz-Kreislauf-Krankheiten an zweiter Stelle. Krebs forderte im Jahr 1981 in der Bundesrepublik Deutschland rund 435 Todesopfer pro Tag. Unter den insgesamt 722.192 Sterbefällen des Jahres 1981 waren 158.589 (= 22 %) Krebstote. Es läßt sich leicht berechnen, daß bei ungefähr gleichbleibender Krebssterblichkeit von den derzeitigen Bürgern der Bundesrepublik Deutschland 11-12 Millionen an Krebs sterben werden, rund ein Drittel darunter vor dem 60.Lebensjahr, d. h. in einem Alter, in dem sie noch jahrelang produktiv tätig sein könnten. Der Gegenstand der Epidemiologie ist die Erforschung von Krankheiten als Massenphänomen. Die Krebsepidemiologie ist entsprechend das Studium der Verbreitung der bösartigen Tumoren in der Bevölkerung sowie der für ihre Entstehung verantwortlich zu machenden Faktoren und Umstände. Wagner unterscheidet methodisch den deskriptiven Ansatz, den analytischen Ansatz und den experimentellen Ansatz. - Die Epidemiologie will keine Krankheiten heilen, schreibt er, sondern die Gesetzmäßigkeiten finden, unter denen Krankheiten auftreten, um daraus Strategien für deren Verhütung bzw. Bekämpfung zu entwickeln. Dabei geht sie von der Vorstellung aus, daß die meisten Krankheiten - wie auch der Krebs - nicht schicksalhaft vorbestimmt und unbeeinflußbar sind, sondern bestimmte Ursachen haben, die - einmal identifiziert - vermeidbar oder bekämpfbar sind. Wahrendorf, Prof. Dr. J. / DKFZ Heidelberg Stand und Perspektiven der Krebsepidemiologie In: Krebsforschung in der Bundesrepublik Deutschland, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart-Berlin-Köln, 1989 Wahrendorf berichtete über den Rückgang der Mortalität des Magenkarzinoms bei Männern und Frauen bereits seit Anfang der 1950er Jahre und über noch nicht veröffentlichte Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in Bayern. Er nennt für den gleichen Zeitraum auch einen Rückgang der Sterblichkeit der Gebärmutterkarzinome von 12 auf etwa 4 Sterbefälle je 100.000 Frauen. Die Sterblichkeit von Brustkrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs haben dagegen zugenommen. 135 Weinberg, Robert A.: Racing to the Beginning of the Road The Search for the Origin of Cancer - Krieg der Zellen - Krebs: Ursachenforschung und Heilungsmöglichkeiten Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., 1998 Prof. Dr. Robert A. Weinberg war Gründungsmitglied der renomierten Wheitehead Institute für biomedizinische Forschung und Lehrstuhlinhaber am Massachusetts Institute of Technology. Seine Arbeiten zur Krebsforschung begründen seine weltweite Anerkennung. Er war maßgeblich an der Entdeckung der sogenannten Onkogene beteiligt, die für die krankhaften Veränderungen in der Zelle verantwortlich sind. In seinem Buch, das 1996 in New York und 1998 in Deutschland erschien, stellt er den langen Weg der Krebsforschung und den Erkenntnisgewinn in den letzten Jahrzehnten bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts dar. Er schreibt: „Durch die Forschung der letzten 10 Jahre wurde das Rätsel Krebs in großen Teilen gelöst.“ - Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden spezialisierte Kliniken eingerichtet, um Krebspatienten von der Allgemeinheit fernzuhalten. Unter Quarantäne würde sich die Seuche bald von selbst erschöpfen. Diese Position ergab sich aus den bahnbrechenden Entdeckungen der Bakteriologie. Krebs stand anscheinend in einer Reihe mit Diphtherie, Cholera, Tuberkulose und Tollwut. - 1915 präsentierte Katsusaburo Yamagiwa, der einige Jahre bei Rudolf Virchow in Berlin studiert hatte, nach einer zwei Jahrzehnte lang dauernden Forschung, eine außerordentliche Entdeckung. Er hatte herausgefunden, wie man nach Belieben Tumoren entstehen lassen konnte. Er hatte Steinkohlenteerextrakte hergestellt und 3 Monate lang alle 2 - 3 Tage auf die Ohren von 137 Kaninchen aufgetragen. Nach einem Jahr fand er an den behandelten Stellen 7 invasive Karzinome. Nicht nachweisen konnte er damals, welche chemische Substanz aus dem Steinkohlenteercoctail die Karzinome verursachte. Yamagiwas Arbeiten stützten sich auf Berichte über die Londoner Schornsteinfeger. Was konnte zu deren Krebserkrankungen geführt haben? Möglicherweise blieben Rußflocken an ihrer Haut haften und führten irgendwie zum Skrotumkarzinom. - Weinberg beschreibt die Suche nach Tumorviren: Ein amerikanischer Epidemiologe, der sich mit den Krankengeschichten taiwanesischer Beamter beschäftigte, stellte fest, daß bei Patienten, die eine chronische Hepatitis-BInfektion aufwiesen, das Risiko, irgendwann im Leben an Leberkrebs zu erkranken, um das Hundertfache höher war als bei deren nichtinfizierten Kollegen. Britische Wissenschaftler stellten fest, daß das Epstein-Barr-Virus, ein entfernter Verwandter des weit verbreiteten bläschenbildenden Herpesvirus, statistisch eng mit dem Auftreten von Lymphomen bei afrikanischen Kindern und dem Auftreten von Nasenhöhlentumoren in Südostasien verknüpft war. Dann fanden deutsche Forscher weltweit einen Zusammenhang zwischen bestimmten Stämmen von Papillomviren und dem Auftreten von Gebärmutterhalskarzinomen. Das Zervikalkarzinom war bereits seit längerem als diejenige maligne Erkrankung des Menschen betrachtet worden, bei der man am ehesten mit der Übertragbarkeit von einer Person zur anderen rechnen konnte. Man wußte, daß Prostituierte diese Krankheit sehr häufig bekamen, Nonnen hingegen so gut wie nie. - Diese wenigen Zusammenhänge bildeten bei weitem noch keine Grundlage, um die große Masse der menschlichen Krebserkrankungen zu erklären - insbesondere nicht, was die westlichen Nationen betraf. Diese sporadischen Erfolge reichten nicht aus, dem amerikanische Krebsforschungsprogramm SVCP das Eisen am Ende doch noch aus dem Feuer zu holen. Und so gerieten DNA-Viren mit der Zeit genau wie die RNA-enthaltenden Retroviren als mögliche Urheber häufigerer menschlicher Tumoren allmählich in Vergessenheit. Bis 1970 brachte die Suche der Virologen „haufenweise gute Ideen aber nicht den Hauch eines Beweises, daß ihre Infektionen etwas mit menschlichen Krebserkrankungen zu tun haben könnten“. Die Entdeckung des Enzyms Reverse Transkriptase, das nur Retroviren eigen ist, war eine Grundlage für die weitere Suche nach menschlichen Krebsviren. Im Jahre 1975 waren sowohl RNA- als auch DNA-Viren als Ursache für die Entstehung der meisten menschlichen Tumoren ausgeschlossen. 136 - Bruce Ames hatte sich mit den Genen eines Bakteriums befaßt, das Paratyphus verursacht. Mitte der siebziger Jahre hatte er einen Test entworfen, der es ihm ermöglichte, die mutagenen Eigenschaften chemischer Substanzen zu messen. Er bestimmte deren Potential, in exponierter DNA Mutationen auszulösen. Bei verschiedenen Chemikalien bestehen gewaltige Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, in den Genen des Paratyphuserregers die Mutationen erzeugen zu können. Manche Verbindungen waren hoch wirksam und zeigten ihre mutagenen Effekte in Konzentrationen, die millionenfach unter jenen lagen, in denen man andere verabreichen mußte, um dieselbe Menge Mutationen zu erzeugen. Er erstellte eine lange Liste von Substanzen und ordnete jeder Verbindung eine genaue Position auf einer Mutagenitätsskala zu, die von extrem schwacher Wirkung bis zu millionenfach stärkeren Effekten reichte. Dabei stieß Ames auf eine eindrucksvolle Korrelation: Substanzen, von denen man wußte, daß sie in Labormäusen und ratten potente Karzinogene darstellten, erwiesen sich auch als äußerst wirksame Mutagene, Verbindungen mit schwacher oder kaum nachweisbarer krebserzeugender Wirkung fungierten als schwache Mutagene. Mit seinem Bakterientest war er imstande, die mutagenen Eigenschaften einer neuen Chemikalie statt in den bisher benötigten Wochen und Monaten kostengünstig in ein bis zwei Tagen zu testen. Eines der potentesten Mutagene war eine natürliche Verbindung, das von einem auf verdorbenen Erdnüssen und Getreide wachsenden Schimmelpilz gebildete Aflatoxin, das man zu jenem Zeitpunkt bereits als eine häufige Ursache für die Entstehung von Leberkrebs in Afrika im Verdacht hatte. Er fand heraus, daß Dioxin und Asbest die Fähigkeit abging, DNA zu schädigen. Andere Chemikalien waren eindeutig mutagen, zeigten aber nur ein sehr schwaches karzinogenes Potential. - Karzinogene wurden durch ihre mutagenen Eigenschaften in die Lage versetzt, Krebs zu erzeugen. Also muß es in Krebszellen mutierte Gene geben. Die Entstehung dieser mutierten Gene aber muß das Schlüsselereignis der Krebsentstehung, die Krankheitsursache also in der Mutation von Genen zu finden sein. Ein ausgeklügeltes Szenario: Chemische Karzinogene dringen in den Körper ein, schädigen ein Gen von entscheidender Bedeutung im Inneren einer Körperzelle, das dadurch zu einem mutierten, aktivierten, krebserzeugenden Gen wird. Dieses mutierte Gen erläßt dann einen Marschbefehl für die Zelle, die daraufhin zu wachsen beginnt. Nach Monaten oder Jahren bilden die Nachkommen dieser Zelle einen großen, immer weiter wachsenden Tumor, der letzten Endes Gewebe zerstören und den Krebspatienten sterben lassen wird. - Die Tumoren, die im Zusammenhang mit dem Rauchen stehen, haben in den USA um 1980 stark zugenommen. Erkrankungen von Lunge, Mund, Speiseröhre und Blase sind beträchtlich häufiger aufgetreten. Ende der 80er Jahre standen in Amerika 30 % aller Krebserkrankungen im Zusammenhang mit dem Rauchen. Ames hat nachgewiesen, daß im Urin von Rauchern massenhaft mutagene Stoffe ausgeschieden wurden. Eine interessante Bemerkung dazu machte Weinberg mit dem Hinweis auf die Wirkungen der mutagenen Stoffe: „In der Blase angelangt, hatten einige der mutagenen Moleküle es geschafft, in die innere Zellschicht der Blasenwand einzudringen. In diesen Zellen holten sie zum Schlag auf die DNA aus und trafen an Millionen verschiedener Stellen im Genom der Zelle die verschiedensten Sequenzen. In der Mehrzahl der Fälle endeten diese blinden, ziellosen Angriffe damit, daß ein verkrüppeltes Gen schließlich den Tod einer mutierten Zelle bewirkte. In sehr seltenen Fällen aber trafen sie den Jackpot, ein Gen, das etwas mit der Kontrolle des Zellwachstums zu tun hat, ein Proto-Onkogen. Das solchermaßen mutierte Gen - in diesem Falle das von uns entdeckte Blasenkrebsgen - würde dann die Zelle zum Wachstum veranlassen. Ihre Nachkommen würden dieses Muster erzwungenen Wachstums fortführen und innerhalb einiger Jahre einen Tumor von einem halben Zentimeter Durchmesser oder mehr erzeugen.“ Eine Antwort auf die Frage, welche Mutagene „blind und ziellos die Gene beschädigen“ und welche „den Jackpot trafen“, gab er damit jedoch nicht. Die Ursachen für die restlichen 70 % sind meist stark durch die Ernährungsgewohnheiten beeinflußt worden. Einige der potentesten Mutagene fanden sich in bei hohen Temperaturen gegartem rotem Fleisch. Umweltbelastungen scheinen im großen und ganzen folgenlos zu sein. Sie verursachen höchstens einige Prozent der Gesamtbelastung durch Krebs, eher weniger. Konservierungsstoffen wird der Anstieg der Magenkarzinome zugeordnet. Mit wenigen Ausnahmen scheinen diese Karzinogene natürlichen Ursprungs sein. Mutierte p53-Gene zeigten die Arten von Basenaustausch, die durch Einwirkung des Schimmelpilztoxins Aflatoxin entstehen. Das Fazit des Onkogenetikers: Auf die Frage nach dem Ergebnis der Forschungen stellt Weinberg fest, man habe eine Menge über die Entstehung von Krebs erfahren. Sie gebe den Forschern keine Rätsel mehr auf. Man werde in den nächsten Jahren noch viel dazulernen, aber habe die großen Antworten fest in der Hand. Den Weg zur Heilung haben wir noch nicht gefunden. Doch nach langer Zeit wissen wir, wo wir zu suchen haben. Es werde niemals eine einzige Heilmethode für alle Krebserkrankungen geben. Dutzende Therapien werden entsprechend nach den molekularen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Tumorzellen entwickelt. 