Herausgegeben von Paul Wrede und Saskia Wrede Charles Darwin: Die Entstehung der Arten Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema Heschl, A. Darwins Traum Die Entstehung des menschlichen Bewusstseins 2009 ISBN: 978-3-527-32433-0 Schaumann, W. Charles Darwin – Leben und Werk Würdigung eines großen Naturforschers und kritische Betrachtung seiner Lehre 2002 ISBN: 978-3-527-32123-0 Lingenhöhl, D. Vogelwelt im Wandel Trends und Perspektiven 2011 ISBN: 978-3-527-32866-6 Alberts, B., Bray, D., Hopkin, K., Johnson, A., Lewis, J., Raff, M., Roberts, K., und Walter, P. Lehrbuch der molekularen Zellbiologie 2012 ISBN: 978-3-527-32824-6 Lüttge, U., Kluge, M. Botanik – Die einführende Biologie der Pflanzen 2012 ISBN: 978-3-527-33192-5 Charles Darwin: Die Entstehung der Arten Kommentierte und illustrierte Ausgabe Herausgegeben von Paul Wrede und Saskia Wrede WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA Herausgeber Prof. Dr. Paul Wrede Charité-Universitätsmedizin Berlin Molekularbiologie und Bioinformatik Arnimallee 22 14195 Berlin (Dahlem) Saskia Wrede Südwestkorso 8 A 12161 Berlin Cover Vorderer Umschlag: Charles Darwin entwickelte seine Theorie von der Entstehung der Arten u.a. aufgrund seiner Beobachtungen als Taubenzüchter. Die Bilder zeigen im Uhrzeigersinn von oben links Rotkappen-Taube (© Thumer Hof), Rost-Täubchen (© Dario Sanches, São Paulo, Brasilien), Kronen-Taube (© Eric Isselée/Fotolia.com), Guinea-Taube (© Thumer Hof) und Felsen-Taube (© soleg/Fotolia.com). Hinterer Umschlag und Rücken: Portrait von Alfred Russel Wallace (© Photo Resarchers/Ag. Focus) und Portrait von Charles Robert Darwin (© SPL/Ag. Focus). Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind. Umschlaggestaltung Formgeber, Eppelheim Satz le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung Markono Print Media Pte Ltd, Singapur Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN Hardcover 978-3-527-33360-8 ISBN Softcover 978-3-527-33256-4 V Zum Geleit: Von Darwin zur Molekularbiologie Mit dem Einzug molekularbiologischer Methoden in die damals noch weitgehend zoologisch-botanisch ausgerichteten Life Sciences der 1970er Jahre setzte eine neue Ära der Evolutionsforschung ein, die uns unerwartet tiefe Einblicke in die Verwandtschaftsverhältnisse der heute lebenden, den rezenten, Organismen erbracht hat. Diese „Molekularisierung“ der Biologie kann rückblickend als eine „Wissensrevolution von innen heraus“ interpretiert werden. Während die drei Urväter der klassischen Evolutionswissenschaften, Jean-Baptiste Lamarck (1744–1829), Charles Darwin (1809– 1882) und Ernst Haeckel (1834–1919) die Tiere und Pflanzen von außen, also morphologisch einerseits und andererseits auf Grundlage ihres Körpergerüsts, anatomisch vergleichend studiert haben, konnten mit dem Methodenarsenal der Molekularbiologie, vor allem der Protein- und Nukleinsäure (RNA, DNA)-Sequenzanalytik, die verschlüsselten, erblichen Organismenbaupläne entziffert werden. In die Sprache der modernen, 1942 vor allem durch Theodosius Dobzhansky (1900–1975) und Ernst Mayr (1904–2005) in den USA gegründeten Wissenschaftsdisziplin Evolutionsbiologie übersetzt, war hiermit der Schritt von der Untersuchung der Phänotypen, den Erscheinungsformen, auf die Ebene der Genotypen ausgewählter Lebewesen durch die vielfältigen DNA-Analysen des Erbgutes vollzogen. Die beschreibende Evolutionsforschung stützt sich heute demgemäß im Wesentlichen auf zwei methodische Ansätze. Zum einen werden altersdatierte Fossilreihen analysiert und zur Rekonstruktion der Stammesentwicklung, der Phylogenese, entsprechender Organismengruppen herangezogen, die als paläontologische Verfahren bezeichnet werden. Auf der anderen Seite sind vergleichende DNA-Sequenzanalysen korrekt bestimmter rezenter Organismen und die darauf basierende Methodik der molekularen und damit evolutionären Stammbaum-Rekonstruktion, auch Phylogenetik genannt, die wichtigsten Methoden zur Erforschung der biologischen Evolution, der als neontologischer Ansatz bezeichnet wird. Unser enormer, im Wesentlichen auf molekularphylogenetischen Befunden basierender Wissenszuwachs in der Evolutionsforschung hat jedoch einen gravierenden Nachteil mit sich gebracht: Studierende der Biologie müssen heute derart viele Fakten und Labormethoden erlernen, dass kaum noch Zeit bleibt, die historischen Grundlagen der Evolutionsbiologie, vor allem auf dem Gebiete der Life Sciences wie Systematik, Physiologie, Biochemie und Molekularbiologie, zu erlernen. So muss ich nach über 20 