Bose-Einstein-Kondensation in magnetischen und

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ABCDE
Bose-Einstein-Kondensation
in magnetischen und optischen Fallen
Diplomarbeit im
Studiengang Diplom-Physik
vorgelegt von:
Jens Harting
Betreuender Gutachter:
Zweiter Gutachter:
Prof. Dr. Dr. Eberhard R. Hilf
Prof. Dr. Alexander Rauh
Oldenburg, 10. Februar 1999
Inhaltsverzeichnis
1
Ein Bild geht um die Welt...
1
2
Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
2.1 Verschiedene Ansätze zur quantenstatistischen Beschreibung thermodynamischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Mikrokanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Kanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Großkanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Die Bose-Einstein-Kondensation im großkanonischen Ensemble . . . . .
2.3 Thermodynamische Eigenschaften von flüssigem Helium . . . . . . . . .
2.3.1 4 He . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 3 He . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Wechselwirkende Quantengase in harmonischen Fallen . . . . . . . . . .
2.4.1 Die Gross-Pitaevskii-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Auswirkungen auf thermodynamische Eigenschaften . . . . . . .
5
3 Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
3.1 Ein älterer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Die neue Rekursionsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Andere Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Anwendung auf Helium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Die spezifische Wärme CV (T ) . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Grundzustandsfluktuationen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
4.1 Doppler - Kühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 “Optischer Sirup” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Sisyphuskühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Optische Fallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Magnetische Fallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Verdampfungskühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Magneto-optische Fallen (MOT) . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.1 Exkurs: Penning- und Paul-Trap . . . . . . . . . . .
4.7.2 TOP Trap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.3 Permanent Magnet Trap . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.4 Cloverleaf Trap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.8 Dichtebestimmung in der Atomwolke . . . . . . . . . . . .
I
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II
INHALTSVERZEICHNIS
5
6
4.9 Neueste experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . .
4.10 Anwendungen neben der Bose-Einstein-Kondensation
4.10.1 Atomoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.2 Hochauflösende Spektroskopie . . . . . . . . .
4.10.3 Atomuhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.4 Ultrakalte Kollisionen . . . . . . . . . . . . .
4.10.5 Optische Pinzetten . . . . . . . . . . . . . . .
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60
Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
5.1 Eigenschaften der Falle . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Bestimmung der kritischen Temperatur Tc . . . .
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle . .
5.4 Zeitentwicklung eines Bose-Einstein Kondensats
5.5 Vergleich mit dem Experiment . . . . . . . . . .
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Zusammenfassung und Ausblick
81
A Dreidimensionale Potentiale
A.1 Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . .
A.2 Box . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.2.1 Spezialfall Würfel . . . . . . . . . .
A.3 Harte Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.4 Harte Hohlkugel . . . . . . . . . . . . . . . .
A.5 Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.6 Zylinder mit periodischen Randbedingungen .
A.7 Hohlzylinder . . . . . . . . . . . . . . . . .
B Beschreibung der verwendeten Programme
B.1 Hauptprogramme . . . . . . . . . . . . .
B.1.1 recur98occup.f . . . . . . . . . .
B.1.2 Potentiale und Energieeigenwerte
B.1.3 howave.f und howavet.f . . . . .
B.2 Hilfsskripte und -programme . . . . . . .
B.2.1 Sortierprogramme . . . . . . . .
B.2.2 Shell-Skripte . . . . . . . . . . .
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102
102
102
103
C Artikel
105
D Erklärung des Inhalts der CD-Rom
111
E Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
113
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
E.2 Zeitabhängige Sequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Abbildungsverzeichnis
1.1
Geschwindigkeitsverteilung eines der ersten Bose-Einstein-Kondensate für
verschiedene Temperaturen [29]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Graphische Darstellung der Funktion g3/2 (z). . . .
Die mittlere Besetzungszahl des Grundzustandes. .
P ,T -Phasendiagramm von 4 He. . . . . . . . . . .
Energiespektrum aus Phononen- und Rotonenanteil.
P ,T -Phasendiagramm von 3 He . . . . . . . . . . .
3.1
Zu den betrachteten Potentialen gehören Kugeln, Boxen und Zylinder und
für die zugehörigen Hohlkörper gilt λ = r/r2 (Kugel) und λ = d/d2 (Zylinder).
Die Entartung σ der Energieeigenwerte eines Zylinders mit 10000 Teilchen.
Die spezifische Wärme pro Teilchen für verschiedene Körper und N=100,
1000 und 10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die spezifische Wärme für verschiedene Zylinder, Hohlzylinder und Hohlkugeln mit N=10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die spezifische Wärme für unterschiedlich deformierte Hohlzylinder und
N=10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grundzustandsfluktuation pro Teilchen für verschiedene Körper und
N=100, 1000 und 10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grundzustandsfluktuation für verschiedene Zylinder, Hohlzylinder und
Hohlkugeln mit N=10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grundzustandsfluktuationen für unterschiedlich deformierte Hohlzylinder
und N=10000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Relative Grundzustandsfluktuationen für unterschiedlich deformierte Quader und N=1000, beziehungsweise N=10000 Teilchen. . . . . . . . . . . .
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
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Die Absorption eines Photons mit dem Impuls p = ~k (oben) regt ein
Atom mit der Geschwindigkeit v0 an und bewirkt eine Abbremsung um
~k/m auf v = v0 − ~k/m (rechts). Durch den Übergang in den Grundzustand wird die aufgenommene Energie in Form eines spontan emittierten
Photons abgegeben (links). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ablenkung eines Atomstrahls mit Laserlicht. . . . . . . . . . . . . . . .
Ablenkung eines Atomstrahls mit konvergentem Laserlicht. . . . . . . . .
Geschwindigkeitsverteilung eines Atomstrahls vor und nach der Wechselwirkung mit Laserlicht einer festen Frequenz. . . . . . . . . . . . . . . .
Geschwindigkeitsverteilung eines Atomstrahls vor und nach der Wechselwirkung mit Laserlicht einer kontinuierlich kleiner werdenden Frequenz. .
III
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1
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. 40
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. 42
. 43
IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
4.12
4.13
4.14
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
E.1
E.2
E.3
E.4
E.5
E.6
E.7
Anordnung der Laser zur Erzeugung eines “optischen Sirups”: Sechs Laser
werden aus verschiedenen Richtungen auf eine Wolke aus Atomen gerichtet.
Zwei gegeneinander ausgerichtete Laser üben eine geschwindigkeitsabhängige Kraft auf ein sich mit der Geschwindigkeit v bewegendes Teilchen
aus. Die dicke Kurve zeigt die resultierende Kraft aus den von jedem einzelnen Laser ausgeübten Kräften (dünn). . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einfachstes mögliches Niveauschema für Sisyphus-Kühlung (a). Die
Dicke der Pfeile gibt die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs an. Durch
Absorptions- und Emissionsvorgänge ist der Wechsel in ein anderes Grundzustandsniveau möglich (b). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Durch die Verschiebung der Grundzustandsniveaus sinkt die potentielle
Energie der Atome durch Absorptions- und Emissionsprozesse, da die
Energie des emittierten Photons größer ist als die des absorbierten. . . . . .
Eindimensionale Strahlungsdruckfalle aus zwei gegenüberliegenden divergenten Lasern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schematische Darstellung der Penning-Falle (nach [123]). . . . . . . . . .
Schematische Darstellung der TOP-Falle (nach [4]). Die großen horizontal
angebrachten Spulen erzeugen das Anti-Helmholtz-Feld und die kleinen
vertikal installierten sind für das rotierende Feld verantwortlich. . . . . . .
Atomfalle mit Permanentmagneten in Ioffe-Pritchard-Konfiguration (aus
[119]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schematische Darstellung der Kleeblatt-Falle. . . . . . . . . . . . . . . . .
Die spezifische Wärme in der TOP-Falle für 2000, 10000, 20000 und
100000 Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei T =3,0·10−9, 1,0·10−8, 4,0·10−8 und 5,5·10−8 Kelvin. . . . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 10000
Teilchen bei T =1,0·10−8, 4,0·10−8, 8,0·10−8 und 1,0·10−7 Kelvin. . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 20000
Teilchen bei T =1,0·10−8, 4,0·10−8, 8,0·10−8 und 1,0·10−7 Kelvin. . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 100000
Teilchen bei T =1,0·10−8, 8,0·10−8, 1,6·10−7 und 2,1·10−7 Kelvin. . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der zeitabhängigen Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei T =1,0·10−8 Kelvin und t=1,0·10−11 , 2,0·10−10,
9,0·10−5 und 1,0·10−3 Sekunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lineare und logarithmische Darstellung der zeitabhängigen Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei T =4,5·10−8 Kelvin und t=1,0·10−11 , 2,0·10−10,
9,0·10−5 und 1,0·10−3 Sekunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen. . . . . .
Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen. .
Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 10000 Teilchen. . . . . .
Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 10000 Teilchen.
Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 20000 Teilchen. . . . . .
Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 20000 Teilchen.
Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 100000 Teilchen. . . . .
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114
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117
118
119
120
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
E.8 Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 100000 Teilchen. . .
E.9 Lineare zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen
bei 1.0e-8 Kelvin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E.10 Lineare zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen
bei 1.0e-8 Kelvin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E.11 Logarithmische zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000
Teilchen bei 1.0e-8 Kelvin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E.12 Logarithmische zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000
Teilchen bei 1.0e-8 Kelvin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
. 121
. 122
. 123
. 124
. 125
1
Ein Bild geht um die Welt...
Im Frühjahr 1995 beendete der von amerikanischen Physikern in der Zeitschrift “Nature”
veröffentlichte Artikel mit dem Titel “Observation of Bose-Einstein Condensation in a Dilute Atomic Vapor” einen jahrelangen Wettlauf um die Erzeugung des ersten atomaren
Bose-Einstein-Kondensats [4]. Einer Forschungsgruppe aus Boulder (Colorado) war es gelungen, in einer neuartigen Falle für neutrale Teilchen etwa zweitausend 87 Rb Atome auf
einige hundert Nanokelvin herunterzukühlen. Bei solchen tiefen Temperaturen und entsprechendem Druck kann ein bereits 1925 von Albert Einstein für ein ideales Gas vorhergesagter Effekt eintreten: Teilchen mit ganzzahligem Gesamtspin kondensieren in einen
gemeinsamen Quantenzustand. Das bedeutet, daß jedes Teilchen dieselben physikalischen
Eigenschaften besitzt, insbesondere identische Orte und Geschwindigkeiten [39].
Abbildung 1.1: Geschwindigkeitsverteilung eines der ersten Bose-Einstein-Kondensate für verschiedene Temperaturen [29].
Albert Einstein veröffentlichte seine theoretischen Ideen aufgrund von Vorüberlegungen
des indischen Physikers Satyendra Nath Bose [16], mit dem er zu jener Zeit einen regen
Briefwechsel zu diesem Thema führte. Bei zwei Treffen in Paris und der Schweiz hatten
Einstein und Bose Gelegenheit ihre Kontakte zu vertiefen [65].
Wegen der interatomaren van-der-Waals-Wechselwirkungen erschien die experimentelle
1
2
Kapitel 1. Ein Bild geht um die Welt...
Beobachtung dieses Effekts damals unmöglich. Erwin Schrödinger beschrieb das Problem
mit den Worten [103, 112]: “Um eine signifikante Abweichung [vom klassischen Verhalten] aufzuweisen, benötigt man so hohe Dichten und so kleine Temperaturen, daß die vander-Waals-Korrekturen und die Effekte einer möglichen Entartung von der gleichen Größenordnung sein werden, und es besteht wenig Aussicht dafür, daß die beiden Arten von
Effekten sich jemals trennen lassen.”
Siebzig Jahre später scheint diese Aussage überholt zu sein, denn heute ist es möglich, die
nötigen experimentellen Voraussetzungen zu erreichen. Allerdings sind die technischen
Möglichkeiten bisher auf sehr dünne Gase aus Alkaliatomen begrenzt, deren Gesamtspin
sich aus den Einzelspins der Elektronen und Nukleonen zusammensetzt. Obwohl die Einzelspins halbzahlig sind, ergibt sich für das gesamte Atom eine ganzzahlige Drehimpulsquantenzahl, so daß die Näherung als Boson bei geringen Dichten erlaubt ist. Die Kopplung
von Fermionen zu “effektiven” Bosonen ist ein interessantes theoretisches Problem, welches hier jedoch nicht betrachtet werden soll (siehe beispielsweise [91]).
Eines der berühmtesten Bilder der populären naturwissenschaftlichen Literatur der letzten
Jahre ist wahrscheinlich die in Abbildung 1.1 gezeigte Geschwindigkeitsverteilung einer
Atomwolke. Sie entspricht einer Falschfarbenaufnahme der Teilchendichte in der Atomfalle der Gruppe aus Boulder. In diesem Fall entspricht die Geschwindigkeitsverteilung der
Teilchendichte, da sich die langsamsten Teilchen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit im
Zentrum der Falle aufhalten. Sehr anschaulich zeigt sich, wie bei abnehmender Temperatur
die Teilchendichte im Zentrum der Falle zunimmt. Die blauweißen Gebiete bezeichnen minimale Bewegung und größte Dichte. Vor Bildung des Kondensats bei etwa 200 Nanokelvin
sind die Geschwindigkeiten der Atome noch nahezu gleichförmig verteilt. Bei weiterer Abkühlung auf 100 Nanokelvin erscheint das Kondensat als Bereich fast stationärer Atome,
und bei noch geringeren Temperaturen bleibt nur noch dieses Objekt übrig.
Nur kurze Zeit nach der Erzeugung des ersten Kondensats durch Eric Cornell und seine Mitarbeiter erreichten zwei weitere amerikanische Gruppen die nötigen experimentellen Voraussetzungen und erzeugten Kondensate aus Lithium [18] und Natrium [90]. Diese
Erfolge weckten das Interesse vieler Forscher auf der ganzen Welt, und mittlerweile existieren beinahe zwanzig Laboratorien, die in der Lage sind, ein Bose-Einstein-Kondensat
zu erzeugen. Der jüngste Erfolg war am 30. Dezember 1998 im japanischen Kyoto zu
verzeichnen, wo es der dortigen Quantenoptik-Gruppe gelang, ebenfalls 87 Rb in den kondensierten Zustand zu überführen. Im Vergleich zu den ersten Experimenten hat sich dabei
einiges verändert: Durch weiterentwickelte Fallen ist die Zahl der gefangenen Atome um
zwei Größenordnungen gestiegen, und die Kühlung bedarf einer sehr viel geringeren Zeit.
Auch die Theoretiker blieben nicht tatenlos, so daß die Zahl der Veröffentlichungen zu
diesem Thema deutlich anstieg. Einige neue Ansätze zur Beschreibung eines dünnen Gases in einer Atomfalle sind seitdem entstanden und können direkt mit dem Experiment
verglichen werden. Diese Ansätze zeigen, daß die üblichen aus Lehrbüchern bekannten
Beschreibungsweisen nicht immer die geeignetesten sind, da sie die Eigenschaften der Experimente nicht realistisch integrieren.
An dieser Stelle setzt auch die vorliegende Arbeit an: Das typische Lehrbuchbeispiel zur
Bose-Einstein-Kondensation ist die Beschreibung eines idealen Bose-Gases unter Verwendung der großkanonischen Gesamtheit. Aufgrund der festen Teilchenzahl in einer Atom-
3
falle und der endlichen Größe des Potentials bietet sich allerdings eine kanonische oder
mikrokanonische Beschreibung an.
In dieser Arbeit sollen nach einer Einführung in verschiedene Ansätze zur quantenstatistischen Beschreibung idealer Bose-Gase in Abschnitt 2.1 die theoretischen Grundlagen der
Bose-Einstein-Kondensation erklärt werden.
Die Unterschiede zwischen einem idealen und einem realen System werden am Beispiel
von flüssigem Helium gezeigt, das aufgrund seiner Suprafluidität unterhalb von etwa zwei
Kelvin (4 He) und einigen Millikelvin (3 He) lange Zeit als einziges Beispiel eines BoseEinstein-Kondensats galt (Vergleiche Abschnitt 2.3).
Die in den aktuellen Experimenten genutzten Fallen lassen sich gut durch harmonische
Oszillatorpotentiale nähern. Eine weit verbreitete Theorie zur Beschreibung wechselwirkender Gase in solchen Potentialen ist die Gross-Pitaevskii-Theorie, auf die im Anschluß
eingegangen wird.
Wie bereits bemerkt wurde, ist eine kanonische Beschreibung eines Systems besser geeignet als eine großkanonische, um aktuelle Experimente zu nähern. Aus diesem Grund wird
in Kapitel 3 eine neue Rekursionsformel zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme, beziehungsweise der Besetzungszahlen der Zustände in einem Potential, vorgestellt
und anschließend auf 4 He in verschiedenen harten Potentialen angewandt.
Das eigentliche Ziel dieser Arbeit ist die Simulation eines dünnen Gases aus 87 Rb-Atomen
in der sogenannten “Time-Orbiting-Potential-Trap”, kurz TOP-Trap, also der Falle, in der
das erste Bose-Einstein-Kondensat aus Alkaliatomen erzeugt wurde. Für ein besseres Verständnis der experimentellen Techniken und Möglichkeiten werden die Methoden zur Kühlung eines Teilchengases, die Funktion magneto-optischer Fallen und das typische Verfahren zur Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats im darauffolgenden Kapitel beschrieben. Dort wird auch speziell auf die ersten Experimente und Fallentypen eingegangen, sowie ein kurzer Überblick auf benachbarte Gebiete und neueste experimentelle Ergebnisse
gegeben.
Anschließend erfolgt im fünften Kapitel unter Verwendung der im dritten Kapitel eingeführten Rekursion die Berechnung der kritischen Temperatur Tc , bei der der Übergang zum
Kondensat stattfindet. Mit Hilfe der ebenfalls aus der Rekursion erhaltenen Besetzungszahlen und der Wellenfunktion eines Teilchens wird dann die orts- und temperaturabhängige
Dichte im Potential der TOP-Falle berechnet.
In den Experimenten wird das Fallenpotential zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschaltet
und die Wolke kann sich frei ausbreiten, was für das angewendete Verfahren zur Dichtebestimmung in der Atomwolke notwendig ist (siehe Abschnitt 4.8). Durch Berechnung der
quantenmechanischen Zeitentwicklung freier nicht wechselwirkender Teilchen wird überprüft, wie gut sich die experimentellen Daten mit Hilfe dieses Verfahrens nähern lassen.
Den Abschluß dieser Arbeit bildet dann eine Zusammenfassung der Ergebnisse, inklusive
der Antwort auf die Frage, wie gut die Näherung eines dünnen Gases wechselwirkender
Atome als ein ideales ist. Weiterhin sollen Ideen und Anregungen für zukünftige Ansätze
zusammengetragen werden.
2
Einführung in die
Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
2.1 Verschiedene Ansätze zur quantenstatistischen Beschreibung thermodynamischer Systeme
Sowohl in der klassischen Statistischen Physik als auch in der Quantenstatistik betrachtet
man ein physikalisches System Σ({Ai }) (mit i = 1, 2, ...), dessen Zustand von einer Menge
von außen einstellbarer Variablen {Ai } abhängt. Diese makroskopischen Randbedingungen können beispielsweise Größen wie die Temperatur T , der Druck P , die Teilchenzahl
N, aber auch Funktionen, die von solchen Größen abhängen, sein.
Da man es in der Regel mit großen Teilchenzahlen zu tun hat und Wechselwirkungen nicht
vernachlässigt werden können, ist es nicht möglich die Eigenschaften solcher Systeme direkt mit den Methoden der Quanten- oder klassischen Mechanik zu berechnen. Eine Möglichkeit dieses Problem zu umgehen ist die Ensemble-Methode von Gibbs, die es durch die
Aufstellung von Postulaten ermöglicht, den zeitlichen Mittelwert einer Variable mit dem
Ensemble-Mittel zu verbinden.
Ein interessanter Ansatz, der zeigt unter welchen Bedingungen die Postulate gelten, wurde
1998 in “Physical Review Letters” veröffentlicht [116].
Die Art des Ensembles, mit dem ein physikalisches system beschrieben wird, hängt von
den Randbedingungen des Systems ab. An dieser Stelle sollen allerdings nur drei davon
kurz vorgestellt werden, die zwar von unterschiedlichen Randbedingungen ausgehen, für
große Teilchenzahlen N aber äquivalente quantenstatistische Relationen sind. In kleinen
Systemen ergeben sich zum Teil sehr unterschiedliche Ergebnisse.
Das mikrokanonische-, kanonische- und großkanonische Ensemble unterscheiden sich in
erster Linie durch ihre Randbedingungen. Es sollte daher das jeweils günstigste Verfahren
zur Beschreibung des betrachteten Systems ausgewählt werden.
Die Einführung in diesem Kapitel erfolgt nur sehr kurz, da die Thematik in nahezu jedem
Lehrbuch der Statistischen Physik (siehe etwa [44,66,69,82,95,109]) ausführlich behandelt
wird.
2.1.1 Mikrokanonische Gesamtheit
Systeme, die der mikrokanonischen Gesamtheit gehorchen, besitzen eine feste Teilchenzahl N, ein festes Volumen V und eine Energie zwischen E und E + ∆, mit ∆ E. Die
5
6
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
mikrokanonische Gesamtheit besetzt das Phasenvolumen
ΓN (E, V ) = Sp
E<EX
n <E+∆
!
| En ihEn |
(2.1)
n
homogen. Die Berechnung der Spur führt zu
ΓN (E, V ) =
E<EX
n <E+∆
1,
(2.2)
n
was der Anzahl der Zustände mit Energien zwischen E und E + ∆ entspricht. Analog
zur klassischen Statistischen Mechanik lassen sich hieraus die thermodynamischen Größen
ableiten und für die innere Energie U gilt
1
U=
ΓN (E, V )
E<EX
n <E+∆
En ≈ E.
(2.3)
n
Mit der Entropie
S = ln ΓN (E, V ),
(2.4)
die die zentrale Größe der mikrokanonischen Gesamtheit darstellt, läßt sich die Temperatur
T (in Energieeinheiten, hier ist beispielsweise 1eV'104 K) des Systems berechnen:
β=
1
1
= ∂EV,N S =
∂ V,N ΓN (E, V ).
T
ΓN (E, V ) E
(2.5)
2.1.2 Kanonische Gesamtheit
Die experimentelle Situation läßt sich eher selten mit der mikrokanonischen Gesamtheit
beschreiben, da sie an quasiisolierte Systeme angepaßt ist. Das kanonische Ensemble setzt
eine feste Teilchenzahl N in einem konstanten Volumen V voraus, wobei sich das System
in einem unerschöpflichen Wärmebad befindet, so daß auch die Temperatur T als feste
makroskopische Randbedingung angesehen werden kann. Dem Phasenvolumen Γ(E, V )
aus dem vorherigen Abschnitt entspricht hier die Zustandssumme ZN (T, V ). Sie läßt sich
herleiten, indem man ein sehr großes isoliertes System S betrachtet, in dem sich ein kleines System S1 befindet. Es wird vorausgesetzt, daß sich S durch die mikrokanonische Gesamtheit beschreiben läßt und im thermischen Gleichgewicht befindet, damit eine Entropie
definiert werden kann. Weiterhin hat sich in beiden Systemen die konstante Temperatur T
eingestellt. Das kanonische Ensemble besteht nun aus zu S1 äquivalenten Systemen, von
denen sich jedes in einem für S1 möglichen Zustand hψn | befindet. Mit den zugehörigen
Energieeigenwerten En und der Besetzungswahrscheinlichkeit pn ∼ e−βEn ergibt sich der
statistische Operator
X
ρ̂ =
pn | En ihEn |
(2.6)
n
∼
X
n
e−βEn | En ihEn |,
(2.7)
2.1 Großkanonische Gesamtheit
7
dessen Proportionalitätskonstante durch die Normierungsbedingung Sp ρ̂ = 1 festgelegt
wird. Man erhält also mit dem Hamiltonoperator Ĥ des Systems S1 den Quotienten
ρ̂ =
e−β Ĥ
.
Sp e−β Ĥ
(2.8)
Der Nenner dieses Bruches wird als die kanonische Zustandssumme definiert:
X
ZN (β, V ) = Sp e−β Ĥ =
e−βEn
(2.9)
n
Damit erhält man als thermodynamisches Potential die Helmholtz freie Energie
1
S
F (β, V, N) = − ln ZN (β, V ) = U −
β
β
(2.10)
und wiederum lassen sich die innere Energie und die Entropie angeben:
1
U = −∂βN,V ln ZN (β, V ) = −
∂ N,V ZN (β, V )
ZN (β, V ) β
1
2 N,V
S = −β ∂β
ln ZN (β, V ) .
β
(2.11)
(2.12)
Eine weitere wichtige Größe, die in späteren Kapiteln von Bedeutung sein wird, ist die
spezifische Wärmekapazität:
N,V
2 N,V
2 N,V
CV = −β ∂β U = β ∂β
∂β ln ZN (β, V ) .
(2.13)
2.1.3 Großkanonische Gesamtheit
Um Systeme zu beschreiben, die sich sowohl in einem Wärmebad befinden als auch Teilchen mit der Umgebung austauschen können, bedient man sich der großkanonischen Gesamtheit. Die Temperatur T ist daher wie das Volumen V eine gegebene makroskopische
Randbedingung, die Energie fluktuiert dabei um einen Mittelwert, und der Austausch von
Teilchen mit einem externen Reservoir bewirkt eine fluktuierende Teilchenzahl N. Ein
definiertes chemisches Potential µ beschreibt den Energiebeitrag, der nötig ist, um ein
weiteres Teilchen in das System zu bringen.
Analog zu Abschnitt 2.1.2 kann der statistische Operator der großkanonischen Gesamtheit,
ρ̂ =
e−β(Ĥ−µN̂ )
,
Sp e−β(Ĥ−µN̂ )
(2.14)
aufgestellt werden (N̂ ist der Teilchenzahloperator). Die großkanonische Zustandssumme
ist damit
Ξµ (β, V ) = Sp e−β(Ĥ−µN̂ )
∞ X
X
=
e−β(En (N )−µN ) .
N =0 n
(2.15)
(2.16)
8
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
Führt man die Fugazität
z = eβµ
(2.17)
ein, so läßt sich die großkanonische Zustandssumme als Polynom in z schreiben:
Ξz (β, V ) =
∞
X
z N ZN (β, V )
(2.18)
N =0
Man erhält mit dem Erwartungswert der Teilchenzahl
D E 1
N̂ = ∂µβ,V ln Ξµ (β, V ) = z ∂zβ,V ln Ξ(β, V )
β
(2.19)
die innere Energie
D E
U = −∂βµ,V ln Ξµ (β, V ) + µ N̂ = −∂βz,V ln Ξz (β, V ).
(2.20)
Im großkanonischen Ensemble übernimmt das dazugehörige großkanonische Potential J
die Bedeutung, die die freie Energie im kanonischen und die Entropie in der mikrokanonischen Gesamtheit haben:
1
J(β, V, µ) = − ln Ξµ (β, V ) = −pV,
β
(2.21)
wobei p den Druck bezeichnet. Die großkanonische Zustandssumme läßt sich dadurch auch
anders schreiben:
Ξµ (β, V ) = e−β J(β,V,µ) .
(2.22)
Betrachtet man den Spezialfall eines dünnen Gases aus nicht wechselwirkenden Bosonen,
ist die Gesamtenergie
E(N) =
X
i ηi
(2.23)
i
aus den Energien i der Einteilchenzustände und ihren Besetzungszahlen
ηi zusammengeP
setzt. Weiterhin müssen die Besetzungszahlen der Bedingung i ηi = N folgen. Dadurch
wird die großkanonische Zustandssumme für das ideale Bose-Gas zu
Ξµ (β, V ) =
∞
X
X
N =0
=
P
z N e−β
(2.24)
i i i
{ηi }
ηi =N
∞
X
X Y
N =0
P η
P
{ηi }
ηi =N
i
z e−βi
ηi
,
(2.25)
2.2 Die Bose-Einstein-Kondensation im großkanonischen Ensemble
9
wobei die Doppelsumme eine unabhängige Summation über alle ηi darstellt. In der großkanonischen Zustandssumme lassen sich die Summationen besonders einfach durchführen und dadurch beispielsweise die Besetzungszahlen berechnen (siehe unten). Das ist der
Grund dafür, warum diese Näherung in den meisten Lehrbüchern zur Beschreibung der
Bose-Einstein-Kondensation benutzt wird. Die Auswertung der kanonischen Zustandssumme ist dagegen wegen der Teilchenzahlbeschränkung weitaus komplizierter und nur mit
relativ aufwendigen Verfahren, wie den in Abschnitt 3 beschriebenen Rekursionsformeln,
möglich. Somit erhalten wir nach [69]
!
Y X
ηi
Ξµ (β, V ) =
(2.26)
z e−βi
i
=
Y
i
ηi
1
.
1 − z e−βi
(2.27)
Die mittlere Anzahl Teilchen mit der Energie i ist dann die Bose-EinsteinVerteilungsfunktion:
1
hηi i = − ∂i ln Ξµ (β, V )
β
1
z e−βi
=
= β(i −µ)
−β
i
1−ze
e
−1
(2.28)
(2.29)
2.2 Die Bose-Einstein-Kondensation im großkanonischen
Ensemble
In der großkanonischen Beschreibung ergibt sich die Zustandsgleichung eines idealen
Bose-Gases aus N Teilchen der Masse m in einem Volumen V zu [69]
N
1
1 1
= 3 g3/2 (z) +
.
V
λ
V 1−z
Dabei ist
r
λ=
2π ~2
mT
(2.30)
(2.31)
die thermische De-Broglie-Wellenlänge, und für die weitere Beschreibung wird das spezifische Volumen v = V /N eingeführt. Die Funktion g3/2 (z) ist ein Spezialfall der allgemeinen Klasse von Funktionen, die durch
gn (z) =
∞
X
zl
l=1
ln
(2.32)
definiert ist. Damit g3/2 (z) die Zustandsgleichung erfüllt, muß die Fugazität z zwischen 0
und 1 liegen, so daß g3/2 (z) eine beschränkte, positive, monoton wachsende Funktion ist.
Nach Definition 2.32 erhält man
g3/2 (z) = z +
z2
z3
+
+ ...,
23/2 33/2
(2.33)
10
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
deren Ableitung für z = 1 zwar divergiert, jedoch einen endlichen Wert besitzt:
∞
X
1
3
g3/2 (1) =
=ζ
= 2, 612
3/2
l
2
l=1
(2.34)
Bei ζ(n) handelt es sich um die Riemansche Zetafunktion, die nach [66] für alle n mit gn
wie
gn (1) = ζ(n)
(2.35)
verknüpft ist. Für den beschränkten Bereich von z gilt weiterhin
g3/2 ≤ 2, 612.
(2.36)
Abbildung 2.1 zeigt eine graphische Darstellung der Funktion g3/2 (z).
g3/2 (z)
2,612
1
z
Abbildung 2.1: Graphische Darstellung der Funktion g3/2 (z).
Formt man (2.30) mit dem Erwartungswert der Grundzustandsbesetzungszahl
hη0 i =
z
1−z
(2.37)
um zu
hη0 i
λ3
=
− g3/2 (z),
V
v
(2.38)
hη0 i
>0
V
(2.39)
so folgt, daß
ist, wenn für die Temperatur und das spezifische Volumen
λ3
> g3/2 (1)
v
(2.40)
gilt. Das bedeutet, daß eine makroskopische Zahl der Teilchen das Grundzustandsniveau
besetzt, und diese Bedingung definiert einen Unterraum des thermodynamischen (P ,V ,β)Raumes für das ideale Bose-Gas, der dem Übergangsgebiet zum Bose-Einstein-Kondensat
entspricht.
2.2 Die Bose-Einstein-Kondensation im großkanonischen Ensemble
11
Vom übrigen Teil des (P ,V ,β)-Raumes ist das Kondensationsgebiet durch die zweidimensionale Fläche
λ3
= g3/2 (1)
v
(2.41)
getrennt. Legt man also das spezifische Volumen v fest und löst diese Gleichung nach λ3
auf, ergibt sich eine kritische Temperatur
Tc =
1
2π ~2
=
2/3 .
βc
m v g3/2 (1)
(2.42)
Diese Temperatur entspricht dem Punkt, an dem die thermische De-Broglie-Wellenlänge λ
von der gleichen Größenordnung wie der mittlere Teilchenabstand ist. Ist die Temperatur
fest und gegeben, so erhält man ein kritisches Volumen
vc =
λ3
.
g3/2 (1)
(2.43)
Vollzieht man den Grenzübergang zu einem unendlichen Volumen, ergibt sich nach [69]
für die Fugazität

