Selektive Parasitenkontrolle beim Pferd Das „Wurminventar“ unserer Pferdebestände hat sich in den letzten 20 Jahren verändert, das Entwurmungskonzept jedoch nicht: Heutige Pferdebetriebe sind gekennzeichnet durch immer mehr Pferde auf immer weniger Weideland, was die Verbreitung von Endoparasiten stark begünstigt. Durch besseren Haltungs- und Fütterungsbedingungen kompensieren Pferde die parasitenbedingten Schäden besser und erscheinen meist klinisch inapparent. Aufgrund der beängstigenden Resistenzsituation besteht Handlungsbedarf, um die Wirksamkeit noch funktionierender Anthelminthika gegenüber kleinen Strongyliden längerfristig zu erhalten. Wissenswertes zu kleinen Strongyliden Die Entwurmungsstrategien der vergangenen Jahre waren erfolgreich in der Reduktion der Wurmbürde grosser Strongyliden, jedoch kaum bei kleinen Strongyliden. Gleichzeitig sind immer mehr Würmer gegen immer mehr Wurmmittel resistent. Am gravierendsten ist die Situation bei den kleinen Strongyliden, die weitgehend resistent gegen Benzimidazole und Pyrimidone und manchmal bereits auch gegen makrozyklische Laktone sind. Auf Betriebsebene beträgt die Prävalenz kleiner Strongyliden nahezu 100% und rund 2/3 der einzelnen Pferde sind befallen, wobei die Zahlen von Jahr zu Jahr grossen Schwankungen unterliegen können, je nach Witterung. Kleine Strongyliden sind heute die wichtigsten Parasiten unserer Pferde. Entwicklungszyklus kleine Strongyliden Adulte Würmer leben im Darm des Pferdes und scheiden Eier aus, die mit dem Kot ins Freie gelangen. Im Kot entwickeln sich innert 5-15 Tagen infektiöse Larven, welche Grashalme erklettern und dort zusammen mit feuchtem Gras aufgenommen werden. Bei Trockenheit und Wärme wandern die Larven zurück in die Grasnarbe. Die aufgenommen Larven machen eine histiotrope Phase, eine Art Winterschlaf - genannt Hypobiose - in der Dickdarmmukosa durch, sind in dieser Zeit klinisch und diagnostisch inapparent und nur mit Moxidectin zuverlässig umzubringen Dank Hypobiose trägt das Pferd seine Umgebungskontamination quasi mit sich herum, weshalb völlig Strongyliden-freie Weiden illusorisch sind. Nach der histiotropen Phase treten die Larven wiederum ins Darmlumen über, reifen dort zu adulten Würmern und scheiden mit dem Kot Eier aus. Die Präpatenz (d.h. die Zeitdauer Infektion bis Eiausscheidung) beträgt ohne Hypobiose 6-12 Wochen, mit Hypobiose bis zu 3 Jahre. Die Eiausscheidung nimmt ab April bis zum Herbst kontinuierlich zu, die Larvendichte auf den Weiden erreicht ihr Maximum im Juli/August. Larven können auf Weiden überwintern, die Infektion geht aber vorwiegend von im Frühjahr ausgeschiedenen Eiern aus. Bei Temperaturen unter 10-12° sistiert die Entwicklung von infektiösen Larven aus Eiern in der Aussenwelt, also in den Monaten November bis März, ebenso bei langdauernder grosser Trockenheit. Infektiöse Larven können mindestens ein Jahr in der Grasnarbe überleben. Gegen kleine Strongyliden wird nur eine inkomplette Immunität ausgebildet und diese kann erst ausreifen, nach wiederholtem, über längere Zeit erfolgten Parasitenkontakt. Sie sehen, kleine Strongyliden sind äusserst flexible und bestens angepasste Überlebenskünstler, ihre gezielte Bekämpfung ist ein Challenge, der sich nicht nur auf den Einsatz noch wirksamer Wurmmittel beschränken darf. Der Anthelminthika-Einsatz soll gezielt und therapeutisch erfolgen, kombiniert mit weide- und stallhygienischer Prophylaxe: Gezieltes Entwurmen, sowenig wie möglich, sooft wie nötig, je nach Bestand und Situation: Absolute Wurmfreiheit ist nicht erreichbar und nicht erstrebenswert, da damit die Ausbildung einer Immunität ausbleiben kann. Entschleunigung der Resistenzentwicklung: Refugien schaffen: Rückzugsgebiete, in denen die Parasiten nicht von Anthelminthika erfasst werden können. Refugien umfassen resistente Parasitenstadien und auch solche, die bisher keinem Selektionsdruck unterlagen, womit sich zusätzlich zur resistenten auch eine empfindliche Wurmpopulation vermehren kann. Tiere mit niedrigem EpG tragen mit ihrer kontinuierlichen Eiausscheidung zur Bildung eines parasitären Refugiums bei. Erwachsene Pferde > 4 Jahre mit Weidegang: Im ersten Untersuchungsjahr: o Eventuell zuerst „Wurminventar“ auf Betriebsebene mittels Flotation/Sedimentation und Larvenkultur aufnehmen. 