(Teil I): Matrizen

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KAPITEL 3
Matrizen
1. Der Vektorraum der Km×n Matrizen
Satz 3.1. Die Menge




a1,1 . . . a1,n





 ..
.
.
m×n
.
.
K
:= A =  .
 ai,j ∈ K , i = 1, . . . , m, j = 1, . . . , n}
.
.




am,1 . . . am,n
der m × n Matrizen über den Körper

 
a1,1 . . . a1,n
b1,1 . . .
 ..
..
.. + ..
..
 .
.
.   .
.
am,1 . . . am,n
K ist bezüglich der Addition


b1,n
a1,1 + b1,1 . . .
..
..
..  := 

.
.
. 
bm,1 . . . bm,n
am,1 + bm,1

a1,n + b1,n

..

.
. . . am,n + bm,n
und der skalaren Multiplikation




λa1,1 . . . λa1,n
a1,1 . . . a1,n


..
..
..
..  := 
..
λ ·  ...


.
.
.
. 
.
λam,1 . . . λam,n
am,1 . . . am,n
ein Vektorraum mit Nullelement


0 ... 0


O =  ... ... ...  .
0 ... 0
Die Dimension von Km×n ist mn
Definition 3.2 (Transponierte einer Matrix). Ist


a1,1 . . . a1,n

..  ∈ Km×n
..
A =  ...
.
. 
am,1 . . . am,n
so nennet man


a1,1 . . . am,1

..
..  ∈ Kn×m
A⊤ :=  ...
.
. 
a1,n . . . am,n
die Transponierte von A.
13
Definition 3.3 (Matrixmultiplikation). Es sei A ∈ Km×n und B ∈ Kn×r so ist
das Produkt von A mit B die Matrix AB ∈ Km×r definiert durch


c1,1 . . . c1,r
n
X

 ..
.
.
.
.
AB =  .
ai,k bk,j .
.
.  mit ci,j :=
cm,1 . . . cm,r
k=1
Satz 3.4 (Rechenregeln zur Matrixmultiplikation). Es seien A ∈ Km×n , Ã ∈
Km×n B ∈ Kn×r , B̃ ∈ Kn×r , C ∈ Kr×l und λ ∈ K so gilt
a)
b)
c)
d)
e)
λ(AB) = A(λB)
(A + Ã)B = AB + ÃB
A(B + B̃) = AB + AB̃
A(BC) = (AB)C
(AB)⊤ = B ⊤ A⊤
2. Der Rang einer Matrix I (Eigenschaften)
Definition 3.5 (Rang). Es sei A ∈ Km×n mit Spaltenvektoren s1 , . . . , sn ∈ Km .
Die Zahl
Rang(A) := dim(LIN(s1 , . . . , sn ))
heißt Rang von A.
Satz 3.6 (Eigenschaften des Ranges). Sei A ∈ Km×n eine Matrix mit Zeilen
z1 , . . . , zm und Spalten s1 , . . . , sn .
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Rang(A) = 0 genau dann wenn A = 0.
⊤ ))
Rang(A) = dim(LIN(z1⊤ , . . . , zm
Rang(A) ≤ min{m, n}
Rang(A) = Rang(A⊤ )
Ist T ∈ Kn×n mit Rang(T ) = n, so gilt Rang(AT ) = Rang(A).
Ist S ∈ Km×m mit Rang(S) = m, so gilt Rang(SA)
Satz 3.7 (Lösbarkeit von m × n Gleichungssystemen). Das lineare Gleichungssystem Ax = b ist genau dann lösbar, wenn Rang(A) = Rang(A|b) gilt.
3. Der Rang einer Matrix II (Berechnung des Ranges)
Lemma 3.8. Im folgenden seien e1 , . . . , em die Einheitsvektoren im Km
1) Die Matrix Si,j ∈ Km×m mit i, j ∈ {1, . . . , m} sei definiert durch die
Spalten

 ek falls k 6= i und k 6= j
sk =
e
falls k = i
 j
ei
falls k = j


0 1 0
Für m = 3 ist also S1,2 = 1 0 0
0 0 1
Für die Matrix S = Si,j gilt:
i) Rang S = m.
ii) Ist A ∈ Kn×m , so ist SA diejenige Matrix welche entsteht, wenn
man i-te und j − te Zeile vertauscht.
iii) Ist A ∈ Km×n , so ist AS diejenige Matrix welche entsteht, wenn
man i-te und j − te Spalte vertauscht.
2) Die Matrix Si,λ ∈ Km×m mit i ∈ {1, . . . , m} und λ ∈ K \ {0} sei
definiert durch die Spalten
ek falls k 6= i
sk =
λek falls k = i


