No.151: Juli – September 2008 Wechsel im Sekretariat Elfriede Schmid geht Damaris Vetter kommt Viel Bewegung im Bengelhaus Ein barmherziger Samariter Ein barmherziger Samariter Tutor Jan Speckmann für unter die Zweifel gefallenen Zeitgenossen THEOLOGISCHE ORIENTIERUNG Die psychische Wirkung der Musik d Vikar in Schorndorf 50. Todestag Karl Heim Studienleiter Steffen Kern wird Vorsitzender der „Apis“ 50. Todestag Karl Heim Bengel auf Studienreisen in Weißrussland Musik für die Seele : Viel Bewegung im Bengelhaus : Ein barmherziger Samariter : Vorlesung im Bengelhaus : Musik für die Seele : Das Wort macht die Musik : Musikalische Seelsorge bei Martin Luther : Musik im Bengelhaus : Bengel in Weißrussland „Singet dem Herrn!“ Musik in der Gemeinde Abschied und Neubeginn Wechsel im Sekretariat Elfriede Schmid geht Damaris Vetter kommt Studienleiter Steffen Kern wird Vorsitzender „der Apis“ Inhalt Das Wort macht die Musik editorial Die psychische Wirkung der Musik k im Bengelhaus Liebe Leserinnen und Leser, Bengel in Weißrussland Jan Speckmann wird Vikar in Schorndorf chied und Neubeginn Abschied und Neubeginn Wechsel im Sekretariat Wechsel im Sekretariat Studienleiter Das Wort macht die Steffen Musik Kern wird Studienleiter Steffen Kern wird Die Macht der Musik Die psychische Wirkung der Musik Vorsitzender „der Apis“ Vorsitzender „der Apis“ Tutor Jan Speckmann wird Vikar in Schorndorf unter die 3 Editorial Ein barmherziger für Samariter Ein barmherziger Samariter für Musik 4 Abschied und Neubeginn Zweifel gefallene Zeitgenossen. unter die Zweifel gefallene Zeitgenossen. Wechsel im Sekretariat im Bengelhaus Das ideale Geschenk: Die CD aus dem Bengelhaus von Karl Zum 50. Todestag Zum von Karl Heim 5 Heim Studienleiter Steffen50. KernTodestag wird Vorsitzender „der Apis“ Musik für die Seele 6 Musik für die Seele Erfüllte Zeit 2000 JAHRE meinden brauchen gute Pfarrerinnen Pfarrer, Schüler brauchen gute Relinslehrerinnen und -lehrer. Deshalb ucht es das Bengelhaus. LOB GOTTES Einladung zu einer Vorlesung im Bengelhaus Einladung zu einer Vorlesung im Bengelhaus se Arbeit wird nur durch Spenden nziert – vielen Dank für Ihre Hilfe! -11 Ein barmherziger Samariter für 7 unter die Zweifel gefallene Zeitgenossen Das die von Musik Wort Zummacht 50. Todestag Karl Heim ( D r. R o l f H i l l e ) Steffen Kern recht-Bengel-Haus e.V. to: 419 001 Stuttgart 600 606 06 recht-Bengel-Haus e.V. wig-Krapf-Straße 5 72 Tübingen utschland 07071 / 7005-0 07071 / 7005-40 Die psychische Wirkung der Musik 11 Musik im Bengelhaus w.bengelhaus.de Einladung zu einer Vorlesung im Bengelhaus 2-15 Musik für die Seele 1 (Uwe Rechberger) Bengel in Weißrussland 16-18 Das Wort macht die Musik 29.09.2006 12:36:48 Uhr IM P R E SSUM Tutor Jan Speckmann wird Vikar in Schorndorf (Christian Lehmann) 9-23 Musikalische Seelsorge bei Martin Luther 1 ( D r. R o l f S o n s ) Die Theoligische Orientierung des Albrecht-Bengel-Hauses erscheint vierteljährlich. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Einwilligung des Herausgebers. Der Bezug ist mit keinen Verpflichtungen verbunden. Das Wort macht die Musik 4-27 Musik im Bengelhaus 2 (Jan Speckmann u. Johanna Diether) Die psychische Wirkung der Musik 28-29 Bengel in Weißrussland Musik im Bengelhaus H e ra u s g e b e r : Dr. Rolf Hille im Auftrag des Vereins Albrecht-Bengel-Haus e.V. Ludwig-Krapf-Str. 5, 72072 Tübingen Tel 07071/7005-0 / Fax 7005-40 E - M a i l : [email protected] Tutor Jan Speckmann wird Vikar in Schorndorf I nte r n e t : www.bengelhaus.de R e d a k t i o n: Steffen Kern G ra f i k : krausswerbeagentur.de, Herrenberg D r u c k / R e p ro : Druckerei Mack, Schönaich Fo to s : abh/photos.com/istockphoto Wechsel im Sekretariat K o nte n : ABH-Verein: EKK Stuttgart BLZ 520 604 10 Konto 41 90 01 Studienleiter Steffen Kern wird Bengel in Weißrussland stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem schönen Sonntagmorgen in der Kirche. Erwartungsvoll blättern Sie schon mal im Gesangbuch und legen die Lesezeichen bei den angeschlagenen Liedern ein. Doch dann sind Sie ziemlich irritiert. Ein Vorspiel der Orgel findet nicht statt. Die Choräle werden nicht gesungen, sondern nur gemeinsam gelesen. Man hört keine Posaunenklänge. Ein Chor tritt auch nicht auf. Selbstverständlich gibt es kein Orgelnachspiel. Evangelischer Gottesdienst ohne Musik? Aber diese ist doch ein besonderes Geschenk Gottes, wie bereits Martin Luther wusste: „Musica ist die beste Labsal eines betrübten Menschen, dadurch das Herz wieder zufrieden, erquickt und erfrischt wird.“ Gewiss, kleine Bachs sind wir nicht; noch nicht einmal Siebalde und mit den Sängern der Gächinger Kantorei können auch nur wenige mithalten. Trotzdem halte ich es mit dem Kinderlied: „Wer nicht singen kann (ich kann es leider nicht), der summt halt, wer nicht summen kann, der brummt halt…“ Es ist tatsächlich ein typisches Merkmal der christlichen Kirche, dass sie eine singende Gemeinschaft ist. Das hat seine tiefen Wurzeln in der Bibel. Vom Siegeslied der Mirjam (2. Mose 15) bis hin zum Lobgesang der Maria (Lukas 1) finden wir Lieder: in den Psalmen, dem Hohen Lied und den Klageliedern des Jeremia usw. Darum ist es wichtig, dass wir uns von der Bibel her auch theologisch mit den Fragen der Kirchenmusik beschäftigen. Welche Texte, welche Melodien und welche Rhythmen sind angemessener Ausdruck des christlichen Glaubens? – Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieses Heftes neue Einsichten und viel Freude. Sie können gerne dabei auch singen oder summen. Herzlich danke ich Ihnen für alle Verbundenheit und alle Unterstützung und grüße Sie mit der Aufforderung des Kirchenvaters Augustinus: „Singe und geh deinen Weg!“ Ihr Abschied und Neubeginn Dr. Rolf Hille Rektor Vorsitzender „der Apis“ Abschied und Neubeginn Wechsel im Sekretariat Abschied und Neubeginn Viel Bewegung im Bengelhaus Auf Elfriede Schmid folgt Damaris Vetter Wieder einmal heißt es im Bengelhaus Wir begrüßen in unserem Abschied zu nehmen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterteam Frau Damaris Vetter Mitarbeiter mit Gaben, Qualifikationen und und Neubeginn VielAbschied Bewegung der Liebe zum Bengelhaus verlassen uns. Geschwister, mit denen wir uns mehr als eine Steffen Kern wird Vorsitzender der „Apis“ im Bengelhaus bloße „Arbeitsgemeinschaft“ verbindet. Aber Elfriede Schmid beendet nach 9-jähriger Tätigkeit utor jan Speckmann wird Vikar in Schorndoirf wir „Bengel“ wollen ganz bewusst im Hori- Ihren Dienst im Sekretariat zont des Reiches Gottes denken. Das macht Ja, in diesen „Kern“ hat Gott vielfältige hineingelegt den Gaben Abschied leichter. Wechsel im Sekretariat: Auf Elfriede Schmid folgt Damaris Vetter Elfriede Schmid beendet nach 9-jähriger Tätigkeit Ihren Dienst im Sekretariat. Mit viel Geschick und großem Einsatz hat sie die verschiedenen Aufgaben angepackt! Wenn Sie im ABH angerufen haben, hatten Sie Frau Schmid als Ansprechpartnerin. Sie hat die Adressendatei verwaltet und die Spender „betreut“. Bei ihrem Engagement spürte man ihr ab, dass ihr Herz für das Bengelhaus schlägt. So bot sie etwa auch „Benimmabende“ für unsere Studierenden im Rahmen des „Pastoral-Personality-Trainings“ an. Elfriede Schmid beendet ihren Dienst bereits in diesem Sommer, um alles für den Wechsel zum Liebenzeller Gemeinschaftsverband vorbereiten zu können. Wir danken ihr für ihren Einsatz und wünschen ihr Gottes Segen, Kraft und Gesundheit in der Zukunft. Studienleiter Steffen Kern wird Vorsitzender „der Apis“ Wir begrüßen in unserem Mitarbeiterteam Frau Damaris Vetter, die seit dem 1. Juni 2008 bei uns ist. Sie wird zur Zeit von Elfriede Schmid eingearbeitet. Damaris Vetter wohnt mit ihrem Mann Tobias und ihren vier Kindern in Walddorf. Dort arbeitet sie in der Kirchengemeinde und im CVJM mit. Sie engagiert sich im Elternbeirat der Grund- Steffen Kern brachte für seine Tätigkeit im Albrecht-Bengel-Haus einen weiten Horizont mit. Bevor er zu uns kam, war er schon Landessynodaler, Prediger bei den Jugendgottesdiensten in der Stuttgarter Stiftskirche und Autor einiger bekannter Bücher. Sein Weitblick, seine Tatkraft und Kreativität waren ein großer Gewinn für das Bengelhaus. Als besondere Aufgabe hat er die Öffentlichkeitsarbeit für das ABH übernommen. So hat er unsere Zeitschrift „Theologische Orientierung“ weiterentwickelt und profiliert. Er hat mit seiner publizistischen Gabe und Erfahrung diesen wichtigen Bereich unserer Arbeit vorangebracht. Neben Kirchen- und Theologiegeschichte hat er auch das Fach Religionspädagogik vertreten. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit gilt dem Bereich „Kirche und Medien“. Hier verbindet er seine umfangreichen theologischen Kenntnisse mit seiner journalistischen Praxiserfahrung. Ja, in diesen „Kern“ hat Gott vielfältige Gaben hineingelegt und wir durften reichen Gewinn davon haben. Er ist ein Kern mit „Biss“, der freundlich, aber bestimmt biblische Positionen vertritt. Manchmal habe ich mich gefragt, wie er sein riesiges Arbeitspensum schafft und trotz aller Belastung kernig bleibt. Dabei unterstützt ihn seine Frau Christine nach Kräften. In den Begegnungen habe ich immer wieder gemerkt, dass sie die Berufung fürs Bengelhaus voll teilt und mitträgt. Wir werden Steffen und Christine sehr vermissen. Gerade weil wir im Horizont des Reiches Gottes denken, freuen wir uns mit für „die Apis“, dass sie solch einen Vorsitzenden bekommen. Ein barmherziger Samariter Ein barmherziger Samariter Zum 50. Todestag von Karl Heim am 30. August Einwände gegen den Glauben Abschied vieler Theologen aus der „Welt der Tatsa ...Gute Fragen... Der Mensch als „Bild Gottes“ Biblischer Glaube und naturwissenschaft für unter die Zweifel gefallene Zeitgenossen „Ja, an den Fragen dürfen wir vorbeigehen. Der Mensch als Bild Gottes „Das Weltbild der Zukunft“ (1. Mose 1,27) Aber nicht an den Menschen, die an solchen Fragen zugrunde gehen.