Der Mythos ist die genuine Sprache der Religion

Werbung
Religion GOS Kl. 10
Mythos
1
Der Mythos ist die genuine Sprache der Religion
Wenn man in einem Wörterbuch zur deutschen Sprache (z. B. im „Wahrig“) nachschaut,
findet man unter Mythos (= Mythus, = Mythe) gleich mehrere Bedeutungen:
• Überlieferungen eines Volkes von seinen Vorstellungen über die Entstehung der Welt,
der Götter und Dämonen;
• Sage von Göttern, Helden, Dämonen;
• Zur Legende gewordene Begebenheit oder Person von weltgeschichtlicher Bedeutung;
Man kann auch unterscheiden zwischen
• Mythos als Denkform und
• Mythos als Textart.
Dementsprechend wird auch selten eine Übereinstimmung erzielt, was denn mit „Mythos“
gemeint ist und wie man mit Mythen umzugehen hat.
Auch die Forderung, auf Mythen zu verzichten („Entmythologisierung der Bibel“ –
Bultmann, „Religion ohne Mythos“ – Hasenhüttl), wird kontrovers diskutiert.
Im Allgemeinen werden den Mythen mehrere Funktionen zugeschrieben:
Mythen
• erklären die Vergangenheit
• deuten die Gegenwart
• geben Orientierung für die Zukunft.
Sie können als eine Art kollektiver Erinnerung betrachtet werden („kulturelles Gedächtnis“),
die innerhalb einer sozialen Gruppe Identität stiftet.
Für die Religionen ist die Sprachform des Mythos unvermeidlich, da sie es erlaubt, die
verschiedenen Realitätsstufen (Immanenz – Transzendenz) miteinander zu verknüpfen.
In philosophischer Analyse ergeben sich folgende Merkmale (nach Ernst Cassirer):
Der Mythos (- ebenso das religiöse Ritual)
• macht keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Realitätsstufen (Immanenz –
Transzendenz) ( Opferritual, Ex 20)
• kennt keine Unterscheidung zwischen „Vorgestelltem“ und „wirklicher“
Wahrnehmung (Traum - Wacherlebnis)
• kennt keine scharfe Trennung zwischen der Sphäre des Lebens und des Todes
• kennt keine Kategorie des „Ideellen“, Alles (auch Krankheit und Schuld) hat
„Dingcharakter“ ( Sündenbock, Lev 16)
• betrachtet Gleichzeitigkeit oder räumliche Begleitung als „Ursache“ von Ereignissen
(„post hoc ergo propter hoc“)
Die Mythen der verschiedenen Kulturkreise zeigen einige deutliche Übereinstimmungen in
Grundelementen (Motiv, „Mythologem“).
„Mythologeme sind Geschichten von typisch menschlichen Möglichkeiten und
Schwierigkeiten, die durch die Entwicklung der Kulturen in einer leicht veränderten Form
immer wieder neu anzutreffen sind. Sie sind in ihrem Kern konstant, haben also jeweils eine
Erstellt von J. Betz/AMG
19.08.09
Religion GOS Kl. 10
Mythos
2
gleiche zentrale Aussage und betreffen ein existenzielles Grundbedürfnis der Menschen.
Bsp.: Das Mythologem vom göttlichen Kind
(..)
Das Mythologem vom "göttlichen Kinde" kennen wir in unserem Kulturkreis im
Zusammenhang mit Weihnachten. Jesus ist eines der göttlichen Kinder, wie auch Dionysos,
Krischna usw…“
(http://www.wdr5.de/service/service_rat/417529.phtml; 22.03.08)
Die Wahrheit des Mythos - nach der
Aufklärung
Johann Betz, 2004
empirische
Ebene
Mythos vereinigt
empirische und transempirische
Ebene
transempirische
Ebene
erzählt ein
"historisches" Ereignis
interpretiert die Welt /
gibt ihr eine religiöse
Deutung
Konkurrenz zu den
empirischen
Wissenschaften
Konkurrenz zu anderen
(religiösen) Deutungen
Wahrheitsanspruch des
Mythos kann überprüft
werden, wird oft verworfen
Aussage lässt sich nur
im Glauben
bewahrheiten
In dem Kapitel „Schöpfung und Schöpfungserzählungen“ wird die Frage, welche Wahrheit in
einer mythischen Erzählung stecken kann, ausführlich diskutiert.
Erstellt von J. Betz/AMG
19.08.09
Religion GOS Kl. 10
Mythos
3
Vorschriften zum Versöhnungstag (Lev 16): Der Sündenbock
6 Und Aaron soll einen Stier, sein Sündopfer, darbringen, dass er für sich und sein Haus
Sühne schaffe, 7 und danach zwei Böcke nehmen und vor den HERRN stellen an der Tür der
Stiftshütte 8 und soll das Los werfen über die zwei Böcke: ein Los dem HERRN und das
andere dem Asasel*, 9 und soll den Bock, auf welchen das Los für den HERRN fällt, opfern
zum Sündopfer. 10 Aber den Bock, auf welchen das Los für Asasel fällt, soll er lebendig vor
den HERRN stellen, dass er über ihm Sühne vollziehe und ihn zu Asasel in die Wüste
schicke. […] 21 Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm
bekennen alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich
versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der
bereitsteht, in die Wüste bringen lassen, 22 dass also der Bock alle ihre Missetat auf sich
nehme und in die Wildnis trage; und man lasse ihn in der Wüste.
*Wüstendämon
Vorschriften für das Opferritual (Ex 20): Das Altargesetz
22 Der Herr sprach zu Mose: Sag den Israeliten: Ihr habt gesehen, dass ich vom Himmel her
mit euch geredet habe. 23 Ihr sollt euch neben mir keine Götter aus Silber machen, auch
Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen. 24 Du sollst mir einen Altar aus Erde errichten
und darauf deine Schafe, Ziegen und Rinder als Brandopfer und Heilsopfer schlachten. An
jedem Ort, an dem ich meinem Namen ein Gedächtnis stifte, will ich zu dir kommen und dich
segnen.
Aufgabe:
Erläutere Merkmale der Mythos an Beispielen!
Erstellt von J. Betz/AMG
19.08.09
Herunterladen