Werdenfels-Gymnasium Garmisch-Partenkirchen BASISWISSEN FÜR DEN GK CHEMIE – 12/1 und 12/2 I STRUKTUR UND REAKTIVITÄT VON KOHLENWASSERSTOFFEN (KW) 1 Bindung und Molekülstruktur der KW 2 Gesättigte und ungesättigte kettenförmige KW: Alkane – Alkene 3 Der Induktive Effekt 4 Isomerie bei Alkanen und Alkenen 5 Das Benzol - Aromatische Verbindungen 6 Petro- und Kohlechemie II SAUERSTOFFHALTIGE VERBINDUNGEN 1 Alkohole 2 Phenole 3 Aldehyde und Ketone 4 Carbonsäuren 5 Mehrfunktionelle Verbindungen 6 Übersicht wichtiger organischer Stoffgruppen III CHEMIE DER BIOMOLEKÜLE 1 Fette 2 Kohlenhydrate 2.1 Spiegelbildisomerie 2.2 Monosaccharide 2.3 Disaccharide 2.4 Polysaccharide 3 Aminosäuren und Proteine 3.1 Aminosäuren 3.2 Peptide 3.3 Proteine IV ISOMERIE UND IUPAC-NOMENKLATUR (Zusammenfassungen) Kursleiter: Berger Günther GK Chemie 12. Jgst. I Struktur und Reaktivität von Kohlenwasserstoffen (KW) 1 Bindung und Molekülstruktur der KW Atomorbitale: Ein Atomorbital kennzeichnet die Gestalt und Ausdehnung des Gebietes um den Atomkern, in welchem ein Elektron mit best. Energiegehalt mit größter Wahrscheinlichkeit auftritt. Räumliche Darstellung: Die Oberfläche der Abb. umschließt den größten Teil der Elektronendichte. s-Orbitale: kugelsymmetrisch p-Orbitale: axialsymmetrisch y z z z z y x x y y x px x pz py Elektronenkonfiguration des C-Atoms im Grundzustand: 2p2 Elektronenkonfiguration: 1s2 2s2 E 2p2 Kästchenschreibweise: 2s2 1s2 Energiediagramm der Elektronenkonfiguration Nach dieser Elektronenkonfiguration wäre der Kohlenstoff zweibindig. In den meisten Verbindungen tritt er jedoch vierbindig auf (Ausnahme: CO). Bindungsmöglichkeiten des C-Atoms: B A C 120° 180° 109° C C Tetraeder Beispiele: H2C=CH2 Ethen CH4 Methan bzw. C planares, gleichseitiges Dreieck 180° C lineare Anordnung H2C=C=CH2 Propadien HC≡CH Ethin Deutung der Bindungsmöglichkeiten des C-Atoms nach der Orbitaltheorie: Lösung zu A: C-Atom mit vier Einfachbindungen: sp3-Hybridisierung. Anregung eines 2s-Elektrons liefert 4 ungepaarte Elektronen, die aber energetisch nicht gleichwertig sind. Damit könnten nicht vier gleichwertige Bindungen gebildet werden! Hybridisierung liefert 4 energetisch gleichwertige, bindungsbereite „Valenzelektronen“ in vier sp3-Hybridorbitalen. E E E 2p 2 Anregung Hybridisierung sp3-Hybridorbitale 2s2 1s2 C0 Grundzustand C* angeregter Zustand Räumliche Darstellung der Hybridorbitale: + C** Hybridzustand 109° 4 + 3 s 1s2 1s2 3p 4 sp3 Die vier sp3-Hybridorbitale orientieren sich nach den Ecken eines Tetraeders. GK Chemie -2- 12. Jgst. H Beispiel: Methan CH4 σ 109° σ C σ σ H Hinweis: In den vereinfachten Skizzen zeichnet man die σ–Bindungen nur mit Linien! H H 3 Die Überlappung der vier sp -Hybridorbitale des C-Atoms mit den kugelsymmetrischen s-Orbitalen der vier H-Atome ergibt vier energetisch gleichwertige, nach den Ecken eines Tetraeders orientierte σ-Bindungen. Die bei der Bildung von 4 Atombindungen freiwerdende Bindungsenergie übertrifft die Anregungsenergie, so dass die tetraedrische Verteilung der negativen Ladung den energieärmsten Zustand für das gebundene C-Atom darstellt. Lösung zu B: C-Atom mit zwei Einfach- und einer Doppelbindung: sp2-Hybridisierung. E E E 2p 2 Anregung Hybridisierung sp2-Hybridorbitale 2 2s 1s2 1s2 1s2 C0 Grundzustand C* angeregter Zustand C** Hybridzustand Das 2s-Orbital und zwei 2p-Orbitale werden zu drei sp2-Hybridorbitalen hybridisiert.Ein 2p-Orbital bleibt unverändert. Die drei sp2-Hybridorbitale orientieren sich nach den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks. Das verbleibende 2p-Orbital orientiert sich senkrecht zu den drei sp2Hybridorbitalen. (Die rechte Skizze stellt nur die drei sp2-Hybridorbitale dar!) 120° π Beispiel: Ethen H2C=CH2 H H σ σ Hybridisierung der C-Atome: sp2 σ Bindungen: CC-Doppelbindung: eine σ- und eine π-Bindung. C C σ σ Die σ-Bindung entsteht durch Überlappung zweier Hybridorbitale. (Nur als Linie gezeichnet!) H H Die π-Bindung entsteht durch Überlappung der 2p-Orbitale der beiden C-.Atome. CH-Bindungen : σ-Bindungen durch Überlappung der restlichen Hybridorbitale der C-Atome mit den s-Orbitalen der H-Atome. (Nur als Linie gezeichnet!) Bindungswinkel: HCH u. CCH: 120° Molekülgeometrie: Alle Atome des Moleküls liegen in einer Ebene. Lösung zu C: C-Atom mit einer Einfach- und einer Dreifachbindung bzw. mit zwei Doppelbindungen: sp-Hybridisierung. E E E 2p 2 Anregung Hybridisierung sp-Hybridorbitale 2 2s 1s2 1s2 1s2 C* angeregter Zustand C0 Grundzustand Das 2s-Orbital und ein 2p-Orbital werden zu zwei sp-Hybridorbitalen hybridisiert. Zwei 2p-Orbitale bleiben unverändert. Die zwei sp-Hybridorbitale orientieren sich linear an. Beispiel Ethin H-C≡C-H Hybridisierung der C-Atome: sp Bindungen: C≡C: eine σ- Bind. und zwei π-Bindungen C-H: σ- Bindungen Bindungswinkel: HCC: 180° Molekülgeometrie: Alle Atome sind linear angeordnet. C** Hybridzustand 180° π H σ σ C π C σ H GK Chemie -3- 12. Jgst. Zusammenfassung: Für das Zeichnen von Orbitalmodellen organischer Verbindungen genügen 3 Bausteine: sp3-hybridisiertes C-Atom sp-hybridisiertes C-Atom sp2-hybridisiertes C-Atom 4 Bindungspartner (R) 3 Bindungspartner (R) 2 Bindungspartner (R) R C R R R R R C R C R R Die vier Hybridorbitale (Linien) sind nach den Ecken eines Tetraeders orientiert und können vier σ-Bindungen ausbilden. Die drei Hybridorbitale (Linien) sind nach den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks orientiert und können drei σ-Bindungen ausbilden. Das verbleibende pOrbital steht senkrecht zu den drei Hybridorbitalen und kann eine π-Bindung ausbilden. Die zwei Hybridorbitale (Linien) sind linear angeordnet und können zwei σ-Bindungen ausbilden. Die verbleibenden zwei p-Orbitale stehen senkrecht zueinander und können zwei πBindungen ausbilden. Für das Propadien H2C=C=CH2 ergibt sich nebenstehendes Orbitalmodell: Hybridisierung: C1- und C3-Atom: sp2 C2-Atom: sp Biundungen: CH: σ-Bindung C1C2- und C2C3: eine σ-Bind. u. eine π-Bindung Bindungswinkel: HC1H; HC1C2; C2C3H und HC3H jeweils 120° C1C2C3 180° Molekülgeometrie: Fläche HC1H senkrecht zu Fläche HC3H π H H C1 C2 C3 π H H 2 Gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffverbindungen: Alkane und Alkene Aliphatische Verb.: unverzweigte, verzweigte oder ringförmige KW Aromatische Verb.: KW mit einem oder mehreren Benzolringen Heterocyclische Verb.: Ringverbindungen mit Fremdatomen (O,N,S) neben den C-Atomen Homologe Reihen Aufeinanderfolgende Verbindungen unterscheiden sich um eine –CH2- Gruppe = Methylengruppe. Alkane gesättigt, mit Einfachbindungen Methan CH4 Ethan C2H6 Propan C3H8 Butan, Pentan, Hexan,Heptan, Oktan, Nonan, Dekan ... CnH2n+2 Alkene ungesättigt mit einer Doppelbindung Alkine ungesättigt mit einer Dreifachbindung Cycloalkane gesättigt, cyclisch mit Einfachbindungen C2H4 Ethen (Äthylen) C3H6 Propen C4H8 Buten Penten … CnH2n C2H2 Ethin (Acethylen) C3H4 Propin C4H6 Butin Pentin … CnH2n-2 C3H6 Cyclopropan C4H8 Cyclobutan C5H10 Cyclopentan Cyclohexan ... CnH2n R Kennzeichnung der C-Atome: H C R H R H primäres- C R H R H C R H R R sekundäres- C R R tertiäres- quartäres- C-Atom Normal-Alkane: n-Alkane; unverzweigt; z.B. n-Pentan: H3C CH2 CH2 CH2 CH3 Iso-Alkane: verzeigte Alkane; z.B. gibt es zwei iso-Pentane: H3C CH 1 2 CH2 CH3 3 4 CH3 2-Methylbutan Diene: Verbindunbgen mit zwei Doppelbindungen; Triene mit drei Doppelbindungen usw. Einwertige Radikale: Alkylgruppen: -CH3 Methylgruppe; -C2H5 Ethylgruppe usw. Alkenylgruppen: -CH=CH2 Ethenyl- od. Vinylgruppe Alkinylgruppen: -C≡CH Ethinylgruppe CH3 H3C C 1 2 CH3 3 CH3 2,2-Dimethylpropan GK Chemie -4- 12. Jgst. Nomenklatur der Alkane und Alkene 1. Die längste C-Kette bestimmt den Stammnamen der Verbindung. 2. Vor diesen Stammnamen schreibt man in alphabetischer Reihenfolge die Bezeichnung der Seitenglieder (Methyl-, Ethyl,- usw.), davor wiederum die Nummer des C-Atoms, an welches die Seitenglieder gebunden sind sowie das griechische Zahlwort für ihre Häufigkeit. 1 = mon; 2 = di; 3 = tri; 4 = tetra; 5 = penta; 6 = hexa; 7 = hepta; 8 = octa; 9 = nona; 10 = deca … 3. Bei Doppel- oder Dreifachbindungen erhält der Stammname die Endung –en bzw. –in, davor die Nummer des C-Atoms, an dem die Mehrfachbindung beginnt sowie das griechische Zahlwort für ihre Häufigkeit. 4. Die Atome der längsten C-Kette werden derart nummeriert, dass die Seitenglieder oder Mehrfachbindungen eine möglichst niedrige Zahl erhalten. 5. Bei Verbindungen mit Doppel- und Dreifachbindungen erhält die Doppelbindung die niedrigste Nummer. H3C C CH H3C CH2 CH CH2 CH2 CH3 CH2 CH CH2 CH2 CH3 H2C CH CH2 CH3 CH CH 3-Ethyl-5-methyloctan H2C CH2 Buta-1,3-dien CH CH2 C CH3 CH3 CH3 2,2,3-Trimethylhexan H2C CH3 CH3 CH3 CH3 C 3,3-Dimethylbut-1-en CH2 CH2 CH Pent-1-en-4-in H2C CH2 CH2 Physikalische Eigenschaften der Alkane und Alkene Cyclopentan Schmelz- und Siedepunkte sind abhängig von: • Kettenlänge: Mit zunehmender Kettenlänge vergrößert sich die Oberfläche des unpolaren KWs und damit auch die van der Waals-Kräfte zwischen den Molekülen. Innerhalb einer homologen Reihe erfolgt die Zunahme der intermolekularen Kräfte aber nicht linear, da pro neu hinzukommende –CH2-Gruppe der Kettenlängenzu-wachs immer weniger ausmacht. Die Siedepunkte nehmen daher bei den ersten Gliedern fast linear und bei den höheren Gliedern immer weniger stark zu. • Verzweigungen: Verzweigte Verbindungen haben i.d.R. niedrigere Schmelz- und Siedepunkte als unverzweigte Verbindungen mit gleicher Summenformel, da sich wegen der kleineren Oberfläche bei verzweigten Molekülen die van der Waals-Kräfte nicht so stark auswirken können. Löslichkeit Alkane und Alkene sind unpolar und daher im polaren Wasser unlöslich = hydrophob. Löslich sind sie in Fetten =lipophil und anderen unpolaren Lösungsmitteln wie Cyclohexan oder Benzin. Grundsatz: „Gleiches löst sich in Gleichem“. Betrachtung der Löslichkeit der Alkane unter energetischen Gesichtspunkten: Löslichkeit eines Alkans in Wasser Löslichkeit eines Alkans in Cyclohexan • Die Aufhebung der van der Waals-Kräfte • Die Aufhebung der van der Waals-Kräfte zwischen den Alkanmolekülen erfordert zwischen den Alkanmolekülen erfordert Energie. Energie. • Die Aufhebung der van der Waals-Kräfte • Die Aufhebung der H-Brückenbindungen zwischen den Cyclohexanmolekülen erfordert zwischen den H2O-Molekülen erfordert deutlich mehr Energie. einen ähnlichen Energiebetrag. • Zwischen