Weltfriedenstag 24. Januar 2013 – Wilhelmshaven St. Willehad Gedenktag des hl. Franz von Sales Texte: Eph 3,8‐12; Joh 15, 9‐17 Predigt: Offizial und Weihbischof Heinrich Timmerevers, Vechta Liebe Soldatinnen und Soldaten! Liebe Schwestern und Brüder! I. „Selig, die Frieden stiften!“ – Nicht ohne Grund hat der Papst den diesjährigen Weltfriedenstag unter das Schriftwort „Selig, die Frieden stiften“ gestellt. Unsere Welt braucht Friedensstifter, wir brauchen sie in diesen Tagen besonders in Syrien und Mali, die Nachrichten und Bilder verfolgen uns Tag für Tag! Aber nicht nur dort, wir können die Konfliktherde überall auf dieser Welt aufzählen, Friedensstifter sind gesucht. Weltweiter Terrorismus und ideologische Verblendung, menschenverachtender Kapitalismus, aber auch Angriffe auf die Würde des Menschen und die zunehmende innere Orientierungslosigkeit Vieler sorgen immer wieder dafür, dass das Ordnungsgefüge der Welt und der Frieden gefährdet werden und wir weit entfernt sind von einem friedlichen Zusammenleben der Völker. Selig, die Frieden stiften! Wo sind die Friedensstifter? Wie oft wünschen wir uns, dass mit einer Aktion, mit einem Eingriff, durch ein Machtwort jemand Frieden schafft und bringt! Kommt so Frieden in die Welt? Sind wir, die wir hier versammelt sind und um den Frieden in der Welt beten, sind wir Friedensstifter? Sind Sie Friedensstifter? Sind unsere Soldatinnen und Soldaten Friedensstifter? II. Frieden ist ein zerbrechliches Gut! Er entsteht nicht von selbst. Er muss erarbeitet werden. Frieden entsteht durch aktives Tun. Der heutige Tagesheilige, Franz von Sales, hat es einmal so formuliert: "Jeder von uns muss aber wissen, dass man nicht in einem Frieden bleiben darf, der vom Faulenzen begleitet ist, denn man muss immer kämpfen." „Selig, die Frieden stiften“ heißt es in der Bergpredigt, nicht „Selig, die Friedlichen“ oder „Selig, die Frieden wollen“. Es kann auch übersetzt werden mit „Selig, die Frieden machen“. Zu oft wurde diese Schriftstelle zu schwach oder gar fälschlich verstanden im Sinne eines friedlichen Dabeisitzens, so wie der berühmte Schneider aus Sachsen, der über seinem Geschäft den Spruch anbrachte, der auf seinen Landesfürsten gemünzt war: "Unter deinen Flügeln kann ich ruhig bügeln." Wenn das der Sinn von "Selig, die Frieden stiften“ sein soll, dann ist das eine Verfälschung dessen, was Jesus gemeint hat. Im Urtext heißt es "Frieden stiften", "am Frieden arbeiten". Und das heißt heute: sich einmischen. III. Sich einmischen, damit ist nicht der Mensch angefangen, Gott hat sich eingemischt! In der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus hat Gott sich in diese Welt eingemischt. Dieser Jesus Christus, er ist unser Friede, so lesen wir im Brief an die Epheser (Eph 2,14). Er hat sich eingemischt, mit dem Einsatz seines ganzen Lebens. Wie er es getan hat, das wird uns mit dem Evangelium des heutigen Tages vor Augen geführt: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt“(Joh 15, 12‐13). Wenn wir auf Jesus Christus schauen und uns seine Verkündigung vor Augen führen, sehen wir, mit welcher unendlich großen Liebe er sich den Menschen zugewandt hat, den Kranken, den von der Gemeinschaft Ausgestoßenen, den Sündern. Durch seine Zuwendung, durch sein Erbarmen und durch sein Wort hat er ihnen die Liebe Gottes des Vaters spüren lassen und sie zugleich neu hereingeholt in die Gemeinschaft der Menschen. Er hat Frieden gebracht, den Frieden mit Gott neu gestiftet und alle, die auf ihn hören zu Kindern Gottes gemacht, die in Frieden miteinander leben. Diesen seinen Kindern sagt er: „Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben“ (Joh 15 9‐10). Dieses Bleiben in seiner Liebe ist nicht ein Beharren oder untätig sein, sondern das Wort Jesu aus der Bergpredigt ist die einfache Konsequenz dieses Bleibens: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Töchter und Söhne Gottes genannt werden“ (Mt 5, 9). IV Bleiben in der Liebe Gottes ist die eine Seite der Medaille, Frieden stiften, die andere! Wo es ungerecht zugeht in der Welt, Menschen unterdrückt, bedroht, verfolgt werden und Hunger leiden, gibt es keinen dauerhaften Frieden. Gerechtigkeit schafft Frieden! Gerechtigkeit lässt sich nicht eingrenzen auf ein Land, eine Region, auf einen Kontinent! Wir haben eine Verpflichtung gegenüber der Völkergemeinschaft, uns einzubringen, uns einzumischen, am Frieden zu arbeiten! Das tun unsere Soldatinnen und Soldaten, sie und ihre Angehörigen tragen