Dienstjahren als unabhängiger Wissenschaftler und Hochschullehrer an den Universitäten Freiburg, Bonn, Kassel, Michigan State und Stanford (USA) die ernüchternde Schlussfolgerung ziehen, dass die Werke von Lamarck, Darwin und Haeckel von der Mehrzahl unserer Nachwuchs-Biologen nicht mehr gelesen werden. Dies ist bedauerlich, weil man Wissenschaftsdisziplinen nur verstehen kann, wenn man deren historische Entwicklungen zumindest in groben Zügen kennt: Der kumulative, sich selbst regulierende Wissenszuwachs in der Biologie, mit all seinen Irr- und Umwegen, kann erst nach derartigen Studien überblickt und verstanden werden. Bezüglich der Bedeutung ihres Lebenswerks sind die drei eingangs genannten Giganten der klassischen Biologie – Lamarck, Darwin und Haeckel – in etwa gleichwertig. Dennoch ist Charles Darwin unter den drei Altmeistern der mit Abstand Bekannteste und sicherlich der Einflussreichste: Der Begriff „Darwinismus“ wurde ab 1860 populär und ist noch heute außerhalb der international ausgerichteten Evolutionsforschung im Gebrauch, während nur selten vom „Lamarckismus“ und überhaupt nicht vom „Haeckelismus“ gesprochen wird. Warum ist Darwin weltweit so berühmt geworden? Zwei Hauptgründe sind hier zu nennen. Zum einen war Charles Darwin ein wohlhabender, zurückgezogen lebender Privatgelehrter, der sich ganz auf die Forschung und das Verfassen von Fachbüchern und Zeitschriftenartikeln konzentrieren konnte, während Lamarck in Paris und Haeckel in Jena als Professoren den täglichen Universitätsbetrieb mit Vorlesungen und vielen anderen Pflichten bestreiten mussten. Darwin hat geschickt und pragmatisch ein Netzwerk führender Gelehrter in Europa und den USA um sich herum gespannt und seine Werke, insbesondere das 1859 erschienene „Artenbuch“ (On the Origin of Species), beworben. Nur wenige Tage vor dem Erscheinen der Erstauflage (19. November 1859) hatte z. B. der Verleger John Murray III (1808–1892) einen Aufsatz eines Theologen publizieren lassen, in dem in VI Zum Geleit: Von Darwin zur Molekularbiologie polemischer Weise das „gottlose Buch“ kritisiert wurde. Dieser Darwin-kritische Essay weckte breites Interesse an der umfassend angekündigten Neuerscheinung. Als dann am 22. November das „Artenbuch“ in die Buchhandlungen kam, war die Erstauflage (1250 Exemplare, darunter 1192 zum Verkauf vorgesehen) am ersten Tag vergriffen. Die zweite Auflage (3000 Exemplare) ist kurz darauf, am 26. Dezember 1859 (mit der Jahreszahl 1860), erschienen. Diese Version wurde dann im Schnellverfahren von dem Heidelberger Paläontologen Heinrich Georg Bronn (1800–1862) ins Deutsche übersetzt und in unserem Land verbreitet. Der zweite und wichtigere Grund für Darwins hohen Bekanntheitsgrad liegt jedoch in der Breite und Tiefe, also dem Umfang und der Originalität seiner wissenschaftlichen Werke begründet. Noch im „Darwin-Jahr 2009“ war es außerhalb der Kreise unserer Wissenschaftshistoriker weitgehend unbekannt, dass Charles Darwin neben seinem „Artenbuch“ 15 weitere wissenschaftliche Werke hinterlassen hat, wobei er nahezu alle Teilgebiete der Biologie und Geologie seiner Zeit bearbeitete. In einem populären Sachbuch habe ich demgemäß den Evolutionsforscher Charles Darwin als Geologen, Biogenese-Theoretiker, Tier-Systematiker, Blütenbiologen, Pflanzenphysiologen, Tierpsychologen und Boden (Regenwurm)-Biologen beschrieben und seine Leistungen auf all diesen Gebieten unter Verweis auf die Originalquellen gewürdigt 1). Trotz dieser Vielfalt an Forschungsschwerpunkten und Fachpublikationen hat Darwin das „Artenbuch“ als seinen wichtigsten Beitrag zur Naturkunde seiner Zeit angesehen. Dies führte der Autor zum einen auf die Breite der in der Origin of Species zusammengetragenen Fakten und andererseits auf die dort vorgestellten weitreichenden Schlussfolgerungen bzw. Interpretationen, das bedeutet Theorien, zurück. Neben der Übersetzung der zweiten Auflage durch Bronn, die heute in einer von Thomas Junker herausgegebenen Faksimile-Ausgabe vorliegt 2), ist die Übersetzung der letzten (6.), am 19. Februar 1872 erschienenen Endfassung von Bedeutung. Diese im Jahr 1876 von dem Leipziger Zoologen Julius Victor Carus (1823–1903) vorgenommene Übersetzung ins Deutsche ist hier abgedruckt. Der klassische Text wurde durch Kurz-Biografien und Artikel ergänzt und durch die Beigabe zahlreicher Bilder illustriert. Vergleichen wir die erste, 1859 erschienene mit der letzten (definitiven) Auflage, so fällt auf, dass Darwin zahlreiche Zusätze und Änderungen vorgenommen hat. So wurde z. B. das Wort „Evolution“ in der Erstauflage kein einziges Mal erwähnt: Darwin spricht von seiner „Theorie der Deszendenz mit Modifikation“. Erst in späteren Auflagen verwendete er gelegentlich das von dem Philosophen Herbert Spencer (1820–1903) in die Biologie eingeführte Wort „Evolution“ als Synonym für sein Konzept der „Abstammung mit Abänderung“. Trotz dieser und anderer stetiger Verbesserungen und Ergänzungen des Urtextes sind die fünf Hauptaussagen des „Darwinismus“ – ein veraltetes Synonym für den Inhalt der Origin of Species – bis zur 1872 erschienenen letzten Auflage dieselben geblieben: 1. Die Tier- und Pflanzenarten haben sich im Verlauf der Erdgeschichte gemäß dem Prinzip der Deszendenz mit Modifikation (Abstammung mit Abänderung) gewandelt. Evolution wurde somit von Darwin, wie bereits 50 Jahre zuvor von J.-B. Lamarck, in vorsichtigen Worten als realhistorischer Prozess umschrieben und dem damals noch populären Glauben an „unabhängige EinzelErschaffungen der Lebewesen“ entgegengesetzt. Es sollte hervorgehoben werden, dass Darwin auf durchschnittlich jeder vierten Seite seines Hauptwerks vom „Schöpfer“ spricht, aber das Wort „Bibel“ nicht erwähnt. 2. Alle Lebewesen der Erde stammen von gemeinsamen Urformen ab, die vor langer Zeit existiert haben. 3. Die stetigen Arten-Transformationen verliefen in kleinen Schritten (graduell) und nicht sprunghaft. 4. Im Verlauf der Jahrmillionen kam es zu einer Vervielfachung der Arten, u. a. durch geographische Aufspaltung der Tier- und Pflanzenpopulationen. 5. Die natürliche (und sexuelle) Selektion ist als eine wichtige, aber nicht die einzige „Antriebskraft“ des Artenwandels zu interpretieren. Wie Ernst Haeckel hervorgehoben hat, sollte man die beschreibenden Teil-Theorien von Charles Darwin, also die zeitlichen und räumlichen Aspekte der Evolution, Konzepte 1. bis 4., als „Abstammungslehre“ bezeichnen und nur die Selektionstheorie (5.) mit dem Wort „Darwinismus“ gleichsetzen. Diese Terminologie ist inzwischen überholt. Heute sprechen wir vom „Darwin-Wallace-Prinzip der natürlichen Selektion“, um den Mit-Entdecker des AusleseMechanismus in der Natur, Alfred Russel Wallace (1823– 1913), seinen Leistungen entsprechend zu würdigen. Es wird auch heute noch immer wieder gefragt, ob Darwin mit seinen „Artenbuch-Theorien“ Recht gehabt hätte. Diese Frage kann mit einem „Im Prinzip ja, im Detail nein“ beantwortet werden. Die wesentlichen Aussagen von Darwin wurden durch die moderne Evolutionsforschung, insbesondere unter Einsatz paläontologischer und molekularbiologischer Methoden, in vollem Umfang bestätigt. Allerdings sind zahlreiche neue Fakten, Prinzipien und Theorien hinzugekommen, von denen Darwin nichts wissen konnte, wie Vererbung über Gameten und die Keimbahn/Soma-Differenzierung; Endosymbiose als Triebkraft der Zell-Evolution; die Erdplatten-Dynamik mit der Konsequenz einer kontinuierlichen Umgestaltung der Lebensräume des Planeten und viele andere Erkenntnisse der Biologie und Geologie 3). Unser stetig wachsendes 1) Kutschera, U. (2009) Tatsache Evolution. Was Darwin nicht wissen konnte, dtv, München. 2) Darwin, C., Junker, T. (Hrsg.) (2008) Über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzen-Reich durch natürliche Züchtung, Wissenschaftl. Buchgesellschaft, Darmstadt. 3) Kutschera, U. (2008) Evolutionsbiologie, 3. Aufl., Ulmer, Stuttgart. Zum Geleit: Von Darwin zur Molekularbiologie „Theoriensystem Evolutionsbiologie“ hat sich daher so weit von den ursprünglichen Thesen aus dem 19. Jahrhundert entfernt, dass Charles Darwin heute keine Prüfung im Fachgebiet der Evolutionswissenschaften bestehen könnte. Grundbegriffe wie Phänotyp, Genotyp, DNA-Sequenzen oder molekulare Phylogenetik waren dem Urvater dieser Wissenschaftsdisziplin unbekannt. Dennoch ist die hier in einer Neuausgabe vorliegende 6. Auflage der Origin of Species (1872) keineswegs veraltet. Beim Lesen dieses großartigen Werkes wird deutlich, welche Geistesleistung sich hinter Darwins fünf BasisTheorien zur Evolution der Organismen verbirgt. Eine derart umfassende Ansammlung empirischer Tatsachen („Fakten“, ein von Darwin immer wieder gebrauchtes Wort) haben wenige Naturforscher jemals in einem Buch zusammengetragen, um eine Kern-Aussage, bei Darwin lautet diese: „Die Lebewesen haben sich aus gemeinsamen Urformen über natürliche Ausleseprozesse, dem Daseinswettbewerb in der Natur, zur heutigen Artenvielfalt entwickelt“, zu begründen. Kommen wir nun auf die Frage nach den Konsequenzen aus Darwins „Artenbuch-Thesen“ bezüglich der christlichreligiösen