λ3
λ3


falls
≤ g3/2 (1),
Lösung
von
g
(z)
=
3/2


v
v
z=
(2.44)

3


λ
1
falls
≥ g3/2 (1)
v
und mit (2.37) folgt für die Grundzustandsbesetzungszahl

λ3


0
falls
≤ g3/2 (1),


v

hη0 i
=
3/2

N


1−v
λ3
T

1 −
=
falls
≥ g3/2 (1).
Tc
vc
v
(2.45)
Der Verlauf dieser Funktion ist in Abbildung 2.2 wiedergegeben.
Man sieht, daß oberhalb der kritischen Temperatur kein einziger Zustand von einer endlichen Anzahl Teilchen besetzt ist. Unterhalb von Tc findet sich jedoch ein makroskopischer
Anteil der Teilchen im Grundzustand, während die übrigen Bosonen ebenfalls über alle
weiteren Zustände verteilt sind. Bei T = 0 befinden sich alle Teilchen im untersten Niveau.
Oftmals wird die Bose-Einstein-Kondensation als Kondensation im Impulsraum beschrieben. Betrachtet man allerdings die Zustandsgleichung, so erkennt man nach Huang keinen
Unterschied zwischen diesem Effekt und der Kondensation eines Gases zu einer Flüssigkeit, also eines Phasenübergangs erster Ordnung. Befindet sich das Gas in einem externen
Potential, so findet nach Huangs Definition ein Phasenübergang zweiter Ordnung statt [69].
12
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
hη0 i /N
1
Tc
T
Abbildung 2.2: Die mittlere Besetzungszahl des Grundzustandes.
Der Begriff “Kondensation im Impulsraum” dient nur der Betonung, daß es sich bei der
Bose-Einstein-Kondensation um eine vollständige Symmetrisierung der Wellenfunktionen
und nicht um das Ergebnis intermolekularer Wechselwirkungen handelt.
Aufgrund von (2.44) unterscheiden sich für alle thermodynamischen Variablen die Beschreibung unterhalb und oberhalb der kritischen Temperatur. Nach [95] und [69] erhält
man für den Druck des idealen Bose-Gases

1


g (z) falls v > vc ,

 λ3 5/2
(2.46)
βP =



 1 g5/2 (1) falls v < vc .
λ3
Da es sich bei der inneren Energie um eine extensive Zustandsgröße handelt, ist nur eine
Berechnung pro Teilchen sinnvoll:

3 v


g (z) falls v > vc ,

3 β 5/2

2
λ

U
3
= Pv =
(2.47)

N
2

3
v


 3 g5/2 (1) falls v < vc .
2λ β
Gleiches gilt auch für die Entropie S und die spezifische Wärme CV :

5 v


g (z) − log z

 2 λ3 5/2
falls
S
=

N


 5 v g5/2 (1)
falls
3
2
λ

15 v
9 g3/2 (z)



