Statistische Monatsschrift 4/2003 - Amt für Statistik Berlin

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Berliner Statistik
Monatsschrift 4/03
145
Bei der fallbasierten Diagnosestatistik wird die mittlere Verweildauer der vollstationär Behandelten aus den
Differenzen zwischen dem Aufnahme- und dem
Entlassungsdatum nach der Formel für den arithmetischen Mittelwert berechnet:
Verweildauer = S (Entlassungsdatum - Aufnahmedatum)
Hartmut Bömermann
Entwicklung und Bewertung
der Krankenhausverweildauer
auf Makro- und Mikroebene
Ist der arithmetische Mittelwert
ein geeignetes Verweildauermaß?
Vorbemerkung
Der stationäre Sektor des Berliner Gesundheitssystems
durchläuft seit Jahren einen teilweise dramatischen
Strukturwandel [1]. Ein Ende der Entwicklung ist nicht
abzusehen, da der Kostendruck unvermindert anhält und
die demografische Alterung der Gesellschaft die Anforderungen an das Gesundheitssystem weiter erhöhen
wird.
Als wichtiger Indikator für die erzielte Effizienz der stationären Behandlung hat sich die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus seit langem etabliert. In diesem
Beitrag sollen die Entwicklung der Verweildauer zwischen 1990 und 2001 sowie unterschiedliche Konzepte
der Berechnung diskutiert werden. Die Darstellung basiert auf den Ergebnissen der amtlichen Krankenhausstatistik.
Krankenhausstatistik seit 1990 Bundesstatistik
Seit 1990 ist die Krankenhausstatistik eine Bundesstatistik [2]. Mit den Grunddaten (Teil I) und dem Kostennachweis (Teil III) werden die sachlich-personelle Ausstattung und wichtige Eckdaten des Leistungsgeschehens sowie die Kostenstruktur der Wirtschaftseinheit einrichtungsbezogen erhoben. Als untere Gliederungsebene wird bei der Grunddatenerhebung die Fachabteilung der Einrichtung zugrunde gelegt; der Kostennachweis bezieht sich auf das gesamte Krankenhaus als
eine Einheit. Auf den einzelnen Behandlungsfall bezogen
wird die Leistungserbringung des Krankenhauses in der
Diagnosestatistik (Teil II) abgebildet. Aufgrund von Ressourcenbeschränkungen wurde die Diagnosestatistik
zeitversetzt gegenüber den beiden anderen Teilsystemen der Krankenhausstatistik erstmalig 1993 durchgeführt.
Verweildauer unterschiedlich ermittelt
In der einrichtungsbezogenen Grunddatenstatistik wird
die mittlere Verweildauer der vollstationär aufgenommenen Patienten aus den Pflegetagen, die ein Erhebungsmerkmal sind, und der errechneten einrichtungs- bzw.
fachabteilungsbezogenen Fallzahl gebildet:
Mittlere Verweildauer = Pflegetage
Fallzahl
In die Berechnung der Fallzahl gehen die Aufnahmen
und die Entlassungen in bzw. aus dem Krankenhaus sowie die Sterbefälle ein.
Anzahl der Patienten
Im Unterschied zur Grunddatenstatistik scheint in den
Diagnosedaten ein Fall nur dann auf, wenn das Entlassungsdatum vorliegt; es können im Berichtsjahr somit
nur die abgegangenen Fälle verzeichnet werden, unabhängig davon, ob das Aufnahmedatum im Vorjahr oder
im Berichtsjahr liegt. Die so genannten Stundenfälle, das
sind Patienten, die noch am Tag der vollstationären Aufnahme wieder entlassen werden, gehen in beide
Berechnungsvarianten nicht ein [3].
Die unterschiedliche Art der Datengewinnung führt
zu Abweichungen zwischen den ermittelten Verweildauerwerten. Zunächst sollen diese unterschiedlichen
Werte betrachtet werden. In der Tabelle 1 basieren die
Verweildauerangaben auf den Grunddaten und in der
Tabelle 2 auf der Diagnosestatistik. Bei vergleichenden
Betrachtungen der Krankenhausverweildauer werden
üblicherweise die Ergebnisse der Grunddaten der
Krankenhausstatistik verwendet. Ob dies zu adäquaten
Ergebnissen führt, soll hier untersucht werden.
