Schlüsselbegriffe der Soziologie

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Schlüsselbegriffe der
Soziologie
Vorlesung: Einführung in die
Soziologie, WS 2007/08
Dr. Guido Mehlkop
Methodologischer Individualismus
• Soziale Phänomene sind das (nichtintendierte) Ergebnis von individuellen
Handlungen und Handlungsanreizen.
Methodologischer Individualismus
• „Soziologie […] soll heißen: eine Wissenschaft, welche
soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in
seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären
will. >>Handeln<< soll dabei ein menschliches Verhalten
(einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen
oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die
Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden.
>>Soziales<< HANDELN soll aber ein solches Handeln
heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden
gemeinten SINN nach auf das VERHALTEN ANDERER
bezogen wird und darauf in seinem Ablauf orientiert ist“.
(Max Weber 1984 [1921]: Grundbegriffe, im Reader)
Methodologischer Kollektivismus
• Soziale Tatsachen / Phänomene führen
ein Eigenleben.
• Sie sind eine Wirklichkeit eigener Art.
• Sie üben auf das Handeln der Menschen
einen äußeren Zwang aus.
• Soziales darf nur durch Soziales erklärt
werden.
• Das Ganze ist mehr als die Summe seiner
Teile.
Methodologischer Kollektivismus
• Soziologische Tatbestände sind wie Dinge zu betrachten
[…] Sie stehen also, für sich betrachtet, außerhalb des
individuellen Bewusstseins [….] Soziologische
Tatbestände [bestehen] in besonderen Arten des
Handelns oder Denkens […], die an der Eigenart
erkennbar sind, dass sie auf das Bewusstsein des
Einzelnen einen zwingenden Einfluss auszuüben
vermögen. […] Tatsächlich kann man, ohne den Sinn
dieses Ausdrucks zu entstellen, alle
Glaubensvorstellungen und durch die Gesellschaft
festgesetzten Verhaltensweisen Institutionen nennen;
die Soziologie kann also definiert werden als die
Wissenschaft von den Institutionen, deren Entstehung
und Wirkungsart.“
(Emile Durkheim 1965 [1895]: Die Regeln der soziologischen
Methode. Luchterhand: Neuwied, S. 88-101)
Akteurszentrierte Ansätze
• Der rationale Eigennutzmaximierer als
Menschenbild.
• Rational: Akteure ziehen niemals bewusst
eine schlechte Handlungsalternative einer
besseren Handlungsalternative vor.
• Eigennutzmaximierer: Akteure betrachten
in erster Linie nur die Konsequenzen ihres
Handeln für sich selbst.
Akteurszentrierte Ansätze
• Homo oeconomicus.
• Æ Akteure maximieren ihren Nutzen auf
der Grundlage vollständiger Information
und stabiler / geordneter Präferenzen im
Rahmen gegebener Restriktionen.
Akteurszentrierte Ansätze
• RREEMM –Model (Siegwart Lindenberg)
1. Resourceful (Findigkeit)
2. Restricted (Kognition, Zeit,
Mitmenschen)
3. Expecting (Erwartungen statt Wissen)
4. Evaluating (Bewertungen)
5. Maximizing
6. Man
Akteurszentrierte Ansätze
• Grundgedanke dieser Rational Choice Erklärungen:
• Akteure haben bestimmte Ziele, zu deren Realisierung
sie mögliche Handlungsalternativen evaluieren. Jede
Handlungsalternative weist bestimmte Kosten, Nutzen
und Wahrscheinlichkeiten auf (in Abhängigkeit von der
konkreten Situation). Es wird die Alternative gewählt, die
mit hoher Wahrscheinlichkeit und relativ geringen Kosten
einen relativ hohen Nutzen realisiert.
(Hartmut Esser 1991: Alltagshandeln und Verstehen. Mohr /
Siebeck: Tübingen, S. 39-61.)
Rollentheorie
• Rolle = Bündel von Erwartungen, die in
einer konkreten Situation an Rolleninhaber
gestellt werden.
• Jede Rolle ist mit bestimmten Rechten,
Pflichten und Aufgaben verbunden.
• Rollen existieren unabhängig von den
Individuen, die diese Rollen einnehmen.
Rollentheorie
• Die Bezugsgruppen hegen gemäß der
Rollen bestimmte Erwartungen an das
Handeln der Rolleninhaber.
• Positive Sanktionen (Belohnungen) bei
Erfüllung der Erwartungen.
• Negative Sanktionen (Bestrafungen) bei
Nicht-Erfüllung der Erwartungen.
Rollentheorie
• Intrarollenkonflikte: die Erwartungen an
dieselbe Rolle können zwischen
Bezugsgruppen variieren.
• Interrollenkonflikte: die Erwartungen an
zwei Rollen, die ein Mensch innehat
können sich widersprechen.
Rollentheorie
•
•
•
•
Erwartungs-Erwartungen.
Rollen sind hierarchisch angeordnet.
Rollen werden in der Sozialisation erlernt.
Rollen als regulatives Moment in der
Gesellschaft geben Handlungssicherheit.
(AG Soziologie 1992: Denkweisen und Grundbegriffe der
Soziologie. 10. Auflage. Campus: Frankfurt, S. 23-39.)