π 0 0
Für m = 3 ist also S1,π =  0 1 0.
0 0 1
Für die Matrix S = Si,λ gilt:
i) Rang S = m.
ii) Ist A ∈ Kn×m , so ist SA diejenige Matrix welche entsteht wenn
man i-te Zeile mit λ multipliziert.
iii) Ist A ∈ Km×n , so ist AS diejenige Matrix welche entsteht wenn
man i-te Spalte ,it λ multipliziert.
3) Die Matrix Si,j,λ ∈ Km×m mit i, j ∈ {1, . . . , m} und λ ∈ K sei definiert
durch die Spalten
ek
falls k 6= i
sk =
ek + λej falls k = i


1 0 0
Für m = 3 ist also S1,2,π = π 1 0.
0 0 1
Für die Matrix S = Si,j,λ gilt:
i) Rang S = m.
ii) Ist A ∈ Kn×m , so ist SA diejenige Matrix welche entsteht wenn
man das λ-fache der i-te Zeile auf die j-te Zeile addiert.
iii) Ist A ∈ Km×n , so ist AS ⊤ diejenige Matrix welche entsteht wenn
man λ-fache der i-te Spalte auf die j-te Spalte addiert.
Satz 3.9 (Berechnung des Ranges).
a) Ist à eine Matrix welche durch
elementare Zeilenumformungen aus A ensteht, so ist Rang(Ã) =
Rang(A).
b) Ist à eine Matrix welche durch elementare Spaltenumformungen aus
A ensteht, so ist Rang(Ã) = Rang(A).
Satz 3.10. Jede Matrix A ∈ Km×n vom Rang r lässt sich durch geeignete Zeilen
und Spaltenumformungen zu einer Block-Matrix der Gestalt
Er
Or×(n−r)
O(m−r)×r O(m−r)×(n−r)
wobei Er ∈ Kn×n die Einheitsmatrix ist und Oa×b ∈ Ka×b die Nullmatrix mit
entsprechenden Format ist. Im Fall n = r oder m = r kommen die entsprechenden Blöcke nicht vor.
4. Der Ring der quadratischen Matrizen
Definition 3.11 (Ring (Wiederholung, vgl. Def 4.1 Zahlentheorie). Eine Menge
R, versehen mit zwei Abbildungen + : R × R → R und ·R × R → R heißt Ring,
falls folgende Eigenschaften erfüllt sind:
1)
(i) Existenz eines neutralen Elementes zur Addition: Es gibt
ein n ∈ R, so dass für alle x ∈ R gilt: x + n = x
(ii) Existenz inverser Elemente: Zu jedem x ∈ R gibt es ein x̃ ∈
R, so dass x + x̃ = n.
(iii) Assoziativität der Addition: Für alle x, y, z ∈ R gilt (x+y)+
z = x + (y + z).
(iv) Kommutativität der Addition: Für alle x, y ∈ R gilt x + y =
y + x.
2) (i) Existenz eines neutralen Elementes zur Multiplikation:
Es gibt ein e ∈ R, so dass für alle x ∈ R gilt:ex = xe = x
(ii) Assoziativität der Multiplikation: Für alle x, y, z ∈ R gilt
(xy)z = x(yz).
3) Distributivität: Für alle a, b, c gilt
a(b + c) = ab + ac
und
(a + b)c = ac + bc.
Falls zusätzlich für alle x, y ∈ R gilt xy = yx so nennt man R einen kommutativen Ring.
Satz 3.12 (Ringstruktur von Kn×n ). Die Menge Kn×n ist bezüglich der üblichen
Addition in Kn×n und der Matrixmultiplikation ein Ring. Ist n ≥ 2 ist dieser
Ring nicht kommutativ.
Bemerkung:
1) Das Einselement im Ring Kn×n ist die Einheitsmatrix
1 falls i = j
E = (ei,j )i,j=1,...,n =
0 falls i 6= j
2) Für n ≥ 2 hat Kn×n Nullteiler, d.h. es gibt A, B ∈ Kn×n \ {0} mit
AB = 0.
3) Für n ≥ 2 ist Kn×n kein Körper.
P
4) Ist A ∈ Kn×n und p : t 7→ ki=0 αi ti ein Polynom mit Koeffizienten
α0 , . . . , αk aus K so ist
p(A) :=
k
X
α i Ai
i=0
ein Element aus
Kn×n .
Hierbei ist A0 := E.