Glaubenslehre zu sprechen. Alle drei Evolutionsforscher, Lamarck, Darwin und Haeckel, sind mit der Bibel auf dem Nachttisch erzogen worden. Daher waren diese drei großen Biologen während ihrer Jugend noch gläubige Christen. Interessanterweise sind aber Lamarck, Darwin und Haeckel durch die intensive Beschäftigung als Naturforscher diese eingeimpften religiösen Glaubensinhalte mit der Zeit immer fragwürdiger geworden, mit dem Resultat, dass sich alle drei Wissenschaftler in späteren Jahren ganz vom christlichen Bibel-Glauben gelöst haben. Der mehr oder weniger verdeckte „Atheismus“ der drei Biologen hat ihnen viele Angriffe und nutzlose Debatten eingebracht. So hat Charles Darwin aus Angst vor öffentlichen Anfeindungen und möglicherweise auch aus Rücksicht seiner religiös geprägten Ehefrau gegenüber ab der 1860 erschienenen 2. Auflage des „Artenbuchs“ am Ende des Textes ein Zugeständnis an die Theologen seiner Zeit eingearbeitet, das bis heute Nachwirkungen zeigt. Die in der Erstfassung (1859) geäußerte Theorie (2.), den ersten Ur-Formen sei „das Leben eingehaucht worden“ (eine Referenz des studierten Theologen Darwin an ein Bibelzitat), wurde ab der 2. bis zur 6. Auflage mit dem Zusatz „durch den Schöpfer“ versehen. Obwohl Darwin in privaten Briefen immer wieder betont hatte, dass unter „Schöpfung“ der Satz „wir wissen es nicht“ zu verstehen sei, wurde dieser kleine Zusatz von Generationen von Theologen immer wieder zitiert, um die angebliche Vereinbarkeit christlich-religiöser Glaubensinhalte, die auf biblischen Wundern basieren, mit den Erkenntnissen der Evolutionsforschung, die auf empirischen Fakten aufbauen, zu begründen. VII Liest man Darwins „Artenbuch“ in seiner hier vorliegenden 6. Auflage jedoch als Ganzes, so wird deutlich, dass der Autor in diesem Werk eine strikte Trennung von religiösem Glauben und empirischen Fakten vollzogen hat. Dieses Prinzip habe ich an anderer Stelle als „Darwins Philosophischen Imperativ“ bezeichnet. Wir müssen daher die Schlussfolgerung ziehen, dass Charles Darwin die damals noch junge Biologie von christlich-religiösen Dogmen befreit hat und somit als einer der Ersten die „Gottlosen“, streng logisch-rational ausgerichteten Life Sciences mit begründete. Dies war meiner Ansicht nach eine der größten Leistungen von Charles Darwin, dem „Newton der Biologie“ (A.R. Wallace), da nur unter strikter Einhaltung des Prinzips des methodischen Naturalismus echte Naturforschung und darauf aufbauende wissenschaftliche Theorienbildung möglich ist. Vor Darwin (1859 bzw. 1872) haben die meisten Biologen noch übernatürliche biblische Wundergeschichten in ihren Fachbüchern erwähnt bzw. diskutiert – der psychologische Druck, den die christlichen Kirchen auf die Bevölkerung ausgeübt hatten, war Anfang des 19. Jahrhunderts noch übermächtig. Nach dem Erscheinen dieses hier abgedruckten wohl wichtigsten Werkes der gesamten Biologiegeschichte setzte nach 1859 rasch eine „Befreiung“ der Evolutionsforschung von christlich-religiösen Glaubensinhalten ein. Diese, aus den klassischen Werken von Lamarck, Darwin und Haeckel hervorgegangene naturalistische Wissenschaftsdisziplin konnte sich in den letzten Jahrzehnten zu jenem gigantischen, prächtigen Theoriensystem entwickeln, das heute unter dem Begriff Evolutionsbiologie weltweit anerkannt ist und stetig durch neue Erkenntnisse ausgebaut und vertieft wird. Der eingangs erwähnte Zoologe und Wissenschaftstheoretiker Theodosius Dobzhansky hat den berühmten Satz formuliert „Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, außer im Lichte der Evolution“. Dieser Ausspruch sollte allen Studienanfängern der Biowissenschaften mit auf den Weg gegeben und wie folgt begründet werden. Ohne das übergeordnete organisierende Darwinsche Prinzip der „Deszendenz mit Modifikation“, kombiniert mit der heute vielfach bestätigten Erkenntnis von der „Gemeinsamen Abstammung aller Organismen der Erde“ wäre die Biologie noch immer eine chaotische Sammlung zusammenhangloser Fakten. Diese Einzeltatsachen ergaben erst ein sich gegenseitig ergänzendes Gesamtbild, nachdem 1859/1872 Charles Darwins Origin of Species erschienen war. Dieses, hier in einem illustrierten Nachdruck vorliegende Buch hat somit die Biologie von einer „Käfer-Sammelkunst“ in den Rang einer systematischen Naturwissenschaft erhoben. Darwins Origin of Species sollte daher, gerade im so genannten „Zeitalter der Molekularbiologie“, als Basis-Werk der Life Sciences immer wieder studiert werden. Ulrich Kutschera Universität Kassel/Stanford (USA), im