Modellierung und Simulation optischer IIR-Filterstrukturen zur adaptiven Kompensation chromatischer Dispersion in ultrahochbitratigen optischen Übertragungssystemen Daniel Teufer, Stephan Pachnicke, Peter M. Krummrich Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik, Technische Universität Dortmund, 44221 Dortmund Tel. +49-231-755-4411, Fax +49-231-755-4631, E-Mail: [email protected] Kurzfassung Die ultrahochbitratige optische Datenübertragung mit Datenraten von 100 Gbit/s und darüber stellt hohe Anforderungen an die Netzkomponenten. Geringe Systemtoleranzen und die steigende Komplexität der optischen Netze erschweren eine rein statische Kompensation von Signalverzerrungen. Die Realisierung adaptiver elektrischer Entzerrer ist aufwändig und kostenintensiv, da sie für hohe Leistungsfähigkeit kohärente Detektion und elektronische Hochgeschwindigkeitskomponenten erfordert. Leistungsfähige optische Entzerrer sind hingegen auch für hohe Datenraten vergleichsweise einfach realisierbar. In diesem Beitrag wird die adaptive Kompensation chromatischer Dispersion mit Hilfe von integriertoptischen IIR-Filtern untersucht. Dazu werden ultrahochbitratige optische Übertragungssysteme mit optischen Entzerrerkomponenten modelliert und numerisch simuliert. Die Filterstrukturen können als planare Wellenleiter in SiONTechnologie realisiert werden. Die Einstellung der Filterkoeffizienten erfolgt mit Hilfe von Phasenschiebern. Es wird gezeigt, dass die Kompensation von Restdispersion in Systemen mit 107 Gbit/s Kanaldatenrate bei der Nutzung bandbreiteneffizienter, robuster Modulationsformate durch geeignete Wahl der Filterkoeffizienten möglich ist. Die verwendeten Filtereigenschaften sind dabei an eine spätere Realisierbarkeit in SiON-Technologie angepasst. Abstract The optical data transmission at data rates of 100 Gbit/s and above puts high demands on the network components. Low system tolerances and the increasing complexity of optical networks complicate the purely static compensation of signal distortions. The realization of adaptive electrical equalizers is complex and expensive because coherent detection and high speed electrical components are needed for high performance. Powerful optical equalizers, even for high data rates, are comparatively easy to realize. In this paper, the adaptive compensation of chromatic dispersion using integratedoptical IIR-filters is examined. High data rate optical transmission systems are modeled and numerically simulated. The filter structures can be realized as planar waveguides in SiON-technology. The variation of filter coefficient settings is performed using phase shifters. It is shown that the compensation of residual dispersion in systems with 107 Gbit/s channel data rate using bandwidth-efficient and robust modulation formats is possible through appropriate selection of the filter coefficients. The used properties of the filter structures are appropriate for a later realization in SiONtechnology. 1 Einleitung Aufgrund des Angebotes neuer Dienste im Bereich der Telekommunikation und der zunehmenden Nutzung steigen die zu transportierenden Datenmengen stetig an. Derzeit lässt sich ein exponentielles Wachstum der Verkehrsspitzen von mehr als 100 % pro Jahr ermitteln [1]. Wurde vor einigen Jahren noch hauptsächlich ein analoges Modem (56 kbit/s) als Zugang zum World Wide Web genutzt, ist mittlerweile ein DSL-Anschluss mit 16.000 kbit/s Standard. Datenraten bis zu 50 Mbit/s werden mittlerweile über VDSL in die Haushalte übertragen. Diese Datenraten werden unter Anderem für IP-TV, digitales Fernsehen in