Erlotinib beim fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinom

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Aus dem onkologischen Schwerpunkt des Krankenhauses Großhansdorf
in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Klinik III
der Universität zu Lübeck
Direktor: Prof. Dr. med. P. Zabel
Erlotinib beim fortgeschrittenen nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom
(NSCLC)
klinische Evaluation im Rahmen einer Phase IV Studie
(Tarceva EAP)
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
vorgelegt von
Melanie Samek
aus Hamburg
Großhansdorf, 2009
1. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. med. Martin Reck
2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Peter Kujath
Tag der mündlichen Prüfung: 23.02.2010
Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 23.02.2010
gez. Prof. Dr. med. Werner Solbach
- Dekan der Medizinischen Fakultät -
2
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.
Einleitung ................................................................................. 5
1.1
Ätiologie und Inzidenz des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms ............
5
1.2
Gegenwärtiger Therapiestandard ..............................................................
8
1.3
Prinzip der Epidermal Growth Faktor-Rezeptor-Inhibition ..................... 10
1.4
Erlotinib als Erstlinientherapie ................................................................. 16
1.5
Erlotinib in der Zweit- und Drittlinientherapie ......................................... 17
1.6
Fragestellung ............................................................................................. 18
2.
Methodik: Studienprotokoll .................................................. 19
2.1
Ziele der Studie ......................................................................................... 19
2.2
Studiendesign ............................................................................................ 20
2.3
Studiendauer .............................................................................................. 20
2.4
Studienpopulation ...................................................................................... 21
2.4.1
Einschlusskriterien .................................................................................... 21
2.4.2
Ausschlusskriterien ................................................................................... 22
2.5
Dosierung .................................................................................................. 22
2.6
Monitoring ................................................................................................. 23
2.7
Statistische Überlegungen ......................................................................... 23
2.8
Ethik und Administration .......................................................................... 24
3.
Ergebnisse ................................................................................ 25
3.1
Patientencharakteristika ............................................................................ 25
3.2
Ansprechen ................................................................................................ 26
3.3
Überleben .................................................................................................. 28
3.4
Toxizität .................................................................................................... 32
3.5
Subgruppenanalyse .................................................................................... 33
3.5.1
Erlotinib als Erstlinientherapie .................................................................. 33
3.5.2
Langzeitüberleber ≥9 Monate ................................................................... 34
3.5.3
Patienten ≥70 Jahre ................................................................................... 35
3
Seite
3.5.4
Ansprechen und Ausprägung des akneiformen Hautausschlages ............. 36
3.5.5
Chemotherapie im Anschluss an die Erlotinib-Therapie .......................... 37
4.
Diskussion ................................................................................ 38
5.
Zusammenfassung .................................................................. 44
6.
Literaturverzeichnis ............................................................... 46
7.
Appendix .................................................................................. 55
7.1
TNM-Klassifikation des Lungenkarzinoms (nach UICC 2002) ............... 55
7.1.1
Stadiengruppierung des Lungenkarzinoms ............................................... 55
7.2
RECIST Kriterien (Response criteria for solid tumors) ........................... 56
7.3
CTC Kriterien (Common terminologie criteria) Version 3.0 ................... 57
7.3.1
Einteilung Hautausschlag (Rash) ............................................................... 57
7.3.2
Einteilung Diarrhoe ................................................................................... 57
7.4
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. 57
8.
Danksagung ............................................................................ 59
9.
Erklärung ................................................................................ 59
10.
Lebenslauf ............................................................................... 60
4
1. Einleitung
1.1 Ätiologie und Inzidenz des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms
Das Lungenkarzinom ist mit 258.000 Neuerkrankungen und 234.000 Todesfällen pro Jahr
in der Europäischen Union einer der häufigsten und zugleich therapierefraktärsten
Tumoren1. Allein in Deutschland erkranken jährlich etwa 33.000 Menschen. Mittleres
Manifestationsalter ist das 68. Lebensjahr. Zudem gibt es mit 512 Patienten/100.000/Jahr
einen Häufigkeitsgipfel an Neuerkrankungen bei den über 75-jährigen. Es stellt sowohl bei
Männern als auch bei Frauen die dritthäufigste Tumorerkrankung dar. Zwischen den
1970er und 1990er Jahren stieg die Rate der Patientinnen mit Lungenkarzinom in der
Europäischen Union (mit Ausnahme von Spanien und Griechenland) stark an2. Seit den
1990er Jahren ist bei der männlichen Bevölkerung ein deutlicher Rückgang des
Lungenkarzinoms zu verzeichnen, während die Anzahl der Neuerkrankungen bei der
weiblichen Bevölkerung stetig ansteigt. Dieser Trend ist in allen Industrienationen zu
erkennen und lässt sich am ehesten auf die steigende Zahl der weiblichen Raucher
zurückführen3. Zudem ist die Anzahl junger Frauen, die zu Rauchen beginnen höher, als
die junger Männer4. Männer erkranken etwa doppelt so häufig am Lungenkarzinom
(14,3% der Tumore des Mannes) wie Frauen (6,4% aller Tumoren der Frau). Bedingt
durch die im Allgemeinen schlechte Prognose des Lungenkarzinoms ist es beim Mann mit
26,0% häufigste und bei der Frau mit 11,2% immerhin dritthäufigste tumorbedingte
Todesursache. Ursächlich für das Lungenkarzinom ist zu 60% (Frauen) bzw. zu 90%
(Männer) die Zigarettenrauchinhalation. Das Krebsrisiko steigt mit Dauer und Ausmaß des
Zigarettenkonsums. Gemessen wird der Zigarettenkonsum in "pack-years", der Anzahl der
gerauchten Zigarettenschachteln (à 20 Zigaretten) pro Tag multipliziert mit der Anzahl der
Jahre als Raucher. Auch Passivrauchen bewirkt eine Erhöhung des Krebsrisikos5. Brennan
et al. demonstrierten in ihrer Analyse zweier großer Studien, dass das Risiko eines
Nichtrauchers, der mit einem Raucher zusammen lebt, an Lungenkrebs zu erkranken um
18% (95%-KI=1-37) ansteigt und sich bei Langzeitexposition auf 23% (95%-KI=1-51)
erhöht6. Eine Reduktion des Zigarettenkonsums führt zu keiner Senkung des Risikos an
Lungenkrebs zu erkranken. Die Beendigung des Zigarettenkonsums dagegen bewirkt eine
signifikante Senkung des Lungenkarzinomrisikos7 (siehe Grafik 1).
5
Grafik 1:
Es
gibt
einen
Zusammenhang
zwischen dem Alter
bei Beendigung des
Zigarettenkonsums
und
dem
kumulativen Risiko
(%) an Lungenkrebs
zu sterben (bezogen
auf die Todesrate
für
Männer
in
Großbritannien
1990)8
Der Anteil an Lungenkarzinomen, die durch berufliche Exposition mit verschiedenen
Chemikalien
wie
z.B.
Asbest,
Quarzstäube,
polyzyklische
aromatische
Kohlenwasserstoffe, Chrom-VI-Verbindungen und Arsenverbindungen, bzw. ionisierende
Strahlung verursacht wurden, ist vergleichsweise gering. Eine Potenzierung der
Risikofaktoren ist erwiesen5. Ebenso spielt die genetische Disposition eine Rolle. Ist ein
Elternteil an Lungenkrebs erkrankt, steigt das Krebsrisiko für die Kinder um das zwei- bis
dreifache an. Eine Sonderstellung nimmt das Adenokarzinom der Lunge ein, da es
unabhängig von der Rauchexposition entsteht. Es tritt bei Frauen sechsmal häufiger auf als
bei Männern.
Die Inzidenz des Lungenkarzinoms steht in eindeutigem Zusammenhang mit der
Entwicklung des Zigarettenkonsums. Um die Neuerkrankungsrate zu senken, muss
demnach der Zigarettenkonsum vermindert werden. Präventionsmaßahmen wären somit
6
die frühzeitige Aufklärung potentieller Raucher, der Schutz besonders von Kindern vor
Passivrauchen und die Rauchentwöhnung. Mit einem verbesserten Nichtraucherschutz
nimmt man außerdem den Rauchern Gelegenheiten zum Rauchen. Berufliche Kanzerogene
sollten vermieden werden und auf die Einhaltung der Arbeitssicherheitsbestimmungen
muss streng geachtet werden.
Lungenkarzinome werden histologisch unterteilt in kleinzellige (ca. 20%) und
nichtkleinzellige (ca. 80%) Karzinome. Das kleinzellige Lungenkarzinom hat eine sehr
schlechte Prognose. Durch die kurze Tumorverdopplungszeit von etwa 50 Tagen ist es bei
80% der Patienten bei Diagnosestellung schon metastasiert. Häufig sind die Tumorzellen
hormonproduzierend und verursachen paraneoplastische Endokrinopathien.
Die nichtkleinzelligen Lungenkarzinome werden weiter unterteilt in:
•
Plattenepithelkarzinome (∼40%), auch diese sitzen vorwiegend zentral, die
Tumorverdopplungszeit beträgt ca. 300 Tage
•
Adenokarzinome (∼25%), es ist häufig peripher lokalisiert und hat eine
Tumorverdopplungszeit von ungefähr 180 Tagen. Das Adenokarzinom ist das
häufigste Karzinom der Nichtraucher. Eine seltene Unterform der Adenokarzinome
stellt das bronchioalveoläre Karzinom dar.
•
großzellige Lungenkarzinome (∼10%)
Lungenkarzinome metastasieren frühzeitig in die regionären Lymphknoten. Besonders
beim kleinzelligen Karzinom erfolgt zudem eine rasche hämatogene Streuung bevorzugt in
Leber, Gehirn, Nebennieren und das Skelettsystem. Die Prognose des Lungenkarzinoms ist
stark abhängig vom Stadium der Erkrankung. Im Stadium I beträgt die 5-JahresÜberlebensrate 47%. Schon im Stadium II sind es nur noch 26% und im fortgeschrittenen
Stadium III bzw. IV sinkt die 5-Jahres-Überlebensrate auf lediglich 8% bzw. 2%. Frauen
zeigen dabei etwas höhere 5-Jahres Überlebensraten als Männer.
Im Frühstadium äußert sich das Lungenkarzinom durch unspezifische Symptome wie
Husten, Dyspnoe und Thoraxschmerzen. Bei Patienten über dem 40. Lebensjahr sind
therapieresistente
Erkältungskrankheiten
mit
anhaltendem
Husten,
rezidivierende
Pneumonien sowie Blutbeimengungen im Auswurf bei entsprechender Raucheranamnese
höchst karzinomverdächtig.
Im fortgeschrittenen Stadium treten dann Hämoptysen, Pleuraergüsse, eine obere
Einflussstauung, N. Phrenikus- und N. Rekurrenslähmungen auf.
7
Aufgrund der unspezifischen Frühsymptome werden mehr als 60% der Patienten bereits im
Stadium III oder IV diagnostiziert (TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung des
Lungenkarzinoms siehe Appendix 7.1 und 7.1.1). Bedingt durch Metastasierung oder lokal
fortgeschrittenes Tumorwachstum sind die Patienten in diesen Stadien in der Regel
inoperabel9. Die Therapie erfolgt dann symptomorientiert und in palliativer Intention.
1.2 Gegenwärtiger Therapiestandard
Therapie der Wahl des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms im inoperablen Stadium IIIB
ist eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie. Im Stadium IV des NSCLC steht
die palliative Chemotherapie im Vordergrund, evtl. in Kombination mit einer lokalen
Radiotherapie.
Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) empfiehlt als StandardErstlinientherapie
eine
platinbasierte
Zweierkombination
mit
einem
Drittgenerationszytostatikum. Je nach Ansprechen wird diese Kombination über vier bis
sechs Zyklen gegeben10.
Mit Einführung der platinhaltigen Chemotherapeutika wurde eine moderate aber statistisch
signifikante
Verlängerung
der
Lebenszeit,
Verbesserung
der
tumorassoziierten
Symptomatik und Erhöhung der Lebensqualität erreicht11. Die Drittgenerationszytostatika
weisen eine deutlich verbesserte Verträglichkeit, ein gesteigertes Ansprechen, ein
verlängertes progressionsfreies Überleben und zum Teil ein signifikantes Ansteigen der
Überlebenszeit gegenüber den Zweitgenerationszytostatika auf12,13,14. Schiller et al. führte
die mit 1207 Patienten größte Studie zur Gegenüberstellung der Drittgenerationsregime
Cisplatin/Paclitaxel,
Cisplatin/Gemcitabine,
Cisplatin/Docetaxel
und
Carboplatin/Paclitaxel durch. Sie konnte keine signifikante Differenz in Bezug auf eine
Überlebenszeitverlängerung feststellen. Die einzelnen Regime unterschieden sich lediglich
in ihren Nebenwirkungen. Dabei präsentierte die Kombination aus Carboplatin/Paclitaxel
die niedrigste Rate an Nebenwirkungen15. Bestätigt wurde dieses Ergebnis in weiteren
Studien der Southwest Oncology Study Group, die das Regime Cisplatin/Vinorelbine der
Kombination Carboplatin/Paclitaxel gegenüber stellte16 und von Scagliotti et al. die die
Kombinationen Cisplatin/Gemcitabine, Cisplatin/Vinorelbine und Carboplatin/Paclitaxel
miteinander verglichen17. Für die Dreierkombination Gemcitabine, Vinorelbine und
8
Cisplatin konnte kein Vorteil bezüglich Ansprechen und Überleben nachgewiesen werden.