Satz 3.13. Die folgenden Teilmengen von Kn×n sind Unterräume von Kn×n .
a) Die oberen Dreiecksmatrizen:
∆(Kn×n ) := {A ∈ Kn×n | ai,j = 0 falls i > j}
b) Die symmetrischen Matrizen:
Sym(Kn×n ) := {A ∈ Kn×n | A = A⊤ }
Die Menge ∆(Kn×n ) ist ein Ring bezüglich Matrixmultiplikation. Sym(Kn×n )
ist kein Ring bezüglich Matrixmultiplikation.
5. Die Gruppe der invertierbaren Matrizen
Definition 3.14 (Gruppe). Eine Gruppe (G, ·) ist eine Menge versehen mit
einer Verknüpfung ◦ : G × G → G, so dass gilt
(i) Es gibt ein Neutrales Element, also ein Element e ∈ G mit der Eigenschaft e ◦ g = g für alle g ∈ G.
(ii) Für jedes g ∈ G gibt es ein h ∈ G mit g ◦ h = e (Inverses Element).
(iii) Für alle g, h, k ∈ G gilt (g ◦ h) ◦ k = g ◦ (h ◦ k) (Assoziativität)
Gilt zusätzlich f ◦ g = g ◦ f für alle g, f ∈ G so nennt man G eine abelsche
Gruppe.
Satz 3.15. Für jede Gruppe gilt:
a) Für alle f, g ∈ G ist (g ◦ f )−1 = h−1 ◦ g −1 .
b) Ist g ◦ h = e so sit auch h ◦ g = e.
c) Das Einselement e ist eindeutig.
Definition 3.16 (Invertierbare Matrizen). Eine quadratische Matrix A ∈ Kn×n
heißt invertierbar, falls es eine Matrix B ∈ Kn×n gibt, so dass AB = E gilt. Ist
A invertierbar, so schreiben wir A−1 statt B. A−1 heißt auch Inverse von A.
Definition 3.17 (Lineare Gruppe). Die Menge
GL(Kn ) := {A ∈ Kn×n | A invertierbar}
heißt lineare Gruppe.
Satz 3.18 (Gruppeneigenschaften). GL(Kn ) ist bezüglich der Matrixmultiplikation eine Gruppe. Für alle A, B ∈ GL(Kn ) gilt (AB)−1 = B −1 A−1 .
Satz 3.19 (Charakterisierung der Elemente aus GL(Kn )). Es gilt:
a) A ∈ Kn×n ist genau dann ein Element von GL(Kn ) wenn Rang(A) =
n.
b) A ∈ Kn×n ist genau dann ein Element von GL(Kn ) wenn die Spaltenvektoren von A eine Basis bilden.
c) A ∈ Kn×n ist genau dann ein Element von GL(Kn ) wenn die Zeilenvektoren von A eine Basis bilden.
Definition 3.20. Die Matrizen Si,j ∈ Kn×n (mit i, j = 1, . . . , n (Typ I)), Si,λ
⊤
(Typ IV)
(mit i = 1, . . . , n, λ ∈ K \ {0} (Typ II), Si,j,λ (Typ III) bzw. Si,j,λ
(mit i, j = 1, . . . , n, λ ∈ K) aus Satz 3.20 (also diejenigen Matrizen, welche
elementaren Zeilen bzw. Spaltenumformungen entsprechen) nennen wir elementare Umformungsmatrizen (vom Typ I, Typ II, Typ III bzw. Typ IV). Die Menge
dieser Matrizen bezeichnen wir mit S.
Satz 3.21. Es sei Für jedes A ∈ GL(Kn ) gibt es Matrizen S1 , . . . , Sk ∈ S, so
dass Sk Sk−1 . . . S1 A = E. Insbesondere gilt also Sk Sk−1 . . . S1 = A−1 .
6. Die orthogonale Gruppe
Definition 3.22 (Untergruppe). Es sei G eine Gruppe bezüglich einer verknüpfung ◦. Eine Teilmenge U ⊂ G nennt man Untergruppe von G, falls U
bezüglich ◦ wieder eine Gruppe ist.
Satz 3.23. Eine Teilmenge U eine Gruppe G ist genau dann eine Untergruppe,
wenn gilt
(i) Für alle u, v ∈ U ist u ◦ v ∈ U .
(ii) Für jedes u ∈ U ist u−1 ∈ U .
Definition 3.24 (Orthonormale Gruppe). Die Menge
O(Kn ) := {A ∈ GL(Kn ) | AT A = E}
heißt orthogonale Gruppe.
