Tagungsband 32. Tagung über tropische Vögel der Gesellschaft für Tropenornithologie e.V. vom 8. bis 11. September 2011 in Marlow - Mecklenburg-Vorpommern Impressum Tagung über tropische Vögel der Gesellschaft für Tropenornithologie (Tag. trop. Vögel Ges. Trop.ornithol) ISSN 1618-4408, Jahrgang 2011, Band 15 Herausgeber: Gesellschaft für Tropenornithologie e.V. (GTO), Bonn Redaktion: Christoph Hinkelmann, Lüneburg; Martin Päckert, Dresden; Robert Pfeifer, Bayreuth Layout und Gestaltung: Corinna Bartsch, Amselweg 23, D-56587 Oberhonnefeld-Gierend Druck: Verlag Lindemann, Stiftstrasse 49, D-63075 Offenbach a.M. Bezug: Horst Brandt, Schatzmeister der GTO, Schwalbenwinkel 3, D – 30989 Gehrden Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie fotomechanische und elektronische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Herausgebers. Die Meinung der Verfasser entspricht nicht zwingend der von Herausgeber und Redaktion. © September 2011, GTO Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Inhaltsverzeichnis 3 Tagungsprogramm 5 Vorträge Martin Kaiser Die Kraniche der Welt – eine Übersicht über Status, Haltung und Zucht 11 Nina Seifert Peene -Dakar? Ist das Zwergsump�uhn Porzana pusilla im Senegaldelta ein paläarktischer Zugvogel? 17 Maria-E. Krautwald-Junghanns Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln 21 Konstantin Ruske Die Vogelhaltung im Dallas World Aquarium 29 Theo Kleefisch Juwelen der Vogelhaltung - über Himmels- und Langschwanzsylphe 31 Carlos & Ingrid Struwe Juwelen in der Weite – Gefiederte Raritäten Brasiliens 35 Kai Gedeon Äthiopiens einzigartige Vogelwelt. Entdeckungsgeschichte, Taxonomie, Gefährdung, Schu� 43 Anna Reuleaux Populations-, Nahrungs- und Brutökologie des SeychellenVasapapageis Coracopsis nigra barklyi 61 3 Inhaltsverzeichnis Ulrich Schulz Sexuelle Selektion beim Que�al Pharomachrus mocinno Erklärungsansä�e für die extremen Federausprägungen 71 Wolfram Brauneis Die beiden Ve�ern von Berlepsch und ihr unterschiedliches Wirken für die Ornithologie - als strenger Systematiker und heimatverbundener Vogelkundler 85 Stephan M. Hübner Richard Faust und sein ornithologisches Wirken im Zoo Frankfurt 93 Werner Pittermann 50 Jahre Faust–Vogelhallen im Zoo Frankfurt 97 Bernd Marcordes Fruch�aubenhaltung in europäischen Zoos 105 Peter Kaufmann Zucht afrikanischer Prachtfinken - noch immer eine Herausforderung ! ? 107 Bernd Simon Der Rotschwanzweber Histurgops ruficauda: Erfahrungen aus der Haltung 111 Christoph Hinkelmann Eine vogelkundliche Studienreise nach Kuba 117 Renate Brucker Bolivien – wo die Blaula�aras noch brüten 119 Preis für Tropenornithologie 2011 121 Liste der Referenten 123 4 Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln Maria-E. Krautwald-Junghanns, S. Vorbrüggen, V. Schmidt Klinik für Vögel und Reptilien der Universität Leipzig An den Tierkliniken 17 D-04103 Leipzig e-mail: [email protected] Während virale Erkrankungen bei Psittaciformes viel Aufmerksamkeit in der Literatur und in der tierärztlichen Praxis erfahren (z. B. Bornavirus, PDD, Circovirus), scheint es so, als ob Viren als Krankheitserreger bei Passeriformes nur eine untergeordnete Rolle spielen. Tatsächlich können aber Viren auch hier eine Bedeutung haben, teilweise als latent vorhandene, die Abwehrkraft der Vögel schwächende Erreger, teilweise als Gefahr für den Menschen bzw. als echtes Bestandsproblem mit hoher Sterblichkeit. Manche viralen Infektionen wie das West Nil Virus, das Circovirus bzw. das Cytomegalievirus sind erst in neuerer Zeit als relevant für Passeriformes erkannt worden. Der Nachweis geschieht in der Regel heute in