137 Wahrendorf diskutiert den Forschungsbedarf in der Krebsepidemiologie: Für die erfolgversprechende Implementierung von Präventionsmaßnahmen ist es unabdingbar, daß unangreifbare epidemiologische Evidenz über die Wirkung eines Risikofaktors vorliegt. Unter solchen Gegebenheiten werden zum Beispiel von internationalen wie auch nationalen Gremien Chernikalien im Hinblick auf ihrer Humankarzinogenität endgültig eingestuft. Langwierige Verfahren zur Einstufung von krebserzeugenden Schadstoffen im beruflichen Umfeld sowie ungenügende Erfolge bei der Umsetzung des Wissens um den bestbekannten Krebsrisikofaktor, nämlich das Zigarettenrauchen, lassen die vorherrschenden Schwierigkeiten erkennen. - Ein kontinuierlicher Fluß an sachlichen Beiträgen zur epidemiologischen Krebsursachenforschung kann aber ein nützliches Klima der politischen wie auch individuellen Sensibilität zur Problematik der Krebsprävention aufbauen. Im eigenen Lande erarbeitete Forschungsresultate lassen sich zweifellos mit höherer Glaubwürdigkeit und Deutlichkeit in Präventionsmaßnahmen umsetzen als übertragene Einsichten aus der internationalen Literatur. Der Krebsepidemiologie gebührt daher ein hoher Stellenwert sowohl im wissenschaftlichen Bereich als auch im praktischen Bereich der Krebsbekämpfung. Otto Heinrich Warburg: Weiterentwicklung der zellphysiologischen Methoden, Georg Thieme Verlag Stuttgart 1962 Wallwiener, Prof. Dr. D. (Tübingen) /Herausgeber/ und Coautoren Gynäkologische Onkologie Schattauer Verlag, Stuttgart - Newe York, 2000 Das Zervixkarzinom war lange Zeit das häufigste Genitalkarzinom. Es wird heute zunehmend vom Korpuskarzinom übertroffen. Der Anteil des Zervixkarzinoms wird aktuell mit 20 - 30 % angegeben. Es treten Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome auf. Plattenepithelkarzinome zeigen eine Häufung in der Altersgruppe von 45 - 54 Jahren. 34 % der Betroffenen sind älter als 60 Jahre. Adenokarzinome treten meist ca. 5 Jahre später auf. Ursächlich wird ein Zusammenhang mit humanen Papillomaviren (HPV) gesehen. Als disponierend für die Karzinogenese werden frühe sexuelle Aktivität, Promiskuität, lokale Infektionen, schlechte Sexualhygiene der Partner, frühe Gravidität und Rauchen genannt. Wasgindt, V.; Czakainski, M.; Kinzelmann, T. und Pretzsch, G. / Informationskreis KernEnergie Der Reaktorunfall in Tschernobyl Informationsschrift, Berlin, Februar 2005 Die radioaktive Wolke zog in der Zeit vom 30. 4. bis 3. 5. 1986 über Deutschland. Es kam zu unterschiedlichen Stahlenbelastungen. Die höchsten Belastungen wurden südlich der Donau festgestellt. Addiert über 50 Jahre ergibt sich eine durchschnittliche zusätzliche Belastung von 0,7 mSv je Bundesbürger. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die zusätzliche Belastung durch den Reaktorunfall für die Bevölkerung in Deutschland bereits im ersten Jahr geringer war, als die jährlichen natürlichen Schwankungen der Strahlenbelastung (Mittelwert 2,1 mSv mit einer regionalen Schwankungsbreite zwischen 1 und 10 mSv). Über die gesamte Lebenszeit errechnet sich eine mittlere Belastung von 0,7 mSv bei einer mittleren natürlichen Belastung von (2,1 mSv im Jahr). - Unter der Annahme einer linearen Beziehung zwischen Strahlenbelastung und Krebsrisiko wird bei einer zusätzlichen Lebenszeitexposition von 1 mSv ein zusätzliches Krebssterblichkeitsrisiko von 0,05 % angegeben. Mit epidemiologisch-statistischen Methoden kann ein derartiger Effekt nicht nachgewiesen werden. Weis, PD Dr.med. M. und Schöffski, Prof. Dr. O. / Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Groß hadern, Ludwig-Maximilians-Universität München / Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Universität ErlangenNürnberg Künftig mehr Kompetenz in Prävention Präventionsmaßnahmen werden bei der Versorgung der Patienten einen immer größeren Stellenwert haben. Krankenhäuser sind für diese Art der gesundheitlichen Vorsorge besonders gut geeignet. Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 10 / 9. März 2007 / S. C-530 Die Autoren stellen fest: Ein beachtlicher Teil der Verbesserung des Gesundheitszustands und der Verlängerung der Lebenserwartung seit dem 19. Jahrhundert gehen weniger auf medizinisch-kurative Innovationen als auf wirtschaftliche und soziale Entwicklungen sowie Ernährungs-, Hygiene- und Bildungsfortschritte zurück. Der Beitrag der medizinisch-kurativen Versorgung zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation beläuft sich, je nach Modellansatz, methodischem Vorgehen und in Abhängigkeit vom Geschlecht, auf etwa 10 bis 40 Prozent. Bei konsequenter Umsetzung der Präventionsempfehlungen zu Tabakkonsum, Ernährung, Körpergewicht und körperlicher Aktivität könnte bereits etwa die Hälfte der atherosklerotischen Erkrankungen in Deutschland vermieden werden. Für die Zukunft sehen die Autoren das Ziel, durch eine optimierte Koordination und Kooperation von Gesundheitsförderung, Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege im Krankenhaus zu einem effektiveren und effizienteren Gesundheitssystem zu kommen. Qualifizierte "Spezialisten für Prävention und Gesundheitsförderung" müssen ausgebildet werden, um adäquate, wissenschaftlich gesicherte Konzepte entwickeln, umsetzen und evaluieren zu können. 138 Weißbach, Prof. Dr. L. und Bussar-Maatz, R. / Krankenhaus Am Urban, Berlin Hodentumoren in: Praxis der Urologie, Herausgegeben von Prof. Dr. D. Jocham und Prof. Dr. K. Miller / Universität Lübeck / Klinikum Steglitz / Georg Thieme Verlag Stuttgart * New York 1994 Der Hodentumor ist eine Erkrankung des jungen Mannes: Unter den malignen Neuerkrankungen der 20- bis 30jährigen in der ehemaligen DDR steht der Hodentumor mit 42 % an erster Stelle. Im nationalen Krebsregister der ehemaligen DDR wurde von 1956 bis 1973 eine Steigerung der Inzidenz von 1.5 auf 4.0/100.000 Männer festgestellt. Da auch international bis heute eine zunehmende Tendenz beobachtet wird. könnte man bei gleicher Steigerungsrate die heutige Inzidenz auf 6.5/100.000 Männer hochrechnen. Vermeintliche Risikofaktoren wie Leistenhernie, Trauma, Mumpsorchitis. Hodenatrophie lassen sich ebensowenig beweisen wie ein beruflich bedingtes Risiko. Die genetische Disposition ist nicht bewiesen. In den letzten Jahren häufen sich jedoch Literaturberichte aus dem Bereich der Grundlagenforschung, die Hinweise auf eine genetische Ursache liefern. Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, Kopenhagen Charles, R.H.G. / Leitender Medizinalbeamter im Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit London, UK Gemeinschaftsverpflegung durch zentrale Großküchen Regionale Veröffentlichungen der WGO, Europäische Schriftenreihe Nr. 15, 1986 Ein in den Vereinigten Staaten von Amerika weitverbreitetes Verfahren ist das Konzept von „kritischen Kontrollpunkten für die Risikoanalyse" (hazard analysis critical control point, HACCP). Aufgrund technischer Einzelheiten des Verarbeitungsprozesses oder der anschließenden Handhabung oder aufgrund des Nachweises des Verderbs oder von Fäulnis wird ein Lebensmittel oder eine Gruppe von Lebensmitteln als gefährlich eingestuft. Anschließend wird eine eingehende, systematische Untersuchung des gesamten Produktionsablaufs, der Verteilung und der Verwendung dieser Lebensmittel durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden analysiert, um festzustellen, wie und wo diese Gefährdungen entstehen, an welchen Punkten Kontrollen vorgenommen werden müssen und welche Kontroll- und Überwachungsverfahren an diesen Punkten anzuwenden sind. Dieses Verfahren wurde zwar zur Verhütung mikrobieller Kontaminationen entwickelt, doch läßt sich ein ähnliches Verfahren auch auf chemische Kontaminanten in Lebensmitteln anwenden. Wiehl, M. Gesundheitsrisiken durch Umweltbelastungen - Kongreßbericht von der "ärztewoche thüringen" Deutsches Ärzteblatt, 91 (1994) S. C-928 In einem Kongreßbericht von der "ärztewoche thüringen" in Weimar wird auf die Umweltbelastungen in der ehemaligen DDR hingewiesen. In Erfurt seien die SO2-Belastungen in der ungünstigen Talkessellage mit jahresdurchschnittlich 200 bis 400 Milligramm höher als im Ruhrgebiet gewesen. Jetzt seien die Werte noch hoch, aber durch Betriebsstillegungen und Betriebssanierungen deutlich verringert. Die großflächigen Umweltkontaminationen durch den Uranbergbau führten zu einer sehr ausführlichen Untersuchung der Strahlenexposition in den südlichen Bezirken der ehemaligen DDR. - Zwischen der Radon-Exposition und dem Erkrankungsrisiko für Krebsleiden wurde kein Zusammenhang gefunden. Willich, Prof. Dr. med. Stefan N., MPH MBA // Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie // Charite - Universitätsmedizin Berlin Gesundheitliche Wertschöpfung - Der Stellenwert der Prävention muss gestärkt und mit entsprechendem Ressourceneinsatz wissenschaftlich erprobt werden. Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 26 / 29. Juni 2007 / A - 1893 Der Autor äußert sich zu einer Publikation von Mühlhauser. Die Prävention habe in Deutschland im Vergleich zur kurativen Medizin einen verschwindend geringen Stellenwert. Nur weniger als ein Prozent der Gesamtausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung werden für die Primärprävention verwendet. Dieses krasse Missverhältnis sei die Folge von längerfristigen Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem, vor allem der hochentwickelten Möglichkeiten bei der akutmedizinischen Versorgung auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und des technologischen Fortschritts. Dazu komme, dass medizinische Bevölkerungsperspektiven nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland (zumindest im Westen) keine relevante Rolle spielten. Die wegweisenden epidemiologischen Studien des 20. Jahrhunderts wurden vor allem in den USA, Großbritannien und Skandinavien durchgeführt. - Willich hält eine sinnvolle Balance zwischen Prävention und kurativer Medizin für dringend notwendig. Präventive Maßnahmen seien durchaus in ihrer Wirksamkeit auch gut belegt, z. B. der protektive Nutzen körperlicher Aktivität, die Vorteile der Gewichtsnormalisierung bei Adipositas und der immense Benefit des Nichtrauchens. Der Autor geht davon aus, dass Prävention längerfristig sicherlich zu Gesamtkosteneinsparungen führen könne. Winkelmann, L. und Bosch, H. / Deutscher Brauer-Bund e.V. Screening von OTA und DON in deutschen Bieren von 1995 -2000 24. Mykotoxin-Workshop, Berlin-Marienfelde 2002 139 Seit Jahren beschäftigt sich der Deutsche Brauer-Bund mit den Ursachen für ein seit Jahrzehnten bekanntes Phänomen, das sich mit z. T. heftigem Überschäumen beim Öffnen einer Bierflasche äußert. Obwohl viele Ursachen hierfür verantwortlich sein können, hat sich herausgestellt, dass der Befall des Getreides mit Schimmelpilzen dabei eine große Rolle spielt. Aus diesem Grund und im Hinblick auf sich abzeichnende gesetzliche Regelungen sind seit 1995 jedes Jahr regelmäßig zusammengehörige Proben von Würze und Bier aus der laufenden Produktion auf Ochratoxin A und Deoxynivalenol (DON) untersucht worden Die Daten der Würze- und Bieranalysen ergeben Durchschnittswerte deutlich unter allen in der Diskussion stehenden, eventuellen Grenzwerten. Allerdings gäbe es einzelne erhöhte Werte, die sich bis zum Bier im Verlauf des normalen Produktionsprozesses absenken. Sie werden auf eine erhöhte Belastung