“ „Das Weltbild der Zukunft“ Abschied vieler Theologen aus der „Welt der Tatsachen“ Ein barmherziger Samariter für unter die zw Tutor Jan Speckmann wird Vikar in Schorndorf Unser Tutor, Jan Speckmann, kommt mit seiner Frau Anne aus Ostwestfalen-Lippe. In seiner Nähe fühlt man sich wohl, und er hat einen herrlichen Humor. Von westfälischer Dickköpfigkeit habe ich bei ihm nichts bemerkt. Er ist ein kluger Kopf, der theologisch beschlagen ist und ein klares Urteil hat. Da er nach dem Studium in Tübingen noch ein kirchlich anerkanntes Praktikum absolvieren musste und mit seiner Doktorarbeit über das Markusevangelium begann, habe ich ihn gebeten, in meiner Konventsgruppe als Tutor mitzuarbeiten. Daraus sind nun drei Semester geworden, und ich bin ihm für seine zuverlässige Mitarbeit und die gründliche Beratung der Studierenden sehr dankbar. Zudem hat Jan Speckmann engagiert im Lehrerkollegium mitgewirkt, gute Ideen eingebracht und eine Fülle von Auf- gaben – nach dem Motto „wo am nötigsten“ – erledigt. Das Ehepaar Speckmann zieht nun weiter nach Schorndorf ins Vikariat. Wir wünschen ihnen dort viele offene Türen. Der ausscheidenden Mitarbeiterin und den beiden Lehrerkollegen gilt unser ganz herzlicher Dank für ihren hervorragenden Einsatz im Bengelhaus. Wir wünschen ihnen für den weiteren Weg Gottes Bewahrung und in allen neuen Aufgaben Seinen Segen! Dr. Rolf Hille Re k to r „Das Weltbild der Zukunft“ Zum 50. Todestag Karl Heim von Karl Heim am Abschied vieler Theologen aus der „Welt der Tatsachen“ Zum 50. Todestag am 30. Aug Ich glaube an Gott, den Schöpfer 30. August Ein Theologe erklärt die Physik Menchen denen der Zweifel die Seele zerissen hat „Ja, an den Fragen dürfen wir vorbeigehen. Aber nicht an den Menschen, die an solchen Fragen zugrunde gehen.“ So rief es der 31jährige Privatdozent für evangelische Theologie, Karl Heim, in einem viel beachteten Vortrag bei der 15. Allgemeinen christlichen Studentenkonferenz 1905 Studierenden aller Fakultäten in Wernigerode zu. Heim war am 20. Januar 1874 als Sohn des Pfarrers Christian Gottlob Heim und dessen Ehefrau Stefanie im württembergischen Frauenzimmern bei Heilbronn geboren worden. „Menschen, denen der Zweifel die Seele zerrissen hat“ Zwischen 1899 und 1902 war er als hauptamtlicher Reisesekretär der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCSV) quer durch Deutschland unterwegs, um an Universitäten, Technischen Hochschulen, Kunstakademien, pädagogischen Instituten etc. Hörsaalvorträge über den christlichen Glauben zu halten. Mit dieser Aufgabe hatte er nicht nur ein akademisches Publikum, sondern auch das bestimmende Thema seines Lebens gefunden. Er wollte nicht vorbeigehen an den Intellektuellen, die auf Grund vielfältiger Zweifel dem Christentum den Rücken gekehrt hatten. Er erkannte, dass bis in die frommen Kreise hinein gerade die geistig wachen und interessierten Studenten von schwerwiegenden Zweifeln geplagt wur- den. „Die Verwundeten, die ich meine, sind Menschen, denen der Zweifel die Seele zerrissen hat. Vielleicht verrät sich diese innere Zerrissenheit gerade durch die Leidenschaft, mit der sie dem Geist dieser Konferenz (in Wenigerode) Opposition machen, während doch ihre ganze Seele voll Sehnsucht nach den Realitäten ausschaut, die hier bezeugt werden. Vielleicht gehören sie auch zu den stillen Leuten, die schweigsam unseren Verhandlungen folgen und für ‘entschieden’ gelten, weil sie bei keiner Gebetsversammlung fehlen. Aber wenn sie abends auf ihr Zimmer zurückkehren und die Wellen aller persönlichen Einflüsse, die sie hier empor trugen, abgeflutet sind, dann sitzen sie auf dem Sande, und es kommt wie ein dumpfer Druck die Frage über sie, ob vielleicht alles, alles Täuschung war.“ Einwände gegen den Glauben Von welchen intellektuellen Anfechtungen wurden junge Akademiker um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert umgetrieben? Die einflussreichsten Einwände gegen den christlichen Glauben kamen von Seiten der modernen Naturwissenschaften, die mit spektakulären Erkenntnissen den Lebensstandard, die medizinische Versorgung, die technologische Entwicklung und den industriellen Fortschritt voranbrachten. Dabei legten die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts ihrem Naturbild zunehmend eine radikal atheistische Philosophie zugrunde. Der so genannte Materialismus galt als wissenschaftlich gesicherte Weltanschauung, die sich mit den kirchlichen Lehren nicht versöhnen ließ. Man glaubte, der Kosmos mit seiner Materie sei eine in sich ewige Realität, die streng nach vorgegebenen Naturgesetzen funktioniert. Wenn man nur genügend Beobachtungsdaten sammelt und diese exakt verrechnet, dann lässt sich jeder Zustand der Welt an jedem Ort und zu jeder Zeit präzise bestimmen. In diesem Weltbild gab es keinen Platz für einen Schöpfer, der Gebete erhört oder der mit seinem Leiten in das Leben von Menschen hineinwirkt und die Geschichte seinem Ziel zuführt. Wer hinreichend naturwissenschaftlich gebildet ist, legt den Glauben an die Bibel mit ihren Wundererzählungen und Reich Gottes Hoffnungen ab. Abschied vieler Theologen aus der „Welt der Tatsachen“ Für die bedeutenden Theologen der damaligen Zeit, war dies Grund genug, sich ganz aus der Welt der Tatsachen zu verabschieden. Religion galt als Privatsache, die man in der eigenen Innerlichkeit pflegte und die allenfalls als moralische Größe von gesellschaftlicher Bedeutung war. Seit den Tagen des Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) galt die Trennung von wissenschaftlicher Erkenntnis einerseits und moralischer Weltordnung andererseits als ausgemachte Angelegenheit. Die Theologen hielten sich in aller Regel an den ihnen überlassenen Zuständigkeitsbereich und überließen Naturwissenschaft und Technik ihrer Eigengesetzlichkeit. Nur, diese Rückzugshaltung leuchtete keinem Gymnasiasten mehr ein und vermochte auch nicht, die Gebildeten unter den Verächtern des Christentums zu überzeugen. „Das Weltbild der Zukunft“ Den jungen Theologen Karl Heim ließen diese aktuellen Zweifel seiner Zeit nicht zur Ruhe kommen. War er doch durch seinen Dienst als Reisesekretär der DCSV fortwährend mit solchen Denkproblemen konfrontiert. Er rang um Antworten, die den bescheidenen Denkhorizont der Theologenzunft aufsprengten. 1904 veröffentlichte er in seiner Eigenschaft als Studieninspektor am Schlesischen Konvikt in Halle eine umfangreiche Studie unter dem vielsagenden Titel: „Das Weltbild der Zukunft. Eine Auseinandersetzung zwischen Philosophie, Naturwissenschaft und Theologie“. Mit dieser Arbeit wollte er seine Laufbahn als Universitätstheologe begründen, aber man machte ihm rasch klar, dass er nichts törichteres hätte tun können, als ein derartiges Buch zu verfassen. Weder Philosophen noch Theologen wollten dem jungen Gelehrten auf seinem Weg der Forschung folgen. Für Heim kam eine harte Geduldsprobe, da er praktisch keine Chance hatte, einen Lehrstuhl zu erhalten. Wäre 1914 nicht eine völlig neue evangelischtheologische Fakultät an der westfälisch Universität Münster eingerichtet worden, so wäre Heim wohl nichts übrig geblieben, als eine Dorfpfarrstelle in seiner württembergischen Heimatkirche anzunehmen, was seit Beginn seines Theologiestudiums auch sein ursprüngliches Lebensziel gewesen war. Aber im Blick auf die Lehrstühle in Münster musste das Berliner Kultusministerium selbstständig entscheiden. Man berief den Privatdozenten aus Halle, weil sich inzwischen herumgesprochen hatte, dass viele Studenten von seinen Lehrveranstaltungen angezogen wurden. Ein Theologe erklärt die Physik Nach den Schrecken und Wirren des Ersten Weltkrieges wurde Heim dann 1920 als ordentlicher Professor für systematische Theologie nach Tübingen gerufen, wo er einst selbst sein Studium absolviert hatte. In den zwanziger und dreißiger Jahren stieg Heim rasch zum gefragtesten Theologen in Deutschland auf. In seine Vorlesungen drängten sich Studenten aller Fachbereiche; neben Theologen auch Philosophen, Physiker, Mediziner, Juristen, Philologen, Historiker etc. Meist war der größte Hörsaal, das Audimax, mit tausend Studenten überbesetzt, so dass seine Lehrveranstaltungen in den benachbarten Hörsaal übertragen werden mussten. Theologiestudenten sagten scherzhaft, wenn sie aus den Semesterferien mit dem Zug nach Tübingen zurückkehrten: „Wir fahren heim-wärts!“ Typisch ist auch der Bericht eines späteren Mitbegründers der Karl-Heim-Gesellschaft, Walter Hägele, der in den 30er Jahren in Tübingen Physik studierte. Aus einer Fachvorlesung kommend, in der der Physikprofessor eben den Begriff der Entropie zu erläutern versuchte, aber mit seinen Erklärungen scheiterte, geriet Hägele zufällig in eine Vorlesung des ihm damals noch unbekannten Karl Heim. Dieser referierte über die Frage „Weltschöpfung und Weltende“ und legte dabei ganz beiläufig in klaren Worten das Problem der Entropie dar, so dass der Physikstudent den Sachverhalt mühelos begriff. Lob von Albert Einstein Heim hatte mit intensivem Bemühen den Fortschritt in den Naturwissenschaften am Anfang des 20. Jahrhunderts mitverfolgt. Albert Einstein schrieb ihm in einem persönlichen Brief: „Sie sind der erste Theologe, der meine allgemeine Relativitätstheorie verstanden hat.