Juli 2012 IX Inhaltsverzeichnis Zum Geleit: Von Darwin zur Molekularbiologie V Ulrich Kutschera Vorwort – Warum dieses Buch? XI Danksagungen XV Autorenverzeichnis XVII Einführung der Herausgeber XIX Teil A Die übersetzten Originalwerke von Charles Darwin und Alfred Russel Wallace Teil A.1 Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl von Charles Darwin 1 1 Historische Skizze der Fortschritte in den Ansichten über den Ursprung der Arten (bis zum Erscheinen der ersten Auflage dieses Werkes) 3 Einleitung 9 1 Abänderung im Zustand der Domestikation 13 2 Abänderung im Naturzustand 39 3 Der Kampf ums Dasein 57 4 Natürliche Selektion oder Überleben des Passendsten 69 5 Gesetze der Abänderung 107 6 Schwierigkeiten der Theorie 7 Verschiedene Einwände gegen die Theorie der natürlichen Selektion 167 8 Instinkte 201 9 Bastardbildung 223 10 Unvollständigkeit der geologischen Urkunden 247 11 Geologische Aufeinanderfolge organischer Wesen 12 Geografische Verbreitung 291 13 Geografische Verbreitung (Fortsetzung) 317 14 Gegenseitige Verwandtschaft organischer Wesen; Morphologie; Embryologie; Rudimentäre Organe 339 15 Allgemeine Wiederholung und Schluss 379 Teil A.2 Beiträge von Alfred Russel Wallace 16 Brief an die Linnean Society 1858; Sarawak Essay 1855; Ternate Essay 1858 133 269 395 397 X Inhaltsverzeichnis Teil B Heutige Sicht auf die Evolutionstheorie nach Darwin und Wallace – Themen aus Molekularbiologie, Ethologie, Immunologie und Ökologie 413 17 Gen- und Genomorganisation 415 Paul Wrede 18 Ursprung des Lebens und Prinzipien der Evolution 429 Peter Schuster 19 Die Rolle der Entwicklungsbiologie für die Evolution Ralf J. Sommer 20 Die Honigbiene – vom „intellektuellen Bienenstachel Darwins“ zum Musterfall der Evolutionsforschung 455 Jürgen Tautz 21 Der Bau von Hügelnestern bei Waldameisen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Besiedlung von Waldbiotopen 461 Walter Kirchner 22 Evolution und Immunität 469 Peter Walden 23 Darwin und die Bryozoa: Porträt einer folgenreichen Beziehung 483 Joachim Scholz und Mary E. Spencer Jones 24 Die K/T-Grenze und das große Sauriersterben Jörg Fritz und Paul Wrede 25 Angewandte Evolutionstheorie – Perspektive für den medizinischen Fortschritt 503 Gisbert Schneider Teil C Zur Geschichte der handelnden Wissenschaftler 26 Biografie Charles Robert Darwin 513 Saskia Wrede 27 Alfred Russel Wallace – Bescheidener Entdecker der Evolutionstheorie 523 Saskia Wrede 28 Die wissenschaftshistorische Bedeutung von Charles Darwin und Alfred Russel Wallace. Eine Notiz Hans-Jörg Rheinberger Teil D Nachspann 29 Ausblick: Darwins Erbe für die Zukunft 539 Reinhold Leinfelder 538 Weiterführende Literatur 547 Glossar 553 Abbildungsnachweis 563 Personenverzeichnis 567 Sachverzeichnis 569 445 499 512 531 XI Vorwort – Warum dieses Buch? Was bleibt übrig von den vielen Veranstaltungen und Publikationen der vergangenen Jubiläumstage zur Veröffentlichung des epochalen Werkes Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl 1) am 24. November 1859? Eine ganze Menge an neuer Literatur, hauptsächlich zum Leben des außergewöhnlichen Naturforschers, der das weltweite Denken in der Biologie seit diesem Tage grundlegend verändert hat. Das jetzt vorliegende Buch befasst sich mit der Art einer Würdigung der Origins of Species, wie sie bisher so noch nicht erfolgte: Aufsätze namhafter Evolutionsbiologen, die auf Darwins unübersehbaren Einfluss in der aktuellen Forschung einiger unterschiedlicher biologischer Disziplinen eingehen. Aussagekräftige Abbildungen und Erläuterungen zu den einzelnen Kapiteln, dazu etliche Hinweise zu historisch bedeutsamen zeitgenössischen Naturforschern, tragen zum leichteren Verständnis des DarwinTextes bei. Natürlich musste auch auf den weiteren Protagonisten der Entdeckung der neuartigen Evolutionsprinzipien, den englischen Naturforscher Alfred Russel Wallace, eingegangen werden. Das geschieht durch die Vorstellung seiner beiden prägnanten Essays: dem Ternate und Sarawak Essay. Für die biologischen Wissenschaften ist die Evolutionstheorie Darwins immer noch das grundlegende Konzept zur Erklärung der Artenvielfalt, des Wechselspiels zwischen Variation der Organismen, hervorgerufen durch Mutationen, und der Selektion, der Auswahl der am besten an die jeweiligen Umwelt Angepassten. Anfang 1970 fand das Konzept der Evolution als effizientes, erfolgreiches Optimierungsverfahren auch Eingang in die Ingenieurwissenschaften. Das als Evolutionsstrategie 2) entwickelte Verfahren, mit seinen verschiedensten Anwendungen in der Strömungslehre wie z. B. dem Bau von Flugzeugflügeln oder der Optimierung der Unterwasserformen bei Schiffen, kann als ein beeindruckendes Simulationsexperiment aufgefasst und überzeugendes Indiz für die Erklärungskraft der Selektionstheorie nach Darwin angesehen werden. Trotz ihrer Erfolge wird die biologische Evolutionstheorie vor allem in Amerika durch die Gruppe der Kreationisten heftig angegriffen. Für sie ist die biblische Schöpfungsge1) Darwin, C. (1963) Die Entstehung der Arten, Reclam, Stuttgart. 