FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK Prof. Dr. Patrizio Neff Frank Osterbrink Johannes Lankeit 20.6.2013 Lösungsvorschlag zu den Hausaufgaben der 11. Übung Hausaufgabe 1: Beweise die folgenden Behauptungen: a.) Q kann nicht als abzählbarer Durchschnitt von offenen Mengen aus R geschrieben werden (Hinweis: Satz von Baire). b.) Sei f : R → R eine beschränkte Funktion. Dann kann die Menge der Stetigkeitspunkte von f als abzählbarer Durchschnitt von offenen Mengen geschrieben werden. Hinweis: Studiere für eine beschränkte Funktion f : R → R die Eigenschaften von ! ωf (x) = lim r→0+ Zeige, dass die Mengen {x ∈ R | ωf (x) < 1 n} sup f − inf f B(x,r) . B(x,r) offen sind in R für alle n ∈ N. c.) Es gibt keine beschränkte Funktion f : R → R, die in allen rationalen Zahlen stetig, aber in allen irrationalen Zahlen unstetig ist. d.) Es existiert eine beschränkte Funktion f : R → R, die in allen irrationalen Zahlen stetig und in allen rationalen Zahlen unstetig ist. (Gib ein Beispiel an.) Lösung: a) Angenommen, Q könnte als Durchschnitt abzählbar vieler offener Teilmengen von R geschrieben werden: Q = ∩n∈N (R \ An ) = (∪n∈N An )C mit abgeschlossenen Mengen An . Dann wäre also ∅ = Q ∩ (R \ Q) = (∪n∈N An )C ∩ (∪q∈Q {q})C = (∪n∈N An ∪∪q∈Q {q})C und damit gleich dem Komplement einer abzählbaren Vereinigung offensichtlich abgeschlossener Mengen. Insbesondere wäre R = ∅C gleich dieser abzählbaren Vereinigung abgeschlossener Mengen, deren Komplement (∅) nicht dicht in R liegt. Nach dem Satz von Baire hätte damit eine der Mengen {q}, q ∈ Q oder eine der Mengen An nichtleeres Inneres, aber {q} ⊂ Q =⇒ {q}◦ ⊂ Q◦ = ∅ sowie An ⊂ R\Q =⇒ A◦n ⊂ (R\Q)◦ = ∅, ein Widerspruch. b) Sei f : R → R beschränkt. Definiere ωf (x) = limr→0+ (supB(x,r) f − inf B(x,r) f ) Dann ist klar: f stetig in x0 ∈ R ⇐⇒ ωf (x0 ) = 0. [f stetig in x0 ⇐⇒ ∀ε > 0∃r > 0∀x ∈ B(x0 , r)f (x) ∈ B(f (x0 ), ε) ⇐⇒ ∀ε > 0∃r > 0f (x0 ) − ε < inf B(x,r) f ≤ f (x0 ) ≤ supB(x0 ,r) f ≤ f (x0 ) + ε ⇐⇒ ∀ε > 0∃r > 0 supB(x0 ,r) f − inf B(x0 ,r) f ≤ ε ⇐⇒ limr→0+ (supB(x0 ,r) f − inf B(x0 ,r) f ) = 0.] Ferner ist {x ∈ R|ωf (x) < n1 } offen für alle n ∈ N. Sei nämlich, zu beliebigem n ∈ N, x ∈ R mit ωf (x) < n1 . Angenommen, die Menge wäre nicht offen, es gäbe also keine Umgebung U von x mit ωf (y) < n1 ∀y ∈ U . Sei zu beliebigem ε > 0 B(x, ε) Umgebung von x und y ∈ B(x, 2ε ) mit ωf (y) ≥ n1 . Wegen limr→0+ (supB(y,r) f − inf B(y,r) f ) ≥ n1 ,gäbe es also y1 , y2 ∈ B(x, 2ε ) mit f (y2 ) − f (y1 ) > supB(y,r) f − η − (inf B(y,r) f + η) = (supB(y,r) f − inf B(y,r) f ) − 2η ≥ ωf (y) − 2η ≥ n1 − 2η (wobei r < 2ε und η > 0 beliebig sind). ω (x) ω (x)+ 1 1 Insbesondere ist die Wahl von η als η := 21 ( n1 −ωf (x)) > 0, also f (y2 )−f (y1 ) > n1 − 2n + f2 = f 2 