HDQualität benötigt. In naher Zukunft sollen auch die ersten „Fiber-to-the-Home“-Anschlüsse verlegt werden, bei denen der Endnutzer nicht mehr wie bisher über Kupferkabel, sondern direkt mit einer Glasfaser mit dem Datennetz verbunden ist. Um diese Datenraten vielen Endkunden zur Verfügung stellen zu können, bedarf es leistungsfähiger Weitbereichs- und Metronetze. Aktuell werden in diesen Bereichen Übertragungsraten von 10 Gbit/s und 40 Gbit/s pro Kanal (Wellenlänge) eingesetzt. Im nächsten Entwicklungsschritt sollen die Datenraten auf 100 Gbit/s erhöht werden. Bei höheren Datenraten sinkt die Toleranz des Systems gegenüber Störeinflüssen. Der Einfluss der chromatischen Dispersion, der insbesondere hier untersucht werden soll, steigt beispielsweise quadratisch mit der Datenrate an. Dadurch stößt die rein statische Dispersionskompensation, wie sie mit Hilfe von dispersionskompensierenden Fasern (DCF) durchgeführt wird, an ihre Grenzen. Betriebsbedingte Änderungen der Netztopologie oder äußere Störeinflüsse, beispielsweise durch Temperaturänderungen, können zu fehlerhafter Signalübertragung führen. Daher sind Filterstrukturen, die sich adaptiv an veränderte Gegebenheiten anpassen lassen, zur Verbesserung der Signalqualität unabdingbar. Elektrische Entzerrer lassen sich nur mit hohem Aufwand realisieren, da leistungsfähige Realisierungen kohärente Detektion und elektronische Hochgeschwindigkeitskomponenten erfordern. Leistungsfähige optische Entzerrer sind auch für hohe Datenraten vergleichsweise einfach realisierbar. Diese Filterstrukturen können als planare Wellenleiter in SiON-Technologie hergestellt werden. Durch die Nutzung der aus der Halbleitertechnologie bekannten Herstellungsverfahren ist es möglich, hohe Stückzahlen zu geringen Kosten zu produzieren. Für einen praktischen Einsatz der Komponenten ist eine stabile und verlustarme Faserkopplung zwingend erforderlich. Um die Koppelverluste der vergleichsweise kleinen Wellenleiterstrukturen an eine Standard-Einmodenfaser (SMF) gering zu halten, wird eine durch Taperspleiß zwischengeschaltete Dünnkernfaser (UHNA-Faser) verwendet (Bild 2) [2,4]. Im Folgenden werden integriert-optische Filterstrukturen auf ihre Eignung zur adaptiven Kompensation von chromatischer Dispersion in Metro-Netzen untersucht. Dazu werden in Abschnitt 2 die Eigenschaften optischer Filterstrukturen betrachtet. In Abschnitt 3 werden die Parameter für eine spätere technologische Realisierung ermittelt. Diese gehen als Randbedingungen in die Systemsimulationen in Abschnitt 4 ein. 2 Optische Filterstrukturen Integriert-optische Filterstrukturen lassen sich vergleichsweise einfach und kosteneffizient als planare Wellenleiter in SiON-Technologie herstellen [2,3]. 2.1 Planare Wellenleiter Optische Filterstrukturen können als planare Wellenleiterschaltungen auf Silizium hergestellt werden. Dabei werden für Wellenleiter mit hohem Brechungsindexkontrast plasmaabgeschiedene (PECVD) und durch Plasmaätzen (RIE) strukturierte Wellenleiterkerne aus Siliziumoxinitrid (SiON) verwendet (Bild 1). Diese haben gegenüber den umgebenden SiO2-Schichten einen erhöhten Brechungsindex. Die typische Brechzahldifferenz beträgt: ∆ ⁄ 5%. Damit lassen sich die für kompakte Wellenleiterschaltungen erforderlichen kleinen Krümmungsradien ( 1 ) verwirklichen. Für die Herstellung dynamischer Wellenleiterschaltungen, beispielsweise abstimmbare Koppler oder Mach-ZehnderInterferometer (MZI), wird der thermooptische Effekt genutzt. Dazu werden Heizelektroden aus Chrom (Cr), die oberhalb der Wellenleiter aufgebrachte werden, verwendet. Dies ermöglicht