2. Energie und Temperatur 2.1 Ideales Gasgesetz Das Volumen eines Gases erhöht sich bei konstantem Druck mit der Temperatur und der Anzahl der Gasteilchen. Zunehmender Druck führt bei konstanter Temperatur zur Verringerung des Gasvolumens. Gesetz von Gay-Lussac Volumen und Temperatur bei konstantem Druck und Stoffmenge sind zueinander proportional: V ~ T Das heißt: V = const. T Gesetz von Boyle-Marriot Volumen und Druck bei konstanter Temperatur und Stoffmenge sind € umgekehrt proportional: V ~ 1/p Das heißt: p ⋅V = const. Avogadrosches Gesetz Weiter gilt, dass Volumen und Stoffmenge bei konstantem Druck und € Temperatur einander proportional sind: V ~ n V = const. n Gesetz von Jacques Alexandre Cesar Charles Ebenso sind Druck und Temperatur bei konstanter Stoffmenge und Vo€ zueinander proportional: p ~ T lumen p = const. T € Aus diesen vier experimentell gefundenen Gesetzmäßigkeiten kann das allgemeine Gasgesetz für ideale Gase aufgestellt werden: p ⋅V = n ⋅ R ⋅T Die Proportionalitätskonstante ist: R = 8.314 J/mol.K = allgemeine Gaskonstante k =€1.38.10-23 J/K = Boltzmankonstante R = k . NA Mit NA = Avogadrokonstante = Anzahl der Atome oder Moleküle in einem Mol des jeweiligen Materials. NA = 6.022⋅1023 mol-1 Davon zu unterscheiden: die Loschmidtzahl NL = Anzahl der Atome oder Moleküle pro Volumeneinheit eines idealen Gases unter Normalbedingungen NL = 2.686.1025 m-3. In der älteren Literatur werden Avogadrozahl und Loschmidtzahl zum Teil (fälschlicherweise) synonym verwendet. Sie hängen über folgende Beziehung zusammen: NL = NA Vm0 mit dem molaren Volumen bei Normalbedingungen € Beispiel: Ein Gas hat bei einem Druck von 75 kPa ein Volumen von 360 ml. Wie ist sein Volumen bei 100 kPa (bei gleicher Temperatur)? Lösung: pV 75 kPa ⋅ 360 ml p1 ⋅ V1 = p2 ⋅ V2 → V2 = 1 1 = = 270 ml p2 100 kPa € Beispiel: Ein Airbag wird durch Zersetzung von Natriumazid aufgeblasen: 2 NaN3(s) → 2 Na (l) + 3 N2 (g) Die Treibladung enthält 120 g NaN3; es entsteht N2 bei 25°C und p = 125 kPa (leichter Überdruck). Wie groß ist das Volumen des Prallsackes? Lösung: V (N2 ) = n(N2 ) ⋅ R ⋅T p 3 n(N2 ) = n(NaN3 ) 2 € € n(NaN3 ) = 120g = 1,85mol (23,0 + 3 ⋅14,0)g / mol N(N2)=2,77mol € V (N2 ) = 2,77 mol ⋅ 8,31J ⋅ 298 K mol ⋅ K ⋅125 kPa V (N2 ) = 54,9 l € 2.2 Drücke in einer Mischung idealer Gase € p = pA + pB + pC + . . . Gesamtdruck ist Summe der Partialdrücke der Gase A, B, C… 1 l Gas A bei 20 kPa 1 l Gas B bei 40 kPa 1 l Gas (A + B) bei 60 kPa Stoffmengenanteil (früher auch Molenbruch genannt) von A nA xA + x B = 1 n A + nB nA pA = ⋅ p = xA ⋅ p Partialdruck des Gases A n A + nB xA = € € Beispiel: Ein Gemisch von 40,0 g O2 und 40,0 g He hat einen Druck von 90,0 kPa. Wie groß ist der O2-Partialdruck? Lösung: 40,0 g nO2 = = 1,25 mo l 32,0 g / mol nHe = € xO2 = € pO2 = € 40,0 g = 10,0 mo l 4,0 g / mol nO2 nO2 + nHe 1,25 mol ⋅ 90 kPa 10 mol + 1,25 mol = xO2 ⋅ 90kPa € = 10,0 kPa € Vorlesungsversuch 2a: Gesetz von Gay-Lussac Prinzip: Das Gesetz idealer Gase (Teilchen ohne Wechselwirkung und Eigenvolumen) wird durch Messung von Gasvolumen V, Druck p, Temperatur T und Teilchenzahl n bestimmt: p ⋅ V = n ⋅ R ⋅ T Messmethode: Das Luftvolumen in einer Gasspritze mit kalibriertem Volumen wird bei konstantem Druck (Atmosphärendruck) mit einem Wasserbad erwärmt und die Zunahme des Gasvolumens an Hand der Kolbenverschiebung gemessen. Empirisch: Volumen ~ Temperatur (V ~ T) Temperatur ϑ in °C (Eis: 0 °C; siedendes Wasser: 100°C) nach Celsius. Extrapolation der V(ϑ)-Kurve führt zu einem Volumen von Null bei einer Temperatur von -273,15°C. Neue Temperaturskala (Kelvin): T=0K bei V=0ml ->T/K = ϑ/°C + 273,15 Ergebnis: V1=50ml, ϑ1=20,8°C [T=294K] V1/T1=0,170ml/K Steigung aus Abbildung ΔV/ΔT=0,135ml/K Vorlesungsversuch 2b: Gesetz von Boyle-Marriot Prinzip: Gasförmiger Stickstoff wird mit einem Kolben in einem Zylinder zusammengedrückt und der Druck als Funktion des Volumens bei verschiedenen Temperaturen (p-V Isotherme) gemessen. Messmethode: Eine thermostatisierte, druckfeste Glaskapillare mit Volumenskala wird evakuiert, mit N2 auf Atmosphärendruck gefüllt und geschlossen. Die Messkapillare