n > ωf (x)+γ mit einem γ > 0, möglich. Nun sind aber y1 , y2 ∈ B(y, 2ε ), d.h. wegen y ∈ B(x, 2ε ) auch y1 , y2 ∈ B(x, 2ε ). Demnach gäbe es zu jedem r > 0 y1 , y2 ∈ B(x, r) mit supB(x,r) f − inf B(x,r) f ≥ f (y2 ) − f (y1 ) > ωf (x) + γ, insbesondere wäre ωf (x) = limr→0+ (supB(x,r) f − inf B(x,r) f ) ≥ ωf (x) + γ mit γ > 0, ein Widerspruch. Ergo ist {x ∈ R|ωf (x) < n1 } offen und daher die Menge der Stetigkeitspunkte von f {x ∈ R|f stetig in x} = {x ∈ R|ωf (x) = 0} = {x ∈ R|ωf (x) < n1 ∀n ∈ N} = ∩n∈N {x ∈ R|ωf (x) < n1 } der Durchschnitt abzählbar vieler offener Mengen. c) Es gibt keine beschränkte Funktion f : R → R, die in Q stetig und in R \ Q unstetig ist. Sonst wäre Q = {x ∈ R|f stetig in x} = ∩n∈N {x ∈ R|ωf (x) < n1 } der abzählbare Durchschnitt offener Mengen (vgl. b), was aber nach a) unmöglich ist. d) Es gibt eine beschränkte Funktion f Definiere 1 0 f (x) := 1 q : R → R, die in R \ Q stetig, in Q unstetig ist. x=0 x∈R\Q . x ∈ Q \ {0}, x = pq , p ∈ Z, q ∈ N, ggT(p, q) = 1 Dann ist f beschränkt, da f (x) ∈ [0, 1] nach Definition. f ist unstetig in Q. x ∈ Q =⇒ f (x) > 0. Zu ε := f (x) 2 > 0 ex. aber in jeder δ-Umgebung von x eine irrationale Zahl y, die also f (y) = 0 und damit |f (x) − f (y)| = f (x) − 0 > f (x) 2 = ε erfüllt. f ist stetig in R \ Q. Sei x ∈ R \ Q und xn → x. OBdA ist xn ∈ Q∀n ∈ N mit xn = pqnn , ggT(pn , qn ) = 1, pn ∈ Z, qn ∈ N (für xn ∈ R \ Q ist ohnehin schon |f (x) − (xn )| = |0 − 0| < ε), sowie oBdA (da xn → x) xn ∈ [x − 12 , x + 12 ]. Dann ist |f (x) − f (xn )| = f (xn ) = q1n . Zu ε > 0 ist nun q1n > ε gleichbedeutend mut qn < Mε mit einem Mε ∈ N. Aber in jedem Intervall der Länge 1 gibt es für q ∈ N höhstens q Elemente der Gestalt pq mit p ∈ Z, d.h. δε = inf{| pq − x|, p ∈ Z, q < Mε , pq ∈ [x − 12 , x + 12 ]} existiert und ist (da es sich um das Infimum einer Menge endlich vieler (≤ Mε (M2 ε +1) ) positiver ( pq ∈ Q, x ∈ / Q) Elemente handelt) positiv. Zu ε > 0 gibt es nun n0 ∈ N : |xn − x| < δε und damit |f (x) − f (xn ) = q1n | ≤ ε, also ist f stetig in R \ Q. Hausaufgabe 2: Zeige: Jeder Unterraum Y eines normieren Raumes X, der eine ganze Kugel enthält, stimmt bereits mit X überein. Zeige: Kein unendlich-dimensionaler Banachraum kann eine abzählbare Basis (im Sinne der linearen Algebra) haben. Lösung: a) Nach Voraussetzung gibt es y0 ∈ Y und ε > 0, so dass Bε (y0 ) ⊂ Y . Wegen der Vektorraumstruktur ist dann aber auch 0 ∈ Y und für jedes r > 0 auch Br (0) = r (Bε (y0 ) − y0 ) ⊂ Y. ε Dann ist Y = X, denn für jedes y ∈ X, ist y ∈ Bky−0k (0). b) Angenommen es gäbe eine abzählbare Basis (bn )n∈N des Banachraums B. Dann sind die Mengen An := span{b1 , b2 , . . . , bn } (als endlich-dimensionale Teilmengen) abgeschlossene Untervektorräume von B mit [ B= An . n∈N