Zudem ist diese Kombination mit einer signifikant erhöhten Toxizität assoziiert18.
Ein Problem in der systemischen Therapie des fortgeschrittenen NSCLC stellen die
Behandlungen von älteren Patienten und Patienten in reduziertem Allgemeinzustand dar.
Altersbedingte Veränderungen der Leber-, Nieren- und Knochenmarksfunktion erhöhen
die Toxizität der (platinhaltigen) Chemotherapie. Zudem sind meist Komorbiditäten zu
beachten, die ebenfalls einen Einfluss auf die Verfassung und Prognose des Patienten
haben. Allerdings können ältere Patienten in gutem Allgemeinzustand und ohne
wesentliche Komorbiditäten durchaus eine konventionelle platinbasierte Chemotherapie
erhalten19,20. In retrospektiven Analysen der Subgruppen älterer (≥70 Jahre) selektionierter
und jüngerer (<70 Jahre) Patienten großer Phase III Studien mit platinbasierter
Chemotherapie ließ sich kein wesentlicher Unterschied in Bezug auf die Wirksamkeit und
Verträglichkeit der Therapie, sowie der therapieassoziierten Mortalität feststellen21,22. Bei
starker Einschränkung des Allgemeinzustandes oder relevanter Komorbidität ist eine
Monotherapie mit Gemcitabine, Vinorelbine oder einem Taxan die Behandlung der Wahl.
Im Vergleich zu alleiniger symptomorientierter Therapie (best supportive care) zeigen
diese Wirkstoffe ein signifikante Erhöhung der Überlebenszeit, eine erfolgreichere
Kontrolle der tumorassoziierten Symptome und dadurch bedingt eine Verbesserung der
Lebensqualität23,24,25. Mit den modernen Therapieansätzen wie z.B. der gezielten Therapie
mit dem EGF-Rezeptor-Inhibitor Erlotinib ergeben sich alternative Optionen in der
Behandlung älterer und komorbider Patienten26. Von der Wirksamkeit und dem günstigen
Nebenwirkungsprofil des Epidermal Growth Faktor-Rezeptor-Inhibitors profitieren auch
ältere Patienten.
Für die Zweitlinientherapie gelten Docetaxel oder Pemetrexed als Goldstandard. Sie
verlängern das Überleben und reduzieren die tumorbedingte Symptomatik27,28. In einer
Phase III Studie wurde das zielgerichtete Antifolat Pemetrexed mit Docetaxel verglichen.
Es stellte sich als ebenso wirksam heraus, wies aber deutlich geringere Nebenwirkungen
vor allem im Bereich der Hämatotoxizität auf. Dies führte zur Zulassung von Pemetrexed
für die Zweitlinientherapie des NSCLC 200429. Aufgrund einer besseren Wirksamkeit bei
Patienten mit nicht-plattenepithelialen Karzinomen, die in einer randomisierten Phase III
Studie nachgewiesen werden konnte, wurde 2008 die Zulassung geändert auf die
Behandlung von nicht-plattenepithelialen Karzinomen entweder in Kombination mit Platin
in der Erstlinientherapie oder als Monotherapie bei vorbehandelten Patienten30. Ebenfalls
9
für die Zweit- und Drittlinientherapie seit Herbst 2005 zugelassen ist der Epidermal
Growth-Faktor (EGF) Rezeptor-Inhibitor Erlotinib.
In der Erstlinientherapie erzielt man mit den derzeitigen Kombinationen Ansprechraten
von 15-32%, eine mediane Überlebenszeit von 7,4 - 11,3 Monaten und eine 1Jahresüberlebensrate von 31-46%15,17. Damit ist ein therapeutisches Plateau erreicht, das
mit Hilfe moderner Therapieansätze und gezielter Therapien überwunden werden soll.
1.3 Prinzip der Epidermal Growth Faktor-Rezeptor-Inhibition
In den letzten Jahren sind eine Reihe von Zielgenen und Signalketten in der Tumorzelle
identifiziert worden. Sie bieten neue Angriffspunkte für eine gezielte Tumortherapie. Einer
dieser Rezeptoren ist der Epidermal Growth Faktor-Rezeptor (EGFR, auch bekannt als
erbB1 oder HER1), der auf verschiedenen soliden Tumoren, z.B. dem Mammakarzinom,
Pankreaskarzinom, dem kolorektalen Tumor und dem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom
zu finden ist. Häufig ist der Epidermal Growth Faktor-Rezeptor bei diesen Tumoren
überexprimiert
und/oder
mutiert.
Die aktivierte
EGF-Rezeptor-Tyrosinkinase
(EGFR-TK)
Schlüssel im malignen Geschehen
EGFR-Rezeptor
R
R
pY K
RAS
RAF
pY
SOS
GRB2
K
R
pY
K
MEK
STAT
PI3-K
MAPK
AKT
PTEN
Gen Transkription
Zell Zyklus Progression
DNA
P P myc
cyclin D1
Cyclin D1
Jun Fos
Myc
Proliferation/
Reifung
Chemotherapie/
Radiotherapie-Resistenz
Raymond E et al 2000; Woodburn JR 1999; Wells A 1999;
Überleben
(Antiapoptose)
Angiogenese
Metastasierung
Hanahan D et al 2000; Balaban N et al 1996; Akimoto T et al 1999
Abbildung 1: Die zentrale Rolle des aktivierten EGF-Rezeptors beim
Tumorgeschehen und der Tumortherapie
10
Der Epidermal Growth Faktor-Rezeptor zählt zusammen mit den Rezeptoren c-erbB2/HER2,
c-erbB-3/HER3
und
c-erbB4/HER4
zur
Familie
der
Typ-I-
Tyrosinkinaserezeptoren. Sie sind auf der Oberfläche der meisten Epithelzellen zu finden
und spielen in der embryonalen Entwicklung und bei der Regulation diverser
metabolischer und physiologischer Prozesse in einer Reihe von Geweben und Organen
eine zentrale Rolle. Folglich begünstigen Mutationen und Fehlfunktionen der Typ-ITyrosinkinaserezeptoren die Entstehung z.B. von Tumorerkrankungen, Diabetes mellitus,
Immunschwächen und kardiovaskulären Erkrankungen31.
Hauptliganden des EGF-Rezeptors sind die mitogenen Faktoren Epidermal-Growth-Factor
(EGF) und Transforming Growth Factor-α (TGF-α). Weitere Liganden sind der
heparinbindende EGF, Amphiregulin, Betacellulin, Epiregulin, Neuregulin (NRG)-1,
NRG-2, NRG-3 und NRG-432. EGF wird in der Niere, der submaxillären Drüse und dem
Magen-Darm-Trakt als Antwort auf Verletzungen produziert. TGF-α wird von vielen
Epithelzellen produziert. TGF-α weist in seiner Funktion als mitogener Faktor eine
größere Wirksamkeit auf als EGF33,34.
Der EGF-Rezeptor ist ein monomeres transmembranöses Glykoprotein. Er setzt sich aus
drei Bestandteilen zusammen: einer extrazellulären Domäne als Ligandenbindungsstelle,
einem
transmembranösen
Tyrosinkinaseaktivität.
Anteil
Die
und
extrazelluläre
einer
intrazellulären
Domäne
besteht
aus
Domäne
vier
mit
weiteren
Untereinheiten. Die Subdomänen I und III bilden die Bindungsstelle für die Liganden aus,
die
homocystein-reiche
Subdomäne
II
besitzt
zusätzlich
eine
so
genannte
Dimerisierungsschlinge (dimerization loop) und ist mit der ebenfalls homocystein-reichen
Subdomäne IV verantwortlich für die Rezeptordimerisierung und für Interaktionen mit
anderen Membranproteinen35.
Die Aktivierung eines EGF-Rezeptors erfolgt in mehreren Schritten (siehe Abbildung 2):
Durch die
Bindung eines Liganden in der durch die Subdomänen I und III der
extrazellulären
Domäne
gebildete
Bindungstasche
kommt
es
zu
einer
Konformationsänderung dieser Subdomänen. Über allosterische Verknüpfungen erfolgt
zudem eine Veränderung der Dimerisierungsschlinge an der Subdomäne II, wodurch
wiederum die Dimerisierung zweier Rezeptoren begünstigt wird. Diese erfolgt entweder
11
mit einem zweiten präaktiven EGF-Rezeptor (Homodimer) oder einem anderen Rezeptor
der erbB-Familie (Heterodimer).
EGF-Rezeptor
A
Extrazellulär
Bindung von
EGF oder TGF-!
EGF oder TGF-!
B
Intrazellulär
Tyrosinkinase
Domäne
Inaktive Monomere
P
C
Aktives Dimer
P
Phosphorylierung
der Zielproteine
P
P
P
P
Aktivierte Zielproteine
Abbildungen 2a - 2c: Schema
der EGF-Rezeptor-Aktivierung
anschließender
Signaltransduktion.
Die
zuständig
Zellproliferation,
für
mit
aktivierten
Zielproteine
sind
Zelldifferenzierung,
Zellmotilität
und
Apoptose
Es werden zwei Theorien diskutiert, wie die Bildung eines Rezeptor-Dimers zustande
kommt. Die erste Theorie geht von einem ligandenvermittelten Mechanismus aus. Der
Epidermal Growth Faktor tritt dabei bivalent gegenüber dem EGF-Rezeptor auf, d.h. ein
EGF-Molekül ist in der Lage zwei Rezeptoren zu binden. Auf diese Weise entstehen
sowohl Homo- als auch Heterodimere36. Diesen Rezeptoraktivierungsmechanismus findet
man
z.B.
bei
der
Aktivierung
des
Wachstumshormonrezeptors
durch
Wachstumshormone37. Die andere Theorie beschreibt einen rezeptorvermittelten
12
Mechanismus. Demzufolge bedarf es der durch die Bindung eines Liganden bedingten
Konformationsänderung, damit der Rezeptor dimerisieren kann. Für die Dimerisierung
stehen also nur präaktive ligandenbesetzte EGF-Rezeptoren zur Verfügung38. Für die
zweite These spricht die Tatsache, dass in Untersuchungen der Molekularstruktur der EGFRezeptor-Dimere immer ein Ligand exklusiv an einen Rezeptor gebunden war39.
Die Dimerisierung zweier Rezeptoren hat eine strukturelle Veränderung der intrazellulären
Domäne
zur
Folge,
wodurch
diese
Tyrosinkinaseaktivität
entwickelt
und
Phosphateinheiten vom Adenosintriphosphat (ATP) auf spezifische Tyrosinreste des
Rezeptors überträgt. Die phosphorylierten Tyrosinreste stellen die Andockstellen für
Proteine der nachgeschalteten Signalkaskaden, die so genannten second messenger, dar40.
Die second messenger besitzen kleine Proteinmodule, die die Protein-Protein-Interaktionen
vermitteln. Man unterscheidet eine größere Gruppe, die mit einer Src-homologen-Region
(SH2-Domäne) andockt und eine Kleinere, die via Phosphotyrosin-Bindungsdomäne
(PTB) mit dem phosphorylierten Tyrosinrest reagiert41. Die zwei wichtigsten
Signalweiterleitungsketten, die durch den EGF-Rezeptor vermittelt werden, sind der RASRAF-MAP-Kinase(MAPK)-Weg und der Phosphatidylinositol-3-Kinase(PI3K)-Weg. Über
sie erfolgt die Regulation der Zellproliferation und –differenzierung, der Zellmotilität und
des programmierten Zelltods42.