im Malz zurückgeführt. - Die Daten zeigten eine z. T. vorhandene, aber geringe Kontamination des Bieres, die aus den Rohstoffen herrührt und nach seiner Einschätzung durch Maßnahmen im Produktionsprozess nicht beeinflusst werden kann. Die Festsetzung von Grenzwerten im Endprodukt wird von den Autoren nicht für sinnvoll gehalten. Winter, E., Kliesch, S., Souchon, R., de Wit, M. / Helios Kliniken Schwerin / Universitätsklinik Münster / Allgemeines Krankenhaus Hagen / Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg Diagnostik des Hodentumors Deutsches Ärzteblatt / Jg. 102 / Heft 44 / 14. November 2005 S. C 2399 Der Hodentumor wurde in den letzten zwei Jahrzehnten zm Beispiel eines heilbaren Tumors. Testikuläre maligne Keimzelltumoren betragen nur 1 % aller Neoplasien, sind jedoch mit 23 Prozent der bösartigen Neubildungen das häufigste Tumorleiden bei Männern bis zu einem Alter von 45 Jahren. Eine Ursache vermuten die Autoren in der Veränderung von Umweltfaktoren. Leitlinien ermöglichen eine wissenschaftlich abgesicherte Hilfestellung für ärztliche Entscheidungsprozesse und bieten eine valide Basis für nachhaltige Verbesserungen der Versorgungsqualität und der Therapieergebnisse sowie zur Minimierung von Behandlungsrisiken. Die Autoren sehen im kontralateralen Hodentumor, auch im Maldescensus und Kryptorchismus gesicherte Risikofaktoren. Auch das Auftreten von Hodentumoren bei erstgradig Verwandten stelle ein Risiko dar. Wolf, D.; Guth, S.; Kemény, M.; Eisenbrand, G. // Fachrichtung Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie, Technische Universität Kaiserslautern Aufgaben und Funktionen der "Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln" der Deutschen Forschungsgemeinschaft Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2004 - 47; S. 857 - 861 Die SKLM berät Behörden und Regierung in Fragen der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln unter Einschluss neuartiger und funktioneller Lebensmittel sowie von Inhalts- und Zusatzstoffen, aber auch zu Fragen der Bewertung neuartiger Lebensmitteltechnologien/Verfahren. Konkrete Themen ergeben sich aus Anfragen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz. Fragen von besonderer Bedeutung für den Verbraucherschutz werden von der Kommission auch direkt aufgegriffen. Die Kommission formuliert Bewertungen und Empfehlungen, welche die zu beratenden Stellen in die Lage versetzen, in eigener Verantwortung sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Aufgabe der Senatskommission ist die wissenschaftliche Bewertung von lebensmittelrelevanten Stoffen und Verfahren in Bezug auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit. Wolfram, Prof. Dr. med. G. / München, Freising-Weihenstephan Kommentar Aktuelle Ernährungsmedizin, Jg. 30, H. 5, Oktober 2005, S. 229 Der Autor äußert sich zu Publikationen und Meldungen über die neuesten Ernährungsstudien. Diese liegen im Zentrum der aktuellen Bemühungen um die Prävention von Krebs durch Ernährung. Durch die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Zufuhr von 650 g Gemüse und Obst pro Tag könne eine Reduktion der Krebsneuerkrankungen von 20 % bei Frauen und 30 % bei Männern erreicht werden. Die aktuellen Studien seien von renommierten Arbeitsgruppen durchgeführt und methodisch auf dem neuesten Stand. Ihre Ergebnisse sind aufgrund der durch sie erfassten geographischen Regionen und Bevölkerungsgruppen auch für Deutschland relevant. Eine der Besonderheiten der EPIC-Studie, die in 10 Ländern Europas durchgeführt wird, ist die hohe Variation in der Ernährungsweise der Teilnehmer. Die Auswertung zeige keine Assoziation zwischen dem Brustkrebsrisiko und dem Verzehr von Gemüse oder Obst. Eine mögliche Erklärung könnte darin bestehen, dass die Entstehung von Brustkrebs insbesondere hormonell beeinflusst ist - abzulesen an der Bedeutung reproduktiver Faktoren wie Kinderzahl, Stilldauer oder Alter bei der Menopause - und damit den direkten Einfluss der Ernährung bei Betrachtung des Verzehrs von Lebensmittelgruppen bei dieser Krebsart in den Hintergrund dränge. Es gäbe aber vermehrt Hinweise darauf, dass Ernährungsfaktoren, die den Hormonstoffwechsel beeinflussen, eine Rolle bei der Prävention von Brustkrebs zu kommt. Auch wenn das Ergebnis der o. g. Studie auf den ersten Blick enttäuschen mag, bestehe nach Einschätzung des Autors doch aus anderen Studien eine deutliche Evidenz dafür, dass der Verzehr von Gemüse und Obst vor Krebs in Mund, Pharynx, Larynx, Speiseröhre, Magen, Blase, Dickdarm und Lunge schützt. Die Studie aus den USA bestätige Befunde aus vorhergehenden Studien mit prospektivem Design, dass das Darmkrebsrisiko mit vermehrtem Verzehr von rotem Fleisch (Schwein, Rind, Schaf) und insbesondere Fleischprodukten / Wurst steigt. 140 Auch zwei Meta-Analysen kamen zu diesem Ergebnis. Die teilweise überzogenen Reaktionen in der Laienpresse mit einer Verallgemeinerung auf alle Krebserkrankungen bis hin zu einer generellen Infragestellung der Empfehlung von vermehrtem Verzehr von Gemüse und Obst sei nicht nachvollziehbar. Letztere stehe nach wie vor auf solider wissenschaftlicher Basis. Der Rat, mehr Gemüse und Obst zu essen und sich bei rotem Fleisch und Fleischwaren / Wurst zurückzuhalten, sei damit nicht vom Tisch. Diese Ernährungsweise bleibe wegen der gleichzeitigen Wirksamkeit gegen Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt und nach wie vor viele Krebsarten die Emährungsmaßnahme mit der größten präventiven Wirkung. Zimmermann, A. Mediziner-Treffen in der Märkischen Schweiz Diesmal Gesprächskreis zu Karzinomen der Luftwege in Buckow Märkische-Oder- Zeitung, 21. 08. 2003 Die Buckower Rehabililationsklinik Märkische Schweiz lädt in Zusammenarbeit mit der Berliner Charite, Ärzte an Krankenhäusern und niedergelassene Mediziner der Region inzwischen bereits zum fünften Mal zu ihrem BerlinBrandenburger Gesprächskreis ein. Mehr als 50 Mediziner werden erwartet, wenn es um aktuelle Trends auf dem Gebiet der Therapie, Anschlussheilbehandlung und Nachsorge von Karzinomen im Bereich der oberen, und unteren Luftwege geht. "Krebserkrankungen werden in diesem Jahrhundert hinsichtlich der Todesursache leider zur Volkskrankheit Nummer eins werden", sagt Prof. Dr. Michael Matthias, ärztlicher Leiter der Rehabilitationsklinik Märkische Schweiz in Buckow. Noch führten Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Liste der Haupttodesursachen an. Aus Sicht des Mediziners hänge die Krebshäufigkeit hauptsächlich mit der Zunahme des durchschnittlichen Lebensalters zusammen. Bei den Krebserkrankungen selbst sei der Lungenkrebs bei Männern heute die Haupttodesursache, bei den Frauen stünde dieser nach dem Brustkrebs bereits an zweiter Stelle. Matthias macht dafür vor allem den Tabakkonsum oft seit frühester Jugend verantwortlich. So seien nahezu 90 Prozent der Lungenkrebspatienten Raucher. Leider gebe es derzeit keine Reihenuntersuchungen als Vorsorgemaßnahme bei dieser Krebserkrankung. Mit den Röntgenuntersuchungen in der DDR sei Lungenkrebs damals zwar öfter diagnostiziert und dann auch operiert worden, die Heilungrate habe dadurch allerdings nicht verbessert werden können. Der fünfte Gesprächskreis richtet sich an HNO-Ärzte, Internisten, Chirurgen und Diagnostiker wie Radiologen und Pathologen sowie an Allgemeinmediziner in Berlin und Brandenburg. Zimmermann, C. und Weber, R. - Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Berlin Assessment of dietary intake of Patulin by the population of EU Member States Direktorate-General Health and Consumer Protection, Bericht, März 2002 Patulin hat antibiotische Eigenschaften. Als Höchstwert gilt in den EU-Mitgliedsstaaten 50 µg/kg in Österreich für Fruchtsäfte, in Finnland für alle Lebensmittel, in Frankreich, im Vereinigten Königreich, in Deutschland für Apfelsaft, in Italien für Fruchtsäfte, in Norwegen generell, in Schweden für Beeren und Produkte aus Beeren. zur Hausen, Prof. Dr. Dr. h.c. H. / Vorsitzender und Wissenschaftliches Mitglied des Stiftungsvorstandes des DKFZ Lösung des Krebsproblems in diesem Jahrhundert? Prognosen und Einschätzungen Krebsforschung heute, Berichte aus dem DKFZ, 2002 Das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts war in der Krebsforschung dominiert von der Entdeckung der genetischen Grundlagen der Krebserkrankungen. Die Identifizierung wachstumsstimulierender und -unterdrückender Gene und die Analyse der Regulation des Zellzyklus haben zum Verständnis der Krebsentstehung beigetragen. Weitgehend auf der Strecke geblieben sei bisher die Prävention, obwohl gerade hier eigentlich ein besonderer Schwerpunkt liegen müßte. Die Tabakprävention wird in Deutschlanmd immer noch zu wenig unterstützt. Hier könnten 40.000 bis 70.000 Krebstote jährlich vermieden werden. Viel Hoffnung wird auf die Vorbeugung von Krebserkrankungen gesetzt, die mit Infektionen in Verbindung stehen. Genannt wird HVB. Gegen den Gebärmutterhalskrebs werden in den kommenden Jahren Impfstoffe zur Verfügung stehen. Das National Cancer Institute der USA nennt fünf Hauptgebiete der künftigen wegweisenden Entwicklungen der Krebsforschung. Dies sind: Die Genomforschung und die Genetik, die molekulkare Epidemiologie, die Zellbiologie, die Immunbiologie und die Immuntherapie sowie die Bioinformatik. zur Hausen sieht die Prävention vor allem aus der Risikofaktorenerfassung, der Epidemiologie und nicht notwendigerweise aus der Genomforschung kommen. Zylka-Menhorn, V. Eine tickende Zeitbombe Die Auswirkungen einer Dioxin-Vergiftung stellen sich eher schleichend als akut ein. Deutsches Ärzteblatt / Jg. 101 / Heft 51-52 / 20. Dezember 2004 141 Im Zusammenhang mit der Dioxinvergiftung des Ukrainischen Oppositionsführers Juschtschenko diskutiert die Autorin über die Kanzerogenität der Dioxine. Sowohl tierexperimentelle Daten als auch epidemiologische Beobachtungen beim Menschen sprechen für eine krebserzeugende Wirkung von 2,3,7,8-TCDD. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) hat die Substanz 1997 in die Kategorie l ("carcinogenic to humans") eingestuft. Allerdings ist der krebserzeugende Mechanismus nicht geklärt. Möglicherweise löst Dioxin nicht selbst die Krankheit aus, sondern wirkt als Verstärker und Beschleuniger bei der Tumorbildung. Karzinome der Leber und der Bauchspeicheldrüse werden als Berufskrankheit anerkannt, falls Betroffene über Jahrzehnte mit dioxinhaltigen Substanzen in Berührung kamen. Zylka-Menhorn, V.; Koch, K. und Meyer, R. Hormontherapie: Konträre Einschätzungen Deutsches Ärzteblatt 2005, S. C 1830-1831 Die Women`s Health Studie über die posmenopausale Hormontherapie war vorzeitig abgebrochen worden, weil sie das Risiko um 26 % erhöht, an einem Mammakarzinom zu erkranken. Außerdem erhöhte die Hormontherapie das Erkrankungsrisiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte. Prof. Dietel, Pathologe an der Berliner Charitè, bezweifelt das karzinogene Potenzial. Die IARC hat hingegen kombinierte Östrogen-Gestagen-Kombinationen als "krebsverursachend" eingestuft. Den Risiken stehe eine protektive Wirkung vor Endometrium- und Ovarkarzinom gegenüber. Zylka-Menhorn, V. / Meyer, R. „Eine Kausalität lässt sich aus den Daten nicht sicher ableiten" Deutsches Ärzteblatt 2007 / S. C 16-17 Die Autorin berichtet über erste Meldungen über den Inzidenzrückgang der Brustkrebsinzidenz im Ergebnis der Verminderung der Hormonanwendungen in der Postmenopause: Auf dem 29. San Antonio Breast Cancer Meeting, gab der Biostatistiker Peter Ravdin vom M. D. Anderson Cancer Center in Houston/Texas bekannt, dass die Zahl der Brustkrebsneuerkrankungen in den USA um durchschnittlich sieben Prozent zurückgegangen ist. Auf der Basis der Meldungen an das Surveillance Epidemiology and End Results (SEER)-Register, welches vom US-National Cancer Institute betrieben wird, wurde die Brustkrebsinzidenz von 1990 bis Ende 2003 erfasst. Ravdin und Mitarbeiter beschränkten ihre Analyse auf neun Regionen des Landes; diese gelten als repräsentativ für die Vereinigten Staaten. - Anfang 2003 fiel die Kurve scharf ab - im ersten Halbjahr um sechs und im zweiten Halbjahr um neun Prozent, was einen Jahresdurchschnitt von sieben Prozent ausmacht. Rechne man diese Zahlen auf die gesamten USA hoch, traten 2003 etwa 14.000 weniger Brustkrebserkrankungen auf als 2002 (das entspricht 124 Fällen pro 100.000 Frauen in 2003 bei 134 Fällen pro 100.000 Frauen in 2002). Der stärkste Rückgang mit etwa zwölf Prozent wurde in der Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen mit Östrogenrezeptor-positiven Tumoren verzeichnet. - Noch 2000 hatten 30 Prozent der Frauen älter als 50 Jahre gegen Wechseljahresbeschwerden Hormonpräparate eingenommen; etwa die Hälfte von ihnen stoppte die Behandlung, als durch die WHI-Studie im Sommer 2002 ihre kanzerogenen und kardiovaskulären Risiken aufgedeckt wurden. In der Gruppe der hormonsensitiven Karzinome war der Rückgang der Neuerkrankungen am deutlichsten ausgeprägt. Den Skeptikern der Hypothese entgegnete er, dass sein Team auch andere Theorien für den Rückgang der Brustkrebsinzidenz geprüft habe. Nur der Rückgang in der Hormontherapie sei stark genug, um den statistischen Effekt zu erklären. Auch in Deutschland ist die kombinierten Östrogen-Gestagen-Präparate zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden zurückgegangen. Nach einem Bericht der Techniker-Krankenkasse hat sich das Verordnungsvolumen im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr etwa halbiert. Die Auswirkungen auf die Brustkrebsinzidenz in Deutschland lassen sich derzeit noch nicht beurteilen. Denn es existiert immer noch kein bundesweites Krebsregister. Die von den Krebsregistern der Länder nach unterschiedlichen Standards erhobenen Daten werden von der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (GEKID) zusammengeführt. Ihre letzte veröffentlichte Analyse beinhaltet die Auswertungen aus dem lahr 2002. Nach ersten Auswertungen der Krebsregister in Saarland und Schleswig-Holstein, die eine Million bzw. 2,8 Millionen Einwohner erfassen, sei die Brustkrebsinzidenz im Jahre 2004 gegenüber dem Vorjahr in allen Altersklassen um 9,2 Prozent zurückgegangen. In der Gruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen verzeichne man sogar einen Rückgang von 13 Prozent. - Ob ein Zusammenhang mit der postmenopausalen Hormontherapie besteht, versucht das Krebsregister Schleswig-Holstein anhand einer eigenen Studie zu eruieren. In diesem Bundesland wurden seit 2001 inzwischen 100 000 Frauen befragt, ob sie Hormone einnehmen. Katalinic sehe in den zu erwartenden Ergebnissen nur eine schwache Beweiskraft, aber sie seien Steine eines Mosaiks. Zylka-Menhorn, Dr. med. Vera / Ressortleiterin Medizinreport HTA-Bericht zur postmenopausalen Hormontherapie Alter Wein in neuen Schläuchen Deutsches Ärzteblatt / Jg. 104 / Heft 12 / 23. März 2007 / S. C-633 Die Autorin berichtet über die Veröffentlichung des HTA-Berichts (Health-Technology-Assessment(HTA)-Bericht 52) zur postmenopausalen Hormontherapie, den das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und 142 Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums publiziert hat. Der Bericht bestätigt einmal mehr "amtlich": Die Hormontherapie (HT) kann gesunden Frauen in der Postmenopause nicht zur primären Prävention von Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen werden, da die negativen Effekte nicht durch die positiven Effekte aufgewogen werden. Einem reduzierten Fraktur- und Darmkrebsrisiko steht ein erhöhtes Brustkrebs- und kardiovaskuläres Risiko gegenüber. Es bleibe dabei: Die Kombinationstherapie aus konjugierten equinen Östrogenen und Medroxyprogesteronazetat sollte nur nach Abwägung aller Nutzen und Risiken und dann nur kurzzeitig verordnet werden. Frauen bleibe es nicht erspart zu entscheiden, ob sie Risiken in Kauf nehmen wollen, wenn sie diese medikamentöse Behandlung wegen Hitzewallungen in Betracht ziehen, meinte Prof. Dr. med. Martina Dören (Charite, Berlin) gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Ein Diskussionshinweis entkräftet die wiederholte Kritik der HT-Befürworter, die US-Studien seien nicht repräsentativ für die Verhältnisse in Deutschland. Solange keine qualitativ guten Interventionsstudien für Deutschland das Gegenteil beweisen, sollte die Übertragbarkeit der amerikanischen Studienergebnisse auf deutsche Verhältnisse angenommen werden. Diese Bewertung wäre zum Zeitpunkt der "heißen" Diskussionen hilfreich gewesen. Auch ohne den HTA-Bericht habe sich das Stimmungsbild inzwischen gewandelt. Sind 1999 noch l,156 Milliarden definierte Tagesdosen zur postmenopausalen Hormontherapie verordnet worden, waren es im Jahre 2005 nur noch 483 Millionen. Wenn hilfsbereite Zellen bösartig werden Science, Bd. 306, S. 1568 / Berliner Zeitung, 1. 12. 2004 Magenkrebs entwickelt sich offenbar - anders als bisher angenommen - nicht aus Stammzellen der Magenschleimhaut sondern aus Stammzellen aus dem Knochenmark. Das haben Forscher der Universität of Massachusetts in Worcester in Tierversuchen an Mäusen herausgefunden. Seit Jahren sei bekannt, dass dem Magenkrebs fast immer eine chronische Entzündung durch Helicobacter pylori eine Rolle spielt. Durch die chronische Entzündung sterben die Stammzellen der Magenschleimhaut ab. Dafür wandern Stammzellen aus dem Knochenmark ein. Die Stamzellen wandeln sich in Schleimhautzellen um, wachsen allerdings unförmig und extrem schnell. Wie die Gerste sich gegen Mehltau schützt Uralte Genmutation ähnelt den Tricks heutiger Forscher Nature, Bd. 320, S. 887 / Berliner Zeitung, 19. 08. 2004 Nach einer Meldung der Berliner Zeitung haben Paul Schulze-Lefert und seine Kollegen vom Kölner Max-PlanckInstitut für Züchtungsforschung (MPIZ) herausgefunden, dass die Natur selbst Gene deaktiviert. Sie berichten im Wissenschaftsmagazin Nature (Nature, Bd. 320, S. 887), dass die Landwirtschaft seit Jahrtausenden von einem Gendefekt profitiert, durch den bestimmte Gerstensorten resistent gegen Mehltau-Pilze werden. Der Mehltau ist eine bei Getreide häufig auftretende Pilzerkrankung, die immer wieder zu beträchtlichen Ernte-Einbußen führt. Eine Ursache dafür liegt im so genannten MLO-Gen, das die Bauanleitung für ein Protein enthält, welches die pflanzliche Abwehr gegen den Pilz unterdrückt. Wird das MLO-Gen blockiert, so kann sich die Gerste gegen den Mehltau-Pilz wehren. Eine Mutation mit eben dieser Wirkung ist offenbar bei einer frühen Gerstensorte aus Äthiopien aufgetreten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Resistenz mit klassischen Züchtungsmethoden in neue Gerstensorten eingekreuzt. In vielen modernen pilzresistenten Gerstensorten ist das MLO-Gen komplett vorhanden gleichfalls jedoch eine verstümmelte Variante des gleichen Gens (mlo). Diese lenkt die Proteinfabrik in den Zellen der Gerste davon ab, den kompletten MLO-Gencode auszulesen und stört so die Funktion des MLO-Gens. Dadurch kann sich die Gerste gegen den Pilz wehren. Beim Vergleich der Erbgutsequenzen verschiedener Zucht- und Wildtypen der Gerste zeigte sich, dass die Kombination von MLO- und mlo-Genabschnitten nur bei Pflanzen zu finden ist, die vom Menschen kultiviert wurden. Daraus schließen die Forscher, dass die Mutation erstmals auftrat, nachdem Gerste gezielt für Nahrungs-zwecke angebaut wurde. Unklar sei, ob die ersten Bauern im äthiopischen Hochland die pilzresistente Gerste bereits bewusst gezüchtet haben. Bis zu 4.000 Tote nach Katastrophe von Tschernobyl Vereinte Nationen ziehen eine ausführliche Bilanz Berliner Zeitung, 7. 09. 2005 A. Brüning berichtet von einer Konferenz des Tschernobyl-Forums am 5./ 6. 09. 2005 in Wien: Das Unglück im Kernkraftwerk Tschernobyl wird nach neuesten Erkenntnissen weitaus weniger Opfer fordern als ursprünglich befürchtet. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Tschernobyl-Forums aus Vertretern von acht UNOrganisationen sowie den Regierungen von Weißrussland, Russland und der Ukraine hervor. Bislang starben dem Bericht zufolge etwa 50 Menschen an einem akuten Strahlensyndrom. Die Zahl der Todesopfer werde in den kommenden Jahren aber noch stark steigen und 4 000 erreichen. Kurz nach dem Unglück hatten Experten noch mit mehreren hunderttausend Toten gerechnet. Am Tag der Unglücks wurden etwa tausend Menschen verstrahlt, vor allem Arbeiter des Kraftwerks und Rettungskräfte. In den ersten beiden Jahren nach der Katastrophe waren weitere 200.000 Menschen starker Radioaktivität ausgesetzt. Etwa 2.200 von ihnen werden in den kommenden Jahren an Krebs als Folge der Strahlung sterben. Außerdem lassen sich 4 000 Fälle von Schilddrüsenkrebs auf den Unfall zurückführen. Betroffen sind vor allem Kinder und Jugendliche; neun sind bereits an der Krankheit gestorben. Die meisten Patienten werden die Erkrankung überleben, denn sie lässt sich inzwischen gut behandeln und führt nur noch in einem Prozent der Fälle zum Tod. "Die Mehrheit der Hilfskräfte und fünf Millionen Einwohner in der 143 kontaminierten Region war jedoch nur einer relativ geringen Strahlendosis ausgesetzt", betont Surton Bennett, der Vorsitzende des Tschernobyl-Forums. Langfristiges Krebsrisiko durch DDR-Uranbergbau Berliner Zeitung, 18. 10. 2006 dpa meldet, das Lungenkrebsrisiko ehemaliger Bergarbeiter aus den Uranbergbau der DDR sei bis heute deutlich erhöht. Das hat die weltweit größte Studie zu diesem Thema ergeben, die ein Team um Bernd Grosche vom Bundesamt für Strahlenschutz im British Journal of Cancer veröffentlicht hat. Die Forscher untersuchten 59.000 Mitarbeiter der Wismut AG, die zwischen 1946 und 1998 im Erzgebirge und in Thüringen beschäftigt waren. Davon starben während der Studie 2.388 an Lungenkrebs. Das Krebsrisiko nehme langsamer ab als erwartet. Insgesamt rechnen die Autoren der Studie mit rund 7.000 Lungenkrebstoten. Hunde spüren Krebserkrankungen im Atem auf Leben? Leben! Offizielles Magazin der Frauenselbsthilfe nach Krebs e. V. Nr. 1/2006 Auf der Suche nach zuverlässigen Methoden für die Früherkennung von Krebs entdeckten Forscher, dass Krebszellen flüchtige organische Verbindungen bilden, die in vielen Fällen mit dem Atem ausgeschieden werden. Bereits seit einigen Jahren gibt es Berichte darüber, dass Hunde eben diese Substanzen aufspüren können. Wie frühere Studien zeigten, konnten sie z. B. Hautkrebs erschnüffeln und Blasenkrebspatienten am Urin identifizieren. Ein amerikanisch-polnisches Forscherteam testete nun, ob Hunde Lungen- oder Brustkrebs am Atem erkennen können. Dazu ließen sie 55 Lungenkrebs- und 31 Brustkrebspatienten sowie 83 gesunde Kontrollprobanden mehrmals durch ein Röhrchen atmen und anschließend fünf zuvor trainierte Hunde an diesen Proben schnüffeln. Die Hunde erkannten die Proben der Krebspatienten problemlos und mit hoher Zuverlässigkeit. Die Forscher wollen nun die Substanzen genauer bestimmen, auf die die Hunde reagiert haben. Ihrer Ansicht nach könnte möglicherweise die "Schnüffeldiagnose" künftig die herkömmlichen Früherkennungsmethoden ergänzen. Uhlhaas, Christoph Aus der Puste / Eine elektronische Nase erkennt Krankheiten anhand der Atemluft. Das Gerät liefert Hinweise auf Krebs und Bakterieninfektionen. Berliner Zeitung, 4. 1. 