g5/2 (z) −

3
4 λ
4 g1/2 (z)
CV
=

N



 15 v g5/2 (1)
4 λ3
v > vc ,
(2.48)
v < vc ,
falls
v > vc ,
(2.49)
falls
v < vc .
2.3 Thermodynamische Eigenschaften von flüssigem Helium
2.3 Thermodynamische Eigenschaften von flüssigem
Helium
Bis vor einigen Jahren war Helium die einzige bekannte Flüssigkeit, die bei sehr niedrigen
Temperaturen existiert. Man ging davon aus, daß 4 He der einzige Stoff ist, der Einsteins
Postulat eines Kondensats nahekommt. Der entscheidende Unterschied zwischen einem
idealen Gas und einem realen System sind interatomare Wechselwirkungen, für deren Beschreibung zumindest für den Fall 4 He schon lange Theorien existieren.
Extrapoliert man die für Helium experimentell erhaltene Dampfdruckkurve bis zum absoluten Nullpunkt, so zeigt sich, daß die Steigung dP/dT > 0 ist, was bedeutet, daß selbst
dort eine Flüssigkeit existiert. Eine feste Phase kann nur bei einem äußeren Druck von etwa
25bar entstehen [70].
Warum aber bleibt Helium bei niedrigen Temperaturen flüssig ? Zum einen sind die Wechselwirkungen zwischen den Atomen bei Edelgasen schwach. Weiterhin hat es unter den
Edelgasen die kleinste Masse. Daher ist die Nullpunktsbewegung der Atome vergleichsweise groß, so daß ihnen keine wohldefinierten Gitterpunkte zugeordnet werden können.
Betrachtet man Heliumatome ohne äußeren Druck am absoluten Nullpunkt, bestimmt sich
die wahrscheinlichste Konfiguration durch die Wellenfunktion des Grundzustandes. Diese
muß so sein, daß die Gesamtenergie des Systems minimal wird. Man geht weiterhin davon
aus, daß ein Atom einen durch die Dichte ρ bestimmten Bereich ∆x = (N/ρ)1/3 einnehmen muß, der viel kleiner als die Reichweite des Potentials ist. ∆x ist ungefähr 0,5·10−10m,
und nach der Unschärferelation ergibt sich eine Unschärfe in der Energie, die nach [70] in
Einheiten von kB in der Größenordnung von
~ 2
1
∆E =
∼ 10K
(2.50)
2m ∆x
liegt. Da das mit der Tiefe des Potentialtopfes vergleichbar ist, ist es nicht möglich, die
Teilchen zu lokalisieren. Andere Edelgase bleiben dagegen bei tiefen Temperaturen nicht
flüssig, weil ihre Massen größer sind. Das leichtere H2 besitzt so starke molekulare Wechselwirkungen, daß es bei endlicher Temperatur in den festen Zustand übergeht. Im Gegensatz zum Wasserstoff besitzt Helium keine gebundenen Zwei-Teilchen-Zustände.
In der Natur tritt Helium in Form von zwei Isotopen, 3 He und 4 He, auf, die unter Normaldruck bei 3,2K und 4,2K flüssig werden. 3 He tritt jedoch in der Natur weitaus seltener
auf und ist außerdem nur mit großem Aufwand herstellbar. Aufgrund der Zusammensetzung aus sechs Fermionen ist der Gesamtspin von 4 He ganzzahlig und es gehorcht der
Bose-Statistik. 3 He dagegen besitzt einen halbzahligen Gesamtspin und läßt sich daher als
Fermion ansehen.
2.3.1
4
He
Heike Kammerlingh Onnes aus Leiden in den Niederlanden erhielt 1913 den Nobelpreis,
weil es ihm 1908 als erstem gelungen war, Helium zu verflüssigen.1 Schon damals bemerk1
Tatsächlich machte Kammerlingh Onnes’ Assistent G. Holst, der später die Philips Forschungslabore
gründete, diese Entdeckungen. Es ist allerdings klar, daß die Experimente von Kammerlingh Onnes geplant
13
14
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
te er, daß in 4 He bei etwa 2 Kelvin etwas außergewöhnliches geschieht.
Es dauerte allerdings bis zum Ende der dreißiger Jahre, bis Pjotr Kapitza das Phänomen
experimentell studierte.
4
He zeigt bei der Temperatur Tλ = 2, 18K einen sogenannten λ-Übergang2 , das heißt an
diesem Punkt wird die spezifische Wärme logarithmisch unendlich. Der λ-Übergang teilt
die flüssige Phase in zwei weitere, die He I und He II genannt werden. Abbildung 2.3 zeigt
das P ,T -Phasendiagramm von 4 He.
P
fest
λ-Übergang
25 bar
He I
kritischer Punkt
He II
Gas
T
Tλ =2,18K
Abbildung 2.3: P ,T -Phasendiagramm von 4 He.
Lange Zeit war man der Meinung, daß ein solcher Übergang bei 3 He nicht existiert. Da 3 He
der Fermi-Statistik gehorcht und 4 He mit der Bose-Statistik beschrieben werden kann, lag
die Vermutung nahe, daß es sich bei diesem Vorgang um die durch molekulare Wechselwirkungen verfälschte Bose-Einstein-Kondensation handelt. Fritz London veröffentlichte
diese Idee bereits 1938 [84–86]. Weitere Arbeiten zu diesem Thema wurden beispielsweise von Oliver Penrose und Lars Onsager vorgelegt [102].
Die in dieser Arbeit vorgestellten Betrachtungen gehen von einem idealen 4 He Gas aus. Die
Masse der Teilchen beträgt m4 He = 6, 6455168 · 10−27 kg, und die Dichte von flüssigem
kg
Helium ist ρ4 He = 125 m
3 . Das Volumen V , in dem sich die Teilchen befinden, wird als
konstant angesehen und aus Masse, Dichte und Teilchenzahl N berechnet. Setzt man diese
Werte in die Gleichung
2π ~2
Tc =
m kB
N
V g3/2 (1)
23
(2.51)
ein, ergibt sich die kritische Temperatur Tc = 3, 14K. Der Unterschied zwischen dem
λ-Übergang und dem Wert des idealen Bose-Gases ist, daß es sich nicht um einen Phasenübergang erster Ordnung handelt. Zwar spielt die Bose-Statistik die größte Rolle beim
Übergang in flüssigem 4 He, es existiert jedoch bisher keine exakte Theorie, die die intermolekularen Kräfte vollständig einbezieht. Obwohl die potentielle Energie zwischen 4 He
Atomen bekannt ist, läßt sich die Zustandssumme nur formal aufschreiben und ist bisher
und vorgeschlagen worden sind [23].
2
Der griechische Buchstabe λ wurde für die Bezeichnung dieses Übergangs gewählt, weil die Form des
Temperaturverlaufs der spezifischen Wärme CV in der Nähe von Tλ diesem Zeichen ähnlich sieht. Ähnlichkeiten bestehen auch zu den Übergängen von Ferromagneten in der Nähe des Curie-Punktes und binären
Legierungen in der Nähe des Ordnungs-Unordnungs-Überganges.
2.3 4 He
nicht explizit berechnet worden. Aus diesem Grund ist der Zusammenhang zwischen dem
λ-Übergang und der Bose-Einstein-Kondensation zur Zeit nur eine sinnvoll erscheinende
Vermutung.
Könnte Helium sich oberhalb von Tλ verfestigen, so würden die Wellenfunktionen der
einzelnen Atome nicht überlappen und die Symmetrie der Gesamtwellenfunktion keine
entscheidenden Folgen zeigen, das heißt die Bose-Einstein-Kondensation wäre nicht beobachtbar.
Eine gute Beschreibung von 4 He für Temperaturen unterhalb der Übergangstemperatur Tλ
ist die sogenannte Zwei-Phasen-Theorie von Laszlo Tisza, die die Koexistenz einer suprafluiden und einer normalen Phase annimmt [118]. 3 Die Atome im Grundzustand, also
das Bose-Einstein-Kondensat, entsprechen hier der suprafluiden Phase, und die angeregten
Atome befinden sich in der normalen Phase. Tisza nimmt an, daß sich die normale Flüssigkeit wie eine gewöhnliche, klassisch bekannte Flüssigkeit verhält und der suprafluide Teil
einige außergewöhnliche Eigenschaften besitzt: Ihre Entropie ist Null und sie kann ohne
Widerstand durch Kanäle von extrem kleinen Durchmessern fließen. 4 Eine sehr kleine Öffnung in einem Gefäß mit He II filtert die suprafluide Komponente, weil die andere Phase
das Loch nicht passieren kann. Verbindet man zwei Gefäße mit einem dünnen Rohr und
bringt einen Teil der suprafluiden Komponente durch ein Druckgefälle dazu, in das andere
Gefäß zu fließen, steigt die Entropie pro Masseneinheit im ersten Gefäß an und nimmt im
zweiten ab. Aus diesem Grund erwärmt sich das erste Gefäß und das zweite kühlt sich ab
(mechanokalorischer Effekt). Der umgekehrte Effekt, also die Erzeugung eines Druckgefälles durch Erwärmung, heißt Springbrunnen-Effekt. Weiterhin ist suprafluides Helium in
der Lage, an Wänden hochzufließen und ein ausgezeichneter Wärmeisolator.
Die beschriebenen Effekte lassen sich mit dem Zwei-Flüssigkeits-Modell erklären, es fehlt
jedoch eine vollständige hydrodynamische Beschreibung von flüssigem 4 He, sowie seiner
molekularen Natur. 5 Landau und Feynman versuchen die molekulare Natur mit Hilfe des
Zwei-Flüssigkeits-Modells in der Nähe des absoluten Nullpunktes zu erklären.
Wie in einem Phononengas ist die experimentelle spezifische Wärme bei Temperaturen in
der Nähe des Nullpunktes proportional zu T 3 . Landau beschreibt daher die Zustände in der
Nähe des Grundzustandes als ein Gas aus nicht miteinander wechselwirkenden Elementar3
Auch für Bose-Einstein Kondensate aus Alkaliatomen existieren Ansätze dieser Art. Siehe beispielsweise [36].
4
Die Fähigkeit durch extrem kleine Durchmesser fließen zu können, macht man sich in der Praxis zum
Beispiel bei modernen supraleitenden Magneten zu nutze. Möchte man sehr starke Felder erzeugen, so sind
zum einen Spulen mit vielen Wicklungen und zum anderen hohe Ströme nötig. Damit die Spulen, die in der
Regel aus Niob hergestellt werden, möglichst gut gekühlt werden, benutzt man nicht nur flüssiges, sondern
suprafluides Helium. Dieses ist in der Lage, zwischen den Niobwicklungen hindurchzufließen und dadurch
eine gleichmäßige Kühlung zu gewährleisten. Eine Anwendung finden solche Magnete mit Feldern von etwa
10 Tesla beispielsweise in zukünftigen Beschleunigern [57].
5
Bisher sind nur Neutronenstreuexperimente in der Lage, den Anteil der kondensierten Phase zu messen.
Allerdings sind die Ergebnisse schwer zu interpretieren, und es wird nicht damit gerechnet, daß der kondensierte Teil in den nächsten Jahren direkt mit solchen Verfahren beobachtet werden kann [114]. Neuere
Ansätze arbeiten mit niederenergetischen Heliumstrahlen, die auf eine suprafluide Schicht gelenkt werden.
Ein Atom, das auf das Target trifft, besitzt eine Wahrscheinlichkeit mit den kondensierten Atomen zu wechselwirken und sofort auf der anderen Seite des Targets wieder auszutreten (Quantum Evaporation). Durch
Time-of-Flight Messungen kann der kondensierte Anteil bestimmt werden [122].
15
16
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
anregungen, deren Energieniveaus
En = E0 +
X
~ωknk
(2.52)
k
sind [70, 83]. 6 ~ωk ist die Energie einer Elementaranregung mit dem Wellenvektor k und
nk = 0, 1, 2... die jeweilige Besetzungszahl. Diese Energie muß in der Nähe des Nullpunktes die richtige spezifische Wärme liefern. Da die Temperatur proportional zu T 3 ist,
folgt für k → 0 die Beziehung ωk → ~ck (k ist hier der Betrag von k). Die Schallgeschwindigkeit c in flüssigem Helium berechnet sich nach der statischen Definition der
Festkörpertheorie:
p
c = ∂ρ P .
(2.53)
(Gleichung 2.53 gilt nur, wenn c viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist !) Für endliche
Temperaturen erhält die spezifische Wärme CV einen zusätzlichen Term exp(−∆/kB T ).
Bei ∆ handelt es sich um eine aus dem Experiment zu bestimmende Konstante. Weitere
Konstanten dieser Art sind k0 und σ, sodaß gilt:
~ω =
~ck
∆+
(k k0 )
(k ∼ k0 )
~2 (k−k0 )2
2σ
(2.54)
Diese Funktion ist in Abbildung 2.4 dargestellt. Der Teil für kleine k verläuft linear und
~ωk
Phononenanteil
Rotonenanteil
~ck
∆
k0
k
Abbildung 2.4: Energiespektrum aus Phononen- und Rotonenanteil.
wird Phononenanteil genannt, der Teil um k0 dagegen Rotonenanteil. Landau dachte, daß es
sich bei den Rotonen um von den Phononen verschiedene Anregungen mit Spin ~ handelt
und gab ihnen daher den zusätzlichen Namen. Tatsächlich sind allerdings beide Teilstücke
der in Abbildung 2.4 dargestellten Kurve Teil einer einzigen Funktion.
Bei tiefen Temperaturen und geringer Dichte kann man die Quasiteilchen als unabhängig,
also als ideales Bose-Gas, betrachten. In großkanonischer Näherung ist die mittlere Teilchenzahl
hnk i =
1
e~βωk
−1
,
(2.55)
6
Landau soll einmal folgendes gesagt haben: “Die Theorie der Suprafluidität ist meine beste Theorie, weil
sie bis jetzt niemand richtig versteht.”
2.3 3 He
17
und die innere Energie im Volumen V wird
U = E0 +
X
k
V
~ωk hnk i = E0 + 2
2π
Z
∞
dk
0
k 2 ~ωk
.
eβ ~ωk − 1
(2.56)
Dann ist die spezifische Wärme für N Teilchen
CV = ∂T U.
(2.57)
Da bei niedrigen Temperaturen nur der Photonen- und Rotonenanteil zum Integral in der
Gleichung für die innere Energie beitragen, kann die spezifische Wärme näherungsweise
aus diesen beiden Anteilen zusammengesetzt werden, indem man für ~ω den entsprechenden Teil aus (2.54) in (2.56) einsetzt und jeweils partiell nach der Temperatur T differenziert.
Während Landau das Problem auf phänomenologische Weise löst, indem er sein Energiespektrum über experimentell zu bestimmende Konstanten anpaßt, bedient Feynman
[41–44, 88] sich der Quantenmechanik.
Er beschreibt die Wellenfunktion des Zustandes, in dem eine Elementaranregung vorhanden ist, näherungsweise durch
ψk ∼
N
X
eik rj ψ0 ,
(2.58)
j=1
wobei ~k der Impuls der Elementaranregung und ψ0 die Grundzustandswellenfunktion
sind [70]. Laut Feynman beschreibt ψk für k → 0 eine Dichteschwankung in der Flüssigkeit, also eine Schallwelle. Das bedeutet, daß es sich bei den Phononen um quantisierte
Schallwellen handelt. Ist k endlich, sind die durch ψk beschriebenen Bewegungen komplizierter und wenn k ungefähr k0 entspricht, ist ψk näherungsweise noch im Roton-Gebiet
gültig.
Die Beschreibung durch ψk funktioniert bei sehr niedrigen Energien gut, andere Anregungstypen müssen jedoch vom Grundzustand durch eine endliche Energielücke getrennt
sein.
2.3.2
3
He
Wie bereits erwähnt, tritt 3 He in der Natur extrem seltener auf als 4 He und wird auch für
die Betrachtungen in späteren Kapiteln dieser Arbeit nicht benutzt. Allerdings sorgte dieses
Isotop in den letzten Jahren für große Aufmerksamkeit und soll daher an dieser Stelle kurz
behandelt werden.
Aufgrund seines halbzahligen Spins folgen 3 He Atome der Fermi-Dirac-Statistik und sollten daher nicht im Grundzustand kondensieren.
1971 gelang es den Amerikanern David M. Lee, Douglas D. Osheroff und Robert C. Richardson von der Cornell-Universität zwei suprafluide Phasen von 3 He zu finden [97]. Zur
18
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
Zeit dieser Entdeckung war ihnen aber nicht klar, was wirklich vorging. Daher nahmen
sie an, daß sie es geschafft hätten, zwei verschiedene magnetische Phasen von festem 3 He
bei Temperaturen von 1,8mK und 2,7mK zu finden. Einige Monate später klärten sie diesen Irrtum in einem zweiten Artikel auf [96] und erhielten 1996 für ihre Entdeckung den
Nobelpreis [98].
Kurze Zeit nach diesen Entdeckungen wurde eine dritte suprafluide Phase entdeckt. Erst
durch Anlegen eines Magnetfeldes werden jedoch alle Phasen stabil. Ohne Feld sind nur
die beiden ersten Phasen, die A und B genannt werden, stabil. Genauer gesagt existiert A in
einem endlichen Temperaturbereich über einem kritischen Druck von 21 Bar (siehe Abbildung 2.5). Phase B beansprucht einen großen Teil des Phasendiagramms und existiert bis
zu den tiefsten bisher erreichten Temperaturen. Durch Anlegen eines Magnetfeldes wird A
bis zum absoluten Nullpunkt stabil, und die dritte Phase, genannt A1 , belegt einen schmalen
Streifen zwischen A und B, der so schmal ist, daß er in Abbildung 2.5 nicht mehr aufgelöst
werden kann.
P
33bar
A-Phase
fest
BPhase
normal-flüssig
Gas
10−3 K
log T
Abbildung 2.5: P ,T -Phasendiagramm von 3 He. Die A1 -Phase ist nicht eingezeichnet, da sie nur
einen sehr kleinen Streifen zwischen A und B einnimmt, der in diesem Diagramm nicht zu erkennen
wäre. Zur Hervorhebung der tiefen Temperaturen ist die Temperatur im Gegensatz zu Abbildung
2.3 logarithmisch aufgetragen.
Theorien zur Beschreibung dieses Phänomens lehnen sich an der BCS-Theorie zur Beschreibung von Supraleitung in Metallen an. Bardeen, Cooper und Schrieffer zeigten 1957,
daß Fermionen unter bestimmten Bedingungen sogenannte Cooper-Paare bilden können,
die sich dann wie Bosonen verhalten. Diese Paare können in den Grundzustand kondensieren [21].
Die Eigenschaften der Paare sind allerdings in Supraleitern sehr unterschiedlich zu den
3
He-Paaren. Während in supraleitenden Metallen das positiv geladene Ionengitter die Paarung zweier Elektronen mit entgegengesetztem Drehimpuls und Spin zu einem CooperPaar mit Gesamtspin und Gesamtdrehimpuls Null (L = S = 0) ermöglicht (Spin-Singlet
s-Wellen-Paarung), ist dieses in einer Flüssigkeit wie 3 He nicht möglich [120]. Dort entsteht die Paarung durch magnetische Wechselwirkungen, und die beiden Atome rotieren
umeinander. Dadurch ergibt sich ein Drehimpuls von L = 1. Weiterhin stellen sich die
Spins in allen drei Phasen parallel und ergeben S = 1 (Spin-Triplet p-wave Paarung).
Eine Triplet Konfiguration hat drei mögliche Zustände mit verschiedenen Projektionen in
2.4 Wechselwirkende Quantengase in harmonischen Fallen
19
z-Richtung:
Sz = 1
=⇒
Sz = 0
=⇒
Sz = −1
=⇒
ψ =|↑↑i
1
ψ = √ (|↑↓i+ |↓↑i)
2
ψ =|↓↓i
Die Wellenfunktion des Paares ist dann eine Überlagerung der drei Zustände
ψ(p) = ψ1,1 (p) |↑↑i + ψ1,0 (p) (|↑↓i+ |↓↑i) + ψ1,−1 (p) |↓↓i,
(2.59)
wobei ψ1,1 (p), ψ1,0 (p) und ψ1,−1 (p) die einzelnen Amplituden sind.
Die oben angegebene Entartung der Spins von 3 He gilt natürlich auch für den Drehimpuls
L. Damit würden sich 2(2L + 1)(2S + 1) = 18 Komponenten im Gegensatz zu den zwei
Komponenten bei Supraleitern ergeben. Obwohl einige von ihnen gekoppelt sind, ist die
Wellenfunktion kompliziert, wodurch erheblich mehr Freiheitsgrade entstehen.
Die Kopplung der einzelnen Cooper-Paare in einem Kondensat bewirkt, daß eine bestimmte
Energie nötig ist, um den kondensierten Zustand zu zerstören. Eine weitere Konsequenz
ist eine kritische Rotationsgeschwindigkeit der Flüssigkeit. Oberhalb dieser ist keine freie
Rotation möglich und es bilden sich Wirbel mit quantisierter Drehfrequenz (Vortizes). Aus
der Supraleitung bekannte Josephson-Effekte, also ringförmige Wirbel, die bei Anlegen
eines externen magnetischen Feldes entstehen, treten ebenfalls auf.
2.4 Wechselwirkende Quantengase in harmonischen
Fallen
Als Albert Einstein 1924 den heute als Bose-Einstein-Kondensation bekannten Effekt vorhersagte [39], glaubte niemand an eine mögliche experimentelle Realisierung dieses Phänomens, da die Theorie für ein ideales Gas aufgestellt wurde. Bei realen Gasen allerdings
dürfen interatomare Wechselwirkungen, die zu einer Verschiebung der Übergangstemperatur in die Nähe des absoluten Nullpunktes führen, nicht vernachlässigt werden. Die dadurch
benötigten sehr niedrigen Temperaturen waren damals weit entfernt von den experimentellen Möglichkeiten.
Um die Wechselwirkungen möglichst klein zu halten, benutzen die in Abschnitt 4.7 beschriebenen Experimente sehr geringe Teilchendichten. Wie gut die Näherung als ideales
Teilchengas ist, soll in Abschnitt 5 überprüft werden.
Wechselwirkungen können sowohl abstoßend als auch anziehend sein. Während in Gasen
aus 87 Rb- oder 23 Na- Atomen hauptsächlich Zwei-Teilchen-Stöße für eine abstoßende Kraft
sorgen, ziehen sich 7 Li- Atome an. Ein Theorem von Bogoliubov besagt, daß in einem
freien, sich anziehenden Gas keine Bose-Einstein-Kondensation stattfinden kann [13], und
lange ging man davon aus, daß diese Beschränkung auch für gefangene Atome gilt. Die
Experimente der Gruppe um Randal L. Hulet widerlegten diese These eindeutig [18], denn
Bogoliubov zog nur Zwei-Teilchen-Wechselwirkungen in Betracht. Eine Einschränkung
20
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
gegenüber anderen Atomen gibt es dennoch, denn durch die anziehende Wechselwirkung
ist die maximale Anzahl von Teilchen in einer Falle auf etwa 1400 begrenzt [17,35,83,90].
Sehr wichtig bei der Betrachtung der Wechselwirkungen in einer Atomwolke ist die Tatsache, daß es sich um inhomogene Systeme endlicher Größe handelt. Die Zahl der Atome
in den Fallen, deren Potential sich in der Regel gut durch ein anisotropes harmonisches
Oszillatorpotential,
Vext (x, y, z) =
m 2 2
ωx x + ωy2y 2 + ωz2 z 2 ,
2
(2.60)
annähern läßt, variiert typischerweise von einigen Tausenden bis zu mehreren Millionen.
Vernachlässigt man die Wechselwirkungen, ist der Viel-Teilchen-Hamilton-Operator die
Summe der Ein-Teilchen-Operatoren, und die Eigenwerte haben die in Anhang A.1 angegebene Form. In einem Kondensat befinden sich nahezu alle Teilchen im Grundzustand,
dessen Wellenfunktion dann durch
mω 3/4
m
ho
ψ0 (x, y, z) =
ωx x2 + ωy y 2 + ωz z 2
(2.61)
exp −
π~
2~
gegeben ist. In dieser Gleichung wird das geometrische Mittel der Oszillatorfrequenzen
ωho = (ωx ωy ωz )1/3
(2.62)
eingeführt, das in den meisten Artikeln verwendet wird. Die Dichteverteilung ist folglich
(mit r = (x, y, z))
ρ(r) = N|ψ0 (r)|2
(2.63)
und schwankt, wenn die Wechselwirkungen einbezogen werden, innerhalb der Wolken in
der räumlichen Größenordnung des harmonischen Potentials
r
aho =
~
mωho
,
(2.64)
die einigen Mikrometern entspricht. Da Rubidium- und Natrium-Atome sich abstoßen,
wird dieser Effekt sogar noch vergrößert. Die Größe aho bestimmt ebenfalls den Durchmesser der kondensierten Wolke und ist unabhängig von der Teilchenzahl. In der Praxis
befinden sich allerdings immer einige Teilchen in höher angeregten Zuständen und verursachen damit eine Vergrößerung der Ortsverteilung.
Aufgrund der geringen Dichte der Gase sind Zwei-Körper-Stöße die einzigen nennenswerten Stoßprozesse. Diese können allerdings die Anzahl der Teilchen, die sich unterhalb der
kritischen Temperatur im Zentrum der Falle befinden, um bis zu zwei Größenordnungen
verringern [30].
Der am häufigsten verwendete Ansatz zur Beschreibung eines schwach wechselwirkenden
Bosonengases ist die Gross-Pitaevskii Theorie [53, 54, 106], die im folgenden Abschnitt
eingeführt werden soll. Oberhalb der kritischen Temperatur kann ein reales Bose-Gas gut
durch die in den vorherigen Kapiteln angegebenen quantenstatistischen Ensembles genähert werden [9, 59], da die Dichte im Zentrum der Falle erst bei der Kondensation ansteigt.
2.4 Die Gross-Pitaevskii-Theorie
21
2.4.1 Die Gross-Pitaevskii-Theorie
1947 formulierte Bogoliubov als erster eine Theorie zur Beschreibung dünner Bose-Gase
[13], deren Grundidee hier dargelegt werden soll.
Der Viel-Teilchen-Hamilton-Operator für N wechselwirkende Bosonen lautet
Z
~
+
Ĥ = dr Ψ̂ (r) −
∆ + Vext (r) Ψ̂(r)
2m
Z
1
+
dr dr0 Ψ̂+ (r)Ψ̂+ (r0 ) V (r − r0 )Ψ̂(r0 )Ψ̂(r).
2
(2.65)
Bei Ψ̂+ (r) und Ψ̂(r) handelt es sich um Boson-Feldoperatoren, die ein Teilchen am Ort r
erzeugen oder vernichten, und V (r − r0 ) beschreibt das Zwei-Teilchen-Potential. Mit den
Ein-Teilchen-Wellenfunktionen ψα (r) und den dazugehörigen Vernichtungsoperatoren âα
kann der Feldoperator als Summe ausgedrückt werden:
X
ψα (r)âα
(2.66)
Ψ̂(r) =
α
Die Ein-Teilchen Erzeugungs- und Vernichtungs-Operatoren sind mit den Eigenwerten nα
des Teilchenzahl-Operators N̂α = â+
α âα durch die Relationen
â+
α | n0 , n1 , ..., nα , ...i =
√
nα + 1 | n0 , n1 , ..., nα + 1, ...i
(2.67)
âα | n0 , n1 , ..., nα , ...i =
√
nα | n0 , n1 , ..., nα − 1, ...i
(2.68)
und
gegeben.
Eine Bose-Einstein-Kondensation findet statt, wenn die Anzahl Atome n0 in einem bestimmten Ein-Teilchen-Zustand sehr groß wird. Dann gilt n0 = hη0 i, und es ergibt sich
â0 = â+
0 =
p
hη0 i.
(2.69)
Bei einem gleichmäßigen
Gas mit Volumen V, in dem die Kondensation im Ein-Teilchen√
Zustand ψ0 = 1/ V stattfindet, kann der Feldoperator durch
Ψ̂(r) =
p
hη0 i /V + Ψ̂0 (r)
(2.70)
ausgedrückt werden, wenn man eine kleine Störung Ψ̂0 (r) einführt.
Bogoliubovs Beschreibung läßt sich dann auf ungleichmäßige und zeitabhängige Konfigurationen verallgemeinern:
Ψ̂(r, t) = φ(r, t) + Ψ̂0 (r, t),
(2.71)
22
Kapitel 2. Einführung in die Bose-Einstein-Kondensation (BEC)
wobei φ(r, t) der Erwartungswert des Feldoperators ist und die Bedeutung eines Ordnungsparameters trägt. Die Funktion wird oft auch als Wellenfunktion des Kondensats, die einem
klassischen Feld mit gegebener Amplitude und Phase entspricht, bezeichnet.
Soll eine Gleichung für diese Wellenfunktion gefunden werden, muß mit Hilfe des
Hamilton-Operators (2.65) die Zeitentwicklung des Feldoperators
D
E
i~ ∂t Ψ̂(r, t) = [Ψ̂(r, t), Ĥ]
Z
~2
0 + 0
0
0
= −
∆ + Vext (r) + dr Ψ̂ (r , t) V (r − r)Ψ̂(r , t) Ψ̂(r, t) (2.72)
2m
ermittelt werden. Nimmt man weiterhin an, daß es sich bei den Atomen um klassische
Feldquellen handelt (Born-Näherung), darf der Feldoperator Ψ̂(r, t) durch das klassische
Feld φ(r, t) ersetzt und die Kopplungskonstante
Z
g = dr V (r)
(2.73)
eingeführt werden. Diese wird dann durch die s-Wellen-Streulänge a ausgedrückt, so daß
man
g=
4π ~2 a
m
(2.74)
erhält. Die s-Wellen-Streulänge ist für abstoßende Teilchen positiv und für anziehende
Kräfte negativ. Nimmt man weiter an, daß die Änderung der Wellenfunktion in der Größenordnung der Reichweite des Potentials liegt, erhält man folgende Gleichung:
~2
2
∆ + Vext (r) + g|φ(r, t)| φ(r, t).
i~ ∂t φ(r, t) = −
(2.75)
2m
Da es möglich ist, die Kopplungskonstante g durch die s-Wellen-Streulänge auszudrücken,
gilt Gleichung (2.75) auch außerhalb der Born-Näherung. Der Grund dafür ist, daß die
durchschnittliche Streulänge in einem dünnen Gas viel kleiner als der mittlere Abstand der
Atome ist. Somit können alle Wechselwirkungsprozesse, unabhängig von der Form des
Zwei-Teilchen Potentials, mit Hilfe von a beschrieben werden. E.P. Gross und L.P. Pitaevskii entwickelten die nichtlineare Schrödinger-Gleichung (2.75), die daher heute unter dem
Namen Gross-Pitaevskii-Gleichung bekannt ist, unabhängig voneinander [53, 54, 106].
Aufgrund der Annahme, daß die Störung Ψ̂0 (r, t) verschwindet, gilt die hier aufgezeigte
Beschreibung streng genommen nur für den Fall T = 0, wenn sich also alle Teilchen
im Grundzustand befinden. Da allerdings unterhalb der kritischen Temperatur Tc nahezu
alle Teilchen kondensiert sind, bietet die Gross-Pitaevskii-Gleichung eine gut geeignete
Näherung eines realen Systems und liefert Ergebnisse, die gut mit den experimentellen
Daten übereinstimmen.
Numerische Lösungen der Gross-Pitaevskii-Gleichung können relativ leicht gefunden werden, so daß es nicht verwundert, daß bereits verschiedene Veröffentlichungen mit unterschiedlichen Ansätzen existieren [31, 38, 68]. Die Ergebnisse dieser Arbeiten stimmen
ebenfalls mit Monte-Carlo-Simulationen, die von dem oben angegebenen Viel-TeilchenHamilton-Operator (2.65) ausgehen, überein [80].
2.4 Auswirkungen auf thermodynamische Eigenschaften
23
Bei anziehenden Wechselwirkungen oder hohen Dichten in der Atomwolke können VielKörper-Stöße oder Rekombinationsprozesse unter Umständen nicht mehr vernachlässigt
werden. Es existieren verschiedene Ideen, dieses Problem in die Gross-Pitaevskii-Theorie
zu integrieren, wobei eine Möglichkeit darin besteht, eine modifizierte Gleichung, die zusätzliche Wechselwirkungsterme enthält, einzuführen [3].
2.4.2 Auswirkungen auf thermodynamische Eigenschaften
Mit der großkanonischen Näherung erhält man für die Übergangstemperatur eines idealen
Bose-Gases in einer harmonischen Falle die Gleichung (in Einheiten von kB )
N 1/3
Tc = ~ωho
.
(2.76)
ζ(3)
Dabei stellt ζ(3) = 1, 202 die Riemansche Zetafunktion dar. Die Anwesenheit abstoßender
Kräfte bewirkt eine Vergrößerung der Wolke und damit eine geringere Dichte, wodurch die
Übergangstemperatur nach unten verschoben wird.
Mit Hilfe der Hartree-Fock Näherung ist es möglich, die Verschiebung der kritischen Temperatur abzuschätzen. Dazu nimmt man an, daß die Atome sich wie nicht wechselwirkende
Teilchen in einem effektiven Potential Veff (r) verhalten. Dieses Potential setzt sich aus dem
externen Potential Vext (r) und einem Wechselwirkungsterm zusammen, der die Dichte ρ(r)
und die Kopplungskonstante g enthält. Für den effektiven Hamilton-Operator ergibt sich also
ĤHF = −
~2
(2.77)
∆ + Vext (r) + 2gρ(r).
2m
Diese Methode wurde erstmals 1981 von Goldman, Silvera und Leggett angewandt [49]
und später auf die aktuellen Experimente erweitert [48, 113].
Nach [48] verschiebt sich die kritische Temperatur linear mit der s-Wellen-Streulänge
δTc
a 1/6
= −1.3
N ,
(2.78)
Tc
aho
und für eine typische Konfiguration liegt diese Verschiebung bei etwa vier Prozent.
Für die Grundzustandsbesetzungszahl gilt in einem idealen Gas nach [69]
3
hη0 i
T
=1−
,
N
Tc
(2.79)
und führt man auch hier die Wechselwirkung ein, ergibt sich nach [30] mit dem chemischen
Potential µ
3
3 !2/5
hη0 i
T
ζ(2) T 2
T
=1−
−µ
1−
.
(2.80)
3
N
Tc
ζ(3) Tc
Tc
Die Herleitung dieser Formel soll an dieser Stelle nicht angegeben werden, allerdings ist
der zu Gleichung (2.79) zusätzliche Term von großer Bedeutung, denn für abstoßende Teilchen kann er dazu führen, daß sich die Anzahl der Atome im Grundzustand um ein fünftel
verringert.
3
Rekursionsformeln zur Berechnung der Zustandssumme
Sowohl in den meisten Lehrbüchern als auch in Abschnitt 2.2 wird das Phänomen der BoseEinstein-Kondensation mit dem großkanonischen Ensemble beschrieben (siehe 2.1.3). Wie
bereits erklärt, unterscheidet sich die experimentelle Situation in vielerlei Hinsicht von den
Voraussetzungen eines mit der großkanonischen Gesamtheit beschriebenen idealen Gases,
da die Anzahl der Teilchen in der Atomwolke endlich und konstant ist.
Weiterhin beeinflussen die Fallenpotentiale die Eigenschaften der Kondensate. Obwohl die
Gaswolken sehr dünn sind, muß überprüft werden, ob die Beschreibung als ideales Gas
richtig ist.
Aus diesen Gründen bietet sich eine mikrokanonische oder kanonische Beschreibung an.
Eine der wichtigen Fragen, die eine Theorie zur Beschreibung eines idealen Bose-Gases
zu beantworten hat, ist die nach dem Verhalten der Fluktuation der Besetzungszahl des
Grundzustandes δη0 (N, β), da diese Fluktuationen eine große Rolle in den aktuellen Experimenten, das heißt bei endlichen Temperaturen, spielen. In der großkanonischen Beschreibung, also wenn das System in der Lage ist, Energie und Teilchen mit einem Reservoir
auszutauschen, ergibt sich für die durchschnittlich erwartete Grundzustandsfluktuation
p
δη0 = η0 (η0 + 1),
(3.1)
die allerdings gegen N strebt, wenn die Temperatur gegen Null geht. Offensichtlich kann
ein reales Bose-Einstein-Kondensat in einer Falle aber keine Energie oder Teilchen mit
einem Reservoir austauschen, so daß die Fluktuationen in der Nähe von T = 0 in der mikrokanonischen oder kanonischen Beschreibung verschwinden müssen.
Es existieren bereits Ansätze einer mikrokanonischen Erklärung für isotrope harmonische
Fallen von Gajda [47] und Grossmann [55], die dieses Verhalten bestätigen. In diesem
Kapitel soll gezeigt werden, daß äquivalente Ergebnisse auch mit Hilfe der kanonischen
Gesamtheit erreicht werden können.
3.1 Ein älterer Ansatz
Sämtliche thermodynamischen Eigenschaften eines Bose-Gases aus N Teilchen sind nach
[14] durch die Zustandssumme
N
1 X
ZN (β) =
Qk (β) ZN −k (β)
N k=1
25
(3.2)
26
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
(mit Z0 (β) = 1) gegeben, wobei
X
Qk (β) =
e−kβi
(3.3)
i
die Ein-Teilchen-Zustandssumme bei der Temperatur kβ ist. Bei den i handelt es sich um
die Ein-Teilchen-Energien. Durch Berechnung der inversen Laplace-Transformation von
(3.2) erhält man das mikrokanonische Phasenvolumen
Z c+i∞
N
1 X 1
ΓN (E) =
dβ eβE Qk (β)ZN −k (β)
N k=1 2πi c−i∞
N Z
1 X E 0 k 0
=
dE Γ1 (E )ΓN −k (E − E 0 ),
N k=1 0
(3.4)
(3.5)
wobei Γk1 (E) die inverse Laplace-Transformation von Qk (β) und Γ0 (E) = δ(E) ist.
Die Rekursionsformel wird beispielsweise in [12] erfolgreich angewendet, hat aber den
Nachteil, daß der Rechenaufwand mit N 2 steigt. Um nämlich thermodynamische Größen
mit ihr zu berechnen, tritt jedesmal der Normalisierungsfaktor ZN (β) auf und muß explizit
ermittelt werden. Weiterhin steigt ZN (β) exponentiell mit der Teilchenzahl, so daß mit
einer hohen Rechengenauigkeit gearbeitet werden muß. Bei numerischen Rechnungen ist
daher die maximale Anzahl Teilchen auf etwa 2000 beschränkt.
3.2 Die neue Rekursionsformel
Ein neuerer Ansatz verwendet (3.2), um eine Rekursion zu erhalten, deren Rechenaufwand
nur mit N steigt und ist in [15] beschrieben. Die Herleitung der Rekursionsformel soll an
dieser Stelle skizziert werden, da sie in späteren Kapiteln benutzt wird und einige Rechnungen aus dieser Arbeit verwendet werden, um die Nützlichkeit des Verfahrens in [15] zu
veranschaulichen.
Zur Vereinfachung wird ZN (β) mit der sogenannten Z-Transformation neu geschrieben:
Z(Z) = F (x) =
Z(Q) = G(x) =
∞
X
Zk (β)
k=0
∞
X
k=0
(3.6)
xk
Qk (β)
xk
(3.7)
(mit Q0 (β) = 0). Gleichung 3.2 wird damit zu
−x
d
F (x) = F (x) G(x),
dx
(3.8)
und es ergibt sich
F (x) = exp
∞
X
Qk (β)
k=1
k
!
−k
x
.
(3.9)
3.2 Die neue Rekursionsformel
27
Wendet man die inverse Z-Transformation an und definiert C := {x ∈ C :| x |= r}, so
läßt sich die Zustandssumme schreiben als
Z
1
ZN (β) =
F (x)xN −1 dx ,
(3.10)
2πi C
wobei r die Beziehung | ZN (β) |≤ exp(rN) erfüllen muß. Alternativ kann man
1 dN
ZN (β) =
F
(1/x)
N! dxN
x=0
(3.11)
angeben. Damit wird die Zahl der Teilchen mit Energie i berechenbar:
1
ηi (N, β) = − ∂i ln ZN (β)
β
(3.12)
!! ∞
X
1 dN
xl X −βlj
=−
∂
exp
e
(3.13)
N i
βZN (β) N! dx
l j
l=1
x=0
" ∞
!
!!#
∞
N
X
X
Q
(β)
1
1 d
l
=−
(−β)xl e−βlj
exp
xl
.
βZN (β) N! dxN
l
l=1
l=1
x=0
(3.14)
1
Mit der Produktregel für N-fache Ableitungen
dN
(uv) =
dxN
N
0
dN
u Nv+
dx
N
1
d dN −1
u
v + ... + v
dx dxN −1
und
∞
X
(−β)xl e−βli
k
d
dxk
l=1
!
N
N
dN
u
dxN
(3.15)
= (−β)k! e−βki
(3.16)
x=0
folgt
∞ 1
1 X N dk
ηi (N, β) =
ZN (β) N! k=0 k dxk
=
=
ηi (N + 1, β) =
=
1
ZN (β)
1
ZN (β)
1
∞
X
k=1
N
X
!
xl e−βli
1
d
F
(1/x)
N
−k
(N − k)! dx
l=1
N −k
x=0
e−βi
dN −k
F
(1/x)
N −k
dx
(3.17)
x=0
(3.18)
x=0
e−βki ZN −k (β)
k=1
N
+1
X