Die homocysteinreichen Subdomänen II und IV des EGF-Rezeptors sind verantwortlich
für die Autoinhibition und für die Regulation der Aktivität. Die Affinität des Rezeptors
gegenüber seinen Liganden wird reguliert über die Konformation der Subdomänen I und
III und dem Öffnungswinkel der durch sie gebildeten Bindungstasche. Die Ausrichtung
dieser Subdomänen zueinander erfolgt über allosterische Verknüpfungen mit der
Dimerisierungsschlinge der Subdomäne II39. Garrett et al. demonstrierten, dass eine
Deletion
in
der
Dimerisierungsschlinge
zu
einer
geringeren
Affinität
und
ligandeninduzierten Autophosphorylierung des mutierten EGF-Rezeptors führte43. Der
Subdomäne IV wird eine Art Platzhalterfunktion zugesprochen indem sie die Ausrichtung
der extrazellulären Domäne des EGF-Rezeptors zu seinem transmembranösen Anteil und
zur
Plasmamembran
kontrolliert.
Es
wird
angenommen,
dass
eine
weitere
Dimerisierungsschlinge an der Subdomäne IV existiert. Diese trägt vermutlich zur
Stabilisierung der Rezeptordimere bei und ermöglicht eine Oligomerization z.B. zu
Rezeptor-Tetrameren39.
Möglicherweise
haben
die
anderen
nicht-EGF-bindenden
Mitglieder der erbB-Rezeptorfamilie ebenfalls Effekte auf die Konformation der
Subdomäne II und der Dimerisierungsschlinge der EGF-Rezeptoren und regulieren darüber
13
dessen Bindungsaffinität zu EGF. In jeder Zelle liegen EGF-Rezeptoren vor, die
unterschiedliche Ausrichtungen der Subdomänen I und III zueinander zeigen und damit
jeweils eine abweichende Affinität zu den Liganden aufweisen39.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Aktivierung des EGF-Rezeptors zu inhibieren
(siehe Abbildung 3). Dazu zählen niedermolekulare EGF-Rezeptor-TyrosinkinaseInhibitoren (z.B. Erlotinib), monoklonale Antikörper, Impfstoffe, die die Produktion von
Antikörpern gegen EGF-Rezeptoren und dessen Liganden stimulieren, Immunotoxine und
rekombinante Liganden-Toxin-Fusionsproteine44,45.
Therapieansätze mit HER1/EGFR als
Zielstruktur
Anti-Liganden
blockierende
Antikörper
Anti-HER1/EGFR
blockierende Antikörper
TKInhibitoren
LigandToxinKonjugate
AntikörperToxinKonjugate
Noonberg SB, Benz CC. Drugs 2000;59:753–67
Abbildung 3: Möglichkeiten der EGFR-Inhibition im Überblick
Niedermolekulare EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) wie Erlotinib lagern sich an der
zytoplasmatischen ATP-Bindungsstelle an. Die Autophosphorylierung des EGF-Rezeptors
wird dadurch verhindert und alle Mechanismen der EGFR Aktivierung sind ausgeschaltet.
14
Im normalen Gewebe inhibiert Erlotinib relativ selektiv die Tyrosinkinase des EGFRezeptors46 (siehe Abbildung 4).
Erlotinib: Modus der Antitumoraktivität
!!
Erlotinib
! Proliferation
" Apoptose
! Invasion
" Empfindlichkeit gegen
Chemotherapie
! Metastasierung
! Angiogenese
! Adhäsion
!
Abbildung 4: Auswirkungen der Inhibition des Epidermal Growth
Faktor-Rezeptors durch Erlotinib auf die Tumoraktivität
Karzinomzellen weisen am häufigsten eine Überexpression des EGF-Rezeptors (bis zum
1000fachen des Normalwertes) auf. Dadurch reagieren die Zellen verstärkt auf
Wachstumsfaktoren. Werden diese von der Zelle selbst (autokrin) oder von benachbarten
Zellen (parakrin) produziert, kann es zu einer dauerhaften Stimulation des EGFR und
damit zu einem ständigen Wachstumsreiz kommen.
Eine typische Mutation des EGF-Rezeptors ist die EGFRvIII-Mutation. Hierbei weist die
extrazelluläre Domäne des Rezeptors eine Deletion auf. Daraus resultiert eine konstitutive
Tyrosinkinaseaktivität
unabhängig
von
einer
Ligandenbindung
oder
der
Rezeptordimerisierung47. Eine ständige Signalübertragung kann auch bedingt sein durch
defekte Inaktivierungsmechanismen wie z.B. einer zu geringen Phosphatasekonzentration,
15
die einen reduzierten Rezeptorabbau zur Folge hat oder einer verringerten Endozytose des
EGF-Rezeptors.
Retrospektiv wurden Tumorproben von Patienten der BR.21 Studie auf Mutationen,
Anzahl der Genkopien und Expression des EGF-Rezeptors untersucht. Die Anzahl der
Genkopien wurde mit Hilfe der 'fluorescence in situ hybridization' (FISH) ermittelt und
nach den von Cappuzzo et al.48 definierten Kategorien klassifiziert. Proben mit einer hohen
Anzahl von EGFR-Genkopien wurden als FISH-positiv bezeichnet. Man fand gehäuft
EGF-Rezeptor-Mutationen bei asiatischen Patienten und solchen mit Adenokarzinom, also
den Patienten, die besonders gut auf Erlotinib ansprachen. Es konnte jedoch kein
signifikant verbessertes Ansprechen (p=0,37) und auch keine Verlängerung der
Überlebenszeit (p=0,97) nachgewiesen werden. Obwohl Patienten mit EGF-RezeptorÜberexpression (p=0,03) oder FISH-positiven Tumoren (p=0,04) signifikant besser auf
Erlotinib ansprachen, konnte keine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit unter der
Therapie mit Erlotinib nachgewiesen werden (EGFR-Überexpression p=0,25, FISHpositive Tumoren p=0,10). Insgesamt war für jeden der EGFR-Marker der Interferenzwert
nicht signifikant, so dass sich aus dieser Analyse für keinen molekularen EGFR-Marker
ein prädiktiver Wert ergab49.
1.4 Erlotinib als Erstlinientherapie
In zwei großen multinationalen randomisierten Phase III Studien wurde Erlotinib in
Kombination mit Carboplatin/Paclitaxel (TRIBUTE-Studie)50 oder Gemcitabine/Cisplatin
(TALENT-Studie)51 als Erstlinientherapie bei Patienten mit inoperablem nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom eingesetzt. In beiden Studien konnte kein Anstieg des Überlebens oder
des progressionsfreien Überlebens durch die zusätzliche Gabe des Epidermal Growth
Faktor-Rezeptor-Tyrosinkinaseinhibitors gezeigt werden. Auch für die Hinzunahme des
EGF-Rezeptor-Inhibitors
Gefitinib
zu
der
Chemotherapiekombination
Gemcitabine/Cisplatin (INTACT 1)52 und Paclitaxel/Carboplatin (INTACT 2)
53
konnte
keine Verbesserung der erzielten Ergebnisses erreicht werden. Mögliche Ursachen können
sein:
•
antagonistische Wechselwirkungen der Medikamente untereinander (negative
Interaktionen zwischen spezifischen Wirkansätzen der Medikamente)
16
•
direkte oder indirekte Beeinflussung der Funktion des EGF-Rezeptors durch die
Chemotherapie und dadurch Herabsetzung der Aktivität von Erlotinib
Obwohl die Kombination von Erlotinib und platinbasierter Chemotherapie in der
Erstlinientherapie nicht zu einer verbesserten Wirksamkeit führte, gibt es Hinweise darauf,
dass Erlotinib als Monotherapie in der Erstlinienbehandlung wirksam ist.
Jackman et al. führten eine Phase II Studie mit Erlotinib als Monotherapie bei nicht
vorbehandelten älteren Patienten (≥70 Jahre) durch. Sie beobachteten eine Ansprechrate
von 12,5% und eine mediane Überlebenszeit von 10,25 Monaten26. In der Phase II Studie
mit Erlotinib bei chemotherapienaiven Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom von Giaccone et al. zeigte sich eine Ansprechrate von 22,7%. Die
mediane Überlebenszeit betrug 12,9 Monate, die mediane progressfreie Überlebenszeit
betrug 2,8 Monate. Die Verträglichkeit der Therapie mit Erlotinib war gut,
Hauptnebenwirkungen waren ein charakteristischer akneiformer Hautausschlag (Rash)
(85%) und Diarrhoen (66%) ersten bis zweiten Grades54.
1.5 Erlotinib in der Zweit- und Drittlinientherapie
Das National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group führte die große
internationale randomisierte Phase III Studie BR.21 durch. Erlotinib wurde bei 731
Patienten in der Zweit- und Drittlinientherapie des fortgeschrittenen NSCLC gegen
Placebo getestet. 8,9% der mit Erlotinib behandelten Patienten zeigten ein Ansprechen, im
Placeboarm waren es unter 1%. Die Remission hielt durchschnittlich 7,9 Monate an. Es
konnte eine signifikante Verlängerung des Überlebens um zwei Monate (6,7 Monate vs.
4,7 Monate) und des progressionsfreien Überlebens um 0,4 Monate (2,2 Monate vs. 1,8
Monate) für den Erlotinibarm gezeigt werden. In der Subgruppenanalyse zeigte sich
sowohl im Erlotinibarm als auch in der Placebogruppe eine verbesserte Ansprechrate für
asiatische Patienten, Patienten mit Adenokarzinom und lebenslange Nichtraucher im
Vergleich zu den anderen Subgruppen. Jedoch konnte nur für die lebenslangen
Nichtraucher durch die Gabe von Erlotinib im Gegensatz zu Placebo eine signifikante
Verlängerung der Überlebenszeit erreicht werden.
Es zeigte sich eine signifikante Besserung der Lebensqualität in den Bereichen "Global
Quality of life", "Physical Function" und "Emotional Function" bei Patienten die Erlotinib
erhielten und eine Verbesserung der Symptome des fortgeschrittenen NSCLC (Husten,
17
Dyspnoe, Schmerzen)55. Die Behandlung mit Erlotinib wurde insgesamt gut vertragen.
Typische Nebenwirkungen der Erlotinib-Therapie waren ein akneiformer Hautausschlag
und Diarrhoen. Bei 19% der Patienten musste die Dosis nebenwirkungsbedingt reduziert
werden (12% wegen Rash, 5% wegen Diarrhoe). 5% der Patienten brachen die Therapie
aufgrund von Nebenwirkungen ab56. Ähnliche Ergebnisse bezüglich Ansprechen und
Überleben sind in der Literatur für die Zweitlinientherapie des nichtkleinzelligen
Lungenkarzinoms mit Docetaxel in der Dosierung 75 mg/m2 beschrieben. Fossella et al.
erreichten ein Ansprechen von 6,7%, die Zeit bis zum Progress der Erkrankung betrug
zwei Monate, die mediane Überlebenszeit 5,5 Monaten28. In der Studie von Shepherd et al.
sprachen 7,1% der Patienten auf die Therapie an, die Zeit bis zum Progress des Tumors
betrug 2,4 Monate, die mediane Überlebenszeit sieben Monate27. Hanna et al. führten eine
vergleichende Studie mit Pemetrexed gegen Docetaxel durch. Sie erzielten Ansprechraten
von 9,1% (Pemetrexed) bzw. 8,8% (Docetaxel), eine mediane Zeit bis zum Progress von
2,9 Monaten und eine mediane Überlebenszeit von 7,9 Monaten jeweils für beide
Therapeutika29.
Erlotinib
ist
demnach
Zweitlinientherapie
des
mit
den
schon
fortgeschrittenen
existierenden
Medikamenten
nichtkleinzelligen
für
Lungenkarzinoms
die
in
Ansprechen und Verlängerung des Überlebens vergleichbar und stellt eine weitere
nebenwirkungsarme Therapiealternative auch für ältere und komorbide Patienten dar.
1.6 Fragestellung
Das Tarceva (Erlotinib) Behandlungsprogramm ist eine internationale offene Studie, die
von November 2004 bis September 2005 auch in Deutschland durchgeführt wurde. Im
Klinikum Großhansdorf wurden 148 Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom im Stadium IIIB/IV im Rahmen dieser Studie mit Erlotinib behandelt.
Hypothesen:
1. Es gibt klinische Vorhersagefaktoren für das Ansprechen auf Erlotinib: weibliche
Patienten, Patienten mit Adenokarzinom und lebenslange Nichtraucher weisen besonders
gute Ansprechraten auf.
2. Erlotinib ist auch in der Erstlinientherapie wirksam.
18
Im Rahmen des Behandlungsprogramms gab es die Option der Erstlinientherapie mit
Erlotinib. Die Ergebnisse sind besonders in Bezug auf ältere und komorbide Patienten sehr
interessant, da es sich hier möglicherweise um eine neue Therapieoption handelt.
3. Die Wirkung von Erlotinib ist vergleichbar bei jüngeren (<70 Jahre) und älteren (≥ 70
Jahre) Patienten.