ist auf eine mit Quecksilber gefüllte, stählerne Druckkammer montiert. Mit einem Handrad wird über einen Spindeltrieb ein Kolben in der Druckkammer bewegt und über den Kolbenhub das Gasvolumen verkleinert. Der Gasdruck in der Kapillare wird von einem Manometer angezeigt. Empirisch: Volumen ~ 1/Druck (V ~ 1/p) Ergebnisbeispiel: N2 V/cm3 4,0 3,8 3,6 3,4 3,2 p/105Pa 10,1 10,5 10,9 11,5 12,1 40°C Vorlesungsversuch 2c: Gesetz von Jacques Alexandre Cesar Charles Prinzip: Gasförmiger Stickstoff wird mit einem Kolben in einem Zylinder zusammengedrückt und der Druck als Funktion der Temperatur bei konstantem Volumen gemessen. Messmethode: Eine thermostatisierte, druckfeste Glaskapillare mit Volumenskala wird evakuiert, mit N2 auf Atmosphärendruck gefüllt und geschlossen. Die Messkapillare ist auf eine mit Quecksilber gefüllte, stählerne Druckkammer montiert. Die Messkapillare wird auf eine bestimmte Temperatur thermostatisiert. Mit einem Handrad wird über einen Spindeltrieb ein Kolben in der Druckkammer bewegt und über den Kolbenhub das Gasvolumen auf einen bestimmten Wert eingestellt. Der dazugehörige Gasdruck in der Kapillare wird am Manometer abgelesen. Danach werden weitere Temperaturen an der Kapillare eingestellt und jeweils der Druck beim gleichen Volumen bestimmt. Empirisch: Temperatur ~ Druck (T~ p) Ergebnisbeispiel: N2 T/K 303 213 323 333 p/105Pa 31,5 33.2 35,0 36,7 (V=2 ml) Ergebnisbeispiel: Welchen Wert hat die Proportionalitätskonstante (”allgemeine Gaskonstante” R) dieser Gleichung? p.V = R.n.T, also R = p.V/n.T R = (1,01325·105 N/m2 · 53.65·10-6m3) / (53.65ml/22414ml)mol · 293K = 8,315 J/mol K Literatur: R = 8,3145 J/mol K 2.3 Interpretation von Druck und Temperatur Die Aufschläge der Teilchen auf die Gefäßwände verursachen den Druck des Gases. Mit zunehmender Geschwindigkeit bzw. kinetischer Energie der Teilchen steigt bei konstantem Volumen der Druck und unter Berücksichtigung der idealen Gasgleichung die Temperatur. Es gilt (ohne Ableitung): Ekin,x=1/2 RT Mittlere kinetische Energie von 1 mol Teilchen pro Bewegungs-Freiheitsgrad(Flug in x-Richtung) Bei 3 Freiheitsgraden der Bewegung (in x-, y- und z- Richtung) gilt dann: EKin=3/2 RT pro Mol (oder 3/2 kT pro Molekül) Die Temperatur ist also der mittleren kinetischen Energie der Teilchen eines Gases proportional. Wärme ist eine Art der (unkoordinierten) Bewegung. Mechanische Energie wird sichtbar, wenn die Bewegung der Teilchen koordiniert in eine Richtung erfolgt. Beispiel: Wie hoch ist die mittlere kinetische Energie und die mittlere Geschwindigkeit eines mol H2-Gases bei Normbedingungen? Lösung: 3 3 EKin = ⋅ R ⋅T = ⋅ 8,31Pa ⋅ m3 ⋅ mol −1 K −1 ⋅ 273K 2 2 € Pa ⋅ m3 kJ = 3403 = 3,4 mol mol 3 1 RT = mN A < v 2 > 2 € 2 v = < v2 > = € NA = 6.022⋅1023 Teilchen/Mol 3RT M 2,016g / mol Mittlere Geschwindigkeit eines Teilchens € 0°C → € = ( ) 3 ⋅ 8,314 ⋅10 3 g ⋅ m2 / s 2 ⋅ mol ⋅ K ⋅ 273K 2,016g / mol = 1,84 ⋅ 103 m/s 100°C → = 2,15 ⋅ 103 m/s Grahamsches-Effusionsgesetz 2 Gase A, B haben also die gleiche mittlere kinetische Energie, wenn sie die gleiche Temperatur haben: 1 1 2 2 mA < v A >= mB < vB > 2 2 € € vA MB Diffusion durch Loch in ein Vakuum (”Effusion”) = vB MA Trennung eines Gasgemisches nach den Massen auf Grund der unterschiedlichen Diffusionsgeschwindigkeiten durch ein Loch oder eine Membran (z.B. Urantrennung) Beispiel: Welche Molmasse hat ein Gas X, das 0,876 mal so schnell wie N2(g) effundiert? Lösung: vX 0.876 28g / mol = = MX = 36,5 g/mol vN2 1 MX € 2.4 Geschwindigkeitsverteilung und mittlere Geschwindigkeit In einem Gas haben die Moleküle unterschiedliche Geschwindigkeiten. Der Mittelwert dieser Geschwindigkeiten verschiebt sich mit zunehmender Temperatur zu höheren Werten und liegt für Moleküle kleiner Masse höher als für schwere Moleküle. Da die Fläche unter der Verteilung die Gesamtzahl der Moleküle angibt und diese konstant bleibt, wird die Verteilung mit zunehmender Temperatur und abnehmender Masse flacher. Vorlesungsversuch 3: Maxwell-Boltzmann Geschwindigkeitsverteilung Prinzip: Atome und Moleküle haben eine Verteilung der Größe ihrer Geschwindigkeiten, die von