2008 Fünf Hunde sorgten im vergangenen Jahr an einer Klinik im kalifornischen Marin County für Aufsehen, weil sie Brust- und Lungenkrebsleiden zuverlässig in Atemluftproben erschnüffelten. Ähnliches leistet ein Gerät, das Jörg Ingo Baumbach und seine Kollegen vom Dortmunder Institute for Analytical Sciences der Leibniz Gemeinschaft entwickeln. Es ermittelt die chemische Zusammensetzung der Atemluft und macht so die Spuren von Krankheiten wie Krebs, Lungeninfektionen und Diabetes sichtbar. - Ähnlich wie bei Alkoholkontrollen pustet der Patient einfach in das Gerät. Binnen einer Minute soll der Arzt einen Ausdruck erhalten, der die Zusammensetzung der Atemprobe anzeigt. Je nachdem welche von den mehr als 600 infrage kommenden chemischen Verbindungen in welcher Menge enthalten ist, lässt sich auf Krankheiten schließen. - Jede Zelle des Körpers produziert chemische Verbindungen, die bei ihrem Stoffwechsel anfallen. Einige davon gelangen in die Atemluft. Bei Krebserkrankungen und Infektionen ändert sich der Stoffwechsel und damit auch der Atemluft-Mix. Krebserkrankungen oder Infektionen der Atemwege hinterlassen komplexere Muster. Wie sie zu interpretieren sind, versuchen die Dortmunder Forscher zurzeit herauszufinden. - Den chemischen Fingerabdruck von Lungenkrebs kennt Baumbachs Team bereits: Er ist an einem Muster aus 25 chemischen Verbindungen in der Atemluft zu erkennen. Die elektronische Nase ist in der Lage, die Erkrankung zuverlässig zu erkennen, wie sich in einem ersten Praxistest in der Lungenklinik der westfälischen Kleinstadt Hemer zeigte. 90 Probanden gaben eine Atemprobe ab, 36 von ihnen hatten Krebs. Durch die Analyse wurden immerhin 35 der Patienten erkannt. Tetravalenter Impfstoff gegen humane Papillomviren Ist das Zervixkarzinom langfristig passè? Onkologie heute, Sonderdruck, Mai 2006 Die Zeitschrift erichtet wird vom 27. Deutschen Krebskongress in Berlin: PD Dr. Monika Hampl, Düsseldorf, sprach auf dem Kongress von einer großen klinischen Relevanz der HPVlmpfung. Bei den HP-Viren handele es sich um Viren, die weltweit verbreitet sind, streng wirtspezifisch reagieren und beim Menschen verschiedene Infektionen vor allem im Bereich der Haut und der Schleimhäute verursachen können. Das Genom der DNA-Viren setzt sich aus den so genannten "early genes" E1 bis E7 und den "late genes" L1 und L2 sowie der Kontrollregion zusammen. Das Zervixkarzinom sei in Europa nach dem Brustkrebs der zweithäufigste bösartige Tumor bei jungen Frauen. In Deutschland kommt es jährlich im Mittel zu 6.500 Neuerkrankungen. Die Sterblichkeit liege nach Angaben von Professor Dr. Matthias Beckmann, Erlangen, hierzulande bei 32 %, jährlich sterben damit in Deutschland rund 2.000 Frauen infolge eines Gebärmutterhalskrebses. Für Anfang des Jahres 2007 wird die Zulassung des tetravalenten HPV-Impfstoffs Gardasil® erwartet. Bei konsequenter Impfung Jugendlicher vor der Aufnahme des Sexuallebens könnte der Impfstoff zu einem drastischen Rückgang des Zervixkarzinoms führen. 144 Bekannt seien bisher ca. 120 verschiedene HPV-Typen, von denen HPV 16 und 18 für mehr als 70 % der Zervixkarzinome verantwortlich gemacht werden. Die beiden Virus-Typen seien außerdem mit Karzinomen der Vulva, der Vagina, des Anus und des Penis assoziiert. Vor allem HPV 16 sei nach Hampl für einen erheblichen Prozentsatz der Fälle eines Vulvakarzinoms und dessen Vorstufen verantwortlich. Die Prävalenz der HPV-Infektion in der Bevölkerung sei allgemein hoch: Man könne davon ausgehen, dass 70 % der Menschen im Laufe ihres Lebens eine HPV-Infektion durchmachen. Jährlich werden nach ihrer Einschätzung in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Frauen mit dem Virus infiziert, doch die überwiegende Mehrzahl der Infektionen verläuft folgenlos. Rund 500.000 der infizierten Frauen entwickeln eine niedriggradige Zervixläsion (CIN, zervikale intraepitheliale Neoplasie), wobei diese in wiederum in rund 22.000 Fällen in eine höhergradige CIN (CIN 2/3) und in ein Zervixkarzinom übergehe. Die Inzidenz gutartig verlaufender Infektionen sei damit sehr hoch, die Inzidenz des Zervixkarzinoms dagegen vergleichsweise niedrig. Die geschätzte Inzidenz von Genitalwarzen liege bei 1 % - 2 %. Davon würden 90 % von den HPV-Typen 6 und 11 verursacht. Teurer Hoffnungsträger Krebsimpfung: Eine Spritze schützt vor Gebärmutterhalskrebs. Doch hohe Kosten und Impfmüdigkeit gefährden den Erfolg Apotheken-Umschau / 15. 4. 2007 Die Zeitschrift berichtet zur HPV-Impfung: Seit vergangenem Herbst ist der erste Impfstoff zugelassen, der zweite steht kurz vor der Freigabe. Nun fragen sich Experten, ob unser Gesundheitssystem das teure Schutzprogramm schultern kann. Seit mehr als fünf Jahren erforschen Wissenschaftler Nutzen und Sicherheit des neuen Impfstoffs. „Die Studienergebnisse sehen sehr gut aus“, berichtet Prof. zur Hausen, der vor 30 Jahren erstmals eine Virusinfektion als Tumorursache entdeckte. Er gehe davon aus, dass bis zu 80 % der Gebärmutterhalskrebserkrankungen verhütet werden können. In der Regel zahlen Krankenkassen eine Impfung dann, wenn sie von der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut empfohlen wird. Deren Entscheidung war bei Redaktionsschluss noch nicht gefallen, doch schon jetzt erstatten etliche Kassen die Kosten. Bei einem positiven Stiko-Votum werden andere nachziehen. Dann rollt eine Kostenlawine auf das deutsche Gesundheitssystem zu. Bei rund 480 Euro liegt der Preis für die dreimalige Injektion. Sie ist damit die teuerste Impfung, die je zum Einsatz kam. So schätzt Prof. G. Glaeske, Universität Bremen, dass jeder dadurch vermiedene Todesfall 150.000 bis 200.000 Euro Kosten verursacht, jeder verhinderte Krankheitsfall 50.000 Euro. /* Der Bundesverband der AOK hofft, dass der Preis noch sinkt, zum Beispiel durch veränderte Packungsgrößen und wenn sich ab dem Sommer die Impfstoffe von zwei Herstellern Konkurrenz machen. Die Techniker Krankenkasse (TK) sieht die finanzielle Mehrbelastung gelassen. Man gehe davon aus, dass die Impfung nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Ausgaben verhindert. Tausenden Frauen blieben langwierige Therapien wegen des Tumors und seiner Vorstufen erspart. Die Herstellerfirma Sanofi Pasteur MSD rechtfertigt den Preis mit hohen Entwicklungskosten. Etwa 800 Millionen Euro habe man in das Projekt gesteckt. Forscher befürchten jedoch, dass die Impfung wegen der Kosten nur zögernd eingeführt wird und für ärmere Länder unerschwinglich bleibt. Es sei notwendig, so Harald zur Hausen, dass der Preis sinkt und dass auch neue, preiswertere Impfstoffe entwickelt werden. Doch selbst wenn die Gesellschaft beschließt, die Kosten zu tragen, sei der Erfolg nicht gesichert. Denn die Deutschen gelten als impfmüde. Laut Stiko haben schon jetzt lediglich 25 Prozent der Jugendlichen bis 18 Jahre alle empfohlenen Schutzspritzen erhalten. Nur wenn sich mindestens 60 Prozent der Kinder impfen lassen, könne der Gebärmutterhalskrebs in einigen Generationen nahezu verschwinden. Dr. M. Wojcinski vom Bundesverbandes der Frauenärzte, ist dagegen zuversichtlich. Wir haben die Kinderlähmung besiegt, Masern, Mumps und die Röteln zurückgedrängt. Wenn wir es richtig angehen, könne das auch mit dem Gebärmutterhalskrebs gelingen. /* Anmerkung: Allein die vollständige Impfung der mit der Empfehlung der STIKO zur Impfung aufgerufenen ersten sechs Geburtsjahrgänge – mehr als 2,4 Millionen Mädchen im Ater von 12 bis 17 Jahren – würde angesichts der hohen Impfkosten etwa 1,2 Milliarden € verschlingen. Für jeden weiteren Geburtsjahrgang ergeben sich für die vollständige Impfung Kosten in Höhe von etwa 200 Millionen €. 145 Nachgetragen: Zur HPV-Impfung Das Deutsche Ärzteblatt veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 7. 1. 2008 die Diskussionsbeiträge zum Beitrag Humanpathogene Papillomviren und Zervixkarzinonm von Löning und Coautoren. Die Diskussion wird an dieser Stelle im Anhang ergänzt. Die Beiträge stützen die in der epidemiologischen Einschätzung getroffenen Feststellungen. Löning, M., Gissmann, L., Diedrich, K., Friese, K., Kreienberg, R., Hillemanns, P. Humanpathogene Papillomviren und Zervixkarzinom Entwicklung und derzeitiger Stand der ersten Impfstoffe gegen humanpathogene Papillomviren Deutsches Ärzteblatt / 2007 / 104 / Nr. 41 / S. C 2404-2408 Die Autoren publizieren eine Übersichtsarbeit auf der Basis einer selektiven Literaturübersicht: Nachdem in den 1970er Jahren Harald zur Hausen die humanpathogenen Papillomviren (HPV) als verantwortlich für die Entstehung von zervikalen Neoplasien und Zervixkarzinom postulierte, bestätigten dies experimentelle Untersuchungen durch die Identifikation der HPV-high-risk-Typen 16 und 18 in 70 % der Zervixkarzinome. Erste epidemiologische Studien in den 1980er Jahren stellten 1992 die Assoziation zwischen HPV und invasiven Zervixkarzinomen sicher. Die Autoren gehen davon aus, dass 70 % der Zervixkarzinome durch die HPV-Typen 16 und 18 verursacht werden. Die gentechnische Herstellung sogenannter "virus-like particles" (VLP), die aus den nukleinsäurefreien, nicht infektiösen Virushüllen besteht, gelang Anfang der 1990er-Jahre. Diese VLPs wurden dann als Impfstoff entwickelt. Nach Zulassung des tetravalenten Impfstoffs in den USA im Juni 2006 folgte die Zulassung für Europa im September 2006. Die STIKO gab ihre Empfehlung Anfang März 2007. Die Zulassung des bivalenten Impfstoffs durch die EMEA erfolgte im September 2007. Alle kürzlich publizierten Studien weisen auf die hohe Effektivität der bivalenten und tetravalenten Impfstoffe in der Prävention von zervikalen intraepithelialen Neoplasien hin. Die Wirksamkeit der Impfstoffe zeige ebenfalls hohe Effektivität bei HPV-assozierten Präneoplasien der Vulva, Vagina und des Anus. Der bisher in den publizierten Studien dokumentierte Impfschutz liege bei mindestens 5 Jahren. Die höchste Effektivität der Impfung werde bei nicht infizierten jungen Menschen zu erwarten sein. In Deutschland hat die Ständige Impfkommission (STIKO) im März 2007 die Impfung von 12- bis 17-jährigen Mädchen empfohlen. Langfristig würde mit einer Senkung der Gebärmutterhalskrebsrate gerechnet, mittelfristig schon mit einer Reduktion der sehr viel häufiger vorkommenden Krebsvorstufen (CIN). Der Nutzen für Deutschland werde in erster Linie in einer deutlichen Reduktion der beim Screening entdeckten auffälligen Abstriche mit den darauf folgenden notwendigen Maßnahmen für Abklärung, Behandlung und Follow-up liegen. Die Einführung der Impfung könnte bereits in wenigen Jahren kosteneffizient sein. Von vielen Krankenkassen erfolgte die Übernahme der Kosten, etwa 500 Euro für eine komplette Impfung, bereits vor der STIKO-Empfehlung. Eine hohe Durchimpfungsrate wird vorausgesetzt. Auch nach Einführung der HPV-Impfung blieben viele Fragen offen (HPV-Typen-Replacement, Durchbruchsinfektionen, protektiver Antikörpertiter, Dauer des Impfschutzes), die sich nur in populationsbasierten Studien klären lassen. Das Früherkennungsprogramm des Zervixkarzinoms bleibe trotz Impfung weiterhin notwendig und müsse optimiert werden. Diskussion Hirte, Dr. med. M.; Rabe, Dr. med. S.; Schmidt-Troschke, Dr. med. S. / "Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V." Herdecke Geringe Wirksamkeit Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 22 Hirte und Coautoren verweisen auf internationale Studien, die eine wesentlich geringere Wirksamkeit bescheinigen als in dem euphorischen Artikel von Löning und Coautoren. In einem Leitartikel des New England Journal of Medicine wurde die Wirkung der HPV-Impfung als bescheiden bezeichnet; ein Nutzen der Impfung für das Gesundheitswesen sei nur im allergünstigsten Fall zu erwarten. Demgegenüber stehe die über 90-prozentige Wirksamkeit der nebenwirkungsfreien Krebsvorsorgeuntersuchung. Sie kommen zu dem Schluß: Wer sich impfen lässt, muss dennoch zur Vorsorgeuntersuchung, wer zur Vorsorguntersuchung geht, braucht keine Impfung. Bevor ein Impfprogramm eingeführt wird, das durch seine exorbitanten Kosten die Beiträge zu den Gesetzlichen Krankenkassen um bis zu 0,1 % anheben könnte, müssen in einem "Health Technology Assessment" Kosten, Nutzen und Sicherheit mit anderen Maßnahmen zur Krebsprävention verglichen werden, etwa mit AntiRaucherkampagnen oder Aufklärungsprogrammen zu gesunder Lebensführung und Krebsvorsorge. 