die Herstellung thermooptischer Phasenschieber und dadurch die Realisierung dynamischer Grundkomponenten. Bild 2 Glasfaser-Wellenleiter-Kopplung mit einer Dünnkernfaser (UHNA) 2.2 Optische IIR-Filterstrukturen Bei der Untersuchung optischer Filterstrukturen liegt der Schwerpunkt bei verschiedenen Typen von TransversalFiltern mit unendlich langer Impulsantwort (engl.: infiniteimpulse-response, IIR). Vorüberlegungen haben ergeben, dass IIR-Filterstrukturen leistungsfähiger sind als vergleichbare Filter mit endlicher Impulsantwort (engl.: finiteimpulse-response, FIR) [5]. Charakteristisch für IIR-Filter ist die Rückkopplung des Ausgangssignals. Daraus resultiert eine periodische Übertragungsfunktion. Bei entsprechender Anpassung der Periode an das Kanalraster einer WDM-Übertragung können somit mehrere Kanäle simultan gefiltert werden. 2.2.1 Ring-Resonator Ein optisches IIR-Filter besteht im einfachsten Fall aus einem Ring-Resonator mit einem einfachen Leistungskoppler (Bild 3). Der Koppelfaktor κ ist dabei durch das Layout vorgegeben. Im Rückkopplungszweiges befindet sich ein thermooptischer Phasenschieber ΦR. Bild 3 Ring-Resonator mit einfachem Leistungskoppler Bild 1 Schematischer Aufbau eines Wellenleiters in SiON-Technologie Die Übertragungsfunktion des Ring-Resonators ergibt sich aus der Summe der Signale in den optischen Pfaden. Daraus lässt sich die für diese Untersuchung relevante Gruppenlaufzeit ableiten. In Bild 4 und Bild 5 sind die mit Hilfe eines MATLAB-Programms berechneten Gruppenlaufzeitverläufe für verschiedene Werte von κ und ΦR dargestellt. Die Gruppenlaufzeit folgt einem periodischen Verlauf mit einem Maximum bei der Resonanzfrequenz des Resonators. Der Koppelfaktor κ bestimmt dabei die Höhe der Resonanzüberhöhung. Durch Variation des Wertes der Phasenverschiebung im Phasenschiebers ΦR im Rückkopplungszweig kann die Resonanzfrequenz verändert werden. beiden Phasenschiebern ΦR und ΦM über einer Periode des freien Spektralbereichs (engl.: free spectral range, FSR) aufgetragen. Bild 6 Mach-Zehnder-Interferometer zur Einkopplung der optischen Leistung in den Ring zur Rückkopplung des Ausgangssignals Bild 4 Abhängigkeit der Gruppenlaufzeit eines RingResonators vom Koppelfaktor κ Bild 5 Abhängigkeit der Gruppenlaufzeit eines RingResonators vom Phasenschieberwert ΦR Bild 7 Variation des Phasenschiebers ΦM des MZI beeinflusst sowohl die Höhe der Gruppenlaufzeit als auch in geringem Maße die Resonanzfrequenz des Filters Problematisch gestaltet sich bei diesem Filtertyp die Realisierung eines variablen, einstellbaren Kopplers. Der Koppelfaktor κ kann zwar durch die Verwendung einer Heizelektrode verändert werden, jedoch schränkt die thermische Kopplung zwischen den beiden Wellenleitern den erzielbaren Bereich deutlich ein. 2.2.2 MZI-Einkopplung Um die bei der Verwendung von einzelnen variablen Leistungskopplern auftretenden Probleme zu umgehen, wird eine Kombination aus einem Ring-Resonator mit einem Mach-Zehnder-Interferometer verwendet (Bild 6). Die beiden Leistungskoppler besitzen ein identisches Koppelverhältnis von 0,5. Mit Hilfe des Phasenschiebers ΦM kann die Einkopplung in den Ring innerhalb des gesamten Bereiches von 0 bis 1 variiert werden. Somit ist es möglich, ein vollständig einstellbares Filter mit Hilfe von zwei Phasenschiebern herzustellen. Die mit MATLAB durchgeführten Berechnungen bestätigen diese Überlegungen. In Bild 7 und Bild 8 sind die Gruppenlaufzeiten dieses Filters in Abhängigkeit von den Bild 8 Der Phasenschieber ΦR im Rückkopplungszweig kann zur Veränderung der Resonanzfrequenz genutzt werden Die Filterstruktur verhält sich so ähnlich wie ein einfacher Ring-Resonator. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Variation des Phasenschiebers ΦM des Mach-ZehnderInterferometers sowohl das Maximum des Gruppenlaufzeitverlaufs als auch die Resonanzfrequenz beeinflusst. 2.3 Synthese von Übertragungsfunktionen Die Kompensation chromatischer Dispersion erfordert einen linear ansteigenden bzw. fallenden Verlauf der Gruppenlaufzeit der optischen Filterstrukturen innerhalb eines ausreichend großen Frequenzbereiches. Dies kann durch die Verkettung mehrerer einzelner Filter erreicht werden (Bild 9). y nm nk nm ΔR φ R Bild 9 Kaskadierung mehrerer einzelner Filterstufen zur Synthese von vorgegebenen Übertragungsfunktionen Dazu ist es notwendig, die Gruppenlaufzeitfunktionen der einzelnen Filterstufen durch geeignete Wahl der Werte der Phasenschieber ΦR und ΦM dem gewünschten Verlauf anzupassen (Bild 10). Die Optimierung der Filterkoeffizienten erfolgte in MATLAB mit Hilfe eines LevenbergMarquardt-Algorithmus [6,7]. Dadurch ist die Approximation nahezu beliebiger Zielfunktionen möglich. Bild 10 Approximation einer vorgegebenen Zielfunktion (grün) durch geeignete Einstellung der Filterkoeffizienten der einzelnen Filterstufen (blau) 3 Wellenleiterkonzept für kleine Krümmungsradien Die Herausforderung bei der Herstellung integriertoptischer Filterstrukturen besteht in der Realisierung eines, für hohe Datenraten erforderlichen, breiten freien Spektralbereichs (FSR). Zum Erreichen einer solchen FSR sind in der Regel kleine Pfadlängendifferenzen und somit auch kleine Krümmungsradien erforderlich. Die Realisierbarkeit der bisher betrachteten Filterstrukturen in SiONTechnologie soll nun am Beispiel eines Ring-Resonators (Bild 3) untersucht werden. Der FSR berechnet sich wie folgt: 1 2 Für einen FSR von 100 GHz, der beispielsweise in einem WDM-System mit entsprechendem Kanalabstand verwendet werden kann, ergibt sich ein Radius von ungefähr 300 µm. x Bild 11 Abstrahlung optischer Leistung im Bereich gekrümmter Wellenleiter Problematisch bei der Realisierung kleiner Radien sind vor allem die entstehenden Verluste durch Abstrahlung optischer Leistung im Krümmungsbereich. In Bild 11 wird dieser Mechanismus dargestellt. Die Phasenfront der Lichtwelle bleibt auch im Krümmungsbereich erhalten. Mit zunehmendem Abstand ΔR von der Wellenleitermitte aus steigt die tangentiale Phasengeschwindigkeit an. Überschreitet sie die Lichtgeschwindigkeit kann die entsprechende Lichtleistung nicht weiter geführt werden und wird abgestrahlt. ∆ Daher werden sogenannte „stark führende“ Wellenleiter für die Realisierung integriert-optischer Wellenleiterschaltungen genutzt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Gesamtleistung der geführten Welle größtenteils im Wellenleiterkern vorliegt und nur ein kleiner Anteil außerhalb. Die bisher verwendeten Parameter zur Herstellung integriert-optischer Wellenleiter, wie sie in Tabelle 1 angegeben sind, eignen sich gut für die Realisierung von Krümmungsradien von ca. 1 mm. Tabelle 1 Parameter für integriert-optische Wellenleiter für Krümmungsradien 1 Name Beschreibung Wert b Breite Wellenleiter 3 µm hWL Höhe Wellenleiter 2 µm hR Höhe Restfilm 0,5 µm hbot Höhe der SiO2-Basisschicht 10 µm htop Höhe der SiO2-Deckschicht 7 µm nbot Brechungsindex SiO2-Basisschicht 1,444 ntop Brechungsindex SiO2-Deckschicht 1,45 nWL Brechungsindex Wellenleiter 1,5 3.1 Simulation der Krümmungsverluste Zur Simulation integriert-optischer Wellenleiter wird das kommerzielle Programm BeamProp der Firma RSOFT verwendet. Mit Hilfe dieses