Moorschutz in Deutschland – Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren 4.2 -1- Topographie Michel Bechtold Thünen Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig ([email protected]) 4.2.1 Einleitung Die genaue Kenntnis der Topographie eines Moorgebiets hat vielfältige Bedeutungen im Rahmen von Wiedervernässungsprojekten. Meist wird mit Wiedervernässungsmaßnahmen in die Topographie eingegriffen (BAFU, 2009), um schnelle Abflüsse zu verhindern und Zuflüsse im Gebiet zu verteilen. Höhenmodelle (oder auch "Digitale Geländemodelle", DGM) sind deswegen von besonderer Wichtigkeit in der Maßnahmenplanung, um die Lage von Stauen zu optimieren und den Auswirkungsbereich des Rückstaus abzugrenzen (auch als Absicherung gegenüber Dritten). Mit guten Höhenmodellen lassen sich Überstauflächen, die im Zuge der Staumaßnahmen auftreten können und für die Moorvegetation von Nachteil sind, minimieren. Auch sind verlässliche flächenhafte Aussagen (über geostatistische Interpolation der Grundwasseroberfläche und anschließenden Verschnitt mit Höhenmodell oder numerische Modellierung) über den Grundwasserflurabstand nur bei Vorhandensein eines guten Höhenmodells möglich. Des Weiteren lassen sich über detaillierte topographische Informationen Rückschlüsse über die Moorstrukturierung ableiten (KAPFER 2012), ehemalige Verläufe von Quellbächen oder Hauptwasserströmen identifizieren (BAFU 2009) sowie Gräben und Drainagen identifizieren. Ein gutes Höhenmodell lässt sich über terrestrische Vermessung oder Laserscan-Befliegung (LIDARTechnik) generieren, wobei eine Laserscan-Befliegung eine wesentlich höhere räumliche Auflösung ermöglicht. 4.2.2 Terrestrische Vermessung Im Zuge von wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren sind cm-genaue Messungen notwendig. Hier sollte auf die klassischen geodätischen Methoden der Feldvermessung zurückgegriffen werden (Tachymeter oder Nivelliergerät in Kombination mit differenziellem GPS-Gerät), da LaserscanHöhenmodelle diese Höhengenauigkeit nicht erfüllen können (siehe 4.2.3 Laserscan). Auch ist die genaue Einmessung von Pegeln und Wehren nur über eine terrestrische Vermessung möglich. Bei der terrestrischen Vermessung ist die Auswahl eines festen Bezugspunktes erforderlich, dessen Lage und Höhe für eventuelle Nachfolgeuntersuchungen über die nächsten Jahrzehnte stabil sein sollte. Bestenfalls handelt es sich um einen offiziellen Vermessungspunkt, wobei dies für die meisten Fragestellungen nicht zwingend notwendig ist. Die Arbeit mit absoluten Höhen über Normalnull erleichtert jedoch den zukünftigen Umgang mit den Daten. So kann zum Beispiel beim Abgleich mit dem Laserscan-Höhenmodell dessen Qualität leichter beurteilt werden. Die mehrfache Messung der topographischen Höhen an ausgewählten Punkten erlaubt, die Oszillation der Mooroberfläche zu bestimmen. Des Weiteren sind einzelne terrestrische Vermessungspunkte die Grundlage für eine konstante Höhenkorrektur des Laserscanhöhenmodells (siehe 4.2.3 Laserscan). Moorschutz in Deutschland – Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren 4.2.3 -2- Laserscan Höhenmodelle aus LIDAR-Daten (Light Detection And Ranging, engl. für lichtwellenbasierte Detektionsmethode), die in Laserscan-Befliegungen aufgenommen werden, haben sich in den letzten Jahren immer weiter etabliert und bieten äußerst präzise hochaufgelöste Höheninformationen. Dabei wird von einem Flugobjekt die Oberfläche gescannt indem Laserimpulse ausgesendet und deren unterschiedlich schnelle und intensive Reflektionen gemessen werden (Abbildung 1). Die Laserimpulse interagieren mit allen Oberflächen, wie Vegetation, Boden, Gebäude und auch Wasseroberflächen (HÖFLE et al. 2009). Mit der Filterung der Daten über das Last-Pulse-Verfahren wird dabei die Geländeoberfläche herausgefiltert (VETTER 2013). Allgemein verbessert sich die Höhengenauigkeit des Geländemodells mit zunehmender Punktdichte (eine durchschnittliche Dichte beträgt z. B. ca. 10 bis 20 Punkte/m²), da beim Filtern der Vegetation viele Laserpunkte verloren gehen. Generell ist auch eine Anwendung im Wald möglich. Für eine gute Datenqualität sollte die Überfliegung nach dem Laubfall oder unmittelbar vor der Vegetationsphase durchgeführt werden, außerdem sollten keine Schneebedeckung und nur geringe Oberflächenwasseranteile vorliegen. Die Kosten (€/ha) für eine Laserscan-Befliegung variieren stark und hängen u.a. von der überflogenen Gebietsfläche ab. Der Hektarpreis sinkt deutlich mit der überflogenen Fläche aufgrund der meist hohen "Grundgebühr" einer Überfliegung. Das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) bietet eine kooperative Beschaffung von LaserscanningDaten an, die die Kosten einer Laserscan-Befliegung für ein Projekt deutlich reduziert (http://www.lgn.