27 KAPITEL C Spin-Bahn-Magnetismus 1. Magnetisches Moment und Bahnbewegung a) Was ist Spin-Bahn-Magnetismus? In der bisherigen Betrachtung wurde die magnetische Wechselwirkung außer Betracht gelassen. Eine kreisende elektrische Ladung erzeugt aber einen Dipol. Wenn wir das magnetische Dipolmoment mit µ bezeichnen, wird durch ein äußeres Feld B auf ihn ein Drehmoment M0 = µ × B ausgeübt und eine potentielle Energie W magn = µ • B erzeugt. Hierdurch ergibt sich eine Beeinflussung der Energieterme in einem äußeren Magnetfeld, die im Zeeman-Effekt beschrieben wird. Es zeigt sich, daß das Elektron neben dem mit dem Bahndrehimpuls verknüpften magnetischen Moment µl ein mit dem Spin (im klassischen Bild der Drehung um den eigenen Schwerpunkt) verknüpftes magnetisches Moment µs besitzt. Dieses wechselwirkt mit µl. Man sieht klassisch sofort ein, daß die Energie eines Systems von zwei Dipolen von der gegenseitigen Ausrichtung abhängt. Da diese Ausrichtung gequantelt ist, ergibt sich eine Aufspaltung in eine endliche Anzahl von Niveaus, bei einem Leuchtelektron in zwei Niveaus. Diese Aufspaltung, die also ohne äußeres Magnetfeld vorhanden ist, nennt man Feinstruktur. Abb. 15: Die Gesamtenergie eines Systems von Magneten hängt von der gegenseitigen Ausrichtung ab b) Magnetisches Moment eines kreisenden Elektrons Auf eine Drahtschleife im Magnetfeld wird ein Drehmoment Mp = I A x B ausgeübt, wobei der Vektor A als Betrag die Fläche der Stromschleife und als Richtung die Richtung der Flächennormalen der Stromschleife besitzt. Analog zum elektrischen Dipol, bei dem Mp = p x E ist, nennt man daher µ=I•A 28 das magnetische Dipolmoment der Stromschleife. Für ein kreisendes Elektron der Ladung -e0 ist I = −νe 0 = − ω e 0 = − v e 0 2π 2πr 1 2 µ = πr I = − rve 0 2 Da der Drehimpuls der Bahn l = mevr ist und l in Richtung der Flächennormalen liegt ergibt sich e µ = − 1 m0 l 2 c) Das gyromagnetische Verhältnis Man schreibt allgemein µ = −γl und nennt γ das gyromagnetische Verhältnis. Hier ist e γ = 1 m0 2 Für l = h ist µ= e0 h/ = µ B = 9 ⋅ 10 −24 Am 2 2m das Bohrsche Magneton. Mißt man µ in Einheiten von µB und l in Einheiten von h, nennt man das Verhältnis µ'/l' den Landéschen g-Faktor. Dieser ist also ein Maß für das gyromagnetische Verhältnis in dimensionsloser Form. g= µ/µ B l/h/ µ/µ B da µ = µ B l , ist = 1 für die Bahnbewegung. g läßt sich direkt über den Einstein-deh/ l/h/ Haas-Effekt oder spektroskopisch gewinnen. 29 2. Der Spin des Elektrons a) Stern-Gerlach Versuch Abb.16: Stern - Gerlach Versuch Im Stern-Gerlach Versuch führt man einen Atomstrahl durch ein inhomogenes magnetisches Feld. Im klassischen Bild erfahren Atome mit einem magnetischen Moment eine seitliche Ablenkung, die von der Ausrichtung des magnetischen Momentes relativ zum Magnetfeld abhängt. Wenn wir uns vorstellen, das magnetische Moment rühre von einer Bahnbewegung von Elektronen im Atom her, ergibt sich die Richtungsquantelung von µ aus der Quantelung der z-Komponente des Drehimpulses (z ist die Richtung von B). Lz = mh mit m = 0, ±1, ±2,...