diese Last. Indem sie gegen Unrecht antreten, Menschrechte verteidigen und mitwirken, die zivile Gesellschaft aufzubauen, beweisen sie sich als Helfer der geschundenen Menschen, als Schützer vor Unterdrückung und Gewalt, sind sie Friedensstifter, weil sie sich einmischen. Wer sich einmischt, der versteckt sich nicht mehr, wer sich einmischt, bleibt nicht anonym. Wer sich einmischt, gibt ein Stück von seinem eigenen Leben in einen Konflikt, in eine Situation hinein. Vielleicht hat man diese Einmischung nicht erwartet, oder sie gerade erbeten. Wer sich einmischt, begibt sich in ein Risiko, gibt etwas von seinem Leben. Und wenn wir heute den Weltfriedenstag begehen, dann dürfen wir die nicht vergessen, die sich nicht nur mit ihrem Leben eingemischt haben, um Frieden zu stiften, sondern die ihr Leben gegeben haben. V. „Selig, die Frieden stiften“, dieses Wort richtet sich nicht nur an unsere Soldatinnen und Soldaten. Es ist an uns alle gerichtet, die wir jetzt hier versammelt sind und miteinander Gottesdienst feiern. Von daher können wir uns fragen, was wir in unserem eigenen Umfeld tun können, um Frieden zu stiften und zur Erhaltung des Friedens beizutragen? Wo ist unser Einmischen gefragt? Vielleicht hören einige schon den Widerspruch: „Das geht dich nichts an“, oder: „Darüber hast du nicht zu befinden“, ein bekannter Spruch in großen wie in kleinen Zusammenhängen. Frieden stiften beginnt nicht irgendwo in der Welt, Frieden stiften beginnt in meinem Leben! Jedoch zunächst kommt es darauf an, mit Gott im Frieden zu sein, seinen Frieden in sich zu tragen, dann wächst mir von ihm her die Kraft zu, Friedensstifter zu werden. Dann wird mir der Mut geschenkt, mich einzumischen, den kleinen Feindseligkeiten des Lebens und des Alltags eine Grenze zu setzen. Daraus wachsen auch der Mut und die Kraft, gegen den Widerspruch „Das geht dich nichts an“ das Wort zu erheben und dazwischen zu sein. Sich einmischen heißt, sich bemerkbar machen, aus der Anonymität herauskommen, die Leute wissen lassen, das ist einer, der sich interessiert – von interesse: dazwischen sein – der, der im Wortsinn mit der Situation nicht zufrieden ist. Wer sich einmischt, versucht zu verändern, und dabei macht er die Erfahrung, dass er oder sie sich selber verändert, aber nur durch solche Einmischung ist Veränderung möglich. Wer Frieden schaffen will, aber nicht bereit ist, sich einzumischen und sich selbst dabei zu ändern, der ist wie das vergrabene Talent, von dem Jesus spricht. Es hilft niemandem und bleibt selbst ungerührt. Diejenigen, die Frieden machen, werden Kinder Gottes. Wir sind also Teilhaber am Frieden schaffenden Wirken Gottes. Wir, die wir uns einmischen können, handeln mit. Wer wie Gott handelt, das heißt wer Frieden herstellt, wird sein Kind genannt. Gott fing an, in der Schöpfung und schließlich in Jesus Christus mit uns zusammen etwas zu bewirken, etwas Neues, das wir Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit nennen. Er fing dieses Reich Gottes an und er bedarf unserer Kooperation, damit dieses Reich Gottes schon heute unter uns Wirklichkeit wird. Weil er sich aber eingemischt hat, darum können wir uns auch einmischen und weiter daran arbeiten. Für den Frieden eintreten, sich einmischen, Partei ergreifen für das Leben, so bauen wir mit am Reich Gottes, das ein Reich des Friedens ist. Wenn wir uns einmischen verweigern wir die Kooperation mit dem Tod und wählen das Leben. VI. Der hl. Franziskus von Assisi hat mit seinem großen Friedensgebet einen nüchternen Blick für unsere spannungsreiche Welt, in der wir Christen als Friedensstifter hineingestellt sind. Er lädt uns ein, uns am Beispiel Jesu auszurichten. Franz von Assisi betet: Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich liebe, wo man hasst; dass ich verzeihe, wo man beleidigt; dass ich verbinde, wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist; dass ich Glauben bringe, wo der Zweifel droht; dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält; dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert; dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt. Herr, lass mich trachten, nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste; nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe; nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. Denn wer sich hingibt, der empfängt; wer sich selbst vergisst, der findet; wer verzeiht, dem wird verziehen; und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. Amen.