3 – 4 McMaster Kotuntersuchungen im 2 Monatsrhythmus ab Weidebeginn bis Ende Weidesaison. o Entwurmt wir gezielt nur ab 200EpG (Eier pro Gramm Kot) kleine Strongyliden oder ab 50 EpG an anderen Würmern. o Ungeachtet der Eizahl wird im Herbst eine „Sicherheitsentwurmung“ durchgeführt gegen alle relevanten Endoparasiten. Die derzeit wirksamste Kombination ist Moxidectin/Praziquantel (Equest Pramox von Zoetis). o Eventuell Eizahlreduktionstest zur periodischen Überprüfung der Wirksamkeit des eingesetzten Wurmmittels auf Betriebsebene. Ab dem 2. Untersuchungsjahr reichen 2 – 3 McMaster Kotuntersuchungen pro Pferd aus. Jungpferde < 4 Jahre sollten quartalsweise entwurmt werden, wegen stärkerem Wurmbefall aufgrund noch ungenügend ausgebildeter Immunität. Neuzugänge werden bei Ankunft entwurmt und dürfen frühestens nach 3 Tagen auf die gemeinsamen Weiden. Gastpferden wird aus hygienischen Gründen kein Weidezugang erlaubt. Weidehygiene: Je mehr Weidegang und je höher die Besatzesdichte, umso grösser das Risiko. Mindestens wöchentliches Kotabsammeln, entfernen von Geilstellen und kein Beweiden taunasser Wiesen helfen nachweislich mit, den Infektionsdruck zu vermindern. Endoparasitennachweis beim Pferd im labor-zentral.ch Quantitativer Nachweis von Wurmeiern – McMaster Da ein kleiner Teil der Pferde einen grossen Teil der Wurmbürde an kleinen Strongyliden trägt, machen Bestandes-Stichproben oder gepoolte Proben keinen Sinn. McMaster ist weniger sensitiv als Sedimentation/Flotation, aber nötig zur Bestimmung des Schwellenwertes „entwurmen oder nicht“ und um starke Ausscheider zu ermitteln. Pro Pferd 1 grossen, frischen Pferdeapfel, „obenab“ vom Kothaufen, ohne Bodenkontakt in Plastikbeutel (Robydog) verpacken lassen -> Versand ins labor-zentra.ch per Kurier/A-Post, möglichst nicht übers Wochenende. Bei grösseren Beständen sind wir froh, wenn Sie uns vorher rasch benachrichtigen. Pro Betreib nur 1 Auftragsformular ausfüllen und eine Liste mit Name/Ort Stall und Nennung aller Pferde (Vor- und Nachname) mit Jahrgang dazugeben. Die Probenbeutel eindeutig beschriften. Entwurmt werden sollten Pferde ab 200EpG kleine Strongyliden und ab 50 EpG aller anderen Würmer (Spulwürmer – Parascaris equorum, Zwergfadenwümer – Strongyloides westeri, Bandwürmer Anaplocephala magna, A. perfoliata, Paranaplocephala. Qualitativer Nachweis von Wurmeiern: Kombinierte Flotation/Sedimentation Wurminventar/Beurteilung der Bestandessituation vor Einführung der zeitgemässen „Wurmstrategie“ Nachweis von Rundwürmern, Bandwürmern und evtl. Lungenwürmern: Empfindlichste Nachweismethode für kleine Strongyliden: 100% sensitiv ab 20 EpG. Bandwurmnachweis schwierig wergen sporadischem Abgangs, am erfolgreichsten 18 – 24h nach der Entwurmung mit Praziquantel. Larvenkultur Screening auf Betriebsebene alle 2 Jahre. Unterscheidung zwischen sehr seltenen grossen und kleinen Strongyliden. Anspruchsvoll, dauert 2 bis 3 Wochen. Eizahlreduktionstest Einschätzung der Wurmmittelwirksamkeit auf Betriebsebene, alle 2 Jahre. McMaster Eizählung vor und 10 Tage nach der Entwurmung mit dem in Frage stehenden Wurmmittel. Auswanderung nach Bärmann: Nachweis von Lungenwürmern, indiziert bei Verdachtsdiagnose bei Weidepferden mit Eselkontakt. Sedimentation: Nachweis von Leberegeln. Siehe auch Vetsuisse Empfehlungen: http://www.paras.uzh.ch/diagnostics/veterinary/merkblatt/Helminthenprophylaxe_Pferd_Version_Tieraerzte_Maerz_2013.pdf