8 Zusammenfassung und Ausblick Biologisch abbaubare Polymere lassen sich nach Gebrauch durch Mikroorganismen zersetzen. Sie bieten den Vorteil eines vollständigen Stoffkreislaufs und verringern auf diese Weise das Abfallaufkommen. Werden sie darüber hinaus auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen erzeugt, senken sie zusätzlich den Verbrauch von fossilen Ressourcen. Trotz dieser Vorteile ist die Nutzung von Biopolymeren bislang eher gering. Die Verarbeitung von Biopolymeren zu Schäumen liefert Werkstoffe, die eine hohe Formbeständigkeit, wärmedämmende Eigenschaften und eine geringe Dichte aufweisen. Auf Grund dieser Eigenschaften eignen sich geschäumte Biopolymere insbesondere für Leichtverpackungen. In der vorliegenden Arbeit wird das Schäumen von Biopolymeren durch zwei verschiedene Verfahren beschrieben. Als Modellsubstanzen wurden drei Polyester ausgewählt, die auf biologisch erzeugten Stoffen basieren und/oder biologisch abbaubar sind. Dabei handelt es sich um Polybutylensuccinat (PBS), Polymilchsäure (PLA) und ein Polyesterblend auf Basis von PLA und Polyhydroxybutyrat (PHB). Für die Verarbeitung der Polymere sind sowohl kalorische als auch rheologische Eigenschaften von Interesse. Daher werden zunächst jeweils das Schmelzverhalten und die Viskosität unter Atmosphärendruck bestimmt. Darüber hinaus wird das gasinduzierte Schmelzen der Polymere in Gegenwart von verdichtetem Kohlendioxid untersucht. PBS schmilzt unter Umgebungsbedingungen im Vergleich mit den beiden anderen Polymeren bei den niedrigsten Temperaturen von 105 °C ≤ TS ≤ 116 °C. Das Polyesterblend erfolgt bei den höchsten Temperaturen von 164 °C ≤ TS ≤ 173 °C; PLA hat mit 148 °C ≤ TS ≤ 160 °C einen Schmelzbereich bei mittleren Temperaturen. Der Glasübergang von PBS wird mit TG = -36 °C ermittelt, demgegenüber wird er bei PLA und dem Polyesterblend jeweils bei TG ≈ 60 °C gemessen. Infolgedessen zeigt PBS bereits bei Umgebungsbedingen ein duktiles Verhalten, während PLA und das Polyesterblend eher elastisch bis spröde sind. In den rheologischen Untersuchungen wird u.a. das Fließverhalten als Funktion der Scherrate betrachtet. Die Schmelzen der drei Biopolymere verhalten sich strukturviskos, d.h. die Viskosität der Schmelze sinkt mit steigender Schubspannung. PLA weist die höchste Schmelzviskosität der drei Polymere auf; die Viskositäten des PBS und insbesondere des Polyesterblends sind im Vergleich dazu niedriger. Bei steigender Temperatur sinkt die Viskosität jeweils auf Grund der zunehmenden Beweglichkeit der Moleküle deutlich; die Viskosität von PLA ist dabei innerhalb des betrachteten Temperaturbereiches bis T = 200 °C stets höher als die der beiden anderen Polymere. Für die spätere Verarbeitung der Polymere zu Schäumen ist insbesondere das Schmelzverhalten in Gegenwart von verdichtetem Kohlendioxid wichtig. Zur Untersuchung werden zwei einander ergänzende Methoden eingesetzt. Bei einem Druck von p ≤ 21,3 MPa wird anhand visueller Beobachtung in einer Hochdrucksichtzelle die Schmelztemperatur der 126 Zusammenfassung und Ausblick Polymere bestimmt. Dabei wurde jeweils eine Schmelztemperatursenkung von 15 K (PBS), 32 K (Polyesterblend) und 42 K (PLA) gegenüber dem Schmelzen unter Atmosphärendruck ermittelt. Zusätzlich wurden Messungen mit einem Transitiometer durchgeführt. Dieses Gerät erweitert die Methode der Differentialkalorimetrie um die Möglichkeit der Untersuchung von gasinduzierten Phasenübergängen bei Drücken von bis zu p = 100 MPa und erlaubt damit gleichzeitig eine Überprüfung der Ergebnisse, die in der Hochdrucksichtzelle erzielt wurden. Es konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse der visuellen Beobachtung gut mit den im Transitiometer gewonnenen Messwerten übereinstimmen. Insgesamt lassen die Messungen vermuten, dass die Schmelztemperatur von PBS durch Einlösen von verdichtetem Kohlendioxid um maximal 15 K abgesenkt wird. Auch bei höheren Drücken wird keine zusätzliche Verschiebung in Richtung geringerer Temperaturen erwartet. Bei PLA und dem Polyesterblend hingegen werden weiterführende Untersuchungen im Transitiometer vorgeschlagen, da bislang keine Konstanz des jeweiligen