±l Die Gesamtzahl von möglichen Einstellungen ist also 2l + 1. Dies erlaubt die Bestimmung von l durch Abzählen der unterschiedlichen Ablenkungswinkel im Stern-Gerlach Versuch. Der ursprüngliche Stern-Gerlach Versuch wurde mit Silberatomen durchgeführt. Er zeigte eine Aufspaltung in zwei Teilstrahlen, d.h. einen Drehimpuls sh mit 2 s + 1 = 2 s = 1/2 h Für die Deutung muß man wissen, daß Silber, wie aus dem Spektrum bekannt ist, ein s-Niveau als Grundzustand besitzt. D.h. l = 0 und mit der Bahnbewegung des Leuchtelektrons ist kein magnetisches Moment verbunden. Der Rumpf hat immer einen Gesamtdrehimpuls l = 0. Der gemessene Drehimpuls 1/2 h wird dem Spin zugeordnet, der im klassischen Bild der Eigenrotation des Elektrons um den Schwerpunkt entspricht. b) Landé-Faktor des Spins Wie der Einstein-de Haas-Versuch zeigt, ist mit dem Spin des Elektrons ein Landé-Faktor 2 verbunden. Klassisch würde man g = 1 erwarten, wenn die Ladung an die Masse gebunden ist. Man spricht deshalb vom anomalen gyromagnetischen Verhältnis. Die Dirac-Theorie sagt g = 2 für den Spin voraus. Präzisionsmessungen an einzelnen Elektronen in Teilchenfallen ergeben eine geringfügige Abweichung von 2 g = 2,0023 Man interessiert sich für den genauen Wert von g, da die Abweichung von 2 durch Effekte der Quantenelektrodynamik erzeugt werden. 30 c) Aufbau der Elektronenhülle Der vollständige Satz von Quantenzahlen für ein Elektron in einem Atom ist n, l, ml, ms. Dabei kann n die Werte n = 1,2,3,... annehmen. Von Elektronen mit n = 1,2,3,... sagt man, sie befinden sich in der K, L, M, ... Schale. l charakterisiert die Unterschalen und hat die Werte l = 0, 1, ..., n - 1. ml beschreibt die Richtung von l gegenüber einer Vorzugsrichtung, z.B. einem äußeren Feld oder einer Molekülachse. ml nimmt die Werte -l bis +l an. ms gibt die Ausrichtung des Spins an und hat die Werte ±1/2. In einem Mehrelektronensystem ändert sich für das einzelne Elektron das Potential und damit die Wellenfunktion. Die Wellenfunktion behält aber ihre Symmetrie bei und kann nach wie vor durch die gleichen Quantenzahlen beschrieben werden. Schreitet man im periodischen System vom Wasserstoff zu den schwereren Elementen vor, indem man dem Proton des HKerns weitere Protonen (und Neutronen) und die gleiche Anzahl Elektronen in der Hülle zufügt, so werden alle möglichen Zustände von tieferen Energien her aufgefüllt. Dabei können nach dem Pauliprinzip Zustände jeweils nur von einem Elektron besetzt werden. In seiner einfachsten Form besagt das Pauliprinzip, daß sich in einem Atom zwei Elektronen nur in Zuständen befinden können, die sich mindestens in einer Quantenzahl unterscheiden. Es folgt ursprünglich aus spektroskopischen Beobachtungen, hat sich aber als universell für Teilchen mit halbzahligen Spin erwiesen. Tabelle IV: Aufbau der Elektronenhülle der Elemente im periodischen System Quantenmechanisch drückt man das Pauliprinzip durch eine Symmerieforderung an die Wellenfunktion mehrerer identischer Teilchen mit Spin 1/2 aus: ψ(1, 2, ...) muß antisymmetrisch gegenüber Vertauschung der Teilchen sein. Löst man die Wellenfunktion für mehrere identische Teilchen in einem Potential, so muß, da ψ2 die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beschreibt ψ 2 (1, 2) = ψ 2 (2, 1) d.h. ψ(1, 2) = ψ(2, 1) oder ψ(1, 2) = −ψ(1, 2) (2.1) Nur der antisymmetrische Fall erfüllt das Pauliprinzip, da Gleichung 2.1 nur erfüllbar ist, wenn ψ bei einem identischen Satz von Quantenzahlen für die beiden Elektronen verschwindet. 31 3. Spin-Bahn-Kopplung a) Einleitung Ähnlich wie im Stern-Gerlach-Versuch verschiedene Einstellmöglichkeiten des Elektronenspins zu einem Magnetfeld bestehen, können auch in der Atomhülle die Spins der Elektronen relativ zu den inneren Magnetfeldern der Hülle unterschiedlich ausgerichtet sein und dadurch einen Beitrag zur Energie des Zustandes liefern. Um die hiermit verbundene Energie zu berechnen, greifen wir ein Elektron heraus, das im klassischen Bild im elektrostatischen Feld des Kerns kreist. Nach den Regeln der Elektrodynamik