“ Besonders die revolutionären Entdeckungen der Atomphysik sowie die so genannte „Unschärferelation“, die Werner Heisenberg formuliert hatte und andere bahnbrechende Veränderungen des physikalischen Naturbildes nahm Heim mit großem Interesse zur Kenntnis und gelangte so zu einer völligen Neubestimmung des Verhältnisses von Theologie und Naturwissenschaft. Die Entwicklung der Physik erschien ihm wie eine Götterdämmerung, durch die die alten Götzen des naturwissenschaftlichen Materialismus, die das 19. Jahrhundert so hartnäckig propagiert hatte, von ihrem Sockel gestoßen wurden. Die Physiker hatten zweifelsfrei festgestellt, dass unser Kosmos einen Anfang und ein Ende hat, dass Raum und Zeit keine absoluten Größen sind und dass die Materie schließlich von atomaren Prozessen gesteuert wird, deren Rahmenbedingungen und Bewegungsabläufe alles andere als starr festgelegt sind. Bildung und Glauben schliessen sich nicht aus Heim hat jedoch nie die Auffassung vertreten, er könne nun mit den modernen physikalischen Forschungsergebnissen Gott beweisen. Aber er wies überzeugend und nachdrücklich darauf hin, dass der Glaube an den Schöpfer, an die Wunderberichte der Bibel, an das Vertrauen, mit dem Menschen im Gebet etwas von Gott erwarten – kurz, dass so alle grundlegenden Inhalte des christlichen Glaubens aus naturwissenschaftlicher Sicht durchaus denkmöglich sind. Die intellektuelle Krise, in die sowohl Christen wie suchende Atheisten auf Grund der Naturphilosophie des 19. Jahrhunderts geraten waren, war durch den Fortschritt in der modernen Atomphysik überwunden. Man konnte wieder mit intellektuell gutem Gewissen naturwissenschaftlich gebildet und zugleich mit Überzeugung glaubender Christ sein. Ein Vorkämpfer der Ökumene Dieser Theologieprofessor, der als Frühprediger an der Tübinger Stiftskirche hunderte von Menschen aller sozialen Schichten durch seine eindrückliche und bildhafte Predigt ansprach, wollte zeitlebens nichts anderes sein, als ein Bote des Evangeliums. Bereits als Theologiestudent war er durch eine Evangelisation Elias Schrenks zum persönlichen Glauben gekommen. Er galt als Vertrauensmann des württembergischen Pietismus und der deutschen Missionsbewegung. Der Hochschullehrer verstand sich als Missionar, der wie ein barmherziger Samariter zu denen gesandt wurde, die unter die Zweifel gefallen waren. Dr. Rolf Hille Rektor Was Studenten darüber hinaus an Professor Heim schätzten, war sein offener Horizont für Menschen anderer Kulturen. Schon im elterlichen Pfarrgarten war Heim als kleiner Junge von den Berichten seines Onkels, der in London lebte, fasziniert. Im Jahr 1900 lernte er bei der Tagung des Weltbundes der Christlichen Studentenvereinigung in Paris John Mott, einen Vorkämpfer der Ökumene, kennen. Er reiste durch das Baltikum ins vorrevolutionäre Sankt Petersburg. Mit dem ehemaligen Reichskanzler Georg Michaelis nahm er 1922 als deutscher Delegierter an der Konferenz des Christlichen Studentenweltbundes in Peking teil. Von dort führte ihn eine fünfwöchige Vortragsreise durch das mittlere und nördliche China. Im Anschluß daran studierte er in Japan die geistigen Hintergründe des Zen Buddhismus. Per Schiff überquerte er dann den Pazifik, um von San Francisco quer durch die USA bis New York weiterzureisen. 1928 hielt er als Vertrauensmann des Deutschen Evangelischen Missionsausschusses bei der Tagung des Internationalen Missionsrates eines der vier Hauptreferate. Herzliche Einladung zu einer Vorlesung im Bengelhaus! Thema „Biblische Glaubenslehre“ Die Lehrveranstaltung ist für Anfänger im Theologiestudium, Studierende aller Fakultäten und interessierte Gemeindeglieder bestimmt. Sie führt in die wichtigsten Lehrgrundlagen der christlichen Dogmatik und Ethik anhand zentraler biblischer Texte ein. Wer eine theologische Übersicht über den christlichen Glauben gewinnen möchte, ist zu dieser Vorlesung eingeladen. Es wird im Rahmen jeder Lehreinheit die Möglichkeit für Rückfragen und zum Gespräch geben Beginn: Dienstag, 14. Oktober 2008 20.15 Uhr (zweistündig) Ort: Seminarraum 4/5 Dozent: Rektor Dr. Rolf Hille Das Buch von Rolf Hille über Karl Heim. www.brunnen-verlag.de 10 11 Im Singen Frei werden „Da bildete Gott, der HERR, den Menschen, Der Ton macht die Musik Vielstimmigkeit als Ausdruck von Universalität Biblische Beobachtungen zur Heilsamkeit der Musik Musik für die Seele Ordiniertes Amt und ein „Musikertum“ aller Gläubigen Musik für die Seele Medium der Gottesbegegnung Der Tod – Lohn der Sünde oder ein Bestandteil menschlichen Lebens? Gott wohnt im Lobpreis Biblische Beobachtungen zur alle Türen, und aller Fesseln lösten sich.“ (Apostelgeschichte 16,26). „Plötzlich aber geschah ein großes ErdbeHeilsamkeit der Musik ben, so dass die Grundfesten des Gefäng 12 „Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, so dass die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert wurden; und sofort öffneten sich nisses erschüttert wurden; und sofort öffneten sich alle Türen, und aller Fesseln lösten sich.“ (Apostelgeschichte 16,26). Gott wohnt im Lobpreis Paulus und Silas sitzen im Gefängnis von Philippi, geschlagen, eingesperrt im innersten Kerker, die Füße im Block. Mitternacht. Dunkler könnte es nicht sein. Da stimmen sie ein Lied an. Ein Lied zur Ehre Gottes. Ein Lied, mit dem sie sich der Gegenwart Gottes anvertrauen und seine Macht preisen. Die Mitgefangenen lauschen. „Plötzlich aber [...].“ Paulus und Silas haben vermutlich genügend Realitätssinn besessen, die einstürzenden Mauern der Gnade Gottes und nicht ihren gesanglichen Fähigkeiten zuzuschreiben. Und doch: Was sich hier ereignet, schildert sehr eindrücklich, was äußerlich und innerlich geschehen kann, wenn wir Gott mit Liedern unser Vertrauen aussprechen, wenn wir Gott zu singen beginnen. Mitten in der Dunkelheit, mitten in unserer Einsamkeit, mitten im Gefühl des Eingeschlossenseins öffnet uns die Musik eine Türe zum Herzen Gottes und Gott einen Weg zu unserer Seele. Musikalische Seelsorge. Im Singen frei werden der Ton macht die Musik Anstatt in Depression zu erstarren, ergreifen Paulus und Silas den Gefängnisschlüssel des Liedes. Dazu gehört Überwindung. Selbstüberwindung, die Überwindung der eigenen Kurzsichtigkeit und Sprachmüdigkeit und die Überwindung von Gepflogenheiten, dass man eben nachts um zwölf im Gefängnis nicht singt. Ja, warum denn nicht? Der Schlüssel des musikalischen Gottvertrauens vermag unser Herz zu öffnen, Gottes Ohr und Herz aufzuschließen, seinen Arm zu bewegen und ganz nebenbei auch noch den Horizont unserer Mitgefangenen aufzureißen. Und wenn wir in der Rolle jener Mitgefangenen sind, dass wir nicht oder nicht mehr singen können? Im Zuhören aufatmen, Erleichterung und Weite finden Es gibt Zeiten, in denen man selbst nicht mehr singen kann. Dann leben wir vom vertrauensvollen Gesang der Glaubensgeschwister. Hier kommt der Gemeinde eine Schlüsselrolle zu, und dem CD-Spieler in Haus und Auto die eines Ersatzschlüssels, dass wir Gott singen, miteinander und füreinander, auf dass verschlossene Türen aufgehen. Dabei waren Paulus und Silas nicht die ersten. Mindestens so bekannt sind die musiktherapeutischen Fähigkeiten des jungen David. „David nahm die Zither und spielte darauf mit seiner Hand. Und Saul fand Erleichterung, und es ging ihm besser, und der böse Geist wich von ihm.“ (1.Samuel 16,23) Schaut man in den hebräischen Urtext, dann empfängt Saul durch Davids Spiel nicht nur Erleichterung: „Es wird ihm weit“. Die griechische Fassung des Alten Testaments übersetzt: „Saul atmete auf“ bzw. „wurde erquickt.“ Weite und Aufatmen. Beides ermöglicht die Musik. Wir wissen nicht, welche Lieder David vor Saul gespielt und gesungen hat. Sicherlich manch einer seiner Psalmen. Als wesentlich darf angenommen werden, dass Gott mit ihm war und deshalb auch mit seiner Musik. David ist der Vorläufer aller bis heute aktuellen Formen geistlicher Musiktherapie. Bis heute atmen Kranke auf, wenn ein Chor zum Krankenhaussingen kommt, weitet uns bei der Auferstehungsfeier auf dem Friedhof der Posaunenchor den Horizont (1.Korinther 15,22) oder lassen wir uns von der Freude des Weihnachtsoratoriums mit seinem Eingangsruf „Jauchzet, frohlocket!“ nicht nur informieren, sondern anstecken. Vielleicht war David mit seiner Musik Sauls letzte Chance, um zu Gott zurückzufinden. Saul vermag sie nicht zu nutzen. Sein Neid schreit lauter als Gottes musikalische Einladung. Auch das ist bis heute leider oft so geblieben, soll uns aber nicht daran hindern, mit geistlicher Musik unseren Mitmenschen den Horizont aufzureißen, dass sie aufatmen und ihr Herz weit wird für Gottes Botschaft in der Musik. Medium der Gottesbegegnung Musik dient seit jeher als Medium der Gottesbegegnung. Besonders die Psalmen wollen dazu ihren Beitrag leisten. Viele von ihnen beginnen mit einer Überschrift, die den jeweiligen Psalm in einen musikalischen Kontext stellt. Dazu kann gehören: „Dem Chorleiter“. „Mit Saitenspiel“. „Ein Lied“. „Nach der Melodie [...]“. Die Psalmen bringen ihre Beter musikalisch vor Gottes Thron. Auch wenn wir ihre Melodien heute nicht mehr kennen, sind ihre unterschiedlichen Stimmungen geblieben, von der Klage bis zum Lobpreis. Das hebräische Metrum kann dabei die Aussagen des Textes verstärken, z.B. die Klage durch das Quina-Metrum, das Metrum der Totenklage. So macht der Text bis heute die Musik, nicht zuletzt, wenn die Tiefen des Lebens nach Liedern verlangen, die im doppelten Sinn des Wortes tief gehen: „Ein Wallfahrtslied. Aus der Tiefe rufe ich, HERR, zu dir. Herr, höre meine Stimme!