Faszinierende Fallensteller

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Faszinierende Fallensteller
von Bruno Jenny, Ebikon
Pflanzen aller Art sind an sich schon faszinierende Lebewesen, sodass der Mensch immer wieder aufs neue versucht, «wilde Kreaturen» zu zähmen, in seine Nähe zu
bringen und in Variationen zu züchten, manchmal einfach um ein schönes Stück Natur um sich zu haben,
manchmal aber auch, um der Natur durch menschlichen
Eingriff den möglichen und fast unermesslichen Reichtum an Vielfalt abzugewinnen. Was allemal noch besser
ist, als sich in der freien Natur zu bedienen und Wildpflanzen einfach auszurotten. Zuchtpflanzen lassen darob manchmal fast vergessen, dass ihre Urahnen bei uns
noch immer in wilder Freiheit anzutreffen sind. Die Liebe
zu Pflanzen gehört vor allem schönen Blüten und Blumen
– aber nicht nur. Viele von Ihnen erhalten ihren eigenen
Freundeskreis, von Rosen bis Orchideen, von Kakteen bis
Kamelien – um nur einige wenige zu nennen. Immer wieder werden auch Pflanzengattungen und -arten zur Liebhaberei neu entdeckt oder «gefördert», wobei manchmal
gar nicht die Blüte die entscheidende Faszination auslöst.
Denken wir dabei etwa an Gräser, Kräuter, Farne oder
Palmen, zunehmend auch «Exoten». Zugegeben: Manch
«botanische Wunder» entspringen den «Markterkundungen» von Gärtnern und Züchtern für Grossproduktionen
und Nischenprodukte, für Massenzucht und Spezialitäten, wohlwissend, dass Menschen auch auf pflanzliche
Mit faszinierenden «Fleischfressern» und schönen Begleitpflanzen kann
überall ein kleines Biotop entstehen.
Ästhetik ansprechen, ja solche zur eigenen Lebensart
gehört. Womit Pflanzen auch zu einem der Mode unterworfenen Objekt werden können. Sage mir, welche Pflanze oder Blume du liebst…
Fleischfresser im «Luzerner Garten»
Es ist nicht klar, wie viele Arten des Fettblattes insektenfressend sind.
Unser Alpenfettblatt ist aber ein sicheres Beispiel.
Seit einigen Jahren finden Karnivoren und Insektivoren,
sogenannte «Fleischfressende Pflanzen» immer mehr
begeisterte Liebhaber, nicht nur als biologisches Phänomen, sondern auch wegen ihrer faszinierenden Lebensweisen, Formen und Bewegungen. Lange Zeit fast unbekannt, machte Charles Darwin 1875 mit seinem Werk
«Insectivorous Plants» Furore. Bis vor etwa 25 Jahren
waren sie in freier Natur wenig beachtet und nur in Botanischen Gärten zu bewundern. Inzwischen kennt der
menschliche Entdeckergeist etwa 600 karnivore Arten
aus 17 Gattungen. Allein in den letzten 10 Jahren sind
etwa 50 neue Arten beschrieben worden. Vergingen
früher meist Jahrzehnte zwischen der Neuentdeckung
einer Art und deren Vermarktung, sind es heute oft nur
wenige Monate. Inzwischen sind diese wundersamen
Pflanzen so bekannt geworden, dass man 2005 schon
fast als «Jahr der Insektivoren» bezeichnen könnte. Noch
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Die einheimischen «Fleischfresser»
Bilder und Informationen aus
FLORA HELVETICA
Konrad Lauber und
Gerhart Wagner
Verlag Paul Haupt
in der Rontaler Brattig 2001 stellte Bruno Baur den
Sonnentau als einheimische, insektenfangende und verdauende Pflanze vor. Seit kurzem gibt es im «Luzerner
Garten» der Gärtnerei Jenny in Ebikon neues Leben.
Als bisher einzige Gärtnerei in der Schweiz werden hier
verschiedenste Arten von insektenfressenden Pflanzen
angebaut, darunter auch Exoten und Raritäten.
Rundblättriger Sonnentau, kommt fast in der ganzen Schweiz vor, auch
Wunder der Evolution
in den Moorlandschaften im Rontal und Habsburgeramt.
Krugpflanze, aus Nordamerika eingebürgert, kommt vor in Ostschweiz, Jura
und Genferseegebiet.