146 Dören, Prof. Dr. med. M. / Professur Frauenforschung und Osteologie / Charitè - Universitätsmedizin Berlin Nutzen nicht erwiesen Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 22 Die "geballte Ladung" von Zahlen verstellt den Blick auf die Tatsache, dass nur bei einer Minderheit aller Frauen l bis 2 Jahre nach einer Infektion mit dem Human Papilloma-Virus noch HPV-DNA nachweisbar ist. Etwa 70 % aller Frauen sollen sich im Laufe des Lebens mit HPV-Viren Studien zufolge, die außerhalb Deutschlands durchgeführt wurden, infizieren. Daten zur Seroprävalenz von HPV-Infektionen und HPV-DNA-Nachweisen liegen in Deutschland nicht vor. Eine nicht weiter bezifferbare, aber wohl Minderheit von Mädchen/Frauen in Deutschland habe eine persistierende HPV-Infektion, was zu Gebärmutterhalskrebs führen kann, aber nicht muss. Die Professorin verweist daraf, der Nutzen der Impfung sei derzeit nicht bekannt, er könnte sehr bescheiden bis nicht nachweisbar sein. Eine HPV-Impfung ersetzt sicher nicht eine - verbesserungswürdige - Krebsfrüherkennung. Sie bezweifelt die Zweckmäßigkeit der Verwendung der Mittel für die Impfung und fragt sich: „Kann das Geld einer Gesellschaft, die sich Prävention auf die Fahnen schreibt nicht besser angelegt werden, als Minderjährige mit Maßnahmen und Informationen zu konfrontieren, deren Einfluss perspektivisch derzeit kaum abschätzbar ist?“ Wenderlein, Prof. Dr. med. J. Matthias / Universitätsfrauenklinik Ulm Kostenfaktor diskutieren Deutsches Ärzteblatt / Jg. 105 / Heft 1-2 / 7. Januar 2008 / S. 23 Wenderlein fordert, den Kostenfaktor zu diskutieren. In der weiblichen Bevölkerung gibt es in Deutschland 2,5 Millionen 12- bis 17-Jährige. Die Impfstoffkosten lägen initial für diese Gruppe bei 1,25 Milliarden Euro (derzeit je 500 Euro - ohne Kosten der Durchführung). Hinzu kämen Wiederholungsimpfungen nach 5 Jahren (evtuell nach 10 Jahren?). Pro Jahr kommen circa 380.000 Mädchen nach, die das 12. Lebensjahr erreichen, mit fast 200 Millionen Euro Impfstoffkosten - bei angestrebter 100-prozentiger Teilnahme. Dem sind 6.500 Zervixkarzinom-Neuerkrankungen gegenüberzustellen. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von 82 Millionen und circa der Hälfte davon Frauen trifft das Schicksal Zervixkarzinom l von 13.000. Dieses Risiko sei keineswegs auf alle Frauen gleich verteilt. Starke Raucherinnen beispielsweise haben ein deutlich höheres Risiko. Das zeige sich eindrücklich in DysplasieSprechstunden zur Abklärung zytologischer Auffälligkeiten. Zweifelsfrei schütze eine rechtzeitige Impfung sicher vor persistierenden HPV-Infektionen und deren Läsionen in der Genital-/Analregion. Therapiekosten dafür sind den Impfkosten gegenüberzustellen, letztere liegen bei vollständiger Nutzung längerfristig im Milliarden-Euro-Bereich. Brustkrebs-Neuerkrankungen kommen um den Faktor 7 häufiger vor als Zervixkarzinome. Gesundheitsökonomen sollten klären, ob Screening und Impfung für beide Krebsarten mit zur Rationierung in der Medizin beitragen. Dann wäre statt GKV-Erhöhung die Eigenbeteiligung bei den Impfkosten zu diskutieren. Koutsky, Dr. L. A. und Coautoren / Department of Epidemiology, University of Washington Quadrivalent Vaccine against Human Papillomavirus to Prevent High-Grade Cervical Lesions N Engl J Med, Volume 356(19). May 10, 2007, 1915-1927 von 34 Die FUTURE II-Group, ein internationaler Forschungsverbund, untersuchte die Wirksamkeit der Impfung eines Vierfach-Impfstoffs gegen HPV. Die Forscher sehen im Zervixkarzinom das zweithäufigste Karzinom der Frauen weltweit und die führende Krebstodesursache in Entwicklungsländern. HPV der Typen 16 und 18 werden für etwa 70 % der Zervixkarzinome weltweit verantwortlich gemacht. In einer randomisierten Doppelblindstudie (12.167 Frauen aus Asien, Nord- und Lateinamerika und Europa) im Alter zwischen 15 und 26 Jahren (Durchschnittsalter etwa 20 Jahre), wurden 3 Dosen des Vierfachimpfstoffes gegen die Typen 6, 11, 16 und 18 oder Placebo gegeben. In die Studie einbezogen wurden 5.305 Frauen in die Vaccinegruppe und 5.260 in die Placebogruppe, die keine Virusinfektionen mit HPV-16 oder HPV-18 bis einen Monat nach der dritten Impfdosis aufwiesen. Die Probanden wurden bis drei Jahre nach der ersten Impfung nachbeobachtet. Der Endpunkt war eine zervikale intraepitheliale Neoplasie 2. oder 3. Grades, ein Adenocarcinoma in situ oder ein Zervixkarzinom, verursacht durch HPV 16 oder 18. Die Wirksamkeit wird in der Analyse (83 Fälle in der geimpften Gruppe/ 148 Fällen in der Placebogruppe) mit 44 % angegeben. Es wir angenommen, dass die Infektionen, die die Läsionen in der untersuchten Population hervorgerufen haben, bereits vor der ersten Injektion aufgetreten waren. - Für die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen die Läsionen in Verbindung mit anderen HPV-Typen (219 Fälle in der geimpften Gruppe/ 266 Fällen in der Placebogruppe) ergibt die Analyse eine Reduzierung der Erkrankungen um 17 %. Die Studiengruppe stellt damit ein signifikant geringeres Vorkommens von zervikalen intraepithelialen Neoplasien durch HPV-16 und 18 als in der Placebgruppe fest. - Invasive Zervixkarzinome sind während der Studie weder bei den geimpften noch in der Placebogruppe aufgetreten. (Anmerkung: Die Rolle anderer karzinogener Stoffe bei der Entstehung der zervikalen Läsionen war nicht Gegenstand der Studie.) 147 Molekulare Mechanismen der Toxizität und Kanzerogenität des Mykotoxins Ochratoxin A Universität Würzburg, online, 2007 Berichtet wird über ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt unter Leitung von Dr. Angela Mally und Prof. Dr. Wolfgang Dekant. - Das Mykotoxin Ochratoxin A induziert Nierentumoren in Ratten. Der Mechanismus der kanzerogenen Wirkung ist nicht geklärt, spielt aber für eine Risikoabschätzung eine entscheidende Rolle. Ochratoxin A ist nicht mutagen, bildet keine reaktiven Intermediate und bindet nicht kovalent an DNA. Eine Erklärung für die ungewöhnlich hohe Inzidenz an Nierentumoren in Ratten fehlt, die hohen Tumorinzidenzen und charakteristischen histopathologischen Veränderungen deuten auf einen spezifischen Mechanismus hin. Bereits nach kurzzeitiger Applikation führt Ochratoxin A zu ausgeprägter Karyomegalie sowie einem Anstieg der Mitose- und Apoptoserate in Tubulusepithelzellen der Niere. Auch in vitro induziert Ochratoxin A Apoptose sowie Bildung von Zellen mit abnorm vergrößerten und unregelmäßig geformten Zellkernen, die auf eine fehlerhafte Trennung der Chromosomen während der Mitose und Zytokinese-Block hinweisen. Es konnte gezeigt werden, daß es in Gegenwart von Ochratoxin A zu Störungen im Aufbau des Spindelapparates kommt. Basierend auf diesen Beobachtungen wird vermutet, daß Ochratoxin A mit der Dynamik der SpindelMikrotubuli interferiert und auf diese Weise zu fehlerhafter Zellteilung, genetischer Instabilität und letztendlich Tumorentstehung führt. Es wird erwartet, daß die geplanten Arbeiten einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung der Mechanismen der Toxizität und Kanzerogenität von Ochratoxin A leisten. Mechanismen der Ochratoxin A induzierten Kanzerogenität als Basis für eine verbesserte Risikobewertung Universität Würzburg, online, 2007 Die Universität Würzburg berichtet auf ihrer Internetseite über ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt zur Kanzerogenität von Ochratoxin A. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Wolfgang Dekant an der Universität Würzburg. Am Projekt beteiligt sind Wissenschaftler aus Würzburg, London, Toulouse, Rom und Lausanne. Das Mykotoxin Ochratoxin A ist stark nierentoxisch und erzeugt in Nagetieren Nierentumore. Der Mechanismus der Auslösung von Nierentumoren ist nicht bekannt. Experimentelle Daten unterstützen sowohl gentoxische als auch nicht-gentoxische Wirkmechanismen. Die Mechanismen der Wirkungen sind jedoch für die Bewertung der menschlichen Belastung durch Ochratoxin A und eine begründbare Festlegung von Grenzwerten sehr wichtig. Die Rolle gentoxischer Mechanismen in der Kanzerogenität von Ochratoxin A soll im Projekt durch Bestimmung der Bindung von markiertem Ochratoxin A an DNA in der Rattenniere bestimmt werden. Es werden Ergebnisse zur Bewertung der Kontamination von Lebensmitteln durch Ochratoxin A erwartet. EFSA bewertet Ochratoxin A in Lebensmitteln und legt tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge fest Presseerklärung der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vom 09. 06. 2006 Der Wissenschaftliche Ausschuss für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde hat ein Gutachten zu Ochratoxin A (OTA) veröffentlicht. Das Mykotoxin wird von bestimmten Pilzenarten zum Beispiel der Gattungen Penicillium und Aspergillus gebildet. Der Ausschuss hat auf Bitte der Europäischen Kommission das frühere Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses für Lebensmittel von 17. September 1998 zu Ochratoxin A (s. auch S. 87) unter Berücksichtigung neuerer toxikologischer Studien und Expositionsdaten überprüft. Besondere Beachtung schenkte man besonders gefährdeten Gruppen wie beispielsweise Säuglingen und Kindern sowie Verbrauchergruppen, die aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten höheren OTA-Mengen als der Durchschnittsverbraucher ausgesetzt sind. Das Gremium kam zu der Auffassung, dass sich OTA in der Niere anreichert und für dieses Organ besonders toxisch ist. Unter Berücksichtigung aller derzeit verfügbaren Daten hat das Gremium für OTA eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake - TWI) von 120 ng pro kg Körpergewicht festgelegt. Momentan liegt die wöchentliche Exposition gegenüber OTA in der Bevölkerung allgemein zwischen 15 und 60 ng pro kg Körpergewicht und damit weit unter diesem Wert. Die Experten empfehlen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die OTA-Mengen in Lebensmitteln zu reduzieren und ein Monitoring-Programm einzusetzen, um spezielle Expositionsdaten für bestimmte gefährdete Gruppen zu erheben. Unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten legte das Gremium für OTA eine TWI von 120 ng pro kg Körpergewicht fest. Die derzeitigen OTA-Expositionsmengen liegen zwischen 15 und 60 ng pro kg Körpergewicht pro Woche und damit weit unter der festgelegten TWI. In dieser Beurteilung werden sowohl Verbraucher mit durchschnittlichen als auch mit hohen Verzehrsmengen von Lebensmitteln, die wesentlich zur OTA-Exposition beitragen, berücksichtigt. Das Gremium empfahl außerdem, für bestimmte gefährdete Gruppen genauere Expositionsdaten zu erheben. Zu diesen Gruppen zählen Säuglinge und Kinder sowie Verbraucher mit hohem Konsum bestimmter regionaler Lebensmittelspezialitäten, die OTA enthalten. 