4. Es gibt eine Korrelation zwischen dem akneiformen Hautausschlag und dem
Ansprechen auf die Therapie mit Erlotinib.
Der akneiforme Hautausschlag ist eine charakteristische Nebenwirkung unter der Therapie
mit Erlotinib. Pérez-Soler et al.57,58 stellten einen deutlichen Zusammenhang zwischen der
Ausprägung des Hautausschlags und dem Ansprechen bzw. der Stabilisierung des Tumors
fest. Derzeit wird ein "Dose-to-Rash-Trial" in den USA durchgeführt. Das Ziel dieser
Studie ist eine individuelle patientenadaptierte Dosierung. Reagieren die Patienten auf die
standardmäßige Erlotinib-Dosierung von 150mg/Tag nicht mit Hautausschlag, so wird die
Dosis in 25-50mg Schritten erhöht, bis der gewünschte Hautausschlag auftritt.
2. Methodik: Studienprotokoll
Das Tarceva-Behandlungsprogramm ist eine internationale multizentrische offene nicht
randomisierte klinische Studie über die Therapie von Patienten mit fortgeschrittenem
nichtkleinzelligen Lungenkarzinom mit Erlotinib. Sie wurde von der Firma F. Hoffmann–
La Roche Ltd/Inc/AG unterstützt.
2.1 Ziele der Studie
Primäres Ziel dieser Studie war es Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom im Stadium IIIB/IV, die bereits eine, höchstens jedoch zwei
konventionelle Chemotherapien erhielten, bestrahlt wurden oder die nach Meinung des
19
Untersuchers nicht für eine konventionelle Chemotherapie, Bestrahlung oder eine andere
Studie mit Erlotinib geeignet sind, einer Therapie mit Erlotinib zugänglich zu machen.
Sekundäres Ziel war die Beschreibung der Verträglichkeit und des Erfolges einer Therapie
mit dem EGFR-Inhibitor Erlotinib bezüglich:
• Ansprechen
• progressionsfreiem Überleben (TTP)
• unerwünschten Nebenwirkungen (schwerwiegende Nebenwirkungen, Nebenwirkungen,
die zum vorzeitigen Therapieabbruch führten, unerwartete Erlotinib-assoziierte
Nebenwirkungen, Erlotinib-assoziierter akneiformer Hautausschlag)
• Überleben
Zusätzlicher Inhalt dieser Studie war die Untersuchung auf eine Korrelation der EGFRExpression und anderer potentieller prädiktiver Marker mit dem Ansprechen auf Erlotinib.
2.2 Studiendesign
Es handelte sich um eine offene nicht randomisierte multizentrische Phase IV Studie für
Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (inoperables Stadium
III oder IV), bei denen die üblichen Standardtherapien versagt haben und die aus
medizinischen oder anderen Gründen für eine systemische Standard-Chemotherapie nicht
geeignet sind.
2.3 Studiendauer
Die Therapie mit Erlotinib wurde so lange fortgeführt, bis die Gabe aufgrund von
Toxizität, Progression des Tumors oder aus anderen Gründen abgebrochen werden musste.
Die Studie endet, wenn jeder noch lebende Patient sechs Monate nach der letzten ErlotinibGabe gesehen wurde oder alle Patienten verstorben sind.
20
2.4 Studienpopulation
In das Tarceva Behandlungsprogramm wurden Patienten mit fortgeschrittenem
nichtkleinzelligen Lungenkarzinom Stadium IIIB und IV eingeschlossen, die die folgenden
Auswahlkriterien erfüllen. Wurde ein Einschlusskriterium nicht erfüllt oder erfüllte der
Patient ein Ausschlusskriterium, durfte er nicht in die Studie aufgenommen werden.
2.4.1 Einschlusskriterien
• Gesicherte Diagnose eines NSCLC (messbare oder evaluierbare Erkrankung)
• Histologisch
oder
zytologisch
gesichertes
inoperables,
lokal
fortgeschrittenes,
rezidiviertes oder metastasiertes NSCLC Stadium IIIB/IV
• Alter: 18 Jahre oder älter
• ECOG Performance Status 0 – 3 und eine Lebenserwartung von mind. 12 Wochen
• Patienten, die bereits eine konventionelle Chemotherapie oder Bestrahlung erhielten oder
die nach Auffassung des Untersuchers nicht geeignet sind für eine konventionelle
Chemotherapie, Bestrahlung
• Nicht mehr als zwei vorherige Chemotherapien. Die letzte Gabe der Chemotherapie muss
drei bis vier Wochen vor der Registrierung erfolgt sein (14 Tage bei Vinorelbine,
anderen Vincaalkaloiden und Gemcitabine). Patienten, die sich in weniger als vier
Wochen von einer Operation erholen werden, dürfen ebenfalls in die Studie
eingeschlossen werden. Die Patienten müssen sich vor Einschluss in die Studie von den
akuten Nebenwirkungen jeglicher vorheriger Therapie vollständig erholt haben (CTC ≤1)
• Labor-Kriterien: Granulozytenzahl ≥1,5 x 109/l, Thrombozytenzahl > 100 x 109/l,
Serumbilirubin ≤1,5 des oberen Grenzwertes (ULN), GOT und/oder GPT ≤2 x des ULN
(bzw. ≤5 x des ULN bei nachgewiesenen Lebermetastasen), Serumkreatinin ≤1,5 des
ULN bzw. Kreatinin-Clearance ≥60 ml/min
• ausreichende Kompliance für die Studie und die Follow-ups
• Negativer Schwangerschaftstest 72 Stunden vor Therapiebeginn bei Frauen im
gebärfähigen Alter, Patienten mit reproduktivem Potential müssen sicher verhüten
• Unterschriebene Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Studie
21
2.4.2 Ausschlusskriterien
• Jegliche instabile systemische Erkrankung (akute Infektionen, arterieller Hypertonus
Grad 4, instabile Angina pectoris, hämodynamisch relevantes Vitium, hepatische, renale
oder metabolische Erkrankungen)
• vorherige
systemische
Chemotherapie
mit
HER1-/EGFR-Inhibitoren
(Tyrosinkinaseinhibitoren oder monoklonale Antikörper)
• andere Tumoren in der Vorgeschichte (Ausnahme: adäquat therapierte carcinoma-in-situ
der Cervix und Basalzell- oder Plattenepithelkarzinome der Haut)
• Neu diagnostizierte oder noch nicht therapierte Hirnmetastasen oder Spinalkanalstenosen
(bekannte, seit mindestens zwei Monaten klinisch stabile Hirnmetastasen und
Spinalkanalstenosen sind kein Ausschlusskriterium)
• Jede
relevante
sklerosierende
ophtalmologische
Erkrankung
wie
z.B.
Keratokonjunktivitis sicca, Sjögren-Syndrom, Expositionskonjunktivitis und jede
Erkrankung, mit einem erhöhten Risiko für Läsionen des Korneaepithels.
• Patienten, die keine orale Medikation einnehmen können
• Schwangere Frauen und stillende Mütter
2.5 Dosierung
Die Erstgabe von Erlotinib musste innerhalb von drei Werktagen nach Registrierung
erfolgen. Die Patienten erhielten einmal täglich 150mg Tarceva per os. War eine
Dosisreduktion erforderlich, sollte zunächst auf 100mg/Tag reduziert werden, im zweiten
Schritt auf 50mg/Tag. Die Dosis durfte nur dann wieder gesteigert werden, wenn die
Reduktion durch Erlotinib-bedingten Hautausschlag begründet war. Die Therapie durfte
für maximal zwei Wochen pausiert werden. Eine Steigerung der täglichen Erlotinib-Dosis
auf mehr als 150mg war nicht erlaubt.
22
2.6. Monitoring
Innerhalb von sieben Tagen nach Registrierung musste die schriftliche Einwilligung des
Patienten vorliegen, die demographischen Daten, die Anamnese des Patienten und der
ECOG Performance Status erhoben, sowie die körperliche Untersuchung und
Laborkontrolle erfolgt sein. Innerhalb 72 Stunden vor Therapiebeginn musste eine
Schwangerschaft bei Frauen im gebärfähigen Alter ausgeschlossen werden. Die Messung
des Tumors erfolgte innerhalb von 28 Tagen. Eine eventuelle Tumorbiopsie musste vor
Therapiebeginn stattfinden.
Alle vier Wochen wurden eine körperliche Untersuchung und eine Laborkontrolle
durchgeführt. Mit einem maximalen Intervall von zwei Monaten wurde die Tumorgröße
ausgemessen.
Nach Beendigung der Therapie wurde eine körperliche Untersuchung und Laborkontrolle
durchgeführt und die Tumorgröße sowie der ECOG-Performancestatus evaluiert.
Nach Aufnahme eines Patienten in die Studie wird er lediglich mit seinen Initialen und der
Studiennummer identifiziert um die Anonymität zu wahren.
2.7 Statistische Überlegungen
Beim Tarceva Behandlungsprogramm handelt es sich um eine explorative Studie zur
Evaluation der Verträglichkeit und Wirksamkeit von Erlotinib bei Patienten mit
nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom
im
Stadium
IIIB
und
IV.
Für
die
Verträglichkeitsanalyse wurden alle unerwünschten Nebenwirkungen (schwerwiegende
Nebenwirkungen, Nebenwirkungen, die zum vorzeitigen Therapieabbruch führten,
unerwartete Erlotinib-assoziierte Nebenwirkungen, Erlotinib-assoziierter Hautausschlag)
entsprechend den National Cancer Institute Common Terminology Criteria Version 3.0
(CTC, siehe Appendix 7.3) dokumentiert. Die Auswertungen erfolgten deskriptiv.
Die Ansprechrate wurde per Messung des Tumors gemäß den Response Criteria for Solid
Tumors (RECIST, siehe Appendix 7.2) ermittelt. In die Ergebnisse einbezogen wurde
jeweils das beste Ansprechen auf die Therapie bis zum Eintritt eines Progress. Die
Berechnungen wurden per Chi-Quadrat-Test mit einem statistischen Signifikanzniveau von
0,05 und einer Power von 80% durchgeführt.
23
Die progressfreie Überlebenszeit (Zeit vom Beginn der Therapie bis zur ersten
Dokumentation eines Progresses bzw. bis zum Versterben des Patienten, wenn kein
Progress dokumentiert wurde) und die gesamte Überlebenszeit (Zeit vom Beginn der
Therapie bis zum Versterben des Patienten, Patienten, die bei Studienende noch leben,
werden zensiert) wurden in der intent to treat Population berechnet und die Verläufe
anhand von Kaplan-Meier-Kurven dargestellt59.
Die Patientendaten der hier vorliegenden Auswertungen habe ich der im Rahmen des
Tarceva Behandlungsprogramms erhobenen Dokumentation entnommen. Zudem habe ich
die Krankenakten der Patienten am Klinikum Großhansdorf studiert und anhand
vorliegender Röntgenbilder das Therapieansprechen ausgewertet. Die Daten wurden in
einer Excel-Tabelle zusammengefasst. Zur Berechnung der p-Werte mit Hilfe des ChiQuadrat-Tests verwendete ich das Excel-Programm XLSTAT, die Kaplan-Meier-Kurven
berechnete ich mit WinSTAT.
2.8 Ethik und Administration
Diese Studie wurde im Einklang mit den Erklärungen von Helsinki und mit den Gesetzen
und Regelungen der teilnehmenden Länder durchgeführt. Das Studienprotokoll wurde von
einer unabhängigen Ethikkommission geprüft. Es muss von jedem Patienten vor Beginn
der Studie eine unterschriebene Einverständniserklärung vorliegen. An den einzelnen
Zentren gibt es einen Ausschuss, der die Studie permanent überwacht. Die
Studiendokumentation erfolgt an den Zentren und muss dort für mindestens 15 Jahre
sorgfältig archiviert werden. Die Anonymität der teilnehmenden Patienten muss jederzeit
sicher gestellt sein.
24
3. Ergebnisse
3.1 Patientencharakteristika
Im Rahmen des Behandlungsprogramms wurden am Krankenhaus Großhansdorf 153
Patienten behandelt. Drei der Patienten haben Tarceva nie eingenommen und zwei
Patienten haben sofort nach Studieneintritt an ein anderes Therapiezentrum gewechselt.