Verweildauer in Berliner Krankenhäusern
an Bundesdurchschnitt angenähert
Die mittlere Verweildauer in den Berliner Krankenhäusern lag zwar im Jahr 2001 noch über dem Bundesdurchschnitt (Tabelle 1). Bemerkenswert ist aber die Anpassungsleistung bei der Verkürzung der Behandlungsdauer in Berlin. Die Differenz zwischen der Verweildauer
in Berlin und in Deutschland beträgt mittlerweile weniger als einen halben Tag.
Der deutliche Rückgang der Verweildauerlänge 1995/
96 um 3,3 Tage und 1996/97 um 1,7 Tage ist überwiegend
einer Änderung der Grundgesamtheit geschuldet. Bis
1996 gab es in Berlin 29 Krankenhäuser, die speziell chronisch Kranke versorgten. Danach wurden die so genannten Chronikerbetten in Betten in Pflegeeinrichtungen
umgewidmet. Bei der Beurteilung der langen Verweildauer in Berliner
Krankenhäusern ist
Tab. 1 Mittlere vollstationäre
zum einen dieser
Krankenhausverweildauer
methodische Effekt
in Deutschland und Berlin
in Rechnung zu stel1990 bis 2001
len. Ein weiterer methodischer Effekt reJahr
Deutschland
Berlin
sultiert aus der gewählten
Berech1990 ...................
14,8
21,4
nung der Verweil1991 ...................
14,6
21,3
dauer. Wie weiter
1992 ...................
13,9
20,5
1993 ...................
13,2
19,6
unten gezeigt wird,
1994 ...................
12,7
18,8
reagiert das verwen1995 ...................
12,1
17,8
dete Verweildauer1996 ...................
11,4
14,5
1997 ...................
11,0
12,8
konzept besonders
1998 ...................
10,7
12,0
empfindlich auf lan1999 ...................
10,4
11,2
ge Liegezeiten und
2000 ...................
10,1
10,6
2001 ...................
9,8
10,1
kann zu einer gewissen
Überhöhung
Datenquelle:
führen.
Krankenhausstatistik –
Grunddaten – [4]
146
Abb. 1
Monatsschrift 4/03
Berliner Statistik
Tage (Tabelle 2). Selbst die gravierende Änderung der
Grundgesamtheit 1996/1997 verringerte die Medianverweildauer lediglich um einen Tag von acht auf sieben
Tage, während das arithmetische Mittel von 18,0 auf 13,2
Tage abfiel. Die große Differenz zwischen dem arithmetischem Mittelwert und dem Median resultiert aus der
schiefen Verteilung der Verweildauer (Abbildung 1) und
vollstationären Fällen mit sehr langen Behandlungszeiten. Die meisten Aufenthalte endeten bereits nach einem Tag; der häufigste Wert (Modalwert) steht somit
links in der Verteilung. Mit zunehmender Verweildauerlänge nahm die Zahl der Patienten in der Regel ab, wie in
Abbildung 1 dargestellt. Während im Jahr 2000 95 % aller
Fälle nach längstens 33 Tagen entlassen wurden (Tabelle
2), lagen 5 % mindestens 33 Tage, und zwar 18 Patienten
sogar länger als zwei Jahre im Krankenhaus. Im Jahr 1996
waren es sogar 1 191 Patienten, die mindestens zwei Jahre vollstationär untergebracht waren.
Nicht symmetrische Verteilungen und extreme Werte,
so genannte Ausreißer, beeinträchtigen die Verwendbarkeit des arithmetischen Mittelwertes als Lagemaß einer
Verteilung. Alternativ wurden der Median, der robust gegenüber Ausreißern ist, und verschiedene getrimmte
arithmetische Mittelwerte berechnet.
Die Medianverweildauer lag zwischen 1993 und 1996
bei acht Tagen, das heißt 50 % der Patienten lagen bis zu
acht Tagen und die anderen 50 % lagen acht Tage oder
länger im Krankenhaus. Ab 1997 betrug die Medianverweildauer sieben Tage.
