Einsatz von GPS/RTK in der Amtlichen Vermessung 26. Oktober bis 18. Dezember 1998 Projekt Zwingen Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde in der Gemeinde Zwingen BL die Einsatzmöglichkeit von GPS in der Amtlichen Vermessung (Ersterhebung / Erneuerung inklusive Vermarkungsrevision) untersucht. Die Daten wurden mit GRIVIS weiterverarbeitet, so dass sie später über die AVS ins Gesamtoperat Zwingen integriert werden können. Die Messmethode GPS/RTK mit einer lokalen Refrenzstation wurde für die Rekonstruktion und für die Aufnahme von Grenz- und Detailpunkten (Bodenbedeckung, Leitungskataster) eingesetzt. Die Aufnahme erfolgte in einem etwa 9 ha grossen Gebiet, bebaut mit drei- bis vierstöckigen MFH und zweistöckigen Reihen-EFH. Der Horizont ist dabei zwischen den höheren Bauten leicht eingeschränkt. Es wurde folgende Ausrüstung und Software verwendet: Leica GPS System 300: Antenne Extern AT302, Sensor SR 9500 mit Sensor-Firmware V 5.04, Controller CR344 mit Software V 3.60-EN, Datenfunk SATELLINE 2AS, Interface GEV 112, PCMCIA-Card 4MB, RTKRucksack, Geb71, Hellamarine Energy-Box Leica TCA 1800 und Data DISTO-GSI LEICA, SKI-Software V 2.30, Workbench für GPS V 2.30 CAD Rechenzentrum AG, Trig/PC V 2.09 mit LTOP Version 94 (L+T) BENTLEY, MicroStation SE und INTERGRAPH, MGE (Modular GIS Environment) GRIVIS V 03.01.00, VERMESSUNGS- UND MELORATIONSAMT BL Der Ablauf der Diplomarbeit sah folgendermassen aus: Vermarkungsrevision im alten bestehenden Bezugsrahmen (Zylinder alt) Aufnahme Ebenen Liegenschaften, Bodenbedeckung, Linienelemente/Einzelobjekte plus den Leitungskataster im neuen Bezugsrahmen (Zylinder neu) Auswerten der Daten (Genauigkeits-, Zuverlässigkeitsnachweis) und überführen ins GRIVIS Erstellen des Teiloperates in GRIVIS und Plan für das Grundbuch Rekonstruktion: Damit die Landeskoordinaten für die Absteckung in Echtzeit zur Verfügung stehen, wurde mit Hilfe der umliegenden Lagefixpunkte ein lokaler Transformationssatz bestimmt. Ein Vorteil von GPS ist, dass man direkt auf den abzusteckenden Punkt kommt. Die Absteckung wurde mittels einer Kontrollaufnahme kontrolliert. Für die gesamte Vermarkungsrevision, welche 74 Grenzpunkte (73 mit GPS, einer mit TPS) umfasste, benötigte man 16½ h. Aufnahme: Für die lokale Anpassung wurden im neuen Bezugsrahmen (Zylinder neu), die umliegenden LFP3 Punkte gemessen. Die Grenzpunkte wurden in zwei unabhängigen GPS-Sessionen aufgenommen. Es war darauf zu achten, dass die Zweitaufnahme bei einer unterschiedlichen Satellitenkonstellation durchgeführt wurde! Damit war gewährleistet, dass falsche Lösungen der Ambiguities, aufgedeckt werden. Die übrigen Aufnahmen erfolgten durch eine einfache Bestimmung. Damit hier bei den GPS-Messungen falsche Lösungen ausgeschlossen werden konnten, musste die Initialisierung (Lösung der Ambiguities) immer auf einem bekannten Punkt überprüft werden. Die Aufnahe von Gebäudepunkten ist grundsätzlich von einer Person mit der GPS-Ausrüstung und dem DISTO (Berührungsloser Distanzmesser) zu bewerkstelligen. Bei vielen Punkten ist aber die Aufnahme mit zwei Personen und dem TPS am Wirtschaftlichsten. Zeitaufwand bei den Aufnahmen: Messen Passpunkte und Verdichtung Fixpunktnetz 2 h Grenzpunkte (198 GPS, 1 TPS, 10 Kombiniert GPS+TPS) 14 h Bodenbedeckung (247 GPS, 27 TPS) 10½ h Leitungskataster (326 GPS) 7¼ h Auswertung: Die Auswertung