Charakteristikum
Anzahl
Prozent
Alter (Jahre)
Charakteristikum
Anzahl
Prozent
Histologie
Median
63,4
Adenokarzinom
82
55,4
Range
33,9-91,5
Plattenepithel Ca
35
23,7
<70
112
75,7
Großzelliges Ca
23
15,5
≥70
36
14,3
Andere
8
5,4
II + IIIB
32
21,6
IV
116
78,4
1st
31
21,0
2nd
68
45,9
3rd
42
28,4
4th
7
4,7
Tumorstadium
Therapielinie
Geschlecht
Vortherapie
Männer
88
59,4
Platin ja
94
63,5
Frauen
60
40,6
Platin nein
54
36,5
Nichtraucher
29
19,6
Ex-/Raucher
119
80,4
Raucherstatus
Tabelle 1: Patientencharakteristika
25
Bei den verbleibenden 148 Patienten handelte es sich um 88 Männer (59,4%) und 60
Frauen (40,6%). Das mediane Alter betrug 63,4 Jahre. 75,7% der Patienten (112) waren
unter 70 Jahre alt, die restlichen 36 Patienten (14,3%) waren 70 Jahre oder älter. Über die
Hälfte der Patienten (57,4%) begann die Erlotinib-Therapie mit einem Eastern
Cooperative Oncology Group (ECOG) Performancestatus von 1, etwa ein Viertel (24,3%)
mit einem ECOG von 2, 14,2% mit einem ECOG von 0 und 4,1% mit einem ECOG von 3.
Laut
Studienprotokoll
sollte
zwischen
asiatischen
und
kaukasischen
Patienten
unterschieden werden. Da sich in dem Kollektiv des Krankenhauses Großhansdorf
lediglich ein nicht-kaukasischer Patient befand, wird dieses Charakteristikum bei den
Auswertungen nicht weiter berücksichtigt. Es wurden zudem zehn Patienten in die Studie
aufgenommen, obwohl sie die Einschlusskriterien nicht erfüllten: drei Patienten mit
Tumorstadium II (in den Auswertungen werden sie zu den Patienten im Stadium IIIB
gerechnet) und sieben Patienten, die bereits mit drei Chemotherapien vorbehandelt wurden.
3.2 Ansprechen
Das Ansprechen auf die Therapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Erlotinib wurde
entsprechend der Response Criteria for Solid Tumors (RECIST, siehe Appendix 7.1)
beurteilt. Gewertet wurde das beste Ansprechen, dass die Patienten während der Therapie
zeigten. Bei 6,8% der Patienten konnte kein Staging durchgeführt werden, da sie nicht zum
Staging erschienen bzw. nicht bis zum ersten Re-Staging überlebten.
Insgesamt sprachen von den 148 Patienten 66,9% auf die Therapie an, 10,8% mit einer
partiellen Remission und 56,1% mit einer Stabilisierung der Erkrankung. Eine komplette
Remission eines Tumors wurde nicht beobachtet. Die verbleibenden 26,4% der Patienten
zeigten ein Fortschreiten der Erkrankung, sie sprachen nicht auf die Therapie mit Erlotinib
an. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied für die Wahrscheinlichkeit des
Ansprechens bezüglich der Variablen Geschlecht (Männer vs. Frauen, 67,0% vs. 66,7%,
p=0,656), Alter (<70 Jahre vs. ≥70 Jahre, 64,3% vs. 75,0%, p=0,303), der Histologie
(Adenokarzinom vs. sonstige Histologie, 65,9% vs. 68,2%, p=0,826) und der Vortherapie
mit Platin (ja vs. nein, 64,9% vs. 70,4%, p=0,208). Ein signifikanter Vorteil zeigte sich
dagegen für die Patienten, die ihr Leben lang Nichtraucher waren gegenüber den Rauchern
bzw. ehemaligen Rauchern (66,4% vs. 69,0%, p<0,001). Zudem war bei den Patienten, die
einen Hautausschlag entwickelten ein signifikant verbessertes Ansprechen zu beobachten
26
gegenüber denen, die auf die Therapie mit Erlotinib keine Hauterscheinungen zeigten
(86,2% vs. 65,4%, p=0,009).
Anzahl der
Patienten
148
Anzahl
SD und PR
99
Ansprechrate
(%)
66,9
p-Wert
Männer
88
59
67,0
0,656
Frauen
60
40
66,7
<70
112
72
64,3
≥70
36
27
75,0
Raucher/Exraucher
119
79
66,4
Nichtraucher
29
20
69,0
Adenoca
82
54
65,9
andere
66
45
68,2
Platin ja
94
61
64,9
Platin nein
54
38
70,4
1st line
31
20
64,5
2nd – 4th line
117
79
67,5
Grad 0
26
17
65,4
Grad 1-4
94
81
86,2
Variable
Geschlecht
Alter
0,303
Rauchstatus
<0,001
Histologie
0,826
Vortherapie
0,208
Therapielinie
0,121
Hautausschlag
0,009
Tabelle 2: Analyse der Ansprechrate
27
p=0,656
p=0,303
p=0,826
p<0,001
p=0,009
Grafik 2: Darstellung des Ansprechens in Bezug auf die Variablen
3.3 Überleben
Zum Stichtag dieser Auswertungen (14.07.2007) lebten noch neun der 148 Patienten. Die
mediane Überlebenszeit des gesamten Kollektivs betrug 3,9 Monate. Die kürzeste
Überlebenszeit betrug 0,1 Monate. Die längste zensierte Überlebenszeit beträgt 31,4
Monate. Aus der Grafik 3 lässt sich ein deutlicher Überlebensvorteil der weiblichen
Patienten gegenüber den männlichen (HR=1,6876, 95%-KI 1,1657–2,4432, p=0,0047)
sowie der älteren Patienten (≥70 Jahre) gegenüber den jüngeren (<70 Jahre) (HR=1,5922,
95%-KI 1,0362–2,4466, p= 0,0273) ablesen. Hierbei muss zusätzlich die von vornherein
verkürzte Lebenserwartung der ≥70 jährigen Patienten mit berücksichtigt werden.
28
Frauen
Männer
0.8
0.4
0.2
Survival
Plot30
10
20
Time
Zeit (Monate)
40
1.0
0.8
Überlebensfunktion
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
0.2
V70J(1)
Survival Plot
10
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
0.2
RAUCHER
40
1
0.0 2
0
20
30
Time
Zeit (Monate)
0
1
40
andere Histologie
Adenokarzinom
0.8
Nichtraucher
Ex-/Raucher
10
20
30
Time
Zeit (Monate)
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
nM 0.2
o
0
i
0.0 1
t
0
c
n
u 1.0
F
ADENOCA
10
20
30
Time
Zeit (Monate)
0
1
40
Überlebensfunktion
0.0
0
≥70 Jahre
<70 Jahre
0.8
0.6
0.0
0
Survival Plot
aufgeschlüsselt
Überlebensfunktion
Überlebensfunktion
r
o
v
i
v
r
u
S
n
o
i
t
c
n
u
F
Survival Plot
Kumulatives Überleben nach
n
o
i
t
c
Subgruppen
n
u 1.0
F
Überlebensfunktion
n
o
i
t
c
Grafik
3:
n
u 1.0
F
Zeit (Monate)
29
Variable
Hazard-Ratio 95%-KI für das HR p-Wert
Geschlecht (m vs. w)
1,6876
1,1657 – 2,4432
0,0047
Raucherstatus (ja vs. nein)
1,0887
0,7019 – 1,6888
0,7008
Histologie (Adenoca vs. andere)
0,8208
0,5785 – 1,1647
0,2693
Alter (<70 Jahre vs. ≥70Jahre)
1,5922
1,0362 – 2,4466
0,0273
Th-linie (1st- vs. 2nd/3rd-line)
0,073
Tabelle 3: Analyse der medianen Überlebenszeit
Die mediane Dauer vom Beginn der Therapie bis zum Progress der Erkrankung betrug
zwei Monate (range 0,0–19,6 Monate). Grafik 4 zeigt lediglich eine signifikante
Verlängerung der progressfreien Überlebenszeit für die ≥70-Jährigen gegenüber den
jüngeren Patienten (<70 Jahre) (HR=1,7141, 95%-KI 1,1087–2,6499, p=0,0111).
Überlebensfunktion
0.8
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
0.2
0.0
0
Survival Plot
Progressfreies
Überleben nach
Frauen
Männer
10
20
Time
Zeit (Monate)
n
o
i
t
Subgruppen
c
n
u 1.0
F
0.8
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
M 0.2
Überlebensfunktion
n
o
i
Grafik
4:
t
c
n
u 1.0
F
30
0
0.01
0
Survival Plot
aufgeschlüsselt
≥70 Jahre
<70 Jahre
V70J(1)
10
20
Zeit Time
(Monate)
0
1
30
30
Survival Plot
Nichtraucher
Ex-/Raucher
Überlebensfunktion
0.8
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
0.2
10
20
Time
Zeit (Monate)
Survival Plot
andere Histologie
Adenokarzinom
0.8
r
o
v 0.6
i
v
r 0.4
u
S
0.2
RAUCHER
30
1
0.02
0
ADENOCA
10
20
Time
Zeit (Monate)
0
1
30
Überlebensfunktion
0.0
0
n
o
i
t
c
n
u 1.0
F
Überlebensfunktion
n
o
i
t
c
n
u 1.0
F
Zeit (Monate)
Variable
Hazard-Ratio
95%-KI für das HR
p-Wert
Geschlecht (m vs. w)
1,1875
0,8279 – 1,7033
0,3482
Raucherstatus (ja vs. nein)
1,0770
0,7053 – 1.6446
0,7295
Histologie (Adenoca vs. andere)
1,1134
0,7829 – 1.5835
0,5490
Alter (<70 Jahre vs. ≥70Jahre)
1,7141
1,1087 – 2,6499
0,0111
Th-linie (1st- vs. 2nd/3rd-line)
0,003
Tabelle 4: Analyse der progressionsfreien Überlebenszeit
31
3.4 Toxizität
Bei 19 Patienten (12,8%) hat keine Untersuchung der Toxizität stattgefunden, da sie nicht
zu den Kontrolluntersuchungen erschienen. Bei den untersuchten Patienten wurde die
jeweils stärkste Ausprägung einer Nebenwirkung in die statistische Auswertung
einbezogen.
Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung während der Therapie mit Erlotinib war der
Erlotinib-assoziierte akneiforme Hautausschlag ('Rash'), der bei 78,3% der untersuchten
Patienten auftrat. Gut die Hälfte der Patienten zeigte einen erst- bis zweitgradigen
Ausschlag (32,5% Grad 1, 28,7% Grad 2). Ein sechstel reagierte sogar mit dritt- (14,0%)
und viertgradigem (3,1%) Hautausschlag. Zweithäufigste Nebenwirkung waren Diarrhoen,
die bei 15,6% der Patienten auftraten.
Nebenwirkung
Hautausschlag
Grad 1
Anzahl
(%)
42 (32,5)
Grad 2
Anzahl
(%)
37 (28,7)
Grad 3
Anzahl
(%)
18 (14,0)
Grad 4
Anzahl
(%)
4 (3,1)
Therapieabbruch
Anz. (%)
6 (4,7)
Diarrhoe
13 (10,1)
5 (3,9)
2 (1,6)
-
5 (3,9)
Fatigue
3 (2,3)
2 (1,6)
-
-
-
Tabelle 5: Anzahl und Grad der häufigsten Nebenwirkungen
Bei einem Viertel der Patienten traten weitere Nebenwirkungen auf: trockene Haut (9,5%),
Nagelbettentzündungen (4,1%), Konjunktivitis (3,4%), Alopezie (2,0%), ’nail split’
(0,7%), Nausea (4,1%), Magenbeschwerden (2,7%), Inappetenz (2,0%), Obstipation
(0,7%) und Hämoptysen (2,0%).
13 Patienten (8,8%) brachen die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen ab. Die Ursache
waren zumeist der Hautausschlag (6 Patienten) und Diarrhoen (5 Patienten). Zwei
Patienten beendeten die Therapie aufgrund anderer Nebenwirkungen. Eine Dosisreduktion
musste in 29,1% (43 Patienten) der Fälle erfolgen. Grund hierfür war hauptsächlich der
Erlotinib-assoziierte akneiforme Hautausschlag (28 Patienten, 18,9%). Nur bei vier
Patienten (2,7%) wurde die Therapiedosis wegen Diarrhoen reduziert, bei vieren wegen
32
Diarrhoen und Hautausschlag und bei sieben Patienten (4,7%) aufgrund anderer
Nebenwirkungen.
3.5 Subgruppenanalysen
3.5.1 Erlotinib als Erstlinientherapie
Im Rahmen des Behandlungsprogramms wurden 31 Patienten mit Erlotinib als
Erstlinientherapie behandelt. Das mediane Alter dieser Patienten betrug 74,3 Jahre (Range
33,9–91,5 Jahre). 13 Patienten (41,9%) waren jünger als 70 Jahre, 18 Patienten (58,2%)
waren ≥70 Jahre alt. Diese Untergruppe bestand aus 16 Männern und 15 Frauen.