Nach der Trimmung der Verteilung um die oberen und
unteren 5 % der Fälle – die Trimmung erfolgt symmetrisch, obwohl es Ausreißer nur bei den Fällen mit sehr langen Liegezeiten gibt – zeigt die Verweildauer im Zeitverlauf eine geringere Dynamik als die der nicht getrimmten Mittelwerte. Statt um 7,9 Tage nahm die
Verweildauer
2000
getrimmter
Mittelwert Mittelwert (5%) Median
gegenüber 1994 geder
trimmt berechnet nur Rückgang
Verweildauer
um 2,0 Tage ab. Auch 2000 gegen
2,4
1,4
0
hier zeigt sich der 1997 in Tagen
überaus starke Einfluss der Fälle mit sehr langen Liegezeiten. Während der Mittelwert einen deutlichen Rückgang
der Verweildauer anzeigt, reagiert der Median erheblich
träger. Ein Vergleich der verschiedenen Lagemaße auf
Bundesebene unter Nutzung der 10 %-Stichprobe aus
den Diagnosedaten wurde nicht
1 Der Median oder Zentralwert ist als derjenige
durchgeführt, da das BerichtsMerkmalswert definiert, der eine geordnete
Reihe von Merkmalswerten halbiert.
jahr 2000 noch nicht vorlag.
Behandlungsfälle in Berliner Krankenhäusern
2000 nach der Verweildauer
70 000 Behandlungsfälle1
60 000
50 000
40 000
30 000
20 000
10 000
0
0
14
28
42
1 ohne Stundenfälle
Datenquelle:
Krankenhausstatistik - Diagnosedaten -
56
70
und
mehr
Verweildauer in Tagen
Eintagesaufenthalte als häufigste Verweildauer
ermittelt
Einblicke in die Häufigkeitsverteilung der Verweildauer
ermöglichen die Mikrodaten der Diagnosestatistik. Damit geht diese Statistik über die Makroebene hinaus, die
von den Grunddaten abgebildet wird. Die fallbasierten
Diagnosedaten ermöglichen die Berechnung verschiedener Lagemaße und die Berechnung von Streuungsmaßen. Die Lagemaße Modus, Median und arithmetisches Mittel sowie die Standardabweichung, der Quartilsabstand und einige wichtige Perzentile, die die Verteilung beschreiben, sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Die meisten vollstationär Aufgenommenen wurden
bereits nach einem Tag wieder aus dem Krankenhaus
entlassen, wie dem Modus in Tabelle 2 zu entnehmen ist.
Allerdings geben die Daten keine Auskunft darüber, ob
die Patienten nach Hause entlassen oder in ein anderes
Krankenhaus verlegt wurden. Einen eintägigen vollstationären Aufenthalt hatten 1994 8,4 % aller Entlassenen. Dieser Anteil stieg bis 2000 auf 10,4 % an (Tabelle 3).
Arithmetisches Mittel
unter bestimmten Bedingungen ungeeignet
Gegenüber 1997 lag die mittlere Verweildauer, berechnet als arithmetisches Mittel, im Jahr 2000 um 2,4 Tage
niedriger (1997: 13,2; 2000: 10,8 Tage). Wird dagegen der
Median1 für die Berechnung der mittleren Verweildauer
verwendet, dann zeigen sich keinerlei Veränderungen;
die Medianverweildauer betrug 1997 wie 2000 sieben
Tab. 2
Lagemaße und Streuung der vollstationären Verweildauer in Berliner Krankenhäusern 1993 bis 2000
Streuung
Lagemaße
Arithmetischer
Jahr Modus Median
Mittelwert
getrimmter arithmetischer
Mittelwert
5%
10 %
15 %
20 %
StandardQuartilsababstand
weichung
Perzentile
5.
10.
1
1
1
1
1
1
1
1
2
2
2
2
2
2
1
1
50.
25.
75.
2. Quartil
1. Quartil
3. Quartil
Median
90.