ZN +1 (β)
∞
X
e−βki ZN +1−k (β)
(3.19)
(3.20)
k=1
ZN (β) −βi
e
(ηi (N, β) + 1)
ZN +1 (β)
(3.21)
28
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
Da N im kanonischen Ensemble fest ist, erhält man den Normalisierungsfaktor direkt durch
die Beziehung
N +1
ZN (β)
= P∞ −βi
.
ZN +1 (β)
(ηi (N, β) + 1)
i=0 e
(3.22)
In Fermi-Systemen ändert sich nur der letzte Faktor zu (1 − ηi (N, β)).
In der Praxis muß nur eine begrenzte Zahl von Energien betrachtet werden, da die Besetzungswahrscheinlichkeit für größere Eigenwerte schnell abnimmt. Berechnet man sie mit
diesem Verfahren, so folgt für den Erwartungswert der Energie
E(N, β) =
∞
X
i ηi (N, β).
(3.23)
i=0
Die Fluktuation der Besetzungswahrscheinlichkeiten δηi (N, β) ist etwas komplizierter und
enthält eine weitere Rekursion:
1 2
∂ ln ZN +1 (β)
β 2 i
1
= − ∂i ηi (N + 1, β)
β
ZN (β) −βi 2
e
δ ηi (N, β)
=
ZN +1 (β)
+ ηi (N + 1, β) + 1 ηi (N, β) − ηi (N + 1, β) + 1
(δηi (N + 1, β))2 =
(3.24)
(3.25)
(3.26)
3.2.1 Andere Ansätze
Seit der Erzeugung des ersten Bose-Einstein-Kondensates ist von vielen Forschungsgruppen Arbeit in die theoretische Beschreibung der Kondensate investiert worden. Daher
ist es nicht verwunderlich, daß auch andere Gruppen Rekursionsformeln hervorbrachten.
K.C. Chase et al. entwickelten beispielsweise aufgrund von älteren Arbeiten zur Kernphysik eine zu Gleichung (3.2) analoge Rekursionsformel für die Zustandssumme des kanonischen Ensembles, indem sie sie aus der großkanonischen Gesamtheit ableiteten [24].
Ein Quantenstatistisches Ensemble, welches nur Teilchenaustausch, aber eine konstante
Energie voraussetzt, stammt von Patrick Navez et al. und wurde 1997 veröffentlicht [93].
Das sogenannte “Maxwell’s Dämon Ensemble”1 erlaubt einen Teilchenaustausch nur zwischen dem als Reservoir dienenden Grundzustand und den angeregten Zuständen. Diese
Methode ist bereits mehrmals angewendet worden, um Atome in Fallen zu beschreiben
(siehe beispielsweise [56]).
1
Der Name dieses Ensembles kommt aus der Geschichte über Maxwells Dämon, einem hypothetischen
genialen Geist, der in der Lage sein sollte, langsame Teilchen von schnellen zu trennen ohne Energie auszutauschen.
3.3 Anwendung auf Helium
3.3 Anwendung auf Helium
Die bisher erzeugten Bose-Einstein-Kondensate entstanden in magneto-optischen Fallen,
den sogenannten MOTs (siehe Abschnitt 4.7). Wie bereits erwähnt, lassen sie sich gut mit
einem dreidimensionalen, anisotropen harmonischen Oszillatorpotential nähern, da sich
die Teilchen in der Regel in einem Magnetfeld befinden, dessen Feldstärke im Zentrum
sehr klein ist und nach außen hin quadratisch anwächst. Es ist aber auch denkbar, daß eine
Atomfalle eine andere Form hat, die feste Randbedingungen voraussetzt.
In diesem Kapitel soll das in Abschnitt 3 eingeführte Rekursionsprinzip für das kanonische
Ensemble benutzt werden, um thermodynamische Eigenschaften von idealen Bose-Gasen
in verschiedenen Fallenpotentialen zu berechnen. Dazu werden die Energieeigenwerte in
den einzelnen Potentialen berechnet und dann daraus mit Hilfe der Rekursion (3.21) für die
Besetzungszahl ηi (N, β) der Erwartungswert der Energie (3.23) bei verschiedenen Temperaturen bestimmt. Die Ableitung der Energie nach der Temperatur liefert dann die spezifische Wärme CV , deren Maximum die kritische Temperatur Tc angibt, bei der die Kondensation des Systems in den Grundzustand beginnt. Da sich das als ideal angenommene 4 He
Gas in einem Potential befindet, strebt die spezifische Wärme am Phasenübergangspunkt
nicht gegen unendlich, sondern hat lediglich ein Maximum.
Im Anschluß soll dann eine Betrachtung der Grundzustandsfluktuationen δη0 (N, β) folgen,
um genauer auf die Unterschiede der einzelnen Fallen einzugehen.
Bei den betrachteten Potentialen handelt es sich um verschiedene harte Kugeln, Boxen und
Zylinder, wobei die Herleitung der zugehörigen Energieeigenwerte in Anhang A nachvollzogen werden kann. Das Potential, in dem sich ein Teilchen mit der Masse m bewegt,
verschwindet jeweils innerhalb des Körpers und ist außerhalb unendlich.
In den hypothetischen Fallen befindet sich flüssiges 4 He mit einer Masse von m = 4u und
der Dichte ρ = 0,0216Å−3. Das Volumen V eines hier berechneten Körpers ist durch die
Dichte und die Teilchenzahl N festgelegt, so daß daraus in Abhängigkeit von der Form der
Potentiale die Durchmesser d, Höhen L oder Kantenlängen a bestimmt werden können.
Für die Box und die Zylinder werden die Rechnungen jeweils für verschiedene geometrische Verhältnisse durchgeführt. Bei der Box wird grundsätzlich von einer quadratischen
Grundfläche mit Kantenlänge Lx = Ly = a und Höhe Lz = L ausgegangen. Ähnliches gilt
für den Zylinder, dem statt einer Kantenlänge ein Durchmesser d zugewiesen wird. Die
Hohlkugel und der Hohlzylinder erhalten den zusätzlichen Parameter λ, der das Verhältnis
aus Außen- und Innenradius angibt.
Berechnet werden also die thermodynamischen Eigenschaften eines idealen Bose-Gases
in einer Kugel, einem Würfel, einem Quader mit einem Verhältnis der Kantenlänge a zur
Höhe L von 1:4 und 4:1 und Zylindern mit entsprechenden Verhältnissen für Durchmesser d und Höhe L. Weiterhin werden drei Zylinder mit periodischen Randbedingungen
und zu den anderen Zylindern identischen Abmessungen betrachtet. Periodische Randbedingungen bedeuten, daß die Wellenfunktionen an den Enden des Zylinders ineinander
übergehen, und es muß überprüft werden, ob beispielsweise eine torusförmige Falle oder
eine Falle mit “Optical Plug” (siehe Kapitel 4) besser durch ein solches Potential als durch
einen Hohlkörper genähert werden kann. Weiterhin werden Hohlkugeln und Hohlzylinder
mit Verhältnissen von Innen- zu Außenradius λ von 0,75 und 0,9 angenommen. Zur Ver-
29
30
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
anschaulichung dieser Körper dient Abbildung 3.1, die die verschiedenen Potentiale mit
ihren Längenbezeichnungen zeigt.
L
L
a
r
r2
a
d
d2
Abbildung 3.1: Zu den betrachteten Potentialen gehören Kugeln, Boxen und Zylinder und für die
zugehörigen Hohlkörper gilt λ = r/r2 (Kugel) und λ = d/d2 (Zylinder).
Die jeweils fünf niedrigsten Energieniveaus, sowie deren Entartung σn für verschiedene
Teilchenzahlen und Größenverhältnisse sind in den Tabellen in Anhang A angegeben und
sollen daher an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Bei der Berechnung der Energieeigenwerte ist zu beachten, daß für exakte Ergebnisse der
anschließend anzuwendenden Rekursion alle, das bedeutet unendlich viele Werte einbezogen werden müssen. Dieses ist natürlich aufgrund endlicher Rechnerleistung unmöglich.
Es genügt allerdings, eine sehr große Zahl Niveaus zu beachten, da sehr hohe Zustände
bei den interessanten, niedrigen Temperaturen kaum besetzt sind. Trotzdem darf die Ermittlung der Eigenwerte nicht zu früh abgebrochen werden, da das eine Verfälschung der
Ergebnisse zur Folge hätte.
Die einfachste Lösung dieses Problems besteht darin, die in Bezug auf Speicher- und Zeitaufwand größte vertretbare Anzahl Zustände einzubeziehen. Nachteilig ist allerdings, daß
die im vorigen Abschnitt eingeführte Rekursion die Berechnung der Besetzungszahl für jeden dieser Zustände erfordert und deren Rechenaufwand linear mit der Teilchenzahl steigt.
Einen guten Kompromiß ermöglicht folgender Weg: Das Energiespektrum wird in eine
begrenzte Zahl α gleich großer Bereiche aufgeteilt. Fällt nun ein Energieeigenwert En in
einen dieser Bereiche mit der mittleren Energie Eα , wird die Entartung dieses Niveaus
σα um den Wert Eins erhöht. Sehr dicht beieinander liegende Eigenenergien werden also
zusammengefaßt zu einem Wert mit entsprechend großer Entartung. Die Rekursion muß
dann nur noch für diesen einen Wert durchgeführt werden, und die ermittelte Besetzungszahl wird anschließend mit der Entartung multipliziert. Natürlich ist eine einzelne Multiplikation wesentlich weniger zeitaufwendig als ein vielfaches Lösen der Gleichung 3.21.
Am Beispiel der Eigenwerte des Zylinders mit 10000 Teilchen ist dies in Abbildung 3.2
gezeigt. Dort ist die Entartung eines Zustandes über die Energie aufgetragen. Man sieht
deutlich, daß σ für hohe Energien Werte von über eintausend annimmt und entsprechend
groß sind somit auch die Einsparungen in der Rechenzeit.
Bei geschickter Wahl der Energiebereiche ist es möglich, die Zahl der in die Berechnungen
einfließenden Eigenwerte zwar stark zu verringern, die Ergebnisse aber nur unwesentlich
3.3 Anwendung auf Helium
31
σ
1000
500
0
0
50
100
E
Abbildung 3.2: Die Entartung σ der Energieeigenwerte eines Zylinders mit 10000 Teilchen.
zu verfälschen. Im Gegensatz zu einer Begrenzung der Energie auf einen Bereich unterhalb
einer festen oberen Grenze ist es mit diesem Verfahren möglich, weitaus genauere Resultate mit viel geringerem Rechenaufwand zu gewinnen. Wichtig ist nur, daß die einzelnen
Energiebereiche so klein sind, daß die untersten Niveaus noch getrennt werden können.
Eine klare Unterscheidbarkeit der untersten Zustände bedeutet, daß zwischen den einzelnen Energien einige Energiebereiche Eα unbesetzt sein müssen, denn für die Berechnungen
wird jeweils der Mittelwert eines Bereichs verwendet. Liegt also der Zustand ijk beispielsweise am unteren Ende eines Bereichs, wird er in den Berechnungen zu (Eα − Eα−1 )/2
verschoben. Da die untersten Zustände vergleichsweise weit auseinander liegen, verursachen Energiebereiche in der Größenordnung dieses Abstands eine nicht vernachlässigbare
Verfälschung der Ergebnisse.
Eine Einschränkung auf Energien unterhalb eines festgelegten Wertes kann durch dieses
Verfahren zwar immer noch nicht verhindert, jedoch kann diese Grenze weit nach oben
verschoben werden, so daß eventuell vergleichsweise stark besetzte hohe Niveaus einen
Einfluß ausüben können.
Für alle in dieser Arbeit vorgestellten Berechnungen der Energieeigenwerte hat sich gezeigt, daß für bis zu 100000 Teilchen in einem dreidimensionalen anisotropen Potential
die ersten 500 Werte für jede Quantenzahl, insgesamt also 5003 = 1,25·108 Energien, berechnet werden müssen. Teilt man diese große Zahl in αges = 20000 Energiebereiche mit
entsprechender Entartung auf, sind die untersten Niveaus noch gut zu unterscheiden und
die Rechenzeit sinkt etwa um einen Faktor 6000. Für kleinere Teilchenzahlen könnten die
Eigenwerte für weniger Quantenzahlen ermittelt werden, allerdings ist die zu erwartende
Einsparung von Rechenzeit aufgrund der hohen bereits erreichten Geschwindigkeit gering.
Im Anschluß an die Bestimmung der Energieeigenwerte erfolgt die Berechnung der Energien, Besetzungszahlen ηi (N, β) sowie ihrer Fluktuationen für feste Teilchenzahlen N und
einen Temperaturbereich von null bis zehn Kelvin mit Hilfe der Rekursionsformel.
Bei der Umsetzung der Rekursionsformel in ein Programm treten ebenfalls Schwierigkeiten auf, wenn zu niedrige Temperaturen oder sehr große Teilchenzahlen verwendet werden.
Während große Teilchenzahlen hauptsächlich zu langen Rechenzeiten führen, verursachen
32
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
kleine Temperaturen numerische Ungenauigkeiten, da sie zusammen mit den Energieeigenwerten im Exponenten von Gleichung 3.21 stehen. Die numerische Genauigkeit eines
Compilers reicht dann ohne Zuhilfenahme eines “Multiple Precision Packages” nicht mehr
aus, wodurch jedoch die Rechenzeit stark ansteigt.
Die an dieser Stelle angewendete Formel hat allerdings große Vorteile gegenüber dem älteren Ansatz (siehe Abschnitt 3.1), da sowohl viel größere Teilchenzahlen als auch niedrigere
Temperaturen erreicht werden können. Eine Simulation einer realen Atomfalle, wie sie zur
Herstellung eines Bose-Einstein-Kondensates aus Alkali-Atomen benutzt wird, ist also mit
der alten Formel nahezu unmöglich, weil dort mit Temperaturen im Bereich einiger Nanokelvin gearbeitet wird. Hinzu kommt, daß Fallen der neuen Generation mit um zwei bis
drei Größenordnungen höheren Teilchenzahlen (105 bis 106 ) arbeiten.
In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der Simulationen eines idealen 4 HeGases in harten Potentialen dargestellt und ausgewertet.
3.3.1 Die spezifische Wärme CV (T )
Durch Differenzieren der inneren Energie nach der Temperatur T erhält man die spezifische Wärme CV , die in den folgenden Grafiken für verschiedene Kombinationen aus
Teilchenzahlen und Potentialen dargestellt ist. Abbildung 3.3 zeigt drei Diagramme für
unterschiedliche Teilchenzahlen.
N =100
N =1000
N =10000
Box
Zyl.
2
Kugel
Box
Box
[kB ]
CV
N
a:L=1:1
d:L=1:1
a:L=1:4
a:L=4:1
1
0
0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 60 1 2 3 4 5 6
T [K]
T [K]
T [K]
Abbildung 3.3: Die spezifische Wärme pro Teilchen für verschiedene Körper und N =100, 1000
und 10000 Teilchen.
Man sieht deutlich, daß die Kurven für größer werdende N immer ähnlicher werden, und
das Maximum, das die kritische Temperatur angibt, tritt immer schärfer hervor. Während
sich die Werte für die deformierten Boxen mit einem Längenverhältnis von a:L=1:4 und 4:1
im ersten Graphen noch stark von den Ergebnissen der anderen Potentiale unterscheiden,
sind die Kurven für N=10000 Teilchen kaum noch zu trennen.
Dieses Ergebnis zeigt, daß die Randbedingungen für große Systeme erwartungsgemäß immer mehr den Einfluß auf das ideale Gas verlieren.
3.3 Die spezifische Wärme CV (T )
33
Führt man allerdings andere Potentiale wie beispielsweise einen Hohlkörper oder einen
Zylinder mit periodischen Randbedingungen ein, so fällt das Resultat anders aus. Bei gleichem Volumen und identischer Teilchenzahl sind die Maxima der Kurven nicht identisch,
wie Abbildung 3.4 für 10000 4 He Atome zeigt.
Zylinder
d:L=1:1
2
Hohlzylinder
Hohlzylinder
Hohlkugel
[kB ]
CV
N
d:L=1:1
λ=0,75, d:L=1:1
λ=0,9, d:L=1:1
Periodischer Zylinder
Hohlkugel
λ=0,75
λ=0,9
1
0
0
2
4
6
8
10
T [K]
Abbildung 3.4: Die spezifische Wärme für verschiedene Zylinder, Hohlzylinder und Hohlkugeln
mit N =10000 Teilchen.
Für den periodischen Zylinder ist die kritische Temperatur um etwa ein Kelvin nach oben
verschoben, und weitere Rechnungen, deren Ergebnisse hier nicht dargestellt sind, haben
gezeigt, daß das Verhalten eines Gases in einem solchen Potential sehr viel Ähnlichkeit mit
dem Verhalten in herkömmlichen Zylindern aufweist. Den einzigen Unterschied stellt die
Verschiebung zu einer höheren Temperatur dar.
In Abbildung 3.4 sind zusätzlich die Ergebnisse zweier weiterer Potentiale, dem Hohlzylinder und der Hohlkugel, dargestellt. Man sieht deutlich, daß diese Kurven flacher verlaufen
als die oben beschriebenen. Beide Hohlkörper besitzen einen Parameter λ, der das Verhältnis aus Innen- und Außenradius angibt. Diesem Wert wird hier entweder 0,75 oder 0,9
zugewiesen. Es handelt sich also um Körper, deren Wände so dicht beieinander liegen, daß
ihr Einfluß auch in vergleichsweise großen Systemen nicht zu vernachlässigen ist.
Während die Form des Behälters, also ob es sich um eine Hohlkugel oder einen Hohlzylinder handelt, nur eine untergeordnete Rolle spielt, verändert der Parameter λ den Verlauf der
spezifischen Wärme erheblich. Für λ=0,9 verschwindet das Maximum der Kurven bereits
aus dem betrachteten Temperaturbereich.
Der Einfluß der Deformation eines Hohlzylinders wird in Abbildung 3.5 gezeigt. Für 10000
Teilchen ist das Maximum noch nicht so gut ausgeprägt wie beispielsweise bei der Box
oder der Kugel. Weiterhin sieht man deutlich, daß sich dieser Effekt vergrößert, je höher
der betrachtete Hohlzylinder ist, das heißt je kleiner das Verhältnis aus dem Durchmesser
d und der Höhe L ist. 2
2
Ein anderer Ansatz zur Beschreibung idealer Bose-Gase in harten Potentialen erfolgt beispielsweise
in [64]. Hier werden thermodynamische Größen oberhalb der kritischen Temperatur berechnet. Vorausset-
34
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
Hohlzylinder
Hohlzylinder
2
CV
N
[kB ]
Hohlzylinder
λ=0,75, d:L=1:1
λ=0,75, d:L=1:4
λ=0,75, d:L=4:1
1
0
0
2
4
6
8
10
T [K]
Abbildung 3.5: Die spezifische Wärme für unterschiedlich deformierte Hohlzylinder und N =10000
Teilchen.
3.3.2 Grundzustandsfluktuationen
Die Fluktuation der Besetzungszahl des Grundzustands δη0 (N, β) berechnet sich nach
Gleichung (3.26), und die in diesem Abschnitt gezeigten Grafiken entsprechen den oben
behandelten Systemen, wobei allerdings das Verhalten der Fluktuationen grundsätzlich anders ist als das der spezifischen Wärme.
N =100
0.20
N =1000
N =10000
Box
Zyl.
Kugel
0.15
Box
Box
δη0
N
a:L=1:1
d:L=1:1
a:L=1:4
a:L=4:1
0.10
0.05
0.00
0
2
T [K]
4
6 0
2
T [K]
4
60
2
4
6
T [K]
Abbildung 3.6: Grundzustandsfluktuation pro Teilchen für verschiedene Körper und N =100, 1000
und 10000 Teilchen.
Abbildung 3.6 zeigt die Grundzustandsfluktuation pro Teilchenzahl δη0 (N, β)/N für die
bereits im vorigen Abschnitt gewählten N und Temperaturbereiche. Während die Fluktuationen für den Zylinder mit identischem Durchmesser und Höhe, den Würfel und die
zungen für den dort gegebenen großkanonischen Ansatz sind allerdings eine große Teilchenzahl N und eine
geringe Besetzungszahldichte.
3.3 Grundzustandsfluktuationen
35
Kugel schon für N=100 sehr dicht beieinander liegen, ist das Ergebnis für gestreckte oder
gestauchte Körper anders. Unterhalb der kritischen Temperatur weisen sie eine größere
Fluktuation auf.
0.20
Zylinder
d:L=1:1
d:L=1:1
λ=0,75, d:L=1:1
λ=0,9, d:L=1:1
Periodischer Zylinder
Hohlzylinder
0.15
Hohlzylinder
δη0
N
Hohlkugel
Hohlkugel
0.10
λ=0,75
λ=0,9
0.05
0.00
0
2
4
6
8
10
T [K]
Abbildung 3.7: Grundzustandsfluktuation für verschiedene Zylinder, Hohlzylinder und Hohlkugeln
mit N =10000 Teilchen.
Weiterhin ändert sich diese Differenz zwischen den einzelnen Potentialen nur gering
mit wachsender Teilchenzahl. Eine Approximation ergibt jedoch, daß die Fluktuation
δη0 (N, β)/N proportional zu N −1/3 ist und somit erwartungsgemäß bei einem Übergang
zu unendlichen Teilchenzahlen verschwindet.
0.20
Hohlzylinder
Hohlzylinder
Hohlzylinder
δη0
N
0.15
λ=0,75, d:L=1:1
λ=0,75, d:L=1:4
λ=0,75, d:L=4:1
0.10
0.05
0.00
0
2
4
6
8
10
T [K]
Abbildung 3.8: Grundzustandsfluktuationen für unterschiedlich deformierte Hohlzylinder und
N =10000 Teilchen.
In Abbildung 3.7 bietet der Graph für den symmetrischen Zylinder (d:L = 1:1) einen guten
Vergleich mit den Ergebnissen des vorherigen Diagramms, da er die bei weitem kleinste Fluktuation aufweist und somit zeigt, daß auch für die Hohlkörper gilt, was bereits
Kapitel 3. Rekursionsformeln zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme
zu erwarten war: Ihre Grundzustandsfluktuation wächst mit steigendem Parameter λ. Die
Kurven für einen Zylinder mit periodischen Randbedingungen entsprechen wie bei der spezifischen Wärme einem herkömmlichen Zylinder, dessen kritische Temperatur nach oben
verschoben ist.
Die Berechnungen für den Hohlzylinder (Abbildung 3.8) bestätigen die aus den vorherigen
Betrachtungen abgeleitete Erwartung, daß die Fluktuationen in gestauchten Fallen größer
sind als in gestreckten.
Eine gute Möglichkeit des Vergleichs mit den bereits von Gajda [47] und Grossmann [55]
veröffentlichten Ergebnissen bietet die oben angewandte Art der Darstellung der Grundzustandsfluktuation. Allerdings verschwindet die hier dargestellte Größe δη0 (N, β)/N für
große Teilchenzahlen. Daher ist sie kein guter Indikator für Phasenübergänge, und Abbildung 3.9 zeigt eine mögliche Alternative, denn hier ist die relative Fluktuation der Grundzustandsbesetzungszahl δη0 (N, β)/η0(N, β) für verschiedene Quader aufgetragen.
1.5
Box
Box
Box
Box
1.0
a:L=1:1,
a:L=1:4,
a:L=1:1,
a:L=1:4,
N =1000
N =1000
N =10000
N =10000
δη0
η0
36
0.5
0.0
0
2
4
6
8
10
T [K]
Abbildung 3.9: Relative Grundzustandsfluktuationen für unterschiedlich deformierte Quader und
N =1000, beziehungsweise N =10000 Teilchen.
Diese Grafik zeigt einen Effekt, der von anderen Systemen bereits bekannt ist: Der Phasenübergang findet nicht bei einer wohldefinierten Temperatur, sondern in einem kritischen
Gebiet statt, das durch einen starken Anstieg der Kurve für δη0 (N, β)/η0 (N, β) gekennzeichnet ist. Selbst für 10000 Teilchen in einem Würfel überspannt es noch einen Bereich
von etwa einem halben Kelvin, und für deformierte Körper ist das kritische Gebiet entsprechend größer. Der Grund dafür ist, daß finite Systeme keine scharfen Phasenübergänge
aufweisen sondern höchstens den Ansatz eines Übergangs.
Die Begründung für das in diesem Abschnitt gezeigte Verhalten liegt in den unterschiedlichen Differenzen zwischen den Energien des Grundzustandes und des ersten angeregten
Zustandes in einem Potential, sowie der Entartung der einzelnen Niveaus. Ob die Auswirkungen der Differenz der Eigenwerte oder der Entartung stärker sind, sollte in einer
zukünftigen Arbeit studiert werden.
Da in den Tabellen in Anhang A nicht nur die jeweiligen Energieeigenwerte, sondern auch
3.3 Grundzustandsfluktuationen
37
die Differenzen zum jeweils vorherigen Wert angegeben sind, können deren Auswirkungen
dort überprüft werden. In Tabelle 3.1 sind noch einmal die Differenzen ∆E = E1 −E0 nach
Größe sortiert, stellvertretend für einige ausgewählte Potentiale zusammengefaßt, wobei
die Teilchenzahl hier auf N=10000 festgesetzt ist.
Potential
∆E [eV]
Potential
∆E [eV]
Kugel
0,027211
Zylinder d:L=1:1
Zylinder d:L=4:1
Zylinder d:L=1:4
0,025573
0,012201
0,004028
Box a:L=1:1
Box a:L=4:1
Box a:L=1:4
Hohlzylinder λ=0,75, d:L=1:1
Hohlzylinder λ=0,75, d:L=1:4
Hohlzylinder λ=0,75, d:L=4:1
0,030041
0,011922
0,004731
0,004549
0,004027
0,001805
Tabelle 3.1: Differenzen zwischen der Grundzustandsenergie und der Energie des ersten angeregten Zustandes für verschiedene Potentiale.
Die Energiedifferenzen sind für die symmetrischen Zylinder und Quader größer als für die
deformierten Körper, wobei die gestreckten die kleinste Differenz aufweisen. Anders ist
es bei den Hohlzylindern, da dort das Verhältnis aus Innen- und Außenradius eine Rolle
spielt.
Unter experimentellen Bedingungen ergibt sich, daß ein kondensiertes ideales Bose-Gas in
einer anisotropen Falle weniger stabil sein wird als in einer isotropen.
4
Kühlung von atomaren Gasen und
Fallen für neutrale Teilchen
4.1 Doppler - Kühlung
Wahrscheinlich war Johannes Kepler 1619 der erste, der den Vorschlag vorbrachte, daß
Licht eine mechanische Kraft ausüben könnte. Damit versuchte er zu erklären, warum der
Schweif eines Kometen immer entgegengesetzt zur Sonne ausgerichtet ist. Er glaubte, das
Phänomen sei durch einen Druck beschreibbar, der vom Licht der Sonne hervorgerufen
wird. Genauere Studien zu diesem Thema kamen beispielsweise 1873 von James C. Maxwell, der seine Gleichungen dazu verwendete, einen Druck herzuleiten, der von einer elektromagnetischen Welle herrührt. Seine Ergebnisse wurden zur Jahrhundertwende von Lebedev, Nicols und Hull experimentell verifiziert [2].
Albert Einstein veröffentlichte 1917 einen Artikel, in dem er zeigte, daß ein molekulares
Gas, das der Maxwell-Boltzmann Statistik gehorcht, in einem thermischen Lichtfeld (weißes Licht) dessen Temperatur annimmt. Der Grund dafür ist, daß die einzelnen Photonen
mit der Wellenlänge λ beim Auftreffen auf ein Molekül nicht nur Energie E = hν, sondern
auch einen Impuls p = h/λ übertragen und durch diesen Strahlungsdruck die Geschwindigkeit des Kollisionspartners ändern. Der Photonenimpuls in Ausbreitungsrichtung des
Lichts wird mit dem Wellenvektor k zu p = ~k.1 Thermisches Licht ist allerdings aufgrund seiner hohen Temperatur von einigen tausend Kelvin unbrauchbar zum Kühlen. Erst
mit der Erfindung des Lasers änderte sich die Situation. Es ist jedoch möglich, auch mit
anderen Lichtquellen einen Atomstrahl sichtbar abzulenken, was bereits 1933 von Frisch
demonstriert wurde, der einen Natriumstrahl mit dem Licht einer Natriumlampe von seiner
Bahn abzubringen vermochte. Nach der Erfindung des Lasers mit variabler Wellenlänge
und hoher Intensität entwickelten Arthur L. Schawlow von der Universität Stanford (Nobelpreis 1981) und Theodor W. Hänsch (heute Universität München und MPI für Quantenoptik [67]) 1975 ein äußerst wirksames Kühlverfahren für neutrale Atome. Die sogenannte
Laser- oder Doppler-Kühlung soll deshalb in diesem Kapitel erläutert werden.
Seit Mitte der 80er Jahre hat die Laserkühlung eine explosionsartige Entwicklung erfahren.
Das Ergebnis ist, daß heute hocheffektive Fallen zur Verfügung stehen, in denen man kalte
Atome mit einer Dichte von bis zu 1014 Atomen pro Kubikzentimeter einfangen und auf
Temperaturen im Nanokelvinbereich herunterkühlen kann [62]. Dieser Wert liegt um mehrere Größenordnungen unterhalb der in der Festkörperphysik durch magnetisches Kühlen
erzeugten Temperaturen.
1
Die erste Demonstration der Energie- und Impulserhaltung bei Stößen von Photonen und Elektronen war
der Compton-Effekt. Die Wellenlänge der gestreuten Röntgenstrahlung vergrößert sich um die ComptonWellenlänge λc = h/me c, wobei me die Masse des Elektrons und c die Lichtgeschwindigkeit sind. Die
entsprechende Energie wird auf das rückstoßende Elektron übertragen.
39
40
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
Laserkühlung ist die Verringerung der atomaren Geschwindigkeitsverteilung durch Strahlungskräfte, die dazu geschwindigkeitsabhängig sein müssen. Bei Doppler-Kühlung ist diese Abhängigkeit dadurch gegeben, daß die Verstimmung der Frequenz des Lasers gegenüber der Resonanzfrequenz eines sich bewegenden Atoms durch den Doppler-Effekt verändert wird. Bewegt sich das Atom in entgegengesetzter Richtung des Laserstrahls, erscheint
die Frequenz des Lichts größer als die tatsächliche und kommt dadurch der Resonanzfrequenz des Atoms näher. Die Photonenabsorptionsrate wird somit vergrößert und die
Energie der Photonen versetzt das Atom in einen angeregten Zustand. Da die Richtung des
Impulses des absorbierten Photons dem des Atoms entgegengesetzt ist, verringert sich die
Geschwindigkeit des Atoms um ~k/m. Anschließend kehrt es in den Grundzustand zurück und gibt durch spontane Emission ein Photon ab. Die Impulserhaltung bewirkt einen
weiteren Rückstoß in entgegengesetzter Richtung des emittierten Photons. Allerdings ist
die Richtung, in die sich das emittierte Photon bewegt, zufällig, das heißt die übertragenen Impulse heben sich nach Mittellung über viele Absorptions- und Emissionsprozesse
gegenseitig auf. Dieser Vorgang ist für ein Atom mit zwei Zuständen in Abbildung 4.1
dargestellt.
p = ~k
v0
v = v0 − ~k/m
v = v0 − ~k/m
Abbildung 4.1: Die Absorption eines Photons mit dem Impuls p = ~k (oben) regt ein Atom mit
der Geschwindigkeit v0 an und bewirkt eine Abbremsung um ~k/m auf v = v0 − ~k/m (rechts).
Durch den Übergang in den Grundzustand wird die aufgenommene Energie in Form eines spontan
emittierten Photons abgegeben (links).
Im Vergleich zu unbewegten Atomen muß die Laserfrequenz um den Faktor δDop = kv
vergrößert werden, damit sie die Resonanzfrequenz eines Atoms mit der Geschwindigkeit
v und dem Wellenvektor k trifft.
Mit der Laserfrequenz ωL und der Absorptionsfrequenz ωA für ein unbewegtes Atom gilt
für die Verstimmung der Frequenzen δ = ωA − ωL , und durch die Doppler-Verschiebung
ergibt sich für die effektive Verstimmung δeff = δ − kv. Auf ein Atom mit zwei möglichen
Zuständen, das mit einer ebenen Welle bestrahlt wird, wirkt nach [105] die Kraft
Γ
I/I0
F = ~k
(4.1)
2 1 + I/I0 + 2δeff 2
Γ
in Richtung der Beschleunigung. Dabei sind Γ die natürliche Linienbreite, I die Laserintensität und I0 die Sättigungsintensität. Der Faktor I/I0 wird als normalisierte Intensität
4.1 Doppler - Kühlung
bezeichnet. Die Kraft F ist das Produkt aus dem Impuls des Photons ~k und der Streurate
für die Photonen, also die Zahl der Photonenabsorptionen gefolgt von spontaner Emission. Da die spontane Emission räumlich symmetrisch verteilt ist, wird pro Absorptionsund Emissionsvorgang durchschnittlich der Impuls eines Photons an das Atom übergeben.
Stimulierte Absorptions- und Emissionsprozesse tragen nicht zu dieser Kraft bei, da die
stimulierte Emission in dieselbe Richtung verläuft wie das Laserlicht. Daher trägt F oft
den Namen “spontane Kraft”, die die Doppler-Kühlung durch ihren Geschwindigkeitsanteil möglich macht. Für hohe Intensitäten ist die Zahl der maximal möglichen spontanen
Emissionen erreicht und F geht gegen ~kΓ/2. Die Beschleunigung eines Atoms mit Masse
M durch den gesättigten Strahlungsdruck ist
Γ
amax = ~k
.
(4.2)
2M
Für Natrium bedeutet dieses amax = 106 m/s2, was dem 105 -fachen der Beschleunigung
durch die Gravitation entspricht. Für Wasserstoff ergibt sich sogar 109 m/s2.
Für das Verständnis der Verfahren zur Kühlung von Atomen ist es sinnvoll, zu erklären,
wie Atomstrahlen mit einem Laser abgelenkt werden können. Dazu werden die Atome
senkrecht zu ihrer Flugrichtung mit dem Laser bestrahlt. Die Verstimmung δ soll in diesem Fall Null sein. Durch die einfallenden Photonen werden die Atome abgelenkt und
erfahren eine Beschleunigung, wodurch sich die relative Geschwindigkeit der Teilchen zu
den Photonen ändert bis kv zu groß wird, das bedeutet die Verstimmung δ wird groß und
die Photonenabsorptionswahrscheinlichkeit sinkt rapide. Die Ablenkung eines Atomstrahls
mit Licht fester Wellenlänge ist also nur begrenzt möglich. Atome mit verschiedenen Geschwindigkeiten werden allerdings auch verschieden stark abgelenkt. Nehmen wir an, die
Geschwindigkeitskomponente eines Atoms zeigt etwas mehr in Richtung des Lasers als
die durchschnittliche Geschwindigkeit aller Atome (kv < 0). Dann wird es so lange beschleunigt, bis die Resonanzfrequenz mit der Frequenz des Lasers übereinstimmt (kv = 0).
Eine weitere Beschleunigung (kv > 0) geht soweit, bis keine Absorption mehr stattfinden
kann. Atome, deren relative Anfangsgeschwindigkeit bereits zu groß ist (kv > 0), können
dementsprechend weniger Photonen absorbieren und werden weniger beschleunigt oder
abgelenkt.
Abbildung 4.2: Ablenkung eines Atomstrahls mit Laserlicht.
Durch diesen Effekt verlassen alle Atome die Wechselwirkungszone des Lasers mit fast
gleicher Geschwindigkeit v. Diese Angleichung der Geschwindigkeiten wird “transversale Doppler-Kühlung” oder “Kollimierung” genannt und in Abbildung 4.2 veranschaulicht.
41
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
Ein Atom kann weiter von seiner ursprünglichen Bahn abgelenkt werden, wenn der Winkel, in dem der Laserstrahl zur Bahn des Atoms steht, konstant gehalten wird. Es können
also beispielsweise mehrere Laser nebeneinander angeordnet werden, die jeweils um einen
bestimmten Winkel gedreht sind. Eine weitere Möglichkeit ist die Benutzung eines konvergenten Strahls (siehe Abbildung 4.3). Dadurch wird die Richtungsänderung der Geschwindigkeit kompensiert.
Abbildung 4.3: Ablenkung eines Atomstrahls mit konvergentem Laserlicht.
Nehmen wir an, wir hätten einen Atomstrahl, der einer ebenen Laserwelle entgegenläuft.
Die Geschwindigkeiten der einzelnen Atome seien auf beliebige Weise um die Geschwindigkeit V 0 herum verteilt. Die Verstimmung des Lasers sei so gewählt, daß sie in der Nähe
der durch V 0 bestimmten Resonanzfrequenz der Atome liegt. Ein Atom mit der Geschwindigkeit V 0 wird so lange abgebremst bis die Verstimmung δ zu groß wird. Andere Atome,
deren Geschwindigkeit in der Nähe von V 0 liegt, werden ebenfalls abgebremst, also die
mit größerer Geschwindigkeit erst in den Resonanzbereich, dann zu geringeren Geschwindigkeiten, bis die Wahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung mit den Photonen sehr gering
wird. Langsamere Atome werden ebenfalls noch zu etwas geringeren Geschwindigkeiten
gebremst. Durch diese Vorgänge werden die Atome sich bei einer etwas geringeren Geschwindigkeit als V 0 anhäufen (siehe Abbildung 4.4).
Anzahl Atome
42
V’
v
Abbildung 4.4: Geschwindigkeitsverteilung eines Atomstrahls vor und nach der Wechselwirkung
mit Laserlicht einer festen Frequenz.
Leider läßt sich mit diesem Verfahren nur eine geringe Zahl der Atome um einen kleinen Betrag abbremsen. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu überwinden, ist, die Frequenz
4.2 “Optischer Sirup”
43
Anzahl Atome
des Lasers kontinuierlich zu verändern. Dann werden Atome mit höheren Geschwindigkeiten abgebremst, und da die Frequenz des Lasers ebenfalls verringert wird, verlassen
sie den Resonanzbereich nicht, sondern können weiterhin Photonen absorbieren und dadurch abgebremst werden. Atome, die zu Beginn zu langsam waren, um mit dem Laser in
Wechselwirkung zu treten, können bei niedrigeren Frequenzen ebenfalls abgebremst werden, wodurch sich eine Geschwindigkeitsverteilung wie in Abbildung 4.5 ergibt. Ändert
V’
v
Abbildung 4.5: Geschwindigkeitsverteilung eines Atomstrahls vor und nach der Wechselwirkung
mit Laserlicht einer kontinuierlich kleiner werdenden Frequenz.
sich die Intensität des Lasers, findet weiterhin eine Abbremsung statt, allerdings fällt die
effektive Verstimmung δeff dann geringer aus.
4.2 “Optischer Sirup”
Die Gruppe von Steven Chu an den Bell-Laboratorien in New Jersey entwickelte in der
Zeit um 1985 eine sehr wirkungsvolle Methode, um atomare Gase zu kühlen [26]. 1997
erhielt Chu zusammen mit Claude Cohen-Tannoudji von der “École Normale Supérieure”
