Gasterophilusbefall verhindern Magendasseln frühzeitig bekämpfen Großtierpraxis 5:9, 19-20 (2004) von J. Bartz Der Befall mit Gasterophilus-Larven (Magendasseln) ist eine Weideinfektion. In Deutschland ist dafür praktisch nur die Spezies Gasterophilus intestinalis bedeutsam. Ihre Larven werden in bis zu 50 % der Pferde nachgewiesen. Lebenszyklus Die rotgelben bis kastanienbraunen erwachsenen Fliegen erreichen eine Länge von ein bis zwei Zentimetern. Ihre Hauptflugzeit fällt in die Monate Juli und August; in warmen Gegenden fliegen sie teilweise auch bis in den September hinein. Die Weibchen kleben ihre ungefähr zwei Millimeter langen gelben Eier im Flug mit einem Legerüssel überwiegend an die Vorderbeine der Pferde. Gelegentlich werden auch Maul, Nüstern, Flanken, Mähne und Schultern angeflogen. Nach der Embryonalentwicklung schlüpfen die meisten Larven fünf bis zehn Tage nach der Eiablage. Es gibt Hinweise, nach denen einzelne Eier aufgrund einer verlangsamten Entwicklung bis zu zwei Monate infektiös bleiben können. Die geschlüpften Larven werden vom Pferd durch Belecken aufgenommen und erreichen über Mundschleimhaut und Zunge im Herbst und Frühwinter den Magen. Hier heften sie sich mit ihren beiden Mundhaken an der Schleimhaut im Bereich von Pars car- diaca und Margo plicatus an. Nach einer mehrmonatigen parasitären Lebensphase erreichen sie eine Größe von zwei Zentimetern. Im Frühsommer des folgenden Jahres schließlich werden die rötlichen bis gelbbraunen Larven von den Pferden mit dem Kot ausgeschieden und verpuppen sich im Erdboden. Die Puppenruhe beträgt drei bis acht Wochen; dann schlüpft die erwachsene Fliege, die nach der Paarung wieder Eier an den Pferden ablegt. Schadwirkung Geringer Befall bewirkt oftmals keine manifesten Symptome und scheint für Pferde unproblematisch zu sein. Auch bei diesen Patienten stellt sich jedoch eine geringgradige Magenschleimhautreizung ein. Starker Befall führt zu schweren Entzündungen der Magenschleimhaut mit erheblichen Erosionen und in der Folge zu Verdauungsstörungen mit Abmagerung, Blutarmut, Mattigkeit oder Koliken. In einzelnen Fällen wurden bis zu 1.000 Larven in einem Pferdemagen gefunden und Todesfälle ausgelöst. Magendasseln werden als sehr wahrscheinliche Mitverursacher von Magenulzera betrachtet. Bei sehr starkem Befall treten zudem Entzündungen der Mundschleimhaut auf, die aber oft übersehen werden. Diagnose Der Befall lässt sich am lebenden Tier nur mittels Gastroskopie sicher erkennen. Vereinzelt werden abgestorbene Larven zufällig im Kot bereits ab dem frühen Winter aufgefunden; der Massenabgang der reifen Larven erfolgt erst im Frühsommer. Das Vorhandensein der typischen gelblichen Eier in der beschriebenen Flugzeit der Dasselfliege ist daher der einzige Indikator. Sind viele Eier vorhanden, muss man von einem starken Befall ausgehen. Überwiegend im Stall gehaltene Pferde sind natürlich weniger betroffen. Auf manchen Koppeln ist die Prävalenz erheblich, während andere Weiden verschont bleiben. Das erklärt sich mit dem vergleichsweise geringen Aktionsradius der erwachsenen Fliegen. Therapie Die beste Vorbeuge besteht in einem regelmäßigen Entfernen der gelblichen Eier vom Pferd. Waschungen haben sich dafür unter Praxisbedingungen als nicht effektiv erwiesen. Besser ist es, wenn der Pferdehalter die Eier mit einem scharfen Messer alle zwei bis drei Tage vorsichtig vom Fell abschabt und vernichtet. Herkömmliche Repellents scheinen auf Dasselfliegen keine ausreichende Wirkung zu haben. Die Therapie wird als Metaphylaxe durchgeführt und sollte rechtzeitig im GROSSTIERPRAXIS 09/2004 19 DASSELN Jahr vorgenommen werden: Denn mit Einsetzen der kühlen Herbstnächte und Verschwinden der adulten Fliegen werden keine neuen Eier mehr auf den Pferden abgelegt. In Deutschland ist das meist spätestens ab Anfang Oktober der Fall, in