Programms werden Berechnungen nach der Beam-Propagation-Methode (BPM) durchgeführt. ΔR n(x) näqu(x) β/k0 n0(x) x Bild 12 Äquivalentes Brechzahlprofil zur Simulation von kleinen Krümmungsradien integriert-optischer Wellenleiter Da die Randbedingungen zur Simulation gekrümmter Wellenleiter schwer beschreibbar sind, wird ein entsprechend der Krümmung äquivalentes Brechzahlprofil für die Simulationen angenommen [8]. Dieses, in Bild 12 dargestellte Profil berechnet sich nach: ä Bild 14 300 μ Krümmungsverluste bei einem Radius Diesen hohen Krümmungsverlusten kann durch eine stärkere Modenführung im Wellenleiterkern entgegen gewirkt werden. Dazu wird der Brechungsindexkontrast zwischen Wellenleiterkernschicht und Deckschicht auf ∆ 0,08 erhöht. Das Simulationsergebnis in Bild 15 zeigt, dass die Verluste durch Leistungsabstrahlung dadurch vermieden werden können. 1 Bild 13 zeigt die Simulationsergebnisse eines gekrümmten Wellenleiters mit einem Radius von 500 µm unter den in Tabelle 1 angegebenen Randbedingungen. Die Länge des Wellenleiters entspricht dem Umfang eines entsprechenden Ring-Resonators. Es zeigt sich, dass bei einem Umlauf keine nennenswerten Verluste auftreten. Bild 15 Durch Erhöhung des Brechungsindexkontrasts auf ∆ 0,08 verbessert sich die Modenführung, es treten keine spürbaren Krümmungsverluste auf 3.2 Bild 13 Keine Signifikanten Leistungsverluste bei einem Brechungsindexkontrast von ∆ 0,06 und einem Krümmungsradius von 500 μ Verringert man jedoch den Radius auf 300 µm, so entstehen hohe Verluste durch die Abstrahlung von Leistung aufgrund der Wellenleiterkrümmung. Dies ist in Bild 14 dargestellt. Herstellung der Wellenleiter Die Herstellung der integriert-optischen Wellenleiter erfolgt durch PECVD-Abscheidung und anschließende Strukturierung der Wellenleiterkernschicht (SiON) und der abschließenden Abscheidung der darüber liegenden Deckschicht (SiO2). In Bild 16 ist der schematische Aufbau der verwendeten PECVD-Anlage dargestellt. ckelte Softwareumgebung zur Simulation optischer Datenübertragungssysteme. 4.1 Bild 16 Schematischer Aufbau der verwendeten PECVDAnlage der Firma Oxford [2] Filterparameter Die hier betrachtete Filterstruktur besteht aus einem RingResonator mit einem Mach-Zehnder-Interferometer zur Einkopplung der optischen Leistung in den Ring. Dadurch ist eine Variation des Koppelfaktors über den gesamten Bereich von 0 bis 1 möglich. Für die Übertragungsfunktion einer einzelnen Stufe ergibt sich: Während des Herstellungsprozesses kommen folgende Prozessgase zur Anwendung: • • • • 1 5 % Silan (SiH4) in Argon (Ar2) Distickstoffoxid (N2O) Ammoniak (NH3) Stickstoff (N2) mit den Phasenschiebern φm und φr sowie Technologiekonstanten c und s. Die Herstellung der SiON-Kernschicht geschieht nach folgender Reaktionsgleichung [3]: 2 2 2 ~ ° 2 2 7 Die Konzentration bzw. der Durchfluss von Ammoniakgas (NH3) während der Abscheidung der SiON-Kernschicht bestimmt die Höhe der Stickstoffdotierung. Wie in Bild 17 dargestellt, bewirkt ein höherer NH3-Durchfluss einen höheren Brechungsindex der abgeschiedenen Schicht. Daher ist es möglich, die erforderliche Erhöhung des Brechungsindexkontrasts (siehe Abschnitt 3.1, Bild 15) bei der Herstellung der Wellenleiter zu realisieren. SiON: N20/SiH4 = 55; RF-Leistung = 50 W 110 nm/min 105 1,55 1,54 1,52 95 1,51 90 1,5 1,49 85 1,48 80 Brechungsindex eff. Abscheiderate 1,53 nach der Temperung 100 1,47 75 vor der Temperung 1,46 1,45 70 0 10 20 30 40 NH3 50 60 70 sccm 80 Bild 17 Abhängigkeit des Brechungsindex der Wellenleiterkernschicht (SiON) vom NH3-Durchfluss während der PECVD-Abscheidung 