ist mit der Bewegung im elektrostatischen Feld E ein Magnetfeld B v = − 12 (v × E) c verbunden. Man kann sich die Entstehung dieses Feldes veranschaulichen, indem man sich ins Bezugssystem des Elektrons setzt. Der positiv geladene Kern umkreis dann das Elektron und erzeugt an dessen Ort ein magnetisches Feld. b) Die Addition von l und s Bei Vorliegen einer Vorzugsrichtung z gibt es für ein System mit einem Drehimpuls l 2l + 1 Zustände. Diese veranschaulicht man sich mit dem Vektormodell, indem man sie sich als die 2l + 1 möglichen Ausrichtungen des Drehimpulses relativ zu der Vorzugsrichtung vorstellt, die dadurch entstehen, daß die lz ganzzahlige Differenzen aufweisen. Bei einem Spin mit s = 1/2 gibt es im allgemeinen also 2s + 1 = 2 Möglichkeiten der Einstellung, d.h. Doubletts mit den Gesamtdrehimpulsquantenzahlen j = l ± 1/2. Nur für l = 0, d.h. S-Terme existiert keine Vorzugsrichtung gegenüber der s sich einstellen könnte. S-Terme zeigen also keine Feinstruktur. Für einen P-Term mit l = 1, s = 1/2 gibt es also die zwei Möglichkeiten 2P1/2, 2P3/2 mit der Termbezeichnung 2s +1Lj. s und j können also halbzahlige Werte annehmen, ∆j ist immer ganzzahlig. c) Die Energie der Aufspaltung Eine zusätzliche potentielle Energie des Spin-Dipols ist ∆W = µ • B v 1 mit B v = − 2 (v × E) und E = Ze 3 r erhält man c 4πε 0 r 32 −Ze (v × r) 4πε 0 c 2 r 3 v x r kann man durch den Drehimpuls ersetzen Bv = also Bv = l = −mv×r Ze l 4πε 0 c 2 m e r 3 Durch Mittelung mit der Wellenfunktion ψl,n,m erhält man 1 r3 3 ∼ Z 3 men Da B ~ l und µs ~ s wird ∆ · W = µ · B = as · l. Die klassische Berechnung liefert hier einen Fehler von genau einem Faktor 2, dem Thomasfaktor, der durch eine relativistische Betrachtung beseitigt werden kann. Z ist die Kernladungszahl. ∆W nimmt also mit wachsendem n ab und mit wachsendem Z zu. Bei Wasserstoff ist die Feinstruktur nur schwer beobachtbar. In Na ist sie mit einfachen Mitteln auflösbar (589,0 589,6). In Cs ist der Abstand einzelner Doublettkomponenten über 40 nm entfernt (894 nm 852 nm). s · l läßt sich durch den Kosinussatz in die entsprechenden Quantenzahlen umschreiben. (s + l) 2 = s 2 + l 2 + 2l • s → l • s = 1 (j 2 − s 2 − l 2 ) 2 W = a [j(j + 1) − s(s + 1) − l(l + 1)] 2 In Doubletts von Alkalimetallen hat man s = 1, j = l ± 1 2 2 W + = a l + 1 l + 3 − 1 3 − l(l + 1) = a l 2 + 2l + 3 − 3 − l 2 − l = a l 2 2 2 2 2 22 4 4 W − = a l − 1 l + 1 − 3 − l 2 − l = a l 2 − 1 − 3 − l 2 − l = − a (l + 1) 2 2 2 2 4 4 2 4 Wir merken uns, daß die Aufspaltung mit steigendem l wächst und daß im allgemeinen in ei- Abb. 17: Die Feinstruktur in Einelektronensystemen nem Doublett der Term mit dem größeren j die höhere Energie besitzt. 33 d) Multipletts der Alkalimetalle Das Spektrum ergibt sich aus der Aufspaltung des oberen und unteren Terms und den Auswahlregeln. Die Auswahlregeln stellen zunächst Erfahrungssätze dar, können aber quantenmechanisch begründet werden. (s. Kap.F). Für Einelektronensysteme heißen sie ∆l = ±1 ∆j = 0, ±1 (wobei der Übergang von j= 0 nach j = 0 immer verboten ist), d.h. nur solche Übergänge werden beobachtet, für die die Auswahlregeln gelten. Die Auswahlregel ∆l = ±1 beinhaltet anschaulich, daß sich beim Übergang der Drehimpuls des Elektrons um den des ausgesandten Photons ändert. Abb. 18 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten der Termanordnung im Einelektronensystem und das resultierende Spektrum. Abb. 18: Erlaubte Übergänge in den Serien der Alkalimetalle und dazugehörige Spektren e) Intensitätsregeln Die Intensitäten der Linien innerhalb