Membranphysiologie II Wiederholung Biophysikalische Grundlagen Adolf Eugen Fick (1829-1901) Transportprozesse über Biomembranen Übersicht In biologischen Membranen lassen sich aktive und passive Transportmechanismen unterscheiden. Bei einem passiven Transport folgt ein Stoff seinem Konzentrationsgradienten. Man unterscheidet : Freie Diffusion: Einige Stoffe können frei durch die Zellmembran diffundieren. Hierzu zählen Wasser und gelöste Gase wie O2 und CO2. Ebenfalls gut diffundieren lipidlösliche Stoffe. Diffusion durch spezifische Membranporen (Kanäle) Transport durch Transportproteine (erleichterte Diffusion) : Für einige Stoffe existieren in der Plasmamembran spezifische Trasnsporterproteine, die die Diffusion über die Membran erleichtern sollen. Ein aktiver Transportmechanismus transportiert einen Stoff gegen seinen Konzentrationsgradienten. Man unterscheidet : Primär aktiver Transport : Die Energie für den Transport wird durch ATP bereitgestellt. Sekundär aktiver Transport : Die Energie für den Transport wird aus dem Konzentrationsgradienten eines anderen Ions bezogen. Transportprozesse über Biomembranen Übersicht Ionenkanäle Eigenschaften von Ionenkanälen Ionenkanäle können eine große Zahl von Ionen transportieren. Ionenkanäle sind (meist) selektiv. Ionenkanäle können geschaltet werden. 107-108 Ionen/s Ionenkanäle Öffnungsmechanismen Depolarisation oder Hyperpolarisation der Zellmembran Beispiele: Beispiele: Acetylcholin, cAMP, cGMP, Glutamat, Ca2+ GABA Dehnung der Membran Ionenkanäle Modellvorstellung eines spannungsgesteuerten Ionenkanals Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland, Massachusetts 1992, S. 66. Ionenkanäle Allgemeine Strukturprinzipien – Na+- und Ca2+-Kanäle Ionenkanäle Allgemeine Strukturprinzipien – Modell des Na+-Kanals Abbildung aus : R. Greger : Membranpotential. In : R. Klinke, S. Silbernagl : Lehrbuch der Physiologie, 2. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1996, S. 54. Ionenkanäle Allgemeine Strukturprinzipien – Modell des Na+-Kanals Abbildung aus : R. Greger : Membranpotential. In : R. Klinke, S. Silbernagl : Lehrbuch der Physiologie, 2. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart - New York 1996, S. 55. Ionenkanäle Allgemeine Strukturprinzipien – K+-Kanäle Abb. aus : D.J.Snyders : Structure and function of cardiac potassium channels. Cardiovasc. Res. 42, 377-390 (1999). Ionenkanäle Röntgenstrukturanalyse Ionenkanäle Nobelpreis für die Röntgenstrukturaufklärung eines Ionenkanals Sculpture by Julian Voss-Andreae based on potassium channel KcsA Ionenkanäle Die “einfachsten” Ionenkanäle: Einwärts-Gleichrichter Kaliumkanäle (Kir-Kanäle) Ionenkanäle Permeation des K+-Ions durch den K+-Kanal Ionenkanäle Vereinfachtes elektrisches Modell einer Zellmembran Modellvorstellung Schaltbild Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland , Massachusetts 1992, S.16. Ionenkanäle Vereinfachtes elektrisches Modell einer Zellmembran Modellvorstellung Schaltbild Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland , Massachusetts 1992, S.16. Die treibende Kraft eines Ions wird bestimmt durch das Membranpotential und sein Gleichgewichtspotential. Es gilt : IK = gK (EM – EK) Ionenkanäle Strom-Spannungsbeziehungen Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland , Massachusetts 1992, S.17. Transportprozesse über Biomembranen