Satz 3.25. Die orthogonale Gruppe ist eine Untergruppe von GL(Kn ).
Definition 3.26 (Euklidische Norm auf p
Rn ). Sei K = R und x =
⊤
n
n
(x1 , . . . , xn ) ∈ K = R . Die Zahl kxk2 := x21 + · · · + x2n heißt euklidische
Norm von x.
√
Bemerkung: Es gilt: kxk2 = x⊤ x
Satz 3.27 (Eigenschaften von O(Kn )). Es gilt:
a) Ist A ∈ O(Rn ) und x ∈ Rn dann ist
kAxk = kxk.
b) Für zwei Spaltenvektoren si , sj aus A gilt
1 falls i = j,
⊤
si sj = δi,j :=
0 falls i 6= j.
7. Determinanten I
Definition 3.28 (Determinante). Sei A eine quadratische Matrix (d.h., A ∈
Kn×n ). Wir nenne die Matrix A(i, j) welche entsteht wenn man aus A die i-te
Zeile und die j-te Spalte herausstreicht die (i, j)-te Streichungsmatrix von A.
Die Determinante eine quadratischen Matrix wird nun rekursiv durch
a1,1
falls n = 1,
det(A) = Pn
i+1
ai,1 det(A(i, 1)) falls n > 1
i=1 (−1)
definiert.
Lemma 3.29. Sei A ∈ Kn×n . Für jedes j = 1, . . . , n gilt
n
X
det(A) =
(−1)i+j ai,j det(A(i, j))
i=1
Satz 3.30.
a) Geht A aus B durch Vertauschung zweier Zeilen hervor,
so ist det(A) = − det(B).
b) Geht A aus B hervor indem eine Zeile mit λ ∈ K multipliziert wird,
so gilt det(A) = λ det(B).
d) Geht A aus B hervor indem man auf eine Zeile das Vielfache einer
anderen addiert, so gilt det(A) = det(B).
Lemma 3.31 (Determinanten elementarer Umformungsmatrizen). Es gilt:
a)
b)
c)
d)
e)
det(E) = 1
Für eine elementare
Für eine elementare
Für eine elementare
Für eine elementare
Umformungsmatrix vom Typ I gilt det(S) = −1.
Umformungsmatrix vom Typ II gilt det(S) = λ.
Umformungsmatrix vom Typ III gilt det(S) = 1.
Umformungsmatrix vom Typ IV gilt det(S) = 1.
8. Determinanten II
Satz 3.32 (Eigenschaften der Determinate). Für alle A, B ∈ Kn×n und jedes
λ ∈ K gilt:;
a)
b)
c)
d)
e)
det(AB) = det(A) det(B).
det(A) 6= 0 ⇔ Rang(A) = n
det(A) = det(A⊤ ).
det(λA) = λn det(A)
Ist A invertierbar, so gilt: det(A−1 ) = det(A)−1
Satz 3.33 (Berechnung von Determinanten).
a) Geht A aus B durch
Vertauschung zweier Zeilen oder zweier Spalten hervor, so ist
det(A) = − det(B).
b) Geht A aus B hervor indem eine Zeile oder eine Spalten mit λ ∈ K
multipliziert wird, so gilt
det(A) = λ det(B).
c) Geht A aus B hervor indem man auf eine Zeile (oder auf eine Spalte)
das Vielfache einer anderen addiert, so gilt
det(A) = det(B).
d) Hat A die Spalten a1 , . . . , ak , . . . an , B die Spalten a1 , . . . bk . . . an und
C die Spalten a1 , . . . , ak + bk , . . . , an so gilt
det(A) + det(B) = det(C).
e) Entwicklungsformel von Laplace.
(i) Für jedes i = 1, . . . , n gilt
det(A) =
n
X
(−1)i+j ai,j det(A(i, j))
j=1
(Entwicklung nach der i-ten Zeile).
(ii) Für jedes j = 1, . . . , n gilt
det(A) =
n
X
(−1)i+j ai,j det(A(i, j))
i=1
(Entwicklung nach der j-ten Spalte).
Satz 3.34.
a) Ist A eine obere Dreiecksmatrix, so ist det(A) das Produkt
der Diagonalelemente von A.
b) Ist K = R und A ∈ O(Kn ), so ist det(A) ∈ {−1, 1}.
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