Erkrankung durch Clostridien – ein Fallbeispiel Dr. Folke Pfeifer, Tiergesundheitsdienst/TSK Sachsen-Anhalt „Treffpunkt Schaf- und Ziegengesundheit 2015“ Rittergut Limbach , 16.04.2015 Clostridienerkrankungen bei Schaf und Ziege Entero-tox-ämien („Breinierenerkrankung“) – Seuchenhafte Jungtiererkrankung – enzootische / sporadische Form Intoxikationen (Neurotoxinwirkung) Gasödemerkrankungen – Seuchenhafte Clostridiosen – Wundclostridiosen Sehr gute Immunisierung, Wirkung von Impfstoffen Clostridien - Vorkommen und Bedeutung • • • > 4 Mrd. Jahre alt, mehr als 200 Arten, nur wenige pathogen Bodenbewohner, Vermehrung unter Abwesenheit von Sauerstoff verantwortlich für Zersetzung organischer Substanz • • • besitzen zahlreiche Enzyme und Toxine Erde, Humus, Kompost, Klärschlamm, Gewässerschlamm, organ. Dünger: reich an Clostridien Gelangen in den Darm bei Futteraufnahme, Bestandteil der physiologischen Darmflora Clostridien - Vorkommen und Bedeutung • • • • geringes Invasionsvermögen (bleiben am Ort) benötigen nährstoffreiches Substrat (Proteine!) Günstige Umwelt: sehr schnelle Vermehrung (8 min. Generationszeit) Ungünstige Umwelt: Sporenbildung • Sehr resistent gegen Umwelteinflüsse und Desinfektion • Im Boden Jahrzehnte überlebensfähig Clostridienerkrankungen bei Schaf und Ziege Entero-tox-ämien („Breinierenerkrankung“) – Seuchenhafte Jungtiererkrankung – enzootisch / sporadische Form Intoxikationen (Neurotoxinwirkung) Gasödemerkrankungen – Seuchenhafte Clostridiosen – Wundclostridiosen Enterotoxämie: Pathogenese weite Verbreitung, ständige Anwesenheit im Darm: trotz hoher Empfindlichkeit braucht es fast immer: Einflussfaktoren für das Entstehen einer sporadischen/enzootischen Enterotoxämie – Futterwechsel ( mehr Nährstoffe/ Protein) – Überangebot an Stärke/Zucker (Getreide) – Mangel an geeigneter Rohfaser – Störung der Pansen/Darmflora (biolog. Gleichgewicht) – Störung der Darmpassage (lange Transporte) – Stress, Wetterwechsel – Endoparasiten (Kokzidien, Bandwürmer, Rundwürmer) – Bakterielle/virale Darmentzündung Enterotoxämie: Verlauf 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Anwesenheit der Erreger + Einflussfaktoren Schnelle Vermehrung im Dünndarm Enzym- und Toxinbildung Einfluss auf Darmbewegung (Atonie) Nekrose der Dünndarmzotten Erhöhter Durchtritt von Toxinen in Blutbahn Überschwemmung kurze schwere Krankheit, schneller Tod Das kennen Sie vielleicht auch: 1. Es erwischt immer die besten Jungtiere 2. Gute Fresser, kräftige, ranghohe Tiere mit guter Futteraufnahme 3. häufig: wenig Heu, viel Kraftfutter (Getreide, Treber?), neue Gras-Silage, neue Weide, Bandwurmbehandlung geplant usw.…. 4. Sehr schneller Krankheitsverlauf, oft „morgens tot“ 5. Nach dem Tod: auffallend schnelle Aufgasung und Fäulnis und bei Ziegen: Große Bedeutung in Hochleistungsherden (siehe Fütterung) Einflussfaktoren sonst ähnlich Krankheitsverlauf weniger plötzlich häufig: wenige Tage Durchfall, Störung Allgemeinbefinden danach Tod bei Ziegen häufig: Cl. Perfringens Typ A, D und Cl. Sordellii 10-fach-Impfstoff oder bestandsspezifische Vakzine Clostridienerkrankungen bei Schaf und Ziege Entero-tox-ämien („Breinierenerkrankung“) – Seuchenhafte Jungtiererkrankung – enzootisch / sporadische Form Intoxikationen (Neurotoxinwirkung) Gasödemerkrankungen – Seuchenhafte Clostridiosen – Wundclostridiosen Neurotoxin-Vergiftungen: Tetanus – Eintrag von Bakterien in Wunde, Nabel, per Injection, – Toxinbildung und -transport, Toxinwirkung (Nervenlähmung) Neurointoxikation: Botulismus – Orale Aufnahme von Toxinen mit Futter (Silage, Schlamm, Geflügelmist, Wurst/Schinken) – Toxintransport, -wirkung Clostridienerkrankungen bei Schaf und Ziege Entero-tox-ämien („Breinierenerkrankung“) – Seuchenhafte Jungtiererkrankung – enzootisch / sporadische Form Intoxikationen (Neurotoxinwirkung) Gasödemerkrankungen – Seuchenhafte Clostridiosen – Wundclostridiosen Gasödemerkrankungen: Pathogenese Lokale Infektion mit Bakterien (Wunden, Labmagenentzündung, Injektion) Hilfsfaktoren: Quetschung, Gewebszerstörung, Minderdurchblutung, lokale Unterkühlung Extrem schnelle Vermehrung, Toxinbildung – Hemmung Leukozyten – Weitere Gewebszerstörung – Häufig Gasbildung Hohes Fieber, schwerer Verlauf, schneller Tod Gasödemerkrankungen Seuchenhafte Formen – Rauschbrand (anzeigepflichtige Tierseuche !!!, Verbot der Schlachtung und Häutung, Rauschbranddistrikte) – Pararauschbrand (Labmagen-, Wund-, Geburts-) – Malignes Ödem, Deutscher Bradsot „Wund“infektionen Fallbeispiel 14.06.2010 20 plötzlich verendete Mutterschafe morgens auf Weide aufgefunden Symptome: Hautblutungen, Schaum aus Maul und Nase, Kopf/Hals wirkt geschwollen Ca. 5 weitere Tiere mit hohem Fieber und Lahmheit Restliche Herde (ca. 200 Muttern) und Lämmer unauffällig Spurensuche Einsendung zur Sektion !!!! Kriebelmücken ? Blauzungenkrankheit ? Früher ähnliche Verluste (Rauschbrand) ???? Vegetation, Giftpflanzen ??? Vorangegangene Maßnahmen ? Vorangegangene Maßnahmen Wurmkur: Samstag 12.Juni 2010 Beginn: vormittags, gegen 16.00 einsetzender Regen, Ende: später Nachmittag Mutterschafe: Levamisol Lämmer: Cydectin Nur Mutterschafe betroffen (10 %) Entwurmen mit Levamisol nur gegen Rundwürmer Vergiftungserscheinungen bei Überdosierung (kein Fieber, keine Lahmheit…) – Verabreichung als Drench (Ripercol®, ins Maul) – Per Injektion (Citarin®, Concurat®) Hier: per Injektion – durch den Tierhalter selbst – Trotz einsetzendem Regen weitergemacht Untersuchung von 2 Schafen am LAV in Stendal Pathologische Untersuchung: - guter Ernährungs- und Pflegezustand - fortgeschrittene Autolyse - Ansammlung von blutiger Flüssigkeit und Gas (Ödem und Emphysem) in Unterhaut, Fettgewebe, Muskulatur der seitlichen Brustwand bis Unterarm Untersuchung von 2 Schafen am LAV in Stendal Bakteriologische Untersuchung: Nachweis von Clostridium septicum in Unterhaut und Muskulatur Diagnose: malignes Ödem (Pararauschbrand) Malignes Ödem, Gasödemerkrankung, Pararauschbrand Eintragsquelle: Verletzung, Kupier-, Scherwunden, oder auch wie hier: Injektion Erreger weit verbreitet in oberen Erdschichten (Cl. septicum, novyi, perfringens, sordellii) Anwesenheit der Erreger vermutlich zunächst zufällig Vervielfältigung durch Einsetzender Regen Kaum Kanülenwechsel ?? Diskussion Behandlung schwer erkrankter Schafe kaum sinnvoll Immunprophylaxe (polyvalente ClostridienVakzine) möglich, kam aber hier zu spät, Herde wird seitdem geimpft ! tierärztliches Handwerk besser dem Fachmann überlassen (z.B. Levamisol-Überdosis, Footvax-Vakzine) ? Haftpflicht des TA hätte Schafe ersetzt… Sorgfalt und Hygiene im Umgang mit (Massen)Injektionen und anderen invasiven Prozessen !!! Vielen Dank !