4 2 Systemsimulationen Im folgenden Abschnitt sollen die in Abschnitt 2 betrachteten Filterstrukturen unter den in Abschnitt 3 ermittelten technologischen Randbedingungen in PHOTOSS modelliert und simuliert werden. PHOTOSS ist eine am Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik der TU Dortmund entwi- 1 mit dem Koppelfaktor κLK, der durch die Geometrie der beiden identischen Leistungskoppler des MZI definiert ist. Im Rahmen dieser Untersuchung wird ein 10-stufiges Filter verwendet. Die resultierende Gesamtübertragungsfunktion ergibt sich aus der Multiplikation der Übertragungsfunktionen der einzelnen Stufen. Für eine ausreichend große Filterbandbreite werden Strukturen mit einem hohen FSR benötigt. Da diese jedoch technologisch schwierig zu realisieren sind, wird eine Filterstruktur mit einer Periode (FSR) von 100 GHz verwendet. Die technologischen Untersuchungen in Abschnitt 3 haben gezeigt, dass sich diese Strukturen in SiON-Technologie realisieren lassen. Die verwendeten Filterparameter sind in Tabelle 2 angegeben. Die Filterkoeffizienten φm und φr werden durch einen Optimierungsalgorithmus (Levenberg-Marquardt) bestimmt. Dabei wird die Gesamtdispersion der Filterstruktur an einen vorgegebenen Wert angenähert. Die maximale nutzbare Bandbreite beträgt ca. 85 GHz. Tabelle 2 Filterparameter des PHOTOSS-Modells eines Ring-Resonators mit MZI-Einkopplung Name Beschreibung Wert Einheit Verzögerungs-Intervall 10 ps T FSR Freier Spektralbereich 100 GHz Stufen Filterordnung 10 Mittenfrequenz 193,1 THz f0 Phasenverschiebung des π/2 rad Kopplers in Stufe i φm (Startwert) 0,5 Koppelfaktor in Stufe i ki Phasenverschiebung des rückgekoppelten Signals in rad π/2 φr Stufe i (Startwert) 4.2 Simulationsparameter Aufgrund der auf ca. 85 GHz beschränkten nutzbaren Bandbreite der Filterstrukturen und dem später geplanten Einsatz von WDM-Systemen bieten sich für die Datenübertragung höherstufige Modulationsformate an. Die folgenden Untersuchungen sind für das Beispiel eines 107-Gbit/s-Systems mit DQPSK-Modulation durchgeführt worden. Der Aufbau ist in Bild 18 dargestellt. genschaften in Abhängigkeit der akkumulierten Restdispersion betrachtet. Die akkumulierte Dispersion wird durch Veränderung der Faserlänge der Einmodenfaser (SMF) variiert. Die Länge der dispersionskompensierenden Faser (DCF) bleibt konstant. Die Filterkoeffizienten des Ring-Resonators mit MZI-Einkopplung werden so eingestellt, dass eine vollständige Kompensation der akkumulierten Dispersion erreicht wird. 4.3 Simulationsergebnisse In Bild 19 und Bild 20 sind die berechneten Augendiagramme bei einer akkumulierten Restdispersion von 50 ps/nm ohne und mit Kompensation durch das optische Filter dargestellt. Ohne Filter ist die Augenöffnung kaum zu erkennen. Bild 18 107-Gbit/s-System mit DQPSK-Modulation Die verwendeten Simulationsparameter der einzelnen Komponenten sind in Tabelle 3 angegeben. Tabelle 3 Simulationsparameter des verwendeten Systems mit 107 Gbit/s und DQPSK-Modulation Parameter Komponente Wert Einheit Modulator, Kanaldatenrate 107 Gbit/s Demodulator Mittenfrequenz 193,1 THz DispersionsSMF 15,97 ps/nm/km koeffizient (D) DispersionssteiSMF -0,02 ps/nm2/km gung (S) DämpfungsSMF 0,2 dB/km koeffizient Faserlänge SMF 100...113 km DispersionsDCF -80 ps/nm/km koeffizient (D) DispersionssteiDCF -0,15 ps/nm2/km gung (S) DämpfungsDCF 0,5 dB/km koeffizient Faserlänge DCF 19,95 km Booster, Rauschzahl EDFA0, 5 dB EDFA1 AusgangsleisEDFA0, -4 dBm tung EDFA1 AusgangsleisBooster 1 dBm tung Analytisches 3dB-Bandbreite 100 GHz Filter Mittlere SignalModulator 0 dBm leistung