ihrer Masse und der Temperatur abhängt. Die Geschwindigkeitsverteilung ist auf die statistisch erfolgenden Stösse der Teilchen untereinander zurückzuführen, die durch Rütteln von vielen kleinen Glasbällen simuliert werden kann. Ihre Geschwindigkeiten werden durch ihre Fluglängen bestimmt. Messmethode: 400 Glasbälle werden mit 50 Hz (Stroboskopmessung) durch einen Motor geschüttelt und durch eine Öffnung in einen Behälter mit 24 ringförmig angeordneten Auffangrillen zunehmenden Durchmessers geschleudert. Die Anzahl der Glasbälle in jeder der Rillen wird durch Auswiegen bestimmt (die durchschnittliche Masse einer Glaskugel wurde vorher durch Auszählen und Wiegen ermittelt). Aus der Flugstrecke s (Abstand Austrittsöffnung-Auffangrille) und der Höhe h der Austrittsöffnung über der Rillenebene wird die Kugelgeschwindigkeit v bestimmt. Es gilt nämlich shor=v t svert=h=½ g t2 Flugzeit t=√2h/g v=shor√g/2h h=8cm g=9,81ms-2 (Erdbeschleunigung) Die Rillenbreite Δs=1cm entspricht einer Δv=0,078 ms-1. ∑Nv=400. Ergebnisbeispiel: shor[cm] v[ms-1] 0 0 0,5 0,039 1,5 0,117 2,5 0,196 3,5 0,274 usw.: Tabelle mit 24 Zeilen… Nv 0 16 19 20 21 Geschwindigkeitsbreite Nv/∑Nv Δv 0 0,5 0,6 0,65 0,67 Der theoretische Ausdruck für die Maxwell-Boltzmannverteilung ist dN/N=√2/π⋅(m/kT)3/2⋅v2⋅exp(-m⋅v2/2kT) ⋅dv Die graphische Auftragung führt zu einem ähnlichen Kurvenverlauf wie im Glaskugelversuch: Anstieg der Kurve mit v2 (parabelförmig) und glockenförmiger Verlauf (Gausskurve exp(-ax2)) bei größerem v. Beispiel: Berechnen Sie für Wasserstoffatome bei 300K den Anteil ΔN/N≅dN/N an Atomen im Geschwindigkeitsintervall 1000-1100 ms-1. v=1050ms-1 Δv=100ms-1 T=300K m=1.67262158⋅10-27kg (H-Atom) Boltzmannkonstante k=1.3806503⋅10-23JK-1; Anteil ΔN/N=0,018 (1,8%) 2.5 Innere Energie und Enthalpie Wärme (eine Form der Energie mit der Einheit [J]) fließt vom Körper mit höherer Temperatur zu dem Körper mit niedrigerer Temperatur, denn System und Umgebung streben maximale Unordnung (Gleichverteilung) an. Wärme in atomaren Gasen: Bewegungsenergie der Teilchen; Wärme im Festkörper: Schwingungsenergie der Teilchen; Wärme in Flüssigkeiten: beides. 2.5.1 Erster Hauptsatz: Erhaltung der Energie 1. Hauptsatz der Thermodynamik: ”Die Energie eines isolierten Systems bleibt konstant.” ΔU = Q +W € 2.5.2 ΔU = Änderung der inneren Energie Q = Wärmeaustausch W = Arbeit (z.B. differentielle Volumenarbeit –pdV oder elektrochemische Arbeit) Reversible und irreversible Prozesse Thermodynamische Prozesse wie Wärmeaustausch und Arbeit können isotherm, isochor oder isobar ablaufen (Temperatur, Volumen oder Druck sind konstant). Thermodynamische Prozesse können reversibel oder irreversibel ablaufen. reversibel: ständig im Gleichgewicht Beispiel: Fahrradpumpe → langsame Kompression, dann innerer Druck ≙ äußerer Druck. Wenn bei Kompression der innere Druck (Gasdruck) steigt, muss auch mehr äußerer Druck für die Kompression aufgewandt werden. Im Gleichgewicht kann dann für den äußeren Druck p der innere Druck des Gases p = nRT/V in dW = -pdV eingesetzt werden: dW = -(nRT/V)dV. Nach Integration folgt die reversible isotherme Volumenarbeit Bei Expansion ist VB > VA , so dass W < 0 ist: Das System (Gas) gibt Volumenarbeit nach außen ab (negatives Vorzeichen) und erhält die Energie dafür aus einem Wärmereservoir. Dabei ändert sich die innere Energie des Gases nicht (isothermer Prozess). Bei Kompression ist VB < VA , so dass W > 0 ist: Am Gas wird Volumenarbeit geleistet, wobei die dabei zugeführte Energie an das Wärmereservoir abgegeben wird. Wiederum ändert sich die innere Energie des Gases nicht (isothermer Prozess). Beispiel: Wie groß ist die Arbeit für schnelles, irreversibles und für langsames, reversibles Expandieren von 1 mol Gasvolumen von 1l auf 2l bei Atmosphärendruck? Lösung: Irreversibel: ΔWirr = -pE⋅ΔV = 1,013⋅105N/m2 ⋅ 10-3m3 = 101 Nm ΔWirr = -101 J. Reversibel: ΔWrev = -nRTln(VE/VA) ΔWrev = -1729J Pfeilrichtung: Expansion Die Volumenarbeit ist jeweils die Fläche unter der reversiblen und irreversiblen Isotherme: WABrev hat größere Fläche, also . Bei reversibler isothermer Expansion wird mehr Wärme aus der Umgebung aufgenommen als bei irreversibler Expansion. 