95.
in Tagen
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
1
1
1
1
1
1
1
1
8
8
8
8
7
7
7
7
18,0
18,7
17,9
18,0
13,2
11,9
11,2
10,8
12,0
11,8
11,4
10,8
10,2
9,7
9,2
8,8
10,9
10,4
10,3
9,8
9,4
8,9
9,5
8,1
10,2
9,8
9,7
9,3
8,8
8,4
8,0
7,6
9,7
9,3
9,2
8,8
8,4
8,0
7,6
7,3
81,1
104,1
102,7
117,5
68,0
18,5
16,3
15,6
14
14
13
12
12
12
11
10
4
4
4
4
3
3
3
3
8
8
8
8
7
7
7
7
18
18
17
16
15
15
14
13
34
33
32
29
28
26
25
23
49
48
46
43
39
37
35
33
ohne
Stundenfälle
Datenquelle:
Krankenhausstatistik
– Diagnosedaten –
Berliner Statistik
Streuung der Verweildauer stark verringert
Wie typisch sind die Werte der Lagemaße Mittelwert und
Median für die gesamte Verteilung? Seit 1996 hat der
Wert der Standardabweichung von 117,5 auf 15,6 Tage –
dem kleinsten Wert des betrachteten Zeitausschnittes –
rapide abgenommen. Auch der Quartilsabstand verringerte sich deutlich.
Nach 16 Tagen waren 1996 75 % aller Behandlungsfälle aus dem Krankenhaus entlassen worden. Das 75. Perzentil hat sich bis zum Jahr 2000 gegenüber 1996 von 16
auf 13 Tage vorverlagert, das 95. Perzentil sogar um 10 Tage von 43 auf 33 Tage. Während 1996 5 % aller Patienten
43 Tage und länger im Krankenhaus verbracht hatten, lag
diese Grenze 2000 bei 33 Tagen.
Die Veränderung
der Quartile, des
Abb. 2 Arithmetischer Mittelwert,
Medians und des
Median und Quartile
arithmetischen Mitder Verweildauer in Berliner
telwertes ist in AbKrankenhäusern 1993 bis 2000
bildung 2 für den
Jahr
Zeitraum 1993 bis
1993
2000 dargestellt. Als
1994
wenig repräsenta1995
tiv für die mittlere
1996
Verweildauer
er1997
scheint
der
arith1998
metische
Mittel1999
wert in den Jahren
2000
2. Quartil
1993 bis 1996, da
14
7
21
0
3. Quartil
der Wert oberhalb
und
Median
mehr
Arithmetischer
des 3. Quartils, also
Verweildauer in Tagen
Mittelwert
im Bereich des oberen Viertels der
Behandlungsdauerlänge, lag. Die großen Unterschiede
zwischen arithmetischem Mittelwert und Median ergeben sich für die Jahre 1993 bis 1996 aus den langen Liegezeiten der Chroniker. Diese wenigen aber großen Werte
beeinflussen das arithmetische Mittel direkt, während
der Median hier seine robuste Eigenschaft zeigt.
Entwicklung. Beginnend mit dem Jahr 1997 lagen mehr
als 50 % der Patienten höchstens eine Woche in der Klinik.
Gegenüber 1994 verzeichneten die eintägigen Aufenthalte ein Plus von 2,0 Prozentpunkten, die Zweitagesaufenthalte einen Zuwachs um 3,0 Prozentpunkte und
die Dreitagesaufenthalte einen Gewinn von 2,2 Prozentpunkten.
Reduziert auf das Vorzeichen der Veränderungen zeigt
das Berichtsjahr 2000 bezogen auf die Jahre 1994 und
1997 bis zu einer Liegedauer von bis zu 10 Tagen eine
Zunahme, danach kehrt sich das Vorzeichen der Veränderungen um und der Anteil der Behandlungsfälle reduziert sich (Tabelle 3).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der
Schwerpunkt der Verteilung der Behandlungsdauer verschoben hat und dass sich die Verteilung stärker konzentriert, und zwar insbesondere durch einen nahezu vollständigen Wegfall sehr langer Liegezeiten und durch
eine deutliche Zunahme der Kurzlieger. Diese Entwicklung wird in Abbildung 2 durch die eingezeichneten
Quartile und Lagemaße visualisiert.