in Paris und William D. Phillips vom “National Institute of Standards and Technology” den
Nobelpreis für diese Entwicklung [25].
Abbildung 4.6: Anordnung der Laser zur Erzeugung eines “optischen Sirups”: Sechs Laser werden aus verschiedenen Richtungen auf eine Wolke aus Atomen gerichtet.
Der Begriff “optischer Sirup” wird benutzt, wenn ein Gas aus Atomen aus allen drei Raumrichtungen mit Laserlicht bestrahlt und jedem Laser ein weiterer entgegengerichtet wird,
44
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
was in Abbildung 4.6 dargestellt ist. Die Atome bewegen sich in der Wechselwirkungsregion wie in einem viskosen Medium, wodurch der Name dieses Verfahrens entstand.
Würde man ein atomares Gas nur aus einer Richtung mit Laserlicht bestrahlen, würden
auch nur die Atome abgebremst, die in die entsprechende Richtung fliegen. Daher bestrahlt
man das Gas auch aus den anderen Richtungen, um die Atome in einen stationären Zustand
zu bringen. Die Kraft, die dann auf jedes einzelne Atom wirkt, setzt sich dann aus den durch
(4.1) gegebenen Komponenten für jeden einzelnen Laser zusammen. In einer Dimension,
das heißt mit zwei gegenüberliegenden Lasern, ergibt sich also
Γ
2
I/I0
h
i2
1 + I/I0 + 2(δ−kv)
Γ
Γ
2
I/I0
h
i2 .
2(δ+kv)
1 + I/I0 +
Γ
F = ~k
− ~k
(4.3)
In Abbildung 4.7 sind die einzelnen Kräfte und die daraus resultierende geplottet. Man
sieht deutlich, daß der Betrag von F für v = 0 minimal wird.
F/(~kΓ)
-1
kv/Γ
1
Abbildung 4.7: Zwei gegeneinander ausgerichtete Laser üben eine geschwindigkeitsabhängige
Kraft auf ein sich mit der Geschwindigkeit v bewegendes Teilchen aus. Die dicke Kurve zeigt die
resultierende Kraft aus den von jedem einzelnen Laser ausgeübten Kräften (dünn).
Bisher wurde nur der durchschnittliche Energieübertrag betrachtet. Natürlich können die
Atome aber nur gequantelt Energie absorbieren, weswegen auch der übertragene Impuls als
eine Zusammensetzung aus vielen einzelnen Impulsen angesehen werden muß. Es ist nicht
vorhersagbar, zu welchem Zeitpunkt ein Impulsübertrag stattfindet, da spontane Emission
und Absorption zufällig stattfinden.
Selbst wenn sich diese Effekte im Mittel aufheben, ist die resultierende Kraft nach Bildung eines zeitlichen Mittelwertes nicht Null, sondern fluktuiert um einen Durchschnittswert. Man erhält eine Brownsche Bewegung im Phasenraum, es führen also die Rückstöße
der Photonenabsorptionen zu einer Verbreiterung der Geschwindigkeitsverteilung. Dies ist
gleichbedeutend mit einer Erhöhung der kinetischen Energie. Die tiefste erreichbare Temperatur entspricht einem Gleichgewicht aus diesem Heizeffekt und der Doppler-Kühlung.
In einem eindimensionalen System führt dies nach [2, 105] zu
kB TDop =
~Γ
2
.
(4.4)
4.3 Sisyphuskühlung
Dabei sind TDop die minimale erreichbare Temperatur und Γ wieder die natürliche Linienbreite, die auch als Lebenszeit des angeregten Zustandes bezeichnet werden kann.
Die mit diesem Verfahren erreichbare Minimaltemperatur liegt bei einigen hundert Mikrokelvin, was Teilchengeschwindigkeiten von etwa einem Kilometer pro Stunde entspricht.
Für Natrium gilt beispielsweise eine Minimaltemperatur von 240µK.
Die ersten Experimente mit neutralen Atomen schienen dieses Limit zu bestätigen, obwohl
die Ergebnisse noch nicht verstanden und die Fehler bei der Temperaturmessung sehr groß
waren. Zusätzlich kam hinzu, daß die Abhängigkeit der Temperatur von der Laserintensität
nicht den Erwartungen entsprach. Dennoch war man der Meinung, daß das Doppler-Limit
die niedrigste mit diesem Verfahren erreichbare Temperatur sei. Diese Auffassung änderte
sich erst mit Entwicklung der Sisyphuskühlung, auf die im folgenden eingegangen wird.
4.3 Sisyphuskühlung
W.D. Phillips und seine Mitarbeiter entwickelten 1987 genauere Methoden zur Bestimmung der Temperatur eines gekühlten Gases. Zur allgemeinen Überraschung maßen sie
Werte, die weit unter der Doppler-Grenze lagen und die Theoretiker begannen sofort damit, den unerwarteten Befund zu erklären. Ein Jahr später veröffentlichten Jean Dalibard2 ,
Claude Cohen-Tannoudji und Steven Chu unabhängig voneinander eine mögliche Lösung
des Problems [25, 27, 62, 75, 94]. Der Begründung des Doppler-Limits liegt ein vereinfachtes Atommodell zugrunde, das die Entartung des elektronischen Grundzustandes der
verwendeten Alkaliatome vernachlässigt.
Die griechische Mythologie stand der Namensgebung für dieses Verfahren zur Seite, denn
Cohen-Tannoudji und seine Mitarbeiter benannten es nach dem griechischen Helden Sisyphus.3
Die einzelnen Energieniveaus werden bei Wechselwirkung mit Licht unterschiedlich stark
verschoben. Dabei sind die Verschiebung und die Besetzungszahl abhängig von der Polarisation. Das einfachste Niveauschema besteht aus einem Grundzustand mit zwei und
einem angeregten Zustand mit vier entarteten Niveaus. Diese unterscheiden sich in ihrer
magnetischen Quantenzahl mF (Zeeman-Komponenten). Durch die Auswahlregeln regt
linkszirkular polarisiertes Licht nur entlang der nach links gerichteten Pfeile in Abbildung
4.8a an. Rechtszirkular polarisiertes Licht wirkt entsprechend nur in Richtung der rechts
gerichteten Pfeile.
Jede Anregung bewirkt eine sogenannte Lichtverschiebung der Niveaus, deren Größe von
der Polarisationsrichtung abhängt und proportional zur Anregungswahrscheinlichkeit sowie zur Amplitude des elektrischen Feldes ist, das heißt für rechtszirkulare Polarisation ist
das Niveau mit mF = 1/2 stärker verschoben als das linke.
2
Jean Dalibard ist wie Claude Cohen-Tannoudji Mitglied der École Normale Supérieure in Paris.
Sisyphus, Sohn des thessalonischen Königs Ailos, gilt als Gründer und König der Stadt Korinth. Er
erblickte zufällig Zeus bei der Entführung der Jungfrau Aigina und erzählte seinem Vater von diesem Vorfall.
Zornig über Sisyphus Verrat, verbannte ihn Zeus nach seinem Tod in den Tartarus, der tiefsten Region der
Unterwelt. Dort wurde er gezwungen, unablässig einen Felsblock einen Hügel hinaufzuwälzen. Bevor er
jedoch den Gipfel erreichte, rollte der Felsen den Berg wieder hinunter und die Arbeit begann erneut.
3
45
46
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
Durch spontane Emission eines Photons nach einem Absorptionsprozeß kann ein Atom das
Grundzustandsniveau wechseln. Nach einigen Zyklen ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich
ein mit rechtszirkular polarisiertem Licht bestrahltes Atom im rechten Grundzustandsniveau (mF = 1/2) befindet, groß. Von dort kann es dann durch keinen Absorptionsprozeß
mehr entkommen. Dieses Verfahren wird “optisches Pumpen” genannt und ist in Abbildung 4.8b veranschaulicht.
a)
-3/2
-1/2
1/2
3/2
b)
-3/2
-1/2
1/2
-1/2
-1/2
1/2
3/2
1/2
Abbildung 4.8: Einfachstes mögliches Niveauschema für Sisyphus-Kühlung (a). Die Dicke der
Pfeile gibt die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs an. Durch Absorptions- und Emissionsvorgänge
ist der Wechsel in ein anderes Grundzustandsniveau möglich (b).
Durch die beschriebenen Vorgänge gelangen die Atome für jeden Polarisationstyp in das jeweils energetisch günstigste Zeeman-Niveau. Verständlich wird dieser Kühlmechanismus,
wenn man eine stehende Lichtwelle betrachtet, deren Polarisation zwischen rechts- und
linkszirkular wechselt. Man erhält eine solche Welle, indem man zwei linear polarisierte
Wellen mit um π/2 verdrehter Polarisationsebene gegeneinander richtet. Hieraus entsteht
eine sinusförmige Variation der Verschiebung der Grundzustandsniveaus längs der stehenden Welle. Die Kurven der beiden Zeeman-Komponenten haben eine Phasenverschiebung
von π.
Ein Atom, das sich zum Beispiel im rechten Zeeman-Niveau (mF = 1/2) befindet und nach
links bewegt, muß sich gegen ein Potential bewegen und verliert dabei an Geschwindigkeit.
Je höher es den Potentialberg “erklimmt”, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es
in das andere Grundzustandsniveau (mF = −1/2) gelangt. Dabei wird die aufgenommene
potentielle Energie an das Lichtfeld abgegeben, da die Frequenz des emittierten Photons
größer ist als die des absorbierten. Bewegt sich das Atom weiter, läuft es gegen das nächste
Potential an und der Vorgang beginnt erneut. Nach einiger Zeit hat das Atom soviel Energie
verloren, daß es das nächste Maximum des Potentials nicht mehr erreichen kann und in
einem Minimum bleibt. Dieser Prozeß ist in Abbildung 4.9 dargestellt.
Auch wenn ein Atom nicht mehr genügend Energie besitzt, um einen Potentialberg zu
überwinden, kann es Photonen absorbieren und emittieren. Daher behält es eine mittlere
Geschwindigkeit, die dem Rückstoß eines solchen Prozesses entspricht und als “Rückstoßlimit” bezeichnet wird.
Bestimmte Niveauschemata besitzen sogenannte “Dunkelzustände”. Das sind Grundzustandsniveaus, in denen ein Atom keine Photonen absorbieren kann. Sie existieren für
jede Lichtpolarisation, und es zeigt sich, daß in Lichtfeldern mit sich räumlich ändernder Polarisation nur die langsamsten Atome in solche Zustände gelangen können. Durch
4.4 Optische Fallen
47
Gesamtenergie des Atoms
Überführung von Atomen in Dunkelzustände lassen sich Temperaturen weit unter dem
Rückstoßlimit erreichen.
1/2
-1/2
Abbildung 4.9: Durch die Verschiebung der Grundzustandsniveaus sinkt die potentielle Energie
der Atome durch Absorptions- und Emissionsprozesse, da die Energie des emittierten Photons
größer ist als die des absorbierten.
4.4 Optische Fallen
Für das Einfangen neutraler Atome ist eine ortsabhängige Kraft nötig, für die Kühlung wird
hingegen ein geschwindigkeitsabhängiger Druck benutzt.
Mit den oben beschriebenen Methoden lassen sich daher zwar Atome kühlen, aber nicht
fangen. Der Einfluß der Gravitation läßt die Teilchen innerhalb etwa einer Sekunde aus dem
optischen Sirup entweichen, weshalb zusätzliche Mechanismen nötig sind, damit weitere
Experimente mit den kühlen Gasen durchgeführt werden können.
Die auf die Teilchen wirkende Kraft soll an einem bestimmten Punkt im Raum minimal
werden und an allen anderen Orten die Teilchen zum Minimum zurückdrängen.
Das Einfangen von Ionen mit elektromagnetischen Kräften wird seit längerem erfolgreich
durchgeführt (z.B. Penning-Falle, siehe Abschnitt 4.7.1). Neutrale Atome sind schwerer
zu handhaben, da auf sie keine Lorentz-Kraft wirkt, sie also unempfindlich gegen Einwirkungen von Ladungen sind. Daher müssen die wirkenden Kräfte auf anderen Wechselwirkungen beruhen. In der Regel handelt es sich dabei um Dipolmomente, die sehr schwach
sind, denn sie entstehen nur durch Fluktuaktion der Ladungsverteilung im Atom. Trotzdem wurden auch verschiedene Fallentypen realisiert, die auf optischen, magnetischen und
elektrischen Feldern, sowohl in statischen, als auch dynamischen Konfigurationen bestanden.
Bereits in den fünfziger Jahren schlug Wolfgang Paul vor, neutrale Teilchen in einem inhomogenen Magnetfeld einzufangen. Die erste Atomfalle wurde aber erst 1985 von Phillips
48
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
konstruiert, denn die Realisierung war mit den damaligen Mitteln noch nicht möglich. Phillips fing mit seiner Falle gekühlte Natriumatome ein.
Wie bereits erklärt, werden für eine funktionierende Falle ortsabhängige Kräfte benötigt.
Man kann solche beispielsweise erzeugen, indem man die Intensität eines Laserstrahls ortsabhängig variiert. Eine mögliche eindimensionale Anordnung besteht aus zwei gegenüberliegenden divergenten Lasern, wie in Abbildung 4.10 dargestellt. Die Foci der beiden blauverstimmten Laser fallen nicht zusammen, liegen einander aber sehr nahe. Im Zentrum
wirkt auf ein Teilchen eine Kraft, die von beiden Seiten gleich groß ist. Bewegt es sich aber
weiter nach rechts oder links, steigt der Strahlungsdruck aus dieser Richtung an und der
Gegendruck aus der gegenüberliegenden Richtung wird aufgrund der geringeren Intensität
kleiner. Das Teilchen wird also ins Zentrum der Falle gedrückt. Der Vorschlag für diesen
Fallentyp kam 1970 von Ashkin [5].
11
00
00
11
00
11
00
11
11
00
00
11
00
11
00
11
11
00
00
11
00
11
00
11
Abbildung 4.10: Eindimensionale Strahlungsdruckfalle aus zwei gegenüberliegenden divergenten Lasern.
Diese eindimensionale Falle kann auch als Linse für einen Atomstrahl benutzt werden, indem man die Atome nicht in Richtung der Laser, sondern senkrecht dazu fliegen läßt. Dann
halten sie sich nur für kurze Zeit im beleuchteten Gebiet auf und erhalten eine Geschwindigkeitskomponente in Richtung des Fallenzentrums. Da der Strahlungsdruck nur in der
Mitte der Wechselwirkungszone von beiden Seiten gleich ist, werden die äußeren Atome
des Strahls stärker abgelenkt als die inneren.
Da die eindimensionale Falle auch als Linse benutzt werden kann, ist klar, daß sie nicht in
alle Richtungen wirken kann. Auf Teilchen, die sich abseits von der optischen Achse befinden, wirkt sogar eine abstoßende Kraft. Eine dreidimensionale Falle läßt sich realisieren,
indem die Anordnung aus Abbildung 4.10 auch für die anderen beiden Raumrichtungen
benutzt wird. Die Laser werden also wie in Abbildung 4.6 angeordnet, wobei die Zentren
am selben Ort sind. Aus allen Richtungen wirkt so die betragsmäßig gleiche Kraft auf ein
Teilchen, daß sich im Zentrum der Falle befindet.
Bei einer solchen Falle treten einige Probleme auf, und für eine hohe Effektivität müssen die Laserintensitäten relativ groß sein, wodurch es zu einer Erwärmung und Diffusion
senkrecht zum Laserstrahl kommt.
Das “optische Earnshaw Theorem” [105] ist ein Analogon zu einem Theorem der Elektrodynamik, das einen stabilen Zustand für ein gefangenes geladenes Teilchen verbietet. Es
4.4 Optische Fallen
49
besagt, daß eine dreidimensionale optische Falle wie die oben beschriebene nicht funktionieren kann. Da die Divergenz eines elektrischen Feldes im Vakuum Null ist (Maxwellgleichungen), also
div E =
ρ
= 0,
ε0
(4.5)
gibt es kein Volumenelement, in das alle Feldlinien hineinzeigen. Ashkin und Gordon zeigten 1983 die Gültigkeit dieses Theorems für optische Fallen [6]. Weiterhin ist es nicht möglich, eine stabile dreidimensionale Falle zu bauen, in der die Kraft auf die Atome linear zur
Intensität des Laserlichts und das optische Feld statisch ist. Dieses Problem kann unter anderem durch die Benutzung zeitabhängiger optischer Felder oder externer zeitabhängiger
Felder gelöst werden. Ein weiteres Problem ist die Doppler-Kühlung, denn durch die geringer werdende Bewegung der Atome wird auch ihr Dipolmoment kleiner und damit die
Möglichkeit eine stabile Konfiguration zu erhalten.
Das optische Earnshaw Theorem gilt allerdings nur für den Strahlungsdruck und nicht für
Dipolkräfte. Daher ist es möglich, sogenannte Dipolfallen zu bauen. Ein Atom erhält darin
ein Dipolmoment, sobald es in die Nähe der Resonanz mit einem Lichtfeld kommt. Dieses
vom Lichtfeld induzierte Dipolmoment bewirkt eine negative Verschiebung der Energie
des Atoms um
~ q 2
2
∆U = −
ωR + δ − δ .
(4.6)
2
Es handelt sich bei ωR = E ·d/~ um die Rabi-Frequenz, die sich aus der elektrischen Feldstärke des Lichtfeldes E und dem elektrischen Dipolmoment des Atoms d zusammensetzt.
Das Potential, in dem sich die Teilchen bewegen, kann nach [27] durch
U=
~δ
2
log 1 +
I/I0
1+
2δ 2
Γ
!
.
(4.7)
beschrieben werden. Ob die Teilchen zu höheren Intensitäten streben oder zu geringeren,
ist dabei abhängig vom Vorzeichen der Verstimmung δ. Für δ < 0 (Rotverstimmung) wird
das Atom zu Gebieten mit höherer Intensität gezogen und für δ > 0 (Blauverstimmung) zu
Gebieten geringerer Intensität. Eine Falle erhält man etwa mit einem fokussierten rotverstimmten Laser, wobei die Teilchen in Richtung des Brennpunktes gezogen werden.
Die Anwendung eines fokussierten Lasers zum Einfangen von Atomen bewirkt allerdings
auch einen Strahlungsdruck, der der einfangenden Kraft entgegenwirkt. Weiterhin verursacht die spontane Emission eine starke, unerwünschte Aufheizung des Gases. Diesen Problemen tritt man mit einer starken Verstimmung des Lasers entgegen und das Ergebnis
ist eine “seichte” Falle, die niedrige Temperaturen voraussetzt, um überhaupt wirken zu
können.
1968 schlug Letokhov zum ersten Mal eine Dipolfalle für neutrale Atome vor, aber es war
wiederum Chu, der diese Idee 1986 realisieren konnte. Möglich geworden war eine solche
Falle durch die in seiner Gruppe erstmals erreichten niedrigen Temperaturen.
50
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
4.5 Magnetische Fallen
In magnetischen Fallen wird, wie in [78], [4], [119], [104] und [28] beschrieben, das magnetische Moment (antiparallel zum Spin) des Valenzelektrons des Alkaliatoms benutzt,
um es in Magnetfeldern einzufangen. Das Verfahren ist äquivalent zum Stern-GerlachEffekt, denn es wird mit Hilfe eines Magnetfeldes eine Kraft auf einen magnetischen Dipol
ausgeübt. Ein Atom mit magnetischem Moment µ hat in einem Magnetfeld B die potentielle Energie U = µB. In einem inhomogenen Magnetfeld wirkt eine Kraft F = µ∇B auf
das Atom. Da µ antiparallel zum Spin ist, wirkt F in Richtung des Feldminimums, wenn B
parallel zum Spin ist. Dadurch ist es möglich, die Atome in einer “Falle” festzuhalten. In
der Regel werden mit Hilfe von Laserpulsen alle Atome in denselben Spinzustand gebracht,
damit möglichst viele für das Experiment zur Verfügung stehen.
Es werden Felder angeordnet, deren Stärke abhängig vom Abstand zum Zentrum der Falle
ist, das heißt die Feldstärke ist im Zentrum minimal. Wenn das Feld an diesem Ort verschwindet, kann es zu einem Verlust der Atome durch Spinumklappen kommen (MajoranaFlops). Dieser ungewollte Vorgang muß vermieden werden, indem entweder eine Konfiguration der Felder benutzt wird, die dafür sorgt, daß die Felder nicht verschwinden oder
andere Maßnahmen ergriffen werden (Zum Beispiel “Optical Plugs”, siehe Abschnitt 4.7).
4.6 Verdampfungskühlung
Verdampfungskühlung in einer magnetischen Falle wurde zum erstmals 1995 realisiert [1]
und stellt einen wichtigen Schritt zur Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensates dar.
Die Verdampfungskühlung findet in einer magnetischen Falle (siehe vorherigen Abschnitt)
statt: Dazu wird das Magnetfeld eingeschaltet, sodaß sich die Atome im Potential des umgebenden Feldes befinden. Die höherenergetischen Atome werden sich weniger häufig im
Minimum des Potentials sammeln als die niederenergetischen. Mit einem RadiofrequenzFeld (RF-Feld) werden nun die Spins der Atome mit höherer Energie umgeklappt, sodaß
sie nicht mehr durch die Magnetfelder gehalten werden und die Falle verlassen. Das Verfahren ist energieabhängig, da die Resonanzfrequenz proportional zum Magnetfeld und
damit auch proportional zur potentiellen Energie des Atoms ist. Bei Übergängen zwischen
magnetischen Zuständen mF ist die Resonanzbedingung für die magnetische Feldstärke B
gµBB = ~ωrf .
(4.8)
Hierbei sind g der g-Faktor, µB das Bohrsche Kernmagneton und ωrf die Frequenz des
RF-Feldes [78]. Da das Potential eines Teilchens in einem externen Magnetfeld durch
V = mF gµB (B(r) − B(0))
(4.9)
gegeben ist, werden also nur Atome die Falle verlassen können, für deren Gesamtenergie
E > ~mF (ωrf − ω0 )
(4.10)
4.7 Magneto-optische Fallen (MOT)
gilt. ω0 ist die Frequenz, die benötigt wird, um die Spins am Minimum des Potentials
umzuklappen.
Da die entfernten Atome den größten Teil der im Gas vorhandenen Energie tragen, ist
der entstehende Temperaturverlust um eine Größenordnung höher als die Zahl der entfernten Teilchen. Weiterhin ist eine Dichteerhöhung nur durch eine um eine Größenordnung
stärkere Temperaturverringerung möglich. Eine Temperaturveränderung um zwei Größenordnungen bedeutet also eine Änderung der Phasenraumdichte um vier Größenordnungen.
Durch Stöße werden die höherenergetischen Zustände wieder besetzt und es können weitere Atome mit diesem Verfahren entfernt werden. Verringert man langsam die Frequenz, so
werden immer weniger Atome in der Falle gehalten und das übrige Gas kühlt ab. Auf diese
Weise lassen sich Temperaturen von einigen Nanokelvin erreichen. Mit keinem anderen
Verfahren ist es bis heute gelungen, zu noch niedrigeren Temperaturen zu gelangen.
4.7 Magneto-optische Fallen (MOT)
In den letzten Jahren wurden große Fortschritte auf dem Gebiet der Atomfallen erzielt. Zum
besseren Verständnis der Bose-Einstein-Kondensate war es nötig, immer dichtere Atomwolken mit einer immer größeren Teilchenzahl und Lebensdauer zu erzeugen. Die Früchte
dieser Entwicklungsarbeit kommen auch anderen Gebieten, beispielsweise der hochauflösenden Spektroskopie, zugute.
Die bekannten Experimente (siehe z.B. [4, 18, 28, 33, 78, 79, 90]) verlaufen nach ähnlichen
Schemata und verwenden nahezu gleiche Versuchsaufbauten.
Ein Atomstrahl, dessen Temperatur in der Größenordnung einiger hundert Kelvin liegt,
wird in eine magneto-optische Falle geleitet. Fallen dieses Typs wurden zum ersten Mal
1987 von Jean Dalibard vorgeschlagen und kurze Zeit später von David Pritchard unter
Mithilfe von Steven Chu am MIT realisiert. Bevor die Atome allerdings gefangen werden
können, werden sie durch den Strahlungsdruck eines entgegenlaufenden Lasers auf etwa
ein Kelvin abgekühlt (Zeeman-Slower). Dabei ist es problematisch, daß sich die Absorptionsfrequenz mit geringer werdender Geschwindigkeit durch den Doppler-Effekt ändert.
Abhilfe liefert der Zeeman-Effekt: Ein inhomogenes Magnetfeld verschiebt die Hyperfeinniveaus der Atome und hält sie damit in Resonanz mit dem Laserlicht.
Nun sind sie kalt genug, um in die Falle geladen zu werden, wo sie zuerst mit Laserkühlung
auf etwa ein Millikelvin abgekühlt werden. Anschließend werden die Laser abgeschaltet,
und mit Hilfe der Verdampfungskühlung wird das Gas - nur von einem Magnetfeld gehalten - weiter abgekühlt. Am Ende kann man Atomwolken von etwa zwei Millimeter
Durchmesser erhalten, die Temperaturen von einigen Nanokelvin und Dichten von mehr
als 1014 cm−3 erreichen.
Eine magneto-optische Falle beruht auf Strahlungsdruck und muß daher das optische
Earnshaw Theorem umgehen. Dies wird durch Nutzung eines inhomogenen Magnetfeldes möglich, da das Theorem nur gilt, wenn die auf ein Atom wirkende Kraft proportional
zur Laserintensität ist.
Eine eindimensionale MOT besteht aus zwei zirkular polarisierten Laserstrahlen mit gleicher Intensität, die aus entgegengesetzten Richtungen auf das Atom gerichtet sind. Der
51
52
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
eine Laser ist rechtszirkular- (σ − ) und der andere linkszirkular polarisiert (σ + ). Ein Atom
im Grundzustand hat einen Gesamtdrehimpuls J = 0, ist also nicht entartet. Der erste angeregte Zustand hat J = 1 und ist damit dreifach entartet (mF = −1, 0, +1). Dadurch
regt der rechtspolarisierte Strahl nur in den Zustand mF = 1 im oberen Triplett-Zustand
an. Entsprechend regt der andere Laserstrahl Übergänge nach mF = −1 an. Das Magnetfeld ist nützlich, da die Zeemann-Verschiebung für die beiden Zustände unterschiedlich ist.
Daher heben sich im Nullpunkt des Feldes die von beiden Seiten ausgeübten Kräfte auf,
und in weiter äußeren Bereichen ist der Strahlungsdruck des jeweils entgegenkommenden
Lasers durch die Rotverschiebung und die unterschiedliche Zeemann-Verschiebung größer.
Es wirkt also immer eine ortsabhängige Kraft in Richtung des Feldminimums. Weiterhin
bewirken die beiden entgegengesetzten verstimmten Laser Doppler-Kühlung.
In drei Dimensionen wird für die Erzeugung des Feldes in vielen Fällen eine sogenannte Anti-Helmholtz-Konfiguration verwendet, das heißt zwei Spulen mit entgegengesetzter
Stromrichtung. Die Laser werden wie in Abbildung 4.6 mit abwechselnder Polarisation
angeordnet.
Pritchard konnte bereits beim ersten Versuch erfolgreich Atome mit einer MOT einfangen.
Fallen dieser Art haben sich als robust und leicht bedienbar erwiesen. Weiterhin lassen sich
mit ihnen hohe Atomdichten erreichen. Selbst Atome mit hoher Anfangsgeschwindigkeit
können eingefangen werden, sodaß es prinzipiell möglich ist, auf den Zeemann-Slower zu
verzichten. Allerdings ist der Wirkungsgrad der Falle dann geringer [75].
Zwar ist das Prinzip immer ähnlich, in ihren Details unterscheiden sich die einzelnen MOTs
allerdings sehr. Mittlerweile hat fast jede Gruppe, die sich experimentell mit der BoseEinstein-Kondensation beschäftigt, einen eigenen Fallentyp entwickelt. Daher sollen einige
im folgenden kurz beschreiben werden.
4.7.1 Exkurs: Penning- und Paul-Trap
Im Gegensatz zu den in den nachfolgenden Abschnitten beschriebenen Fallen ist die PaulFalle für geladene Teilchen entwickelt worden. Auch wenn dieser Fallentyp für Experimente zur Bose-Einstein-Kondensation nicht benutzt werden kann, soll an dieser Stelle eine kurze Beschreibung erfolgen, da er einen großen Einfluß auf die Entwicklung der Fallen
für neutrale Teilchen hatte.
Der Entwicklung der heute benutzten Fallen ging die Isolierung eines einzelnen Elektrons
in einer Penning-Falle voraus. Hans Dehmelt, der 1989 zusammen mit Wolfgang Paul den
Nobelpreis erhielt, gelang es 1973, unter Mitarbeit von David J. Wineland und Philipp
Ekstrom am “National Institute of Standards and Technology (NIST)” erstmals ein Elektron einzufangen. Sie vermochten es sogar, ein Elektron zehn Monate gefangen zu halten,
bevor es versehentlich mit einer Wand der Falle kollidierte [8].
Die nach ihm benannte Falle entwickelte der holländische Physiker Frans Michel Penning,
um elektrische Ströme für Radioröhren einzuschließen [101]. In ihr wird ein Elektron zwischen zwei negativ geladenen Platten gehalten. Ein umgebendes starkes Magnetfeld lenkt
das Elektron auf eine Kreisbahn ab, damit es weder mit der Wand kollidieren noch an den
Seiten entweichen kann.
4.7 Exkurs: Penning- und Paul-Trap
53
Eine moderne Penning-Falle besteht aus zwei hyperbelförmigen Deckelelektroden und einer Ringelektrode [123]. Soll ein positives Ion eingeschlossen werden, legt man an die
Deckelelektroden eine positive Spannung U0 gegenüber der Ringelektrode an. Dadurch erfahren die Ionen eine Kraft in Richtung der x-y-Ebene und können sich in z-Richtung nur
noch sehr eingeschränkt bewegen. Der radialen Kraft, die die Ionen zur Ringelektrode hin
beschleunigt, wirkt ein parallel zur z-Richtung angelegtes Magnetfeld entgegen. Zusammen mit dem radialen elektrischen Feld bewirkt das axiale magnetische Feld eine Kreisbewegung des Ions um die z-Achse. Die übliche Elektrodenanordnung zeigt Abbildung 4.11.
Deckelelektrode
00000000000000000000000000000000000
11111111111111111111111111111111111
11111111111111111111111111111111111
00000000000000000000000000000000000
00000000000000000000000000000000000
11111111111111111111111111111111111
00000000000000000000000000000000000
11111111111111111111111111111111111
00000000000000000000000000000000000
11111111111111111111111111111111111
00000000000000000000000000000000000
11111111111111111111111111111111111
B
Ringelektrode
11111
00000
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
r0
z0
11111
00000
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
00000
11111
+
z
Deckelelektrode
x
y
Abbildung 4.11: Schematische Darstellung der Penning-Falle (nach [123]).
Das elektrische Potential ist in kartesischen Koordinaten gegeben durch
ϕ = U0
2z 2 − x2 − y 2
,
r02 + 2z02
(4.11)
das heißt die elektrische Feldstärke ist in z-Richtung
Ez = −
dϕ
4z
= −U0 2
,
dz
r0 + 2z02
(4.12)
und damit wirkt die resultierende Kraft stets in Richtung der x-y-Ebene und ist proportional
zum Abstand davon. Daher bewegt sich das Ion auf einer harmonisch schwingenden Bahn
in z-Richtung. Das Magnetfeld B bewirkt für Teilchen mit der Ladung q und der Masse M
eine Kreisbewegung mit der Zyklotronfrequenz νc = qB/(2πM), die senkrecht zur durch
das elektrische Feld entstehenden Bewegung verläuft. Da das elektrische Feld senkrecht
auf dem magnetischen steht, verschiebt sich das Zentrum der Zyklotron-Bahn senkrecht zu
beiden Feldern, was bei zylindrischer Feldanordnung eine Kreisbewegung in z-Richtung
(Magnetronbewegung) bedeutet. Die resultierende Gesamtbewegung eines Ions ist also eine Überlagerung aus der Rotation und der Magnetronbewegung.4
4
Ein Paket zur Berechnung und Darstellung der Teilchenbahnen sowie des effektiven Potentials mit Mathematica wird in [10] vorgestellt.
54
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
Die von Wolfgang Paul in den frühen fünfziger Jahren vorgeschlagene Falle, unterscheidet sich von der Penning-Falle durch die Verwendung von elektrischen Wechselfeldern
zwischen den Deckelelektroden und der Ringelektrode. Dadurch kann auf das Magnetfeld
verzichtet werden [100].
Für die Experimente nötige Laserstrahlen können durch die Spalte zwischen den Deckelund der Ringelektrode auf das Zentrum der Falle gerichtet werden.
Penning- und Paul-Fallen werden heute bei vielen Experimenten eingesetzt. Ein Beispiel
ist ISOLTRAP am CERN, wo eine Kombination aus zwei hintereinander geschalteten
Penning-Fallen zur genauen Bestimmung der Massen instabiler Isotope genutzt wird [7].
Während die erste Falle nur zur Kühlung der von der Quelle kommenden Ionen dient, werden in der zweiten Zyklotron- und Magnetronfrequenz gemessen und daraus die Masse
bestimmt. Die Ergebnisse sind weitaus präziser als es mit den meisten anderen Methoden
möglich wäre.
4.7.2 TOP Trap
Die erste Gruppe, die ein Bose-Einstein-Kondensat erzeugen konnte, war die Gruppe um
Eric A. Cornell am Joint Institute for Laboratory Astrophysics (JILA), dem National Institute for Standards and Technology (NIST) sowie der University of Colorado [4]. Dieser
Schritt war durch eine Weiterentwicklung der bis dahin üblichen Quadrupolfallen möglich geworden, die durch ihr verschwindendes Feld im Zentrum und dadurch entstehende
Majorana-Flops keine ausreichenden Teilchendichten ermöglichte. Die TOP-Falle (“timeaveraged, orbiting potential trap”) [104] besteht aus einem Quadrupolfeld, das mit Hilfe der
bereits oben beschriebenen Anti-Helmholtz-Konfiguration erzeugt wird und einem schwachen Feld, das mit einer Frequenz von einigen Kilohertz um die Symmetrieachse rotiert.
Würde dieses Feld konstant sein, wäre der Ort, an dem die Felder verschwinden, nur verschoben und die Atome (hier Rubidium 87) würden sich dort sammeln und könnten aus
der Falle entkommen. In der TOP-Falle wird dagegen ein harmonisches Potential erzeugt.
Die Rotationsfrequenz muß viel größer sein als die Frequenz mit der die Atome schwingen
(einige hundert Hertz), da das entstehende effektive Potential erst dadurch für die gefangenen Teilchen konstant zu sein scheint. Der Ort, an dem die Atome die Falle verlassen
könnten, wird also schneller bewegt als die Teilchen reagieren können. Durch das rotierende Feld werden die Spins ständig polarisiert, wodurch noch mehr Atome in der Falle
gehalten werden.
In einer Quadrupolfalle entweichen die Atome aus einem ellipsoidförmigen Bereich im
Zentrum des Feldes. In der TOP-Falle müssen ebenfalls Verluste in Kauf genommen werden. Allerdings ist der hier interessante Bereich ein Ring um das Zentrum, da das Minimum
rotiert. Dadurch werden hauptsächlich höherenergetische Atome entfernt - Verdampfungskühlung ist somit gewissermaßen bereits eingebaut. Verringert man weiterhin die Stärke
des rotierenden Feldes, verschiebt sich das Minimum in Richtung des Zentrums und weitere Atome können entfernt werden. Die maximale Größe einer gefangenen Atomwolke ist
bei der TOP-Trap durch den Radius der Trajektorie des Minimums um das Zentrum gegeben. Werden größere Atomwolken in die Falle geladen, so werden sie binnen kürzester Zeit
auf diese Größe zusammenschrumpfen, so daß alle weiter außen liegenden Teilchen ent-
4.7 Permanent Magnet Trap
weichen können. Ein weiterer Nachteil dieses Fallentyps sind die im Vergleich zu den im
Folgenden beschriebenen Fallen beschränkteren Möglichkeiten, das Gas mit Laserstrahlen
oder RF-Wellen zu erreichen. Die Anordnung der Spulen läßt weniger Freiraum zur Verfügung als zum Beispiel bei der Cloverleaf-Trap. Der Aufbau der TOP-Falle ist in Abbildung
4.12 zu sehen.
Abbildung 4.12: Schematische Darstellung der TOP-Falle (nach [4]). Die großen horizontal angebrachten Spulen erzeugen das Anti-Helmholtz-Feld und die kleinen vertikal installierten sind für
das rotierende Feld verantwortlich.
In Kapitel 5 soll das Verhalten einer Atomwolke in dieser Falle simuliert werden. Aus
diesem Grund werden dort weitere Einzelheiten des Experiments und Eigenschaften dieses
Fallentyps erklärt.
4.7.3 Permanent Magnet Trap
Die zweite Gruppe, die es geschafft hat, ein Bose-Einstein-Kondensat zu erzeugen, ist die
um Randal G. Hulet an der Rice-University in Houston, Texas. Sie benutzen eine Falle mit Permanentmagneten in einer sogenannten Ioffe-Pritchard-Konfiguration [119], um
Lithium-Atome einzufangen.
Permanentmagnete haben den Vorteil, daß sie relativ leicht herstellbar sind und einen guten Zugang für die optischen Verfahren ermöglichen, weil die einzelnen Magneten im Vergleich zu supraleitenden weniger Platz benötigen. Nachteilig wirkt sich allerdings aus, daß
die Felder nur schwer an andere Experimente angepaßt werden können, da die Permanentmagnete ein festes Feld besitzen.