2.5.3 Wärmekapazität Wenn man nur Volumenarbeit zulässt, gilt für die Änderung der inneren Energie eines geschlossenen Systems ΔU=Q – pΔV. Bei konstantem Volumen (Autoklav) gilt ΔV=0 und damit ΔU=Q, d.h. die ausgetauschte Wärmemenge unter isochoren Bedingungen entspricht der Änderung der inneren Energie des Systems. Die Wärmemenge, um die Temperatur eines Körpers mit Masse m um 1°C zu erhöhen, ist die Wärmekapazität C Die durch die Masse m dividierte Wärmekapazität ist die spezifische Wärmekapazität c [J/kg.K]=C/m Beispiel: Wasser hat eine spezifische Wärmekapazität c von 4,184 Jg-1K-1. Wie groß ist die Wärmekapazität von 125 g Wasser? Lösung: C = 125 g · 4,184 Jg-1K-1 = 523 Beispiel: Wie groß ist die Wärmemenge, um 125 g Wasser von 20,0°C auf 25,0°C zu erwärmen? Lösung: J Q = C ⋅ ΔT = 523 ⋅ (298,15 K − 293,15 K ) = 2615 J = 2,615 kJ K 5K Ein Mikrowellenofen mit 300 Watt = 300 J/s Leistung braucht dazu 9 s [ohne Berücksichtigung von Verlusten]. € 1 W = 1 V · 1 A (300 W = 220 V · 1,4 A) Die durch die Stoffmenge n dividierte Wärmekapazität ist die molare Wärmekapazität Cm [J/mol K]=C/n. Ein Kalorimeter misst die Wärme, die bei chemischen Reaktionen freigesetzt oder aufgenommen werden. Cgesamt = CWasser + CGerät → Eichung durch Verbrennung einer Substanz mit bekannter Wärmemenge. → oder: Berechnung CWasser, CGerät aus Temperaturerhöhung nach Zufuhr einer bekannten Wärmemenge durch elektrische Heizung. Q = Cgesamt (T2 – T1) Beispiel: Im Bombenkalorimeter wird Traubenzucker verbrannt. Wieviel Wärme wird pro Mol Traubenzucker frei? C6H12O6(s) + 6 O2 (g) → 6 CO2 (g) + 6 H2O (l) T1 = 19,00°C; T2 = 25,50°C bei 3,00 g Traubenzucker/1,20 kg Wasser-Füllung CGerät = 2,21 kJ/K Lösung: Cgesamt = 1,20 kg ⋅ 4,184 kJkg-1K-1 + 2,21 kJK-1 = 7,23 kJK-1 Q = 7,23 kJ ⋅ K-1 ⋅ (25,5 – 19,0)K = 47,0 kJ Bei 1 mol Traubenzucker Zu erwarten ist die folgende Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität bei konstantem Volumen cv für ein ideales Gas aus 2-atomigen Molekülen: Die Energie pro Freiheitsgrad ist ½ RT (für 1 Mol Gas) Die Wärmekapazität pro Freiheitsgrad ist dann ½ R. Bei 3 Freiheitsgraden für Translation, 2 für Rotation und 2 für Schwingung (potentielle und kinetische Energie) folgt für das 2-atomige Molekül cv=7/2R. Die Molwärmen (molare Wärmekapazitäten) von Flüssigkeiten cv,fl sind i.a. größer als bei Gasen. z.B. flüssiges Wasser bei 100°C: cv,fl Wasserdampf bei 100°C: = cv,Gas = Die Ursache liegt in der größeren Zahl von inneren Freiheitsgraden, in die Energie deponiert werden kann (z.B. intermolekulare Schwingungen in der Flüssigkeit). Die Wärmekapazität nimmt bei Flüssigkeiten mit steigender Temperatur zu (zunehmende Anregung von Freiheitsgraden). Für die Molwärme von Festkörpern gilt die Dulong-Petitsche Regel (1819): cv,solid = 3 R = 25 J/K ⋅ mol konstant N ⋅ 3 Gitterschwingungen bei N-Atomen, k Wärmekapazität pro Schwingungfreiheitsgrad, 2 Freiheitsgrade pro Schwingung (kinetische und potentielle Energie) → cv (298 K) Al 23,8 Cu 23,4 € Pb 24,7 Bi 25,9 1 N ⋅ 3 ⋅ k ⋅ 2 = 3R 2 bei Nichtmetallen Ausnahmen: Graphit: Silizium: Bor: 8,4 J/K ⋅ mol 19,7 J/K ⋅ mol 11,7 J/K ⋅ mol Bei höheren Temperaturen nähert sich cv dem Wert von 25 J/K ⋅ mol an. Bei kleineren Temperaturen gilt cv = a T3 , da nicht alle Gitterschwingungen des Festkörpers angeregt werden können (nur die niederfrequenten Schwingungen) und ihre Anregung stark mit der Temperatur ansteigt. Bei T = 0K ist cv = 0 J/mol.K. 2.5.4 Isobarer Wärmeaustausch und Enthalpie Zustandsfunktionen hängen nur vom gegenwärtigen Zustand des Systems ab, sie sind unabhängig davon, wie dieser Zustand erreicht wurde. Beispiel: Innere Energie, Enthalpie Wegfunktionen sind abhängig von dem Weg, wie der Zustand erreicht wurde. Beispiel: Wärme, Arbeit Enthalpie H = U + pV Zustandsfunktion ΔH = ΔU + pΔV + VΔp = δQ – pΔV + pΔV + VΔp isobar: Δp = 0 → ΔΗ = δQ Bei konstantem Druck (z.B. chemische Reaktionen bei Normaldruck) ist Δp=0 und damit ΔH = δQ, d.h. die ausgetauschte Wärmemenge unter isobaren Bedingungen entspricht der Änderung der Enthalpie