Es sprachen 64,6% der Patienten auf die Erstlinien-Behandlung mit Erlotinib an, davon
19,4% (6 Patienten) mit einer partiellen Remission und 45,2% (14 Patienten) mit einer
Stabilisierung des Tumors. Bei 5 Patienten (16,1%) konnte das Ansprechen nicht evaluiert
werden.
Auch in dieser Subgruppe trat der Erlotinib-assoziierte akneiforme Hautausschlag als
häufigste Nebenwirkung auf (Grad 1: 19,4%, Grad 2: 29,0%, Grad 3: 9,7%).
Zweithäufigste Nebenwirkung war die Diarrhoe (Grad 1: 19,4%, Grad 2 + 3: je 3,2%).
Fatigue wurde bei nur drei Patienten beschrieben. Die Dosis musste bei 11 Patienten
(35,5%) reduziert werden und sieben Patienten (22,6%) beendeten die Therapie aufgrund
der Nebenwirkungen.
33
Überlebensfunktion
Überlebensfunktion
Grafik 5: Kumulatives Überleben der Patienten mit Erlotinib als
Erstlinien-Therapie nach Subgruppen aufgeschlüsselt
Zeit (Monate)
Überlebensfunktion
Überlebensfunktion
Zeit (Monate)
Zeit (Monate)
Zeit (Monate)
3.5.2 Langzeitüberleben ≥9 Monate
Insgesamt wiesen 40 Patienten der Studie eine Überlebenszeit von neun Monaten oder
länger auf. Die längste zensierte Überlebensdauer beträgt 31,4 Monate, die längste
unzensierte 24,2 Monate. Die Gruppe der Patienten bestand etwa zu gleichen Anteilen aus
Männern (52,5%) und Frauen (47,5%). Bezogen auf die Gesamtzahl aller Patienten sind
dies 23,9% der Männer und 31,7% der Frauen, 23,2% der Patienten unter 70 Jahren und
38,9% der Patienten ≥70 Jahre, 26,9% der Raucher/Exraucher und 27,6% der Nichtraucher
34
und 30,5% der Patienten mit Adenokarzinom und 22,7% der Patienten mit anderen
Histologien. Von den Patienten, die ≥9 Monate lebten, entwickelten 19 (18,8%) einen
Hautausschlag.
Variable
≥9 Monate
≥24 Monate
gesamt
Anzahl (% der Studienpopulation)
Geschlecht
Männer
18 (20,5)
3 (3,4)
21 (23,9)
Frauen
16 (26,7)
3 (5,0)
19 (31,7)
<70 Jahre
24 (21,4)
2 (1,8)
26 (23,2)
≥70 Jahre
10 (27,8)
4 (11,1)
14 (38,9)
Raucher/Exraucher
29 (24,4)
3 (2,5)
32 (26,9)
Nichtraucher
5 (17,2)
3 (10,3)
8 (27,6)
Adenokarzinom
20 (24,4)
5 (6,1)
25 (30,5)
andere
14 (21,2)
1 (1,5)
15 (22,7)
Grad 0
6 (21,4)
2 (7,1)
8 (28,6)
Grad 1-4
21 (20,8)
4 (4,0)
19 (18,8)
Alter
Raucherstatus
Histologie
Hautausschlag
Tabelle 6: Charakteristika der langzeitüberlebenden Patienten
3.5.3 Patienten ≥70 Jahre
Von den in die Studie aufgenommenen Patienten hatten 36 Patienten ein Alter von ≥70
Jahren. Diese Subgruppe bestand aus acht Frauen und 28 Männer, sechs der Patienten
waren Nichtraucher und 30 Patienten Raucher bzw. Exraucher, 15 Patienten hatten
histologisch ein Adenokarzinom und 23 eine andere Histologie. Die Hälfte dieser älteren
Patienten bekam Erlotinib als Erstlinientherapie.
35
Es ließ sich kein signifikanter Unterschied für die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf
die Erlotinib-Therapie gegenüber den jüngeren Patienten feststellen (<70Jahre vs. ≥70Jahre
p=0,290).
Die häufigste Nebenwirkung ist auch in dieser Subgruppe der Erlotinib-assoziierte
akneiforme Hautausschlag (Grad 1: 27,8%, Grad 2: 36,1%, Grad 3: 19,4%). 11,1% der
Patienten reagierten mit erst- bis zweitgradiger Diarrhoe, nur ein Patient (2,8%) mit
Diarrhoen dritten Grades. Bei der Hälfte der Patienten musste die Dosis reduziert werden,
zumeist aufgrund des akneiformen Hautausschlages. In fünf Fällen (13,9%) musste die
Therapie toxizitätsbedingt abgebrochen werden.
3.5.4 Ansprechen und Ausprägung des akneiformen Hautausschlages
Variable
kein
Hautausschlag Hautausschlag
Hautausschlag
Grad 1-2
Grad 3-4
Anzahl (% der Studienpopulation)
Geschlecht
Männer
14 (15,9)
45 (51,1)
18 (20,5)
Frauen
14 (23,3)
34 (56,7)
2 (3,3)
<70
23 (20,5)
56 (50,0)
17 (15,2)
≥70
5 (13,9)
23 (63,9)
3 (8,3)
Raucher/Exraucher
22 (18,5)
64 (53,8)
13 (10,9)
Nichtraucher
6 (20,7)
15 (51,7)
7 (24,1)
Adenokarzinom
14 (17,1)
44 (53,7)
11 (13,4)
andere
14 (21,2)
35 (53,0)
9 (13,6)
SD und PR
17 (17,2)
67 (67,7)
14 (14,1)
Progress
9 (23,1)
7 (17,9)
5 (12,8)
Alter
Raucherstatus
Histologie
Ansprechen
Tabelle 7: Charakteristika der Patienten mit Hautausschlag
36
Für die Analyse der Beziehung zwischen dem Ansprechen auf die Erlotinib-Therapie und
dem akneiformen Hautausschlag standen die Daten von 129 Patienten zur Verfügung. Nur
28 (21,7%) dieser Patienten entwickelten keinen Ausschlag. Die Charakteristika der
Patienten, die einen Ausschlag aufwiesen, sind in Tabelle 7 dargestellt. Patienten, die einen
Hautausschlag entwickelten zeigten ein signifikant verbessertes Ansprechen auf die
Therapie mit Erlotinib (p=0,009). Von den 99 Patienten mit partieller Remission bzw.
Stabilisierung der Erkrankung entwickelten 67,7% erst- bis zweitgradigen, 14,1% sogar
dritt- bis viertgradigen Hautausschlag. Patienten mit Progress der Erkrankung entwickelten
in 17,9% einen Hautausschlag Grad 1 bis 2 und in 12,8% Grad 3 bis 4.
3.5.5 Chemotherapie im Anschluss an die Erlotinib-Therapie
Nach Progress der Erkrankung unter der Therapie mit Erlotinib konnte bei 27 der
Patienten, die in die Studie aufgenommen wurden noch mindestens eine weitere
Chemotherapie durchgeführt werden. Die Gruppe dieser Patienten stellt sich sehr
inhomogen dar, es lässt sich kein gemeinsames Merkmal erkennen. 20 Patienten erhielten
eine weitere Chemotherapie, sechs Patienten wurden mit noch zwei weiteren
Chemotherapien behandelt und ein Patient erhielt im Anschluss an die Erlotinib-Therapie
noch vier weitere Chemotherapien. Bei einem Patienten wurde eine regionale
Chemotherapie der Leber und eine isolierte Thoraxperfusion durchgeführt. Die
anschließenden Chemotherapien wurden im Allgemeinen gut vertragen, lediglich drei
Patienten reagierten mit Zustandsverschlechterung (Alimta), drittgradiger Hämatotoxizität
(Gemzar/Carboplatin) und allgemeiner Unverträglichkeit (Pemetrexed). Von den 27
Patienten sprachen 19 (70,4%) auf die Therapie an, davon zwei (7,4%) mit einer partiellen
Remission und 17 (63,0%) mit einer Stabilisierung der Erkrankung. Bei drei Patienten
konnte das Ansprechen nicht evaluiert werden.
37
4. Diskussion
Mit der Entwicklung der Epidermal Growth Factor-Rezeptor-Inhibitoren und anderer
zielgerichteter Therapien tut sich eine neue gut verträgliche Therapieoption für Patienten
mit fortgeschrittenem oder metastasiertem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom in
verschiedenen Krankheitssituationen auf. Vor allem durch das milde Nebenwirkungsprofil
und die im Vergleich zu anderen Therapieregimen geringe Ausprägung dieser
Nebenwirkungen stellt Erlotinib eine interessante Therapieoption für ältere und
multimorbide Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom dar.
Für die Behandlung des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms gab es
bislang nach Versagen der ersten meist platinbasierten Kombinationschemotherapie nur
wenige weitere Therapieoptionen. Lediglich für Docetaxel und Pemetrexed konnte eine
Verlängerung des Überlebens gegenüber ausschließlich supportiver Therapie ('best
supportive care') in der Zweitlinientherapie nachgewiesen werden10,27,28. In einer
vergleichenden Studie zeigten Pemetrexed und Docetaxel keinen signifikanten Unterschied
bezüglich Ansprechrate (9,1% versus 8,8%), progressionsfreier Überlebenszeit (2,9
Monate) und medianer Gesamtüberlebenszeit (8,3 versus 7,9 Monate, Pemetrexed versus
Docetaxel). Allerdings wurde Pemetrexed von den Patienten deutlich besser vertragen. Im
Vergleich zu Docetaxel traten signifikant weniger Nebenwirkungen dritten- und vierten
Grades auf. Vor allem hämatologische Nebenwirkungen zeigten sich in geringerem
Ausmaß29.
Die Therapie des vorbehandelten fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms
mit dem EGFR-Tyrosinkinaseinhibitor Erlotinib konnte in der BR.21 Studie mit einer
Ansprechrate von 8,9% vs. <1% für Placebo, einer progressfreien medianen
Überlebenszeit von 2,2 Monaten vs. 1,8 Monate für Placebo und einer medianen
Überlebenszeit von 6,7 Monaten vs. 4,7 Monate für Placebo validiert werden56.
Die im Rahmen des Tarceva Behandlungsprogramms am Krankenhaus Großhansdorf
erzielten Ergebnisse sind vergleichbar mit den in der Literatur beschriebenen Angaben. Zu
beachten ist dabei immer, dass es sich bei den 148 eingeschlossenen Patienten um ein im
Vergleich zur BR.21 Studie (731 Patienten) kleines Kollektiv handelt.
38
Es wurde eine Ansprechrate von 10,8% erzielt mit einer medianen Dauer des
progressfreien Überlebens von zwei Monaten. Eine Stabilisierung der Erkrankung konnte
in 56,1% der Fälle erreicht werden. Die mediane Überlebenszeit war mit nur 3,9 Monaten
kürzer als in der BR.21-Studie beobachtet. Auch konnte kein statistisch relevanter Vorteil
für das Ansprechen auf Erlotinib für Frauen (p=0,656) und Patienten mit Adenokarzinom
(p=0,826) nachgewiesen werden, wohl aber für Patienten, die ihr Leben lang Nichtraucher
waren (p<0,001). Eine statistisch signifikante Verlängerung der Überlebenszeit konnte für
Frauen (HR=1,6876, 95%-KI 1,1657–2,4432, p=0,0047) und für die ≥70 Jährigen
Patienten (HR=1,5922, 95%-KI 1,0362–2,4466, p=0,0273) nachgewiesen werden. Eine
Verlängerung der Zeit bis zum Progress der Erkrankung zeigte lediglich für die ≥70
jährigen Patienten statistische Signifikanz (HR=1,7141, 95% KI 1,1087–2,6499,
p=0,0111). Diese Ergebnisse sind jedoch kritisch und mit Vorsicht zu betrachten. Die
weiten 95%-Konfidenzintervalle lassen auf eine sehr weite Streuung der Einzelwerte
schließen. Der Allgemeinzustand sowohl der ≥70 Jährigen als auch der jüngeren Patienten
vor Therapiebeginn ist nicht in die Auswertungen mit einbezogen worden. Die Aufnahme
hauptsächlich jüngerer Patienten in schlechtem Allgemeinzustand und verhältnismäßig
gesunder ≥70 jähriger in diese Studie wäre eine mögliche Erklärung für die erzielten
Ergebnisse.
Ein nicht in der Auswahl der Studienpopulation begründeter Erklärungsansatz wäre ein
gesteigerter Zigarettenkonsum insgesamt und die noch immer geringere aber steigende
Anzahl weiblicher Raucher. Ein weiterer nicht untersuchter Faktor ist der EGF-Rezeptor
selbst. Verändert er sich mit zunehmendem Patientenalter, ist die Mutationsrate erhöht
oder ändert sich seine Expressionszahl? Dies könnte die Wirksamkeit von Erlotinib
beeinflussen.