Nach dem Satz von Baire gibt es dann ein m ∈ N, ein x0 ∈ Am und ein ε > 0, so dass Bε (x0 ) ⊂ Am . Dann ist aber wegen der Vektorraumstruktur auch An = B nach Teilaufgabe a) und somit B endlich-dimensional, ein Widerspruch! Hausaufgabe 3: Seien E und F Banachräume und a : E × F → R eine Bilinearform mit: a.) Für jedes feste, aber beliebige x ∈ E ist die Abbildung y 7→ a(x, y) stetig. b.) Für jedes feste, aber beliebige y ∈ F ist die Abbildung x 7→ a(x, y) stetig. Zeige, dass ein C ≥ 0 existiert mit |a(x, y)| ≤ Ckxkkyk ∀x ∈ E, ∀y ∈ F. Lösung: E, F seien Banachräume und a : E × F → R Bilinearform mit a(x, ·) : F → R ist stetig für jedes feste x ∈ E (1) und a(·, y) : E → R ist stetig für jedes feste y ∈ F, d.h. ∀y ∈ F ∃Cy > 0 ∀x ∈ E |a(x, y)| ≤ Cy kxk. (2) Dann existiert C > 0 mit a(x, y) ≤ Ckxkkyk ∀x ∈ E ∀y ∈ F . x , ·)|x ∈ E}. Dabei handelt es sich um eine Familie stetiger linearer Operatoren (nach Betrachte die Familie {a( kxk (1) und da a bilinear) zwischen den Banachräumen F und R. Sie ist punktweise beschränkt, denn für festes y ∈ F ist |a( x x , y)| ≤ Cy k k = Cy < ∞ kxk kxk x , ·)kL(F,R) ≤ C ∀x ∈ E, nach (2). Demzufolge existiert nach dem Satz von Banach-Steinhaus ein C > 0 mit ka( kxk also x |a( , y)| ≤ Ckyk ∀x ∈ E ∀y ∈ F kxk und damit |a(x, y)| ≤ Ckxkkyk ∀x ∈ E ∀y ∈ F. Hausaufgabe 4: Sei X := { x ∈ l∞ : xj = 0 mit Ausnahme von endlich vielen j }. Für n ∈ N definieren wir den linearen Operator Tn : X −→ X durch Tn (x) := (1 · x1 , 2 · x2 , 3 · x3 , . . . , n · xn , 0 . . .). Bearbeite eine der folgenden Teilaufgaben und begründe deine Wahl: a) Zeige mit dem Satz von Banach-Steinhaus, dass die Menge der Operatoren { Tn : n ∈ N } gleichmäßig beschränkt ist. b) Zeige: Die Menge der Operatoren { Tn : n ∈ N } ist punktweise, aber nicht gleichmäßig beschränkt. Lösung: Wir zeigen: Die Menge der Operatoren { Tn : n ∈ N } ist punktweise, aber nicht gleichmäßig beschränkt. (Die andere Aussage ist dementsprechend falsch. Der Satz von Banach-Steinaus ist auch gar nicht anwendbar, da X nicht vollständig ist.) Für festes x = (xj )j∈N ∈ X gibt es ein jx ∈ N so dass xj = 0 für j ≥ jx und damit Tn (x) = (1·x1 , 2·x2 , . . . , (jx −1)·xjx −1 , jx ·xjx , (jx +1)·xjx +1 , . . . , n·xn , 0, . . .) = 1·x1 , 2·x2 , . . . , jx ·xjx , 0, . . .) ∀ n ∈ N. Daher ist für jedes sup kTn (x)k∞ = sup sup |j · xj | < ∞ n∈N j∈1,...,jx n∈N und somit die Menge der Operatoren { Tn : n ∈ N } punktweise beschränkt. Sie ist aber nicht gleichmäßig beschränkt, denn angenommen es gäbe ein C > 0, so dass sup kTn kL(X) ≤ C, n∈N so wäre kTn kL(X) ≤ C für jedes n ∈ N.Wählen wir nun aber m ∈ N mit m > C und definieren wir die Folge y = (yj )j∈N durch ( 1; j=m yj := , 0 ; sonst folgt y ∈ X und kT k ≥ Ein Widerspruch! kTm (y)k∞ = m > C. kyk∞