den Alkanmolekülen und den • Zwischen den Alkanmolekülen und den Wassermolekülen können sich keine neuen Cyclohexanmolekülen können sich neue van zwischenmolekularen Kräfte ausbilden. der Waals-Kräfte ausbilden. Energie wird freigesetzt. • Das Alkan ist in H2O unlöslich. • Die Alkan- und Cyclohexanmoleküle können sich vermischen. Bei den Lösungsmittel unterscheidet man: • Polare Lösungsmittel wie H2O: Zwischen diesen Molekülen wirken H-Brückenbindungen. • Unpolare Lösungsmittel wie Benzin, Benzol, Cyclohexan. Zwischen diesen unpoloaren Molekülen wirken van der Waals-Kräfte. • Lösungsmittel mit mittelstark polarem Charakter wie Propanon (Aceton): O δ+ H3C Cδ CH3 Propanon mit einer polaren C=O-Gruppe (Ketogruppe) und unpolaren Methylgruppen. Zwischen diesen Molekülen wirken neben den van der Waals-Kräften noch stärlkere Dipol-Dipol-Kräfte. Aceton mischt sich sowohl mit Wasser als auch mit einem unpolaren Lösungsmittel wie Cyclohexan. GK Chemie -5- 12. Jgst. Halogenierung der Alkane und Alkene Halogenierung der Alkane Halogenierung der Alkene Versuchsbedingungen Alkan + Cl2 : UV-Licht; Gasphase exotherme Reaktion mit F2, Cl2 und Br2. Iodierung auf diesem Weg nicht möglich, da zu endotherm! Alken + Br2(aq) : Dunkelheit; Kälte; H2O als Lsgm. exotherme Reaktion Beobachtungen Es bilden sich farblose Substitutionsprodukte und es Es bilden sich farblose Additionsprodukte, braunes entweicht Hydrogenchloridgas. Nachweis des HCl(g) Bromwasser wird entfärbt (=Bromwasserprobe!). mit einem Indikator oder mit Silbernitrat AgNO3! HCl(g) + H2O(l) → H3O+(aq) + Cl-(aq) Die Oxoniumionen färben den Indikator! HCl(aq) + AgNO3(aq) → AgCl(s) + HNO3(aq) Weißer Niederschlag durch das schwerlösliche AgCl(s)! Beispiel CH4 + Cl2 → CH3Cl + HCl(g) Monochlormethan H2C=CH2 + Br2(aq) → Br-CH2-CH2-Br 1,2-Dibromethan Reaktionsmechanismus Radikalische Substitution Elektrophile Addition 1. Startreaktion Fotolyse: homolytische Spaltung der Cl2-Moleküle durch Lichtenergie: Cl2 → 2 Cl⋅ (reaktionsfähige Radikale) π-Komplexbildung 2. Reaktionskette CH4 + Cl⋅ → ⋅CH3 + HCl ⋅CH3 + Cl2 → CH3Cl + ⋅Cl Das ⋅Cl-Radikal reagiert entweder wieder mit CH4 oder mit CH3Cl zu weiteren Substitutionsprodukten (CH2Cl2, CHCl3 und CCl4). 3. Kettenabbruch a) Wenn ein Partner verbraucht ist. b) Zusammenstoß zweier Radikale: z.B. ⋅CH3 + ⋅CH3 → CH3-CH3 Ethan Heterolytische Spaltung des Br2-Moleküls durch Wechselwirkung mit einer Doppelbindung: C=C C=C Br + Br2 Br π-Komplex: hypothetischer Übergangszustand, in dem sich die heterolytische Spaltung des Br2 vollzieht. 1. Reaktionsschritt Elektrophile Addition des Bromkations Br+ = geschwindigkeitsbestimmender Schritt: C=C C C + BrBr Br Br σ-Komplex σ-Komplex: experimentell nachweisbare Zwischenstufe 2. Reaktionsschritt Schnelle nucleophile Addition des Bromidions Br- an der ”Rückseite”: Br C C C C + BrBr Br Oder als Konkurrenzreaktion: Nucleophile Addition von H2O unter Bildung von Hydrogenbromid: OH C C + HBr C C + HOH + BrBr Br Energiediagram Enthalpie H π-Komplex H Edukte Cl2 + CH4 Reaktionsenthalpie ∆HR Aktivierungsenergie EA CH3Cl + HCl Produkte Reaktionsweg C EA1 H2C=CH2 + Br2(aq) C Br EA2 σ-Komplex ∆HR < O Br H2C CH2 bzw. Br Br CH2 + HBr H2C OH Reaktionsweg Berechnung der Reaktionsenthalpie ∆HR: Man vergleicht die Energiebeträge, die für die Trennung von Bindungen nötig sind mit den Energiebeträgen, die bei der Neubildung von Bindungen frei werden. GK Chemie -6- 12. Jgst. Nachweis von Doppelbindungen a) Addition von Brom: Braunes Bromwasser wird entfärbt; Br2 wird an die Doppelbindung addiert: H2C=CH2 + Br2 → Br-CH2-CH2-Br 1,2-Dibromethan elektr. Addition! b) Baeyer-Probe: Braunfärbung einer violetten, sodaalkalischen Kaliumpermanganatlsg. durch Ausfällung von Braunstein MnO2: Ox. H2C=CH2 + 2 OH- → HO-CH2-CH2-OH + 2 e- ·3 Red. MnO4- + 3 e- + 2 H2O → MnO2 + 4 OH·2 Redoxgl. 3 H2C=CH2 +2 MnO4 + 4 H2O → 2 MnO2 + 3 HO-CH2-CH2-OH + 2 OHEthan-1,2-diol Reaktion der Alkene mit Halogenwasserstoff Addition von Hydrogenbromid (Bromwasserstoff, HBr) an Propen H2C=CH-CH3 Im 1. Reaktionsschritt erfolgt eine elektrophile Addition des Protons an die Doppelbindung: H3C→CH←CH3 H2C=CH-CH3 + H+ sekundäres Carbokation; stabiler; +I-Effekt der Methylgruppen; bessere Herabsetzung der positiven Formalladung. σ-Komplex H2C←CH2-CH3 primäres Carbokation; instabiler; geringere Herabsetzung der positiven Formalladung. Im 2. Reaktionsschritt erfolgt eine schnelle, nucleophile Addition des Bromidions Br- an den σ-Komplex. H3C→CH←CH3 + Br- → H3C-CH-CH3 2-Brompropan Br Markownikowsche Regel: Bei der Anlagerung von Halogenwasserstoffen an unsymmetrische Alkene wird das Halogen gewöhnlich an das wasserstoffärmere der ungesättigten C-Atome addiert. Beachte: Sollte eine Addition entgegen der Markownikowschen Regel erfolgen, so muss die Stabilität des entsprechenden σ-Komplexes herangezogen werden. Denn das ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der elektr. Addition, die ansonsten identisch mit der elektrophilen Addition von Brom an eine Doppelbindung verläuft. 3 Der Induktive Effekt Polarisationseffekte, die durch elektronenanziehende oder -abstoßende Atome oder Atomgruppen bewirkt und über σBindungen übertragen werden. Ihr Einfluss reicht nur über wenige Bindungen. -H C6H5; I; Br; Cl; NO2; F (CH3)3C ; (CH3)2CH ; H5C2 ; H3C Vergleichsatom +I-Substituenten, welche die Bindeelektronen -I-Substituenten, welche die Bindeelektronen stärker schwächer anziehen als ein H-Atom; anziehen als ein H-Atom; sie wirken elektronenschiebend! sie wirken elektronenanziehend! Von Bedeutung sind hier nur die Alkylgruppen! Von Bedeutung sind hier vor allem die stark elektronegativen Halogenatome, das Sauerstoff- und das Stickstoffatom. Einfluss von Substituenten auf die Additionsgeschwindigkeit von Brom an eine Doppelbindung H H H C C C Cl –I-Effekt der Cl-Atome. Die elektronegativen Cl-Atome erniedrigen die Elektronendichte zwischen den C-Atomen. Die elektrophile Addition des Br+ wird dadurch erschwert. RG herabgesetzt! H C C H Cl H H H 3C H C CH3 H-Atome dienen zum +I-Effekt der Methylgruppen. Vergleich. Die Methylgruppen haben eine Kein induktiver Effekt! elektronenschiebende Wirkung. Die elektrophile Addition des Br+ wird erleichtert. RG erhöht! Wichtige Begriffe Elektrophile = negative Ladung suchende Teilchen wie das Bromkation Br oder das Proton H Nucleophile = positive Ladung suchende Teilchen mit mindestens einem freien Elektronenpaar. Br Carbokation: C Cl H elektrophil O H R O H Carbanion: H N H H C nucleophil GK Chemie -7- 12. Jgst. 4 Isomerie bei Alkanen und Alkenen Zur Beschreibung der Struktur einer Verbindung dienen die Begriffe: „Konstitution“, „Konfiguratiuon“ und „Konformation“ Konstitution: Gibt die Art der Bindungen und die gegenseitige Verknüpfung der Atome im Molekül an. Konfiguration: Sie gibt die räumliche Anordnung der Atome oder Atomgruppen im Molekül an. Ohne Berücksichtigung von Rotationen um C-C-Einfachbindungen! Konformation: Sie gibt die räumliche Anordnung der Atome oder Atomgruppen im Molekül an, die durch Rotation um Einfachbindungen resultieren. Isomerie: Erscheinung, dass Moleküle die gleiche Summenformel, jedoch verschiedene Strukturen aufweisen. Konstitutionsisomerie Die Isomere unterscheiden sich durch ihre Konstitution. Gerüstisomerie: Isomere unterscheiden sich im Aufbau des C-Gerüsts. H 3C C H 2 C H 2 C H 3 H 3C C H CH3 CH3 n-Butan i-Butan = 2-Methylpropan Stellungsisomerie: Isomere unterscheiden sich in der Stellung der funktionellen Gruppe am C-Gerüst. H 2C CH 2 H 3C CH 3 Cl CH CH 3 Cl 1-Chlorpropan 2-Chlorpropan Stereoisomerie Isomere haben die gleiche Konstitution, aber unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome. E/Z-Isomerie (früher cis-trans-Isomerie) Da um die Bindungsachse einer C=C-Doppelbindung wegen der π-Bindung keine freie Drehbarkeit besteht, sind die mit diesen C-Atomen verbundenen weiteren Atome in ihrer gegenseitigen räumlichen Zuordnung fixiert.Bei der E/Z-Isomerie unterscheiden sich die Isomere durch die räumliche Anordnung der Substituenten an einer Doppelbindung. H H H C Cl Cl C C Cl Cl C H (E)-1,2-Dichlorethen ohne Dipolmoment (Z)-1,2-Dichlorethen mit Dipolmoment Liegen die Substituenten mit der höheren Priorität (höhere Ordnungszahl im Periodensystem) auf der gleichen Seite der Doppelbindung, so liegt die Z-Konfiguration vor, liegen sie entgegengesetzt, so liegt die E-Konfiguration vor. Die allg. größere Stabilität der E-Formen kommt daher, weil sich in dieser Form große Substituenten weniger behindern. Konformationsisomerie Isomere haben die gleiche Konstitution, aber eine unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome oder Atomgruppen, hervorgerufen durch Rotationen um Einfachbindungen. Beispiel: Konformationsisomere des 1,2-Dichlorethans Cl H H gegenständig gestaffelt Cl Cl C H C H Cl C Cl Cl C Newman-Projektionen H C Cl H H H H H H gleichständig gestaffelt schief gestaffelt ClCl Cl Cl Cl C Stabilität nimmt ab Eine Zusammenfassung aller Isomeriearten erfolgt unter dem Punkt IV! H GK Chemie -8- 12. Jgst. 5 Das Benzol – Aromatische Verbindungen CH Kekulé-Formel des Benzols: Demnach hätte das Benzol drei fixierte Doppelbindungen. HC CH HC CH ≡ CH Für die Kekulé-Formel spricht: 1) Katalytische Hydrierung: Pro Mol Benzol lassen sich 3 Mol Wasserstoff addieren. CH HC CH2 Temp., Kat. Ni CH H2C + 3 H2 HC CH2 H2C CH Cyclohexan CH CH2 CH2 2) Substitutionsprodukte Es gibt nur ein Monosubstitutionsprodukt. Das spricht für die Gleichwertigkeit aller H-Atome. Es gibt drei Di- und drei Trisubstitutionsprodukte. R R R R R R R R R R R 1,2- oder o1,3- oder m(o = ortho; m = meta; p = para) 1,4-Roder p- R R R 1,2,3- 1,2,4- 1,3,5- R R R Gegen die Kekulé-Formel spricht: 1) Es müssten zwei o-Disubstitutionsprodukte existieren. R 2) Mit drei fixierten Doppelbindungen müsste das Benzol einen stark ungesättigten Charakter haben, was nicht beobachtbar ist. Bromwasserprobe und Baeyersche Probe verlaufen negativ! 