2) Rechenberg, I. (1973) Evolutionsstrategie, Fromann-Holzboog, Stuttgart. schichte die einzige gültige Aussage zur Entstehung des Lebens und der Arten auf der Erde. Zum Glück hat sich in Europa dieser nicht wissenschaftliche Ansatz zur Evolution noch nicht verbreitet, aber es ist sicherlich gut, sich mit fundiertem Wissen gegen diese rückständigen und überholten Vorstellungen zu wappnen. In Darwins bekanntestem Werk Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl werden die vielen bereits zur damaligen Zeit erhobenen theologischen Einwände gegen die Evolutionstheorie, die heute unverändert wieder in die Öffentlichkeit getragen werden, aus naturwissenschaftlicher Sicht gründlich und überzeugend widerlegt. Aber nur wenige Biologen, geschweige denn die breite Öffentlichkeit, haben das gesamte Buch Über die Entstehung der Arten gelesen. Das Wissen um die Evolutionstheorie tritt in der Allgemeinheit oft nur stark eingeengt auf, mit Formulierungen wie Der Kampf ums Dasein (Kapitel 3) oder das Überleben des Tüchtigsten. Aber wie lässt sich die umfangreiche Theorie zur Entstehung der Arten in einer gut verständlichen Form verbreiten, so dass die wertvollen Gedanken und Vorstellungen Darwins in einem sinnvollen biologischen Zusammenhang gesehen und damit von jedem Einzelnen in der Gesellschaft gewinnbringend wahrgenommen werden können? Wir denken dabei an die Entwicklung von Konzepten zur Erhaltung der Artenvielfalt, schonenden landwirtschaftlichen Nutzung, zum sorgsamen Umgang mit den Ressourcen des Meeres bis hin zu Programmen für die medizinische Forschung oder eines tragfähigen Gesundheitssystems. Viele Vorgänge in der Natur lassen sich im Lichte der Evolutionstheorie überzeugend erklären. Doch die Lektüre des Originals, auch in ihrer deutschen Übersetzung, ist für viele auch in der heutigen Zeit schwer zu lesen. Dies ist vor allem der Fülle an detaillierten Daten und des Fehlens jeglicher Abbildungen, außer einer abstrakten, baumartigen Darstellung des Prinzips der Artenentwicklung durch Variation und Selektion geschuldet. Paradoxerweise hat Darwin besonderen Wert auf eine allgemeine Verständlichkeit seines grundlegenden Buches gelegt und bewusst auf eine wissenschaftliche Fachsprache verzichtet. Wegen der Verwendung der lateinischen Bezeichnungen der vielen er- XII Vorwort – Warum dieses Buch? wähnten Organismen fällt jedoch den meisten heutigen Lesern die Lektüre des Buches recht schwer, vor allem, wenn sie nicht in den biologischen Wissenschaften ausgebildet sind. Darwin pflegte einen recht umfangreichen Kontakt zu den zeitgenösssischen Wissenschaftlern, aber auch zu den zahlreichen englischen „Liebhaber-Biologen“. Es werden mehr als 270 Persönlichkeiten in seinem Buche erwähnt. Wir beschränken uns in der Vorstellung der Biographien allerdings auf einige der wichtigsten aus den unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft. Eine umfangreiche Aufstellung von 270 Biographien befindet sich auf der Webseite: http: //www.wiley-vch.de/home/darwin Darwin war nicht nur Wegbereiter für die Evolutionsbiologie, sondern auch für weitere wichtige Gebiete in der Biologie, wie der Verhaltensforschung, Ökologie, Paläontologie und Biogeographie. Ebenso kann Alfred Russel Wallace zu den Pionieren, vor allem der Biogeographie, gezählt werden. So liefert Darwin überzeugende Erklärungen für die Entstehung einer Fülle ungewöhnlicher Verhaltensmuster bei Tieren und der gegenseitigen Anpassung, beispielsweise von Insekten und „ihren“ Blüten. Vor allem die gleichzeitige Anpassung an viele unterschiedliche Faktoren beschreibt Darwin an einer großen Zahl von Beispielen aus weiten Teilen der Welt. Um einige der von Darwin besprochenen Beispiele herauszugreifen: Wie verlief die Evolution des Brutparasitismus beim Kuckuck oder wie kam es zur komplizierten Gestaltung der Wasserfalle einer Orchideenblüte, die äußerst sinnvoll für die Bestäubung der Pflanze ist? Um die Attraktivität dieses wissenschaftlich herausragenden Werkes zu erhöhen und die Lesbarkeit