“ (Psalm 130,1f) 13 Gott wohnt im Lobpreis Gott begegnet in der Klage, im Lobpreis nimmt er Wohnung. Wo Gott verherrlicht wird, zieht er mit seiner Herrlichkeit ein. „Und als die Leviten, die Sänger waren, [...] mit Zimbeln und mit Harfen und Zithern an der Ostseite des Altars standen und bei ihnen etwa 120 Priester, die auf Trompeten trompeteten, - und es geschah, als die Trompeter und die Sänger wie ein Mann waren, um eine Stimme hören zu lassen, den HERRN zu loben und zu preisen, und als sie die Stimme erhoben mit Trompeten und Zimbeln und Musikinstrumenten beim Lob des HERRN: Denn er ist gütig, denn seine Gnade währt ewig! - da wurde das Haus, das Haus des HERRN, mit einer Wolke erfüllt. Und die Priester konnten wegen der Wolke nicht hinzutreten, um den Dienst zu verrichten. Denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.“ (2.Chronik 5,12-14) Gott ist im Lobpreis zuhause, nicht nur gefühlsmäßig, sondern persönlich und tatkräftig. Psalm 22,4 geht deshalb sogar soweit, Gott den Ehrentitel „Lobpreis Israels“ zu verleihen. Der Ton macht die Musik – für den Töpfer Der Ton macht die Musik. Für Bibelkundige hat dieses Sprichwort eine doppelte Bedeutung. Als Geschöpfe Gottes, als Ton in der Hand unseres Töpfers, sollen wir unseren Schöpfer ehren. „Aber nun, HERR, du bist doch unser Vater! Wir sind der Ton, du bist unser Töpfer, und wir alle sind deiner Hände Werk.“ (Jesaja 64,7) Gott hat uns als Gefäße zu seiner Ehre geschaffen. Wenn uns Dinge gelingen, wenn Gott Segen schenkt, wenn Gott uns gebraucht, dann gebührt ihm auch der Dank dafür. Nehemia macht es uns nach dem erfolgreichen Abschluss des Mauerbaus vor: 14 „Und ich stellte zwei große Dankchöre und Festzüge auf. Der eine zog nach rechts, oben auf der Mauer zum Aschentor hin [...]. Der andere Dankchor ging zur Linken hin [...]. Und sie waren fröhlich, denn Gott hatte ihnen eine große Freude gemacht, [...] und man hörte die Freude Jerusalems schon von ferne.“ (Nehemia 12,31-43) Gleichzeitig ist auch die allgemeine Bedeutung des Sprichwortes zutiefst biblisch: Auf den Ton kommt es an. Mit dem Propheten Amos gesprochen, können unsere Lieder noch so rauschend sein, und Gott will sie trotzdem nicht hören, weil der Ton im Alltag nicht stimmt. „Halte das Rauschen deiner Lieder von mir fern! Und das Spiel deiner Harfen will ich nicht hören. Aber Recht ergieße sich wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein immerfließender Bach!“ (Amos 5,23) Auf den Ton kommt es an. Wenn im Alltag die Misstöne vorherrschen und jeder nur darauf achtet, dass sein Solo zur Geltung kommt, mag Gott auch einen rauschenden Lobpreis am Sonntag nicht hören. Im assyrischen und babylonischen Exil folgte damals auf das Rauschen der Lieder ein rasches Verstummen: „Die Ältesten bleiben vom Tor fern, die jungen Männer von ihrem Saitenspiel. Die Freude unseres Herzens hat aufgehört, in Trauer ist unser Reigen verwandelt.“ (Klagelieder 5,14f) Ordiniertes Amt und ein „Musikertum“ aller Gläubigen „Lobe den Herrn, meine Seele“. Dazu ist jeder berufen. Auch im Gottesdienst: Jeder soll einen Psalm haben (1.Korinther 14,26). Wer andere mit dem persönlichen Zeugnis von Gottes Hilfe ermuntert, lobt Gott mehrfach, konkret im eigenen Lob und indirekt, weil die Zuhörenden jetzt selber anfangen, auf Gott zu vertrauen, um dann auch einmal Gott für seine Hilfe zu loben. Deshalb: „Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.“ (Epheser 5,19; Kolosser 3,16) Aus zwei Gründen sind dem Alten Testament jedoch auch „Profimusiker“ wichtig: Einmal gebührt dem König des Himmels und der Erde das Beste, was wir haben. Der andere Grund ist ein seelsorgerlicher. Lauter „geübte Meister“ ihres Faches (1.Chronik 25,4) sollen stellvertretend für die Allgemeinheit verlässlich, kontinuierlich und sachkundig ihren Dienst tun. Dem dienen die sog. Klagefrauen, die bei Todesfällen engagiert werden konnten (Jeremia 9,16), genauso wie jene für den Lobpreis ausgebildeten und freigestellten Sänger und Musiker aus dem Stamm Levi (1.+2. Chronik). Vielstimmigkeit als Ausdruck von Universalität Am Schluss des Psalters stimmt ein ganzes Orchester mit uns den Lobpreis an. „Halleluja! Lobt Gott in seinem Heiligtum! Lobt ihn in der Feste seiner Macht! Lobt ihn wegen seiner Machttaten! Lobt ihn in seiner gewaltigen Größe! Lobt ihn mit Posaunenschall! Lobt ihn mit Harfe und Zither! Lobt ihn mit Tamburin und Reigen! Lobt ihn mit Saitenspiel und Flöte! Lobt ihn mit klingenden Becken! Lobt ihn mit schallenden Becken! Alles, was Atem hat, lobe Jah(we)! Halleluja!“ (Psalm 150) Auffallend ist: Die literarische Struktur des Psalms und seiner Instrumente entspricht dem Aufbau des Tempels. Das Schofarhorn, hier übersetzt mit Posaune, erklingt im Heiligtum, Harfe und Zither am Rand des Priestervorhofes. Im Vorhof der Laien loben Frauen Gott mit Tamburin und Reigen und vermutlich geübte Musiker mit Saiteninstrumenten und Flöten. Schließlich lässt das ganze Volk Gottes Lob mit Becken und Zimbeln erschallen. Dieser Vielstimmigkeit des Lobes, ausgehend vom Heiligtum hinaus in das ganze Land, entspricht seine Universalität im letzten Vers: Alles, was atmet, soll Gott loben. Die Fülle der Instrumente, Musikstile und Liedtexte war und bleibt ein Ausdruck des umfassenden Gotteslobes. Posaunen, Orgel, Chor, Band, Orchester und vieles mehr nehmen uns nicht nur in den Lobpreis hinein, sondern verheißen wie ein Vorgeschmack zugleich Gottes umfassenden Lobpreis in seiner Ewigkeit, wenn alle Gotteskinder, unabhängig vom Musikstil ihrer Erdentage, einmal miteinander einstimmen in das eine Lied der Überwinder: „Die den Sieg behalten hatten über das Tier [...], die [...] hatten Gottes Harfen und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes: Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott! Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker.“ (Offenbarung 15,2f) Uwe Rechberger Studienleiter 15 wohnt im Lobpreis Ein Plädoyer für die Orientierung am Text Keine Kulturbanausen Vielstimmigkeit als Ausdruck von Universalität Evangelisch: Auf den Inhalt kommt es an lstimmigkeit als Ausdruck von Universalität Keine Kulturbanausen Das Wort Praktische Folgen im Kontext der Gemeinde macht die Musik EinPraktische Plädoyer Folgen im für die Choräle oder Lobpreislieder Kontext der Gemeinde Orientierung am Text Praktische Folgen im Kontext der Gemeinde Der Musikstil des anderen ist wichtig! Musik zur Ehre Gottes Das Wort DasWort Wort macht die Musik Das Ein Plädoyer für die Orientierung am Text Gott wohnt im Lobpreis Evangelisch: Auf den Inhalt kommt es an Choräle oder Lobpreislieder Choräle oder Lobpreislieder Keine Kulturbanausen machtdie dieMusik Musik macht Die Betonung des Wortes macht Christen weder zu Kulturbanausen noch unmusikalisch. Im Gegenteil: Wer die frohe Botschaft im Glauben ergreift, gerät ins Singen und Schwingen! Dazu kommt: Die Form des Singens, der Stil der Musik, die Art des Musizierens sind nicht festgelegt! Weil Gottes Wort schöpferisch ist und kreative Kraft entfaltet, singen und musizieren Christen auf unterschiedlichste Art und Weise. In der Kirche von Jesus Christus gibt es keine Monotonie. Die Klarheit des Inhalts bewirkt eine Vielfalt der (musikalischen) Formen. Christen können sich an einem edlen Bach-Oratorium genauso erfreuen wie an einem fetzigen Lobpreis-Song oder einem tiefsinnigen PaulGerhardt-Lied. Praktische Folgen im Kontext der Gemeinde Das Wort macht die Musik! Dieser einfache, evangelische Grundsatz bringt ganz praktische Folgen für das Leben in der Gemeinde mit sich. Text statt Geschmack! Vielstimmigkeit als Ausdruck von Universalität Das Wort macht die Musik Praktische Folgen im Kontext der Gemeinde Der Musikstil des anderen ist wichtig! Praktische Folgen im Kontext der Gemeinde Evangelisch: Auf den Inhalt kommt es an Äußerliches wird immer wichtiger. Die Form gewinnt an Bedeutung gegenüber dem Inhalt. Vom gegenwärtigen Pluralismus her ist dieser Trend verständlich: Wenn keine Wahrheit mehr für alle gilt, dann kommt es eben auf die Verpackung an. Nur was mich anspricht, nehme ich wahr und ernst. Positiv formuliert könnten wir auch von einer „Ästhetisierung“ sprechen: Was meinen Geschmack trifft, interessiert mich. Die Botschaft dahinter ist zweitrangig. 16 Stimmt diese Wahrnehmung, dann steht evangelische Lehre quer zum Trend. Es ist nämlich tiefste evangelische Überzeugung, dass der Glaube aus dem Hören kommt! Und dabei ist nicht irgendein akustisches Hören gemeint, sondern die Begegnung mit dem Inhalt der frohen Botschaft! Etwa im Hören einer Predigt oder im Lesen der Bibel. In Bezug auf das Thema dieses Heftes heißt das: Aus evangelischer Sicht ist die Musik absolut zweitrangig gegenüber dem Wort! Christen orientieren sich zuerst am Text, nicht am Musikstil! Die erste Konsequenz mag den einen oder die andere provozieren: Evangelische Christen suchen sich ihre Gemeinde nicht danach aus, ob ihnen die Musik gefällt! Sie wissen, dass Gott durch sein Wort spricht, egal in welcher Form. Deshalb ertragen sie eine Orgel oder eine laute Band und orientieren sich am Text statt am Geschmack. Wer seine geistliche Heimat nach dem Musikstil wählt, handelt geistlich unreif. Der Musikstil des anderen ist wichtig! Es gibt keine geistlich-theologische Rechtfertigung dafür, dass Christen sich über den Musikstil in ihrer Gemeinde streiten. Welche Instrumente gehören in einen Gottesdienst? Wie laut darf musiziert werden? Wie alt oder neu sollen die Lieder sein? – Wo diese Fragen zu verletzenden Diskussionen führen, haben Christen das Wichtigste aus dem Blick verloren. Denn das Wort ermahnt zur Liebe untereinander, gibt die Kraft, den anderen zu ertragen, und eröffnet Freiräume zur Gestaltung! Überhaupt bestimmt nicht der Geschmack, sondern die Liebe zum anderen den Musikstil in der Gemeinde. Was heißt das im Klartext? Ein zugegeben etwas stereotypes Beispiel: Wenn über die Gestaltung eines Gottesdienstes gesprochen wird, dann sollten die Alten aus Liebe zu den Jungen das Mitwirken einer Band fordern, während die Jungen aus Liebe zu den Alten darauf bestehen, dass auch die Orgel zum Einsatz kommt. „Die Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.