3) Die Abstände zwischen den C-Atomen müssten unterschiedlich lang sein; sie sind jedoch völlig gleich lang. Lösungsversuch von Kekulé: Oszillationstheorie: Die Gleichwertigkeit aller Bindungen kommt durch einen schnellen Platzwechsel der Einfach- und Doppelbindungen zu Stande. Beschreibung des Benzol-Moleküls mit dem Orbitalmodell: H Hybridisierung der C-Atome: sp2-Hybridisation Bindungen: C-H: σ-Bindungen C-C: σ-Bindungen + delokalisiertes π-Molekülorbital Bindungswinkel: HCC und CCC: 120° Molekülgeometrie: Alle C- und H-Atome liegen in einer Ebene. H H H H H Beschreibung des Benzol-Moleküls mit mesomeren Grenzformeln: oder mesomere Grenzformeln Mesomerie = Erscheinung, dass eine wirkliche Struktur nur durch Kombination von nicht existierenden Grenzstrukturen beschrieben werden kann. Mesomerieenergie = Energiebetrag, um den der wahre Bindungszustand des Moleküls energieärmer ist als der Zustand, der durch die fiktiven Grenzstrukturen angedeutet wird. E Grenzstrukturen Emes wahres Benzol GK Chemie -9- 12. Jgst. Experimentelle Ermittlung der Mesomerieenergie Die katalytische Hydrierung des Cyclohexens mit einer Doppelbindung liefert 120 kJ/mol: CH2 CH2 Cyclohexen H2C CH H2C CH + H2 H2C CH2 H2C CH2 CH2 CH2 ∆HR = -120 kJ/mol Cyclohexan Würde man das Benzolmolekül als Cyclohexa-1,3,5-trien mit drei fixierten Doppelbindungen betrachten, so müsste die kat. Hydrierung 3 ⋅ 120 kJ/mol = 360 kJ/mol liefern. Man erhält im Experiment aber nur 210 kJ/mol. Die Differenz von 150 kJ/mol entspricht der Mesomerieenergie des Benzols. Das ist also der Energiebetrag, um den das wahre Benzol energieärmer ist als das gedanklich gebildete Cyclohexa-1,3,5-trien. Das energieärmere Benzol liefert bei der kat. Hydrierung zum Cyclohexan dann auch weniger Energie. Halogenierung des Benzols a) Benzol + Bromwasser → Keine Reaktion aufgrund der Mesomeriestabilisierung des Benzolmoleküls! b) Benzol + Brom + Eisen → Nach Erwärmung exotherme Reaktion. Es entweicht Hydrogenbromid. Bruttogleichung: Br H + FeBr3 Br2 HBr(g) + Monobrombenzol Reaktionsmechanismus: Elektrophile Substitution 1) Bildung des Katalysators Eisen(III)-bromid: 2 Fe + 3 Br2 → 2 FeBr3 2) Polarisierung eines Br2-Moleküls durch das gebildete FeBr3; Bildung eines elektrophilen Teilchens: Br-Br + δ+ δ- → Br-Br→FeBr3 FeBr3 elektrophiles Ende 3) π-Komplexbildung: hypothetischer Übergangszustand; heterolytische Spaltung des Br2-Moleküls: δ+ δ- Br-Br→FeBr3 4) σ-Komplexbildung: Zwischenstufe; bis hier her geschwindigkeitsbestimmender Schritt; elektrophile Addition des Bromkations Br+: H Br H Br H Br ⊕ H Br ⊕ + FeBr4- ⊕ ⊕ mesomeriestabilisierter σ-Komplex 5) Rearomatisierung durch Abspaltung eines Protons: H Br Br + H+ ⊕ 6) Rückbildung des Katalysators: Energiediagramm H+ + FeBr4- → FeBr3 + HBr(g) EA1 + Br2 Eine elektrophile Addition ist aus energetischen Gründen auszuschließen! Br Br π-Komplex H σ-Komplex EA2 Br + HBr ∆HR < 0 Vereinfachtes Schema: H E + + E Elektrophil E π-Komplex langsam ⊕ σ-Komplex Reaktionsweg E + H+ GK Chemie -10- 12. Jgst. Wichtige aromatische Verbindungen (Derivate des Benzols) NH2 CH3 Toluol Methylbenzol Anilin Aminobenzol NO2 OH HC=CH2 Nitrobenzol Phenol Hydroxybenzol Styrol Ethenylbenzol 6 Petro- und Kohlechemie Erdöl: Über 1000 versch. gesättigte, ungesättigte und aromatische Kohlenwasserstoffe, je nach Herkunft. Fraktionierte (mehrfach wiederholte) Destillation von Erdöl: Trennung der KW entsprechend ihrer unterschiedlichen Siedepunkte. Fraktionen: <15°C Raffineriegas (CH4, C2H6, C3H8) 25°C - 200°C Flüssiggas und Benzin 200°C - 250°C Petroleum 250°C - 360°C Gas-, Heiz- und Dieselöl > 400°C Rückstände (Schmieröl, Bitumen) Entschwefelung von Erdöl: Der im Benzin gebundene S wird zu H2S reduziert und ausgewaschen. Reformieren von Benzin: Umwandlung der leichtklopfenden n-Alkane in klopffeste iso-Alkane und Aromaten. Klopffestigkeit: Eigenschaft des Kraftstoffes, ohne Selbstentzündung zu einem unerwünschten Zeitpunkt (Klopfen) zu arbeiten. Dazu leitet man das KW-Gemisch im dampfförmigen Zustand über einen Pt-Katalysator. Beispiele: CH3 H3C CH2 CH2 CH2 CH2 CH2 CH3 Pt H3C CH CH2 CH CH3 CH3 Isomerisierung von n-Heptan zu 2,4-Dimethylpentan CH3 H3C CH2 CH2 CH2 CH2 CH2 CH3 Pt + 4 H2 Dehydrierung von n-Heptan zu Methylbenzol (Toluol) Cracken von Benzin: Spaltung langkettiger KW in kürzerkettige Alkane und Alkene. Katalytisches Cracken bei 420 °C und Aluminiumsilikaten als Katalysator. Beispiel: Temp., Kat. H2C=CH2 + H2C=CH-CH3 + C4H10 + H2C=CH-C5H11 C16H34 n-Hexadecan Ethen Propen Butan Hept-1-en Kohle: Gemisch kohlenstoffreicher Verbindungen mit H; O, N und S. Es dominieren hochmolekulare, undestillierbare Verbindungen mit ringförmigen Strukturelementen. Verkoken von Kohle: Erhitzen unter Luftabschluss auf ca. 1400 °C. Die Makromoleküle werden zu neuen, kleineren Molekülen zersetzt: gasförmige Produkte (H2, NH3, H2S, KW); flüssige Produkte (Phenolwasser, Benzol u. andere aromatische Verbindungen); feste Rückstände (Koks = reiner Kohlenstoff). Vergasen von Kohle: Generatorgas: Erhitzen von Koks auf 1000°C bei geringer Luftzufuhr: 70% N2, 25% CO, 4% CO2 Wassergas: Wasserdampf wird über hoch erhitzten Koks geleitet: 50% H2, 40% CO, 5% CO2, 4% N2 Beide Gase werden für Heizzwecke und zur Herstellung von Primärchemikalien wie Methanol od. Ammoniak verwendet. Hydrierung von Kohle: Stein- oder Braunkohle wird bei erhöhter Temp. und einem Druck von 200 bar mit H2 gemischt. Die Makromoleküle der Kohle werden gespalten und mit H2 abgesättigt. Trennung der gewonnenen KW durch Destillation. GK Chemie -11- 12. Jgst II Sauerstoffhaltige Verbindungen 1 Alkohole Gemeinsame funktionelle Gruppe: -OH Hydroxy-Gruppe (Nicht verwechseln mit dem Hydroxidion OH-!) Einteilung: a) nach Anzahl der Hydroxy-Gruppen: einwertige-, zweiwertige-, mehrwertige Alkohole b) nach der Bindung der Hydroxy-Gruppe an primären, sekundären und tertiären C-Atomen: H R C R OH H R C R OH R H C OH R primärer- sekundärer- tertiärer Alkohol Homologe Reihe der Alkanole CnH2n+1OH Methanol (Methylalkohol) CH3-OH Ethanol (Ethylalkohol) C2H5-OH Propanol usw. C3H7-OH Nomenklatur: - Der Stammname erhält die Endung –ol; davor die Nummer des C-Atoms, an dem die -OH Gruppe Gebunden ist sowie das griechische Zahlwort für ihre Häufigkeit. - Die OH-Gruppe muss möglichst am Anfang der C-Kette stehen. Nomenklatur und Isomere des Butanols: CH3 H3C CH2 CH2 CH2 OH H3C CH CH2 CH3 H3C CH OH Butan-1-ol CH3 Butan-2-ol CH2 OH 2-Methylpropan-1-ol H3C C CH3 OH 2-Methylpropan-2-ol Physikalische Eigenschaften Schmelz- und Siedepunkte Niedere Alkohole sind flüssig, ab Hexadecanol sind sie fest. Schmelz- und Siedepunkte steigen wie bei den Alkanen mit zunehmender Molekülmasse und damit größerer Oberfläche an. Schmelz- und Siedepunkte der Alkanole liegen i. d. R. beträchtlich höher als bei den Alkanen entsprechender Molekülmasse. Bei den Alkoholen kommt zu den van der Waals-Käften zwischen den Alkylresten noch die stärkeren Wasserstoffbrückenbindung zwischen den Hydroxy-Gruppen hinzu: R R R van der Waals-Kräfte O O O H-Brückenbindungen H H H Löslichkeit Methanol, Ethanol und Propanol sind gut wasserlöslich, die höheren Alkohole nimmt die Löslichkeit zunehmend ab. δ- δ+ R→O←H hydrophober, unpolarer Alkylrest R hydrophile, polare Hydroxygruppe Bei den niederen Alkoholen überwiegt der hydrophile Teil - sie sind wasserlöslich - bei den höheren der hydrophobe. Aufgrund der unpolaren Alkylreste sind alle Alkohole gut löslich in unpolaren Lösungsmitteln. Chemische Eigenschaften Alkoholatbildung: In Analogie zu H2O können Alkohole mit Natrium unter Wasserstoffentwicklung zu Alkoholaten reagieren. Ethanol und Natrium Wasser und Natrium C2H5-OH(l) + Na(s) → ½ H2(g) + C2H5-O- Na+ H-OH(l) + Na(s) → ½ H2(g) + NaOH(aq) Ethanol Natrium-ethanolat Natronlauge In beiden Fällen gibt das Wasser bzw. der Alkohol ein Proton ab. Mit einem Elektron, das vom Natrium stammt, wird daraus Wasserstoff gebildet. Für einen Alkohol ergibt sich folgender Reaktionsablauf: Protolyse R-OH R-O- + H+ 2 + H2 Red. 2H +2e Ox. 2 Na 2 Na+ + 2 eAlkohole reagieren mit Na etwas weniger heftig als H2O! Der +I-Effekt der Alkylgruppe verkleinert die Polarisierung der Hydroxgruppe und erschwert damit die Abspaltung eines Protons. Alkoholat-Ionen (Endung -olat) reagieren mit Wasser stark alkalisch: R-O + H-O-H Alkoholation als starke Base R-O-H + O-H Hydroxid-Ionen GK Chemie -12- Oxidation der Alkohole Oxidationsreihen: prim- Alkohol sek. Alkohol Oxid. Aldehyd Oxid. 12. Jgst. Oxid. Carbonsäure Keton tert. Alkohol Beständig gegenüber mittelstarken Ox.mitteln; das tert. C-Atom hat kein H-Atom für Dehydrierung! Wichtige Oxidationsmittel: MnO4- (violettes Permanganat-Ion) wird in saurer Lsg. zum Mn2+-Ion (farblos) reduziert. Cr2O72- (oranges Dichromat-Ion) wird in saurer Lsg. zum Cr3+-Ion (grün) reduziert. H2O2 (farbloses Wasserstoffperoxid) wird in saurer Lsg. zu H2O reduziert. CuO (schwarzes Kupfer(II)-oxid) wird zu Cu reduziert. Beispiele für Redoxgleichungen: a) Oxidation von Ethanol zu Ethanal mit Kaliumpermanganat in schwefelsaurer Lösung: Ox. Red. -I +I CH3-CH2-OH + 2 H2O → CH3-CHO + 2 e- + 2 H3O+ +II 2+ +VII MnO4- + 5 e- + 8 H3O+ → Mn + 12 H2O ⋅5 ⋅2 Redoxgl. 5 CH3-CH2-OH + 2 MnO4- 6 H3O+ → 5 CH3-CHO + 2 Mn2+ + 14 H2O b) Oxidation von Propan-2-ol zu Propanon mit Kaliumdichromat in schwefelsaurer Lösung: Ox. Red. 0 CH3-CH-CH3 + 2 H2O OH +VI Cr2O72- + 6 e- + 14 H3O+ → +II CH3-C-CH3 + 2 e- + 2 H3O+ O ·3 +III → 2 Cr3+ + 21 H2O Redoxgl. 