Die Falle besteht aus sechs symmetrisch angeordneten Magneten, von denen vier ein Quadrupolfeld in der x-y-Ebene erzeugen. Die in Richtung der z-Achse angeordneten Magneten produzieren ein Dipolfeld. Das effektive Potential hat dadurch ein Minimum im
Zentrum der Falle (siehe Abbildung 4.13). In der benutzten Falle hat jeder Magnet eine
Oberflächenmagnetisierung von 0,5 Tesla. Wollte man dieses Feld mit einer Spule erzeugen, würde sie die für diese Experimente nutzbaren Abmessungen übersteigen. Mit su-
55
56
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
praleitenden Spulen ist es leicht, noch größere Felder zu erhalten, allerdings sind diese
Magnete größer, teurer und komplexer. Die Laser verlaufen jeweils diagonal zu den durch
die Magnete definierten Würfelseiten.
S
S
N
N
N
X
S
Y
Z
Abbildung 4.13: Atomfalle mit Permanentmagneten in Ioffe-Pritchard-Konfiguration (aus [119]).
4.7.4 Cloverleaf Trap
Die Gruppe von Wolfgang Ketterle am MIT lag bis kurz vor dem Erreichen des Ziels vor
den anderen Gruppen. Es gelang ihnen vier Monate nach Eric Cornells Gruppe, ein BoseEinstein-Kondensat zu erzeugen [33]. Dazu benutzten sie Natrium-Atome in einer Falle
mit einem Quadrupolfeld. Um Majorana Flops im Zentrum der Falle zu verhindern, bedienten sie sich eines sogenannten “Optical Plugs”, also eines blauverstimmten Lasers,
durch den auf die Atome eine Kraft wirkt, die sie aus der Mitte der Falle herausdrückt
und damit von dem Ort, an dem das magnetische Feld verschwindet, fernhält. Zur Vermeidung von Strahlungsdruck und spontaner Emission ist die Verstimmung gegenüber der
Absorptionsfrequenz der Atome sehr stark - man benutzt grünes Licht (514nm) bei einer
Resonanzfrequenz im gelben Bereich (589nm). Ketterles Methode ist aufwendiger als die
TOP-Falle, ermöglicht aber eine tiefere Falle, in der größere Kondensatdichten erreicht
werden können.
Krümmungsspule
Quadrupolspule
Dipolspule
Atomwolke
Abbildung 4.14: Schematische Darstellung der Kleeblatt-Falle.
4.8 Dichtebestimmung in der Atomwolke
Nach der Erzeugung der ersten Kondensate befaßte sich die Gruppe mit der Entwicklung
einer neuen Anordnung der Magnetfelder [90]. Die Cloverleaf (“Kleeblatt”)-Falle ist in
Abbildung 4.14 dargestellt. Sie stellt eine Verbesserung der bis dahin benutzten Fallen dar,
denn sie ist flexibler als eine mit Permanentmagneten, erzeugt ein zeitunabhängiges Feld
(im Gegensatz zur TOP Trap), benötigt keinen “Optical Plug” und auch keine Versorgung
mit flüssigem Helium, um die Spulen supraleitend zu machen. Die Konfiguration der Felder
entspricht – wie bei der Permanent Magnet Trap – dem Ioffe-Pritchard-Typ. In diesem Fall
werden allerdings acht normalleitende Elektromagneten benutzt, um das Quadrupolfeld zu
erzeugen. Dieses ist symmetrisch zur optischen Achse und die Anordnung der Magneten in
Kleeblattform gibt der Falle ihren Namen. Die äußeren Spulen erzeugen wie bei der Permanent Magnet Trap ein Dipolfeld. Zusätzlich verfügt diese Falle über zwei weitere Spulen,
die das effektive Feld im Zentrum der Falle verringern, um den radialen Feldgradienten zu
vergrößern (Krümmungsspulen). Da die Spulen wie Helmholtz-Spulen angeordnet sind, ist
die Atomwolke für die Laser und den RF-Sender gut erreichbar.
4.8 Dichtebestimmung in der Atomwolke
Zur Messung der Temperatur und der Dichteverteilung in einem gekühlten Gas benutzt
man häufig eine Bestimmung der Fallzeit [4, 33]. Dazu wird das Magnetfeld abgeschaltet,
und die Wolke kann sich ungehindert ausdehnen. Ein schwacher vertikaler Feldgradient
wird angelegt, um der Gravitation entgegenzuwirken und nach weniger als 100ms wird das
Gas mit einem Laser beleuchtet, dessen Wellenlänge einer Absorptionfrequenz der Atome
entspricht. Der Strahldurchmesser ist dabei größer als die Abmessungen der Gaswolke, und
mit Hilfe Absorption des Lichtes durch die Atome ensteht auf einem CCD-Detektor hinter
dem Gas ein Schatten. Dieser liefert Aussagen über die Größe der Wolke nach der Expansion und erlaubt die Berechnung der ursprünglichen Geschwindigkeitsverteilung. Die
Geschwindigkeitsverteilung wird mit einer zweidimensionalen “Time of Flight”-Messung
bestimmt. An jedem Punkt des Bildes ist die optische Dichte proportional zur Dichte der
Atome. Daher lassen sich aus einem einzigen Bild die Geschwindigkeit und die Phasenraumdichte und damit die Temperatur bestimmen.
Für eine Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Expansion werden mehrere Aufnahmen
von verschiedenen Kühlprozessen, bei denen die Verdampfungskühlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgebrochen wird, gemacht. Man geht dabei davon aus, daß der Ablauf
des Versuchs immer gleich ist. Reiht man die erhaltenen Bilder zeitlich hintereinander auf,
erkennt man zuerst eine thermische Verteilung. Ab einem bestimmten Zeitpunkt aber beginnt sich ein starker Peak über der Verteilung zu bilden, und nach noch weiterer Kühlung
sind nahezu alle Atome kondensiert.
Die Gruppe um R.G. Hulet benutzte eine Falle mit Permanentmagneten (Abschnitt 4.7.3),
die den Nachteil hat, daß die Felder nicht einfach abgeschaltet werden können. Daher ist
es nicht möglich die oben beschriebene Fallzeitmethode zur Bestimmung der Temperatur
zu verwenden. Die RICE-Gruppe beleuchtet ihre Atome daher mit einem Laser und bildet
sie mit einem Linsensystem und einer CCD-Kamera ab [17, 110, 119]. Da das Kondensat
nur etwa viermal so groß ist wie die Wellenlänge des benutzten Lasers, muß sehr darauf
geachtet werden, daß auch tatsächlich die Atomwolke abgebildet wird. Man benutzt aus
57
58
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
diesem Grund möglichst gute Linsen und verstimmt den Abbildungslaser stark gegen die
Absorptionsfrequenz der Atome. Dann wird die Wolke zwar für den Laser nahezu transparent, aber Beugungseffekte bewirken Phasenverschiebungen, die mit einer speziellen Abbildungstechnik sichtbar gemacht werden können (Phase-Contrast Imaging), das heißt die
Streuung des Lichts durch die Atome bewirkt eine Änderung der Laserpolarisation. Läßt
man dieses Licht mit dem ursprünglichen Strahl interferieren, erhält man ein Beugungsbild,
welches eine eindeutige Abbildung der Verteilung der Atome zeigt.
4.9 Neueste experimentelle Ergebnisse
Nach den bisher genannten Gruppen haben es auch einige andere geschafft, Bose-Einstein
Kondensate mit Alkalimetallen herzustellen und mittlerweile existieren weltweit fast zwanzig Labore, die dazu in der Lage sind.
Quantenstatistisch gesehen sollte es mit molekularem Wasserstoff aufgrund der geringeren Masse allerdings bereits bei höheren Temperaturen möglich sein, die Kondensation zu
erreichen. Eine Gruppe am MIT hatte bereits einige Jahre zuvor eine eigens entwickelte
Methode der Verdampfungskühlung angewendet, war aber nicht zum Ziel gelangt. Es fehlten UV-Laser, deren Frequenzen für diese Atome geeignet sind. Eine Weiterentwicklung
der Verdampfungskühlung ermöglichte Tom Greytak und Daniel Kleppner vom MIT im
Juni 1998 die Erzeugung des ersten Bose-Einstein Kondensates aus Wasserstoff [46].
Für Moleküle sind die Probleme immer noch groß. Das liegt an der komplizierten Niveaustruktur, die schnelle Absorption und Emission von Photonen verhindert. John Doyle
und Mitarbeitern von der Harvard Universität ist es erstmals 1998 gelungen, eine CaHWolke in einer Magnetfalle auf etwa 400mK abzukühlen [121]. Ihr Verfahren verwendet
3
He als Puffergas, an das die CaH-Moleküle einen Teil ihrer Energie durch elastische Stöße abgeben. Das Helium thermalisiert wiederum mit der kryogenen Vakuumapparatur. Die
gemessene Temperatur ist allerdings noch weit von der theoretischen Übergangstemperatur
zum Bose-Einstein Kondensat entfernt.
4.10 Anwendungen neben der Bose-Einstein-Kondensation
Es hat sich gezeigt, daß die Laserkühlung nicht nur zur Erzeugung von Bose-EinsteinKondensaten, sondern auch auf anderen Gebieten sehr nützlich sein kann. Im folgenden
sollen einige ausgewählte Beispiele dargestellt werden [25, 75, 77, 92]. Zu den nicht dargestellten, aber nicht weniger wichtigen Gebieten zählen sowohl Anwendungen in der Atomlithografie als auch in der Meterologie, Quantenoptik, Festkörperphysik, Biologie und Genetik.
4.10.1 Atomoptik
Die De-Broglie-Wellenlänge eines Atoms ist für geringe Geschwindigkeiten derart groß,
daß die Welleneigenschaften der Atome in den Vordergrund treten. Dadurch können opti-
4.10 Hochauflösende Spektroskopie
sche Phänomene mit Atomen studiert werden.
Da neutrale Atome nach außen keine Ladung besitzen und sie im Gegensatz zu Neutronen
Materie nicht durchdringen, mußten Komponenten wie Linsen, Spiegel oder Strahlteiler
neu erfunden werden.
Atomlinsen können zum Beispiel aus statischen elektrischen und magnetischen Feldern
bestehen oder auf Strahlungsdruck (siehe Abschnitt 4.4) beruhen. Atomspiegel basieren
meistens auf Effekten, die bei der Totalreflexion eines Lasers an einem Prisma entstehen.
Die ersten atomaren Interferometer wurden 1991 gebaut [22, 76]. In ihnen wird ein Atom
in zwei räumlich getrennte Wellenzüge aufgeteilt, deren Interferenz nach anschließender
Zusammenführung beobachtet wird. Solche Interferometer können unter anderem benutzt
werden, um sehr genaue Messungen der Gravitation zu ermöglichen [73].
4.10.2 Hochauflösende Spektroskopie
Bei niedrigeren Temperaturen erhält man schmalere Spektrallinien und daher eine bessere Auflösung, denn unerwünschte Effekte, wie zum Beispiel Doppler-Verbreiterung, sind
weniger stark. Dies war die ursprüngliche Motivation, ein Verfahren zur Laserkühlung zu
entwickeln, denn dadurch kann eine höhere Genauigkeit bei der Spektroskopie erzielt werden.
4.10.3 Atomuhren
Die genauesten Atomuhren existieren derzeit bei der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig und dem NIST in Boulder. Uhren dieser Art werden hauptsächlich bei der Navigation von Satelliten und Raumsonden genutzt und bestehen aus einem thermischen Caesiumatomstrahl, der zwei Mikrowellenfelder passiert. Diese sind resonant zur Hyperfeinaufspaltung des Grundzustandes. 5 Die Genauigkeit solcher Uhren ist
hauptsächlich durch die kurze Vorbeiflugzeit der Atome beschränkt, so daß mit um einige
Größenordnungen langsamer fliegenden Atomen eine höhere Genauigkeit erreicht werden
kann. Da Caesium zu den für die Laserkühlung effektivsten Atomen zählt, drängt sich dieses Verfahren förmlich auf [58].
Beschleunigt man eine Ansammlung lasergekühlter Atome langsam senkrecht nach oben,
so werden sie nach einiger Zeit von der Gravitation soweit abgebremst, daß sie ihren Weg
umkehren. Läßt man sie sowohl auf ihrem Weg nach oben, als auch auf dem Rückweg
ein Mikrowellenfeld passieren, kann man die Dauer ihres Weges messen. Auf diese Weise
bilden die Atome eine Art “Springbrunnen”. Sogenannte “Atomspringbrunnen” oder “Zachariasspringbrunnen” wurden bereits 1953 von Zacharias vorgeschlagen [126]. Er führte
auch einige Versuche durch, war aber mit den damaligen Mitteln nicht in der Lage, seine
Ideen zu verwirklichen. Steven Chu präsentierte 1989 einen solchen Brunnen und nutzte
ihn später ebenfalls für die Realisierung eines atomaren Interferometers [74]. Die ersten
Uhren dieser Art sind nun in der Entwicklung und werden voraussichtlich um zwei Größenordnungen genauer als die zur Zeit genutzten sein.
5
Für weitere Informationen siehe “Ramseys Methode getrennter Felder” [108].
59
60
Kapitel 4. Kühlung von atomaren Gasen und Fallen für neutrale Teilchen
4.10.4 Ultrakalte Kollisionen
Das Studium von Kollisionen kalter Atome ist wichtig, da solche Stöße die Lebensdauer
gekühlter Gase in Fallen verkürzen und ihre Eigenschaften verändern. Weiterhin entstehen
bei ultrakalten Kollisionen neue und unerklärte Effekte, die bisher noch nicht oder nur sehr
schlecht verstanden sind. Diese Phänomene werden untersucht, indem man einige Atome
in eine Falle einführt und dann beobachtet, wie sie durch Kollisionen wieder entweichen.
Eine andere Methode geht von der Untersuchung von Kollisionspunkten aus, an denen
dadurch zum Beispiel Ionen entstehen können.
4.10.5 Optische Pinzetten
Chu und Ashkin gelang es, 1989 neutrale Teilchen mit Größen von 0,02 bis 10 Mikrometern
in einer Dipolfalle einzufangen [32]. Da solche Fallen nur aus einem stark fokussierten
Laser bestehen, können eingefangene Teilchen dadurch leicht verschoben werden, indem
die Richtung des Laserstrahls verändert wird.
Solche “optische Pinzetten” sind sinnvoll mit optischen Mikroskopen kombinierbar, da dadurch beispielsweise lebende Bakterien gefangen und manipuliert werden können, ohne sie
zu zerstören. Es ist sogar gelungen, Bestandteile innerhalb der Zellen zu bewegen, ohne die
Zellwand zu zerstören.
Diese Anwendungen sind besonders für die biologische Forschung interessant. Es wurden
bereits die Flimmerhaare von Bakterien, Chromosomen in Zellen oder DNS-Moleküle manipuliert. Die Gruppe von Chu heftete mikroskopische Plastikkugeln an die Enden der DNS
und hielt sie mit zwei Lasern fest. Es gelang ihnen, die elastischen Eigenschaften der DNS
zu erforschen und ein Ende eines DNS-Moleküls an einem Objektträger festzuheften.
5
Simulation eines Bose-Gases in der
TOP-Falle
Wie bereits erklärt ist es die Gruppe um Eric A. Cornell am Joint Institute for Laboratory
Astrophysics (JILA), dem National Institute for Standards and Technology (NIST) sowie
der University of Colorado gewesen, die das erste Bose-Einstein Kondensat erzeugen konnte [4].
In diesem Kapitel soll das Verhalten eines idealen Gases in der von ihnen benutzten TOPFalle (siehe Abschnitt 4.7.2) simuliert werden. Dazu werden mit Hilfe der in Kapitel 3.2
eingeführten Rekursionsformel (3.21) die Besetzungszahlen der einzelnen Zustände im Potential der Falle berechnet und daraus die orts- und temperaturabhängige Teilchendichte
bestimmt.
Die experimentelle Dichtebestimmung findet statt, indem das Fallenpotential nahezu abgeschaltet wird und sich die Wolke frei ausbreiten kann. Nach einer festgelegten Zeit von
einigen Millisekunden wird mit Hilfe einer Absorptionsmessung die neue Dichte ermittelt
und es können Rückschlüsse auf die ursprüngliche Form der Wolke getroffen werden.
Dieses Verfahren wird in Abschnitt 5.4 simuliert, indem die Zeitentwicklung der Wellenfunktion für freie Teilchen durchgeführt und wiederum die Dichte berechnet wird.
Natürlich handelt es sich bei der Annahme eines idealen Gases nur um eine Näherung, da
die Atome miteinander wechselwirken (siehe Abschnitt 2.4). Ziel dieses Kapitels ist eine
Abschätzung des dadurch entstehenden Fehlers, indem mit den Ergebnissen des Experiments verglichen wird.
5.1 Eigenschaften der Falle
Die von der JILA-Gruppe benutzte sogenannte TOP- Falle, in der ein effektives Potential
auf 87 Rb Atome mit der Masse m = 0,891·10−26eV s2 /Å2 wirkt, läßt sich gut durch einen
anisotropen harmonischen Oszillator
1
V (x, y, z) = m ωx2 x2 + ωy2y 2 + ωz2 z 2
2
(5.1)
nähern, dessen Energieeigenwerte und Wellenfunktionen in Abschnitt 2.4 und Anhang A.1
angegeben sind.
Das Potential in der TOP-Trap ist durch die Frequenzen der drei Raumrichtungen ωx , ωy
und ωz bestimmt. Weiterhin bewirkt die Anordnung der Feldspulen in diesem Fallentyp
eine Zylindersymmetrie, so daß
ωy = ωz
61
(5.2)
62
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
gilt und aus experimentellen Beobachtungen ist bekannt, daß die x-Komponente zu
1
ωx = √ ωy
8
(5.3)
skaliert. Während der ersten Messungen mit dieser Falle ging man von
ωx = 2π · 120Hz
(5.4)
aus [104], doch dieser Wert wurde später durch
ωx = 2π · 208Hz
(5.5)
korrigiert [11].1 Die hier dargestellten Simulationen verwenden bereits den korrigierten
Wert.
In den Experimenten kann unterhalb der Übergangstemperatur von etwa 170nK ein starkes
Ansteigen der Dichte im Zentrum der Falle festgestellt werden, was gleichbedeutend ist
mit dem Beginn der Kondensation. Verringert man die Temperatur weiter, steigt die Dichte
solange an, bis alle Teilchen im Grundzustand sind. Weiteres Abkühlen der Atome bewirkt
dann also keine zusätzliche Dichteerhöhung.
Durch den Kühlprozeß ist die Teilchenzahl N nicht konstant, sondern sinkt von etwa 107
auf 2000 Teilchen ab. Daher werden sämtliche Simulationen in diesem Kapitel für N=2000,
10000, 20000 und 100000 durchgeführt.
Es werden gerade diese Werte ausgewählt, da sich zu Beginn des Kühlprozesses zwar etwa 107 Teilchen in der Falle befinden, der Rechenaufwand mit der Rekursionsformel aber
linear zu N ansteigt und für mehr als 100000 Teilchen nicht mehr in einem akzeptablen
Zeitrahmen durchführbar ist, denn es müßten auch entsprechend mehr Energieeigenwerte
in die Berechnungen einbezogen werden. Über die auftretenden Probleme bei den numerischen Rechnungen mit der Rekursionsformel wurde bereits ausführlich in Kapitel 3 berichtet und somit soll darauf an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Es sei nur
angemerkt, daß die erwähnten Schwierigkeiten hier sogar verstärkt auftreten, da es sich um
ein anisotropes Potential handelt. Hier müssen nämlich die Eneergieeigenwerte Enx ny nz
in Abhängigkeit von allen drei Quantenzahlen bestimmt werden, so daß bereits bei viel
geringeren Energien eine größere Anzahl Werte existiert. Aus diesem Grund ermöglicht
das Programm ho_levels_3d.bin.f wiederum die Ausnutzung der Vorteile der Methode der
Energiebereiche Eα des letzten Kapitels.
Aufgrund starker Verluste durch den Kühlprozeß befinden sich nach vollständiger Kondensation nur noch 2000 Teilchen in der Atomwolke, so daß dieser Wert besonders gut
mit dem Experiment verglichen werden kann, da hier die genauesten Daten existieren. Die
Zwischenwerte N=10000 und N=20000 werden gewählt, da die meisten Teilchen bereits
kurz nach dem Einfüllen aus der Falle entweichen und somit kleinere Teilchenzahlen besser den für die Experimente tatsächlich interessanten Bereich repräsentieren. Weiterhin
war man nach den ersten Experimenten mit der TOP-Falle der Meinung, daß sich nach der
Kondensation 20000 Teilchen in der Falle befänden [59].
Trotz des hohen Vakuums von 4·10−14bar, entspricht die Lebensdauer eines Kondensats nur
ungefähr einer Minute, da Stöße mit Atomen der Luft stattfinden und die Wolke aufheizen.
1
√
Zur Notation: In vielen Artikeln wird ωx = ωy und ωz = 1/ 8 ωx definiert.
5.2 Bestimmung der kritischen Temperatur Tc
63
5.2 Bestimmung der kritischen Temperatur Tc
Analog zu den Rechnungen für harte Potentiale in Kapitel 3.2 wird hier mit den Energieeigenwerten des Potentials der TOP-Falle die spezifische Wärme CV (T )/N für verschiedene
Teilchenzahlen berechnet. Die Ergebnisse für N=2000, 10000, 20000 und 100000 sind in
Grafik 5.1 dargestellt. Wie bei den Berechnungen für Helium werden hier die Energie und
damit die spezifische Wärme CV (T )/N in Einheiten der Boltzmannkonstante kB angegeben.
12.0
N
N
N
N
2000
10000
20000
100000
CV
N
[kB]
8.0
=
=
=
=
4.0
0.0
0.0e+00
1.0e−07
2.0e−07
3.0e−07
T [K]
Abbildung 5.1: Die spezifische Wärme in der TOP-Falle für 2000, 10000, 20000 und 100000
Teilchen.
Aus der Abbildung können die kritischen Temperaturen für die verschiedenen Teilchenzahlen abgelesen werden, also der Punkt, an dem die spezifische Wärme maximal ist. Durch
die etwa zwanzigmal größere Masse des Rubidiums gegenüber Helium liegen diese Temperaturen näher am absoluten Nullpunkt, das heißt im Bereich von einigen 10−8 bis 10−7
Kelvin. Tabelle 5.2 zeigt die entsprechenden Werte.
Teilchenzahl
Kritische Temperatur Tc
2000
10000
20000
100000
5,74·10−8K
9,87·10−8K
1,24·10−7K
2,13·10−7K
Tabelle 5.1: Kritische Temperaturen in der TOP-Trap für verschiedene Teilchenzahlen.
64
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle
Unterhalb der kritischen Temperatur Tc sammeln sich die Atome im Grundzustand, wodurch die Dichte im Zentrum der Falle sehr stark ansteigt. Im folgenden soll die Dichte
in Abhängigkeit des Ortes und der Temperatur mit Hilfe der Quantenmechanik ermittelt
werden. Dazu geht man von der Wellenfunktion eines Teilchens im harmonischen Oszillatorpotential der TOP- Trap (5.1)
ψnx ny nz (x, y, z) = Xnx (x)Yny (y)Znz (z)
(5.6)
(siehe (A.11)) aus, wobei
r
mω 1/4 exp − mωx x2 mωx
x
2~
√ n
Xnx (x) =
Hnx
x
~π
~
2 x nx !
(5.7)
ist und Yny (y) und Znz (z) analog folgen. Bei Hnx ((mωx /~)1/2 x) handelt es sich um die
Hermite-Polynome.
Die quantenmechanische Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens an einem bestimmten Ort für einen gegebenen Zustand ergibt sich durch Quadrierung des Betrages
von (5.6). Durch Multiplikation mit der durch die Rekursionsformel (3.21) bestimmten
Besetzungszahl eines Zustandes η(nx , ny , nz ) erhält man die Anzahl Atome, die sich an einem Ort im jeweiligen Zustand befinden. Nun muß nur noch über alle Zustände summiert
werden, um zur absoluten Dichte am Ort (x,y,z) zu gelangen:
X
ρabs (x, y, z) =
η(nx , ny , nz ) |ψnx ny nz (x, y, z)|2
(5.8)
nx ,ny ,nz
Führt man die relative Besetzungszahl
ηrel (nx , ny , nz ) = η(nx , ny , nz )/N
(5.9)
ein und setzt den konstanten Vorfaktor
mω 1/4
x
(5.10)
~π
in Gleichung (5.7) auf den Wert Eins, so ergibt sich mit dem geometrischen Mittel der
Oszillatorfrequenzen ωho für die Dichte
X
exp − mω~ho (x2 + y 2 + z 2 )
ρ(x, y, z) =
ηrel (nx , ny , nz )
2nx +ny +nz nx ! ny ! nz !
nx ,ny ,nz
r
r
r
mωx
mωy
mωz
2
2
2
· Hnx
x Hny
y Hnz
z ,
(5.11)
~
~
~
und das Maximum ist ebenfalls auf eins normiert. Tatsächlich ermöglicht diese Umformung
einen direkten Vergleich der Resultate in Abhängigkeit von der Teilchenzahl, wie es in
dieser Arbeit geschehen soll.
Auf diese Weise berechnet das Programm howave.f die Dichteverteilung für eine gegebene
Temperatur T . Zur besseren Darstellung der Daten wird die z-Koordinate auf den Wert
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle
65
Null gesetzt, man erhält also einen Schnitt durch das Zentrum der Wolke. Dieses Verfahren
ist sinnvoll, weil die Verteilung zylindersymmetrisch um die x-Achse ist und es bleibt die
Gleichung
X
exp − mω~ho (x2 + y 2)
ρ(x, y, 0) =
ηrel (nx , ny , nz ) nx +ny +nz
2
nx ! ny ! nz !
nx ,ny ,nz
r
r
mωx
mωy
2
2
x Hny
y
(5.12)
· Hnx
~
~
zu berechnen. Die Hermite-Polynome Hni können mit der Vereinfachung
r
mωx
x
ζ=
~
(5.13)
durch Zuhilfenahme einer Rekursion bestimmt werden:
H1 (ζ) = 1
H2 (ζ) = 2ζ
Hn (ζ) = 2ζ Hn−1 (ζ) − 2(n − 1) Hn−2(ζ).
(5.14)
Bei großen Quantenzahlen tritt durch den Vorfaktor
2nx +ny +nz
1
nx ! ny ! nz !
(5.15)
ein zusätzliches Problemauf, da dieser schon für relativ kleine Quantenzahlen sehr groß
wird. Die maximale Anzahl der Zustände in einer Richtung ist dadurch hier auf 100 beschränkt. Da allerdings in die Berechnungen der Besetzungszahlen eine weitaus größere
Anzahl Zustände einbezogen wurde und die hohen Niveaus im interessanten Temperaturbereich nur noch schwach besetzt sind, sollte diese Begrenzung zu keiner wesentlichen
Verfälschung der Ergebnisse führen.
Wie man sieht, werden für die Wellenfunktion und damit für die Dichte (5.12) alle drei
Quantenzahlen benötigt. Zur Beschleunigung der Rekursion für die Besetzungszahlen wird
dort aber nur in einer Dimension gerechnet, indem die Energieeigenwerte zwar für alle
Quantenzahlen ermittelt, anschließend allerdings durch Anwendung der Methode der Energiebereiche auf eine lineare Energieskala mit entsprechender Entartung aufgeteilt werden.
Diese Energien werden von dem Programm recur98occup.f verwendet, um jedem Bereich
eine Besetzungszahl zuzuordnen, die daher wiederum nur in einer Dimension vorliegt und
anschließend auf die drei Quantenzahlen nx , ny und nz aufgeteilt werden muß, was folgendermaßen geschieht: Bereits bei der Berechnung der Energieeigenwerte Enx ny nz werden
die Quantenzahlen und der Index α des zugeordneten Energiebereichs Eα in eine Datei
geschrieben, die später eingelesen werden kann, um die Besetzungszahlen den entsprechenden Quantenzahlen zuzuordnen.
Die numerische Instabilität der Rekursion zur Berechnung der Besetzungszahlen beschränkt die niedrigste mögliche Temperatur auf 2,5·10−9K, denn unterhalb dieser Temperatur treten Werte auf, die außerhalb des nutzbaren Zahlenbereichs liegen.
66
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
Der Ursprung wird in das Zentrum der Falle gelegt, und die Berechnungen der Dichte werden für einen Abstand von 5µm in x- und y-Richtung durchgeführt. Für die oben angegebenen Teilchenzahlen sind die Ergebnisse in Abbildung 5.2 bis 5.5 zu sehen. Die Darstellung
der Dichte erfolgt sowohl linear als auch logarithmisch, denn während die linearen Grafiken die Ausbildung eines Peaks im Zentrum besser zeigen, wird durch die logarithmischen
Diagramme klar, daß das Integral über die Verteilungen immer gleich bleiben muß, da die
Teilchenzahl N konstant ist.
Aufgrund der Symmetrie um den Ursprung ist es ausreichend, die Dichte ρ(x, y, 0) nur für
einen Quadranten zu ermitteln und die entsprechenden Werte in die übrigen Raumbereiche
zu übertragen. Die berechneten Stützpunkte der Grafiken haben einen Abstand von jeweils
0,025µm, so daß insgesamt 160000 Punkte pro Bild ermittelt werden.
Leider können in der Papierversion dieser Arbeit bei weitem nicht alle Bilder, sondern
nur eine begrenzte Auswahl gezeigt werden. Auf der beiliegenden CD-Rom befinden sich
allerdings zum einen die übrigen Diagramme und zum anderen einige Animationen, die
die Änderung der Dichte in Abhängigkeit von der Temperatur zeigen. Die große Zahl der
auf der CD-Rom befindlichen Bilder ergibt sich aus der für die Erstellung dieser “Filme”
nötigen Menge, um einen flüssigen Verlauf zu erhalten.2
Die Ergebnisse zeigen sehr deutlich, daß die Dichte innerhalb des harmonischen Potentials oberhalb der in Tabelle 5.2 angegebenen kritischen Temperaturen gleichförmig ist,
also einer thermischen Verteilung entspricht. Für angeregte Zustände sind die HermitePolynome nicht konstant, sondern entwickeln an den Rändern des Potentials einen Peak
und schwingen in der Nähe des Ursprungs nur mit geringer Amplitude. Die Maxima dieser
Wellenfunktionen befinden sich für hohe Quantenzahlen weiter außen als für niedrige. Daher ergibt sich für Temperaturen oberhalb von Tc eine gleichförmige räumliche Verteilung,
denn auch höhere Zustände sind besetzt.
Bei Eintritt der Kondensation bildet sich im Zentrum der Falle ein Peak in der Dichteverteilung aus, der die Form einer Gaußschen Glockenfunktion hat. Die Ursache dafür liegt in
der Form der Wellenfunktion des Grundzustandes des harmonischen Oszillators, die eben
genau dieser Funktion entspricht. Da dieser Zustand der einzige makroskopisch besetzte
ist, heben sich die Auswirkungen dieses Niveaus von den anderen ab.
Aufgrund der nötigen Beschränkung der Anzahl dargestellter Bilder werden die Dichteverteilungen nur für jeweils vier unterschiedliche Temperaturen pro Teilchenzahl abgedruckt.
Jede Serie enthält ein Bild für eine Temperatur von 1,0·10−8 K, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen. Die linearen Darstellungen lassen sich kaum unterscheiden, denn
es scheint als seien bereits alle Teilchen kondensiert. Anders sieht es aus, wenn man die
logarithmischen Grafiken betrachtet. Hier ist deutlich zu erkennen, daß sich bei größeren
Teilchenzahlen bereits ein höherer Anteil der Atome im Kondensat befindet als bei kleineren. Die Erklärung hierfür ist in der kritischen Temperatur zu finden, welche für größere
Teilchenzahlen höher liegt und damit für ein früheres Einsetzen der Kondensation sorgt.
Hieraus resultiert die Wahl der übrigen Bilder, denn es werden jeweils ein Wert aus der
Nähe der kritischen Temperatur und unterschiedlich verteilte Zwischenwerte gewählt.
Für 2000 Teilchen zeigt Abbildung 5.2 eine Grafik für eine Temperatur, die bereits am
2
Siehe auch Anhang E.
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle
Limit der numerischen Berechenbarkeit liegt. Bei 3,0·10−9K befinden sich tatsächlich nahezu alle Teilchen im Grundzustand. Dieses ist zu erkennen, weil die logarithmische Dichteverteilung besonders steil abfällt und nicht einmal mehr die ellipsenförmige Form der
Rubidiumwolke zeigt.
Abbildung 5.3 und 5.4 zeigen die Ergebnisse für 10000 und 20000 Teilchen. Die Temperaturen sind hier identisch gewählt, um einen Vergleich für zwei unterschiedliche Teilchenzahlen über den gesamten Temperaturbereich zu ermöglichen. Erwartungsgemäß ähneln
sich die Bilder für 1,0·10−8K sehr, doch für anwachsende Temperaturen fällt die Dichte im
Zentrum einer Falle mit 10000 Teilchen schneller ab.
Durch die Einführung der in diesem Kapitel genutzten Normierung der Dichte muß hier
noch einmal betont werden, daß die Anzahl der Teilchen, die sich tatsächlich im Zentrum
der Falle befinden, natürlich von der Gesamtteilchenzahl abhängig ist.
67
68
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
Abbildung 5.2: Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei
T =3,0·10−9 , 1,0·10−8 , 4,0·10−8 und 5,5·10−8 Kelvin.
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle
Abbildung 5.3: Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 10000 Teilchen
bei T =1,0·10−8 , 4,0·10−8 , 8,0·10−8 und 1,0·10−7 Kelvin.
69
70
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
Abbildung 5.4: Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 20000 Teilchen
bei T =1,0·10−8 , 4,0·10−8 , 8,0·10−8 und 1,0·10−7 Kelvin.
5.3 Berechnung der Dichteverteilung in der Falle
Abbildung 5.5: Lineare und logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 100000 Teilchen
bei T =1,0·10−8 , 8,0·10−8 , 1,6·10−7 und 2,1·10−7 Kelvin.
71
72
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
5.4 Zeitliche Entwicklung eines Bose-Einstein Kondensats bei abgeschaltetem externen Potential
Die Teilchendichte innerhalb der Falle wird gemessen, indem das Fallenpotential nach dem
Kühlungsprozeß abgeschaltet wird. Dadurch kann sich die Atomwolke frei ausdehnen, das
heißt, jedes Teilchen für sich kann, wenn man Wechselwirkungen ausschließt, als freies
Teilchen betrachtet werden. Die Annahme eines freien Teilchens wird dadurch unterstützt,
daß ein Feld von geringer Größe angelegt ist, daß der Gravitation entgegen wirkt, um eventuelle Störungen zu vermindern. Nach einer festgelegten Zeit wird mit einem Laserstrahl
und einer hinter dem Kondensat angebrachten CCD-Kamera die Absorption der Wolke
und damit die ortsabhängige Dichte bestimmt. Durch die hohe Energie, die dadurch auf die
Atomwolke übertragen wird, wird das Bose-Einstein-Kondensat zerstört. Es kann also nur
ein Bild pro Kühlungsprozeß aufgenommen werden. Um trotzdem eine Folge von Bildern
zu erhalten, werden die Aufnahmen jeweils nach unterschiedlich langer Ausdehnungszeit
aufgenommen. Das ist möglich, da die Anzahl Teilchen in der Falle und die genaue Größe des Potentials sehr gut reproduziert werden können. Weiterhin kann das Potential nach
unterschiedlich weit fortgeschrittenem Kühlungsprozeß abgeschaltet werden.
Genau dieses Verfahren soll im folgenden simuliert werden. Dazu wird die in der vorangegangenen Berechnung der Dichte benutzte Wellenfunktion (5.6) zeitentwickelt, wofür die
ortsabhängige Wellenfunktion mit Hilfe einer Fouriertransformation in den Impulsraum
überführt wird. Die Fouriertransformation ist mit r = (x, y, z) und p = (px , py , pz ) folgendermaßen definiert:
Z ∞
i
−3/2
ψnx ny nz (p) = (2π ~)
dr ψnx ny nz (r)e− ~ pr
(5.16)
−∞
Mit dem Hamilton-Operator eines freien Teilchens,
p2
,
Ĥ =
2m
(5.17)
findet die Zeitentwicklung statt, und für die Wellenfunktion im Impulsraum zum Zeitpunkt
t ergibt sich mit
ψnx ny nz (p, 0) = ψnx ny nz (p),
(5.18)
ψnx ny nz (p, t) = ψnx ny nz (p, 0)e− ~ Ĥt .
i
Anschließend wird ψnx ny nz (p, t) mit Hilfe der inversen Fouriertransformation
Z ∞
i
−3/2
ψnx ny nz (r, t) = (2π ~)
dp ψnx ny nz (p, t)e ~ pr
(5.19)
(5.20)
−∞
wieder in den Ortsraum transformiert. Daraus können dann analog zum vorherigen Abschnitt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit und die Dichte berechnet werden, so daß die zu
lösende Gleichung
X
ρ(r, t) =
ηrel (nx , ny , nz ) |ψnx ny nz (r, t)|2
(5.21)
nx ,ny ,nz
5.4 Zeitentwicklung eines Bose-Einstein Kondensats
73
lautet. Dieses Verfahren kann in nahezu jedem Buch zur Quantenmechanik nachgelesen
werden (siehe beispielsweise [51, 89,111]), und man erhält ein quantenmechanisch auseinanderfließendes Wellenpaket.
Auf die Eigenschaften der Fouriertransformation soll an dieser Stelle nicht eingegangen,
sondern nur auf die dazugehörige Literatur verwiesen werden. Wie bereits erklärt wird die
Wellenfunktion nur für eine begrenzte Anzahl von Funktionswerten berechnet. Es liegen
also diskrete Daten vor. Das am weitesten verbreitete Verfahren zur Transformation solcher
Werte ist die sogenannte “Fast Fourier Transformation” (FFT), die auch in dieser Arbeit
angewendet wird. Der besonders schnelle Algorithmus setzt voraus, daß die Anzahl der
Stützpunkte, an denen die Wellenfunktion berechnet werden soll, eine Zweierpotenz ist. In
diesem Fall wird der Wert 8192 gewählt, der einen Kompromiß zwischen Genauigkeit und
Rechenaufwand darstellt.3
Aufgrund der Begrenzung der Stützstellenzahl ist die Transformation nicht exakt und man