148 Kampf den Mykotoxinen FTE info // Magazin über europäische Forschung / Nr. 42 / August 2004 / S. 29 - 31 Das Forschungsmagazin der Europäischen Kommission berichtet über den dringend notwendigen Kampf gegen die Mykotoxine. Der Mensch nutzt seit jeher die Eigenschaften gewisser mikroskopischer Pilze, wie etwa die Fermente und Hefen, die zur Erzeugung von Käse, Bier, Brot, Essig oder Jogurt dienen. Doch gewisse Schimmelpilzarten produzieren gefährliche Gifte, die Mykotoxine, die seit etwa fünfzehn Jahren eingehend untersucht werden. Die im Mycotoxin Prevention Cluster vereinigten Forschungsprojekte nehmen die Mittel zum Schutz der Verbraucher gegen diese heimtückischen Gifte, die ein echtes Problem der Lebensmittelsicherheit und Volksgesundheit darstellen, unter die Lupe. Die Mykotoxine, in erster Linie Aflatoxine, Ochratoxine, Trichothecene und Patulin, sind gefährlich, weit verbreitet und bösartig. Dass manche von ihnen kanzerogene Wirkungen haben, ist erwiesen. Pilze können auch zytotoxische oder teratogene Schadwirkungen verursachen oder das Immunsystem schädigen. Die Mykotoxine, die von verschiedene Pilzen gebildet werden, können in einer breiten Palette von Lebensmitteln vorhanden sein. Genannt werden Getreide, Früchte und Gemüse, Äpfel, Birnen, Tomaten, Möhren, Trauben, Nüsse, Erdnüsse, Kaffee und Kakao. Ihre Gefährlichkeit sei umso beunruhigender, als sie manchmal schon in unglaublich kleinen Mengen wirken. Sie haben nichts gemein mit der klassischen, nachgewiesenen Toxizität gewisser in Lebensmitteln vorkommender industrieller Lösungsmittel, etwa des Tetrachlorkohlenstoffs. Das erklärte Professor Naresh Magan von der Universität Cranfield (UK), Koordinator des Projekts Mycotoxin Prevention Cluster. So wisse man beispielsweise, dass dieses Produkt bei 50 % der Ratten, die einer Dosis von 0,2 Gramm pro Kilo und pro Tag ausgesetzt werden, Tumorbildungen hervorruft. Im Vergleich dazu sei ein gut bekanntes Mykotoxin wie das Aflatoxin B1 3 Millionen mal stärker wirksam als das Lösungsmittel. Sein Schwellenwert beträgt 0,000 001 Gramm pro Kilo und pro Tag. Das Problem wiege umso schwerer, als diese Mykotoxine bemerkenswert stabil sind. Sie widerstehen hohen Temperaturen und gewissen industriellen Verfahren. Kochen bietet keinerlei Schutz, und selbst nach Zerstörung des schuldigen Pilzes kann das Gift noch vorhanden sein. Dass ein Lebensmittel nicht schimmlig ist, bürgt folglich noch nicht für seine gute Qualität. Die Kontrollen auf der Stufe des Vertriebs der Erzeugnisse sind ein wichtiger Schutz, aber die Feuerwehr zu spielen, die eingreift und verseuchte Lebensmittel aus den Regalen entfernt, um Vergiftungen einzudämmen, sei alles andere als befriedigend. Ein wirklicher Fortschritt müsse von vorbeugenden Maßnahmen auf den vorgelagerten Stufen ausgehen. Dies sei der Zweck der europäischen Forschungen. Unsere Strategie bestand darin, die kritischen Punkte entlang der gesamten Lebensmittelkette zu identifizieren und die Verfahren zu bestimmen, die diese Situationen zu vermeiden helfen. Und dies schon vor der Ernte bis hin zum Handel, über die verschiedenen Stufen wie etwa die Lagerung. Dieses Vorgehen namens HACCP (Hazard Analysis by Critical Control Points) ist mittlerweile gängiger Standard in der industriellen Lebensmittelproduktion, aber weniger gebräuchlich auf den vorgelagerten Stufen. Die zusammengetragenen Daten werden in ihrer Gesamtheit umso nützlicher sein, als die Europäische Union ein neues Gesetzgebungsverfahren bezüglich der Mykotoxine eröffnet hat. Es gab bereits gesetzliche Grenzwerte für die wichtigsten unter ihnen (Ochratoxine, Aflatoxine), aber diese Liste wird sich nächstens noch verlängern. Die Verbreitung ihrer Forschungsergebnisse war von Anfang an ein wichtiges Anliegen der Projektteilnehmer. Verschiedene Artikel, die die Erkenntnisse zusammenfassen und überdies praktische Empfehlungen liefern. Sie betreffen insbesondere die Dekontaminationsstrategien, die PCR-Methoden und den Nachweis der Mykotoxinpilze. Es wurden auch zahlreiche Konferenzen für die verschiedenen Berufssparten (Bierbrauer, Getreideproduzenten usw.) organisiert. Das derzeitige Wissen über die gesundheitlichen Schadwirkungen der Mykotoxine beruhe auf Forschungen an Mäusen und Ratten. Um die Risikoabschätzung zu verfeinern und die Toxizitäts-Grenzwerte besser beurteilen zu können, laufen verschiedene Versuche an menschlichen Zelllinien. Diese Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) und der WHO (Weltgesundheitsorganisation) durchgeführt. Was uns ein bisschen beruhigen dürfte: Die Grenzwerte, die derzeit in Europa gelten, erwiesen sich alle als ausreichend, um den Verbraucher zu schützen. Zumindest nach dem derzeitigen Stand des Wissens. Diese Untersuchungen könnten auch dazu beitragen, mehr über die noch wenig erforschten Mechanismen der Toxizität zu erfahren. So gelang es den europäischen Forschern, durch die Untersuchung der von den Toxinen verursachten DNS-Schädigungen biologische Marker zu identifizieren, die von den Zellen freigesetzt werden, wenn sie unter Stress stehen. Demnächst sollen auch die derzeit noch ungenügend erforschten Wirkungen einer Langzeitbelastung mit schwachen Dosen untersucht werden. Eine der größten Herausforderungen im Kampf gegen die Mykotoxine sei ihr Nachweis. Selbst wenn es gelinge, die Risiken erheblich zu senken, bleibe es unumgänglich, durch die Lebensmittelhersteller und durch die Gesundheitsbehörden, die Kontaminationen in den Lebensmitteln zu erkennen. Dafür hat das Mycotoxin Prevention Cluster verschiedene spezifische Methoden entwickelt: DNS-Arrays, PCR in Echtzeit, Elisa-Tests, lateral flow devices usw. Manche dieser Techniken sind höchst sensibel und reagieren auf Konzentrationen von 0,02 ppm (parts per million). Andere, weniger feine, werden zu kostengünstigen Schnelltests führen, die für einen Einsatz am Ort bestimmt sind. Diese Instrumente sollen bei der Anwendung der Gesetze helfen. 149 Krebs und Geschlecht FTE info / Magazin über europäische Forschung / Nr. 50 / August 2006 / S. 12 - 13 Die Autoren berichten im Magazin des Generaldirektorates für Forschung der Europäischen Kommission über die Krebsforschung und über die Präventionsstrategie in der Europäischen Union. Mit jährlich 88 400 Todesfällen ist Brustkrebs in Europa die häufigste Todesursache von Frauen zwischen 35 und 55 Jahren. - Die Spezialisten kennen über hundert Krebstypen. Diese Krankheiten ungleicher Schwere nehmen sehr unterschiedliche Verläufe, ihnen liege jedoch ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: Aus noch schlecht verstandenen Gründen höre eine Zelle eines Tages auf, den inneren Signalen des Organismus zu folgen und beginne, sich unkontrolliert zu teilen. Ein Tumor bildet sich. Krebszellen entweichen ihm und besiedeln andere Körperregionen, wo sie Metastasen bilden. Fast alle Organe können von solchen bösartigen Neubildungen betroffen sein. Obwohl Krebs bereits in der frühesten Antike von Hippokrates beschrieben wurde, blieb die Frage, warum ein Mensch an Krebs erkrankt, lange unbeantwortet. Der Medizinphilosoph François Dagognet sieht in der Krebserkrankung zum Teil eine Krankheit der „Innenwelt“, der genetischen Ausrüstung, und der „Außenwelt“, umweltbedingt. Die britischen Epidemiologen John Higginson und Calum Muir, vom Centre International de Recherche sur le Cancer in Lyon, haben 1977 als Erste die Ursachen der Krebserkrankungen quantifiziert. In einer berühmt gewordenen Studie haben sie eingeschätzt, dass 80 % der Krebsarten Ursachen zuzuschreiben seien, die mit unserer Umwelt im weitesten Sinne, einschließlich Ernährung und Lebensgewohnheiten (Rauchen, Alkoholkonsum, mangelnde körperliche Betätigung) und passiver Exposition gegenüber verschiedenen Schadstoffen, zusammenhingen. Diese Zahl sei heute allgemein anerkannt. Auf ihr gründe sich denn auch eine der Hauptstrategien zur Bekämpfung der Krebskrankheiten. Dr. Olaf Kelm, der die Krebsstudien des Sechsten Rahmenprogramms in der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission betreut, erklärt dazu, wenn 80 % der Krebserkrankungen umweltbedingt seien, dann hieße das, dass sie zum großen Teil vermeidbar sind, was die Vorbeugung zur wirksamsten Strategie zur Senkung der Zahl der von dieser Krankheit betroffenen Menschen mache. Diese Präventionsstrategie habe praktisch ihre Wirksamkeit beim Lungenkrebs bereits bestätigt. Es habe lange gedauert, bis die Einsicht sich durchsetzte dass Rauchen eine wichtige Ursache war. Von 1954 bis 2004 wiesen die alle zehn Jahre veröffentlichen Studien des britischen Arztes und Epidemiologen Sir Richard Doll mit größter Strenge die erhebliche, proportional mit dem Tabakkonsum wachsende Zunahme des Lungenkrebsrisikos und anderer Erkrankungen nach. Die Arbeiten von Richard Doll hatten auch nachhaltige Folgen für die Volksgesundheit. Sie erlaubten, die Ursachen der raschen Zunahme der Lungenkrebshäufigkeit im Laufe des 20. Jahrhunderts, die man sich zunächst weder erklären konnte noch einzudämmen wusste, zu verstehen. Vor allem aber erlaubten sie, in den 70er Jahren die ersten öffentlichen Warnkampagnen gegen die Gefahren des Tabaks zu starten. Warnungen, die heute ihre Früchte tragen: Die Häufigkeit dieser Krankheit beginnt zu sinken. Den Ansatz, der sich beim Lungenkrebs bewährt hat, auf die geschlechtsspezifischen Tumore zu übertragen, ist kurz umrissen die Leitidee des europäischen Programms Eurocadet. Ausgangspunkt dieses Exzellenznetzes ist eine Feststellung: Eine Bewertung der Auswirkungen der nationalen und europäischen Anstrengungen zu Gunsten der Krebsprävention stehe nach wie vor aus. Obwohl sie eine der Hauptstrategien zur Bekämpfung dieser Krankheit darstellen, sehe es so aus, als ob man noch nichts von der umfassenden Wirksamkeit dieser Kampagnen wüsste „insbesondere in den unteren Volksschichten“, halten die Koordinatoren fest. Durch Auswertung der Daten von 14 Epidemiologenteams sollte Eurocadet ein Bild der Krebserkrankungen in Europa gemäß den verschiedenen Präventionsszenarios entwerfen. Vorbeugen bedeute auch, die Krankheit so früh wie möglich zu diagnostizieren. Je früher ein Tumor entdeckt würde, desto besser stünden die Heilungschancen. Was die Frauen betreffe, habe sich die Praxis des Gebärmutterabstrichs bei der gynäkologischen Untersuchung am besten etabliert. In den Ländern, in denen regelmäßig solche Abstriche vorgenommen werden, sei es gelungen, die mit dem Gebärmutterkrebs verbundene Sterblichkeit um 80 % zu senken. Die jährliche oder zweijährliche Mammographie ab dem fünfzigsten Altersjahr zeige ebenfalls viel versprechende Ergebnisse. Die Männer stehen dem in nichts nach. Die im Jahr 2000 begonnene European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer evaluiere heute auf europäischer Ebene die Stichhaltigkeit einer systematischen Erfassung des Prostatakrebses ab einem gewissen Alter. Die ersten Ergebnisse dazu werden ab 2007 erwartet. 