3 CH3-CHOH-CH3 + Cr2O72- + 8 H3O+ → 3 CH3-CO-CH3 + 2 Cr3+ + 15 H2O +I Vereinfachte Regel zur Ermittlung der OZ bei org. Verb.: -H -I -II -O- (in H2O2 –I) -OH 0 -R Herstellung von Ethanol Enzymgemisch der Hefe 2 C2H5-OH + 2 CO2 a) Alkoholische Gärung: C6H12O6 Glucose Am Ende der Gärung enthält das Reaktionsgemisch maximal 18 Vol% Ethanol. Durch Destillation erhält man höchstens eine Mischung mit 96% Vol% Ethanol und 4 Vol% Wasser. Wasserfreier Alkohol (= absoluter Alkohol) kann durch Kochen mit Calciumoxid gewonnen werden. CaO + H2O → Ca(OH)2. b) Technisch durch säurekatalysierte Hydratisierung (Addition von H2O) von Ethen: + H2C=CH2 + HOH H ; 200°C; 70 bar H3C-CH2-OH GK Chemie -13- 12. Jgst. 2 Phenole Phenole: Aromatische Hydroxyverbindungen mit einer oder mehreren Hydroxygruppen am Benzolring. Phenol: Wichtigster Vertreter der Phenole ist das (Mono)hydroxybenzol C6H5-OH Phenyl-Gruppe: -C6H5 OH Acidität (saurer Charakter) des Phenols: Phenol ist in Wasser mäßig löslich. Eine 2%ige wässrige Phenollösung reagiert schwach sauer. OH + O (aq) + H3O (aq) + HOH O Oxonium-Ion Phenolat-Ion Ursache der Acidität: O O OH OH O usw. Das Phenolat-Ion ist mesomeriestabilisiert. Die negative Ladung kann durch Wechselwirkung mit den Elektronen des Benzolrings delokalisiert werden. Beim undissoziierten Phenol führt die Mesomerie zu einer Ladungstrennung mit geringerer Stabilisierung. Vergleich des Säurecharakters von Phenol mit Ethanol: +I-Effekt der Ethylgruppe; C2H5→O-H Polarität der -O-H Bindung herabgesetzt; Abspaltung eines Protons erschwert; das Ethanolat-Ion ist nicht mesomeriestabilisiert; Ethanol und andere Alkohole haben keinen sauren Charakter! Vergleich der Phenolatbildung mit der Alkoholatbildung: Als schwache Säure bildet das wenig lösliche Phenol mit Basen besser lösliche Salze, die Phenolate: O Na+(aq) + H 2O + Natriumphenolat Bei Alkoholen ist die Alkoholatbildung nur durch Reaktion mit Natrium möglich! (Siehe Seite 11!) OH + NaOH(aq) Vergleich des Phenolat-Ions mit dem Alkoholoat-Ion Das Phenolat-Ion reagiert als starke Base mit Wasser alkalisch: O + H2O OH + OH- Im Vergleich zum Phenolation ist das Alkoholation noch stärker basisch, da es nicht mesomeriestabilisiert ist. Ansäuern einer Phenolatlösung Beim Ansäuern einer Phenolatlösung mit HCl(aq) oder H2CO3(aq) fällt das Phenol wieder aus: O (aq) + HCl(aq) OH + Cl-(aq) GK Chemie -14- 12. Jgst. 3 Aldehyde und Ketone Nomenklatur – physikalische Eigenschaften O Aldehyde: Aldehyd-Gruppe: -CHO C H Homologe Reihe der Alkanale: H-CHO Methanal (Formaldehyd) CH3-CHO Ethanal (Acetaldehyd) CH3-CH2-CHO Propanal usw. Aldehydmoleküle haben eine polare Carbonyl-Gruppe; ihre Siedepunkte liegen daher höher als diejenigen von Alkanen vergleichbarer Molekülgröße, liegen jedoch deutlich tiefer als bei vergleichbaren Alkoholen (hier H-Brückenbind.!). Die niederen Aldehyde sind gut wasserlöslich durch Bildung von „Aldehyd-Hydraten“ (siehe Additionsreaktionen). Nomenklatur: Endung –al. δ+ δ− Ketone: Carbonyl-Gruppe = Keto-Gruppe C O Homologe Reihe der Alkanone: Propanon (Aceton) CH3-CO-CH3 CH3-CO-CH2-CH3 Butanon usw. Aceton zeigt hinsichtlich seiner Löslichkeit Mischeigenschaften. Es mischt sich mit Wasser aber auch mit unpolaren Lsg.mitteln. Nomenklatur: Endung –on. O H3C Nucleophile Reaktionspartner haben ein freies Elektronenpaar, mit dem sie sich an das positiv polarisierte C-Atom der Carbonyl-Gruppe anlagern: nucleophile Addition des HOH am positiv polarisierten C-Atom C H O R O H N H + δ C − δ O + H+ C O H H H O C O instabiles Zwitterion Ketone hydratisieren nur durch Zugabe einer Spur Säure als Katalysator. Addition von R-OH: H δ+ δ− R O C O C O R O H + nucleophile Addition des ROH am positiv polarisierten C-Atom CH3 H δ− C O H O H + Aldehyd od. Keton δ+ δ− C O H O H Viele nucleophile Additionen werden durch Säuren katalysiert, weil dadurch die positive Ladung am C-Atom erhöht wird: δ+ C δ+ unpolar - polar - unpolar Additionsreaktionen bei Carbonylverbindungen (Aldehyde, Ketone) Die Polarität der Carbonyl-Gruppe ist die Ursache dafür, dass nucleophile Additionsreaktionen bevorzugt sind: Addition von HOH: δ− H O C O H Protonenwanderung Aldehyd-Hydrat bzw. Keton-Hydrat R O C O H instabiles Zwitterion Protonenwanderung Halbacetal (bei Aldehyden) bzw. Halbketal (bei Ketonen) Eine Halbacetalbildung ist auch bei der Ringbildung eines Glucosemoleküls beteiligt. (siehe III.2!) Reaktionen zur Unterscheidung der Aldehyd- und Keto-Gruppe Fehlingsche- und Silberspiegel-Probe beruhen auf dem Reduktionsvermögen der Aldehyde. Fehlingsche Probe: Die Fehlingsche Lösung hat eine tiefblaue Farbe und enthält einen Kupfer(II)-Komplex in alkalischer Lösung. Aldehyde reduzieren das komplex gebundene Cu2+ -Ion zu rotem Kupfer(I)-oxid Cu2O. Sie werden dabei selber zu Carbonsäuren oxidiert. Ox. +I R-CHO + 2 OH- → +II Silberspiegelprobe: +I Red. 2 Cu2+ + 2 e- 2 OH- → Cu2O + H2O Redox. R-CHO + 2 Cu2+ + 4 OH- → Cu2O + R-COOH + 2H2O Aldehyde reduzieren eine ammoniakalische Silbernitratlösung - sie enthält das Silberdiamminion Ag(NH3)2+ - zu metallischem Silber. +I Schiffsche Probe: +III R-COOH + 2 e- + H2O 0 Red. Ag(NH3)2+ + e- → Ag + 2 NH3 Beruht nicht auf dem Reduktionsvermögen der Aldehyde. Aldehyde ergeben im Gegensatz zu den Ketonen mit fuchsinschwefliger Säure eine Rotfärbung. GK Chemie -15- 12. Jgst. 4 Carbonsäuren O Homologe Reihe – physikalische Eigenschaften Carbonsäuren enthalten eine oder mehrere Carboxy-Gruppen: -C-O-H (-COOH) Salze (Endung: – oat) Methanoat-Ion (Formiat-Ion) H-COOCH3-COOEthanoat-Ion (Acetat-Ion) C2H5-COOPropanoat-Ion Alkansäuren H-COOH Methansäure (Ameisens.) CH3-COOH Ethansäure (Essigs.) C2H5-COOH Propansäure usw. Fettsäuren: höhere Carbonsäuren gesättigte F.: C15H31-COOH C17H35-COOH ungesättigte F.: C17H33-COOH C17H31-COOH Mehrprotonige Carbonsäuren: COOH Ethandisäure = Oxalsäure COOH Hexadecansäure = Palmitinsäure Octadecansäure = Stearinsäure Octadec-9-ensäure = Ölsäure Octadeca-9,12-diensäure = Linolsäure COOCOO- Oxalation CaC2O4 schwerlösliches Calciumoxalat Löslichkeit: Die niederen Säuren mischen sich in jedem Verhältnis mit Wasser, die höheren sind in Wasser praktisch unlöslich. Polare Carboxy-Gruppe und unpolare KW-Reste! Siedepunkte: Die Siedepunkte der Carbonsäuren liegen höher als die von Alkoholen vergleichbarer Molekülmasse. Der Grund ist eine Dimerisierung unter Ausbildung von 2 Wasserstoffbrückenbindungen: H O O H-Brückenbindungen C R R C O H O Schmelzpunkte: Sie steigen unregelmäßig mit zunehmender Kettenlänge an. Säuren mit gerader C-Atomzahl sind im Kristallgitter dichter gepackt und schmelzen daher jeweils etwas höher als benachbarte Säuren mit ungerader C-Atomzahl. Acidität der Carbonsäuren Protoylse der Carbonsäuren: O O R C R + H2O O Carboxylat-Gruppe O H Carboxy-Gruppe Ursachen der Acidität: a) –I-Effekt des O-Atoms der Carbonyl-Gruppe erhöht die Polarität der OH-Bindung und erleichtert die Abspaltung eines Protons. δ− δ + R R O C O b) Die Carboxylat-Gruppe ist durch Mesomerie stabilisiert: + H3O+ C O H O R C C O O mesomere Grenzformeln der Carboxylat-Gruppe Säurestärke verschiedener Carbonsäuren: Allgemein gilt: Eine Säure ist um so stärker, je weiter rechts das Protolysengleichgewicht liegt! H3O+ + Säureanion Säure + H2O Protolyse der Carbonsäuren: H3O+ + R-COOR-COOH + H2O Carbonsäuren zählen i.d.R. zu den schwachen Säuren, ihr Protolysengleichgewicht ist weitgehend nach links verschoben. Einfluss des Kohlenwasserstoffrests (R) auf die Säurestärke: Regel: - Die Säurestärke nimmt mit steigender Polarität der O-H Bindung zu! - Substituenten mit einem elektronenschiebenden +I-Effekt (Alkylgruppen) erniedrigen die Polarität der O-H Bindung; die Abgabe eines Protons ist erschwert! - Substituenten mit einem elektronenziehenden –I-Effekt (z.B. Halogenatome) erhöhen die Polarität der O-H Bindung; die Abgabe eines Protons ist erleichtert! Daneben können aber auch mesomere Effekte die Säurestärke beeinflussen. R -I +I O C O H GK Chemie -16- Die Ethansäure Protolyse: CH3-COOH + H2O 12. Jgst. H3O+ + CH3-COO- Ethanoat-Ion (Acetat-Ion) Ethansäure gehört zu den schwachen Säuren, das Protolysengleichgewicht liegt auf der linken Seite. Salze der Ethansäure: Ethanoate (Acetate) Ethanoatbildung z.B. durch Neutralisation mit Natronlauge oder durch Reaktion mit Magnesium: 2 CH3-COOH + Mg → Mg(CH3-COO)2(aq) + H2 CH3-COOH + NaOH → NaCH3-COO(aq) + H2O Natriumethanoat (Na-Acetat) Magnesiumethanoat (Mg-Acetat) Herstellung der Ethansäure: Essigsäure als Hauptbestandteil des Speiseessigs entsteht durch bakterielle Oxidation des Alkohols vergorener Fruchtsäfte oder von Wein. Diese „Essiggärung“ verläuft aerob. Ethanol wird durch den Luftsauerstoff über Ethanal (Acetaldehyd) zu Ethansäure (Essigsäure) oxidiert: CH3-CH2-OH + O2 → CH3-COOH + H2O Esterbildung und Verseifung O R1 O H + HO C O Esterbindung Veresterung R2 R1 O C R2 + HOH Verseifung Alkohol + Carbonsäure Ester + Wasser Verseifung: Hydrolytische Esterspaltung = Rückreaktion der Veresterung Veresterung und Verseifung sind typische GW-Reaktionen. • Beschleunigung der Einstellung der GW-Lage: a) durch Temperaturzufuhr b) durch Säure (H+) als Katalysator Basen (OH-) vermögen nur die Verseifung zu beschleunigen. Die Reaktion ist jedoch irreversibel, da die Hydroxid-Ionen mit der entstehenden Säure reagieren (Neutralisation). • Verschiebung der Lage des GW: a) Bei der Bildung leicht flüchtiger Ester kann durch Abdestillieren des Esters das GW nach rechts verschoben werden. b) Durch Konzentrationserhöhung eines Edukts verschiebt sich das GW nach rechts. c) Entfernen der Säure durch Kochen mit einer Lauge (Salzbildung) führt zu einer Verschiebung des GW nach links. Nomenklatur der Ester Name der Säure/Alkylrest des Alkohols/Endung -ester CH3-CO-O-CH2-CH3 Beispiele: CH3-O-CO-CH2-CH3 Propansäuresäuremethylester Ethansäureethyletser (Beachten Sie die Anordnung des Säure- bzw. Alkoholanteils im Estermolekül!) 5 Mehrfunktionelle Verbindungen Enthält eine organische Verbindung mehrere funktionelle Gruppen, so werden die C-Atome derart nummeriert, dass die wichtigste funkt. Gruppe eine möglichst niedrige Zahl erhält. Diese funkt. Gruppe legt dann auch den Namen der Verbindung fest. Trivialnamen und Nomenklaturnamen wichtiger biologischer Vertreter: CHO H-C-OH H-C-OH H Glycerinaldehyd = 2,3-Dihydroxypropanal COOH H-C-OH H-C-OH H Glycerinsäure = 2,3-Dihydroxypropansäure H CH3-C-COOH OH Ordnung funkt. Gruppen nach abnehmender Priorität: Carbonsäuren: R-COOH Ester: R-CO-O-R Aldehyde: R-CHO Ketone: R-CO-R Alkohole: R-OH Ester: R-O-R Doppelbindung: R2C=CR2 Dreifachbindung: R-C≡C-R CH3-C-COOH O Milchsäure = 2-Hydroxypropansäure Brenztraubensäure 2-Ketopropansäure COOH OH HOOC-CH CH-COOH OH OH Weinsäure = 2,3-Dihydroxybutandisäure COOH O O C CH3 Salicylsäure = 2-Hydroxybenzoesäure Acetylsalicylsäure (ASS) = Essigsäuresalicylester -176 Übersicht wichtiger organischer Stoffgruppen Kohlenwasserstoffe Alkane CnH2n+2 CH4 Methan; CH3-CH3 Ethan; Propan; Butan; Pentan; Hexan; Heptan; Oktan; Nonan; Decan. n-Alkane: unverzweigte Alkane iso-Alkane: verzweigte Alkane CH3-CH-CH2- CH-CH2-CH3 CH3 CH3 2,4-Dimethylhexan Cycloalkane CnH2n Cyclohexan Alkylgruppen: -CH2- Methylengruppe CH3- Methylgruppe C2H5- Ethylgruppe Alkene CnH2n H2C=CH2 Ethen; Propen ... H2C=CH- Ethenylgruppe H2C=C-CH2-CH3 CH3 2-Methylbut-1-en H2C=CH-CH=CH2 Buta-1,3-dien Alkine CnH2n-2 HC≡CH Ethin; Propin ... Alkohole Aldehyde, Ketone, Ether Carbonsäuren, Ester Carbonsäuren O Alkohole: -O-H Hydroxygruppe Aldehyde: -C=O Aldehydgr. H Carboxygruppe -C-O-H H-CHO Methanal (Formaldehyd) primäre: -OH Gruppe an einem CH3-CHO Ethanal (Acetaldehyd) H-COOH Methansäure primären C-Atom gebunden (Ein prim. C-Atom ist mit nur einem CH3-COOH Ethansäure weiteren C-Atom verbunden!) CH3-CH2-CH2-COOH Butans. O CH3-CH2-OH Ethanol Ketone: -C- Ketogruppe CH3-CH2-CH2-OH Propan-1-ol (Carbonylgruppe) Fettsäuren: höhere Carbons. C15H31-COOH O sekundäre: -OH Gruppe an einem H C-C-CH Propanon (Aceton) Hexadecansäure (Palmitins.) 