vielen Regionen sogar bereits Anfang September. Rechnet man eine um diese Jahreszeit aufgrund der niedrigeren Temperaturen etwas verzögerte Entwicklung der Larven ein, so ist spätestens ab Ende Oktober/Anfang November damit zu rechnen, dass nun praktisch alle Larven vom Pferd aufgenommen wurden. Genau dann ist der richtige Termin für die Behandlung mit den makrozyklischen Laktonen Ivermectin oder Moxidectin. Es ist prophylaktisch nämlich nicht sinnvoll, wegen einiger möglicher Nachzügler unter den Larven die gesamte Behandlung bis in den Dezember hinein aufzuschieben. Viele Pferdehalter haben – vermutlich noch aus den Zeiten der regelmäßigen Anwendung von Organophosphorsäure-Estern - einen Behandlungstermin Anfang Dezember im Kopf. Diese „Nikolausbehandlung“ kommt jedoch insofern zu spät, als sich makrozyklische Laktone im gesamten Gewebe verteilen und bereits die wandernden Larven erreichen. Daher ist es nicht sinnvoll, den Dassellarven unnötig viel Zeit und damit auch Schadwirkung im Pferdekörper zuzugestehen. nehmen, um größere Mengen von Nachzüglern zu erfassen. Aufgrund der ohnehin zusätzlichen breiten anthelminthischen Wirkung der makrozyklischen Laktone eröffnet deren Anwendung in Kombination mit dem Wirkstoff Praziquantel die Möglichkeit, auch die Bandwürmer zu erfassen und auf diese Weise eine effektive Komplettbehandlung aller wesentlichen Parasiten des Pferdes zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt – am Ende der Weideperiode – durchzuführen. Anschrift des Verfassers: In Jahren bzw. in Regionen mit übermäßig starkem Dassel-Aufkommen kann es stattdessen sinnvoll sein, eine zweite Behandlung im Januar vorzu- Dr. Jürgen Bartz Schulstraße 9 A 24568 Kaltenkirchen GEFÄHRDETE RASSEN Rasseporträt Leutstettener Pferd Jeder, der das Gestüt Leutstetten bei Starnberg im Süden Münchens besucht, ist beeindruckt von der Einheitlichkeit der dort bestehenden Herde. Sei es de Laie, der staunend fragt: „Wie kennt man die denn auseinander?“ oder der Fachmann, der Exterieur, Farbe und Temperament beurteilt. Der aktive Zuchtbestand beim Leutstettener Pferd liegt bei 10 Zuchtstuten und 2 Deckhengsten. Idealisten wie Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ludwig von Bayern ist es mit inzwischen 90 Lebensjahren zu verdanken, dass diese Pferderasse nicht ausgestorben ist. Die Geschichte dieser Pferderasse ist vielfältig und bewegt zugleich. Die erste Erwähnung dieser Zucht stammt aus dem Jahr 1816 vom Gestüt Sávár in West-Ungarn. Durch Erbschaft wurde die Zucht im Jahr 1875 an das bayerische Haus Wittelsbach übergeFoto: GEH, Witzenhausen ben. Sárvár wurde zum Lieferanten für die besten Reitpferde nach Bayern. Gesundheit, Ausdauer, ausgeglichenes Temperament und Leistungsbereitschaft galten als die Vorzüge dieser Rasse. Zudem waren einheitliche Kavalleriepferde und Gespanne erwünscht, die in Farbe und Gangvermögen zusammenpassten. Das schnelle und bequeme Zurücklegen großer Strecken und Zuverlässigkeit hatten Priorität, wie auch die Eignung der Pferde für den Turniersport (Springen und Dressur). Als es im Jahr 1945 darum ging, die Population vor dem Auseinanderfall in Ungarn zu bewahren, überführte Seine Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern die Pferde in einem abenteuerlichen Treck teils per Bahnverladung, teils zu Fuß nach Leutstetten am Stamberger See. Hier war es möglich, dieses vielseitige Pferd in artgerechter gesunder Haltung im Herdenverband zu züchten. Wie immer wird es an einigen wenigen Idealisten hegen, ein wertvolles Kulturgut für die Nachwelt zu erhalten. Die heutige Population beläuft sich auf insgesamt 60 Tiere bei einem Bestand von 10 aktiven Mutterstuten und 2 Deckhengsten. Kontakt: GEH-Rassebetreuerin Julia Enz Kienhöfe 11 85276 Pfaffenhofen/Ilm e-mail: [email protected] www.Leutstettener.de 20 GROSSTIERPRAXIS 09/2004