“ (Römer 12,10) Choräle oder Lobpreislieder? Immer wieder werden ältere Choräle und Gesangbuchlieder gegen neuere Lobpreislieder ausgespielt. Häufiges Argument: „Lobpreislieder bieten zu wenig Inhalt!“ Oder: „Choräle sind viel zu textlastig!“ – Als ob es auf die Textmenge ankäme! Wo das Wort die Musik macht, geht es um Qualität, nicht um die Anzahl der Strophen. Es spricht geistlich-theologisch nichts dagegen, einen Liedvers, der die biblische Botschaft enthält, mehrfach zu wiederholen und ihn sich so mit Hilfe der Musik anzueignen. Genauso wenig brauchen mehrere Strophen eines Gesangbuchliedes ermüdend zu wirken: Wer sich auf die Gedanken des Textes einlässt, wird oftmals eine unglaubliche Tiefe in den Worten erkennen und davon ergriffen werden! Musik bewegt! Wie sieht es aus mit Aufstehen, Klatschen und erhobenen Händen? Nicht jeder Musikstil eignet sich dazu, seinem Glauben körperlich Ausdruck zu verleihen. Grundsätzlich ist dagegen aber nichts einzuwenden, denn der Mensch besteht nach biblischer Auffassung nicht nur aus einem Kopf mit zwei Ohren, sondern auch aus Herz und Bauch. Gefühle, Gedanken und Gliedmaße gehören untrennbar zusammen. 17 „Hie kann nicht sein ein böser Mut, Insbesondere im Gesangbuch der Bibel, den Psalmen, wird deutlich, wie das Singen und Musizieren Menschen bewegt: Da wird getanzt (Psalm 30,12), geklatscht (Psalm 47,2), die Hände werden erhoben (Psalm 63,5), es wird gekniet und sogar niedergefallen vor Gott (Psalm 95,6). Lieder sind ein Vehikel des Wortes. Sie transportieren klingend das Gotteswort hinein in Herz, Verstand und Gefühl – und sie tragen unsere Worte klingend hinauf zum Schöpfer und hin zu unserem Nächsten. Am Rande sei bemerkt, dass die Lautstärke schon im alten Israel wahrscheinlich nicht zu wünschen übrig ließ: Abgesehen von den biblischen Instrumenten, die in Psalm 150 genannt werden, wurden die Psalmen offenbar nicht nur mit zartem Stimmchen gesungen, sondern immer wieder dem Herrn entgegen geschrieen. Psalm 9 wird zum Beispiel mit dem musikalischen Hinweis eingeleitet: „Ein Psalm Davids, vorzusingen, zum Flötenspiel“. Doch schon im dritten Vers heißt es: „Vernimm mein Schreien…!“ Das Wort macht die Musik. Für das Musizieren in der Gemeinde des Herrn ergeben sich daraus drei grundsätzliche Regeln: Die Musik übertönt nicht das gesungene Wort! Mit diesem Grundsatz regelt sich die Lautstärke nahezu von selbst: Sänger und Gemeinde sollen (sich) hören und verstehen können. Die Musik darf Emotionen wecken, aber nicht den Verstand vernebeln! Musik zur Ehre Gottes führt nicht in Ekstase, sondern in die Klarheit des Geistes und des Wortes. Weder Musik noch Musiker stehen im Mittelpunkt, sondern das gesungene Wort und mit ihm der besungene Herr! Das Musizieren dient Gott zur Ehre und den Menschen zur Freude; auf keinen Fall dient es der Selbstdarstellung des Musikers. Mehr als singen! „Wir singen jetzt die Nummer…, Strophen…!“ Immer wieder werden Lieder im Gottesdienst lieblos angekündigt. Dabei haben sie durch ihren Text eine viel größere, wichtigere Funktion. Lieder werden nicht nur gesungen, sondern mit ihrer Hilfe beten wir zu Gott, singen uns die frohe Botschaft zu, loben unseren Schöpfer, bitten um sein Geleit, erinnern uns an seine Güte, prägen uns die Wahrheit des Glaubens ein und vieles mehr. Wer sich am Text orientiert statt sich an der Melodie zu stören, wird eine beeindruckende Vielfalt und Tiefe entdecken. wo da singen Gesellen gut, hie bleib kein Zorn, Zank, Hass noch Neid, Luther, „Wittenbergisch Nachtigall“ Weichen muss allesdie Herzeleid; Geiz, Sorg und was sonst hart anliegt, Musik zur Ehre Gottes – 3 Grundsätze Das Wort macht die Musik! Wer diesen evangelischen Grundsatz beherzigt und sich am Text orientiert, kann sich in großer Freiheit und Liebe auf verschiedenste Musikstile einlassen – und sie vielleicht sogar neu schätzen lernen. C h ri s t i a n L e h m a n n St u d i e n a s s i s te n t 18 fährt hin mit aller Traurigkeit.“ Der Musikstil des anderen ist wichtig! Musik als Trägerin der frohen Botschaft Musikalische Seelsorge bei Martin Luther Die Wirkung der Musik auf die menschlichen Affekte „Denn nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, Musikalische Seelsorge bei Martin Luther die Fröhlichen traurig, die Verzagten mutig, die Hoffärtigen demütig, die Hitzigen mäßig, den Neid und Hass zu mindern Musica.“ Die psychische Wirkung der Musik Musikalische Seelsorge bei Martin Luther ……als die die Musik als Gegenmittel gegen depressive Stimmungen Musik als Trägerin der frohen Botschaft Wie Musik den Menschen erfasst Der Musikstil des anderen ist wichtig! Gott gab dem Menschen die Musik, damit Luther, die „Wittenbergisch Nachtigall“ er durch sie sein Herz bewege, ihn tröste und Luther, die „Wittenbergisch Nachtigall“ liebte die Musik. Sie diente nicht nur in hervorragender Weise dazu, das Evangelium unter die Leute zu bringen. Sie war für den Reformator vor allem ein Geschenk des Schöpfers. Von Anfang an war die Musik den Menschen und der ganzen Schöpfung gegeben. So weist er ihr nach der Theologie die erste Stelle zu und erklärt: „Ich liebe die Musik, weil sie ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen ist.“ ihn von der Traurigkeit zur Freude, vom Tod zum Leben bringe. Dabei ist es für Luther zunächst gar nicht entscheidend, ob es sich um weltliche oder geistliche Musik oder um schlichtes oder kunstvolles Singen handelt. Als Schöpfungsgabe dient sie dem Menschen immer. Sie rührt ihn an. Sie bewegt und verändert ihn: „Hie kann nicht sein ein böser Mut, wo da singen Gesellen gut, hie bleib kein Zorn, Zank, Hass noch Neid, Weichen muss alles Herzeleid; Geiz, Sorg und was sonst hart anliegt, fährt hin mit aller Traurigkeit.“ 19 Einige Aspekte seines Musikverständnisses seien im Weiteren hervorgehoben. Überlegungen zur Praxis musikalischer Seelsorge sollen das Ganze abschließen: Die Wirkung der Musik auf die menschlichen Affekte Neben dem Geschaffensein der Musik betont Luther vor allem ihre „Affektmächtigkeit“. Er kann sie daher auch als eine „Lenkerin und Herrin der menschlichen Affekte“ (domina et gubernatrix affectum humanorum) bezeichnen. Sie erreicht den Menschen nicht nur kognitiv, sondern ganzheitlich. Sie geht zu Herzen. Wer versucht, Traurige aufzurichten, Fröhliche zu erschrecken, Verzweifelte zu ermutigen, Hochmütige niedergeschlagen zu machen, Rasende zu stillen und Gehässige zu begütigen, der kann nach Luther dazu nichts Wirksameres finden als die Musik. Sie wirkt nicht nur wohltuend auf die Seele des Einzelnen, sondern kann auch das soziale Miteinander der Menschen zum Guten hin verändern. Sie schafft bei Menschen das Gefühl, miteinander verbunden zu sein und sie erweicht harte und traurige Herzen. Luther fasst all diese Erfahrungen zusammen, wenn er sagt: „Denn nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig, die Verzagten mutig, die Hoffärtigen demütig, die Hitzigen mäßig, den Neid und Hass zu mindern……als die Musica.“ Bereits in seiner Psalmenvorlesung von 1513 hatte er diesen Zusammenhang gesehen. Die Musik zielt auf die Affekte des Menschen: „Merke, dass sich Singen und Sagen unterscheiden wie einen Psalm singen oder rezitieren und ihn bloß verstandesmäßig erkennen und lehren. Wenn aber die Stimme hinzukommt, wird es ein Gesang, welcher die Stimme des Affektes ist. So wie also das Wort zum Intellekt gehört, so die Stimme zum Affekt.“ 20 Luther hat mit diesen Einsichten intuitiv etwas erkannt und vorweggenommen, was sich die Musiktherapie längst zu Nutzen gemacht hat. Musik kann das körperliche und seelische Wohlbefinden fördern. Sie dient als Ventil für die Seele. Musik tröstet. Singen kann ein Weg sein, um aus einer Depression herauszufinden. Musik als Trägerin der frohen Botschaft Kraft dieser natürlichen bzw. schöpfungsgemäßen Fähigkeit, Menschen zu berühren und zu bewegen, wird die Musik für Luther zur hervorragenden Trägerin und Botschafterin des Evangeliums. Wo sich das Wort des Lebens mit Musik verbindet, kommt es für ihn zu einer Allianz, die kaum eindrücklicher und wirksamer sein kann. Das selbstwirksame Wort Gottes und die selbstwirksame Musik finden zueinander und verstärken sich gegenseitig. Die mit dem Wort Gottes verbundene Musik ist daher in hervorragender Weise geeignet, auf den Menschen einzuwirken und ihn zu verändern. Das Besondere am Evangelium wie auch an der Musik ist für Luther, dass beides durch die menschliche Stimme vermittelt wird. In seiner Vorrede zum Septembertestament schreibt er: „Evangelium ist ein griechisch Wort, und heißt auf deutsch gute Botschaft, gute Mär, gute Zeitung, gut Geschrei, davon man singt, sagt und fröhlich ist.“ Da das Evangelium Freude weckt, drängt es auch dazu, durch Musik und Gesang vermittelt zu werden. Die Freudenbotschaft des Evangeliums findet daher in der Musik und im Gesang ihre adäquateste Vermittlung. Das Evangelium sagen und vom Evangelium singen gehören für den Reformator untrennbar zusammen. Eines zieht dabei das andere nach sich. Ist das Evangelium da, dann ist auch die Musik da. Fehlen aber Evangelium und Glaube, so fehlen auch die Lieder. In einer seiner Gesangbuchvorreden betont er diese Tatsache immer wieder: „Denn Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünden, Tod und Teufel. Wer solchs mit Ernst gläubet, der kanns nicht lassen, er muss fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, dass es andere hören und herzukommen. Wer aber nicht davon singen und sagen will, das ist ein Zeichen, dass er’s nicht gläubet und nicht ins neu fröhliche Testament, sondern unter das alte, faule, unlustige Testament gehöret.