wenigen Tagen entweder durch Entnahme geeigneter Tupfer (Rachen, Kropf, Kloake) oder Blut, bzw. Organproben verendeter Vögel mit molekularbiologischen Methoden; in vielen Fällen ist dann ein unmittelbares Handeln erforderlich. Eine spezifische antivirale Chemotherapie ist zwar fast nie möglich, aber durch gezieltes Vorgehen und Vermeidung von Sekundärinfektion/Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen (z. B. Aldekol- es®-03, Aldehyde, Peressigsäure, s. DVG-Desinfektionsmittelliste 2011) bzw. Notimpfungen kann der Verlauf positiv beeinflusst werden. Zugelassene Impfstoffe für Passeriformes sind zurzeit in Deutschland nicht erhältlich, allerdings können einerseits bestandsspezifische Vakzinen im Bedarfsfall hergestellt werden oder Umwidmungen erfolgen. Viele krankheitsauslösende Faktoren können darüber hinaus im Vorfeld minimiert werden, z.B. durch einen hohen Hygienestandard (viele Viren werden über Sekrete und Exkrete des Vogels sowie über Feder- und Hautbestandteile übertragen und können in getrocknetem organischem Material wie Kot, Federn lange überleben), Vermeidung von Stress, Eingrenzung des Mückenzuflugs (bei Übertragung durch Mücken z. B. Pocken und West Nil) und Ver21 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln meidung von Kontakt mit anderen Vögeln. Viele Viren werden bei Hitze abgetötet (z. B. auch direkte Sonneneinstrahlung bzw. 60 °C 30 min.), haben allerdings wie das Influenzavirus eine lange Überlebensdauer in Wasser und feuchtem Milieu. Circoviren Die früher als „schwarzer Fleck“ bezeichnete Erkrankung bei 7-20 Tage alten Kanarienvögeln ist vermutlich auf ein Circovirus bei Passeriformes zurückzuführen. Kennzeichnend ist eine deutlich vergrößerte Gallenblase, welche durch die Haut hindurch scheint. Betroffene Tiere verweigern die Futteraufnahme und sterben meist innerhalb weniger Tage. Circoviren vermehren sich im lymphatischen Gewebe, so dass eine Schwächung der Immunabwehr die Folge ist. Auch bei einer 10 Wochen alten Gouldamadine konnte eine Circovirus induzierte Schwächung der Immunabwehr diagnostiziert werden. Teilweise wurden bei erwachsenen Krähen in Australien und Europa durch Circovirus-Infektionen verursachte Befiederungsstörungen in Form von Depigmentation des Schwunggefieders beobachtet. Zurzeit werden das Kanarienvogel-, das Finken-, das Star- und das KrähenCircovirus innerhalb der Circoviren bei Passeriformes unterschieden. Eine Übertragung zwischen verschiedenen Familien der Passeriformes oder auf andere Ordnungen wie z. B. auf Papageienvögel findet vermutlich nicht statt. Papillomaviren Diese verursachen bei Einzeltieren derbe, oft stark zerklüftete Zubildungen an den Ständern und Zehen. Meist handelt es sich um Zufallsbefunde (z. B. bei Beringungen von Buch- und Bergfinken). Eine Einschränkung der Beweglichkeit wird selten gesehen. Zur Diagnosestellung kann verändertes Gewebe elektronenmikroskopisch untersucht werden, eine Virusanzucht ist bisher nicht möglich. Sollte der Vogel Probleme mit den Zubildungen haben, kann therapeutisch ein chirurgisches Abtragen der Zubildung versucht werden. Therapieversuche mit einer autologen Impfung wie beim Säuger sind bisher noch nicht durchgeführt worden. Ein Isolieren betroffener Vögel ist anzuraten, da eine Ansteckung anderer Vögel möglich ist, des Weiteren sollte auf die Zucht mit befallenen Tieren verzichtet werden. 