des Systems (griechisch: en = darin, thalpos = Wärme). Standard-Bildungsenthalpie ΔHf0: ΔH-Wert, der zur Bildung von 1 mol reiner Substanz aus den reinen Elementen in ihrer stabilsten Form unter Standard-Bedingungen (Normdruck = 1 atm = 101,325 kPa; Standardtemperatur: meist 25°C) gehört. Messung von ΔH mit dem Bombenkalorimeter, siehe Kapitel 2.5.3. Beispiel: ΔHf0 (CH4) = - 74,9 kJ/mol f 0 = Formation = Normbedingungen Die Reaktionsenthalpien können aus den tabellierten ΔHf0 nach dem Satz von Hess berechnet werden: ΔHR0 = ® ® ΔHf0 (Produkte) - ΔHf0 (Edukte) ΔHf0 mit Koeffizienten (Zahl der Mole) aus Reaktionsgleichung multiplizieren ΔHf0 (Elemente in stabilster Form) = 0 Beispiel: 2NH3 (g) + 3Cl2 (g) → N2 (g) + 6HCl (g) −46,19 0 0 −92,3 € 0 ΔHR = ? tabellierte Werte ΔHR0 = {(6 · [- 92,3]) – (2 · [- 46,19])}kJ/mol = - 461,4 kJ/mol werden bei dem angegebenen molaren Stoffumsatz frei. Beispiel: Die Bildung von Methan aus den Elementen in stabilster Form C (Graphit) + 2 H2 (g) → CH4 (g) ΔHR =ΔHf0=? bzw. die Umkehrreaktion läuft im Bombenkalorimeter nicht direkt ab. Deshalb wird ΔHR über eine ausgewählte Folge von Reaktionen mit meßbarer Reaktionsenthalpie bestimmt. 1) C (Graphit) + O2 (g) → CO2 (g) ΔHR = -393,5 kJ/mol 2) 2 H2 (g) + O2 (g) → 2 H2O (l) ΔHR = -571,8 kJ/mol 3) CO2 (g) + 2 H2O (l) → CH4 (g) + 2 O2 (g) ΔHR = +890,4 kJ/mol Gl. 1 + Gl. 2 + Gl. 3 = C + O2 + 2 H2 + O2 + CO2 +2 H2O → CO2 +2 H2O + CH4 + 2 O2 C + 2 H2 → CH4 ΔHR = -393,5 kJ/mol - 571,8 kJ/mol + 890,4 kJ/mol = - 74,9 kJ/mol Die Bildungsenthalpie von CH4 erhält man also indirekt aus den im Bombenkalorimeter oder mit anderen Methoden gemessenen Reaktionsenthalpien ausgewählter Reaktionen. 2.6 Wärmeleitfähigkeit Die Erwärmung von Gas, Flüssigkeit oder Festkörper (Wärmeaustausch) dauert eine gewisse Zeit, die u.a. von der Wärmeleitfähigkeit der Substanz, der Querschnittsfläche des Wärmeüberträgers und der Temperaturdifferenz zwischen warmer und kalter Stelle abhängt. Die Wärme fließt dabei immer von der wärmeren zur kälteren Seite, also in Richtung niedrigerer Temperatur. Zum Transport der Energie durch Wärmeleitung ist ein Medium erforderlich, da sich der Energieaustausch durch Schwingung der Festkörperatome und Stoß nur zwischen unmittelbar benachbarten Teilchen vollzieht. 2.7 Reale Gase und Dampfkondensation Bisher haben wir Gase als Ansammlung punktförmiger Atome oder Moleküle ohne Eigenvolumen und ohne Wechselwirkung aufgefasst (ideales Gas). Tatsächlich kondensieren reale Gase aber bei niedrigen Temperaturen und hohen Drücken spontan, d.h. die Teilchen üben bei geringem Abstand eine anziehende Wechselwirkung aufeinander aus. Das Kondensat hat ein (relativ zum Gas kleines) Volumen, d.h. die Gasmoleküle haben ein endliches Eigenvolumen und sind keine Punkte. Das Kondensat lässt sich nur bei sehr hohen Drücken weiter komprimieren, weil sich bei den noch kleineren Teilchenabständen einer Flüssigkeit die Teilchen abstoßen: abstoßendes Wechselwirkungspotential. Oberhalb einer kritischen Temperatur Tc lässt sich das Gas auch bei extremer Verkleinerung des Volumens und entsprechendem Druckanstieg nicht mehr verflüssigen – es existiert keine Phasengrenze flüssig-gasförmig mehr. Am kritischen Punkt Tc,pc,Vc existiert diese Phasengrenze gerade nicht mehr. Jenseits des kritischen Punktes sind die Abstände zwischen den Molekülen im Dampf genau so groß wie in der Flüssigkeit – es liegt ein überkritischer Zustand vor ohne Unterschied zwischen Dampf- und Flüssigkeitsdichte. Die Verdampfungswärme ist knapp unterhalb des kritischen Punktes sehr gering, so dass die Substanz dauernd zwischen Gas- und Flüssigzustand wechselt (siehe Schlierenbildung in Vorlesungsversuch 5). Vorlesungsversuch 5: Reale Gasgleichung und kritischer Punkt Prinzip: Gasförmiges SF6 wird mit einem Kolben in einem Zylinder zusammengedrückt und der Druck als Funktion des Volumens bei verschiedenen Temperaturen (p-V Isotherme) gemessen. Oberhalb der kritischen Temperatur Tc lässt sich das Gas auch bei den höchsten Drücken nicht mehr verflüssigen. Wenn unterhalb Tc das Gas kondensiert, steigt der Druck mit abnehmendem