“ Das Singen wird geradezu zum Zeichen und Zeugnis dafür, dass ein Mensch das Evangelium verstanden und aufgenommen hat. Wer dagegen nicht singen will, steht noch unter dem „alten, faulen, unlustigen Testament“. Musik als Gegenmittel gegen depressive Stimmungen Wie konkret und alltagsbezogen Luther diese Einsichten anzuwenden wusste, wollen wir im Folgenden mittels eines Briefes beschreiben. Luther richtet ihn an seinen Freund Matthias Weller, der immer wieder unter depressiven Zuständen litt. Nachdem er ihm geraten hat, sich selbst keine Sorgen zu machen, sondern von Gott das Beste zu erwarten, gibt er ihm noch einen ganz praktischen Rat, um die Sorgengeister zu vertreiben: „Darum, wenn ihr traurig seid, und es will überhand nehmen, so sprecht: Auf! Ich muss meinem Herrn Christus ein Lied machen auf dem Regal, denn die Schrift lehrt mich, er höre gern fröhlichen Gesang und Saitenspiel. Und greift frisch in die Tasten und singet drein, bis die Gedanken vergehen, wie es David und Elisa taten. Kommt der Teufel und gibt euch eure Sorgen oder Gedanken ein, so wehrt euch frisch und sprecht: Aus, Teufel, ich muss jetzt meinem Herrn Christus singen und spielen.“ Luther rät, sich nicht seiner Traurigkeit und seinen Sorgen passiv zu überlassen, sondern aktiv auf diese zu reagieren. Dabei nimmt er sich David und Elia als Vorbild. David trieb durch sein Harfenspiel Saul die bösen Gedanken aus (1.Samuel 16,23), und Elisa ließ sich vormusizieren, um geistlich erweckt zu werden (2.Könige 3,15). Genauso soll sich Weller nun an die Tastenorgel setzen, spielen und singen, um so die bösen Gedanken zu überwinden. Zweierlei ist an dieser Stelle festzuhalten: Zum einen hilft die Musik, die bösen Gedanken zu vertreiben. Indem sich der Angefochtene ganz bewusst auf das Gotteslob einlässt, stellt er sich auf die Gegenwart Gottes ein. In der Hinwendung zu Gott aber kann er sowohl die Last der Vergangenheit als auch die Sorge um die Zukunft getrost hinter sich lassen. Vor Gott ist er ganz gegenwärtig. Das Lob Gottes wird zum Gegenmittel gegen den Sorgengeist. Dass andere, das es an dieser Stelle festzuhalten gilt, ist die therapeutische Wirkung der Musik. Mit dem bewussten Rückgriff auf das Harfenspiel Davids erinnert Luther an ihre heilsame Kraft. Wie die Musik des David auf Sauls Gemüt wirkte und es zur Ruhe brachte, so darf nun auch Weller erwarten, dass die Musik lösend auf seine Seele einwirkt. Luther wusste aus eigener Erfahrung, wie gut die Musik auf die menschlichen Affekte einwirken kann. Somit stellt sie nicht nur ein Mittel zur Ablenkung und Hinwendung zu Gott dar. Immer ist sie auch – und zwar durch die ihr innewohnende Schöpferkraft – ein Therapeutikum. 21 Luther bringt hier einen Sachverhalt auf den Punkt, den jeder, der selbst musiziert, singt oder aufmerksam Musik hört, immer wieder erleben kann. Musik tut einem gut. Sie tröstet und lässt die Seele aufleben. Die Musik tut ihr seelsorgerliches Werk an uns. Musik wird zur Seelsorge. Der Theologe und Musikfachmann Michael Heymel hat daher völlig Recht mit seiner These: „Wer singt, kann Selbstseelsorge üben. Wer mit anderen und für andere singt, kann auf diese Weise Seelsorge an anderen üben.“ Luther übte also nicht nur an anderen musikalische Seelsorge, sondern auch an sich selbst. Sein Freund und Mitarbeiter Johann Walter berichtet, dass Luther „große Lust“ hatte zu der Musica in Choral- und Figuralgesang“, die in seinem Haus öfter gepflegt wurden. Luther sei „vom Singen so lustig und fröhlich im Geist geworden, dass er des Singens schier nicht konnte müde und satt werden und von der Musica so herrlich zu reden wusste.“ Der Arzt Matthäus Ratzeberger erinnert sich an eine Szene, in der Luther sich längere Zeit in seiner Stube eingeschlossen hatte: bei Gesang und Musik „kommt Luther allgemach wieder zu sich selbst und es verging ihm sein Schwermut und Traurigkeit“. Luther, der immer wieder von Depressionen geplagt war, schreibt, wie die Musik ihm half, seiner Traurigkeit zu entfliehen: „Ich litt einmal sehr an Anfechtung in meinem Garten am Lavendelbaum; dort sang ich den Hymnus: Christus wir sollen loben schön. Andernfalls wäre ich dort zugrunde gegangen.“ Luther spricht also aus eigener Erfahrung, wenn er die Musik als Mittel der Seelsorge preist. Sie sei geeignet, den Teufel in die Flucht zu schlagen. Die Musik tue dem Teufel „sehr weh“. Freilich kommt es Luther dabei immer auf den angemessenen Gebrauch der Musik an. Wenn in einer übermäßigen Lautstärke gesungen und musiziert wird, kann man das, was tönt, nicht mehr in seinem Sinn verstehen. Der Reformator kann daher das Geplärr und Gebrüll in der Kirche anprangern. Hier sei nichts mehr vom heiligen und angemessenen Gebrauch von Musik in der Kirche zu spüren. Musikalische Seelsorge heute Welche konkrete Bedeutung hat das Gesagte nun für unsere Seelsorge sowie für unsere Gemeindearbeit? a) Singen angesichts des Todes Wenn ich als Pfarrer zu Sterbenden gerufen wurde, war das Gesangbuch häufig mein wichtigstes „Handwerkszeug“. In einer Situation, in der Worte leicht als zu blass oder auch störend empfunden werden können, war es mir eine Hilfe, auf ein Lied zurückzugreifen. So sang ich den Sterbenden oftmals einen der bewährten Choräle „Jesu geh voran“, „So nimm denn meine Hände“ oder auch „Befiehl du deine Wege“ vor. Dabei stellte ich fest, wie sich durch das Singen die Atmosphäre am Sterbebett änderte. Die vertrauten Choräle entfalteten ihre tröstende Kraft. Sie leisteten Beistand im Angesicht des Todes, wie es menschliche Worte allein kaum vermochten. Auch den Angehörigen half die Musik, ihren Emotionen Raum zu geben. b) Singen als Hilfe zur Seelsorge an der eigenen Seele Singen kann zur Seelsorge an der eigenen Seele werden. Die Seele kann im Singen äußern, was schmerzt oder traurig macht. So bekommt sie wieder Luft zum Atmen und der Kummer findet eine Adresse. Wo dies bewusst und in der Ausrichtung auf Gott hin geschieht, kann es passieren, dass die gesungenen Worte zur Botschaft für einen selber werden. Vertrauen kann wieder wachsen. Friede kehrt ein. c) Singen baut Gemeinde Musik im Gottesdienst ist nicht nur künstlerisches Beiwerk und nicht nur „Umrahmung“ oder „Ausschmückung“. Nach all dem, was wir bisher sagten, ist Musik vielmehr selbst Verkündigung und Teil der Predigt. Im Lied bekennt die Gemeinde ihren gemeinsamen Glauben. Im Gesang gibt sie ihre Freude am Evangelium kund. Durch das geistliche Singen verbinden sich die Stimmen der vielen zu einer Gemeinschaft. Insofern ist das geistliche Singen im Gottes- 22 dienst keine Nebensache, sondern ein zentrales, zu Herzen gehendes und die Herzen verwandelndes Geschehen. Im Singen wird die Gemeinde erfreut, erweckt, getröstet und sie kann dem Unglauben, dem Leid und der Anfechtung entgegen singen. Im Lied geschieht etwas mit der Gemeinde. Sie wird durch Gottes Geist verwandelt. Singen baut Gemeinde. Zum Schluss: Luther hat erkannt, weshalb Christen mit Musik verantwortlich umgehen sollten. Sie ist eine mächtige Herrin und Regiererin aller Bewegung des menschlichen Herzens. So mächtig wie sonst nur das Wort Gottes. Es ist ein Unterschied, ob einer Musik hört oder ausübt, um damit für seine Seele zu sorgen, oder ob er damit irgendwelche anderen Erlebnisse zu befriedigen sucht. Musik kann die Seele nähren. Musik kann aber auch verbraucht werden wie ein Suchtmittel, wie eine Droge. Das erleben wir heute angesichts eines massenhaften Musikkonsums. Wir können jederzeit und an jedem Ort Musik hören. Ob beim Einkaufen, in Bahnhöfen, in Restaurants, in der Discothek und in der Werbung. Ein solcher Musikkonsum wird undifferenziert. Man nimmt sie bestenfalls als Hintergrund wahr. Damit Musik ihre seelsorgerliche Kraft entfaltet, braucht es Zeit und Zuhören. Das gelingt nur, wo man still ist und Stille erleben kann. Musik kann auf diese Weise erbauen, d.h. den Glauben fördern, aufbauen, ermutigen. Dies kann sowohl durch Vorsingen, gemeinsames Singen, aber auch durch das Hören einer CD geschehen. Immer aber kommt es auf den Raum und den Rahmen an, in welchem Musik gehört wird. Dazu braucht es Musik, welche die Türe der Seele öffnet und zum Leben hilft, Musik die uns hinführt zu Jesus Christus. Dr. Rolf Sons Studienleiter 23 Gute Gefühle allein machen es nicht Persönliche Erfahrungen mit Musik und jungen Menschen Musik in großer Gemeinschaft Interview mit der Leiterin des Bengel-Chors Junge Menschen lieben Musik! Oder? Meine Erfahrung mit jungen Menschen und Musik sind recht unterschiedlich. Weder im Bengelhaus noch in der Jugendarbeit gibt Musik im Bengelhaus es die eine Erfahrung mit Musik: Musik in großer GemeinschaftGute Gefühle allein machen es nicht Musik im Bengelhaus Musik verbindet – auch im Fußballstadion Persönliche Persönliche Erfahrungen mit Musik und jungen Menschen Erfahrungen mit Interview mit der Leiterin Ich wünsche mir, des Bengel-Chors dass man als Musiker die Gemeinde zum Singen ermuntert, l ob an derMusik Orgel, und im Posaunenchor, im Singteam oder in einer Band. Menschen Und ich wünsche mir Platz für Lieder,gibt dieesman jedochdie Im neue Bengelhaus einerseits jungen h mit der Gemeinde lernen sollte. Musik in großer Gemeinschaft Junge Menschen lieben Musik! Oder? Meine Erfahrungen mit jungen Menschen und Musik sind recht unterschiedlich. Weder im Bengelhaus noch in der Jugendarbeit gibt es die eine Erfahrung mit Musik: 24 großen Andachten in der Hausgemeinschaft, die von alten und neuen Lobpreisliedern getragen sind. Hier ist – bei gelungener Liederwahl – etwas von dem „Schwung der Musik“ zu erleben, den schon der Apostel Paulus kannte: Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist, indem ihr zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet und dem Herrn mit eurem Herzen singt und spielt! (Epheser 5,18-19) In den kleineren Wochenandachten, die wir mit höchstens 20 Studierenden feiern, erlebt man diese berauschende Wirkung der Musik aber schon viel seltener. Hier zu früher Morgenstunde gilt wohl eher die Liedzeile: „Wir schauen der Wahrheit ins Auge.