erhält Störeffekte, die die zeitentwickelte Wellenfunktion und damit die Darstellung der
Dichteverteilung verfälschen. Zu solchen Artefakten zählen bei den in Abbildung 5.6 und
5.7 dargestellten Ergebnissen zum einen die “Ausfransung” der eigentlich glatten Plots und
zum anderen die bei größeren Zeiten sehr stark werdenden Randeffekte.
Verstärkend kommt hinzu, daß eine Transformation eigentlich nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Funktion an den Rändern verschwindet. Da allerdings nur ein begrenzter Raumbereich berechnet werden kann, ist nicht gegeben, daß die Wellenfunktionen rechtzeitig gegen Null konvergieren, denn die Hermite-Polynome können am Rand des
Oszillatorpotentials für höhere Zustände sehr groß werden.
Eine begrenzte Verringerung dieser Effekte kann erzielt werden, indem ein weit größerer
Raumbereich als der grafisch dargestellte fouriertransformiert wird. In dem hier vorgestellten Fall werden nur etwa 80% des berechneten Bereichs für die Auswertung übernommen.
Das vorgestellte Verfahren zur Zeitentwicklung bedient sich einer weiteren Näherung, denn
für eine exakte Rechnung muß die symmetrisierte Viel-Teilchen-Wellenfunktion propagiert
werden. Für zwei Bosonen und zwei Zustände bedeutet das aber bereits, daß die Wellenfunktion zu
1
Ψ(p1 , p2 ) = √ (ψ0 (p1 ) ψ1 (p2 ) + ψ0 (p2 ) ψ1 (p1 ))
2
(5.22)
wird und ebenfalls mit dem Hamilton-Operator für freie Teilchen zeitentwickelt werden
muß. Da sich jedoch die Anfangswellenfunktion aus den Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators zusammensetzt, ist diese Zeitentwicklung, insbesondere für viele Teilchen, äußerst zeitaufwendig und kompliziert.
Tatsächlich zeigt sich, daß dieses exakte Verfahren nur für sehr kleine Teilchenzahlen
durchführbar ist. Versuche dieser Art finden sich beispielsweise in einem Artikel von
Papenbrock und Bertsch [99], die ebenfalls Simulationen für ein harmonisches Potential
durchgeführt haben. In ihrem Ansatz ist die maximale Teilchenzahl N = 40, also weit unter
dem tatsächlich in der TOP-Falle auftretenden Wert.
3
Eine Einführung in die Programmierung und Funktionsweise der FFT kann [107] oder [61] entnommen
werden. Genauer gehen jedoch Bücher über digitale Signalverarbeitung auf dieses Thema ein [40].
74
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
In Abbildung 5.6 und 5.7 ist die zeitliche Entwicklung eines freien Gases mit 2000 Teilchen bei 1,0·10−8 und 4,0·10−8 Kelvin dargestellt. Wie auch bei den vorherigen Bilderserien kann nur eine kleine Auswahl der tatsächlich erstellten Bilder abgedruckt werden,
und für weitere Grafiken sei wiederum auf die CD-Rom, beziehungsweise die zugehörigen
Animationen und den Anhang verwiesen. Die Zeit läuft von 1,0·10−11 bis 1,0·10−3 Sekunden, und die ausgewählten Bilder zeigen Momentaufnahmen bei t = 1,0·10−11, 2,0·10−10,
9,0·10−5 und 1,0·10−3 Sekunden.
Aufgrund der Annahme freier Teilchen und der Normierung der Dichte ist die zeitliche
Entwicklung unabhängig von der Teilchenzahl, so daß die Ergebnisse für N=10000, 20000
und 100000 äquivalent sind. Weiterhin unterscheiden sich die Serien für die beiden Temperaturen nur dadurch, daß sie durch die unterschiedlich hohen Startwerte für die Dichte im
Zentrum auch entsprechend skalierte Zeitentwicklungen besitzen. Da die Höhe der Maxima
allerdings nur von den Besetzungszahlen abhängt und die zeitentwickelten Wellenfunktionen identisch sind, muß sich auch die Zahl der Atome an einem bestimmten Ort gleichartig
ändern.
Die Grafiken zeigen deutlich, daß nach 1,0·10−11s noch keine Änderungen im Vergleich
zu den Ergebnisse für t = 0 auszumachen sind. Erst ab etwa 1,0·10−10s beginnt der Peak
abzusinken, und bereits nach 5,0·10−10 s treten die ersten durch die Fouriertransformation
verursachten Störungen in Form von Verfälschungen am Rand der betrachteten Ebene auf.
Nach etwa 1,0·10−5s beginnt die “Ausfransung” der Funktionen stark zuzunehmen, und die
Größe der Dichte im Zentrum kann nur noch qualitativ bestimmt werden. Eine Millisekunde nach dem Abschalten des Potentials ist die ursprüngliche Wolke nicht mehr erkennbar,
denn die Grafiken zeigen nur noch numerisches Rauschen.
5.4 Zeitentwicklung eines Bose-Einstein Kondensats
Abbildung 5.6: Lineare und logarithmische Darstellung der zeitabhängigen Dichteverteilung für
2000 Teilchen bei T =1,0·10−8 Kelvin und t=1,0·10−11 , 2,0·10−10 , 9,0·10−5 und 1,0·10−3 Sekunden.
75
76
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
Abbildung 5.7: Lineare und logarithmische Darstellung der zeitabhängigen Dichteverteilung für
2000 Teilchen bei T =4,5·10−8 Kelvin und t=1,0·10−11 , 2,0·10−10 , 9,0·10−5 und 1,0·10−3 Sekunden.
5.5 Vergleich mit dem Experiment
77
5.5 Vergleich mit dem Experiment
Nach Haugerud [59] und Balazs [9] läßt sich ein sehr dünnes Gas aus Alkaliatomen in einer harmonischen Falle oberhalb der kritischen Temperatur Tc gut als ideales Gas nähern.
Dementsprechend können die thermodynamischen Eigenschaften mit Hilfe einer quantenstatistischen Gesamtheit beschrieben werden. Die Simulation in diesem Kapitel zeigt in
diesem Bereich eine zu erwartende gleichmäßige thermische Verteilung der Atome in der
Falle, so daß die gute Vergleichsmöglichkeit mit dem Experiment bestätigt wird.
Haugerud erklärt weiter, daß sich für die ursprünglich verwendete Frequenz des harmonischen Oszillatorpotentials von ωx = 2π · 120Hz nach Gleichung (2.76) eine Übergangstemperatur von 73,2nK ergibt, wenn man von 20000 Teilchen ausgeht. Für ωx = 2π · 208Hz
steigt dieser Wert auf Tc = 124,4nK, was zwar näher an der experimentell gemessenen
Übergangstemperatur von 170nK liegt, allerdings immer noch einen großen Fehler aufweist. Bis heute existiert keine Theorie, die den experimentellen Wert genau vorhersagt.
Für 20000 Teilchen entspricht das in Tabelle 5.2 angegebene Ergebnis der nach (2.76)
vorhergesagten Temperatur. Der Versuch, die Differenz zwischen Theorie und Experiment
durch eine Änderung der in die Berechnungen einbezogenen Teilchenzahl zu korrigieren,
scheitert, da die nach Gleichung (2.76) nötige, tatsächliche Anzahl an Rubidiumatomen
in der Falle bei etwa N = 50000 liegen müßte. Aufgrund der hochpräzisen Meßdaten, die
von der TOP-Trap vorliegen, ist ein Fehler dieser Größenordnung jedoch nicht zu erwarten. Die Näherung eines idealen Gases ist also bereits an dieser Stelle nicht mehr gültig, da
Wechselwirkungsprozesse zwischen den einzelnen Atomen eine Rolle zu spielen beginnen.
Genaueres zur Beschreibung dieser Effekte kann Abschnitt 2.4 entnommen werden.
Die Größe einer voll kondensierten Wolke wird durch die Reichweite des harmonischen
Oszillatorpotentials (2.64)
r
aho =
~
mωho
(5.23)
bestimmt. Mit der Masse von 87 Rb und dem harmonischen Mittel der Frequenzen des Fallenpotentials ergibt sich ein Wert von 1,1µm, der unabhängig von der Teilchenzahl ist und
gut mit der mittleren Breite der Dichtepeaks in den erstellten Bildern übereinstimmt.
Tatsächlich ist eine experimentelle Wolke jedoch größer, da es immer zu Mehr-KörperStößen kommt und sich daher niemals alle Teilchen im Grundzustand befinden können.
Weiterhin wirkt zwischen 87 Rb-Atomen eine abstoßende Kraft, die das Kondensat zusätzlich verbreitert. Diese Effekte können die Grundzustandsbesetzungszahl um ein Fünftel
verringern und werden in den hier vorgestellten Simulationen nicht einbezogen (siehe Abschnitt 2.4).
Zusätzlich kommt hinzu, daß die Näherung eines 87 Rb-Atoms als ein aus Fermionen zusammengesetztes Boson nur für geringe Dichten gilt. Bei den hohen Dichten, die in einem Kondensat im Vergleich zu einer thermischen Verteilung eines dünnen Gases auftreten, muß diese Näherung überprüft werden. Sicher ist jedoch, daß die Viel-TeilchenWechselwirkungen hierdurch vergrößert werden.
Eine Vergrößerung der Wolke bedeutet wiederum eine geringere Dichte im Zentrum der
Falle und damit auch eine geringere kritische Temperatur Tc . Die Dichte ρ kann nach [30]
78
Kapitel 5. Simulation eines Bose-Gases in der TOP-Falle
um bis zu zwei Größenordnungen kleiner sein. Aufgrund der durch die Verdampfungskühlung ständig kleiner werdenden Teilchenzahl N bedeutet dies, daß sich zu Beginn der
Kondensation weit mehr Teilchen in der Falle befinden als nach Beendigung des Kühlverfahrens, denn die gemessene kritische Temperatur liegt etwa 50nK über der für eine
konstante Anzahl von Atomen berechneten. Um einen genauen Vergleich zwischen den
berechneten und den gemessenen Werten anstellen zu können, muß also die Teilchenzahl
für jede in die Rekursionsformel eingesetzte Temperatur entsprechend angepaßt werden.
Aufgrund der Meßverfahren für die Teilchendichte existieren keine direkten Bilder eines
Kondensats. Zwischen dem Abschalten des Magnetfeldes und der Absorptionsmessung
mit dem Laserstrahl bleibt den Atomen eine bestimmte Zeit t, in der sie sich frei ausbreiten
können. Daher sind auch keine direkten Vergleiche der hier erstellten Diagramme für die
Dichte im Zentrum einer Falle mit veröffentlichten Absorptionsbildern möglich.
Diese Bilder zeigen eine Verteilung, die sich aus den ursprünglichen Geschwindigkeiten
der einzelnen Atome ergibt. Ein sehr langsames Atom, daß sich vor dem Abschalten der
Falle in deren Zentrum befindet, wird sich in einer festgelegten Zeit weniger weit von seinem ursprünglichen Ort entfernen als ein energiereiches, schnelles Teilchen. Aus diesem
Grund werden die experimentellen Absorptionsbilder auch Geschwindigkeitsverteilung genannt. Ihre Äquivalenz zu Darstellungen der Dichte rührt daher, daß sich energiearme Teilchen im Vergleich zu energiereichen bevorzugt in der Mitte der Wolke aufhalten. Allerdings
bedeutet eine höhere Dichte auch eine größere Wahrscheinlichkeit für Stöße mit anderen
Atomen. Dadurch erhält eine bestimmte Zahl der Atome aus dem kondensierten Teil der
Wolke die Energie anderer Teilchen, wodurch sich ihre Geschwindigkeit erhöht und sie
nach genügend großer Zeit die äußeren, ursprünglich schnelleren Atome überholen. Das
Kondensat muß durch diesen Effekt nicht zerstört werden, es bildet sich jedoch eine ringförmige Verteilung um das Zentrum der Falle [90].
Die Geschwindigkeit, die die Atome nach dem Abschalten des Potentials haben, hängt stark
von der ursprünglichen Größe der Wolke ab. Nach [68] und [30] gilt, daß der Wolkendurchmesser umgekehrt proportional zur mittleren Initialgeschwindigkeit der freien Teilchen ist.
Eine reale Wolke, die durch ihre interatomaren Wechselwirkungen vergrößert wird, fließt
also langsamer auseinander als ein ideales Kondensat.
Dieser Effekt zeigt sich auch bei der in diesem Kapitel durchgeführten Zeitentwicklung,
denn sowohl die Position der Teilchen vor dem Abschalten des Potentials als auch die
damit verbundene Energie bestimmt die zu zeitentwickelnde Wellenfunktion ψnx ny nz (r, t).
Sind nämlich die Besetzungszahlen für angeregte Zustände durch die oben beschriebenen
Effekte größer, so haben die zu ihnen gehörenden Wellenfunktionen einen entsprechend
höheren Einfluß auf die Dichteverteilung. Dadurch kommt es zu einer Vergrößerung der
Atomwolke, und weiterhin ist der Einfluß der angeregten Zustände bei der Zeitentwicklung
erhöht.
Da dadurch die an den Rändern des Potentials liegenden Maxima der Hermite-Polynome
höherer Ordnung keinen vernachlässigbar kleinen Effekt mehr ausüben, sind sie ebenfalls
für die Dauer des vollständigen Auseinanderfließens des Gesamtwellenpakets interessant.
Tatsächlich sinkt die Teilchendichte hierdurch um einige Größenordnungen langsamer als
wenn nur das Grundzustandsniveau besetzt ist.
Die bekannte Abbildung auf Seite 1 dieser Arbeit zeigt die Dichte in der TOP-Falle 200ms
5.5 Vergleich mit dem Experiment
nach dem Abschalten des Magnetfeldes. Die räumliche Auflösung beträgt 200x270µm.
Nach vollständiger Kondensation hat die Wolke hier noch einen Durchmesser in yRichtung von etwas weniger als 100µm. Dieser Wert ist zwanzigmal größer als das in
dieser Arbeit errechnete Ergebnis ohne Zeitentwicklung.
Laut [68] entspricht die Breite 60ms nach der Abschaltung jedoch nur 15µm. Diese Zahl
liegt bereits weitaus näher an den in dieser Arbeit simulierten Dichteverteilungen. Geht
man weiterhin davon aus, daß die Ausdehnung der Wolke zu Beginn des Prozesses schneller ist als nach einer längeren Zeitspanne, zeigt sich, daß die in Abbildung 5.2 bis 5.5 gezeigten Bilder den experimentellen Ergebnissen ähnlicher sind als man bei einem direkten
Vergleich der erstellten Bilder mit den aus den Experimenten bekannten Absorptionsaufnahmen erwarten könnte.
Anders ist es bei der durchgeführten Zeitentwicklung. Ein deutliches Absinken der zentralen Dichte findet für den Zeitraum zwischen 1,0·10−10s und 1,0·10−4s statt, und nach einigen Millisekunden zeigen die Grafiken nur noch eine thermische Verteilung. Anzumerken
ist, daß der berechnete Raumbereich um den Faktor zwanzig kleiner ist als der auf den Absorptionsbildern erkennbare. Es ist aber nicht zu erwarten, daß die Dichte bei Betrachtung
eines größeren Bereichs eine wesentliche Änderung aufweist, denn die erzeugten Daten
enthalten nach dieser Zeit nur noch numerisches Rauschen. Der Grund hierfür ist sicherlich zu einem geringen Teil in der nicht ausreichend genau durchgeführten Fouriertransformation zu finden. Die Störungen sind aber nicht so groß, daß eventuell noch vorhandene
Schwankungen nicht mehr qualitativ zugeordnet werden könnten. Vielmehr entsprechen
die errechneten Größen den Dichten, die zum Zeitpunkt t = 0 bei Temperaturen oberhalb
von Tc vorliegen.
Der wichtigste Grund für diesen Effekt ist die Nichtbeachtung der Wechselwirkungen, denn
für den Fall eines Bose-Einstein-Kondensats aus Alkali-Atomen darf nicht die Zeitentwicklung der Ein-Teilchen-Wellenfunktionen durchgeführt werden. Vielmehr muß die symmetrisierte Gesamtwellenfunktion des Kondensats propagiert werden, die durch die benannten
Wechselwirkungen nicht separiert.
Abschließend soll noch bemerkt werden, daß eine einfache Abschätzung der Stoßwahrscheinlichkeit über die durchschnittliche Dichte ρavg und der Näherung eines Atoms als
Kugel mit einem Durchmesser, der der s-Wellen-Streulänge a entspricht4, nicht ausreicht,
um die Approximation eines realen Bose-Gases als ideales Gas zu überprüfen. Vielmehr
müssen die kinetische- und die Wechselwirkungsenergie der Teilchen, die stark von den expliziten Eigenschaften des Experiments abhängen, betrachtet werden [30]. Da dafür die in
Abschnitt 2.4 vorgestellten Verfahren angewendet werden müssen, soll diese Betrachtung
in dieser Arbeit nicht stattfinden.
4
Für 87 Rb wurde experimentell a = 5,77nm gefunden.
79
6
Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde versucht, einen Einblick in das zur Zeit hochaktuelle Forschungsgebiet der Bose-Einstein-Kondensation in sehr dünnen Gasen aus Alkali-Atomen zu geben.
Dazu wurden einige verbreitete theoretische Verfahren zur Beschreibung eines Systems aus
nicht wechselwirkenden Bosonen erklärt und darauf aufbauend eine Einführung in die Besonderheiten realer Bose-Einstein-Kondensate gegeben. Für jedes dieser Kondensate muß
überprüft werden, ob die interatomaren Wechselwirkungen tatsächlich vernachlässigt werden können oder einen entscheidenden Einfluß auf die thermodynamischen Eigenschaften
ausüben.
Im Anschluß erfolgte eine Erklärung einer neuen Formel zur rekursiven Berechnung der
kanonischen Besetzungszahlen. Mit Hilfe dieser Formel können sämtliche thermodynamischen Größen idealer Bose-Gase innerhalb des kanonischen Ensembles bestimmt werden.
Am Beispiel von flüssigem Helium in verschiedenen harten Potentialen wurde die Gültigkeit der Rekursion verdeutlicht, und die Ergebnisse ermöglichen es, Rückschlüsse auf für
Atomfallen besonders gut geeignete Formen zu ziehen.
Eine ausführliche Darstellung der aktuellen experimentellen Situation dieses Themas hat
es schwer, mit der Geschwindigkeit der Weiterentwicklungen und ständig steigenden Zahl
der Veröffentlichungen Schritt zu halten. 1 Aus diesem Grund beschränkte sich Kapitel 4
hauptsächlich auf die ersten drei erfolgreichen Experimente zur Erzeugung eines BoseEinstein-Kondensats und die dazu notwendigen experimentellen Grundlagen. Da sich bei
den neuesten Erfolgen an den grundsätzlichen Techniken nichts geändert hat, sondern nur
Verbesserungen im Detail stattfanden, um die Anzahl der Teilchen in einem Kondensat und
seine Lebensdauer zu erhöhen, können die hier vorgestellten Grundlagen leicht übertragen
werden.
Da es sich bei der TOP-Falle um die bekannteste und am meisten studierte Atomfalle handelt, bietet sie sich für eine Simulation an, denn aufgrund der genauen Daten ist es am
besten möglich, die Ergebnisse mit dem Experiment zu vergleichen. Daher wurden ihre
Eigenschaften genutzt, um die Gültigkeit und Anwendbarkeit der Rekursionsformel für ein
reales System aus wechselwirkenden 87 Rb-Atomen zu überprüfen.
Das Ergebnis dieser Simulation ist, daß die Dichte im Zentrum der Falle zur Zeit der vollständigen Kondensation sehr gut ermittelt werden kann. Aufgrund indirekter Meßmethoden zur Bestimmung der Dichte einer experimentell hergestellten Wolke, konnten diese
Betrachtungen ebenfalls nur indirekt angestellt werden. Trotzdem ist eine gute Übereinstimmung festzustellen gewesen.
1
Die aktuellste Artikel-Sammlung findet sich im World Wide Web unter
http://amo.phy.gasou.edu/bec.html/bibliography.html.
81
82
Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick
Die ermittelte kritische Temperatur lag unterhalb des experimentellen Wertes. Allerdings
verwundert dieses Ergebnis nicht, da eine kanonische Beschreibung die Eigenschaften der
Atome in der TOP-Falle zwar besser trifft als eine großkanonische, bisher aber keine Theorie existiert, die den Übergangspunkt genau vorhersagt.
Die Zeitentwicklung eines freien Bose-Einstein-Kondensats mit Hilfe einer Beschreibung
als quantenmechanisch auseinanderfließendes Wellenpaket verdeutlichte die Wichtigkeit
der vorhandenen Wechselwirkungen, denn die Näherung als ideales Gas ermöglichte die
Separation der Gesamtwellenfunktion in Ein-Teilchen-Wellenfunktionen. Diese Vereinfachung verursachte ein weitaus schnelleres Auseinanderdriften einer kondensierten Atomwolke als es der Realität entspricht.
Zusammengefaßt läßt sich aus den hier vorgestellten Ergebnissen der Schluß ziehen, daß
die Rekursionsformel gut geeignet ist, um ideale Gase in unterschiedlichen Potentialen
zu beschreiben, um hieraus beispielsweise Optimierungen zukünftiger Fallentypen zu entwickeln, da das grundsätzliche Verhalten von Atomen in einer Falle gut beschrieben werden
kann.
Die nicht in die Betrachtungen mit einbezogenen Wechselwirkungen verursachten jedoch
eine Verschiebung der explizit berechneten Größen, also beispielsweise der kritischen Temperatur Tc , der spezifischen Wärme CV oder der ortsabhängigen Teilchendichte ρ(r).
Zur genaueren Bestimmung dieser Werte sollte dementsprechend ein zusätzlicher Wechselwirkungsterm in die Rekursionsformel eingefügt werden, der abhängig von der Temperatur, der Energie eines Zustands und den Eigenschaften der betrachteten Atome ist. Es muß
also ein Faktor eingeführt werden, der beschreibt, ob es sich um anziehende oder abstoßende Teilchen handelt. Weiterhin sollte der Einfluß dieser Korrekturfunktion davon abhängig
sein, ob sich bereits Teilchen in dem jeweiligen Zustand befinden.
Für eine weitere Verbesserung des Verfahrens wäre es vorteilhaft, daß die Rekursion die
Besetzungszahlen für eine feste Temperatur β liefert. Dadurch ist es möglich durch den
Kühlprozeß verursachte Veränderungen der Teilchenzahl N mit experimentellen Daten anzupassen, also eine Funktion N(β) anzusetzen.
Eine mögliche neue Rekursionsformel würde also mit einem Wechselwirkungsterm f und
der Kopplungskonstante g wie folgt aussehen:
ηi (N(β) + 1, β) =
ZN (β) (β) −βi
e
(ηi (N(β), β) + 1) f (ηi (N(β), β), i , g)
ZN (β)+1 (β)
(6.1)
Die Wechselwirkungsterme sollten auch in die Berechnung der Wellenfunktionen eingebunden werden. Das heißt, daß nicht mehr die Schrödinger-, sondern die in Abschnitt 2.4
vorgestellte Gross-Pitaevskii-Gleichung (2.75) gelöst werden muß. Hierzu existieren bereits erfolgreich umgesetzte numerische Lösungsverfahren [35]. Da der nötige numerische
Aufwand jedoch bereits relativ groß ist, könnte als erster Schritt auch überprüft werden,
wie gut sich die tatsächlichen Eigenschaften eines kondensierenden Gases mit einer modifizierten Rekursionsformel nähern lassen.
Die Simulation der Wolke nach dem Abschalten des Fallenpotentials ist aufwendiger,
da hier sicherlich die Viel-Teilchen-Wellenfunktion als Lösung der Gross-PitaevskiiGleichung verwendet werden muß. Allerdings ist die Berechnung der Zeitentwicklung
83
nach dem Abschalten der Falle sehr wichtig für einen direkten Vergleich mit den experimentellen Daten.
Sollte es möglich sein, die angegebenen Vorschläge umzusetzen, wäre das Ergebnis ein
Verfahren, mit dem neue Experimente bereits vor dem Aufbau überprüft und somit optimiert werden könnten. Durch Variation der Form des als Grundlage der Simulation dienenden angesetzten Potentials könnte dann eine Falle entwickelt werden, die genau spezifizierte Eigenschaften besäße. Dadurch könnten Zeit und Kosten bei der bisher größtenteils
empirisch durchgeführten Weiterentwicklung der Atomfallen eingespart werden.
Anhang
A
Lösung der Schrödinger-Gleichung
für verschiedene Potentiale
Im folgenden wird die dreidimensionale Schrödinger-Gleichung für verschiedene Potentiale in jeweils angepaßten Koordinaten gelöst. Die hier erhaltenen Energieeigenwerte wurden für die Berechnungen in Abschnitt 3.2 benutzt. Es werden jeweils die Wellenfunktion
ψ und die Energieeigenwerte E für ein Teilchen mit der Masse m angegeben. Soll tiefer
in die Details eingestiegen werden, so sei auf die Standardliteratur der Quantenmechanik
verwiesen (z.B. [19, 89, 111]).
Während der Ansatzpunkt dieser Arbeit das Verhalten eines Teilchengases in einer Falle,
beziehungsweise einem dreidimensionalen Potential ist, wurden ähnliche Ansätze bereits
in der Kernphysik gemacht, um beispielsweise die Form eines Atomkerns als hartes Kugelpotential zu nähern [63].
Im Anschluß an die analytische Berechnung der Eigenwerte sind die niedrigsten fünf Energien, sowie deren Entartung, für flüssiges Helium mit der Masse m = 4u und der Dichte
ρ = 0, 0216Å−3 angegeben.
Das Volumen V eines hier berechneten Körpers ist eindeutig durch die Dichte und die Teilchenzahl N bestimmt, so daß daraus in Abhängigkeit der Form der Potentiale Durchmesser,
Höhen oder Kantenlängen bestimmt werden können.
Für die Box und die Zylinder werden die Rechnungen jeweils für verschiedene geometrische Verhältnisse durchgeführt. Bei der Box wird grundsätzlich von einer quadratischen
Grundfläche (Lx = Ly ) mit Kantenlänge a und Höhe L ausgegangen. Ähnliches gilt für
den Zylinder, dem statt einer Kantenlänge ein Durchmesser d zugewiesen wird. Der Hohlzylinder und die Hohlkugel erhalten den zusätzlichen Parameter λ, der das Verhältnis aus
Außen- und Innenradius angibt.
Die Berechnungen wurden für verschiedene Teilchenzahlen und Größenverhältnisse durchgeführt und da die Entartung unabhängig von der Teilchenzahl ist, wird sie nur einmal pro
Tabelle abgedruckt.
Weiterhin entsprechen die Parameter für die in den Tabellen angegebenen Werte denen aus
Kapitel 3.3.
A.1 Harmonischer Oszillator
Das Potential des dreidimensionalen harmonischen Oszillators ist wohl das in der Praxis am
häufigsten vorkommende, da es keine harten, sondern elastische Randbedingungen bietet.
Die Lösung des Problems verläuft analog zum eindimensionalen Oszillator und soll hier
nur kurz skizziert werden.
87
88
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
Wir betrachten die Bewegung eines Teilchens mit der Masse m in einem Potential, das in
kartesischen Koordinaten die Form
1
V (x, y, z) = m ωx2 x2 + ωy2 y 2 + ωz2 z 2
(A.1)
2
hat. Der Hamilton-Operator setzt sich aus drei Teilen zusammen, die jeweils einen eindimensionalen Oszillator beschreiben:
p2x + p2y + p2z
H=
+ V (x, y, z)
(A.2)
2m
Zur Lösung der Eigenwertgleichung
Hψ(x, y, z) = Eψ(x, y, z)
(A.3)
wird ein Separationsansatz verwendet, so daß sich für die Wellenfunktion
ψ(x, y, z) = X(x)Y (y)Z(z)
(A.4)
ergibt. Durch Einsetzen in die Eigenwertgleichung und Division durch ψ(x, y, z) erhält
man
1
1
1
Hx X(x) +
Hy Y (y) +
Hz Z(z) = E.
(A.5)
X(x)
Y (y)
Z(z)
Diese Gleichung besteht aus drei Teilen, die jeweils nur von einer Variablen abhängen.
Daher kann sie nur erfüllt werden, wenn jeder Term für sich konstant ist. Es bleiben also
drei unabhängige Teile der Eigenwertgleichung übrig,
Hx X(x) = εx X(x)
Hy Y (y) = εy Y (y)
Hz Z(z) = (E − εx − εy )Z(z),
(A.6)
(A.7)
(A.8)
deren Lösungen zu den gesuchten Eigenfunktionen führen.
r
mω 1/4 exp − mωx x2 mωx
x
2~
√ n
Xnx (x) =
Hnx
x
(A.9)
~π
~
2 x nx !
Bei Hnx (γ) handelt es sich um die Hermite-Polynome, die folgendermaßen definiert sind:
dnx
Hnx (γ) = (−1)nx exp(γ 2 ) nx exp(−γ 2 )
(A.10)
dγ
Die Eigenfunktionen und Hermite-Polynome für den y- und z-Anteil folgen analog. Damit
erhält man für die Gesamtwellenfunktion
ψnx ny nz (x, y, z) = Xnx (x)Yny (y)Znz (z)
(A.11)
und die Energieeigenwerte ergeben sich zu
1
1
1
Enx ny nz = ~ ωx nx +
+ ωy ny +
+ ωz nz +
.
(A.12)
2
2
2
Von nur einer Quantenzahl N hängen dagegen die Eigenwerte des isotropen, dreidimensionalen Oszillators ab. Für diesen gilt ω = ωx = ωy = ωz und man erhält mit
N = nx + ny + nz
3
EN = ~ω N +
.
(A.13)
2
Die Entartung der Energieeigenwerte ist σN = (N + 1)(N + 2)/2.
A.2 Box
89
A.2 Box
Das Potential hat die Form einer Box mit den Kantenlängen Lx , Ly , Lz , verschwindet innerhalb dieses Bereichs und ist außerhalb unendlich. Der Ursprung des Koordinatensystems
befindet sich in einer Ecke des Kastens.
Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung in kartesischen Koordinaten lautet
~2 ∂ 2
∂2
∂2
ψ(x, y, z) = Eψ(x, y, z).
−
+
+
2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2
(A.14)
Die Wellenfunktion muß an den Wänden und dahinter verschwinden.
ψ(x, y, z) = X(x)Y (y)Z(z)
(A.15)
Für den Anteil in x-Richtung findet man für 0 ≤ x ≤ Lx
−
~ d2 X(x)
2m
dx2
= Ex X(x).
(A.16)
Durch die Randbedingungen ist X(x) Null für x ≤ 0, x ≥ Lx . Aus dem eindimensionalen
Problem ist bekannt, daß die erlaubten Werte der x-Komponente von E durch
Enx =
~2 π 2 n2x
2m L2x
,
nx = 1, 2, 3, . . .
(A.17)
gegeben sind. Die normalisierte Eigenfunktion wird durch stehende Wellen dargestellt:
r
2
nx π
Xnx (x) =
sin
x
(A.18)
Lx
Lx
Für den Y (y)- und den Z(z) - Anteil sind die Lösungen analog. Die Gesamtwellenfunktion
ist also das Produkt der Einzellösungen und lautet mit V = Lx Ly Lz
r
8
ny π
nz π
nx π
ψnx ny nz (x, y, z) =
sin
x sin
y sin
z .
(A.19)
V
Lx
Ly
Lz
Für die Energieeigenwerte müssen die einzelnen Funktionen addiert werden, so daß
E = Ex + Ey + Ez
~2 π 2 n2x n2y n2z
Enx ny nz =
+
+
2m L2x L2y L2z
(A.20)
gilt.
N=100
E [eV]
∆E [eV]
1,121243
1,223174
1,393060
1,630899
1,936693
1,121243
0,101931
0,169886
0,237839
0,305794
a : L = 1:4
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,241564
0,263525
0,300125
0,351366
0,417247
0,241564
0,021961
0,036600
0,051241
0,065881
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,052043
0,056774
0,064660
0,075699
0,089893
0,052043
0,004731
0,007885
0,011039
0,014194
σn
1
1
1
1
1
90
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
a : L = 4:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
N=100
E [eV]
∆E [eV]
1,541103
1,797954
2,054804
2,226038
2,482889
1,541103
0,256851
0,256850
0,171234
0,256851
0,332020
0,387357
0,442694
0,479585
0,534922
0,332020
0,055337
0,055337
0,036891
0,055337
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,071531
0,083453
0,095375
0,103323
0,115245
0,071531
0,011922
0,011922
0,007948
0,011922
σn
1
2
1
2
2
A.2.1 Spezialfall Würfel
Für den Spezialfall eines Kastens mit gleichen Kantenlängen lauten die Energieeigenwerte
En =
~2 π 2
2m L2
n2 ,
n2 = n2x + n2y + n2z .
(A.21)
Im Grundzustand gelten nx = ny = nz = 1 und n2 = 3. Daraus ergibt sich für den ersten
Eigenwert
E0 =
3~2 π 2
.
2m L2
(A.22)
Für den ersten angeregten Zustand gilt bereits E = 2E0 . Es ist n2 = 6 und der Zustand
ist bereits dreifach entartet. Es ist möglich, über drei verschiedene Kombinationen der
nx , ny , nz zu diesem Wert zu gelangen.
N=100
E [eV]
∆E [eV]
0,647222
1,294445
1,941668
2,373150
2,588891
0,647222
0,647223
0,647223
0,431482
0,215741
a : L = 1:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,139439
0,278879
0,418319
0,511279
0,557759
0,139440
0,139440
0,139440
0,092960
0,046480
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,030041
0,060082
0,090124
0,110151
0,120165
0,030041
0,030041
0,030042
0,020027
0,010014
σn
1
3
3
3
1
A.3 Harte Kugel
Das Potential soll innerhalb einer Kugel mit Radius a verschwinden und außerhalb unendlich groß sein. Für die Lösung des Problems ist es vorteilhaft, die Schrödinger-Gleichung
A.3 Harte Kugel
91
in Kugelkoordinaten zu lösen.
~2
Hψ(r, ϑ, ϕ) = −
∆ + V (r) ψ(r, ϑ, ϕ) = Eψ(r, ϑ, ϕ)
2m
1
∆ψ(r, ϑ, ϕ) = 2 ∂r (r2 ∂r ψ(r, ϑ, ϕ))
r
1
1
∂ϑ (sin ϑ∂ϑ ψ(r, ϑ, ϕ)) + 2 2 ∂ϑϑ ψ(r, ϑ, ϕ)
+ 2
r sin ϑ
r sin ϑ
(A.23)
(A.24)
Die Separation der Differentialgleichung führt zu einem Radial- und einem Winkelanteil.
ψ(r, ϑ, ϕ) = R(r)Θ(ϑ)Φ(ϕ) = R(r)Ylm (ϑ, ϕ)
(A.25)
Daher ergibt sich mit ε = 2mE/~2 und u(r) = rR für den Radialanteil
1
1
1
1
u(r) = ∂rr u(r)
− ε− 2
∂ϑ (sin ϑ ∂ϑ Θ(ϑ)) +
∂ϑϑ Φ(ϕ)
r
sin ϑ Θ(ϑ)
Φ(ϕ) sin ϑ
(A.26)
Mit l(l + 1) für den von r unabhängigen Teil ergibt sich
l(l + 1)
− ε−
u(r) = ∂rr u(r).
r2
Die Lösung des Radialanteils lautet dann nach [50]
√
√
√
√
u(r) = c1 rJl+ 1 (r ε) + c2 rNl+ 1 (r ε),
2
2
(A.27)
(A.28)
wobei Jl+ 1 und Nl+ 1 die halbzahligen Besselfunktionen der ersten und zweiten Art sind.
2
2
Einsetzen der Nebenbedingung u(0) = 0 erzwingt, daß c2 verschwinden muß, da Nl+ 1 (0)
2
gegen unendlich strebt, und wir erhalten
√
√
u(r) = c1 rJl+ 1 (r ε).
(A.29)
2
Die Normierung für den Radialanteil lautet
Z a
dr r2 |R|2 = 1
(A.30)
0
und wird mit der obigen Definition von u(r) zu
Z a
dr |u(r)|2 = 1.
(A.31)
0
Auflösen nach c1 ,
Z
√
1
2
dr rJl+
ε) = 2
1 (r
2
c1
0
s
2
√ ,
c1 =
aJl+ 3 (a ε)
a
2
(A.32)
(A.33)
92
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
liefert die Lösung für den Radialanteil:
s
u(r) =
√
2r
√ Jl+ 1 (r ε)
2
aJl+ 3 (a ε)
(A.34)
2
√
Damit die Randbedingung u(a) = 0 erfüllt ist, muß also der Faktor a ε den Nullstellen der
Besselfunktionen Z(l+ 1 )n entsprechen. Die Energieeigenwerte berechnen sich daher nach
2
√
Z(l+ 1 )n = a ε
2
!2
Z(l+ 1 )n
2
ε=
a
Enl =
~2
2ma2
2
Z(l+
.
1
)n
(A.35)
2
Die Entartung ist σnl = 2n + 1. Der Winkelanteil (nach [111]) ergibt sich zu
1
1
∂ϑ (sin ϑ∂ϑ ) +
∂ϕϕ Ylm = l(l + 1)Ylm ,
−
sinϑ
sin2 ϑ
(A.36)
mit l = 0, 1, . . . , m = −l, . . . , l und −i∂ϕ Ylm = mYlm . Man erhält damit
s
2l + 1 (l − m)! m
P (cos ϑ)eimϕ ,
Ylm (ϑ, ϕ) = (−1)n
4 (l + m)! l
(A.37)
wobei es sich bei Plm um die Legendre-Polynome handelt. Die Wellenfunktion wird durch
Einsetzen der einzelnen Anteile
s
s
√
2r
2l + 1 (l − m)! m
√ Jl+ 1 (r ε)(−1)n
ψnlm (r, ϑ, ϕ) = r
P (cos ϑ)eimϕ .
2
aJl+ 3 (a ε)
4 (l + m)! l
2
(A.38)
N=100
E [eV]
∆E [eV]
0,560606
1,146860
1,886796
2,242427
2,773677
0,560606
0,586253
0,739936
0,355631
0,531250
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,120779
0,247083
0,406498
0,483116
0,597570
0,120779
0,126305
0,159415
0,076618
0,114454
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,026021
0,053232
0,087577
0,104084
0,128742
0,026021
0,027211
0,034345
0,016507
0,024658
σn
1
3
5
1
7
A.4 Harte Hohlkugel
Das Potential einer Hohlkugel soll nur für Radien zwischen a1 und a2 , mit a1 < a2 , Null
und sonst unendlich sein. Die Lösung des Problems verläuft analog zur harten Kugel, allerdings ändern sich die Randbedingungen für den Radialanteil der Wellenfunktion. Es muß
A.4 Harte Hohlkugel
93
u(a1 ) = 0 und u(a2 ) = 0 gelten. Der Winkelanteil lautet wie im vorherigen Abschnitt und
die Lösung des Radialanteils ist gegeben durch (A.28). Durch die veränderte erste Randbedingung muß der zweite Teil dieser Gleichung bei der Hohlkugel nicht verschwinden,
sodaß sich durch Einsetzen von u(a1 ) = 0
√
Jl+ 1 (a1 ε)
2
√
c2 = −c1
(A.39)
Nl+ 1 (a1 ε)
2
ergibt. Für u(r) folgt damit
!
√
Jl+ 1 (a1 ε)
√
√
√
2
√ N 1 (r ε) .
u(r) = c1 r Jl+ 1 (r ε) −
2
Nl+ 1 (a1 ε) l+ 2
(A.40)
2
Die zweite Randbedingung u(a2 ) = 0 führt zu einer transzendenten Gleichung, die sich
numerisch lösen läßt:
√
√
√
√
Jl+ 1 (a2 ε)Nl+ 1 (a1 ε) − Jl+ 1 (a1 ε)Nl+ 1 (a2 ε) = 0
(A.41)
2
2
2
2
Eine Vereinfachung stellt die Substitution λ = a1 /a2 dar, wenn
√
X(l+ 1 )n = a2 ε
(A.42)
2
die Lösungen der transzendenten Gleichung sind, die damit wie folgt aussieht:
Jl+ 1 (X(l+ 1 )n )Nl+ 1 (λX(l+ 1 )n ) − Jl+ 1 (λX(l+ 1 )n )Nl+ 1 (X(l+ 1 )n ) = 0
2
2
2
2
2
2
2
(A.43)
2
Die Energieeigenwerte ergeben sich analog zu (A.35) zu
Enl =
~2
2ma22
2
X(l+
.
1
)n
(A.44)
2
Für die Wellenfunktion ist es nötig, c1 zu finden, indem u(r) normiert wird. Dazu ist die
Gleichung