3 3 sekundären C-Atom gebunden C17H35-COOH O CH3-CH-CH3 Propan-2-ol Octadecansäure (Stearins.) H3C-C-CH2-CH3 Butan-2-on OH C17H33-COOH Octadec-9-ensäure (Ölsäure) Ether: -O- Oxy-Gruppe tertiäre: -OH Gruppe an einem C17H31-COOH tertiären C-Atom Octadeca-9,12-diensäure (Linols.) H3C-O-CH3 Dimethylether CH3 O H3C-O-C2H5 Ethylmethylether CH3-C-CH3 2-Methylpropan-2-ol Salze: Carboxylation -C OH O H-COONa Na-methanoat Salze: Alkoholate (CH3-COO)2Mg Mg-ethanoat Alkoholation: R-O (Mg-acetat) O Na-methanolat CH3-ONa Ester: -C-O- Esterbindung Na-ethanolat CH3-CH2-ONa O (CH3-CH2-O)2Mg Mg-ethanolat H-C-O-CH2-CH3 Methansäureethylester einwertige: eine -OH Gruppe O zweiwertige: zwei -OH Gruppen CH3-C-O-CH3 usw. Ethansäuremethylester H2C CH CH2 Propan-1,2,3-triol OH OH OH (Glycerin) Aromaten Benzol Phenylgruppe: C6H5Cl Cl 1,2-Dichlorbenzol Phenol (Hydroxybenzol) OH Salze: Phenolate Phenolat-Ion: C6H5-O C6H5-O- Na+ Na-phenolat Derivate der Carbonsäuren CH3-CH-COOH OH 2-Hydroxypropansäure (Milchsäure) CH3-C-COOH O 2-Ketopropansäure (Brenztraubensäure) GK Chemie -18- 12. Jgst III Chemie der Biomoleküle 1 Fette Aufbau und Zusammensetzung Fette sind Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit meist höheren Carbonsäuren (Fettsäuren): H2C HC H2C OH OH + OH Glycerin O C O HO C O HO C HO C17H35 H2C O C17H33 HC O C15H31 H2C O Fettsäuren Stearinsäure/Ölsäure/Palmitinsäure O C O C O C C17H35 C17H33 + 3 H2O C15H31 Wasser 1-Stearinsäure-2-ölsäure-palmitinsäureglycerinester (1-Stearoyl-2-oleoyl-palmitoylglycerin) Nomenklatur: Die Fette werden entweder als Fettsäureglycerinester oder als Acylglycerine bezeichnet. Acylrest R-CO- (Oleoyl-, Palmitoyl-, Steaoryl- usw.) Merkmale natürlich vorkommender Fette: - Die Fettsäurereste haben stets eine gerade C-Atomzahl. - Die Fettsäuren sind unverzweigt. - Das Glycerin ist mit versch. Fettsäuren verestert. Fette sind also Mischungen u. keine Reinstoffe. - Die Fettsäurereste besitzen häufig eine oder auch mehrere Doppelbindungen mit (Z)-Konfiguration. Fette Öle: Bei Zimmertemperatur flüssige Fette; ansonsten sind Fette fest oder halbfest. „Fette Öle“ sind keine Mineralöle (KW, die aus dem Erdöl stammen!). Häufig vorkommende gesättigte und ungesättigte Fettsäuren: gesättigt: Buttersäure = Butansäure = CH3-(CH2)2-COOH = C3H7-COOH Palmitinsäure = Hexadecansäure = CH3-(CH2)14-COOH = C15H31-COOH Stearinsäure = Octadecansäure = CH3-(CH2)16-COOH = C17H35-COOH ungesättigt: Ölsäure = (Z)-Octadec-9-ensäure = CH3-(CH2)7-CH=CH-(CH2)7-COOH Linolsäure = (Z,Z)-Octadeca-9,12-diensäure = C17H33-COOH = C17H31-COOH Nachweis der ungesättigten Fettsäurereste a) Addition von Brom: Braunes Bromwasser wird entfärbt; Br2 wird an die Doppelbindung addiert: H2C=CH2 + Br2 → Br-CH2-CH2-Br 1,2-Dibromethan electrophone Addition! b) Baeyer-Probe: Braunfärbung einer violetten, sodaalkalischen Kaliumpermanganatlsg. durch Ausfällung von Braunstein MnO2: Ox. H2C=CH2 + 2 OH- → HO-CH2-CH2-OH + 2 e- ·3 Red. MnO4- + 3 e- + 2 H2O → MnO2 + 4 OH·2 Redoxgl. 3 H2C=CH2 +2 MnO4- + 4 H2O → 2 MnO2 + 3 HO-CH2-CH2-OH + 2 OHEthan-1,2-diol Physikalische Eigenschaften Konsistenz und Schmelzbereich - Je länger die Fettsäurereste sind, desto höher ist der Schmelzbereich durch die Zunahme der van der Waals-Kräfte. Da Naturfette keine Reinstoffe sind, haben sie anstelle eines exakten Schmelzpunkts nur ein Erweichungsintervall. - Je höher der Anteil an ungesättigten Fettsäuren ist, desto weicher ist das betreffende Fett und desto niedriger ist sein Schmelzbereich. Durch die Z-Konfiguration an den Doppelbindungen treten starke Knicke in den Fettsäureresten auf und die parallele Anordnung der Molekülketten wird erschwert. Die Fettmoleküle können sich schlechter in ein stabiles Kristallgitter einordnen. Schwächere van der Waals-Kräfte! H H C C R Synthetische Fette enthalten auch (E)-Konfiguration an den Doppelbindungen; sie sind entsprechend härter als Naturfette. Löslichkeit Fette sind hydrophob, also unlöslich in Wasser und anderen stark polaren Lösungsmitteln. Löslich sind sie dagegen in unpolaren Lösungsmitteln wie Benzin, Benzol oder Cyclohexan. Stoffe, welche sich mit Fetten mischen, nennt man lipophil. Fette enthalten zwar polare Esterbindungen, es überwiegen jedoch die unpolaren Fettsäurereste. R GK Chemie -19- 12. Jgst. Bedeutung der nat. Fette für den menschlichen Organismus: • Energielieferanten: Physiologischer Brennwert von 1g Fett = 38,9 kJ (1g Eiweiß/1g Kohlenhydrate = 17,2 kJ) • Energiereserve: Die Speicherung der Fette erfolgt im Cytoplasma von Fettzellen der Unterhaut. • Wärmeisolierung. • Stütz- und Polsterfunktion: Empfindliche Organe (Herz, Niere, Leber) sind in Fettgewebe eingebettet. • Lieferanten und Träger fettlöslicher Vitamine: Lipophile Vitamine sind Vitamin A, D, E und K. • Lieferanten für essentielle Fettsäuren: Linol-, Linolen- und Arachidonsäure können vom Körper nicht selber aufgebaut werden und haben Vitamincharakter (Vitamin F). Fetthärtung Um die relativ billig zu gewinnenden Pflanzenöle und Trane streichfähig zu machen, werden sie katalytisch hydriert. Dabei werden die Öle mit Nickelpulver versetzt und bei 180°C und einem Druck von 6000 hPa von Wasserstoffgas durchspült. Dadurch wird Wasserstoff an die Doppelbindungen der Fettsäuren addiert und es entstehen gesättigte Fettsäurereste. Grundlage für die Margarineproduktion sind heute Pflanzenöle, die teilweise gehärtet wurden. Katalytische Hydrierung der ungesättigten Fettsäurereste bei erhöhter Temp. und unter Druck mit Nickel als Katalysator. H H C R p; T; Ni R + H2 C CH2 CH2 R R Folgen: - Aufhebung der (Z)-Konfiguration und damit der Knickstellen an den Doppelbindungen. - Höherer Schmelzbereich, Fett wird härter. Fette Öle werden zu streichfähigen Fetten (Margarineherstellung!). - Geringere Autoxidation durch Luft-O2, Fett wird beständiger. aber: - Essentielle FS werden zerstört; deshalb nur partielle Härtung. - Vitamine A und D werden zerstört und werden deshalb bei der Margarineherstellung nachträglich wieder zugeführt. Verseifung Hydrolytische Spaltung der Fette unter der Einwirkung starker Laugen. Neben Glycerin entstehen dabei nicht die freien Fettsäuren, sondern deren Salze (Seifen). Daher ist die alkalische Verseifung auch irreversibel. Würde man das Fett mit einer Säure hydrolytisch spalten, so würde das zu einem Gleichgewichtszustand führen, die Verseifung verläuft dann nicht vollständig. H2C O HC O H2C O O C O C O C R H2C OH HC OH + 3 K+ R-COO- H2C OH K-Salz der Fettsäuren irreversibel R + 3 KOH R Glycerin Herstellung und Waschwirkung der Seifen werden im Khj. 13/2 behandelt! (Kernseife) GK Chemie -20- 12. Jgst. 2 Kohlenhydrate 2.1 Spiegelbildisomerie - optische Aktivität Beispiel: Einfachster Zucker ist die Aldotriose Glycerinaldehyd (2,3-Dihydroxypropanal) H O C H C * Am C2-Atom sind vier verschiedene Atome bzw. Atomgruppen gebunden. Derartige C-Atome nennt man asymmetrische C-Atome. Man spricht auch von einem Chiralitätszentrum C*. OH CH2OH Vom Glycerinaldehyd gibt es zwei Verbindungen, die sich wie Bild und Spiegelbild zueinander verhalten, aber nicht CHO zur Deckung gebracht werden können. CHO C* H C* OH HO CH 2 OH H HOH 2 C Spiegelbildebene Diese Isomerie wird Spiegelbildisomerie genannt. Die beiden Isomere bezeichnet man als Spiegelbildisomere oder Enantiomere. Sie haben die gleiche Konstitution aber eine verschiedene Konfiguration. (Siehe auch Punkt IV Zusammenfassung der Isomeriearten!) Voraussetzung für das Auftreten einer Spiegelbildisomerie: - Das Molekül muss chiral sein. - Moleküle sind chiral (asymmetrisch), wenn ihr „Bild“ und „Spiegelbild“ nicht identisch sind. - Chirale Moleküle haben weder eine Symmetrieebene noch ein Symmetriezentrum. - Alle Moleküle mit genau einem Chiralitätszentrum sind immer chiral! Spiegelbildisomere sind optisch aktiv Enantiomere zeigen unterschiedliches Verhalten gegenüber der Schwingungsebene des linear polarisierten Lichts. Man bezeichnet dieses Phänomen als optische Aktivität. • Das (+)-Enantiomer dreht die Schwingungsebene des linear polarisierten Lichts nach rechts. • Das (-)-Enantiomer dreht die Schwingungsebene des linear polarisierten Lichts nach links. • Ein äquimolares Gemisch der rechts- und linksdrehenden Form ist optisch inaktiv. Das Gemisch heißt Racemat. • Zur Messung der optischen Aktivität dient ein Polarimeter. Projektionsschreibweise nach Emil Fischer Die nach vorne weisenden Liganden schreibt man links/rechts, die nach hinten weisenden oben/unten. Dabei ordnet man die Kohlenstoffkette vertikal an und bringt das C-Atom mit der höchsten Oxidationszahl nach oben. CHO C CHO CH2-OH H OH Tetraedermodell H C OH CH2-OH Fischer-Projektionsformel Die D- und L-Konfiguration Dem rechtsdrehenden Glycerinaldehyd hat man willkürlich eine Fischer-Projektionsformel zugeordnet, bei der die Hydroxygruppe am Chiralitätszentrum rechts steht. Man bezeichnet diese Anordnung als D-Konfiguration. Bei der LKonfiguration wird die Hydroxygruppe am Chiralitätszentrum links geschrieben: H O H C H C O C * OH CH2OH OH C * H CH2OH D-(+)-Glycerinaldehyd L-(-)-Glycerinaldehyd Alle optisch aktiven Substanzen, die sich durch Oxidation, Abbau usw. auf den D-Glycerinaldehyd zurückführen lassen, erhalten ebenfalls die Konfigurationsbezeichnung „D“, unabhängig von ihrem tatsächlichen Drehsinn! Der Drehsinn wird stets experimentell ermittelt und mit (+)/(-) angegeben. Aufbau eines Polarimeters Durch ein Polarisationsfilter (Polarisator) werden alle Schwingungsebenen der Lichtquelle ausgelöscht bis auf eine von bestimmter Schwingungsrichtung. Geht das so linear polarisierte Licht durch einen zweiten Polarisationsfilter (Analysator), so wird der Strahl völlig ausgelöscht, wenn der Analysator um 90° gegen den Polarisator verdreht wird. GK Chemie -21- 12. Jgst. Wird nun zwischen Polarisator und Analysator eine Lösung einer optisch aktiven Substanz gebracht, dann wird die Schwingungsebene des vom Polarisator durchgelassenen polarisierten Lichts um einen bestimmten Winkel gedreht. Dieser Winkel lässt sich durch Drehen des Analysators nach rechts bzw. links bis zur erneuten Auslöschung bestimmen. (+) Küvette mit optisch aktiver Substanz (-) Beobachter Lichtquelle Polarisator Analysator Verbindungen mit mehreren asymmetrischen C-Atomen Z = 2n Für die Anzahl der optisch aktiven Isomere (Z) gilt die einfache Formel: n = Anzahl unterschiedlicher Chiralitätszentren Demnach gibt es vier isomere Aldotetrosen: CHO CHO CHO CHO H C* OH HO C* H H C* OH H C* OH HO C* H HO C* H CH2OH CH2OH HO C* H H C* OH CH2OH Enantiomere CH2OH Enantiomere Diastereomere Diastereomere haben die gleiche Konstitution, verschiedene Konfiguration verhalten sich aber nicht wie Bild und Spiegelbild. Sie haben verschiedene physikalische Eigenschaften wie Schmelzpunkt oder Drehwert. 