Schmelzbereiches beobachtet wurde. Es ist damit zu rechnen, dass eine Erweiterung des bislang betrachteten Druckbereiches zu einer zusätzlichen Senkung der Schmelztemperatur führt. Als erste Prozedur zum Schäumen der Polymere wird ein mehrstufiges Verfahren betrachtet, welches aus der Pulverisierung des Polymers bei gleichzeitiger Verkapselung eines Treibmittels und anschließender Schaumbildung besteht. Die Pulverisierung und Verkapselung erfolgt dabei mit dem PGSS-Verfahren. Die Polymere werden in einem Extruder aufgeschmolzen und zusammen mit einer weiteren Substanz, dem späteren Treibmittel, mit Hilfe von verdichtetem Kohlendioxid versprüht. Das aus der Düse austretende Gemisch aus Polymerschmelze und Treibmittel erstarrt in Form von feinkörnigen Partikelkompositen, wobei das Treibmittel idealerweise den Kern bildet. Die Schaumbildung erfolgt in einem nachfolgenden Verfahrensschritt unter Zufuhr von Wärme. Da eine geringe Viskosität für das Versprühen vorteilhaft ist, werden PBS und das Polyesterblend für die Verarbeitung mit diesem Verfahren ausgewählt; als Treibmittel wird Wasser verwendet. Zunächst werden die Polymere jeweils ohne die Zugabe von Wasser versprüht, um geeignete Prozessparameter für die Erzeugung rieselfähiger Pulver zu bestimmen. Auf Grund seines niedrigen Schmelzbereiches lässt sich PBS bei deutlich geringeren Verarbeitungstemperaturen versprühen als das Polyesterblend; die verwendeten Sprühdrücke betragen je nach Polymer bis zu 40 MPa. Die Nachexpansionstemperatur im Sprühturm liegt bei den untersuchten Polymeren unterhalb der jeweiligen Erstarrungstemperatur der Polymere, so dass feste Partikel abgeschieden werden. Zur Charakterisierung der Proben werden die Schütt- und Stampfdichte sowie die Größenverteilung der Partikel ermittelt. Die Partikelform wird jeweils anhand von Aufnahmen eines Rasterelektronenmikroskops untersucht. Die PBS-Pulver variieren von einzelnen, großen Partikeln über watteartige Strukturen bis hin zu geringen Partikelgrößen, wobei häufig mehrere Erscheinungsformen in einem einzigen Versuch auftreten. Bei hohen Temperaturen und geringen Sprühdrücken werden höhere Zusammenfassung und Ausblick 127 Schüttdichten erzeugt; generell ergibt die Charakterisierung der PBS-Proben Schütt- und Stampfdichten von weniger als 60 kg / m3 bei gleichzeitig sehr großen Partikelabmessungen. Es wird vermutet, dass bereits beim Sprühprozess ohne Zugabe von Wasser geschäumte PBSPartikel entstehen. Das versprühte Polyesterblend ergibt faserige, watteartige und feinpulverige Proben. Im Vergleich zu PBS zeigen diese höhere Schüttdichten mit Werten um 100 kg / m3 und deutlich geringere Partikelabmessungen. Es fällt auf, dass die verwendeten Sprühkomponenten (Düse, Wirbelkörper und Anzahl der statischen Mischelemente) das Versuchsergebnis stärker beeinflussen als bei der Pulverisierung von PBS. Die Erzeugung von Partikelkompositen bei der gleichzeitigen Versprühung von Wasser und dem Polyesterblend erfordert eine Anpassung der Prozessparameter an das veränderte Stoffsystem. Bei Zugabe des Wassers werden bei den Kompositen Partikelformen beobachtet, die sich durch ausgeprägte Faserstruktur deutlich von den Pulverproben des wasserfreien Polyesterblends unterscheiden. Auch die Abmessungen nehmen deutlich zu. Der anhand von Trocknungsversuchen ermittelte Wassergehalt der gewonnenen Partikelkomposite beträgt zwischen 20 Gew.-% und 70 Gew.-%. Dennoch ist es in den anschließenden Schäumversuchen nicht möglich, durch Verdampfung des Wassers eine Ausdehnung des erwärmten Polymers hervorzurufen. Die gefundenen faserförmigen Partikelstrukturen lassen vermuten, dass das enthaltene Wasser von der Polymerhülle nicht vollständig umschlossen wird und vorzeitig aus dem Komposit entweicht. In der zweiten hier verwendeten Schäumprozedur, dem Direktschäumverfahren, werden die Polymere als Granulat in perforierte Formwerkzeuge gegeben und bei erhöhter Temperatur oberhalb eines Drucks von 5 MPa mit verdichtetem Kohlendioxid gesättigt. Dabei löst sich das Gas im Granulat und erweicht das Polymer, so dass es bei der anschließenden Entspannung aufschäumt und dabei die Form ausfüllt. Auf diese