Pflegetageaufkommen ist rückläufig
Der Rückgang der Verweildauer korrespondiert mit einer
Zunahme der Zahl der Behandlungsfälle (Tabelle 4 und
Abbildung 3). Naheliegend könnte die skeptische Vermu
Abb. 3
Entwicklung der vollstationären Patientenzahlen und
Pflegetage in Berliner Krankenhäuser 1993 bis 2000
Zahl der Patienten1
700 000
Pflegetage
12 000 000
600 000
10 000 000
500 000
8 000 000
400 000
6 000 000
300 000
4 000 000
200 000
Anteil der kürzeren Liegezeiten nimmt zu
Seit 1994 nimmt der Anteil der Kurzlieger an allen vollstationär Behandelten von Jahr zu Jahr zu (Tabelle 3). Lagen 1994 21,8 % bis zu drei Tagen im Krankenhaus, waren
es im Jahr 2000 29,0 %. Wird der betrachtete Liegezeitraum auf eine Woche erweitert, zeigt sich eine ähnliche
Tab. 3
147
Monatsschrift 4/03
100 000
2 000 000
0
0
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000
1 ohne Stundenfälle
Zahl der Patienten
Pflegetage
Datenquelle:
Krankenhausstatistik - Diagnosedaten -
Verweildauer der vollstationär behandelten Patienten in Berliner Krankenhäusern 1993 bis 2000
nach Liegetagen
Jahr
KurzLiegedauer
lieger
bis zu
1 bis
7 Tagen
3 Tage
Liegetage
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15 und
mehr
4,7
4,7
4,8
4,8
4,7
4,9
5,0
4,9
3,7
3,8
3,8
3,7
3,7
3,8
3,8
3,9
3,1
3,2
3,2
3,2
3,1
3,2
3,2
3,2
2,9
2,9
2,9
3,0
3,0
3,0
2,9
2,8
2,5
2,5
2,6
2,6
2,5
2,5
2,4
2,5
2,4
2,4
2,5
2,5
2,4
2,4
2,4
2,4
2,7
2,6
2,7
2,6
2,6
2,5
2,5
2,5
32,0
31,5
30,2
28,7
27,2
25,5
23,8
22,3
0,0
-0,1
-0,1
-0,1
-0,2
-0,1
-9,2
-4,9
in %
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
24,3
21,8
22,9
24,0
25,2
26,4
27,9
29,0
46,0
46,3
47,4
49,1
50,7
52,1
54,0
55,5
9,1
8,4
8,8
8,6
9,0
9,5
10,1
10,4
7,3
3,8
9,2
4,8
2,0
1,4
7,1
7,2
7,7
8,3
8,6
9,0
9,7
10,2
6,0
6,2
6,4
7,1
7,6
7,9
8,1
8,4
6,2
6,5
6,7
7,1
7,6
7,6
7,8
8,1
6,2
6,7
6,6
6,4
6,4
6,3
6,4
6,5
5,5
5,5
5,5
5,9
5,9
5,9
6,0
5,9
5,9
5,8
5,7
5,7
5,7
5,9
5,9
6,0
Veränderung der Liegetage 2000 gegenüber 1994 und 1997 in Prozentpunkten
2000 - 1994
2000 - 1997
3,1
1,6
2,2
0,8
1,6
0,5
-0,2
0,1
0,4
0,1
0,2
0,3
0,2
0,2
0,1
0,2
0,1
0,1
-0,1
-0,1
ohne
Stundenfälle
Datenquelle:
Krankenhausstatistik
– Diagnosedaten –
148
Abb. 4
Monatsschrift 4/03
Berliner Statistik
Verweildauer und Pflegetage
in Berliner Krankenhäusern 2000
Tab. 4
300 000
Entlassene vollstationäre Patienten,
Summe der Pflegetage und Verweildauer
in Berliner Krankenhäusern 1993 bis 2000
250 000
Jahr
200 000
Pflegetage = Zahl der Patienten x Verweildauer
150 000
100 000
50 000
Zahl der
Patienten1
0
0
14
28
42
56
70
1 ohne Stundenfälle
Datenquelle:
Krankenhausstatistik - Diagnosedaten -
84
98
112 126 140 154
und
mehr
Verweildauer in Tagen
tung sein, dass dem Verweildauerrückgang die Aufteilung einer Behandlung in mehrere getrennte stationäre Aufenthalte zugrunde liegt. Die Verweildauer je Meldefall würden sinken, die Gesamtzahl der Patientenfälle
aber steigen. Um den möglichen Effekt einer derart geänderten sozusagen kompensatorischen Behandlungsstrategie beurteilen zu können, soll die Gesamtsumme der
erbrachten Pflegetage betrachtet werden. Träfe die obige Vermutung zu, müsste das Produkt aus den Behandlungsfällen und der Verweildauer zumindest gleich bleiben. Tatsächlich nimmt die Summe der Pflegetage aber
ab (Tabelle 4). Nimmt man das Jahr 1994 als Referenzjahr,