“ (Feiert Jesus 3, Nr. 118) Da tröstet es mich, dass wir nicht ‚allein aus Musik’ oder ‚allein aus guten Gefühlen’ vor Gott bestehen müssen. Da tröstet es mich, dass ich allein aus Gnade gerechtfertigt bin. Oft bewirkt Musik keinen Rausch. Aber immerhin verweisen dann (gute) Liedtexte auf das Wesentliche. Und: das Wesentliche, nämliche Gottes Gnade, gilt selbst in der Stille. „When the Music fades“ (Feiert Jesus 3, Nr. 12). Ähnlich verhält es sich - meiner Erfahrung nach - in der Jugendarbeit. Hier hat die Musik meist ihren festen Platz am Anfang eines Jugendkreises. Woche für Woche versuchen Jugendkreisleiter die Jugendlichen mit neuer Musik zu erfreuen. Wobei häufig nur die Leiter mit Enthusiasmus singen und die Jugendlichen bestenfalls zögerlich mit einstimmen. Auch hier bleibt der Schwung der Musik oft aus. Da fällt einem spontan die trostvolle Liedzeile ein „Du bleibst an meiner Seite, du schämst Dich nicht für mich.“ (Feiert Jesus 3, Nr. 10). Auch in solchen Situationen kann man wiederum nur auf die gute Botschaft der Liedtexte hoffen und sich auf Gottes Zusage verlassen. Musik in grosser Gemeinschaft Erstaunt bin ich dann immer wieder, wenn Jugendliche bei einem Jugendgottesdienst oder einer Freizeit plötzlich wie ausgewechselt wirken. Da singt der stille Teenager von gestern Abend nun voller Überzeugung: „O Gott, du bist mein Gott. Ich lobe dich mein Leben lang.“ (Feiert Jesus 3, Nr. 5) Die Musik in einer großen Gemeinschaft kann helfen, dass Evangelium fröhlich(er) zu verkünden und aufzunehmen. Lieben junge Menschen nun die Musik? Oder liebt die Musik vielmehr die Gemeinschaft von jungen Menschen? Stiftet Musik Gemeinschaft? Oder trägt sie nur dazu bei, ein verborgenes Gemeinschaftsgefühl zu wecken? Es ist sicherlich schwierig von meinen persönlichen Erfahrungen auf eine allgemeine Regel zu schließen. Aber mir scheint, dass Musik auf Gemeinschaft und gute Verkündigung angewiesen ist. Sie stärkt nur das, was bereits da ist. Sie lässt Vorhandenes neu aufblühen und uns neu verstehen und erleben. Musik verbindet – auch im Fussballstadion Dieser Zusammenhang gilt bereits im Alltäglichen: Bei den olympischen Spielen oder bei der Fussball-EM wecken die Nationalhymne und die Sprechchöre der Fans ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Man fühlt sich mit den Jungs da unten auf dem Rasen stärker verbunden. Man leidet und freut sich mit Ihnen. Und wenn es nur vor dem PublicViewing-Schirm ist. Aber das Singen allein macht’s nicht. Wir können die italienische Nationalhymne wohl noch so oft singen, aber der WM-Erfolg der squadra azzurra im Jahr 2006 wird uns nie begeistern. In der christlichen Gemeinschaft gilt Ähnliches: Hier helfen uns Lieder unsere Gemeinschaft, unsere Herkunft, unsere Zusammengehörigkeit neu zu erleben. Sie stiften keine neue Gemeinschaft. Aber: geistliche Lieder verweisen fröhlich auf Gottes Wort und die neu geschenkte Beziehung zu anderen Christen. Unsere Gemeinschaft im Bengelhaus lebt darum nicht von Liedern. Aber als christliche Gemeinschaft leben wir gerne mit Musik und geistlichen Liedern. Wir wissen wie Martin Luther, dass man das Evangelium nicht nur predigen, sondern auch voller Freude singen kann und darf: „Evangelium ist ein griechisches Wort und heißt auf deutsch gute Botschaft, gute Mär (...) von der man singt, erzählt und fröhlich ist.“ 25 Wie viele Sänger und Sängerinnen sind denn derzeit im Chor? Neun Frauen und vier Männer. Und wo tritt der Bengelchor überall in Erscheinung? Bei der Soirée, dem Turmtreff, bei Abendmahlsgottesdiensten und Schlusskonventen oder bei besonderen Projekten wie der Chorreise nach Weißrussland in diesem Jahr. Interview mit der Leiterin des Bengel-Chors Neben dieser geistlichen Dimension spielt die Musik auch eine wichtige Rolle bei festlichen Anlässen im Bengelhaus. Das kann man als Gast beim TurmTreff oder beim Sommerfest erleben. Wie es bei solchen Festen hinter den Kulissen zugeht, weiß am besten Johanna Diether. Sie studiert im sechsten Semester Kirchenmusik und leitet den Bengelchor. Ich habe sie deshalb zu ihrem Studium, der Musik und der Bengelhausgemeinschaft interviewt: Johanna, Du studierst Kirchenmusik in Tübingen und leitest seit mehreren Semestern den Bengelchor. Stört dich da nicht manchmal der schiefe Gesang der Theologen? Nein. Ein Kirchenmusiker hat die Aufgabe, mit den verschiedensten Gruppen zu arbeiten: Laien, Profis, Kindern, Jugendlichen, Senioren,... und auch Theologen! Außerdem steht für mich die Freude an der Musik im Vordergrund. 26 Wie bist du darauf gekommen, Kirchenmusik zu studieren, und was sind deine beruflichen Ziele? Seit meiner Kindheit spielt Musik für mich eine große Rolle. Nach mehreren Jahren Klavierunterricht begann ich mit 13 Jahren Orgel zu lernen. Noch während meiner Schulzeit absolvierte ich die klassische C-Ausbildung und die C-Ausbildung in Popularmusik und bekam so Einblick in die Arbeit eines Kirchenmusikers. In meinem Beruf möchte ich Menschen für die Kirchenmusik und ihre frohe Botschaft begeistern, Menschen unterschiedlicher Generationen zusammenbringen und Kirche attraktiv mitgestalten. Als Kirchenmusikerin lernst du sicherlich ein breites Spektrum an Musik kennen. Welche Rolle spielen neuere Lobpreislieder in deinem Studium? Lobpreislieder sind ein Teil der kirchlichen Popularmusik. Allgemein spielt Popularmusik bisher leider nur eine untergeordnete Rolle im Studium. Ich würde mir da etwas anderes wünschen. Das Bedürfnis der Gemeinden nach einem Kirchenmusiker, der auch im popularmusikalischen Bereich gut ausgebildet ist, wächst. Meiner Meinung nach sollte dieser Bereich innerhalb des Studiums zu einem größeren Schwerpunkt ausgebaut werden. Und welche Musik magst du lieber: moderne oder traditionelle Kirchenmusik? Diese Frage kann ich so nicht beantworten. An einem Wochenende singe ich bei einer Bach-Kantate mit, an einem anderen spiele ich in einer Band Keyboard oder Cajon und beides mache ich mit Begeisterung. Welche drei Dinge sollten Pfarrer und im Umgang mit Organisten unbedingt berücksichtigen? Ich muss zunächst sagen, dass ich persönlich überwiegend gute Erfahrungen mit Pfarrern gesammelt habe. Spontan würden mir aber folgende Dinge einfallen: Die Lieder für die Gottesdienste sollten nicht zu kurzfristig bekannt gegeben werden. Die Organisten müssen schließlich noch üben. Dem Kirchenmusiker sollte Raum für eigene Ideen und Vorschläge gegeben werden Wichtig ist es auch, die Arbeit wahrzu nehmen und dem Organisten Anerken nung zu zeigen. Was erhoffst du dir zukünftig für die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten? Ich wünsche mir, dass man als Musiker die Gemeinde zum Singen ermuntert, egal ob an der Orgel, im Posaunenchor, im Singteam oder in einer Band. Und ich wünsche mir Platz für neue Lieder, die man jedoch auch mit der Gemeinde lernen sollte. Wie würdest du folgende Sätze beenden? Mein Lieblingskomponist ist ... nicht nur einer! Afrikaner anfangen zu trommeln – wer kann da noch sitzen bleiben?! [Johanna heiratet im Sommer einen brasilianischen Theologiestudenten – Anmerkung der Redaktion] Musik ist für mich ... eine Sprache ohne Worte, die Menschen verbindet. Ohne Musik wäre die Bengelhausgemeinschaft ... nur halb so schön! Die musikalische Kompetenz der Bengelhauslehrer ist vergleichbar mit ... dem Klavier im ABH-Clubraum, manche Tasten gehen, manche nicht! Im Evangelischen Stift gibt es einen ‚Musik repetenten’, das heißt einen Lehrer für Kirchenmusik. Meinst Du, man sollte – im Falle einer großzügigen Spende – auch im Bengelhaus einen festen ‚Musik-Assistenten’ einstellen? Ja, das wäre sicher gut. Es könnten beispielsweise Chorprojekte, Seminare und Workshops zu Themen wie „Gemeindesingen“ und „Der Aufbau des Evangelischen Gesangbuchs“ oder Einzelunterricht angeboten werden. Gerade im Bereich Gesang und Stimmbildung habe ich festgestellt, dass sich viele Theologiestudierende dafür interessieren. Liebe Johanna, ich bedanke mich für das Gespräch und melde mich wieder bei dir, sobald die Spende eingegangen ist. Mein Lieblingslied ... ist zur Zeit „Grandioso és tu“ von Joao Alexandre. Die brasilianische Musik ist viel aufregender als die deutsche, weil ... sie vom Rhythmus lebt. Die Wurzeln der brasilianischen Musik liegen in Afrika. Wenn Jan Speckmann Tutor 27 „Was wollt ihr denn in Minsk?“ Bengel in Weissrussland Auftritt mit dem russischen Staatschor Erlebnisse auf einer Studienreise nach Minsk Erlebnisse auf einer Studienreise nach Minsk engel in Weißrussland Schon vier Wochen vorher begannen unsere intensiven Chorproben Luther in Minsk Nach vier Tagen in Minsk machten wir uns auf Richtung Westen „Was wollt ihr denn in Minsk?