22 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln Pocken Die Übertragung der Pockenviren erfolgt durch Penetration der Haut, sei es durch kleine Verletzungen und direkten Kontakt oder Stichen von virentragenden Mücken und Milben, so dass die Erkrankung vor allem während der warmen Jahreszeit (aber auch danach) bei Vögeln insbesondere in Außenvolieren auftritt. Eine Übertragung durch Inhalation virenhaltigen Staubs bei der Entstehung der Lungenform (s. unten) ist zu vermuten. Pockenviren sind im Krustenmaterial resistent und überlebensfähig. Sie sind relativ wirtsspezifisch und auch die einzelnen Stämme scheinen unterschiedlich schwere Verläufe je nach Vogelspezies zu verursachen. Klassischerweise erkranken Kanarienvögel an den unten erläuterten Verlaufsformen, wobei häufig schwere Verläufe gesehen werden, aber auch Stare, Beos, Meisen, Prachtfinken und Finken können erkranken – dann meist mit milderen Verlaufsformen. Klinisch können verschiedene Formen der Erkrankung unterschieden werden: a) die akute Lungenform oder Schnappkrankheit, welche oft nach 1-3 Tagen Apathie und Atemnot zum Tode der betroffenen Vögel führt, b) die Hautform, die meist durch Verdickungen und Auflagerungen an unbefiederten Hautarealen (Augenlider, Nasenlöcher, Schnabel, Schnabelwinkel, Ständer) gekennzeichnet ist, die innerhalb von ca. 10 Tagen zu dunklen, festen Krusten werden und schließlich – in der Regel komplikationslos – abheilen, c) die Schleimhautform, bei welcher die Schleimhäute durch anfangs rötliche Erhabenheiten, die im Weiteren diphteroide Beläge bilden, betroffen sind, so dass es zu mangelnder Futteraufnahme, Erbrechen und Atemnot kommen kann. Sowohl bei Haut- als auch Schleimhautmanifestationen kann der Verlauf bei immungeschwächten Tieren durch Sekundärinfektionen (Hefen oder Bakterien) deutlich verkompliziert sein, d) die asymptomatische Form. Die Diagnose lässt sich häufig schon anhand des klinischen Erscheinungsbildes in Kombination mit einer histologischen Untersuchung einer Biopsie der veränderten Hautareale stellen. Therapeutisch 23 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln kann man versuchen, die Symptomatik durch Aufbringen von Jodlösungen zu mildern. Gegebenenfalls sind systemische antibiotische/ antimykotische Behandlungen sowie unterstützende Maßnahmen (wie z. B. Knopfsondenfütterung) angezeigt. Eine Impfung während eines Krankheitsausbruchs kann die Infektion noch gesunder Tiere verhindern. Prophylaktisch werden Pockenimpfungen aus dem Ausland (z. B. POXIMUNE C aus den USA) per wing web-Methode eingesetzt; allerdings mit gemischtem Erfolg. Am effektivsten ist momentan sicherlich ein guter Schutz gegen Mücken. Paramyxovirus-1 oder Newcastle Disease Eine Paramyxovirose kann je nach Vogelspezies, Stamm und Gesundheitszustand des Vogels zu sehr unterschiedlichen klinischen Verläufen führen. Die Newcastle Disease gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen und ist ansteckend für den Menschen (Grippeähnliche Symptome). Alle Vögel gelten als empfänglich, wobei kleine Singvögel oft als symptomlose Überträger gelten. Die klinische Symptomatik reicht von plötzlichen Todesfällen bis zu lediglich zeitweiser verminderter Futteraufnahme oder gestörtem Allgemeinbefinden. Es können auch teilweise zentralnervöse Symptome bzw. Symptome am Atmungs- oder Magendarmtrakt beobachtet werden. Therapeutisch kann nur symptomatisch (Vit. B, Elektrolyte, Zwangsfütterung) behandelt werden, wobei die Entscheidung für oder gegen einen Therapieversuch dem Veterinäramt obliegt. Prophylaktisch können für Puten oder Hühner zugelassene PMV-Impfstoffe eingesetzt werden, deren Erfolg allerdings nicht sicher und für deren Anwendungssicherheit der Tierarzt verantwortlich ist. Bei Notimpfungen sind Verbringungsverbote innerhalb der EU zu beachten. PMV-2 und PMV-3 In den meisten Fällen verlaufen Infektionen bei