dann war die Verweildauer im Jahr 2000 auf 57,8 % des
Bezugswertes abgesunken; die Behandlungsfälle waren
auf 113,0 % gestiegen und die Summe der Pflegetage
betrug nur 65,1 % der Gesamtsumme von 1994. Gegenüber dem Referenzjahr 1997 verkürzte sich die Verweildauer auf 81,8 % des Vergleichswertes, was einem Rückgang um 18,2 % entspricht, die Fallzahl nahm um 7,1 % zu
und die Pflegetage gingen auf 87,5 % der Summe von
1997 zurück. Der verkürzten Verweildauer liegt somit
eine tatsächliche Aufwandsreduzierung zugrunde. Ob es
sich dabei um eine Optimierung bei der Erreichung der
medizinischen Behandlungsziele des vollstationären
Teils des Krankenhausystems handelt, kann aus den Daten nicht entnommen werden.
In der Abbildung 4 sind die Zahl der Patienten und die
resultierenden Pflegetage nach der Behandlungsdauer
abgetragen. Die meisten Pflegetage verursacht die einwöchige Unterbringung. Auffällig ist der sägezahnförmige Verlauf der Pflegetagekurve: Im Siebentage-Rhythmus weist die Zahl der Pflegetage einen erhöhten Wert
auf. Ein Patient liegt beispielsweise eher 14 Tage im Krankenhaus als 12 oder 13 Tage. Geschuldet ist dieser unerwartete Kamm der Verteilung möglicherweise einem
simplen Rückgriff auf wöchentliche Einheiten bei der
Behandlungsplanung. Hätte der Kalender der Französischen Revolution, der die 7-Tage-Woche zugunsten von
Dekaden ersetzte, Bestand gehabt, würde vermutlich
eine andere Pflegetagekurve zu beobachten sein.
1993 .......
1994 .......
1995 .......
1996 .......
1997 .......
1998 .......
1999 .......
2000 .......
Behandlungsfälle
578 922
587 934
589 670
608 243
620 474
652 799
659 202
664 480
^
100 %
Messzahl 1994 =
Verweildauer BehandPflegetage
Pflege- Verweillungs(arith.
tage dauer
Mittelwert) fälle
10 413 907
10 979 162
10 546 431
10 956 010
8 171 318
7 790 661
7 409 073
7 146 034
18,0
18,7
17,9
18,0
13,2
11,9
11,2
10,8
98,47 94,85 96,26
100,00 100,00 100,00
100,30 96,06 95,72
103,45 99,79 96,26
105,53 74,43 70,59
111,03 70,96 63,64
112,12 67,48 59,89
113,02 65,09 57,75
Datenquelle: Krankenhausstatistik
– Diagnosestatistik –
Zusammenfassung
Der Schwerpunkt der Verteilung der Behandlungsdauer
hat sich verschoben und die Verteilung konzentriert sich
stärker, und zwar insbesondere durch einen nahezu vollständigen Wegfall sehr langer Liegezeiten und durch
eine merkliche Zunahme der kürzeren Liegedauern. Bei
Verwendung des Medians wird deutlich, dass die Berliner
Krankenhäuser Anfang und Mitte der 90er Jahre nicht so
ineffizient waren, wie das vom arithmetischen Mittel
nahegelegt wird. Dennoch eignet sich der Median nicht
als Ersatz für den arithmetischen Mittelwert – zumal sich
aus den Grunddaten, die die Makroebene des Krankenhaussystems abbilden, kein Median errechnen läßt –, da
die Reaktionsempfindlichkeit des arithmetischen Mittelwertes für die Beobachtung der Verweildauerentwicklung eine wünschenswerte Eigenschaft ist. Für den arithmetischen Mittelwert spricht auch der rechnerische Zusammenhang zwischen Fallzahl, Pflegetageaufkommen
und Verweildauer – ein Zusammenhang, der für den Median nicht gilt. Bei Untersuchungen der Verweildauer
sollte jedoch das Potenzial der Diagnosedaten ausgeschöpft werden, da nur diese Daten einen Zugang zur
Verweildauerverteilung eröffnen. Der Median sollte zusätzlich zum arithmetischen Mittel ausgewiesen werden.