“ Mit dieser Frage wurden 15 Studenten des ABH, der Rektor Dr. Rolf Hille und Manfred Wagner vom Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung von der Stewardess im Flugzeug begrüßt. Kein Wunder, denn Weißrussland ist nicht gerade ein üblicher Urlaubsort. Es war die Neugier, die uns packte, als wir im Wintersemester 2007/2008 erfuhren, dass das Cyrill and Method Centre in Minsk/Weißrussland eine Gruppe aus dem ABH zu einer Studien- und Chorreise einlädt. Also machten wir uns vom 10. bis 17. Mai 2008 auf den Weg, Weißrussland und die orthodoxe Kirche zu erforschen. Schon vier Wochen vorher begannen unsere intensiven Chorproben, denn wir waren unter anderem eingeladen, in der Philharmonie in Minsk zu singen. Von Anfang an war uns bewusst, was das wichtigste „Gepäckstück“ sein wird, dass wir mitzunehmen haben – Spontaneität. Das uns zugesandte Programm klang zwar sehr interessant, allerdings konnten wir daraus nicht immer ableiten, was uns erwarten wird. So kam es zu vielen interessanten und unerwarteten Begegnungen. 28 Bengel in Weißrussland Auftritt mit dem russischen Staatschor Nach einer ca. neunstündigen Reise mit Bahn und Flugzeug, empfing uns Katharina vom Cyrill and Method Centre am Flughafen in Minsk. Mit einem voll beladenen Minibus fuhren wir zu unserer Unterkunft, einem Gästehaus der Gemeinde „Parish in the honor of the icon of the Mother of God ‚Joy of All the Afflicted’”. Dann ging es direkt zur Philharmonie. Hier erwartete uns die erste Überraschung: Wir wurden in einen kleinen Nebenraum gebracht und stellten uns deshalb auf ein kleineres Konzert ein als wir zuerst dachten. Doch als wir von dem Metropoliten Filaret begrüßt wurden und nach uns der weißrussische Staatschor sang, wurde uns klar, dass es doch eine bedeutendere Veranstaltung war, die zu Ehren des Konstantin Ostrozsky abgehalten wurde. Die weiteren drei Tage waren geprägt von einigen kleineren Konzerten in den verschiedensten Situationen und Begegnungen mit den verschiedenen Aufgaben und Einrichtungen der Minsker orthodoxen Kirche. Neben einem orthodoxen Gottesdienst am Sonntagmorgen, durften wir auch bei einer Taufe dabei sein, besuchten eine Schule und besichtigten viele Kirchen. Vor allem aber lernten wir die soziale und diakonische Arbeit kennen, die dort sehr wichtig ist. So besuchten wir unter anderem die Werkstätten für geistig behinderte Menschen der Gemeinde„Parish in the honor of the icon of the Mother of God ‚Joy of All the Afflicted’”. Bei einem Besuch eines Frauenklosters am Rande Minsks stand uns eine weitere Prüfung in Sachen Spontaneität bevor. Schwester Patrizia zeigte uns das Kloster samt seiner Ikonenwerkstatt und wollte uns dann einen ausgelagerten Bereich des Klosters zeigen. Auf dem Weg dorthin wurde uns gesagt, dass wir nun in ein Kinderheim gehen werden. Doch als wir dort ankamen stellte sich heraus, dass es ebenfalls ein Heim für geistig Behinderte ist und diese ein Konzert von uns erwarten. Gut, dass wir darin schon geübt waren. Luther in Minsk Eine weitere Überraschung war der Besuch bei der Lutherischen Gemeinde in Minsk. Wir hätten Vieles erwartet, aber keine deutschen Volkslieder, mit denen wir dort begrüßt wurden. Interessant war es zu sehen, wie diese Gemeinde damit umgeht, eine Minderheit zu sein. Luther als Identifikationsperson – so sehr, dass es uns schon wieder fremd ist. Nach vier Tagen in Minsk machten wir uns auf Richtung Westen. Dort wurden wir schon im Priesterseminar in Zirovitschi erwartet. Die restliche Zeit verbrachten wir damit, auch hier die Gemeinden und Einrichtungen kennen zu lernen. Wir trafen außerdem Ivan Kananovitsch, der vom WS 2005/06 bis zum SS 2007 im ABH gelebt hat und nun wieder in Zirovitschi studiert. Er begleitete uns bei allen Ausflügen und half uns vor allem bei der Kommunikation. Aber nicht nur die Sprache war eine neue Erfahrung für die meisten von uns. Auch mit der orthodoxen Kirche an sich waren noch nicht viele in Kontakt gekommen. Im Vorfeld hatte uns Manfred Wagner einiges erklärt und auch Cosmin Pricop, der aus der rumänisch-orthodoxen Kirche kommt und gerade im ABH wohnt, war uns eine große Hilfe während der ganzen Reise. So waren wir alle gut vorbereitet: Die Frauen hatten ausreichend lange Röcke und Kopftücher dabei – denn ohne dies dürfen Frauen keine orthodoxe Kirche betreten – und die Männer hatten ihre Anzüge im Gepäck. Aber neben der Kleidung waren vielen auch die Ikonen und die Heiligenverehrung fremd. Durch viele Gespräche und Diskussionen innerhalb unserer Gruppe aber auch mit Theologiestudenten dort, konnten wir alle viel darüber lernen und das Denken zumindest ansatzweise verstehen. Auch die Lehrer in Zirovitschi trugen zu unserem Verständnis bei. Vor allem Vater Jurij Roij und Vater Alexeij nahmen sich viel Zeit, unsere Fragen zu beantworten. Am 17. Mai 2008 machten wir uns alle müde, aber sehr bereichert wieder auf den Weg nach Tübingen. Wir sind alle froh, diese Reise gemacht zu haben, und danken Manfred Wagner und dem ABH für die Planungen und die Möglichkeit einer solchen Reise. Maité Gressel Studentin 29 Seit 20 Jahren Reisen und Meer Neue Horizonte entdecken . Menschen begegnen . Urlaub genießen. Auf Elbe und Moldau von Berlin nach Prag 11. bis 18. Oktober 2008 Die Debatte über verlässliche Werte der Christen stehen in b nerhal unserer Verantwortung in vor Gott. Gesellschaft und Der Long-Bestseller, der heute als Start in die Wertedebatte bezeichnet wird! Auflagenhöhe: Über eine Dreiviertel Million! Diskutiert in der Presse, an Unis, in Schulklassen, in Gemeinden. Auf den Spuren Martin Luthers Flusskreuzfahrt mit MS SWISS CORAL exklusiv gechartert Mit an Bord: Eva Herman, Journalistin und Buchautorin und Pfarrer Dr. Wilfried Reuter H av e l e- gd Ma g bur rg LIN nbu nde Bra BER dam s Pot sau e Elb Des au g Tor sen is Me n sde Dre Bad au and Sch lnik Me G M old au PRA Wir treffen uns an Bord Eigentlich »nur« als Sammelband von Peter Hahnes Vorträgen konzipiert, wurde dieses Buch innerhalb kürzester Zeit zum erfolgreichen Buch auf vielen Bestsellerlisten. Alle lesen es, viele verschenken es, mänche ärgert es. Auch weiterhin gilt: Dieses Buch kann nichts aufhalten! Die tschechische Ausgabe Die italienische Ausgabe Bestell-Nr. 05 180/87 · A 10.– Bestell-Nr. 05 180/88 · A 10.– Die polnische Ausgabe Bestell-Nr. 05 180/86 · A 10.– Wolfgang Huber Position beziehen Das Ende der Beliebigkeit ca. 144 Seiten, gebunden, A 9.95 Bestell-Nr. 05 183 ISBN 978-3-501-05183-2 Die Themenliste, die der Ratsvorsitzende der EKD in diesem Buch ins Visier nimmt, ist breit. Sie zeigt, dass die Verantwortung christlichen Handelns sich nicht auf das Geschehen innerhalb der Kirchen und der christlichen Welt beschränkt. Christen stehen in der Verantwortung innerhalb unserer Gesellschaft und vor Gott. Diese Perspektive veranlasst Bischof Huber, neben ermutigenden Beispielen auch schwierige Probleme beim Namen zu nennen. Der Autor belässt es jedoch nicht beim Aufdecken von Problemen. Unter dem Motto »Was würde Jesus dazu sagen?«, beschreibt Wolfgang Huber knapp und klar die Wege, die wir heute gehen können. rg nbe tte Wi Peter Hahne Schluss mit lustig Das Ende der Spaßgesellschaft 144 Seiten, gebunden A 9.95 Bestell-Nr. 05 180 ISBN 978-3-501-05180-1 Heiner Zahn GmbH . Postfach 65 . 72222 Ebhausen Tel. 07458 / 99 99-0 . Fax 07458 / 99 99-18 [email protected] www.handinhandtours.de Außerdem bei urs: hand in hand to Jubiläums-Mini-Rhein, Kreuzfahrt Main EisenTranssibirische hône, bahn, Dnjepr, R Rhein, Israel Einige Themen: »Aktion Babyklappe« – »Kindernot wird zum Thema« – »Lebensperspektive für Geduldete« – »Koma-Saufen« – »Amoklauf« – »Recht und Gnade« – »Schuld und Sühne« – »Moscheebau in Pankow« – »Scientology« – »Anschlag auf jüdische Kita« Erwin Teufel Maß & Mitte Mut zu einfachen Wahrheiten 160 Seiten, gebunden, A 9.95 Bestell-Nr. 05 181 ISBN 978-3-501-05181-8 Der bis 2005 amtierende Ministerpräsident von Baden-Württemberg plädiert für eine bürgernahe Politik, die den Menschen Freiraum lässt für eigene Gestaltung und für die Verwirklichung persönlicher Lebensziele. Sein Denken gründet auf den Werten und Grundlagen des Christentums. Markus Spieker Mehrwert Glauben in heftigen Zeiten 160 Seiten, gebunden, A 9.95 Bestell-Nr. 05 182 ISBN 978-3-501-05182-5 Wie finden wir von »iGod« wieder zum »Vater unser«? Dieser und anderen Fragen geht Dr. Markus Spieker, Fernsehjournalist und Historiker, nach. Sein Glaubensratgeber für das 21. Jahrhundert ist offenherzig und tiefschürfend, bissig und klug. Hier entdeckt man den Mehrwert des Glaubens. Verlag Johannis 77922 Lahr · Tel. 0 78 21/5 81-81 · Fax 0 78 21/5 81-26 www.johannis-verlag.de · E-Mail: [email protected] Postvertriebsstück 10403 Albrecht-Bengel-Haus Ludwig-Krapf-Str. 5 72072 Tübingen Entgelt bezahlt Mit dem Fahrrad nach Jerusalem Vier Bengel suchen Sponsoren für das ABH Tübingen 5000 km in 8 Wochen! Jerusalem Am 24. Juli 2008 starten vier Theologiestudenten zu einer „Reise nach Jerusalem“. Mit dem Fahrrad von Tübingen an der Donau entlang bis zum Schwarzen Meer, in die Türkei, über den Bosporus und von dort über Syrien und Jordanien nach Jerusalem: www.bengelhaus.de Brennende Hitze, staubige Straßen, fremde Kulturen und Sprachen. Acht stramme Waden, vier Fahrräder, zwei Feldkocher und ein Zelt. Christoph Wenzel, Yasin Adigüzel, Stefan und Matthias Riedel laden Sie ein: „Als Dank für die Unterstützung des Bengelhauses während unserer bisherigen Studienzeit wollen wir für jeden Streckenkilometer 1,– € sammeln. Bei einer Gesamtstrecke von ca. 5000 km können so bis zu 5.000 € für das Bengelhaus zusammenkommen.“ Kaufen Sie Wir freuen uns, wenn Sie bei dieser Aktion mitmachen: Kilometer für das ABH! Bankverbindung des ABH: 419 001, EKK Stuttgart (BLZ 520 604 10) Verwendungszweck: „Reise nach Jerusalem“