Wasserschlauch, Gattung Utricularia, für alle Utriculartia-Arten gilt:
Karnivoren und Insektivoren betreiben Fotosynthese wie
«normale Pflanzen». Sie leben von Licht, Wasser, Luft und
Mineralstoffen. Letztere sind jedoch Mangelware ausgerechnet dort, wo ihnen ihr Schöpfer den Lebensraum
zugewiesen hat. Also holen sie sich fliegende und krabbelnde «Düngertabletten» in Form von allerlei Tierchen
und Insekten, die sie anlocken, festhalten und «verdauen». Das Wunder der Evolution ist so kompliziert, dass
Bezeichnungen wie Karnivoren, Insektivoren oder Fleischfresser nicht ganz befriedigen, denn die Pflanzen fangen
im Wasser nicht nur Insekten, sondern auch Plankton
und damit auch Gliedertiere und Kleinkrebse. Ebenso an
«Sciencefiction» erinnern die verschiedenen Fangmethoden mit Fallgruben, Klappfallen, Klebefallen und Saugfallen. In der Fallgrube einer Schlauchpflanze findet man
die Beute eines ganzen Sommers: Nachtfalter, Käfer, Fliegen und Wespen. Die Vielfalt an Formen, Blüten und
Nahrungsbeschaffung ist auch bei unsern einheimischen,
wilden Arten beeindruckend.
Paradies der Exoten und Raritäten
fleischfressende, frei schwimmende oder im Schlamm verankerte
Wasserpflanzen mit Bläschen (Schläuche) zum Fangen von Planktonorganismen.
Wie so oft bei Freunden der Pflanzen und Blumen kommt
auch die Entdeckerlust auf, nach Exoten und Raritäten
rund um den Erdball, und nach neuen Eigenzüchtungen.
Wasserfalle:
einheimische, fleischfressende
Wasserpflanze.
Vorkommen in Ostschweiz
und Jura.
Bild ohne Blüte und Früchte.
Verwandt mit unserem Sonnentau: Drosera filiformis, eine wunderschöne
Art aus Nordamerika.*
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Die Venusfliegenfalle ist nach Charles Darwin die «wunderbarste Pflanze
Diese Pflanze bildet bei guten Lichtverhältnissen tiefrote Kannen als
der Welt» und tatsächlich auch die meistverkaufte fleischfressende
Insektenfalle aus.*
Pflanze der Welt.*
*aus dem Buch «Fleischfressende Pflanzen» von Thomas Carow.
Es ist erstaunlich, wie bei uns bei richtiger Behandlung
und Pflege auch fremdländische und sogar subtropische
Arten gedeihen, als ob sie bei uns «zu Hause» wären. Einige Kenntnisse und damit die fachmännische Beratung
sind zu empfehlen, soll das «botanische Abenteuer» nicht
zur Enttäuschung werden.
wahl in fast allen Anbau- und Haltungsformen möglich
ist, vom kleinen, speziellen Moorbeet im Garten oder auf
der Terrasse, über Schalen, Pflanzenkistchen und Fensterbank, Hydrokultur und Terrarium, bis zum Minibiotop in
der Glasschale. Da gibt es winterharte Sorten für das
Moorbeet und tropische für die Zimmerkultur. Und da
gibt es Sonnenhungrige und solche, die am liebsten im
Kühlschrank überwintern. Im Luzerner Garten der Gärtnerei Jenny in Ebikon kann die Begeisterung für die faszinierenden Fallensteller beginnen – und vielleicht entstehen hier auch Freundschaften unter Gleichgesinnten.
Wir vom «Jenny-Team» haben uns dies jedenfalls zum
Ziel gesetzt und freuen uns auf alle, die sich darauf angesprochen fühlen und sich im «Luzerner Garten» einfinden.
Unsere «Fleischfresser» sind jedenfalls absolut ungefährlich. Und zum Schluss zeigen wir einige «Impressionen in
Schalen» aus dem Luzerner Garten.
Man könnte sich fragen, ob es sich hier um intelligente Pflanzen handelt!
Weitere Informationen im Internet
auf der Homepage der Gesellschaft für Fleisch fressende
Pflanzen, D-78467 Konstanz
unter
www.carnivoren.org
Vom kleinen Moor zum Mini-Biotop
Bevor es zur «Fleischfresser Faszination» kommt, wird oft
ein Zufallskauf getätigt. Im «Luzerner Garten» der Gärtnerei Jenny wird aber wenig dem Zufall überlassen. Hier
kann die Faszination zur Leidenschaft werden. Dies vor
allem auch, weil dieses Pflanzenreich bei richtiger Aus-
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