eines Multipletts ergeben sich für die Linien, die die Auswahlregeln erlauben, im wesentlichen aus den statistischen Gewichten. Sie werden in den Regeln von Burger und Dorgelo, auch Summenregeln genannt, zusammengefaßt: Die Summe der Intensitäten aller Linien in einem Multiplett, die von einem gemeinsamen Anfangsniveau ausgehen (auf einem gemeinsamen Niveau enden), zu der Summe der Intensitäten aller Linien, die von einem anderen gemeinsamen Niveau ausgehen, (auf einem anderen enden) ist proportional zu den statistischen Gewichten dieser Niveaus Das statistische Gewicht ist dabei durch den Entartungsgrad der Niveaus gegeben: g = 2J + 1 Als Beispiel wird ein Übergang S→P 34 betrachtet. Der P-Term spaltet auf in 2P3/2 und 2P1/2 mit den statistischen Gewichten g = 4 und g = 2. Das Intensitätsverhältnis ist hier also einfach gleich dem Verhältnis der statischen Gewichte I1 : I2 = 2 : 1. Bei einem Übergang P → D sind die Verhältnisse in Tabelle V dargestellt. Tabelle V: Anwendung der Summenregeln X, Y, Z sind die unbekannten Intensitäten. Sie ergeben sich aus den Summenregeln X = 6, X + Y = 4 Y+Z 4 Z 2 Sucht man die kleinsten ganzen Zahlen, die diese Gleichungen erfüllen, erhält man X:Y:Z=9:1:5 f) Feinstruktur des Wasserstoffs Im Wasserstoff ist die Feinstrukturaufspaltung ∆We,s = as · l so gering, daß sie von der gleichen Größenordnung wie die relativistische Korrektur durch die Massenvergrößerung bei hohen Geschwindigkeiten ∆Wrel ist. Wn,l,j = Wn,l + ∆Wrel + ∆Wl,s Berücksichtigt man beide Effekte, so erhält man mit 2 2 ∆W FS = ∆Wrel + ∆W l,s = Rα 2Z n − 3 n j + 1/2 4 2 (Feinstrukturkonstante) α= e 4πε 0 h/ c Die Formel unterscheidet sich von der Sommerfeldschen Formel dadurch, daß l durch j ersetzt ist. Es ergibt sich also eine Aufspaltung, die unabhängig von l ist (Abb. 19). Abb. 19: Feinstruktur beim Wasserstoff 35 Eine genaue experimentelle Analyse der Feinstruktur wurde durch Lamb und Retherford 1947 vorgenommen. Abb. 20: Versuch von Lamb und Retherford Die Mikrowellenfrequenz wird variiert. In der Resonanz des Übergangs 22S1/2 - 22P3/2 nimmt die Anzahl der metastabilen Atome im Atomstrahl ab (nachgewiesen durch die abgegebene Energie an der Metalloberfläche). Gleichzeitig nimmt die Intensität von Lα ab. Die LambVerschiebung kann mit Hilfe der Quantenelektrodynamik berechnet werden. Sie ist von der Größe ∆ν = 0,035 cm-1 36 4. Kopplung in Mehrelektronensystemen a) Einleitung Bei mehreren Elektronen muß man außer den besprochenen Kräften der Spin-Bahn Kopplung, Kräfte zwischen den Spins und den Bahndrehimpulsen der einzelnen Elektronen berücksichtigen. Da die Kräfteverhältnisse unterschiedlich sein können, ergeben sich unterschiedliche Kopplungsmöglichkeiten. Von diesen sind zwei Grenzfälle besonders einfach: α) Die Spin-Bahn-Kopplung ist schwach gegenüber der Spin-Spin bzw. Bahn-Bahn Kopplung. Da ∆W~Z4/mn4, ist dies besonders bei Atomen mit kleiner Kernladungszahl, also leichten Atomen der Fall. Diese Kopplungsart nennt man Russel-Saunders oder LS Kopplung. β) Die Spin-Bahnkopplung ist stark. Diesen Fall nennt man jj-Kopplung. Sie gilt für schwerere Atome (Atome großer Kernladungszahl Z). b) Die LS-Kopplung Bei der LS-Kopplung addieren sich zunächst die Spins der Einzelelektronen zu einem Gesamtspin S = Σ si Die Spins werden dabei algebraisch addiert, d.h. für jedes Elektron wird 1/2 zugezählt oder abgezogen, so daß der Gesamtspin positiv ist. Bei 4 Elektronen kann S also die Werte 0, 1, 2 annehmen. Ebenso addieren sich die Bahndrehimpulse zu einem Gesamtbahndrehimpuls L = Σ li Die Addition erfolgt hier vektoriell, d.h. die 2l + 1 Einstellmöglichkeiten werden berücksichtigt. L und S addieren sich dann vektoriell zum Gesamtdrehimpuls J J = L + S, Abb. 21: Addition von l und s wobei J immer nur positive Werte annimmt. 