zu erleichtern, fügen wir zu fast allen erwähnten Beispielen, meistens handelt es sich um solche aus der Tier- und Pflanzenwelt, möglichst aussagekräftige Abbildungen und Graphiken in Farbe ein, die in einer begleitenden Legende ausführlich beschrieben werden. Die Abbildung bezieht sich genau auf das im Text genannte Beispiel, wobei die Legende erklärt, worauf es in der Darstellung im Zusammenhang mit dem Text ankommt. Wo es erforderlich ist, gibt es auf der Webseite zusätzliche Erläuterungen, die auf die heutigen Erkenntnisse aus der Molekularbiologie, Genetik, Zoologie, Botanik oder Ethologie eingehen. Des Weiteren werden grundsätzliche Fragen der Evolution aus heutiger Sicht im Abschnitt B von namhaften Wissenschaftlern behandelt und bewertet. Das Buch verfolgt daher ein doppeltes Ziel: Darwins „Entstehung der Arten“ durch Abbildungen anschaulicher zu gestalten und zugleich mit dem heutigen Forschungsstand abzugleichen. Während der Vorbereitung zu diesem Buch kamen wir nicht umhin, uns auch mit Alfred Russel Wallace (8. Januar 1823–7. November 1913) zu beschäftigen. Wallace kam unabhängig von Darwin auf fast die gleichen Aussagen zur Evo- lutionstheorie. Dies ist vielleicht nicht verwunderlich, denn beide waren leidenschaftliche Naturforscher (engl.: Naturalist) und Insektensammler, und vor allem haben sie beide auch die Arbeiten zur Populationsentwicklung und zum Populationsverhalten von Thomas Malthus gelesen, der das Fehlen eines unbegrenzten Wachstums als Gleichgewicht mit den begrenzten Ressourcen erklärte. Ein weiteres für beide sehr prägendes Buch war Charles Lyells Principles of Geology, in dem er allein den Aktualismus als Theorie der Entwicklung der Erdoberfläche gelten lässt. Danach verlaufen die Veränderungen auf der Erdoberfläche langsam und wurden durch die gleichen Kräfte in der Vergangenheit verursacht, wie sie auch heute noch ständig am Werke und dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen. Beide, Darwin und Wallace, haben mehrjährige Forschungsreisen unternommen. Darwin auf der HMS Beagle, mit der er rund um den Globus nahezu fünf Jahre (27. Dezember 1831–2. Oktober 1836) unterwegs war, davon fast drei Jahre allein für Landgänge verwenden konnte, und Wallace, der zwei große Reisen unternahm, einmal 1848 nach Südamerika in die Urwälder des Amazonasgebietes und zum anderen für acht Jahre von 1854–1862 in den Malaiischen Archipel. Dort, auf einer kleinen Insel der Molukken –wahrscheinlich Ternate – verfasste Wallace im Fieberrausch im Februar 1858 innerhalb einer Woche einen Essay mit der knappen Beschreibung einer Evolutionstheorie, die sich mit der von Darwin in allen wesentlichen Punkten deckte. Dieser Aufsatz wird zusammen mit einem zweiten von Wallace verfassten Aufsatz, dem Sarawak Essay, im vorliegenden Buch ebenfalls vorgestellt. 3) Die aus Darwins Sicht anfänglich durch Konkurrenz bedrohte Beziehung zu Wallace wandelte sich in einen gegenseitigen, aufrichtigen Respekt und in eine hohe Achtung der wissenschaftlichen Arbeiten. Unabhängig davon wie man den Prioritätenstreit entscheiden oder bewerten mag, England kann sich glücklich schätzen, gleich zwei herausragende geniale Forscher zur selben Zeit hervorgebracht zu haben. Beide beeinflussen bis zum heutigen Tage nachhaltig das Denken auf der gesamten Welt, Darwin sicherlich noch etwas mehr und konsequenter als Wallace. Darwin scheute zwar die Öffentlichkeit und verließ Downe fast nie, dennoch hatte er zu vielen Wissenschaftlern seiner Zeit regen brieflichen Kontakt. Im Register sind über 270 Namen an Wissenschaftlern, aber auch Züchtern und bekannten Naturinteressierten aufgeführt, zum Verständnis des wissenschaftlichen Hintergrundes stellen wir davon etwa 30 in kurzen Biographien vor. Es mangelt bisher an einer umfassenden Darstellung zur Geschichte der vielen Übersetzungen und Übersetzer des On the Origin of Species. Dies kann hier nicht nachgeholt werden, daher sei nur ganz kurz auf das Wesentliche eingegangen. Insgesamt hat Darwin sechs Auflagen seines wichtigen 3) Wallace, A.R. (1870) Über das Gesetz, welches das Entstehen neuer Arten regulirt hat, in Charles Darwin und Alfred Russel Wallace. Ihre ersten Publicationen über die „Entstehung der Arten“ nebst einer Skizze ihres Lebens und einem Verzeichniß ihrer Schriften (Hrsg. A.B. Meyer), Verlag Eduard Besold, Erlangen, S. 14–38. Wallace, A.R. (1858) Über die Tendenz der Varietäten unbegrenzt von dem Originaltypus abzuweichen. ebenda S. 39–56. Vorwort – Warum dieses Buch? Werkes selbst bearbeitet: 1. Auflage 