In wieweit Faktoren, die die Funktionalität des EGF-Rezeptors bestimmen, wie die EGFRExpression, die Zahl der EGFR-Genkopien oder die Präsenz von aktivitätsvermittelnden
EGFR-Mutationen, als prädiktive Faktoren für die Selektion von Patienten relevant sind,
ist gegenwärtig Gegenstand klinischer Forschung und wird kontrovers diskutiert.
Aufgrund der vorliegenden Daten kann also keine eindeutige Aussage über den Einfluss
von Alter und Geschlecht auf eine Verlängerung der progressfreien und der medianen
Überlebenszeit gemacht werden. Allerdings bieten sie einen Ansatzpunkt bei der Suche
nach Vorhersagefaktoren für das Ansprechen und die Wirksamkeit von Erlotinib.
39
Bezogen auf die Hypothese, dass es Vorhersagefaktoren für das Ansprechen einer Therapie
mit Erlotinib gibt, konnte lediglich lebenslanges Nichtrauchen als statistisch signifikanter
Vorteil nachgewiesen werden. Wie auch in der Subgruppenanalyse der BR.21 Studie
konnte lediglich für die Gruppe der Nichtraucher ein prognostischer Vorteil festgestellt
werden56. Das in diversen klinischen Studien festgestellte gute Ansprechen von Frauen und
Patienten mit Adenokarzinom auf Erlotinib konnte nicht untermauert werden.
Die
immer
größer
werdende
Anzahl
älterer
Patienten
stellt
eine
besondere
Herausforderung in der Therapie des fortgeschrittenen NSCLC dar. Durch begleitende
Erkrankungen und die altersbedingte Einschränkung der Organfunktionen sind sie häufig
für eine konventionelle Chemotherapie nicht geeignet. Retrospektive Analysen
verschiedener Studien zeigen zwar, dass auch Patienten ≥70 Jahre von einer platinbasierten Chemotherapie profitieren und der Anstieg der Toxizität akzeptabel ist60. Diese
Analysen sind allerdings kritisch zu betrachten, da die analysierten Studien ohne
Altersgrenze designed und vor allen Dingen auf jüngere "gesunde" Patienten ausgelegt
waren. Die ≥70 jährigen, die in diese Studien eingeschlossen wurden, waren also stark
vorselektiert und spiegeln somit nicht die durchschnittliche Population ihrer Altersklasse
wider61,62.
Erlotinib
zeichnet
sich
durch
eine
insgesamt
gute
Verträglichkeit
aus,
die
charakteristischen Nebenwirkungen sind der akneiforme Hautausschlag und Diarrhoen in
zumeist geringer Ausprägung. Aufgrund des günstigen Toxizitätsprofils stellt die
Behandlung mit Erlotinib eine Option in der Therapie des fortgeschrittenen
nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms auch des älteren Patienten dar. Von den im Rahmen
des Behandlungsprogramms im Krankenhaus Großhansdorf mit Erlotinib therapierten 148
Patienten waren 36 Patienten ≥70 Jahre.
Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied (p=0,303) bezüglich des Ansprechens
zwischen den älteren und den jüngeren Patienten. Auch Nebenwirkungen traten nicht
vermehrt auf. Die beobachtete Verlängerung der Überlebenszeit unter der Therapie mit
Erlotinib ist jedoch kritisch zu betrachten (s.o.).
Bei nahezu 80% der Patienten trat der akneiforme Hautausschlag auf, jedoch zumeist in
leichtgradiger Form (61,2%). 17,1% der Patienten entwickelten dritt- bis viertgradigen
Hautausschlag. Leichtgradige Diarrhoen traten bei 14,0% der Patienten auf, drittgradige
40
bei nur 1,6% der Patienten. Betrachtet man nur die ≥70 jährigen Patienten so stellt man
fest, dass sie lediglich leicht vermehrt mit drittgradigem Hautausschlag (19,4%) und
drittgradiger Diarrhoe (2,8%) reagierten. Hautausschlag und Diarrhoen vierten Grades
traten bei keinem der ≥70 jährigen Patienten auf. Erst- bis zweitgradiger Hautausschlag
(63,9%) und Diarrhoe (11,1%) wurden insgesamt weniger häufig beobachtet. Dieses
Ergebnis deckt sich nahezu mit den von Jackman et al. beschriebenen Beobachtungen26.
Das Auftreten mindestens einer Nebenwirkung dritten bis vierten Grades in 22% der ≥70
jährigen Patienten, die mit Erlotinib therapiert wurden ist geringer, verglichen mit 25% in
Studien mit Vinorelbine63, 73% in Studien mit Paclitaxel64 und 90% bis 95% in Studien
mit platinbasierten Chemotherapiekombinationen64 65.
In vier Phase III Studien wurden EGFR-Inhibitoren in Kombination mit platinbasierter
Chemotherapie
in
der
Erstlinientherapie
des
fortgeschrittenen
nichtkleinzelligen
Lungenkarzinoms evaluiert66. Es konnte weder für die Kombination von Erlotinib mit
Carboplatin/Paclitaxel (TRIBUTE)50 bzw. Gemcitabine/Cisplatin (TALENT)51, noch für
die Kombination von Gefitinib mit Gemcitabine/Cisplatin (INTACT 1)52 bzw.
Carboplatin/Paclitaxel (INTACT 2)53 eine Verlängerung der Überlebenszeit im Vergleich
zu der alleinigen Gabe der platinbasierten Chemotherapie nachgewiesen werden.
Trotz
dieser
ernüchternden
Ergebnisse
für
die
Kombination
eines
EGFR-
Tyrosinkinaseinhibitors mit platinbasierter Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung,
konnten Giaccone et al. in einer Phase II Studie eine Monoaktivität von Erlotinib in der
Erstlinientherapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms belegen54.
Auch
im
Rahmen
des
Tarceva
Behandlungsprogramms
wurde
Erlotinib
bei
chemotherapie-naiven Patienten eingesetzt. Die Therapielinie hatte keinen Einfluss auf die
Ansprechrate der Patienten. Von den Patienten mit unbehandeltem nichtkleinzelligen
Lungenkarzinom reagierten 64,5% mit einer partiellen Remission oder einer Stabilisierung
der Erkrankung, 67,5% der vortherapierten Patienten sprachen auf die Therapie mit
Erlotinib an (p=0,121).
Ein neuerer Ansatzpunkt, der zur Zeit in Studien überprüft wird, ist die Kombination
zweier gezielter Therapien. Es gibt bereits Studien, die einen additiven bzw.
synergistischen Effekt für diese Kombinationen vermuten lassen. In einer Phase II Studie
konnte für die gemeinsame Gabe von Erlotinib und dem VEGF ('Vascular Endothelial
Growth Factor')- Antikörper Bevacizumab ein Ansprechen in 20% und eine Kontrolle der
41
Erkrankung in 65% der Fälle erreicht werden. Auch die Überlebenszeit und die Zeit bis
zum Progress der Erkrankung verlängerte sich deutlich67.
Eine typische Nebenwirkung der Therapie mit Erlotinib ist das Auftreten eines
akneiformen Hautausschlages. Die Analysen verschiedener Studien lassen einen
Zusammenhang zwischen der Ausbildung des akneiformen Hautausschlages und dem
Ansprechen auf die Therapie mit Erlotinib sowie dem Überleben vermuten54,56,57,58,68.
Auswertungen der BR.21 Studie zeigen eine signifikante Korrelation des gesamten und des
progressionsfreien Überlebens mit dem Auftreten des Hautausschlages. Die Korrelation ist
um so größer, je stärker der Ausschlag ausgeprägt ist (Grad 0 vs. 1: HR=0,41, 95%-KI
0,31-0,55, p<0,001; Grad 0 vs. 2: HR=0,29, 95%-KI 0,22-0,38, p<0,001, Grad 1 vs. 2:
p=0,005). Patienten, die einen Hautausschlag entwickelten, sprachen deutlich besser auf
die Therapie mit Erlotinib an, als diejenigen, die keinen Ausschlag ausbildeten. Auch
bezüglich des Ansprechens nimmt die Korrelation mit der Schwere des Hautausschlages zu
(Grad 1 vs. 0: p<0,001, Grad 2 vs. 0: p<0,001)69.
Bei den Patienten des Tarceva Behandlungsprogramms konnte ebenfalls ein positiver
Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Hautausschlages und dem Ansprechen auf
Erlotinib beobachtet werden (Grad 0 vs. ≥1: p=0,009).
Da das Auftreten sowie auch die Schwere des Hautausschlages auf eine gute Wirksamkeit
der Behandlung mit Erlotinib hinweisen, ist es essentiell den Ausschlag so zu therapieren,
dass die Erlotinib-Dosis nicht reduziert oder gar die Therapie unterbrochen werden muss.
Der Patient muss den Ausschlag als gewollte Nebenwirkung akzeptieren. Es wäre zum
Einen sinnvoll Merkmale herauszuarbeiten, die voraussagen lassen, ob ein Patient
Hautausschlag entwickeln und so von der Behandlung mit Erlotinib profitieren wird. Zum
Anderen könnte in Studien überprüft werden, ob sich der Hautausschlag durch eine
Steigerung der Dosis bei Patienten, die nicht auf die üblichen 150mg Erlotinib täglich
reagieren, provozieren lässt. Mita et al. demonstrierten bereits 2005 in einer Studie, dass
die tägliche Dosis auf bis zu 450mg gesteigert werden kann, ohne dass die Anzahl anderer
Nebenwirkungen zunimmt70.
Der fehlende Benefit einer Kombination von Erlotinib mit platinbasierten Chemotherapien
warf die Frage auf, ob konventionelle Chemotherapien nach einer Behandlung mit
Erlotinib noch Wirksamkeit zeigen. Die meisten Patienten, die in einer Phase II Studie von
Giaccone et al. Erlotinib als Erstlinientherapie erhielten, bekamen im Anschluss eine
42
konventionelle Chemotherapie54. In der retrospektiven Analyse dreier großer kanadischer
Studien konnten Melosky et al. die Wirksamkeit einer Drittlinien-Chemotherapie nach
abgeschlossener
Behandlung
mit
Erlotinib
nachweisen71.
Hauptagens
der
Drittlinientherapie war Docetaxel (53%), außerdem wurden noch Pemetrexed (24%),
Gemcitabine (12%) und Vinorelbine (9%) eingesetzt. Bei 50% der Patienten kam es erneut
zu einer Stabilisierung der Erkrankung, 18% zeigten sogar eine partielle Remission. Die
mittlere Zeit bis zum Progress der Erkrankung betrug 4,3 Monate.
Nach Beendigung der Erlotinib-Therapie aufgrund eines Fortschreitens der Erkrankung
erhielten 27 Patienten des Tarceva Behandlungsprogramms noch mindestens eine weitere
Chemotherapie. Die Chemotherapien wurden mit Ausnahme von drei Patienten sehr gut
vertragen. Eine Stabilisierung des Tumorwachstums konnte in 63% erreicht werden, 7,4%
der Patienten zeigten sogar erneut eine partielle Remission. Man kann also schlussfolgern,
dass Chemotherapien auch nach einer Behandlung mit Erlotinib wirksam sind und in der
Regel gut vertragen werden. Allerdings war das Patientenkollektiv viel zu klein und
unselektiert, als dass man diese Ergebnisse verallgemeinern könnte. Zudem erfolgte die
Auswertung rein deskriptiv und die Patienten erhielten die unterschiedlichsten
Chemotherapieregime. Es müssten weiterführende Studien entworfen werden, in denen die
Wirksamkeit und Verträglichkeit einzelner Regime gezielt untersucht werden.
Mit den Auswertungen der im Rahmen des Tarceva Behandlungsprogramms am
Krankenhaus Großhansdorf mit Erlotinib therapierten Patienten konnten die Ergebnisse der
BR.21 Studie größtenteils bestätigt werden. Erlotinib zeigte sowohl in der Erst- wie auch
in der Zweit- und Drittlinientherapie ein gutes Ansprechen und eine gute Verträglichkeit.
Ein
signifikant
verbessertes
Ansprechen
konnte
für
lebenslange
Nichtraucher
nachgewiesen werden. Die Daten für eine signifikante Verlängerung der medianen
Überlebenszeit für Frauen und Patienten ≥70 Jahre und der progressionsfreien
Überlebenszeit für Patienten ≥70 Jahre sind nicht eindeutig. Erlotinib zeigte auch bei der
älteren Studienpopulation (≥70 Jahre) gute Wirksamkeit und keine erhöhte Toxizität. Der
Erfolg weiterer Chemotherapie(n) im Anschluss an die Behandlung mit Erlotinib konnte
angedeutet werden, muss jedoch in weiterführenden Studien näher untersucht werden.