Übersicht Carrier / Transporter Einfache Carrier Valinomycin Carrier komplexieren Ionen und diffundieren mit diesen über die Zellmembran Carrier / Transporter Übersicht Carrier / Transporter Uniporter Uniporter transportieren Substanzen entlang eines Konzentrationsgradienten. Sie beschleunigen (katalysieren) den Durchtritt durch die Zellmembran. Beispiel: Glukose-Transporter (GLT1-GLT12) Carrier / Transporter Beispiel für einen Uniporter: GLUT1 Der Glukosetransport erfolgt in vier Schritten: 1.) Hochaffine Bindung an die extrazelluläre Bindungsstelle 2.) Konformationsänderung des Transporters 3.) Dissoziation von Glukose in das Cytosol 4.) Konformationsänderung des Transporters Carrier / Transporter Transporter folgen einer Michaelis-Menten Kinetik Einfache Diffusion Carrier-vermittelter Transport [X] Jx= Jmax Km + [X] Carrier / Transporter Glukosetransporter - Übersicht Carrier / Transporter Glukosetransporter - Pathophysiologie Die Glukoseaufnahme aus dem Blut wird durch GLUT 1 vermittelt. Kinder, die mit einer Mutation in GLUT1 geboren werden, zeigen erhebliche Störungen in der Gehirnentwicklung. Carrier / Transporter Der Glukosetransport im Darm kann nicht durch einen Uniporter vermittelt werden ! Carrier / Transporter Symporter/Cotransporter Beim Symporter ist der Transport mehrerer Substanzen gekoppelt. Der elektrochemische Gradient einer Substanz wird genutzt, um eine andere Substanz gegen einen Gradienten zu transportieren (sekundär aktiver Transport). Beispiel: Na+-Glukose-Symporter (SGLT) Carrier / Transporter Beispiel für einen Symporter: SGLT Ein Glukosemolekül wird gleichzeitig mit 2 Natriumionen und ungefähr 260 Wassermolekülen transportiert. Carrier / Transporter Symporter/Cotransporter Die meisten Symporter sind Natrium-Cotransporter. Carrier / Transporter Symporter/Cotransporter Extrazelluläre Konzentration [mmol/l] Intrazelluläre Konzentration [mmol/l] Gleichgewichts -potential [mV] Na+ 145 15 + 60 K+ 4 120 - 90 Ca 2+ 1.5 0.0001 + 127 Cl- 125 4 - 91 H+ pH 7.4 pH 6.9 - 31 Carrier / Transporter Antiporter/Austauscher Beim Antiporter ist der gegenläufige Transport mehrerer Substanzen gekoppelt. Der elektrochemische Gradient einer Substanz wird genutzt, um eine andere Substanz in Gegenrichtung gegen einen Gradienten zu transportieren (sekundär aktiver Transport). Beispiel: Na+-H+-Austauscher Na+/Ca2+-Austauscher Cl-/HCO3--Austauscher Transportprozesse über Biomembranen Übersicht Carrier / Transporter Primär aktive Transporter / Pumpen Pumpen nutzen die bei durch Spaltung von ATP gewonnene Freie Energie, um Substanzen gegen einen elektrochemischen Gradienten zu transportieren (primär aktiver Transport). Beispiel: Na+-K+-ATPase Ca2+-ATPase Carrier / Transporter Beispiel für eine Pumpe. Die Na+/K+-ATPase [Na+] = 145 mM [Na+] = 15 mM [K+] = 4 mM [K+] = 120 mM Die Na+/K+-ATPase wird in (nahezu) allen menschlichen Zellen exprimiert. Etwa 25% des in Zellen gebildeten ATPs wird durch die Na+/K+-ATPase verbraucht. In Neuronen sind es bis zu 70%. Carrier / Transporter Pumpzyklus der Na+/K+-ATPase Transportprozesse über Biomembranen Zusammenfassung Transportprozesse über Biomembranen Zusammenfassung: Proteinvermittelte Transportmechanismen Kennzeichen des proteinvermittelten Transports: Der Transport ist spezifisch. Der Transport ist schneller als die freie Diffusion. Der Transport über Carrier/Transporter