2.2 Monosaccharide Einteilung der Kohlenhydrate Monosaccharide: Einfachzucker Disaccharide: Zweifachzucker Oligosaccharide: Mehrfachzucker Polysaccharide: Vielfachzucker ( > 100 Monosaccharide) Triosen (3 C-Atome), Tetrosen, Pentosen, Hexosen usw. Aldosen: mit einer Aldehydgruppe; Ketosen: mit einer Ketogruppe (Carbonylgruppe) Fischer-Projektionsformeln der Glucose und Fructose Die Glucose hat 4 Chiralitätszentren, demnach gibt es insgesamt 16 enantiomere Aldohexosen. Die Fructose hat 3 Chiralitätszentren, demnach gibt es insgesamt 8 enantiomere Ketohexosen. Die Zuordnung der Konfiguration (D bzw. L) richtet sich nach der Stellung der Hydroxygruppe (-OH) am untersten Chiralitätszentrum. Bezugssubstanz ist der einfachste, optisch aktive Zucker: Glycerinaldehyd (2,3-Dihydroxypropanal) Der Drehsinn wird unabhängig von der Konfiguration stets experimentell ermittelt und mit (+)/(-) angegeben. CHO CH2OH H C* OH C O HO C* H HO C* H H C* OH H C* OH H C* OH H C* OH CH2OH D-(+)-Glucose CH2OH D-(-)-Fructose Chemische Eigenschaften der Glucose • Fehlingsche Probe positiv! Reduktion von komplex gebundenen Cu2+-Ionen zu rotem Kupfer(I)-oxid Cu2O: Red. +II +I 2 Cu2+ + 2 e- + 2 OH- → Cu2O(s) + H2O +I +III Ox. R-CHO + 2 OH→ R-COOH + 2 e- + H2O 2+ Redox. R-CHO + 2 Cu + 4 OH → R-COOH + Cu2O(s) + 2 H2O Glucose Gluconsäure GK Chemie • • -22- 12. Jgst. + Silberspiegelprobe positiv! Reduktion des Silberdiamminions [Ag(NH3)2] zu Silber Ag. Red. [Ag(NH3)2]+ + e- → Ag(s) + 2 NH3 Oxidationsgleichung wie bei der Fehlingschen Probe! Die Schiffsche Probe, ein Nachweis für Aldehydgruppen, verläuft mit Glucose überraschender Weise negativ! Dieser Befund kann mit der Fischen-Projektionsformel nicht erklärt werden. Eine Lösung des Problems liefert die Haworthsche Ringformel der Glucose Die Haworthsche Ringformel der Glucose Durch nucleophile Addition der OH-Gruppe am C5-Atom mit der Aldehydgruppe am C1-Atom, eine Halbacetalbildung (siehe S. 14!), entstehen zwei cyclische Halbacetalformeln = Haworthsche Ringformeln. CH2OH CH2OH OH 1* OH OH α-D-(+)-Glucopyranose • • • O O OH OH C1 H OH • • • CH2OH OH O OH 1* OH OH OH Aldehydform (Kettenform) OH β-D-(+)-Glucopyranose Am C1-Atom entsteht ein neues Chiralitätszentrum (*); man bezeichnet es als anomeres C-Atom. Beim α-Ring weist die OH-Gruppe am C1-Atom nach unten, beim β-Ring nach oben. α- und β-Glucose sind Diastereomere und unterscheiden sich in physikalischen Eigenschaften wie Schmelzpunkt oder Drehwert. Spezifische Drehwerte: α-Glucose + 112°; β-Glucose + 19° Die Bezeichnung –„pyranose“ weist auf einen Sechserring hin, wie er im Pyran vorkommt. Die Bezeichnung „D“ besagt, dass bei der Fischer-Projektionsformel die OH-Gruppe am untersten Chiralitätszentrum recht steht. Die OH-Gruppe am anomeren C-Atom (C1-Atom) bezeichnet man als halbacetalische OH-Gruppe. Mutarotation der Glucose Änderung des optischen Drehwertes einer reinen α- bzw. β-Glucoselösung nach dem Auflösen in Wasser von +112° bzw. +19° auf jeweils +52° aufgrund einer Gleichgewichtseinstellung zwischen der α- und β-Form der Glucose: α-Glucose (36%) Aldehydform (Kettenform) (0,26%) β-Glucose (64%) Voraussetzung für eine Mutarotation (gilt auch für andere Kohlenhydrate): Es muss eine halbacetalische bzw. halbketalische OH-Gruppe vorhanden sein. Nur in diesem Fall kann es zu einer Ringöffnung und damit zu einer Gleichgewichtseinstellung zwischen der α- und β-Form kommen. Erklärung der chemischen Eigenschaften der Glucose • Leicht reversible Aldehydreaktionen (z.B. die Schiffsche Probe) laufen nicht ab, da die Konzentration der Aldehyform (Kettenform) im Gleichgewicht zu niedrig ist. • Irreversible Reaktionen der Aldehydgruppe (Fehlingsche Probe, Silberspiegel-Probe) laufen ab, da durch Gleichgewichtsverschiebung aus den Ringformen ständig neue Aldehydform nachgebildet wird. Die Haworthsche Ringformel der Fructose Eine cyclische Halbketalform kann auf zweifache Weise erfolgen: • OH-Gruppe vom C6-Atom reagiert mit der Ketogruppe → Fructopyranose (Sechserring!) • OH-Gruppe vom C5-Atom reagiert mit der Ketogruppe → Fructofuranose (Fünferring!) Für die Bildung der Fructofuranose ergibt sich folgendes Schema: CH2OH CH2OH HO CH2OH 2* OH CH2OH CH2OH O HO HO C2=O OH OH α-D-(-)-Fructofuranose 2* CH2OH OH Ketoform (Kettenform OH β-D-(-)-Fructofuranose GK Chemie -23- 12. Jgst. Eigenschaften der Fructose • Durch die Ringbildung (Halbketalbildung) entsteht am C2-Atom ein neues Chiralitätszentrum. • Beim α-Ring weist die OH-Gruppe am C2-Atom nach unten, beim β-Ring nach oben. • α- und β-Fructose sind Diastereomere und unterscheiden sich in physikalischen Eigenschaften wie Schmelzpunkt oder Drehwert. • Die Bezeichnung –„furanose“ weist auf einen Fünferring hin, wie er im Furan vorkommt. • In wässriger Lösung besteht ein Gleichgewicht zwischen der Ketoform, der Fructopyranose und der Fructofuranose. Die Fructose zeigt daher auch die Erscheinung der Mutarotation. • In Verbindungen kommt die Fructose nur als Fructofuranose vor. • Überraschenderweise fällt die Fehlingsche Probe mit der Fructose positiv aus, obwohl keine Aldehydgruppe vorhanden ist. Erklärung: In alkalischer Lösung erfolgt eine Umlagerung der Fructose in die Glucose. Man bezeichnet diese Umwandlung als Keto-Enol-Tautomerie. H H H C OH C O OH- C OH C OH OH- H C H C R R O OH R D- Fructose (Ketoform) Enolform D-Glucose (Aldehydform) Tautomerie: Erscheinung, dass zwei Moleküle mit unterschiedlicher Konstitution in einem dynamischen Gleichgewicht miteinander stehen. Unterscheidung von Glucose und Fructose Seliwanow-Reaktion: Nur die Fructose liefert als Ketohexose mit Resorcin (1,3-Dihydroxybenzol) mit konz. Salzsäure einen roten Farbstoff. 2.3 Disaccharide Glykosidische Bindung: Die halbacetale bzw. halbketale OH-Gruppe zeichnet sich durch den benachbarten Ringsauerstoff als besonders reaktiv aus. Mit Säuren reagiert die halbacetalische bzw. halbketalische OH-Gruppe mit Alkoholen unter Abspaltung von Wasser zu einem Glykosid. Beispiel: CH2OH CH2OH O 2 OH OH CH2OH O OH + 2 OH-CH3 O OH OH O–CH3 OH + O–CH3 + 2 H 2O OH OH OH OH α-D-Glucose + Methanol Methyl-α-D-glucosid + Methyl-β-D-glucosid + Wasser Bei der Reaktion von α-D-Glucose mit Methanol bilodet sich ein Gemisch aus Methyl-α-D-glucosid und Methyl-β-Dglucosid. Dabei gehen Mutarotation und reduzierende Wirkung verloren, da nun keine halbacetalische HydroxyGruppe mehr vorhanden ist. Zwischen den beiden Glucosiden kann sich kein Gleichgewicht einstellen. Glucoside leiten sich von der Glucose ab, Fructoside von der Fructose usw. Glykosidbildung ist auch zwischen Monosacchariden möglich, wenn die halbacetale/halbketale OH-Gruppe von einem Kohlenhydrat mit der OH-Gruppe eines anderen Kohlenhydrats reagiert. Dabei entstehen Disaccharide. D-(+)-Maltose (Baustein der Stärke und des Glykogens) CH2OH CH2OH O O OH 4 1 OH α OH O al-Maltose OH β-Maltose OH OH α-D-(+)-Maltose Zwei Glucosemoleküle sind α-1,4-glykosidisch miteinander verbunden. Da die halbacetalische OH-Gruppe am rechten Glucosering vorhanden ist, bedeutet das: reduzierende Wirkung; Gleichgewichtseinstellung über die Aldehyd-Form mit der β-Form und Mutarotation sind möglich! GK Chemie -24- 12. Jgst. D-(+)-Cellobiose (Baustein der Cellulose) OH CH2OH O OH β 1 OH O OH OH 4 β-Cellobiose al-Cellobiose O OH CH2OH α-D-(+)-Cellobiose Zwei Glucosemoleküle sind β-1,4-glykosidisch miteinander verbunden. Der rechte Glucosering ist um die C1-C2Achse um 180° gedreht! Da die halbacetalische OH-Gruppe am rechten Glucosering vorhanden ist, bedeutet das wieder: reduzierende Wirkung; Gleichgewichtseinstellung mit der β-Form und Mutarotation sind wie bei der Maltose möglich. D-(+)-Saccharose (Rohrzucker) CH2OH CH2OH O O OH 2 1 OH OH O α CH2OH OH OH α-D-(+)-Glucopyranose und β-D-(-)-Fructofuranose sind α-1,2-glykosidisch miteinander verbunden. Keine Mutarotation und keine reduzierende Wirkung, da die halbacetalische OH-Gruppe der Glucose und die halbketalische OH-Gruppe der Fructose miteinander reagiert haben. Inversion der Saccharose: Eine Saccharoselösung dreht die Schwingungsebene des linear polarisierten Lichts nach rechts. Bei der Hydrolyse mit Säuren entsteht ein äquimolares Gemisch aus Glucose und Fructose. Da die Fructose stärker nach links dreht als die Glucose nach rechts, tritt während der Hydrolyse eine Umkehrung der Drehrichtung ein. 2.4 Polysaccharide Die Stärke Pflanzlicher Reservestoff. Sie wird in Form von Stärkekörnern in der Pflanzenzelle gespeichert. (Kartoffelknollen, Getreidekörner, Reis, Mais usw.). Zusammensetzung der Stärke aus Amylose (20%) und Amylopektin (80%). Amylose CH2OH CH2OH OH α O 1 OH O OH OH • • • • • • • O 4 1 OH CH2OH O O 4 OH 1 OH OH Die Stärkearten bilden weiße, geruch- und geschmacklose Pulver. 