Passeriformes mit PMV-2 und -3 ohne Symptome. Es können aber im Falle einer PMV2 Infektion auch Symptome am Atmungs- bzw. Magen-Darm-Trakt (beschrieben bei Kanarien, Cardueliden und Prachtfinken) beobachtet werden, die in der Regel selbstlimitierend sind. PMV-3 betrifft v.a. australische Prachtfinken. Im Falle einer PMV-3-Infektion können zusätzlich unter Umständen Bindehautentzündung, gelbliche Durchfälle und zentral-nervöse Symptome auftreten. Der Nachweis erfolgt 24 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln wie im Falle der PMV-1 Infektion. Das sogenannte „twirling syndrome“, welches bei einigen importierten Alte-Welt-Finken beschrieben wird und das ebenfalls mit Kopfschiefhaltung einhergeht, ist vermutlich ebenfalls auf ein PMV-Virus zurückzuführen. Aviäre Influenza, „Vogelgrippe“ Obwohl das Interesse öffentlicher Medien an der sog. Vogelgrippe spürbar nachgelassen hat und darüber auch die Besorgnis der Tierbesitzer in dieser Hinsicht zurückgegangen ist, werden wir in den nächsten Jahren mit der Gefahr der Aviären Influenza leben müssen. Da die Viren zoonotisches Potential besitzen (Grippesymptome mit Todesfällen) und Ausbrüche beim Nutzgeflügel große wirtschaftliche Folgen haben, ist die Erkrankung anzeigepflichtig. Die Symptomatik kann je nach Vogelspezies und Virusstamm stark differieren. Während des Ausbruchs 2006 war der Erreger (H5N1) bei Wildvögeln mit 344 positiven Wildvögeln (von 60.000 untersuchten Tieren) in Deutschland zu finden (höchste europäische Nachweisrate). Ähnliche Zahlen gab es 2007, allerdings davon nur wenige betroffene Sperlingsvögel. Bisher wurde das Virus vornehmlich bei Wasservögeln, vereinzelt bei Greifvögeln sowie vereinzelt bei Rabenvögeln und anderen Vogelarten nachgewiesen, zu deren Nahrungsspektrum auch Aas gehören kann. Eine ausgeprägte Symptomatik analog der bei Hühnervögeln beobachteten konnte in den meisten Fällen nicht bestätigt werden, da der Nachweis aus Wildvögeln im Allgemeinen nach Todfund gelang. Für Kanarienvögel ist aber prinzipiell bei Infektion mit InfluenzaA-Viren (nicht H5N1) ein akuter Verlauf mit Apathie, Zyanose und Ödembildung im Kopfbereich, Bindehautentzündung und Atmungsbzw. Magen-Darm-Trakt-Symptomen bekannt. Kleine Singvögel gelten wie bereits beschrieben als relativ unempfänglich für H5N1. Vorsicht ist insbesondere geboten, wenn frisch importierte Vögel aus dem asiatischen Raum vorgestellt werden. Hier gab es bereits Nachweise von H5N1, beispielsweise bei Finken in Hongkong. Im Oktober 2007 hatte ein nach Medienberichten vermeintlich infizierter Papagei in England für große Aufregung unter den Tierbesitzern gesorgt. Letztlich stellte sich heraus, dass es sich um in Gefangenschaft lebende Finken aus Taiwan handelte. Therapieversuche sind verboten; das zuständige Veterinäramt bestimmt über alle weiteren Maßnahmen. Als Prophylaxe sollte u. a. der 25 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln Kontakt zu Wasservögeln vermieden werden. Eine Schutzimpfung von Nutzgeflügel ist in Deutschland verboten, für Zootiere und seltene schützenswerte Vögel besteht aber die Möglichkeit, Impfungen nach Genehmigung vorzunehmen. Bisher liegen nur wenige Daten zur Wirksamkeit einer Impfung insbesondere bei verschiedenen Zoovögeln vor; es scheint eine deutliche Speziesabhängigkeit im Hinblick auf die Wirksamkeit zu bestehen. Die Handhabung der zur Verfügung stehenden Impfstoffe der Firma Intervet und Merial ist aufwändig, die Verabreichung erfolgt mehrfach parenteral. West-Nil-Virus Viele Vögel und Säuger sind empfänglich, Passeriformes scheinen aber besonders anfällig zu sein. 1999 gab es den ersten großen Ausbruch vor allem bei Rabenvögeln, Corvidae und Haussperlingen im Zoo von New York, der auch 62 Infekte beim Menschen mit sieben Todesfällen zur Folge hatte. Seitdem hat sich das Virus in Nordamerika weit verbreitet und ist mittlerweile auch in Europa z. B. in Österreich (Nachweis bei Greifvögeln) angekommen. In Deutschland wurde noch keine Erkrankung bei Vögeln nachgewiesen, nichtsdestotrotz ist die Erkrankung auch hier anzeigepflichtig. Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch den Stich von Mücken, in denen sich das Virus nach Aufnahme an einem infizierten Wirt vermehrt. Klinisch äußert sich die Erkrankung in erster Linie durch zentralnervöse Symptomatik und unspezifische Symptome wie Schwäche und Futterverweigerung. Meist kommt es aber gar nicht erst zur Ausprägung von klinischen Symptomen, sondern die Tiere versterben innerhalb weniger Tage ohne große oder eindeutige Symptomatik. Eine Verdachtsdiagnose kann bei zentralnervöser Symptomatik in einem Gebiet mit Vorkommen von West-Nil und entsprechender Saison (Sommer bis Herbst) gestellt werden. Erkrankte Vögel können – wenn überhaupt - nur symptomatisch (künstliche Ernährung, Elektrolyte, Wärme) therapiert werden. Experimentell wurde ein für Pferde entwickelter Impfstoff bisher nur bei Greifvögeln eingesetzt, der allerdings in einer noch verträglichen Dosis nicht den gewünschten Erfolg erzielte. Daher ist der einzig effektive Schutz die Abschirmung und Reduzierung von Mücken. 26 Maria-E. Krautwald-Junghanns: Wichtige virale Krankheiten bei kleinen Singvögeln Herpesvirus Herpesviren sind in der Regel wirtsspezifisch, und bislang wurden je nach Vogelart antigenetisch unterschiedliche Herpesviren bei Passeriformes (Prachtfinken Estrildidae, Kanarienvögel Fringillidae und Webervögel Ploceidae) isoliert. Die Bedeutung dieser Viren ist eher gering, oft nur im Sinne einer deutlichen Abwehrschwächung der betroffenen Tiere, sie wurden aber auch bei Bestandsproblemen mit respiratorischer Symptomatik isoliert. So geht z. B. das Gouldamadinen-Herpesvirus einher mit geschwollenen Augenlidern, gelblichem Augenausfluss und Atemnot. Stress spielt beim Ausbruch eine große Rolle; Todesfälle sind eher selten. Therapeutisch kann die Gabe von Acyclovir in Erwägung gezogen werden, dies stoppt die Virusvermehrung bei infizierten aber noch nicht erkrankten Tieren. Die Herstellung eines bestandsspezifischen Impfstoffes ist möglich; dauert aber im Ausbruchsfall zu lange und ist daher nur vorbeugend in Problembeständen sinnvoll. Das Cytomegalievirus ist ein anderes Herpesvirus, welches ein zoonotisches Potential besitzt und im Ausland (z. B. Belgien, Australien) häufig bei australischen und afrikanischen Finken gesehen wird. Auch hier können Gouldsamadinen einen schweren Verlauf mit 100 % Todesrate zeigen. Bei immungeschwächten Menschen sind ebenfalls Todesfälle beschrieben. Polyomavirus Polyomavirusausbrüche bei Finken ähneln im Verlauf und der Symptomatik den häufiger vorkommenden Infektionen bei Wellensittichen. Erwachsene Tiere sind meist symptomlos, Jungtiere im Alter von 1-3 Tagen zeigen eine hohe Mortalität. Überlebende Jungtiere bleiben in ihrer Entwicklung zurück, bilden fehlgebildete, eingedrehte Federn, einen überlangen Unterschnabel und erkranken häufiger an Zweitinfektionen. Verstorbene Nestlinge zeigen eine Leber- und Milzvergrößerung sowie Blutungen in der Unterhaut. Prophylaktisch können in Zuchten nur allgemeine seuchenphrophylaktische Maßnahmen ergriffen werden (hohe Hygienestandards, Quarantäne und evtl. Eingangstests für Neuzugänge, usw.). Eine Impfung existiert momentan nicht. 27 28