zeigt eine Sättigungskinetik. Der Transport kann durch Hemmstoffe inhibiert werden. Vom Molekül zur Zelle… Claude Bernard : ... wenn man einen lebenden Organismus auseinandernimmt, indem man seine verschiedenen Teile isoliert, tut man das zur Erleichterung der experimentellen Analyse und keineswegs, um sie getrennt zu verstehen. In der Tat, will man einer physiologischen Eigenschaft ihren Wert und ihre Bedeutung zumessen, muß man sie immer auf das Ganze beziehen und darf endgültige Schlußfolgerungen nur im Zusammenhang mit ihren Wirkungen aus das Ganze ziehen ... Transportprozesse über Biomembranen Zusammenspiel der Transportmechanismen Elektrophysiologische Messtechniken Messung von Membranpotentialen Elektrophysiologische Messtechniken Messung von Membranpotentialen Abb. aus : J. Dudel : Informationsübermittlung durch elektrische Erregung. In : R.F. Schmidt, G. Thews : Physiologie des Menschen, 26. Aufl., Springer, Berlin - Heidelberg - New York 1995, S. 20 Elektrophysiologie Das Ruhemembranpotential Das Ruhemembranpotential wird wesentlich durch den transmembranären K+-Gradienten bestimmt. Abbildung aus : R. Greger : Membranpotential. In : R. Klinke, S. Silbernagl : Lehrbuch der Physiologie, 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart - New York 1996, S. 49. Elektrophysiologie Abhängigkeit des Ruhemembranpotentials von der extrazellulären Kalium-Konzentration Abbildung aus : R. Greger : Membranpotential. In : R. Klinke, S. Silbernagl : Lehrbuch der Physiologie, 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart - New York 1996, S. 49. Elektrophysiologie Wie berechnet sich das Membranpotential einer Zelle? Abbildung aus : R. Greger : Membranpotential. In : R. Klinke, S. Silbernagl : Lehrbuch der Physiologie, 2. Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart - New York 1996, S. 49. Elektrophysiologie Wie berechnet sich das Membranpotential einer Zelle? Berücksichtigt man die fraktionellen Leitfähigkeiten, so ergibt sich für das Membranpotential : E f K E K f Na E Na f Cl E Cl Die fraktionelle Leitfähigkeit fx des Ions x entspricht hierbei dem Quotienten aus der Leitfähigkeit der Membran für das Ion x und der Gesamtleitfähigkeit (GM) : fx Gx GM Durch „Umformen“ erhält man die Goldmann-Hodgkin-Katz-Gleichung : E p Na p Cl K p Na p Cl pK K RT ln F pK a Na a Cl i Na i i Cl a Elektrophysiologie Wie berechnet sich das Membranpotential einer Zelle? Beispiel: In „Ruhe“ gilt : pK+ >> pNa+ + pClDie Goldmann-Hodgkin-Katz-Gleichung vereinfacht sich damit zu: p Na p Cl K p Na p Cl pK K RT E ln F pK a Na i a Cl Na i i Cl a Elektrophysiologie EK und ENa bestimmen den dynamischen Spannungsbereich der Biologie Em = PK * EK + PNa * ENa PK >> PNa PNa = PK EK = -90 -15 PNa >> PK 0 Beispiel: PNa = PK Em = 0.5 * EK + 0.5 * ENa Em = - 45 mV + 30 mV Em = - 15 mV ENa = 60 mV Elektrophysiologie Das Ruhemembranpotential Einwärts-gleichrichtende Kalium-Kanäle (inward rectifier, Kir) stabilisieren das Ruhemembranpotential. Abb. aus : A.M. Katz : Physiology of the Heart. Raven Press. New York 1992, S. 453 Elektrophysiologische Messtechniken Auslösung von Aktionspotentialen Man kann eine erregbare Zelle depolarisieren, indem man einen positiven Strom injiziert. Ist der Strom stark genug, so daß das Membranpotential einen Schwellenwert überschreitet, wird ein Aktionspotential ausgelöst. Elektrophysiologie