200 bis 500 Glucosemoleküle sind α-1,4-glykosidisch miteinander zu einem unverzweigten Makromolekül verknüpft. Die Makromoleküle sind nicht linear gestreckt, sondern spiralig gewunden angeordnet; stabilisiert durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den OH-Gruppen entlang der Längsachse. In kaltem Wasser schwer löslich, besser löslich in heißem Wasser. Entspiralisierung der Windungen; Aufbrechen der Wasserstoffbindungen. Die Fehlingsche Probe und die Silberspiegelprobe verlaufen negativ, wenn man nicht zu lange kocht. Eine halbacetalische OH-Gruppe am rechten Ende des Makromoleküls reicht für einen positiven Verlauf der beiden Proben nicht aus. Die hydrolytische Spaltung durch Kochen mit verd. Salzsäure oder durch Einwirkung von Enzymen (Amylase spaltet Amylose zu Maltose; Maltase spaltet Maltose zu Glucose) führt letztlich zu Glucose. Iodstärkereaktion: Mit einer Iodlösung bildet die Stärke eine blaue Einschlussverbindung, die in der Wärme durch Entspiralisierung der Windungen aufgelöst wird und in der Kälte wieder gebildet wird. n I2 + Amylose Kälte Wärme I-I I-I I-I blaue Einschlussverbindung GK Chemie -25- 12. Jgst. Das Amylopektin • • • • • • Bis zu 20000 α-D-(+)-Glucosemoleküle sind α-1,4- und α-1,6-glykosidisch miteinander verbunden Alle 10 – 20 Glucosemoleküle eine Verzweigung. O In kaltem Wasser unlöslich, in heißem nur quellbar zu einem Stärkekleister. Mit Iodlösung entsteht eine rotbraune Einschlussverbindung. Die Säurehydrolyse durch Kochen mit verd. Salzsäure liefert letztlich Glucose. Der enzymatische Abbau erfolgt vom Ende der strauchartigen Struktur her. Es bleiben sog. Grenztextrine zurück, an die sich schnell wieder Glucosemoleküle angliedern können. CH2OH O 4 1 OH O 6 OH CH2 4 O O 1 OH O OH Verzweigungsstelle des Amylopektins. Das Glykogen Tierisches Reservekohlenhydrat, gespeichert in Leber und Muskeln. Struktur ähnlich wie beim Amylopektin, nur noch stärker verzweigt und noch größere Molekülmasse. Bis zu 100000 Monomere. Eignung von Stärke und Glykogen als biologischer Speicherstoff • Schneller Ab- und Aufbau durch die strauchartige Struktur. Enzyme können von den Enden der Makromoleküle her Glucosemoleküle leicht abspalten bzw. anhängen. Dazu werden die Makromoleküle nicht vollständig abgebaut; es bleiben kleinere Grenzdextrine erhalten. • Glucose könnte als Monomer nicht gespeichert werden, da der osmotische Druck in der Zelle zu groß wäre. Cellulose Gerüststoff der Pflanzenzelle; hauptsächlich in der Zellwand. Reine Cellulose liegt in der Baumwolle vor. Holz besteht zu ca. 50% aus Cellulose. CH2OH O OH OH β O 1 OH 4 CH2OH O OH 1 O 4 1 OH OH O OH CH2OH β-D-Glucose OH Cellobiose • • • • • • Bis zu 20000 Glucosemoleküle sind β-1,4-glykosidisch zu einem unverzweigten Makromolekül miteinander verbunden. Die β-Konfiguration der Bausteine bedingt, dass die aufeinander folgenden Glucosemoleküle um jeweils 180° gegeneinander gedreht sind. Es bildet sich keine Spirale wie bei der Amylose, sondern ein geradkettiges Makromolekül. Cellulose ist in Wasser unlöslich. Durch verd. Säuren kann sie nicht hydrolytisch gespalten werden. Eine Hydrolyse zu Glucose ist nur durch Kochen mit 80%iger Schwefelsäure möglich. (Holzverzuckerung!) Cellulose lässt sich durch Violettfärbung mit Zinkchlorid-Iodlösung (ZnCl2,I2) nachweisen. Ca. 50 Makromoleküle ordnen sich parallel zu Elementarfibrillen zusammen, fixiert durch intermolekulare Wasserstoffbrückenbindungen. Die Elementarfibrillen sind ihrerseits zu seilähnlichen Fasern verdrillt. Zwischen den biegsamen Fibrillen sind Füllstoffe, in verholzten Geweben vor allem Lignin, eingelagert. Dieser strukturelle Aufbau bewirkt eine große Zugfestigkeit und macht eine Wassereinlagerung unmöglich. GK Chemie -26- 12. Jgst. 3 Aminosäuren und Proteine 3.1 Aminosäuren Aminosäuren (AS) sind α-Aminocarbonsäuren. Das α-C-Atom ist das erste C-Atom nach der Carboxy-Gruppe. Mit Ausnahme von Glycin besitzt jede AS ein asymmetrisches C-Atom (Chiralitätszentrum), sie sind demnach optisch aktiv. Bei der L-Konformation steht die Amino-Gruppe am α-C-Atom links, bei der D-Konf. rechts. Natürliche Proteine bestehen aus ca. 20 verschiedenen L-α-Aminocarbonsäuren. Fischer Projektionsformeln wichtiger AS COOH COOH COOH COOH H2N α H 2N C H α C α H2N C H H 2N COOH Glycin (Gly) Alanin (Ala) Aminoethansäure 2-Aminopropansäure neutrale AS neutrale AS eine saure Carboxy-Gruppe (-COOH) und eine basische Amino-Gruppe (-NH2) α C H (CH2)4 CH2 CH3 H H NH2 Asparaginsäure (Asp) 2-Aminobutandisäure saure AS zwei saure und eine basische Gruppe Lysin (Lys) 2,6-Diaminohexansäure alkalische AS zwei basische und eine saure Gruppe AS besitzen somit eine basische Amino- und eine saure Carboxygruppe. Der Rest oder die „Seitenkette“ ist im einfachsten Fall ein H-Atom, sonst eine aliphatische oder aromatische Gruppe. Eigenschaften der Aminosäuren • Bis auf Glycin haben alle AS in α-Stellung ein asymmetrisches C-Atom und sind deshalb optisch aktiv. • Die AS bilden farblose, kristalline Substanzen, die meist erst bei über 200°C unter Zersetzung schmelzen. Diese Eigenschaft deutet darauf hin, dass im Kristallgitter der AS starke elektrostatische Bindungskräfte wirksam sind, wie sie sonst nur bei den Salzen angetroffen werden. • Gute Löslichkeit in polaren Lösungsmitteln wie Wasser, wenn nicht ein unpolarer Rest überwiegt. • Erklärung für die charakteristischen Eigenschaften: Die AS liegen nicht wie oben formuliert in der neutralen, sondern in einer zwitterionischen Struktur vor, die durch einen Protonenübergang von der sauren Carboxyzur basischen Amino-Gruppe abgeleitet werden kann: COO COOH H2N α C H3N H α C H R R Beachte: Aus der sauren Carbox-Gruppe (-COOH) wird durch Protonenabgabe eine basische Carboxylat-Gruppe (-COO-) und aus der basischen Aminogruppe (-NH2) wird eine saure Ammonium-Gruppe (-NH3+)! Der zwitterionische Zustand bedingt die i.d.R. gute Löslichkeit der AS in stark polaren Lösungsmitteln wie Wasser sowie den rel. hohen Schmelzpunkt; Kristallgitter aus Zwitterionen. Amphoterer Charakter Wegen der Fähigkeit der AS-Zwitterionen sowohl mit starken Säuren, als auch mit starken Basen Salze zu bilden, sind die AS Ampholyte: COO H2O + H2N Cα H COO + OHH 3N Cα H COOH + H+ H3N Cα H R R R AS-Anion AS-Zwitterion AS-Kation Die basische Carboxylat-Gruppe des Zwitterions kann ein Proton eine Säure aufnehmen, die saure Ammonium-Gruppe kann ein Proton an die Base OH- abgeben. Isoelektrischer Punkt IEP Charakteristischer pH-Wert, an dem positive und negative Ladungen in gleicher Anzahl vorhanden sind. Die AS liegt dann als Zwitter-Ion vor. In welcher Ionenform die jeweilige AS vorliegt, ist abhängig vom pH-Wert des Lösungsmittels. Saure –NH3+ und alkalische –COO- -Gruppen halten sich am IEP elektrisch gegenseitig die Waage, die Verbindung erscheint nach außen hin ungeladen. Am IEP zeigen die AS ihre geringste Löslichkeit in Wasser, weil die -COO- und -NH3+-Gruppen infolge der Ladungsaufhebung nur schwach hydratisierbar sind. Liegt dagegen eine AS als Kation oder Anion vor, so ist sie aufgrund ihrer Ladung gut hydratisierbar und daher in Wasser gut löslich. Die unterschiedlichen IEP-Werte der AS sind auf die jeweiligen AS-Reste zurückzuführen. Der IEP liegt bei neutralen AS im schwach sauren Bereich, bei sauren AS im deutlich sauren Bereich und bei alkalischen AS im schwach alkalischen Bereich. GK Chemie -27- 12. Jgst. Beispiel: Strukturformeln des Alanins bei versch. pH-Werten: pH 6,1 = IEP (schwach sauer) pH 11,0 (stark alkalisch) COOH COO COO H2N pH 1,0 (stark sauer) Cα H Anion CH3 H 3N Cα H H 3N Zwitter-Ion CH3 Kation Cα H CH3 Elektrophoretische Trennung von AS Je nach pH-Wert kann eine AS als Zwitter-Ion, Kation oder Anion vorliegen. Darauf beruht das Prinzip der elektrophoretischen Trennung von AS. Gleichspannung, ca. 250V Startlinie Kathode Anode einzelne As oder ein zu trennendes ASGemisch Filterpapier mit Pufferlsg. (z.B. pH 8) getränkt Die Wanderungsrichtung und-geschwindigkeit hängt ab von: • Ladung der AS. Am IEP erfolgt keine Wanderung im elektrischen Feld, da die AS als Zwitterion vorliegt. AS-Kationen wandern aufgrund ihrer positiven Ladung zur Kathode, AS-Anionen zur Anode. • Molekülmasse. Schwerere AS wandern aufgrund der besseren Haftung auf dem Filterpapier langsamer. 3.2 Peptide und Proteine Peptide sind aus zwei, höchstens jedoch aus 100 AS aufgebaut. Bei über 100 AS spricht man von Proteinen. Die Peptidbindung Die Peptidbindung entsteht formal durch Kondensation von zwei AS. R1 H2N O Cα C-OH H H-N H H R1 H O Cα C-OH H2N R2 O Cα C N O Cα C-OH H H R2 + H 2O Peptidbindung Die Peptidbindung (od. Säureamidbindung) gehört zu den esterartigen Bindungen, die durch Hydrolyse (am besten säurekatalysiert) gespalten werden kann. Darauf beruht die Zerlegung der Proteine beim Kochen mit Säuren. Mesomerie der Peptidbindung: O O C C N N H H mesomere Grenzformeln Das freie Elektronenpaar am N-Atom kann zum O-Atom verschoben werden. Der wahre Bindungszustand liegt zwischen den beiden Grenzformeln. Als Folge dieser Mesomerie liegt der Bindungsabstand der C-N-Bindung zwischen dem einer Einfach- und einer Doppelbindung. Durch peptidartige Verknüpfung von L-AS entsteht eine Molekülkette von gleichmäßigem Bau. Nur die Reste R der AS sind verschieden. Diese Seitenketten bestimmen die Individualität eines Peptids (bzw. Proteins). Die Reste R können weitere Amino und Carboxy-Gruppen tragen, die wie bei einzelnen AS je nach pH-Wert geladen sein können. Ausschnitt aus einem Peptidfaden: Amino-Gruppe am Kettenanfang H2N R1 H C N H H O R3 C C C C N O R2 H H OH C O Carboxy-Gruppe am Kettenende GK Chemie -28- 12. Jgst. Gemeinsame Eigenschaften von AS, Peptiden und Proteinen a) Löslichkeit in Wasser Auch bei Peptiden und Proteinen ist der IEP ein wichtiges Charakteristikum. Auch hier ist er als der pH-Wert definiert, bei dem die Summen aller positiven und negativen Ladungen der Proteinzwitterionen ein Minimum erreicht. Am IEP ist bei AS, Peptiden und Proteinen die Löslichkeit in Wasser am geringsten, da sich dann die intramolekularen Ionenladungen gegenseitig aufheben und nach außen hin keine Ladung wirksam ist, um die eine Hydrathülle gebildet werden kann. b) Biuretreaktion AS, Peptide und Proteine bilden mit Cu2+-Ionen in alkalischer Lösung Komplexverbindungen mit blauer bis violetter Farbe. c) Xanthoproteinreaktion AS, die einen aromatischen Rest tragen (z.B. Tyrosin), färben sich unter Einwirkung von konz. Salpetersäure beim Erhitzen gelb. Die Färbung ist auf die Entstehung aromatischer Nitroverbindungen zurückzuführen. Da in den meisten Proteinen auch AS mit aromatischen Resten vorkommen, gelingt diese Nachweisreaktion auch mit diesen Proteinen. Beispiel: Xanthoproteinreaktion mit Tyrosin COOH H3N α C COOH H H 3N CH2 Cα H CH2 + HNO3 OH Tyrosin in saurer Lösung (farblos) OH NO2 + H2O Nirotyrosin (gelb) 3.3 Proteine Proteine unterscheiden sich von den Peptiden durch die größere Anzahl (> 100 AS) von aneinander gebundenen AS. a) Faserproteine oder Skleroproteine Sie sind in Wasser unlöslich und von fadenförmiger Gestalt. Wichtige Gerüst- und Baustoffe. Beispiele: Kollagen (Bindegewebe, Grundsubstanz der Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder) Keratine (Haut, Haare, Nägel, Horn, Hufe, Federn, Schuppen) Seidenfibroin (Seide) b) Kugelproteine oder globuläre Proteine Sie sind in Wasser