24. November 1859 2. Auflage 1860 3. Auflage 1862 4. Auflage 1866 5. Auflage 1869 6. Auflage 1872 Natürlich stürmten nach der Veröffentlichung der ersten Auflage die Angebote nach Übersetzungen auf Darwin nur so ein. Er hatte bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet mit dem Reisetagebuch The Voyage of the Beagle (veröffentlicht: 1839), also Die Reise der Beagle gemacht, die übrigens von Alexander von Humboldt (14. September 1769–6. Mai 1859) sehr gelobt wurde. Die Übersetzung der ersten Auflage des „Reisetagebuchs“ erfolgte auf Anregung Alexander von Humboldts und Justus von Liebigs (12. März 1803–18. April 1873) durch Ernst Dieffenbach (27. Januar 1811–1. Oktober 1855) und erschien 1844. Auf Darwins Veranlassung hin wurde ein Exemplar des „Origin“ an den Heidelberger Paläontologen und Zoologen Heinrich Georg Bronn (3. März 1800–5. Juli 1862) geschickt, als Zeichen seiner aufrichtigen Hochachtung, wie er ihm das selbst am 4. Februar 1860 schrieb. Heinrich Georg Bronn war der erste Ordinarius für Zoologie (seit 1837) an der Universität Heidelberg und stand auch für die Fächer Allgemeine Naturgeschichte und Forstwissenschaft, sein Schwerpunkt lag aber auf der Paläontologie, oder wie man damals sagte, der Petrefaktenkunde (der Lehre über die Versteinerungen und Fossilien). Bronn verfasste die erste deutsche Übersetzung. Sie erschien 1860 unter dem Titel Über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzen-Reich durch natürliche Züchtung, oder Erhaltung der vollkommensten Rassen im Kampfe um’s Daseyn. Bronns Übersetzung enthielt jedoch mehrere Veränderungen, die bekannteste ist das Weglassen des am Ende des Werkes geschriebenen prophetischen Satzes: „Es wird Licht fallen auf den Ursprung des Menschen und auf seine Geschichte.“ Ende des Jahres 1860 verfasste Darwin eine „historische Vorrede“, die einer amerikanischen Ausgabe vorangestellt XIII werden sollte, und in England erst 1862 in der dritten Auflage erschien. Sie wurde allerdings schon zwei Jahre zuvor in die deutsche Übersetzung von Bronn des Jahres 1860 eingefügt. Der hier vorliegende Text ist die Übersetzung von Julius Victor Carus zu der in England erschienenen 6. Auflage von 1872, die natürlich die Historische Skizze enthält. Die Übersetzung von Carus erschien im Jahre 1876 bei der Schweitzerbart’schen Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 4). Diese Carus-Übersetzung gilt als die Standardübersetzung. Eine weitere, spätere Übersetzung erfolgte durch Carl W. Neumann und ist die Grundlage des im Reclam Verlages 1963 erschienen Buches: Die Entstehung der Arten 5). Julia Voss hat in ihrem Buch „Darwins Bilder: Ansichten der Evolutionstheorie 1837 bis 1874“ 6) die Entstehungsgeschichte der Evolutionstheorie recherchiert und dabei die bedeutende Rolle von Bildern aufgezeigt. Darwin hat seine Ideen anhand von zahlreichen Abbildungen entwickelt, von denen etliche immer noch sehr gut für heutige Veröffentlichung geeignet sind, und einige deshalb hier verwendet wurden. Die Herausgeber hoffen mit ihrem Konzept dazu beizutragen, dass Charles Darwins bedeutendes Werk einem breiteren Publikum zugänglicher wird, sowohl im Verständnis der Evolutionsprozesse als auch in der wissenschaftshistorischen Bedeutung. Die Ideen Darwins entstanden nicht aus sich heraus, sondern entstammen seinem hohen Abstraktionsvermögen in der Auswertung aller von ihm in unermüdlichem Fleiß zusammengetragenen Beobachtungen, der von mehreren hundert, hauptsächlich zeitgenössischen Wissenschaftlern stammenden experimentellen Ergebnisse und seinen eigenen Untersuchungen. Der Originaltext Darwins wurde wegen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit an die neue deutsche Rechtschreibung angepasst. Des Weiteren führten wir zur Hervorhebung wichtiger Tatsachen im Text folgende Einfärbungen ein: Fett gedruckte Namen: Kurzbiografie im Buch Blau: Wichtige Aussagen und Schlussfolgerungen Rot: Hinweis auf die biblische Schöpfungsgeschichte Grün: Aussagen zu den Galapagos Inseln. Paul Wrede und Saskia Wrede Berlin, im Juli 2012 4) Darwin, C. (1988) Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kammpfe um’s Dasein nach der letzten englischen Ausgabe wiederholt durchgesehen von J. Victor Carus Hrsg., eingeleitet und mit einer Auswahlbiographie versehen von Gerhard H. Müller, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt. 5) Darwin, C. (1963) Die Entstehung der Arten, Reclam, Stuttgart. 6) Voss, J. (2007) Darwins Bilder: Ansichten der Evolutionstheorie 1837–1874, Fischer, Frankfurt/M.