Symbolischer Interaktionismus
• Soziale Situationen werden subjektiv gedeutet
und an diesen Deutungen wird soziales Handeln
ausgerichtet.
• Die Ausrichtung erfolgt (auch) durch signifikante
Symbole.
• „Die Bedeutung eines Dinges für eine Person
ergibt sich aus der Art und Weise, in der andere
Personen ihr gegenüber in Bezug auf dieses
Ding handeln“ (H. Blumer).
• Interpretatives Paradigma.
(AG Soziologie 1992: Denkweisen und Grundbegriffe der
Soziologie. 10. Auflage. Campus: Frankfurt, S. 45-66.)
Systemtheorie
• Moderne Gesellschaften haben funktional
differenzierte Subsysteme herausgebildet.
• Zum Beispiel: Wirtschaft, Recht, Politik,
Wissenschaft, Kunst, Liebe, Erziehung.
• Jedes System orientiert sich an
Leitdifferenzen / Codes.
Systemtheorie
• Ein System ist eine Menge von
Elementen, die in bestimmten
Beziehungen zueinander stehen.
• Die Codes grenzen ein System von
anderen Systemen ab.
• In einem System bzw. zwischen Systemen
findet Kommunikation mit Hilfe der Codes
statt.
Systemtheorie
• Autopoiesis: Systeme organisieren sich
nach eigenen Regeln und sind
selbstreferentiell.
• Allopoiesis: Systeme haben keinen
eigenen Sinn, werden von außen geregelt.
Systemtheorie
• Soziale Systeme prozessieren durch
Kommunikation.
• Sinn: Selektion, Verweis, Anschluss.
• Idealbeispiel: Gespräch.
(Niklas Luhmann (2006): Einführung in die Systemtheorie,
herausgegeben von Dirk Baecker. 3. Auflage.)
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Adam Smith 1776: Arbeitsteilung ist
effizient.
• Emile Durkheim 1897: Arbeitsteilung liefert
Integration und Regulation
• Æ Soziale Ordnung.
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Nicht-arbeitsteilige Gesellschaften:
Integration beruht auf Homogenität Æ
mechanische Solidarität als
Integrationsgrundlage.
• Regulation durch Zwang und Strafe.
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Sozialer Wandel durch soziale
Verdichtung und höheres soziales
Volumen.
• Æ soziale Konflikte durch höheren
Konkurrenzdruck.
• Arbeitsteilung als Ausweg.
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Sozial differenzierte (arbeitsteilige)
Gesellschaften: Integration durch
funktionale Interdependenz,
Individualismus und Reziprozität Æ
organische Solidarität als
Integrationsgrundlage.
• Regulation durch Tausch und
Vertragsrecht.
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Gefahr der Anomie (individuelle
Verwirrung über gesellschaftliche Ziele
und Mittel) aufgrund zu schnellen sozialen
Wandels.
(Uwe Schimank 1996: Emile Durkheim; Herausbildung
und Problematik „organischer Solidarität“, im Reader)
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Gemeinschaft / Vergemeinschaftung:
• Soziale Beziehungen, die auf subjektiv
gefühlter (affektueller oder traditionaler)
Zusammengehörigkeit (Solidarität)
beruhen.
• Gesellschaft / Vergesellschaftung:
• Soziale Beziehungen, die auf rational
motiviertem Interessensausgleich oder
Interessensverbindung beruhen.
Gruppen und gesellschaftliche
Differenzierung
• Nation: gemeinsame Wertvorstellungen
und Kultur, „Schicksalsgemeinschaft“.
• Staat: „Anstaltsbetrieb“ mit Verwaltungsund Rechtsordnung, Territorium,
Staatsvolk, Verfassung, Gewaltmonopol.
(Max Weber 1984 [1921]: Grundbegriffe, im Reader)
Normen
•
1.
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4.
Differenzierung nach Max Weber:
Brauch (Mode)
Sitte
Konvention
Recht
Normen
• Sanktionsbekräftigte
Handlungserwartungen.
• Abgabe von Handlungsrechten an Dritte.
Normen
• Normen erzeugen Handlungssicherheit.
• Wie soll ich mich in einer konkreten
sozialen Situation verhalten?
• Wie werden sich andere in einer konkreten
sozialen Situation verhalten?
• Ohne Normen Æ „Schlangestehende
Gesellschaft“ (H. Popitz)
Normen
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1.
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3.
Entstehung von Normen:
Evolutionär.
Intendiert / geplant.
Als nicht-intendiertes Nebenprodukt
menschlichen Handelns.
Institution
• Bündel von Normen, die sich um zentrale
Werte der Gesellschaft gruppieren.
Norm, Institution, Organisation
• Norm: 10 Gebote.
• Institution: christliche Religion.
• Organisation: römisch-katholische Kirche.
(Wiswede, Günter 1998: Soziologie. Landsberg am Lech: Verlag
moderne Industrie, S. 246-252.)
Normbefolgung
•
Warum folgen Menschen Normen (T.
Tyler)?
1. Angst vor Sanktion.
2. Inhalt der Norm wird als sinnvoll und gut
angesehen.
3. Normgebung wird als legitim angesehen,
unabhängig von konkreten Inhalten.
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