kolloidal löslich und von kugelförmiger oder scheibenförmiger Gestalt. Beispiele: Proteine der Enzyme und der Antikörper Albumine (Serumalbumine, Milchalbumine, Eialbumine) Globuline (viele Plasmaproteine, pflanzl. Reserveproteine, Hämoglobin, viele Hormone) Primärstruktur der Proteine = AS-Sequenz (Reihenfolge der AS) Bildet man ein Tripeptid aus drei versch. AS, wobei jede AS vertreten sein soll, so ergeben sich 3 2 1 = 6 Primärstrukturen: ABC; ACB; BAC; BCA; CAB; CBA Bildet man ein Tripeptid aus drei versch. AS, wobei die Anzahl der einzelnen AS beliebig sein soll, so ergeben sich 3·3·3 = 33 = 27 versch. Kombinationen. Sekundärstruktur der Proteine Die Proteinketten sind nicht linear, sondern in festgelegter Weise räumlich angeordnet (festgelegte Konformationen). Da die Peptidbindungen planar gebaut sind, kann eine best. räumliche Anordnung der Proteinketten nur durch eine Drehung an den α-C-Atomen der AS zustande kommen: Es gibt zwei besonders häufig vorkommende Kettenkonformationen mit unterschiedlicher räumlicher Gestalt, die Schraubenstruktur und die Faltblattstruktur. a) Schraubenstruktur (α- Helix) Die Peptidkette ist spiralig angeordnet, wobei die einzelnen Windungen durch intramolekulare N H-Brückenbindungen, die in Richtung der Längsachse der Helix verlaufen, in Form gehalten werden. + Hδ Beispiel: α-Keratin der Haare und Wolle. Das α-Keratin lässt sich dehnen: Dabei werden H-Brücken gelöst und die Helix wird in die Oδ Länge gezogen. Doch sind dadurch nicht alle stabilisierenden Bindungen aufgebrochen. Es existieren noch kovalente Bindungen zwischen parallel liegenden Proteinketten (Tertiärstruktur). C Diese widersetzen sich der Dehnung und führen später das elastische Keratin wieder in die alte Helixstruktur zurück. H-Brückenbindungen zwischen den Peptidbindungen der Helix GK Chemie -29- 12. Jgst. b) Faltblattstruktur Zahlreiche Peptidketten liegen parallel nebeneinander und werden durch intermolekulare H-Brückenbindungen zwischen den C=O Gruppen eines Moleküls und den N-H Gruppen des benachbarten Moleküls verknüpft. Die Reste der AS stehen senkrecht nach oben und unten. Beispiel: Faltblattstruktur des Seidenfibroins Die Faltblattstruktur bedingt einen nahezu kristallinen Bau. Innerhalb des Faltblattes ist eine Verschiebung nur möglich, wenn die intermolekularen H-Brückenbindungen gelöst werden. Solche Fasern sind kaum dehnbar, besitzen dafür aber hohe Reißfestigkeit. Reißfestigkeit Zwischen den einzelnen Faltblättern wirken dagegen oft nur schwache van der WaalsKräfte. Daher lassen sich die Schichten leicht gegeneinander verschieben. Die Seide ist geschmeidig. Tertiärstruktur der Proteine Die räumliche Anordnung der gefalteten oder spiralisierten Kettenabschnitte ergibt die äußere Teilchengestalt der Proteine, die sog. Tertiärstruktur. Die Tertiärstruktur bestimmt, ob ein Faserprotein oder ein globuläres Protein vorliegt: Die Tertiärstrukturen ergeben sich durch Bindungen zwischen den Seitenketten der AS-Bausteine. Stabilisierende Bindungskräfte sind: a) Van-der-Waals-Kräfte zwischen unpolaren AS-Resten Diese Kräfte sind für die wasserlöslichen globulären Proteine entscheidend. In wässrigen Lösungen dieser Proteine liegen die unpolaren Seitenketten im Inneren, die polaren an der Oberfläche des Moleküls. Eine möglichst kleine Grenzfläche zwischen den unpolaren Gruppen und dem Hydratwasser ist energetisch gesehen günstig. δ- b) Wasserstoffbrücken zwischen C=O δ+ ++R R R +- +R = unpolare Gruppe +- = polare Gruppe AS-Kette Hydratwasser H-N Gruppen. c) Ionenbindungen, z.B. zwischen -NH3+ und -OOC- Gruppen. d) Esterbindungen: zwischen Carboxy- und Hydroxy-Gruppen: -COOH + -OH → -CO-O- + H2O e) Disulfidbrücken zwischen –SH-Gruppen von Cysteinresten: -SH + HSim α-Keratin der Haare und Wolle werden dadurch die umeinander gewundenen Helices fixiert. Oxid. Red. -S-S- + 2 H f) Peptidbindungen zwischen sauren und basischen AS-Resten -COOH + -NH2 → -CO-NH- + H2O Quartärstruktur der Proteine Zusammenlagerung mehrerer Untereinheiten mit eigener Tertiärstruktur zu größeren Komplexen. Beispiel: Hämoglobin mit 4 Untereinheiten. Zusammenfassung Primärstruktur: Sekundärstruktur: Tertiärstruktur: Quartärstruktur: AS-Sequenz Räumliche Gestalt der Proteinketten = Kettenkonformation (Faltblatt- und Schraubenstruktur) Räumliche Anordnung der Proteinketten im Molekül; äußere Gestalt des Proteins (Faserproteine; globuläre Proteine) Zusammenlagerung mehrerer Untereinheiten mit eigener Tertiärstruktur zu größeren Komplexen Denaturierung der Proteine Ein nur in seiner räumlichen Struktur unverändertes Protein ist im Besitz seiner biologischen Spezifität. Änderungen der räumlichen Struktur der Proteine bezeichnet man als Denaturierung. Je nach dem Grad der Veränderung kann eine Denaturierung reversibel oder irreversibel sein. Irreversible Denaturierungen können ausgelöst werden durch: • Hitze (Aufhebung von H-Brücken; Spaltung von Atombindungen); Kälte führt dagegen zu einer reversiblen Denaturierung • Schwermetall-Ionen wie Hg2+ od. Pb2+ (Bindung an –COO- -Gruppen von AS-Resten) • Zusatz von Säuren (Entladung von basischen Carboxylat-Gruppen: H+ + -COO- → -COOH) • Zusatz von Laugen (Entladung von Ammonium-Ionen: OH- + -NH3+ → H2O + -NH2) • Energiereiche Strahlung wie UV- oder Röntgenstrahlen (Spaltung von Atombindugen; Bildung aggressiver Radikale) Bei der Denaturierung kommt es gewöhnlich zu einer starken Abnahme der Wasserlöslichkeit, das Protein fällt aus, es koaguliert. GK Chemie -30- 12. Jgst. IV Zusammenfassung: Isomerie Isomerie: Konstitution: Konfiguration: Konformation: Erscheinung, dass Moleküle mit gleicher Summenformel jedoch verschiedener Struktur existieren. Die Isomere unterscheiden sich vielfach in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften. Gibt die Art der Bindungen und die gegenseitige Verknüpfung der Atome im Molekül an. Sie gibt die räumliche Anordnung der Atome oder Atomgruppen im Molekül an. Ohne Berücksichtigung von Rotationen um C-C-Einfachbindungen! Sie gibt die räumliche Anordnung der Atome oder Atomgruppen im Molekül an, die durch Rotation um Einfachbindungen resultieren. Gerüstisomerie (Isomere unterscheiden sich im Aufbau des C-Gerüsts: z.B. n-Butan und Methylpropan) Konstitutionsisomerie (Isomere mit versch. Konstitution.) Stellungsisomerie (Isomere unterscheiden sich durch die Stellung der Substituenten: z.B. 1,2-Dichlorethan und 1,1-Dichlorethan) Funktionelle Isomerie (Isomere unterscheiden sich durch ihre funktionelle Gruppe: z.B. Propanal und Propanol) Tautomerie Isomerie (Isomere unterscheiden sich durch die Lage eines H-Atoms und stehen in einem Gleichgewicht miteinander: z.B. Keto-Enol-Tautomerie zwischen Fructose und Glucose) Konformationsisomerie (Isomere unterscheiden sich durch ihre Konformation z.B. gegenständig -, gleichständig - und schief gestaffelte Anordnung der Cl-Atome im 1,2-Dichlorethan) Stereoisomerie E/Z-Isomerie (Isomere mit gleicher Konstitution (Isomere unterscheiden sich durch die räumliche Anordnung von Substituenten an einer Doppelbindung aber verschiedener räumlicher z.B. (Z)-1,2-Dichlorethen und (E)-1,2-Dichlorethen) Anordnung der Atome.) Spiegelbildisomerie (Chiralitätsisomerie) (Chirale Moleküle mit gleicher Konstitution, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, sich aber nicht zur Deckung bringen lassen: z.B. Isomere mit vier versch. Substituenten an einem asymmetrischen C-Atom.) GK Chemie -31- 12. Jgst. Zusammenfassung: IUPAC-Nomenklatur (International Union of Pure and Applied Chemistry) Funktionelle Gruppen Halogengruppe -F, -Cl, -Br, -I Hydroxygruppe -OH Aldehydgruppe -CHO Ketogruppe (Carbonylgr.) C=O Oxygruppe -OCarboxygruppe -COOH Carboxylatgruppe -COOMercaptanogruppe -SH Sulfonsäuregruppe -SO3H Sulfonatgruppe -SO3Aminogruppe -NH2 Nitrogruppe -NO2 Cyanogruppe -C≡N Isocyanatgruppe -N=C=O Bindungen Esterbindung -CO-OPeptidbindung (Säureamidbindung) -NH-COEtherbindung -ODisulfidbindung -S-SUrethanbindung -O-CO-NHAlkylgruppen Methylengruppe Methingruppe Ethenylgruppe Phenylgruppe Substituenten -CH3 (Methyl-), -C2H5 (Ethyl-) usw. -CH2-CH= CH2=CH-C6H5 IUPAC-Regeln : 1) Man sucht die längste C-Kette im Molekül, welche die wichtigste funktionelle Gruppe (mit der höchsten Priorität) enthalten soll. Die C-Atome werden derart nummeriert, dass die wichtigste funkt. Gruppe eine möglichst niedrige Zahl erhält. 2) Bei Seitengliedern setzt man den Namen (Methyl-, Ethyl-, usw.) vor den Namen des zugrunde liegenden Kohlenwasserstoffs, davor wiederum die Nummer des C-Atoms, an welches die Seitenglieder gebunden sind sowie das griechische Zahlwort für ihre Häufigkeit. C C C C C C C C Abnehmende Priorität: Carbonsäure -COOH Ester -CO-OAldehyd -CHO Keton C=O Alkohol -OH Ether -ODoppelbind. C=C Dreifachbind. -C≡C- 2,3,3-Trimethylpentan 3) Die Halogenatome und die Nitrogruppe (-NO2) werden wie Seitenglieder behandelt. H3C-CH2-CH2-NO2 1-Nitropropan Cl-CH2-CH2-CH2-Cl 1,3-Dichlorpropan 4) Die funktionellen Gruppen werden in der Regel durch die Endung des Namens charakterisiert: -en (Doppelb.), -in (Dreifachb.), -ol (Hydroxygr.), -on (Ketogr.), -al (Aldehydgr.), -ester (Esterb.) -säure(Carboxygr.). Die Lokanten zur Bezeichnung der Stellung der funkt. Gruppe werden vor den Endungen –en, -in, -ol, -on usw.eingefügt. Der Vokal a am Ende eines Zahlwortes wird weggelassen, wenn die nachfolgende Endung mit einem Vokal beginnt. CH3-CH2-CH2-CH=CH-CH3 Hex-2-en H3C-CH2-CH2-CH2-OH Butan-1-ol HO-CH2-CH2-CH=CH-CH3 Pent-3-en-1-ol H3C-CH2-CH2-CHO Butanal C C=C C C OH 2-Methylpent-3-en-1-ol C H2C=CH-CH2-C≡CH Pent-1-en-4-in H3C-CH2-CH2-CH2-COOH Butansäure H2C=CH-CH=CH2 Buta-1,3-dien CH3-CH2-CH2-C-CH2-C-CH3 Heptan-2,4-dion O O 5) Unter Umständen ist es auch nötig, die Bezeichnung der funktionellen Gruppe dem Namen einzufügen. Die -OH Gruppe erhält dann die Bezeichnung -hydroxy-, die C=O Gruppe den Namen -keto- oder –oxo-. H3C-CH-COOH 2-Hydroxypropansäure (Milchsäure) OH H3C-C-COOH 2-Ketopropansäure (Brenztraubensäure) O 6) Für Amine gilt: Der Name des KW-Restes wird mit der Endung –amin versehen. Bei Di- und Polyaminen wird der Name des Kohlenwasserstoffs unter Angabe der Lokanten vorangestellt. H3C-NH2 Methylamin H2N-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-NH2 Hexan-1,6-diamin Griech. Zahlenw.: mono, di, tri, tetra, penta, hexa, hepta, octa, nona, deca, undeca, dodeca, trideca, tetradeca …