Volumen nicht mehr an, bis aller Dampf kondensiert ist (Plateaugebiet). Am kritischen Punkt Tc,pc,Vc ist das Plateau gerade nicht mehr zu erkennen. Aus den kritischen Daten lassen sich die Konstanten der van der Waals Gleichung für reale Gase und die Parameter des SF6-Wechselwirkungspotentials berechnen. Messmethode: Eine mit einem Wasserumwälzer thermostatisierte, hochdruckfeste Glaskapillare mit Volumenskala wird evakuiert und dann mit SF6 auf Atmosphärendruck gefüllt und geschlossen. Die Messkapillare ist auf eine mit Quecksilber gefüllte, stählerne Druckkammer montiert. Mit einem Handrad wird über einen Spindeltrieb ein Kolben in der Druckkammer bewegt und über den Kolbenhub das SF6-Gasvolumen verkleinert (hydraulischer Druck: Beispiel p=F/A = 10kg⋅9,81ms-2/1mm2 = 0,98 MPa ≈ 100bar). Der Gasdruck in der Kapillare wird von einem Federmanometer angezeigt. Ergebnisbeispiel: SF6 V/cm3 4,0 3,8 3,6 3,4 3,2 3 p/105Pa 10,1 10,5 10,9 11,5 12,1 usw. bis 0,2cm und 5MPa 20°C p/105Pa 10,3 10,8 11,3 11,9 12,5 30°C p/105Pa 10,6 11,1 11,7 12,3 13,0 40°C Zur Beschreibung des realen Verhaltens von Gas: Van der Waals Gleichung: p ⋅ Vm = R ⋅T a p + ⋅ (Vm − b) = R ⋅T 2 Vm a = Konstante für Binnendruck durch Molekülanziehung. Der Binnendruck ist a/V2. b = Eigenvolumen der Moleküle € Die van der Waals Gleichung beschreibt den Druckverlauf überhalb der kritischen Temperatur richtig. Je höher die Temperatur, um so idealer das Verhalten. Die Parameter a und b der van der Waals Gleichung hängen von den kritischen Parametern ab: a = 9/8 ⋅ RTcVc = 9/8 ⋅ 8,314Jmol-1K-1 ⋅ 319K ⋅ 2,62⋅10-4m3mol-1 = 0,78Jm3mol-2 = 0,78m6Pa mol-2 b = 1/3 ⋅ Vc = 1/3 ⋅ 2,62⋅10-4m3mol-1 = 8,73⋅10-5m3mol-1 Vc = 3/8 ⋅ RTc/pc = 3/8 ⋅8,314Jmol-1K-1 ⋅ 319K/3,8⋅106Pa = 2,62⋅10-4m3mol-1 Korrektur des idealen Gasgesetzes für 1 mol Gas mit V = 1m3 bei 300K: pideal = RT/V = 8,314Jmol-1K-1 ⋅ 300K/1m3 = 2494Pa = 25mbar Binnendruck a/V2 = 0,78m6Pa mol-2/1m6 mol-2 = 0.78Pa → minimal bei kleinen Drücken/großen Volumina. Bei Kompression auf V = 1l = 10-3m3 ist pideal = 25bar und der Binnendruck a/V2 = 0,78Mpa = 7,8bar Auch bei Kompression auf V = 10-3m3 bleibt die Korrektur des idealen Gasgesetzes durch das Eigenvolumen b klein. Die molekularen Wechselwirkungen des realen Gases lassen sich formal auch durch eine Expansion der idealen Gasgleichung mit einer Potenzreihe des Drucks mit den Virialkoeffizienten B(T), C(T) usw. beschreiben. Virialgleichung: pV=RT + B(T)p + C(T)p2 + …… Bei Vernachlässigung der quadratischen und höheren Terme erhält man durch Koeffizientenvergleich mit der Van der Waals Gleichung: B(T)=b – a/(RT)= 8,73⋅10-5m3mol-1 - 0,78m6Pa mol-2/(8,314Jmol-1K-1⋅T[K]) B(300K)= - 2,25⋅10-4m3mol-1 Aus den kritischen Daten lassen sich auch die Wechselwirkungspotentiale von Molekülen bestimmen: E(r) = 4ε[(r0/r)12 - (r0/r)6] = ε[(rm/r)12 - 2(rm/r)6] Lennard-Jones-Potential 1.Term: Pauli-Abstoßung, wenn sich Elektronen gleichen Spins soweit nähern, dass die Orbitale übereinander geschoben werden (bedingt das Eigenvolumen). 2.Term: Anziehung der Moleküle bei größeren Abständen r durch (induzierte) Dipol-Dipol Wechselwirkung (bedingt den Binnendruck). r0: Abstand der Nullstelle des LJ-Potentials E(r= r0)=0, wo sich Anziehung und Abstoßung gerade aufheben. rm: Abstand des Energieminimums vom Ursprung. ε: ”Tiefe” der Potentialmulde, die durch Anziehung und Abstoßung entsteht. 2.8 Adiabatische Prozesse Adiabatische Prozesse: kein Wärmeaustausch mit der Umgebung δQ = 0 ΔU = -pΔV Wenn System von Umgebung isoliert ist oder Prozesse zu schnell für Wärmeaustausch ablaufen. Bei infinitesimal kleinen Änderungen gilt δQ = 0 und dU = -pdV. Die Energie für die Gasexpansion kann bei der adiabatischen Expansion wegen δQ = 0 nur aus der inneren Energie des Gases kommen, also dU = cvdT. cv dT = − € cv 1 1 dT = − nR dV T V cv ∫ € € nRT dV V 1 1 dT = − nR ∫ dV T V reversible Expansion: äußerer Druck p = innerer Druck nRT/V Variablenseparation Unbestimmtes Integral: cv lnT = − nRlnV + const Integrationskonstante: const lnT = − (nR / cv )lnV + const ′ const’ = const/cv € € € lnT + e nR lnV = const ′ cv lnT + nR lnV cv e