Weise lassen sich stabile Schaumformteile ohne zusätzliches Treibmittel erzeugen. Bei Gasdrücken bis p = 30 MPa wird für die drei Biopolymere ein unterschiedliches Schäumverhalten beobachtet. In Abhängigkeit von Druck und Temperatur wird bei PBS eine ideale Schäumtemperatur von etwa T = 114 °C ermittelt, was den Temperaturen des Schmelzbereiches unter Atmosphärendruck entspricht. Bei PLA und dem Polyesterblend liefern Schäumtemperaturen in einem Bereich von 120 °C ≤ T ≤ 140 °C bzw. 134 °C ≤ T ≤ 146 °C gute Ergebnisse; diese liegen unterhalb der jeweiligen Schmelztemperatur bei Atmosphärendruck. Die Volumenzunahme erfolgt bei PBS und PLA um den Faktor 5; beim Polyesterblend wird eine Ausdehnung um den Faktor 4 erzielt. Dementsprechend weisen die Schaumproben von PBS und PLA eine höhere Porosität auf als die des Polyesterblends. Mit Druckfestigkeitsanalysen werden die mechanischen Eigenschaften der Schaumformteile beurteilt. Die Verformung der PBS-Schaumproben ist bei geringen Druckspannungen recht hoch; der Kompressionsmodul hat die im Vergleich der drei Polymere geringsten Werte von 128 Zusammenfassung und Ausblick weniger als 20 MPa. Unter fortgesetzter Stauchung werden Druckverfestigungen der Proben beobachtet. PLA-Schäume haben mit einem Kompressionsmodul von bis zu 100 MPa eine deutlich höhere Steifigkeit; sie zeigen bei einer Stauchung um 30 % plastisches Fließen. Die Schaumproben des Polyesterblends weisen mit Kompressionsmodul-Werten von teilweise mehr als 100 MPa im Vergleich der drei Polymere die höchste Steifigkeit auf; sie versagen jedoch bereits bei sehr geringen Belastungen von maximal 3 MPa mit einem Sprödbruch. Die spezifischen Stoffeigenschaften der Biopolymere sind Voraussetzung für ihre Verarbeitung, weshalb sie im Vorfeld bestimmt wurden. Auf Grund dieser Ergebnisse gelang es, mit Hilfe des PGSS-Verfahrens Pulverproben auffällig geringer Schüttdichten zu erzeugen. Beim Versprühen der Biopolymere in Gegenwart von Wasser als zusätzlicher Komponente wurden wichtige Erkenntnisse über den Einfluss der Sprühparameter und Anlagenkomponenten auf die erzielten Produkte gewonnen. Die Erzeugung schaumfähiger Partikelkomposite stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar. Mit Hilfe des Direktschäumverfahrens wurden alle drei Biopolymere erfolgreich geschäumt. Dabei gelang es, die Erzeugung von Schaumformteilen auf einen einzigen Verfahrensschritt zu reduzieren, ohne dabei die Polymere unnötig thermisch zu belasten. Aus der Porosität und dem Volumen der Schaumformteile wurde die Gaskonzentration im Polymer zu Beginn der Entspannung abgeschätzt. Es konnte gezeigt werden, dass Beladungen deutlich unterhalb der Sättigung für die Erzeugung qualitativ hochwertiger Schäume ausreichen. Künftig bleibt zu prüfen, inwieweit sich die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Polymere übertragen lassen. Dabei erscheint es sinnvoll, das Direktschäumverfahren auf Grund seiner genannten Vorteile umzusetzen. Die genaue Kenntnis der Stoffeigenschaften der verwendeten Polymere ist dabei unabdingbar, weshalb im Vorfeld sowohl eine Analyse der Polymere als auch insbesondere eine Betrachtung ihres Verhaltens in Gegenwart des für die Schaumbildung verwendeten Treibgases erforderlich ist. Für die detaillierte Auslegung des Verfahrens werden die temperaturabhängige Messung der Viskosität der gasbeladenen Schmelzen sowie die Bestimmung der jeweiligen Diffusionskoeffizienten empfohlen. Die bisherige Temperaturregelung des Systems ist deutlich zu verbessern; im Idealfall könnte auf Grund des bei der Entspannung des Gases auftretenden Joule-Thomson-Effektes auf eine zusätzliche Kühlung zur Stabilisierung des Schaumes verzichtet werden. Eine Variation der verwendeten Formwerkzeuge ist interessant, um die für die gleichförmige Entgasung erforderliche Perforation zu optimieren. Dafür bietet es sich beispielsweise an, Formen deutlich unterschiedlicher Abmessungen oder mit Verzweigungen in transparenter Ausführung zu vermessen. Für die Bestimmung von Wärmeübertragungs- und Fließvorgängen in zweiphasigen, nichtisothermen Strömungen ist der Einsatz moderner Berechnungsverfahren zu empfehlen.