Das Aktionspotential Abb. aus : J. Dudel : Informationsvermittlung durch elektrische Erregung. In : R.F. Schmidt, G. Thews : Physiologie des Menschen, 26. Auflage, Springer, Berlin - Heidelberg - New York 1995, S. 23. Elektrophysiologische Messtechniken Die Spannungsklemme (voltage clamp) Elektrophysiologische Messtechniken Voltage clamp Techniken Das Riesenaxon des Tintenfischs war das ideale Präparat zur Untersuchung von Ionenströmen Alan Lloyd Andrew Fielding Hodgkin Huxley Nobelpreis für Medizin 1963 The squid (Loligo) A quantitative description of membrane current and its application to conduction and excitation in nerve. Journal of Physiology 117, 500-544 (1952) Elektrophysiologische Messtechniken Voltage clamp Techniken Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland / Massachusetts 1992, S.17. Elektrophysiologische Messtechniken Klemmspannung Strom KlemmStrom spannung Die Spannungsklemme (voltage clamp) Abb. aus : S.L. Wolfe : Molecular and cellular biology. Wadsworth, Belmont 1993, S. 217. Elektrophysiologische Messtechniken Ionenstromanalyse am Tintenfischaxon Na+ K+ Elektrophysiologische Messtechniken Ionenstromanalyse am Tintenfischaxon – Block der Natriumkanäle Lokalanästhetikum Nav Kanal Elektrophysiologische Messtechniken Ionenstromanalyse am Tintenfischaxon – Block der Natriumkanäle durch Pharmaka und Toxine Na+ K+ Elektrophysiologische Messtechniken Ionenstromanalyse am Tintenfischaxon – Block der Natriumkanäle durch Pharmaka und Toxine Na+ K+ Elektrophysiologie Das Aktionspotential Abbildung aus : J. Dudel : Informationsvermittlung durch elektrische Erregung. In : R.F. Schmidt, G. Thews : Physiologie des Menschen, 26. Auflage, Springer, Berlin - Heidelberg - New York 1995, S. 26 Elektrophysiologie Die Inaktivierung der Natriumkanäle ist eine Voraussetzung für die Repolarisation IV I III geschlossen (C) offen (O) inaktiviert (I) Elektrophysiologie Die Refraktärzeit Elektrophysiologische Messtechniken Voltage clamp Techniken Abb. aus : B. Hille : Ionic channels of excitable membranes. 2. Aufl., Sinauer, Sunderland / Massachusetts 1992, S.17. Elektrophysiologische Messtechniken Messung von Einzelkanalströmen Abb. aus : J. Dudel : Informationsvermittlung durch elektrische Erregung. In : R.F. Schmidt, G. Thews : Physiologie des Menschen, 26. Auflage, Springer, Berlin - Heidelberg - New York 1995, S. 29 Elektrophysiologie Zusammenfassung: Phasen des Aktionspotentials Folgende Phasen lassen sich unterscheiden: 1. Initiationsphase (Überwindung des Schwellenpotentials): Durch einen Kationeneinstrom (Na+), der größer ist als der Kaliumausstrom durch Kaliumkanäle (Kir) wird die Membran depolarisiert. 2. Depolarisation (Aufstrich und Overshoot): Mit dem Überschreiten des Schwellenpotentials (von etwa -60 mV) werden spannungsabhängige Nav-Kanäle aktiviert. Der Natriumeinstrom sorgt für eine weitere Depolarisation, wobei in der Regel Werte zwischen 0 und 40 mV erreicht werden (Overshoot). 3. Repolarisation: Die Nav-Kanäle inaktivieren und der Natriumeinstrom endet. Spannungsabhängige Kaliumkanäle öffnen und der Kaliumauswärtsstrom leitet die Repolarisation ein. Physiologie Vorlesungsthemen Membranphysiologie Erregungsleitung, synaptische Übertragung Muskelphysiologie Vegetatives Nervensystem Herzmechanik, Herzerregung Kreislauf, Kreislaufregulation Atmung, Atmungsregulation