150 Weltgesundheitsorganisation (WHO) Cancer prevention At least one-third of all cancer cases preventable. Prevention offers the most cost-effective long-term strategie for the control of cancer. Online 2007 Die Weltgesundheitsorganisation informiert über weltweit 7,6 Millionen Krebssterbefälle im Jahre 2005 von 58 Millionen Sterbefällen insgesamt. - Mehr als 70 % aller Krebssterbefälle treten in den Niedrig- und Mittellohnländern auf, in denen die Ressourcen für die Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krebs begrenzt sind oder fehlen. - Es wird erwartet, dass die Zahl der Krebsstebefälle weltweit auf 9 Millionen im Jahre 2015 und auf 11,4 Millionen im Jahre 2030 zunehmen wird. Die Weltgesundheitsorganisation stellt die strategischen Ziele zur Verhütung von Krebs vor: - Der Verzicht auf das Rauchen ist gegenwärtig die wirksamste präventive Maßnahme weltweit. Sie erreicht 80 90 % aller Lungenkrebssterbefälle, - einschließlich der Sterbefälle an Karzinomen des Mund-Rachen-Raumes, des Kehlkopfes, des Ösophagus und des Magens - 30 % aller Krebssterbefälle. - Die globale WHO-Strategie von Ernährung, körperlicher Aktivität und Gesundheit ist auf die Verminderung des Erkrankungsrisikos von Ösophagus-, Darm-, Brust-, Endometrium- und Nierenkrebs gerichtet. - Infektiöse Agentien sind für 22 % der Krebssterbefälle in den Entwicklungsländern, 6 % in den Industrieländern verantwortlich. Virushepatitis B und C sind die Ursache der Leberkarzinome, HPV des Zervixkarzinoms, Helicobacter pylori erhöht das Magenkrebsrisiko. Präventive Maßnahmen schließen Impfungen und Infektionsschutz ein. - Exzessive Sonnenbestrahlung erhöht das Risiko für alle Hautkrebstypen. Der Schutz vor starker Sonnenbestrahlung ist eine wirksame Maßnahme. - Asbest kann Lungenkrebs, Anilin Blasenkrebs und Benzene Leukämien verursachen. Die Verminderung der Exposition mit diesen und anderen Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt sind Gegenstand der Krebsprävention. World Cancer Research Fund / American Institute for Cancer Research. Food, Nutrition, Physical Activity, and the Prevention of Cancer: a Global Perspective. Washington DC: AICR, 2007 Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der wissenschaftlichen Studien veröffentlichte die WCRF und das Amerikanische Krebsforschungsinstitut (AICR) den Zweiten Experten-Bericht. Beteiligt an der Einschätzung waren zahlreiche Wissenschaftler weltweit unter der Leitung von Michael Marmot vom University College London, UK. An der Studie waren u. a. Robert Owen PhD, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, Heiner Boeing PhD, Deutsches Institut für Ernährung, Potsdam und Universitätsinstitute beteiligt. Im Bericht werden mehr als 4.000 Publikationen zitiert. Der Bericht zeigt ganz erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Morbidität, der Häufigkeit der verschiedenen Krebslokalisationen und des prozentualen Anteils der Krebssterbefälle an den Sterbefällen an nicht übertragbaren Krankheiten insgesamt in den verschiedenen Ländern und Regionen der Erde. Untersucht wurden die Risikoerhöhung oder -senkung durch verschiedene Faktoren. Die Autoren kommen zu dem Schluß, dass Adipositas und der Bewegungsmangel das Krebsrisiko erhöhen. Rauchen wird für 85 % der Lungenkrebsfälle verantwortlich gemacht. Alkohol erhöht das Erkrankungsrisiko für Krebserkrankungen des Mundes, des Rachens und der Speiseröhre, des Darmes, der Leber und der weiblichen Brust. Das Stillen der Säuglinge wird als wirksame Maßnahme zur Senkung der Brustkrebsmorbidität gesehen. Betrachtet werden im Bericht auch die karznogenen Kontaminationen von Lebensmitteln. Die Karzinogene können natürlichen Ursprungs oder vom Menschen gemacht sein. Schimmel und von ihm gebildete Toxine sind karzinogen. Aflatoxin B1, gebildet von Aspergillus flavus, ist eine Ursache des Leberkarzinoms. Die Aflatoxine sind von der IARC als für den Menschen karzinogen eingestuft. Das Niveau der Aflatoxinkontaminationen ist in jenen Ländern am höchsten, die eine hohe Leberkrebsrate aufweisen, vor allem in tropischen uns subtropischen Ländern Afrikas und Südostasiens, wo die Körnerfrüchte und Nüsse über längere Zeit unter ungünstigen Bedingungen getrocknet werden. Das Monitoring der Aflatoxin-Kontaminationen ist in den Niedriglohnländern allgemein mangelhaft. Fumonisin B ist ein Pilzgift der Fusarien. Es ist in Mais gefunden worden und wie andere Mykotoxine möglicherweise karzinogen. Allerdings werden die epidemiologischen Studien als mangelhaft eingeschätzt. In einem Matrixdiagramm sind die meisten in den Studien gefundenen überzeugenden und wahrscheinlichen Folgen der Riskofaktoren Lebensmittel, Ernährung und körperliche Aktivität für die Senkung bzw. Erhöhung des Krebsrisikos an den verschiedenen Lokalisationen dargestellt. Diese Matrix stellt zugleich die Grundlage für die Bestimmung von Gesundheitszielen und Maßnahmen zur Senkung des Erkrankungsrisikos dar. 151 Es werden auf der Grundlage der Untersuchungen zur Evidenz der Risikofaktoren 10 Gesundheitsziele benannt und Handlungsempfehlungen gegeben, die darauf gerichtet sind, Maßnahmen zur Verminderung des Erkrankungsrisikos zu ergreifen. - Der BMI soll im Mittel auf einen Wert zwischen 21 und 23 gesenkt werden. - Tägliche körperliche Aktivität (z. B. Walking, 30 Minuten täglich). - Begrenzung des Konsums energiereicher Getränke. - Erhöhung des Konsums von Obst und Gemüse auf täglich 600 g. - Reduzierung des Fleischkonsums auf wöchentlich weniger als 300 g. - Begrenzung des Alkoholkosums auf 2 Drinks/d für die Männer und auf einen Drink/d für die Frauen (Ein Drink = 10-15 g Alkohol). Do not eat mouldy cereals (grains) or pulses (legumes). - Verminderung des Salzkonsums in allen Formen auf weniger als 5 g/d und Minimierung der Belastung mit Aflatoxin (Gewarnt wird vor dem Verzehr von verschimmelten Körnerfrüchten und Leguminosen). - Nahrungsergänzungsstoffe sind für die Krebsprävention nicht zu empfehlen. - Zur Senkung des Brustkrebsrisikos wird das Stillen der Säuglinge bis zu 6 Monaten und länger empfohlen. - Krebspatienten wird empfohlen, sich nach den Empfehlungen für die Krebsprävention - Ernährung, ein gesundes Gewicht und körperliche Aktivität - zu orientieren. Anmerkung: Eine Antwort auf die Frage nach der primären Ursache der Krebserkrankungen und nach der Wirkungsweise der Risikofaktoren findet sich im Bericht nicht. Mykotoxine (außer Aflatoxin), deren karzinogene Wirkung und deren epidemiologische Bedeutung waren bislang nicht Gegenstand der zahlreichen internationalen Studien. - Der Bericht widerspricht in keiner Weise den Ergebnissen dieser Untersuchung zur Krebsepidemiologie. 152 Gesundheitsforschungsrat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Roadmap für das Gesundheitsforschungsprogramm Bonn/Berlin, September 2007 Im Jahr 2004 hat der Gesundheitsforschungsrat beschlossen, für das nächste Gesundheitsforschungsprogramm der Bundesregierung eine Roadmap der medizinischen Forschung zu erarbeiten. Sie soll aus wissenschaftlicher Sicht Orientierung und Überblick zu den zukünftig wichtigen Themen der Gesundheitsforschung bieten. Insbesondere sollten solche Themenfelder benannt werden, in denen Deutschland durch eine gezielte Förderung eine im internationalen Vergleich herausragende Stellung einnehmen oder eine bereits sehr gute Position weiter ausbauen kann. In diesem Zusammenhang werden Themen genannt, die - durch einen gezielten Einsatz zusätzlicher Ressourcen wesentliche Erkenntnisfortschritte erwarten lassen, - zu Verbesserungen in der Diagnostik, Therapie, Prävention und Rehabilitation relevanter Krankheitsbereiche führen, - Impulse für die Entwicklung neuer Produkte geben und somit wirtschaftliche Entwicklungschancen anstoßen können. Erstmals erfolgt damit eine auf die Verhältnisse in Deutschland zugeschnittene Bewertung zukünftiger Entwicklungen in der Gesundheitsforschung. Sie zeichnet sich durch die Berücksichtigung der spezifischen Merkmale unserer Bevölkerungsstruktur und des deutschen Gesundheitssystems aus. Eine besondere Herausforderung für eine effektive und effiziente Gesundheitsforschungspolitik liege in der Überführung von Ergebnissen der Grundlagenforschung über die klinische Forschung in die Anwendung. Für sechs ausgewählte große Krankheitsgebieten wurden Arbeitsgruppen gebildet. Es wurden gezielt medizinische Spezialisten aus Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Industrie befragt. In diesen sechs Gebieten wurden Forschungsschwerpunkte benannt: Auf dem Gebiet der Krebsforschung werden u. a. als prioritär Arbeiten genannt: - Therapieresistenz, besseres Verständnis der individuellen Reaktion auf Krebstherapien, - Entwicklung von Impfstoffen gegen Krebs - ähnlich der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs. - Migration, Invasion, Metastasierung, Tumorstammzellen, Dormancy - Tumor-Wirt-Beziehung, Mikoenvironment, Alter, Seneszenz - Immuntherapie, Gentherapie und Tumorvakzinierung - Langzeitüberleben und Therapiefolgen - Molekulare Analysen von Tumorproben - Innovative Bildgebungsverfahren Das BMBF will die insgesamt 74 Themenvorschläge des Gesundheitsforschungsrates prüfen und in geeignete Fördermaßnahmen umsetzen. Dafür stellt das BMBF im Zeitraum 2007 bis 2010 insgesamt 630 Millionen Euro zur Verfügung. NATIONALER KREBSPLAN Die Zahl der Erkrankungen wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Doch die Medizin ist nicht chancenlos, vor allem dann, wenn Versicherte die Vorsorgeangebote wahrnehmen Berliner Zeitung, 17. 6. 2008 Gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und der Deutschen Krebsgesellschaft stellte die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in Berlin einen Nationalen Krebsplan vor. "Wir wollen die Versorgung der Patienten verbessern, die Früherkennung stärken und die Zusammenarbeit aller Akteure weiter voranbringen", sagte sie. In der ersten Phase bis 2009/2010 sollen Früherkennung, Versorgungsstrukturen, Therapien und die Patientenberatung verbessert werden. Vor allem eine rechtzeitige Diagnose der Krankheit erhöht die Heilungschancen. Bisher allerdings werden entsprechende Untersuchungen nur unzureichend angenommen. Ziel des Nationalen Krebsplanes ist es daher, jene Bevölkerungsgruppen, die üblicherweise selten zu entsprechenden Untersuchungen gehen beispielsweise Männer, ältere Frauen, Migranten und bildungsfeme Schichten, zielgruppengerecht über Früherkennungsmöglichkeiten zu informieren. Gleichzeitig soll das Angebot verbessert werden. Neben höheren Teilnehmerraten bei Früherkennungsprogrammen müsse auch die Versorgungsqualität der Krebsbehandlungszentren verbessert werden. Die Umsetzung der Ziele soll in Kürze mit Vertretern der Länder, Krankenkassen, Wissenschaft und Patientenorganisationen entwickelt werden. In den nächsten Phasen sollen in Deutschland weitere Bereiche wie Krebsforschung oder der umwelt- und arbeitsplatzbezogene Schutz vor Krebs erarbeitet werden. Anmerkung: Das Bundesministerium für Gesundheit sieht sich hinsichtlich der Krebsprävention nicht in der Verantwortung und verweist auf das Verbraucherschutzministerium. 153 Inhalt Seite 1. Einführung 5 2. Inzidenz und Mortalität 6 3. Ursache und Risikofaktoren 9 4. Die berufsbedingten Krebserkrankungen 11 5. Informationen aus Krebsregister und Klinik 13 6. Karzinogen und Krebsepidemiologie 16 7. Endotoxine und Mykotoxine 20 8. Die Mykotoxin-Höchstmengen-Verordnung 23 9. Mittlere tägliche Aufnahme von Ochratoxin A 28 10. Befunde aus dem Lebensmittel-Monitoring 32 11. Bevölkerungsbezogene Ernährungs- und Krebsstudien 36 12. Ochratoxin A-Dekontamination im Labortest 40 13. Zur Ursache der Magen- und Zervixkarzinome 41 14. Probleme bei der Hormontherapie 50 15. Eine ganz besonders bemerkenswerte Feststellung 54 16. Das Ergebnis der epidemiologischen Untersuchung 55 17. Zusammenfassung 60 18. Anhang / Quellen 61 Am Rande vermerkt: Die Ergebnisse dieser epidemiologischen Untersuchung schließen nicht aus, dass auch andere chronische und degenerative Krankheiten - genannt werden abakterielle chronische Entzündungen, Allergien, Alzheimer, Arteriosklerose, Arthrose, Diabetes u. a. - durch hoch potente zelltoxische Mykotoxine verursacht werden oder verursacht werden können. Diese nehmen gleichfalls mit zunehmendem Alter zu. Auch besteht bei diesen Erkrankungen kein Anhalt für eine Immunabwehr. Das war jedoch nicht Ziel und Gegenstand dieser Untersuchung. 154