Erlotinib wurde im Herbst 2005 für die Therapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen
Lungenkarzinoms in Deutschland zugelassen.
43
5. Zusammenfassung
Erlotinib ist ein reversibler und sehr selektiver Inhibitor des Epidermal Growth FactorRezeptors. Seine Wirksamkeit beim fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinom
konnte bereits in der BR.21 Studie56 gezeigt werden.
Das Tarceva Behandlungsprogramm war eine explorative Phase IV Studie, in der die
klinische Relevanz von Erlotinib überprüft werden sollte. Eingeschlossen wurden 148
Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom im Stadium IIIB/IV,
die bislang unbehandelt oder mit maximal zwei Chemotherapien vorbehandelt waren. Sie
erhielten 150mg Erlotinib per os täglich bis zum Eintreten eines Progresses oder
nichttolerabler Nebenwirkungen. Dokumentiert wurde das Ansprechen gemäß den
RECIST-Kriterien (siehe Appendix 7.2), die mediane und die progressfreie Überlebenszeit,
sowie die Nebenwirkungen gemäß den CTC-Kriterien Version 3.0 (siehe Appendix 7.3).
In der Auswertung der im Rahmen des Tarceva Behandlungsprogramms am Krankenhaus
Großhansdorf
behandelten
Patienten
interessiert
vor
allem
die
Frage
nach
Vorhersagefaktoren für das Ansprechen einer Erlotinib-Therapie, der Zusammenhang
zwischen dem Auftreten des akneiformen Hautausschlags und dem Ansprechen auf die
Behandlung mit Erlotinib, die Überlebenszeit und die Toxizität bei Patienten ≥70 Jahren
und in der Erstlinientherapie. Zudem bekamen einzelne Patienten nach der Behandlung mit
Erlotinib weitere Chemotherapien. Hier wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit
beobachtet.
Die im Rahmen des Tarceva Behandlungsprogramms erzielten Ergebnisse sind
vergleichbar mit den in der Literatur beschriebenen Angaben. Die Ansprechrate betrug
66,9%. Davon zeigten 10,8% der Patienten eine Teilremission, bei 56,1% der Patienten
konnte eine Stabilisierung der Erkrankung erzielt werden. Ein signifikant besseres
Ansprechen zeigte sich für Nichtraucher (p<0,001) und für Patienten, die den für Erlotinib
typischen
akneiformen
Hautausschlag
entwickelten
(p=0,009).
Die
mediane
Überlebenszeit betrug 3,9 Monate, die mediane Dauer bis zum Progress der Erkrankung
zwei Monate. Die Therapie mit Erlotinib wurde gut vertragen, es traten vor allem leichte
44
Nebenwirkungen in Form von erst- bis zweitgradigem akneiformem Hautausschlag
(61,2%) und Diarrhoen (14,0%) auf.
Erlotinib zeigt gute Wirksamkeit und Verträglichkeit in der Therapie des fortgeschrittenen
nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms, sowohl in der Erst- wie auch in der Zweit- und
Drittlinientherapie. Das Auftreten des akneiformen Hautausschlages ist womöglich ein
Parameter für das Ansprechen auf die Behandlung mit Erlotinib. Auch Patienten ≥70 Jahre
profitieren von der Therapie ohne Steigerung der Toxizität. Chemotherapien im Anschluss
an die Behandlung mit Erlotinib sprachen insgesamt gut an und wurden gut vertragen.
45
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metastatic non-small-cell lung cancer with second-line Erlotinib.
54
7. Appendix
7.1 TNM-Klassifikation des Lungenkarzinoms (nach UICC 2002)
Primärtumor
Tx
Positive Zytologie
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor ≤ 3 cm
T2
Tumor > 3 cm, Hauptbronchus ≥ 2 cm von der Carina, Invasion von viszeraler
Pleura, partielle Atelektase
T3
Brustwand, Zwerchfell, Perikard, mediastinale Pleura, Hauptbronchus < 2 cm
von der Carina, totale Atelektase
T4
Mediastinum, Herz, große Gefäße, Carina, Trachea, Ösophagus, getrennte
Tumorherde im selben Lappen, maligner Pleuraerguss
Regionäre Lymphknoten
N0
Keine regionären Lymphknoten
N1
Ipsilaterale peribronchiale/hiläre Lymphknoten
N2
Ipsilaterale mediastinale/subcarinale Lymphknoten
N3
Kontralaterale mediastinale, hiläre, ipsi- oder kontralaterale Skalenus- oder
supraklavikuläre Lymphknoten
Fernmetastasen
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Metastasen, einschließlich getrennter Tumorherde in einem anderen Lappen
7.1.1 Stadiengruppierung des Lungenkarzinoms
Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium IA
T1
N0
M0
Stadium IB
T2
N0
M0
Stadium IIA
T1
N1
M0
55
Stadium IIB
Stadium IIIA
Stadium IIIB
Stadium IV
T2
N1
M0
T3
N0
M0
T1
N2
M0
T2
N2
M0
T3
N1
M0
T3
N2
Mo
Jedes T
N3
M0
T4
Jedes N
M0
Jedes T
Jedes N
M1
7.2 RECIST Kriterien (Response criteria for solid tumors)
• Komplette Remission (CR): Vollständiger Rückgang der klinischen, radiologischen
Anzeichen des Tumors und wenn bestimmt, Normalisierung der Tumormarker. Der
Patient darf keine tumor-assoziierten Symptome mehr aufweisen. Die komplette
Remission muss 28 Tage nach Feststellung noch einmal bestätig werden.
• Partielle Remission (PR): Verkleinerung des Tumors um 30% der Ausgangsgröße. Die
partielle Remission muss 28 Tage nach Feststellung noch einmal bestätig werden.
• Stabile Erkrankung (SD): Die Verkleinerung des Tumors ist zu gering um eine partielle
Remission zu beschreiben und er ist nicht stark genug gewachsen für einen Progress. Es
dürfen keine neuen Herde dazu gekommen sein. Dieser Zustand muss mindestens 28
Tage nach Therapiebeginn bestehen.
• Progress (PD): Mindestens 20%ige Zunahme des kleinsten Herdes seit Beginn der
Therapie oder das Auftreten von neuen Herden werden als Progress gewertet. In
Ausnahmefällen wird die eindeutige Zunahme eines nicht mit der Therapie
angesprochenen Tumors ebenfalls als Tumorprogress gewertet.
56
7.3 CTC Kriterien (Common terminologie criteria) Version 3.0
7.3.1 Einteilung Hautausschlag (Rash)
− Grad 1: Vereinzelte makulöse oder papulöse Eruptionen oder Erythem ohne Pruritus
oder andere assoziierte Symptome
− Grad 2: Dicht gestreute makulöse oder papulöse Eruptionen oder Erythem mit Pruritus
oder assoziierten Symptomen; lokalisierte Schuppung oder andere Läsionen, die
weniger als 50% der Körperoberfläche bedecken.
− Grad 3: Schwere generalisierte Erythrodermie oder makuläre, papulöse oder vesikuläre
Eruptionen mit starken begleitenden Symptomen; Schuppung, die mehr als 50%
der Körperoberfläche bedeckt.
− Grad 4: Generalisierte exfoliative, ulzerierende oder bullöse Dermatitis
7.3.2 Einteilung Diarrhoe
− Grad 1: Stuhlfrequenz gering erhöht im Vergleich zum Normalen (2–3 Stühle pro Tag)
− Grad 2: Stuhlfrequenz mäßig erhöht (4–6 Stühle täglich) oder nächtliche Stühle oder
mäßige Krämpfe
− Grad 3: Stuhlfrequenz stark erhöht (7–9 Stühle am Tag) oder Inkontinenz oder schwere
Krämpfe
− Grad 4: Stuhlfrequenz bedrohlich (>10 mal pro Tag) oder blutige Stühle
7.4. Abkürzungsverzeichnis
ASCO
American Society of Clinical Oncology
ATP
Adenosintriphosphat
CR
komplette Remission des Tumors
ECOG Performance Status Eastern Cooperative Oncology Group Performance
Status
EGF
Epidermal Growth Faktor
57
EGFR
Epidermal Growth Factor Rezeptor
FISH
Fluoreszenz-in-situ Hybridization
HER
Human Epidermal Growth Factor
MAP
Mitogen-Activated Protein
MAPK
RAS-RAF-MAP-Kinase-Weg
NRG
Neuregulin
NSCLC
Non-Small-Cell Lung Cancer
PD
Progress des Tumors (progressive disease)
PI3K
Phosphatidylinositol-3-Kinase
PR
partielle Remission des Tumors
PTB-Domäne
Phosphotyrosin Bindungsdomäne
RAF
Rat Fibrosarcoma/Rapidly Growing Fibrosarcoma
Protein (Proteinkinase)
RAS
Rat Sarcoma Protein (Protoonkogen)
SD
stabile Erkrankung (stable disease)
SH2-Domäne
Src Homologe Region
TGF-a
Transforming-Growth-Factor a
TKI
Tyrosinkinase-Inhibitoren
TK-Inhibitoren
Tyrosinkinase-Inhibitoren
TNM-Klassifikation
Tumor Node Metastasis-Klassifikation
ULN
oberer Grenzwert (upper limit of normal)
58
8. Danksagung
Für die Betreuung der Dissertation am Krankenhaus Großhansdorf und die gute
Zusammenarbeit danke ich ganz herzlich Herrn PD Dr. med. Martin Reck. Mit seiner
wissenschaftlichen Erfahrung stand er mir mit Tipps und Hilfestellungen bei der Erstellung
der vorliegenden Arbeit zur Seite. Ebenso danke ich den Mitarbeiterinnen des
onkologischen Sekretariats, die mir bei der Aktenrecherche tatkräftig zur Seite standen.
Bedanken möchte ich mich auch für die engagierte fachliche Unterstützung durch Herrn
Prof. Dr. med. Klaus Dalhoff .
Ganz besonderer Dank gilt natürlich meiner Familie, die mich auf dem langen Weg des
Medizinstudiums immer wieder ermuntert und unterstützt hat.
Melanie Samek
Im Juni 2009
9. Erklärung
Ich versichere ausdrücklich, dass ich die Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die
aus den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen einzeln nach
Ausgabe (Auflage und Jahr des Erscheinens), Band und Seite des benutzten Werkes
kenntlich gemacht habe und dass ich die Dissertation bisher keinem Fachvertreter einer
anderen Hochschule zur Überprüfung vorgelegt oder mich anderweitig um Zulassung zur
Promotion beworben habe.
59
10. Lebenslauf
Name:
Melanie Samek
Geburtsdatum: 18.08.1982
Geburtsort:
Hamburg
Anschrift:
Bargkoppelweg 80, 22145 Hamburg
Telefon:
dienstlich: +41/41/9265341
mobil: +49/172/54 84 379
e-mail:
[email protected]
Familie:
Vater: Thomas Samek, Doktor der Medizin
Mutter: Brigitte Thannemann, Großhandelskauffrau
Geschwister: Markus, Florian und Fabian Samek
Schulbesuch:
Ausbildung:
Studium:
1989-1993
Grundschule Nydamer Weg
1993-2002
Gymnasium Meiendorf
1999
Sanitätslehrgang
2001
Rettungssanitäter
10/02-11/08
Humanmedizin an der Universität Hamburg
08/04
Physikum
11/08
Zweites Staatsexamen Humanmedizin
Famulaturen:
Innere Medizin (Asklepiosklinik Bad Oldesloe)
Pädiatrie (Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Hamburg)
Allgemeinmedizin (Praxis Dr. Sander, Gaschurn,
Österreich und Praxis Dr. von Rothkirch, Hoisdorf)
Praktisches Jahr: Innere Medizin (Schön-Klinikum Hamburg-Eilbek)
Chirurgie (Luzerner Kantonsspital Sursee, Schweiz)
Wahlfach Anästhesie (Bundeswehrkrankenhaus
Hamburg)
60
Tätigkeiten:
1998-2005
Bürotätigkeit im Großhandel
seit 1999
Sanitätsdienste beim DRK/ASB
02/02-09/03
Krankentransport bei Firma G.A.R.D.
02/05-09/07
Schlaflabor Krankenhaus Großhansdorf
06/06-12/08
Aushilfe Firma Globetrotter Ausrüstungen
seit 01/2009
Assistenzärztin Chirurgie, Luzerner Kantonsspital
Sursee, Schweiz
61
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