Optisches Dispersion IIR-Filter 0...208 ps/nm (APF) Im Folgenden wird die Dispersionstoleranz des Systems ohne und mit optischer Filterstruktur zur Dispersionskompensation untersucht. Dabei werden die Übertragungsei- Bild 19 Augendiagramm bei einer Restdispersion von 50 ps/nm ohne optisches Filter Durch den Einsatz des Filters kann jedoch die akkumulierte Dispersion vollständig kompensiert werden. Die Augenöffnung ist klar zu erkennen. Bild 20 Augendiagramm bei einer Restdispersion von 50 ps/nm mit Kompensation durch ein optisches Filter Um Aufschluss über die Toleranz des Systems gegenüber der chromatischen Dispersion zu erhalten, wird die eye opening penalty (EOP) als Kriterium gewählt. Die Simulationsergebnisse sind in Bild 21 dargestellt. Schon eine Restdispersion von 10 ps/nm führt ohne den Einsatz eines optischen Filters zu einer EOP von 1 dB. Durch den Einsatz des oben beschriebenen optischen Filters kann jedoch dieser Wert auf eine Restdispersion von 130 ps/nm gesteigert werden. eye opening penalty (dB) Dispersionstoleranz 8 7 6 5 4 3 2 1 0 -1 0 ohne Filter mit Filter 100 200 accumulated dispersion (ps/nm) 300 Bild 21 Dispersionstoleranz bei einem 107 Gbit/s DQPSK-System 5 Zusammenfassung In diesem Beitrag wurden die Möglichkeiten verschiedener optischer Filterstrukturen zu Dispersionskompensation in faseroptischen Systemen untersucht. Dazu wurden die Eigenschaften integriert-optischer Wellenleiter und ihre Eignung zur Herstellung von IIR-Filterstrukturen betrachtet. Die bisherigen Untersuchungen einzelner Filterstrukturen (z.B. mit MATLAB) haben gezeigt, dass mehrstufige optische IIR-Filter, beispielsweise Ring-Resonatoren, in der Lage sind, vorgegebene Gruppenlaufzeitfunktionen zu approximieren. Für die spätere Realisierung wurde die Leistungsfähigkeit der Filter durch Simulationen faseroptischer Systeme analysiert. Dazu wurde eine Filterstruktur bestehend aus einem Ring-Resonator kombiniert mit einem Mach-Zehnder-Interferometer zur Einkopplung in PHOTOSS modelliert und numerisch simuliert. Die gewonnenen Ergebnisse zeigen, dass bei der Verwendung von bandbreitenoptimierten Modulationsverfahren (hier DQPSK) die Filterstruktur geeignet ist, die auftretende variable Restdispersion zu kompensieren. Unter der Berücksichtigung eines geeigneten Gütekriteriums für die Datenübertragung können die Filterstrukturen als variable, adaptiv regelbare Kompensatoren von Restdispersion eingesetzt werden. 6 Literatur [1]German Internet Exchange: Traffic statistics. http://www.de-cix.net, 2009 [2]Fadel, Maxim.: Hochbrechende integriert-optische Siliciumoxinitrid-Wellenleiter für faseroptische Systemanwendungen. Aachen: Shaker, 2007 [3]Hilleringmann, Ulrich: Mikrosystemtechnik: Prozessschritte, Technologien, Anwendungen. Wiesbaden: B.G. Teubner Verlag / GWV Fachverlage GmbH, 2006 [4]Gentemann, Roland B.: Automatisierte Präzisionsmontage faseroptischer Komponenten. Technische Universität Dortmund: Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik, 2008 [5] Bohn, Marc: Adaptive Entzerrung des GlasfaserÜbertragungskanals mit optischen Filterstrukturen in hochbitratigen Übertragungssystemen. Aachen: Shaker, 2006 [6] Madsen, K.; Nielsen, H.B.; Tingleff, O.: Methods for non-linear least squares problems. Technical University of Denmark: Informatics and Mathematical Modelling, 2004 [7] Gill, Philip E.; Murray, Walter; Wright, Margaret H.: Practical optimization. London: Academic Press Inc., 1981 [8] Madsen, Christi K.; Zhao, Jian H.: Optical filter design and analysis: a signal processing approach. New York: John Wiley & Sons, Inc., 1999