!
!2
Za2
1
1
J
λX
1
1
X
X
l+ 2
(l+ 2 )n
(l+ 2 )n
(l+ 2 )n
 = 1 (A.45)
Nl+ 1 r
c22 dr r Jl+ 1 r
−
2
2
a2
a
2
Nl+ 1 λX(l+ 1 )n
a
1
2
2
zu lösen. Dieses wird erschwert, da sie von der Variablen λ abhängt.
N=100
E [eV]
∆E [eV]
8,969709
9,119279
9,418366
9,866863
10,464609
8,969709
0,149570
0,299087
0,448497
0,597746
λ = 0,75
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
1.932465
1.964689
2.029125
2.125751
2.254531
1,932465
0,032224
0,064436
0,096626
0,128780
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,416337
0,423279
0,437161
0,457979
0,485724
0,416337
0,006942
0,013882
0,020818
0,027745
σn
1
3
5
7
9
94
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
N=100
E [eV]
∆E [eV]
56,060683
56,186696
56,438719
56,816753
57,320794
56,060683
0,126013
0,252023
0,378034
0,504041
λ = 0,9
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
12,077908
12,105056
12,159353
12,240798
12,349391
12,077908
0,027148
0,054296
0,081445
0.010859
N=10000
E [eV] ∆E [eV]
2.602106
2.607955
2.619653
2.637200
2.660595
2,602106
0,005849
0,011698
0,017547
0,023395
σn
1
3
5
7
9
A.5 Zylinder
Ein Zylinder mit der Länge L und dem Radius a soll in diesem Abschnitt betrachtet werden.
Das Potential V (r, ϕ, z) soll Null sein für r < a und z < l, außerhalb des Zylinders ist es
unendlich. In Zylinderkoordinaten lautet die zu lösende Schrödinger-Gleichung mit
~
2
2m
ψ(r, ϕ, z) = u(r)v(ϕ)w(z)
1
1
∂r (r∂r + 2 ∂ϕϕ + ∂zz u(r)v(ϕ)w(z) = εu(r)v(ϕ)w(z),
r
r
(A.46)
ε = 2mE/~2 .
(A.47)
Durch Separation erhält man die folgenden Differentialgleichungen und Lösungen für die
einzelnen Koordinaten. Für den z-Anteil gilt:
∂zz w(z) + (ε − c1 ) w(z) = 0
√
i ε−c1 z
w(L) = 0
√
−i ε−c1 z
w(z) = A1 e
+ A2 e
w(0) = 0
=⇒
A1 = −A2
√
w(z) = 2A1 i sin ε − c1 z
√
kπ
=⇒
ε − c1 =
,
k = 1, 2, 3, . . .
L
kπ
w(z) = 2A1 i sin
L
(A.48)
(A.49)
(A.50)
(A.51)
(A.52)
(A.53)
Aus der Normierungsbedingung folgt:
r
2
kπ
i sin z
L
L
(A.54)
∂ϕϕ v(ϕ) + l2 v(ϕ) = 0
(A.55)
w(z) =
Für den ϕ-Anteil gilt
und da es nur eine Randbedingung (v(0) = v(2π)) gibt, lautet die Lösung
v(ϕ) = e±ilϕ .
(A.56)
A.5 Zylinder
95
Damit das Potential eindeutig wird (nach [72]), muß l = 0, 1, 2, . . . ganzzahlig sein.
Der Radialanteil sieht folgendermaßen aus:
1
l2
∂r r∂r u(r) + u(r) c1 − 2 = 0
r
r
Nach [50] wird diese Differentialgleichung gelöst durch
√
√
u(r) = C1 Jl ( c1 r) + C2 Nl ( c1 r).
(A.57)
(A.58)
Bei Jl und Nl handelt es sich wie bei der Kugel um die Besselfunktionen erster Art und die
von-Neumann Funktionen. Da die von-Neumann Funktionen an der Stelle Null divergieren,
muß C2 = 0 sein, wenn u(r) endlich sein soll. Weiterhin muß u(a) = 0 als Randbedingung
gelten. Also ist
√
Jl ( c1 a) = 0
(A.59)
und die n Nullstellen der Besselfunktionen sind gegeben durch
Zln =
√
c1 a
n = 1, 2, 3, . . . .
(A.60)
Die Konstante C1 wird durch die Normierung bestimmt:
Z a
√
2
C1
dr rJl2 ( c1 r) = 1
0
√
√
2
2
C1 =
=
√
aJl+1 (a c1 )
aJl+1 (Zln )
(A.61)
(A.62)
Damit ergibt sich die Lösung für u(r) zu
√
r
2
u(r) =
Jl Zln
.
aJl+1 (Zln )
a
(A.63)
Wir wissen, daß
kπ
=
L
r
2mE
~2
− c1
(A.64)
ist und erhalten durch Auflösen nach der Energie und Einsetzen der Beziehung (A.60) die
gesuchten Eigenwerte
2 !
2
~2 Zln
kπ
Enlk =
+
,
(A.65)
2
2m a
L
mit n = 1, 2, 3, ..., l = 1, 2, 3, ..., k = ..., −1, 0, 1, .... Die Wellenfunktion ψ(r, ϑ, z) setzt
sich aus den einzelnen berechneten Anteilen zusammen zu
r
2
kπ
ψnlk (r, ϑ, z) = √
Jl Zln
e±ilϕ sin z.
(A.66)
a
L
a LJl+1 (Zln )
96
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
N=100
E [eV]
∆E [eV]
0,614097
1,165050
1,276441
1,827393
2,083303
0,614097
0,550953
0,111391
0,550952
0,255909
N=100
E [eV]
∆E [eV]
1,113582
1,200351
1,344967
1,547429
1,807738
1,113582
0,086769
0,144616
0,202462
0,260309
N=100
E [eV]
∆E [eV]
1,336932
1,599783
1,945159
2,066166
2,368492
1,336932
0,262851
0,345376
0,121007
0,302326
d : L = 1:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,132303
0,251002
0,275001
0,393700
0,448834
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,132303
0,118699
0,023999
0,118699
0,055134
0,028503
0,054076
0,059247
0,084820
0,096698
d : L = 1:4
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,239914
0,258607
0,289764
0,333383
0,389465
0,239914
0,018693
0,031157
0,043619
0,056082
0,288033
0,344662
0,419071
0,445141
0,510276
0,028503
0,025573
0,005171
0,025573
0,011878
1
1
2
2
1
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
σn
0,051687
0,055715
0,062427
0,071825
0,083907
d : L = 4:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,288033
0,056629
0,074409
0,026070
0,065135
σn
0,051687
0,004028
0,006712
0,009398
0,012082
1
1
1
1
1
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
σn
0,062054
0,074255
0,090286
0,095902
0,109935
0,062054
0,012201
0,016030
0,005616
0,014033
1
2
2
1
2
A.6 Zylinder mit periodischen Randbedingungen
Bei diesem Zylinder strebt das Potential für z < 0 und z > L nicht gegen unendlich, sondern geht ineinander über, das heißt die z-Komponente der Wellenfunktion ist bei w(z) = 0
identisch mit w(z) = L. Die Lösung der Schrödinger-Gleichung erfolgt analog zu Abschnitt A.5 und ändert sich nur für den z-Anteil. Gesucht ist also eine Lösung für (A.48)
mit den neuen Randbedingungen. Da nur noch eine Randbedingung zur Verfügung steht,
lautet eine mögliche Lösung
√
ε−c1 z
w(z) = Ae±
.
(A.67)
A.6 Zylinder mit periodischen Randbedingungen
97
Einsetzen von z = 0 und z = L ergibt
w(0) = A
(A.68)
√
± ε−c1 L
w(L) = Ae
(A.69)
Die Ergebnisse für w(0) und w(L) können nur gleich sein, wenn die Exponentialfunktion in Gleichung (A.69) eins wird. Dies ist der Fall, wenn der Exponent ein ganzzahliges
Vielfaches von 2πi ist. Das bedeutet, daß die Wurzel mit k = 0, 1, 2, . . . durch 2πk/L
ausgedrückt werden kann. Man erhält also
w(z) = Ae±i
2πk
z
L
(A.70)
und aus der Normierungsbedingung folgt
2πk
1
w(z) = √ e±i L z
L
(A.71)
Analog zu den Rechnungen zum einfachen Zylinder wissen wir, daß
2πk
=
L
r
2mE
~2
− c1
(A.72)
ist. Durch Auflösen nach der Energie und einsetzen der Beziehung (A.60) ergeben sich die
Energieeigenwerte des Zylinders mit periodischen Randbedingungen zu
Enlk =
~2
2m
2
Zln
+
a2
2πk
L
2 !
(A.73)
und man erhält für die Wellenfunktion
r
i2πk
1
ψnlk (r, ϑ, z) = √
Jl Zln
e±ilϕ e± L z .
a
a LJl+1 (Zln )
N=100
E [eV]
∆E [eV]
0,797748
1,460092
1,899652
2,330385
2,561996
0,797748
0,662344
0,439560
0,430733
0,231611
d : L = 1:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,171869
0,314567
0,409267
0,502066
0,551965
0,171869
0,142698
0,094700
0,092799
0,049899
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,037028
0,067771
0,088174
0,108166
0,118917
0,037028
0,030743
0,020403
0,019992
0,010751
(A.74)
σn
1
2
1
2
2
98
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
N=100
E [eV]
∆E [eV]
1,142505
1,316044
1,605276
2,010200
2,530817
1,142505
0,173539
0,289232
0,404924
0,520617
N=100
E [eV]
∆E [eV]
2,503041
2,765892
3,111268
3,232275
3,534601
2,503041
0,262851
0,345376
0,121007
0,302326
d : L = 1:4
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,246145
0,283533
0,345846
0,433084
0,545248
0,246145
0,037388
0,062313
0,087238
0,112163
d : L = 4:1
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
0,539263
0,595893
0,670302
0,696372
0,761506
0,539263
0,056630
0,074409
0,026070
0,065134
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,053030
0,061085
0,074510
0,093305
0,117470
σn
0,053030
0,008055
0,013425
0,018795
0,024165
1
1
1
1
1
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
σn
0,116180
0,128381
0,144412
0,150028
0,164061
0,116180
0,012201
0,016031
0,005616
0,014033
1
2
2
1
2
A.7 Hohlzylinder
Der Hohlzylinder stellt ein Potential dar, das sich von dem des einfachen Zylinders nur
dadurch unterscheidet, daß es nur für Radien, die nicht kleiner als der innere Radius a1
oder größer als der äußere Radius a2 sind, nicht unendlich ist. Die z− und ϕ−Anteile
der Wellenfunktion können aus dem vorherigen Abschnitt übernommen werden, sodaß nur
noch der Radialanteil betrachtet werden muß, dessen Lösung in (A.58) gegeben ist. Wie
bei der Hohlkugel darf auch hier der zweite Teil der Gleichung nicht verschwinden, sodaß
sich
√
√
u(r) = C1 Jl (r c1 ) + C2 Nl (r c1 )
(A.75)
ergibt. Einsetzen der Randbedingung u(a1 ) = 0 liefert
√
Jl (a1 c1 )
C2 = −C1
√
Nl (a1 c1 )
(A.76)
√
Jl (a1 c1 )
√
√
u(r) = C1 Jl (r c1 ) −
√ Nl (a2 c1 ) .
Nl (a1 c1 )
(A.77)
und es gilt für den Radialanteil
Mit der zweiten Randbedingung u(a2 ) = 0 folgt die transzendente Gleichung
√
√
√
√
Jl (a2 c1 )Nl (a1 c1 ) − Jl (a1 c1 )Nl (a2 c1 ) = 0.
(A.78)
A.7 Hohlzylinder
99
√
Es sei Xln = a2 c1 und λ = a1 /a2 , sodaß die zu lösende Gleichung
Jl (Xln )Nl (λXln ) − Jl (λXln )Nl (Xln ) = 0
(A.79)
wird. Die Energieeigenwerte ergeben sich dann analog zu (A.65) zu
2 !
2
~2 Xln
kπ
Enlk =
+
.
2m a22
L
(A.80)
Die Normierung des Radialanteils der Wellenfunktion gestaltet sich ähnlich aufwendig wie
für die Hohlkugel
Za2
C22
2
Xln
Xln
Jl (λXln )
Nl
dr Jl
r −
r
=1
a2
Nl (λXln )
a2
(A.81)
a1
und ist ebenfalls nur numerisch mit vorheriger Festlegung des Verhältnisses λ = a1 /a2
lösbar.
N=100
E [eV]
∆E [eV]
11,912794
12,010794
12,304761
12,463746
12,561747
11,912794
0,098000
0,293967
0,158985
0,098001
N=100
E [eV]
∆E [eV]
29,584513
29,671282
29,815898
29,918228
30,018360
29,584513
0,086769
0,144615
0,102330
0,100132
N=100
E [eV]
∆E [eV]
5,820822
5,859714
5,976375
6,170763
6,442809
5,820822
0,038892
0,116661
0,194388
0,272046
d : L = 1:1, λ=0,75
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
2,566533
2,587647
2,650980
2,685232
2,706346
2,566533
0,021114
0,063333
0,034252
0,021114
d : L = 1:4, λ=0,75
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
6,373790
6,392484
6,423640
6,445686
6,467259
6,373790
0,018693
0,031156
0,022046
0,021572
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
0,552942
0,557491
0,571136
0,578515
0,583064
0,552942
0,004549
0,013645
0,007379
0,004549
1
2
2
1
2
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
σn
1,373191
1,377218
1,383931
1,388681
1,393328
1,373191
0,004027
0,006713
0,004750
0,004647
d : L = 4:1, λ = 0,75
N=1000
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
E [eV]
∆E [eV]
1,254058
1,262437
1,287571
1,329450
1,388061
1,254058
0,008379
0,025134
0,041879
0,058611
σn
0,270178
0,271983
0,277398
0,286421
0,299048
0,270178
0,001805
0,005415
0,009023
0,012627
1
1
3
2
1
σn
1
2
2
2
2
100
Anhang A. Dreidimensionale Potentiale
N=100
E [eV]
∆E [eV]
73,623287
73.705849
73.953533
74.174239
74.256801
73,623287
0,082562
0,247684
0,220706
0,082562
N=100
E [eV]
∆E [eV]
185,085211
185,293253
185,519059
185,727101
185,917378
185,085211
0,208042
0,225806
0,208042
0,190277
N=100
E [eV]
∆E [eV]
30,310648
30,343412
30,441706
30,605528
30,834877
30,310648
0,032764
0,098294
0,163822
0,229349
d : L = 1:1, λ = 0,9
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
15,861656
15,879443
15,932805
15,980355
15,998142
15,861656
0,017787
0,053362
0,047550
0,017787
d : L = 1:4, λ = 0,9
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
39,875400
39,920221
39,968869
40,013691
40,054684
39,875400
0,044821
0,048648
0,044822
0,040993
d : L = 4:1, λ = 0,9
N=1000
E [eV]
∆E [eV]
6,530231
6,537290
6,558466
6,593761
6,643172
6,530231
0,007059
0,021176
0,035295
0,049411
N=10000
E [eV] ∆E [eV]
3,417290
3,421122
3,432618
3,442863
3,446695
σn
3,417290
0,003832
0,011496
0,010245
0,003832
1
2
2
1
2
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
8,590894
8,600550
8,611031
8,620688
8,629520
8.590894
0,009656
0,010481
0,009657
0,008832
N=10000
E [eV]
∆E [eV]
1,406895
1,408416
1,412978
1,420582
1,431228
σn
1,406895
0,001521
0,004562
0,007604
0,010646
2
5
3
3
7
σn
1
2
2
2
2
B
Beschreibung der verwendeten
Programme
Es wurden verschiedene Fortran-Programme und Shell-Skripte erstellt, um die in dieser
Arbeit dargestellten Rechnungen durchzuführen. Die Quelltexte befinden sich auf der beiliegenden CD-Rom.
Die Erklärungen in diesem Kapitel sind unterteilt in Beschreibungen der Programme für
die eigentliche Rechenarbeit und Hilfsskripte, die dazu dienen, sowohl den Rechenprozeß,
als auch die anschließende Visualisierung der Daten zu automatisieren.
B.1 Hauptprogramme
B.1.1 recur98occup.f
Dieses Fortran-Programm baut auf einer Version des von Peter Borrmann entwickelten
recur98.f auf, welches für die Berechnungen in Abschnitt 3.2 und [15] benutzt wurde.
Aus einem Eingabefile werden die Energieeigenwerte in einem bestimmten Potential eingelesen und dann mit Hilfe von dem in Abschnitt 3.2 vorgestellten Verfahren der Erwartungswert der Energie, die Besetzungszahl bei einer festen Temperatur sowie die Grundzustandsfluktuationen berechnet. Diese Rechnungen können für einen anzugebenden Temperaturbereich durchgeführt werden. Die Eigenwerte für in Anhang A gerechnete dreidimensionale Potentiale können mit den entsprechenden Programmen aus dem nächsten
Abschnitt ermittelt werden.
Im Gegensatz zur ursprünglichen Version unterstützt dieses Programm anisotrope Potentiale. Daher reicht es nicht aus, daß nur die Energieeigenwerte und ihre Entartungen in
einer Datei, wie sie beispielsweise von den im folgenden Abschnitt beschriebenen Programm ho_levels_3d.bin.f erstellt werden kann, vorliegen. Es ist zusätzlich eine sogenannte
Index-Datei nötig, die die Nummer des Energiebereichs und die dazugehörigen tatsächlichen Quantenzahlen enthält. Mit diesen Daten werden die durch die Rekursion erhaltenen
Besetzungszahlen ηi (N, β) ihren Entartungen entsprechend auf die ursprünglichen Quantenzahlen verteilt und in eine Datei geschrieben. Anschließend können die so ermittelten
ηnx ny nz (N, β) mit den Programmen howave.f und howavet.f weiterverarbeitet werden.
B.1.2 Potentiale und Energieeigenwerte
Für das im vorigen Abschnitt beschriebene recur98occup.f, bzw. recur98.f liefern folgende
Programme die nötigen Energieeigenwerte:
101
102
Anhang B. Beschreibung der verwendeten Programme
box_levels.f erstellt eine Datei mit den Eigenwerten im Kastenpotential.
kugel_levels.f ist für das Kugelpotential geschrieben worden. Die Nullstellen der benö-
tigten halbzahligen Besselfunktionen wurden vorher mit Mathematica berechnet und
in eine Datei bessel_half gespeichert.
hohlkugel_levels.f berechnet die Eigenwerte im Potential der Hohlkugel.
zylinder_levels.f benötigt die Nullstellen der ganzzahligen Besselfunktionen, die sich in
der Datei bessel_full befinden.
zylinder_levels_period.f berechnet die Energieeigenwerte, wenn der Zylinder periodi-
sche Randbedingungen besitzt.
hohlzylinder_levels.f ermittelt die Werte für den Hohlzylinder.
ho_levels_3d.bin.f ist entscheidend für die Simulation der TOP-Falle, da es hier möglich
ist ein anisotropes harmonisches Oszillatorpotential anzugeben.
Die Sortierung der Ergebnisse erfolgt mit sort_zeros.f, in dem die Funktion dsortx der
ESSL Bibliothek von IBM entstammt. Siehe dazu [71].
B.1.3 howave.f und howavet.f
Sowohl die Wellenfunktion des harmonischen Oszillators, als auch die Teilchendichte in
der TOP-Falle berechnet das Programm howave.f. Erzeugt wird eine Ausgabedatei, die
die Dichte und die zugehörigen Raumkoordinaten enthält. Es unterscheidet sich von howavet.f nur dadurch, daß dieses zusätzlich eine Zeitentwicklung wie sie in Abschnitt 5.4
benötigt wird, erlaubt. Die hierzu notwendige Fouriertransformation entstammt der ESSLBibliothek von IBM [71].
B.2 Hilfsskripte und -programme
B.2.1 Sortierprogramme
Die Ausgabe von howave.f und howavet.f wurde mit der Visualisierungssoftware Gsharp
in anschauliche Bilder umgewandelt. Da dieses Softwarepaket ein ganz bestimmtes Format der Datenfiles voraussetzt, existieren einige Shellskripte und Fortran-Programme, um
die Daten zu sortieren und zu konvertieren. denssort.f liest eine Datei mit Daten für einen
Raumquadranten und kopiert die entsprechenden Einträge in die anderen Quadranten. Dieses ist möglich, da die betrachteten Potentiale symmetrisch sind. Anschließend werden
die ausgegebenen Daten mit dem UNIX sort Kommando aufsteigend sortiert. denszaxis.f
extrahiert die letzte Spalte der nun vorhandenen Ausgabedatei, deren Werte der Teilchendichte an einem Ort entsprechen.
B.2 Shell-Skripte
103
B.2.2 Shell-Skripte
Die Rechnungen für die Dichteverteilung in der JILA-Falle können mit dem Korn-ShellSkript ho.bat automatisiert werden. Das Skript berechnet, wenn sie nicht bereits vorliegen,
die Besetzungszahlen mit Hilfe von recur98occup, startet anschließend howave und dann
das Skript sortit. Dieses erstellt die Eingabefiles für Gsharp mit Hilfe der oben beschriebenen Programme denssort und denszaxis. Weiterhin werden automatisch Batchdateien
für Gsharp produziert und das Visualisierungsprogramm auf Wunsch mit diesen gestartet.
Eine Batchdatei ist für die lineare Darstellung der Dichte und eine für die logarithmischen
Version der Grafiken. Die produzierten TIFF-Dateien werden mit picconv in verschieden
große GIF-Bilder umgewandelt, aus denen später Animationen erstellt werden können. Die
Shell-Skripte sorgen außerdem für eine Komprimierung der teilweise relativ großen Dateien.
Die Skripte hot.bat und sortitt entsprechen von der Funktionalität her ihren im vorigen
Absatz beschriebenen Pendants, bieten allerdings zusätzlich die Möglichkeit einen Zeitwert
als Parameter anzugeben, der dann an howavet.f und Gsharp übergeben wird.
Alle Skripte sind auf die Rechner- und dortige Verzeichnisstruktur der Arbeitsgruppe Theorie 3 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg zugeschnitten, sollten sich aber leicht
auf andere Workstation-Cluster anpassen lassen.
Zur Erklärung sei weiterhin angeführt, daß die Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Rechner der Arbeitsgruppe davon abhängig gemacht wird, welches Betriebssystem
installiert ist, wo die größte Rechenleistung zur Verfügung steht und wie die geringste Belastung des Netzwerks möglich ist.
C
Artikel
Die von Peter Borrmann entwickelte und in Kapitel 3 vorgestellte Rekursionsformel für die
Besetzungszahl ηi (N, β) wurde in dem Artikel “Effective calculation of thermodynamic
properties of finite Bose-Einstein systems” in der Zeitschrift Physical Review A veröffentlicht. Weiterhin befinden sich in diesem Text Teile der Ergebnisse aus Abschnitt 3.3.
105
106
Anhang C. Artikel
107
108
Anhang C. Artikel
109
D
Erklärung des Inhalts der
CD-Rom
Auf der zu dieser Arbeit gehörenden CD-Rom befinden sich folgende Dateien:
• Sämtliche für die Berechnungen nötigen Fortran-Programme als Source- und Binärversionen für IBM AIX 4.2 (siehe Anhang B),
• Korn-Shell-Skripte zur vollständigen Automatisierung der Simulationen der JILAFalle auf einem Workstation-Cluster,
• der komplette Text als
– LATEX,
– Portable Document Format (PDF) und
– PostScript - Version,
• alle für die Simulationen in Kapitel 5 erstellten Grafiken im GIF-Format,
• Animationen für temperaturabhängige Dichteverteilungen,
• Animationen für zeitabhängige Dichteverteilungen, sowie
• eine Auswahl von Artikeln zur Bose-Einstein Kondensation (soweit als Datei vorhanden).
Zusätzlich befindet sich auf der CD-Rom ein Java-Programm, das nach Eingabe von Energieeigenwerten mit Hilfe der Rekursion aus Abschnitt 3.1 die spezifische Wärme und die
innere Energie berechnet. Dieses Programm wurde freundlicherweise von Peter Borrmann
zur Verfügung gestellt.
Die Verzeichnisstruktur auf der CD ist weitgehend selbsterklärend, es sei hier nur vermerkt, daß sowohl die Grafiken als auch die Animationen auf komfortable Weise mit einem WWW-Browser angeschaut werden können, da sie mit in HTML-Seiten integrierten
Index-Dateien versehen sind, durch die leicht auf jede Datei zugegriffen werden kann.
Für die Artikelsammlung existiert ebenfalls eine HTML-Datei, in der nicht nur der Dateiname, sondern auch Autor und Titel angegeben sind.
111
E
Vollständige Serien der Bilder aus
den Simulationen der JILA-Falle
Auf den folgenden Seiten ist ein großer Teil der Bilder, die sich auf der beiliegenden CDRom befinden, abgedruckt, da es gerade durch die Schnellebigkeit der technischen Standards möglich ist, daß eventuelle Leser in einigen Jahren weder auf die CD-Rom, noch auf
die erstellten Seiten im World Wide Web zugreifen können.
Aufgrund der großen Anzahl Bilder (beinahe 1000), die für die Erstellung der Animationen
nötig war, findet zum einen die Darstellung in starker Verkleinerung statt und zum anderen
sind bei der Zeitentwicklung nur stellvertretend die Serien für 2000 Teilchen bei 1,0·10−9
und 1,0·10−9 Kelvin abgedruckt.
Auf der CD-Rom befinden sich jeweils zwei Dateien unterschiedlicher Größe im GIFFormat. Eine mit geringer Auflösung (604x483 Pixel) und eine mit höherer Auflösung
(2524x2017 Pixel). Das GIF-Format der Firma Compuserve wurde verwendet, da es im
Gegensatz zu verschiedenen anderen Formaten kleine Dateien mit hoher Qualität bietet
und sich leicht in Animationen, die auch mit WWW-Browsern betrachtet werden können,
konvertieren läßt (sogenannte “Animated GIFs”).
113
114
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen
Abbildung E.1: Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen.
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen
Abbildung E.2: Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen.
115
116
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
Abbildung E.3: Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 10000 Teilchen.
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen
Abbildung E.4: Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 10000 Teilchen.
117
118
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
Abbildung E.5: Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 20000 Teilchen.
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen
Abbildung E.6: Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 20000 Teilchen.
119
120
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
Abbildung E.7: Lineare Darstellung der Dichteverteilung für 100000 Teilchen.
E.1 Temperaturabhängige Sequenzen
Abbildung E.8: Logarithmische Darstellung der Dichteverteilung für 100000 Teilchen.
121
122
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
E.2 Zeitabhängige Sequenzen
Abbildung E.9: Lineare zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei 1.0e8 Kelvin.
E.2 Zeitabhängige Sequenzen
123
Abbildung E.10: Lineare zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei
1.0e-8 Kelvin.
124
Anhang E. Vollständige Serien der Bilder aus den Simulationen der JILA-Falle
Abbildung E.11: Logarithmische zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei 1.0e-8 Kelvin.
E.2 Zeitabhängige Sequenzen
125
Abbildung E.12: Logarithmische zeitabhängige Darstellung der Dichteverteilung für 2000 Teilchen bei 1.0e-8 Kelvin.
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Danksagung
Ich möchte mich bei Peter Borrmann und Eberhard Hilf für ihre Unterstützung, ihre ermutigenden Kommentare und so manche Stunde, die sie mir im Laufe des letzten Jahres für
Diskussionen und Erläuterungen zur Verfügung gestellt haben, bedanken.
Weiterhin danke ich allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe für die allzeit vorhanden gewesene Hilfsbereitschaft, insbesondere Oliver Mülken, der mir durch Tips und Anregungen
oftmals weitergeholfen hat.
Ein weiterer Dank gilt Birke Sbresny, die mir durch ihre Ratschläge geholfen hat, sprachliche Wogen in dieser Arbeit zu glätten und Tippfehler zu beseitigen.
Ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre mir dieses Studium nicht möglich gewesen.
Dafür danke ich ihnen herzlich.
Hiermit versichere ich, daß ich diese Arbeit selbständig verfaßt und keine anderen als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.
Oldenburg, 10. Februar 1999
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