37 Als Beispiel wird das Zweielektronensystem Helium besprochen. Helium hat im Grundzustand die Elektronenkonfiguration (1s)2. Wie He verhalten sich die Elemente der zweiten Gruppe des periodischen Systems Be, Mg, Ca, Sr, Ba und der zweiten Nebengruppe: Zn, Cd, Hg. Die Kombination der Spins ergibt S = 1/2-1/2 = 0 und S = 1/2+1/2 = 1. Im ersten Fall hat man die Multiplizität 2 S+1 = 1, d.h. ein System von Singulett-Termen, im zweiten Fall 2 S+1 = 3, also ein System von Triplett-Termen. Da Übergänge, bei denen gleichzeitig der Spin umklappt, sehr selten sind, hat man in den meisten Systemen eine relativ rigorose Auswahlregel ∆S = 0, d.h. es finden praktisch keine Übergänge zwischen Termen des Triplett- und des Singulettsystems statt. Ursprünglich vermutete man zwei verschiedene Sorten Heliums. Die S-Terme sind auch im Triplettsystem nicht gespalten. Das Termschema des He ist in Abb. 22 wiedergegeben. Abb. 22: Termschema des HeI Auffällig ist, daß es zwar einen 11S Term, aber keinen 13S Term gibt. Dieses Phänomen und viele andere in der Atom- und Molekülspektroskopie haben zur Formulierung des Pauliprinzips geführt. Es besagt hier, daß es keine zwei Elektronen geben kann, bei denen alle Quantenzahlen gleich sind. Die Quantenzahlen der beiden Zustände wären: 1 1 S : n 1 = 1, n 2 = !, s 1 = 1 , s 2 = − 1 , l 1 = 0, l 2 = 0 2 2 . 1 3 1 S : n 1 = 1, n 2 = 1, s 1 = , s 2 = + 1 , l 1 = 0, l 2 = 0 2 2 Im 13S Zustand wären alle 4 Quantenzahlen der beiden Elektronen identisch, was nach dem Pauliprinzip verboten ist. Dieser Zustand kommt also nicht vor. Als Beispiel für ein Dreielektronensystem wird das Termschema von NI besprochen. NI hat im Grundzustand die Konfiguration (1s)2 (2s)2 (2p)3. Ähnlich verhalten sich Elemente der Gruppe Vb der periodischen Systeme wie P, As, Sb, Bi Bei der Addition der Spins gibt es zwei Möglichkeiten 38 Abb.21: Addition der Spins bei drei Elektronen Man beachte: Die Spins addieren sich nur kollinear, d.h. die Möglichkeit mit S = 1 existiert nicht. Der Grundzustand ist ein 4S3/2-Zustand, der nicht aufspaltet. 4P-Terme bestehen nur aus 3 Mitgliedern j = 5/2, 3/2, 1/2. Andere Terme mit j ≥ 0 gibt es nicht bei L = 1. Allgemein gilt, daß ein Term nur dann die maximale Anzahl von Feinstrukturelementen enthält, wenn L ≥ S. Wegen der kollinearen Addition der Spins erhält man bei einer geradzahligen Anzahl von Elektronen ungeradzahlige Multiplizität und bei einer ungeradzahligen Anzahl geradzahlige Multiplizität. Schreitet man daher im Periodensystem von Element zu Element fort, so erhält man abwechselnd geradzahlige und ungeradzahlige Multiplizitäten. c) jj-Kopplung Bei der jj-Kopplung addiert man zunächst s und j für jedes Elektron si + li = ji und addiert dann die Gesamtdrehimpulse jedes Elektrons zum Gesamtdrehimpuls des gesamten Systems. Σ ji = J Der Gesamtbahndrehimpuls L ist nicht mehr definiert. Als Beispiel wird Blei mit Z = 82 betrachtet. Blei hat im Grundzustand die Elektronenkonfiguration ( )6p 7s Die Quantenzahlen der äußeren Elektronen sind also l1 = 1, l2 = 0, s1 = 1/2, s2 = 1/2 Es ergeben sich folgende Terme j1 = l1+s1 = 3/2 j2 = l2+s2 = 1/2 mit den Kombinationen J = 2 und J = 1 Bezeichnung (3/2,1/2)2, (3/2, 1/2)1 j1 = l1 - s1 = 1/2 j2 = l2 + s2 = 1/2 mit den Kombinationen J = 1 und J = 0 Bezeichnung (1/2, 1/2)1 und (1/2, 1/2)0