sollte i.d.R. nach Lage und Höhe getrennt erfolgen. Im Programm SKI werden die Koordinaten mit dem GRANIT-Parametersatz vom Bezugsrahmen WGS in den Bezugsrahmen LV03 transformiert. Für die Grenzpunkte erfolgt die lokale Lagerung im LTOP-Netzausgleich. Die übrigen Punkte werden mit einer Transformation im Programm SKI ins lokale System eingepasst. GRIVIS: Die Weiterverarbeitung in GRIVIS stellte kein wesentliches Problem dar. Der Zeitbedarf für die Auswertung und die Überführung in das System ist jedoch nicht zu unterschätzen. Von Vorteil ist es, wenn der Bearbeiter neben GRIVIS auch Kenntnisse vom betreffenden System, vom Aufbau einer relationalen DB, wie von SQL (strukturierte Abfragesprache) hat. Fazit: GPS wird nie die Tachymetrie ersetzen können. Vielmehr ergänzen sich diese beiden Vermessungssysteme. Ein optimales Zusammenspiel zwischen den Messmethoden ist anzustreben. GPS zeichnet sich durch eine hohe Effizienz und Genauigkeit aus (m.F. der Grenzpunkte: < 5mm!). Mit der Messmethode GPS/RTK kann eine Person eingespart resp. anderweitig eingesetzt werden (führen eines Feldhandrisses, Verpflockung bei der Vermarkungsrevision). Die Aufnahme von Gebäuden und der übrigen GPS untauglichen Punkte (Projekt Zwingen etwa 4%) sind weiterhin mit der Tachymetrie zu bewerkstelligen. Nur ist man dabei nicht auf das bestehende Fixpunktnetz angewiesen. Hilfspunkte und die mit GPS gemessenen Grenzpunkte können, wegen ihrer hohen Genauigkeit, deren Funktion übernehmen. Auf die Fixpunkte ist man im Weiteren nur noch angewiesen, um den lokalen Transformationssatz für die GPS-Messungen zu bestimmen. Hierfür genügt eine geringere Fixpunktdichte mit 2-3 LFP3/km2. Projekt AGNES/RTK, Stadt Basel Im Rahmen des nationalen Projekts AGNES (Automatisches GPS Netz) des Bundesamtes für Landestopographie betreibt die FHBB in Muttenz eine Referenzstation. Das Ziel von AGNES ist der Permanentbetrieb eines ganzen Netzes von Referenzstationen, welches den Vermessungsfachleuten eine Real-Time Positionsbestimmung auf 1-2 cm ermöglichen soll. Bei der Benutzung einer AGNES-Referenzstation ist das Aufstellen einer eigenen temporären Referenzstation nicht mehr notwendig. Die Korrekturdaten werden mit Hilfe des Natel-Netzes (GSM) dem Empfänger (Benutzer) übermittelt. Dies hat gegenüber der Korrekturdatenübertragung per Funk (Reichweite 2-10km) den Vorteil der Distanzunabhängigkeit. In der Stadt Basel ist der Horizont durch die kompakte hohe Bebauung stark eingeschränkt. Daher macht eine Detailaufnahme (z.B. Gebäude) mit GPS keinen Sinn. Dagegen weist GPS wesentliche Vorteile im Unterhalt und bei der Verdichtung von Lagefixpunktnetzen auf (hohe Effizientz und Genauigkeit, keine Sichtverbindung zu den bestehenden LFP). Eine Kombination von GPS und Tachymetrie ist daher die wirtschaftlichste Lösung. In der Stadt Basel wurden in einem kleinen Testgebiet Vermessungspunkte (Lagefixpunkte und Hilfspunkte) mit AGNES/RTK gemessen. Die Basisline zwischen der AGNES Station und dem Empfänger betrug 7.5 km. Die erreichte Genauigkeit ist deutlich besser als ein Zentimeter. Weitere Links zu www.fhbb.ch/vermess/uebersicht/publikationen/AGNES/LAYOUT.html www.swisstopo.ch/de/geo/gps.htm AGNES: Kontaktpersonen Diplomand: Examinatoren: Simon Bär Tel. 055 / 610 22 15 Jean-Luc Pochon Tel. 061 / 701 17 36 Prof. Karl Ammann, FHBB, 4132 Muttenz Tel. 061 / 467 43 35