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=31345&article_id=108098&_psma nd=35). In den letzten Jahren hat sich jedoch eine weitere, kostengünstigere Möglichkeit der Erstellung von Luftbildern mittels Drohnen etabliert (200 bis 300€ für 10 bis 20 Aufnahmen). Die anschließende Datenaufbereitung ist vergleichsweise aufwändig. Vorteil dieser Methode ist jedoch die sehr hohe Auflösung (bis unter 15 cm), die dazu geeignet ist, die Oberflächen von terrestrischen Vegetationseinheiten und deren Veränderung (Erosion, Vegetationswechsel) hochaufgelöst darzustellen. Abbildung 1: Höhenmodelle aus Laserscan-Befliegungen: Schematische Darstellung der Datenerhebung. Moorschutz in Deutschland – Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren -3- Bevor eine neue Laserscan-Befliegung für das Projektgebiet in Auftrag gegeben werden sollte, ist es sinnvoll das entsprechende Landesamt für Vermessung zu kontaktieren, da in vielen Ländern bereits flächendeckend nahezu aktuelle Laserscan-Höhenmodelle vorliegen (siehe Abbildung 2). Diese können gegen vergleichsweise geringe Kosten für das Gebiet erworben werden. Übliche LaserscanHöhenmodelle haben eine räumliche Auflösung von 0.5 bis 1 m und bieten eine Höhengenauigkeit von ca. 15 cm (Angaben des LGLN Hannover, TILSNER, 2012). Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die bereits erhältlichen Höhenmodelle die für das Projekt erforderliche Aktualität und räumliche Auflösung liefern. Abbildung 2: Aktuelle Übersicht über die Erfassungsstufen des aktuellen DGM10. Quelle: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Hannover (Stand: Oktober 2014). Wenn die Geländeoberfläche mit der Grundwasseroberfläche verschnitten werden soll, um eine Grundwasserflurabstandskarte zu erhalten, ist unter Umständen eine Offset-Korrektur notwendig. Über terrestrische Vermessungen an mehreren Punkten sollte das Laserscan-Höhenmodell mit konstantem Offset auf die richtige Höhe gezogen werden. Dies kann auch in Abhängigkeit der prinzipiellen Vegetationseinheiten (aus Luftbildern oder Vegetationskartierungen zu entnehmen) differenziert durchgeführt werden wenn genügend Vermessungspunkte vorliegen. Aus eigenen Moorschutz in Deutschland – Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren -4- Erfahrungen am Thünen-Institut kann die für das Projektgebiet spezielle Offset-Korrektur einige 10er cm betragen. Diese Arbeit entfällt üblicherweise wenn eine Laserscan-Befliegung direkt für das Projektgebiet durchgeführt wurde und somit das Laserscan bereits auf die richtige Höhe gebracht wurde. Des Weiteren können mit einem Laserscan-Höhenmodell wichtige Geländepunkte für eine gezielte terrestrische Nachvermessung identifiziert werden (für eine Genauigkeit im cm-Bereich). 4.2.4 Setzen von Festpunkten Befindet sich kein offizieller Vermessungspunkt in der näheren Umgebung, muss, wie oben erwähnt, für die terrestrische Vermessung und die Höhenkorrektur des Laserscans im Gebiet ein neuer Festpunkt gesetzt werden. Seine Stabilität sollte für die nächsten Jahrzehnte gewährleistet sein. Um Einflüsse einer möglicherweise oszillierenden Mooroberfläche auszuschließen, sollte der Festpunkt mit einem stabilen Metallpflock außerhalb des Moors auf dem mineralischen Untergrund oder auch im Moor im mineralischen Untergrund verankert werden. 4.2.5 Regelwerke und weiterführende Literatur BAFU (2009): Regeneration von Hochmooren. Grundlagen und technische Maßnahmen. UV-0918-D. [link] Höfle, B., Vetter, M., Pfeifer, N., Mandlburger, G. & Stötter, J. (2009), Water surface mapping from airborne laser scanning using signal intensity and elevation data. Earth Surface Processes and Landforms 34: 1635– 1649. [link] Kapfer, A. (2012): Nutzung von Laserscan-Befliegung als Planungsgrundlage für Wiedervernässungprojekte am Beispiel Pfrunger-Brugweiler-Ried. Vortrag bei Auftakttagung des BfN Projekts "Moorschutz in Deutschland", 27.-28.2.2012 Braunschweig. Tilsner, A. (2012): 3D-Messdaten. Informationsveranstaltung „3D-Geobasisinformation – die Produkte des LGLN“ am LGLN in Hannover 10. Sep. 2012. [pdf] Vetter, M. (2013): Airborne laser scanning terrain and land cover models as basis for hydrological and hydraulic studies. Dissertation, Wien [pdf] Zitiervorschlag: Bechtold, M. (2015): Topographie. In: Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E., Dettmann, U., Fuchs, D., Frank, S., Gelbrecht, J., Jeuther, B., Laggner, A., Rosinski, E., Leiber-Sauheitl, K., Sachteleben, J., Zak, D. & Drösler, M.: Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren, Braunschweig. URL: http://www.moorschutz-deutschland.de/index.php?id=335 Die Publikation „Instrumente und Indikatoren zur Bewertung von Biodiversität und Ökosystemleistungen von Mooren“ wurde im Rahmen des vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit geförderten F+E-Vorhabens "Moorschutz in Deutschland - Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen" (FKZ: 3511 82 0500) erarbeitet.