lnT ⋅ e € € € nR lnV cv = e const ′ = e const ′ T ⋅V nR / cv = const ′′ e const’ = const’’ Mit cp - cv = nR folgt nR/cv = cp-cv/cv = γ-1 mit γ = cp/cv, also T ⋅V γ −1 = const ′′ € Für ein Gas folgt dann für die Temperaturen TA und TB und die Volumina VA und VB TA ⋅VA γ −1 = TB ⋅VB γ −1 Mit T = pV/nR folgt € p AVA ⋅VA γ € γ −1 = pBVB ⋅VB p AVA = pB ⋅VB γ −1 und daraus die Poissonsche Gleichung: γ € Die Adiabate liegt unterhalb der Isothermen im pV Diagramm, denn wegen cp = cV+nR ist cp > cv, also γ = cp/cv > 1, so dass die Adiabate mit einer höheren Potenz als die Isotherme abfällt. Physikalische Ursache: Bei der adiabatischer Expansion sinkt die Gastemperatur und somit auch der Druck stärker als bei der isothermen Expansion (gleichbleibende Gastemperatur). 2.9 Adiabatische Expansion realer Gase (Joule-Thomson Effekt) Der Joule-Thomson Effekt: Temperaturabnahme eines realen Gases bei schneller Druckabnahme, also ΔT/Δp>0. Ziehen sich die Gasmoleküle an, so muss bei der Expansion Arbeit gegen diese Anziehung geleistet werden. Die hierfür aufzubringende Energie wird der kinetischen Energie des Gases entnommen ⇒ Abkühlung. Stossen sich die Gasmoleküle ab, so wird bei der Expansion kinetische Energie frei und die Temperatur erhöht sich. Es gibt für jedes Gas eine Temperatur unterhalb derer sich die Teilchen anziehen und oberhalb derer sich abstoßen: Inversionstemperatur. Oberhalb dieser Temperatur erwärmt sich ein Gas bei der Expansion, unterhalb kühlt es sich ab. Die Inversionstemperatur für Luft beträgt 659 K, die für H2 202 K und die für He 35 K. Beispiel: Unterhalb der Inversionstemperatur von 866K für N2 ist (ΔT/Δp) > 0 bei einem zur Verflüssigung nötigen Mindestdruck von 3,39 MPa. (ΔT/Δp) = 0,25 K bar-1 für N2. Technische Anwendung: Luftverflüssigung nach Linde. Vorlesungsversuch 6: Joule Thomson Effekt Prinzip: Wenn ein unter Druck stehendes reales Gas durch eine Düse in einen Niederdruckbereich schnell (ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung) entspannt wird, kühlt sich das Gas dabei ab (adiabatische Expansion; Sprühdoseneffekt). Bei der Expansion erfolgt das energie-aufwändige Trennen der attraktiven intermolekularen Wechselwirkungen auf Kosten der inneren Energie des Gases und seiner Translationsenergie: Abkühlung. Bei verschiedenen Expansionsdrücken p wird die Abkühlung ΔT gemessen und der molekülspezifische Joule-Thomson Koeffizient µ als Steigung ΔT/Δp bestimmt. Messmethode: Der Stahlzylinder der Joule-Thomson-Apparatur wird mit 100kPa (1bar) CO2 -Überdruck gegen Umgebungsdruck gefüllt , durch einen Luftwärmetauscher auf Raumtemperatur gebracht, dann durch Öffnen eines Drosselventils (Fritte) auf Umgebungsdruck entspannt und dabei die Temperaturdifferenz vor und hinter dem Drosselventil nach 1 Minute Druckentspannung (Gleichgewichtseinstellung!) gemessen. Diese Prozedur wird für eine Reihe sukkzessiv abnehmender Drucke wiederholt. Ergebnisbeispiele: µCO2=(ΔT/Δp)adiab=1,084K/bar Literatur µCO2=1,16K/bar µN2 =0,253K/bar µN2=0,25K/bar Positiver Joule-Thomson-Koeffizient: Bei Druckerniedrigung Δp<0 kühlt sich das Gas ab ΔT<0, so daß µ>0 ist. Oberhalb der so genannten Inversionstemperatur (z.B. 866K für N2) wird µN2<0, also führt Druckerniedrigung dann zur Temperaturerhöhung. Berechnung von µ aus van der Waals Konstanten und Wärmekapazität: µ =(ΔT/Δp)=1/cp⋅(2a/RT – b) CO2: a=3,60Pa m6/mol2 b=42,7cm3/mol cp= 366,1J/molK µCO2=0,795K/bar 2.9.1 Der Temperaturgradient in der Troposphäre Die Temperatur der Troposphäre nimmt mit der Höhe nahezu linear ab Nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik gilt: dU = δQ − pdV Für adiabatische Änderungen gilt: € dU = −pdV Die Luft der Atmosphäre kann in guter Näherung als ideales Gas betrachtet werden für das die innere Energie nur von der Temperatur ab€ hängt: dU = cv dT cv ist die Molwärme bei konstantem Volumen. Mit der hydrostatischen Grundgleichung dp = −ρ ⋅ g ⋅ dh folgt: € Vdp = −M ⋅ g ⋅ dh mit dem Molvolumen V und der € Molmasse M. € Gasgesetz gilt: Nach dem idealen d(pV) =Vdp + pdV = RdT Einsetzen in die umgeformte hydrostatische Grundgleichung: € RdT − pdV = −M ⋅ g ⋅ dh Unter der Annahme, dass die Luft beim Aufsteigen adiabatisch expandiert, erhält man: € RdT + cv dT = −M ⋅ g ⋅ dh Umformen: € € (R + cv )dT = −M ⋅ g ⋅ dh dT −M ⋅ g = dh R + cv Mit g = 9.81 m/s2, M = 29 g/mol, R = 8.314 J/(mol.K) und cv = 20.8 J/(mol.K) erhält man: € dT −29 ⋅10 −3 ⋅ 9.81 kg ⋅ m⋅ mol ⋅ K ⋅ s 2 K = = −9.8 ⋅10 −3 dh 8.314 + 20.8 mol ⋅ s 2 ⋅ kg ⋅ m m Dieses bezeichnet man als den trockenadiabatischen Temperaturgradienten der Luft in der Stratosphäre. € Abbildung: Trockenadiabatischer Temperaturgradient in der Troposhäre 2.10 Die Entropie und der 2. Hauptsatz der Thermodynamik Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik beschreibt die Erhaltung der Energie. Er trifft aber keine Aussagen über die Richtung in der ein bestimmter Prozeß abläuft. Gibt es seine Zustandsfunktion, die sich in Richtung eines spontan (freiwillig) ändernden Prozesses, in definierter Weise ändert? Diese Zustandsfunktion muß dann im Gleichgewichtszustand einen Extremwert besitzen, der einem Zustand maximaler Stabilität entspricht. Die gesuchte Zustandsfunktion ist die Entropie S, auch reduzierte Wärme genannt: dS = δQrev T Die Gesamtentropie bleibt bei reversiblen Zustandsänderungen in abgeschlossenen Systemen konstant. € Bei allen irreversiblen Prozessen nimmt die Gesamtentropie eines Systems immer zu: ΔSirrev > 0 Da alle in der Natur ablaufenden Prozesse irreversible sind strebt nach Clausius die Entropie der Welt einem Maximum zu. € Der Begriff der Entropie hat durch die statistische Thermodynamik eine anschauliche Bedeutung bekommen: Der Zustand maximaler Stabilität ist identisch mit dem Zustand maximaler Wahrscheinlichkeit. Diese Wahrscheinlichkeit wird dann maximal, wenn die Anzahl der nichtidentischen Anordnungsmöglichkeiten maximal wird. Wenn diese Anzahl groß wird, dann kann man das System als ungeordnet bezeichnen, die Entropie wird also mit der “Unordnung” eines Systems verknüpft. Lokal kann die Entropie aber sehr wohl abnehmen. Bei einer spontanen Kristallisation nimmt die Ordnung der kristallisierenden Substanz offensichtlich zu, also die Entropie ab. Durch die Erwärmung der Umgebung durch die freiwerdende Kristallisationswärme, nimmt aber die Entropie in der Umgebung starker zu, als sie im Kristall abnimmt. Die Gesamtentropie nimmt also auch hier zu. Boltzmannsche Definition der Entropie: S = k B ⋅ lnW mit kB = Boltzmannkonstante und W = wahrscheinlichste Verteilung. Der 2. Hauptsatz der € Thermodynamik hat viele Beschreibungen. Die häufigsten lauten: • Bei irreversiblen Prozessen nimmt die Gesamtentropie eines Systems immer zu. • Es ist unmöglich ein Perpetuum mobile 2. Art zu bauen. • Es existiert kein Kreisprozess, dessen einzige Wirkung darin besteht, Wärme von einem kälteren Reservoir zu einem wärmeren Reservoir zu transportieren. (Clausius) • Es existiert kein Kreisprozess, der eine Wärmemenge aus einem Reservoir entnimmt und vollständig in Arbeit verwandelt. (Kelvin) • dS = € δQ δWdiss,inn + T T δWdiss,inn ist hierbei die die innerhalb des Systems dissipierte Arbeit. Die ist immer positiv und erhöht die Entropie. Ein Beispiel ist die nicht zu vermeidende Reibungswärme in realen Prozessen. € 2.11 Die freie Energie und freie Enthalpie Das Produkt TΔS stellt den nichtverwertbaren Anteil an isotherm erzeugter (Volumen)Arbeit aus innerer Energie dar. Diese wird in Form von Abwärme an die Umgebung abgeführt. Die maximal mögliche Arbeit ist dann: € ΔF = ΔU −TΔS € ΔF stellt eine weitere Zustandsgröße dar und wird als freie Energie (Helmholtzenergie) bezeichnet. € Die freie Energie wird also bei isothermen Prozessen bei denen Volumenarbeit verrichtet wird verwendet. Unter isobaren Bedingungen ist eine andere Zustandsfunktion von Belang, die freie Enthalpie (Gibbsenergie). ΔG = ΔH −TΔS 2.12 Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik € “Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunkts” lim ΔSkond = 0 T →0 € Die drei Hauptsätze der Thermodynamik zusammen: 1. Unmöglichkeit eines Perpetuum mobiles 1. Art 2. Unmöglichkeit eines Perpetuum mobiles 2. Art 3. Unmöglichkeit der Erreichbarkeit des absoluten Nullpunkts