Quellennachweis
[1] Kis, A., Bömermann, H., Hermann, S., Schieritz, F., Unger, G.:
Diagnosedaten der Berliner
Krankenhauspatienten 19941999,„Spezialbericht“, 2002,
Heft 1.
[2] Verordnung über die Bundesstatistik für Krankenhäuser
(Krankenhausstatistikverordnung – KHStatV) vom 10. April
1990, (BGBl. I S. 730), geändert
durch die Verordnung vom
13. August 2001 (BGBl. I S. 2135).
[3] Bömermann, H.: Dynamik der
Krankenhausnutzung im unterjährlichen Vergleich; „Berliner
Statistik“ – Monatsschrift 2002,
Heft 11, S.469-474.
[4] Statistisches Landesamt Berlin:
„Krankenhäuser und Vorsorgeoder Rehabilitationseinrichtungen in Berlin 2001, Teil I Grunddaten“; Statistischer Bericht
A IV 2 - j01.
Berliner Statistik
Glossar
Monatsschrift 4/03
Modus
Der häufigste Wert einer Verteilung wird als Modus oder
Modalwert bezeichnet. Der Wert kann direkt aus der Häufigkeitsverteilung entnommen werden.
Median
Der Median oder Zentralwert ist als derjenige Merkmalswert definiert, der eine geordnete Reihe von Merkmalswerten halbiert.
Arithmetischer Mittelwert
Der arithmetische Mittelwert ist ein rechnerischer Mittelwert. Die Werte, deren Mittelwert gesucht wird, werden
aufsummiert und durch die Anzahl der Werte geteilt. Bei
einer symmetrischen Verteilung sind Modus, arithmetischer Mittelwert und Median gleich. Berechnet wir das
arithmetische Mittel nach folgender Formel:
N
∑ xi
x = i =1
N
x
Arithmetischer Mittelwert
(gesprochen x quer), entsprechend ist
Verweildauer der arithmetische Mittelwert
der Verweildauer.
Einzelner Beobachtungswert
xi
S
Summe
N
Anzahl der Fälle
Getrimmter arithmetischer Mittelwert
Der arithmetische Mittelwert bestimmt den Durchschnitt
einer Verteilung dann nicht gut, wenn stark abweichende
Werte auftreten. Abhilfe kann das Stutzen oder Trimmen
der Verteilung bringen. Dabei wird ein bestimmter Prozentsatz der kleinsten und größten Werte aus der Berechnung entfernt.
Perzentile
Perzentile geben an, daß ein bestimmter Anteil der Werte
kleiner oder gleich groß ist.
Quartile
Quartile teilen die gesamte Verteilung in Abschnitte mit
gleichen Besetzungszahlen auf. Voraussetzung ist eine
der Größe nach geordnete Merkmalswertreihe. Zwischen
dem kleinsten Wert und dem ersten Quartilswert (Q1)
liegen 25 % der Fälle, zwischen Q1 und Q2 weitere 25 %
und zwischen dem kleinsten Wert und Q3 folglich 75 %
der Fälle. Der Quartilswert Q2 entspricht dem Median.
Quartile entsprechen dem 25., dem 50. und dem
75. Perzentil.
Standardabweichung
Die Standardabweichung ist ein Maß für die Abweichung
der Werte vom arithmetischen Mittelwert. Je größer die
Standardabweichung, desto stärker ist die Abweichung.
N
s=
∑ (xi − x )
2
i =1
N
x
xi
S
N
Arithmetischer Mittelwert
Einzelner Beobachtungswert
Summe
Anzahl der Fälle
Quartilsabstand
Der Quartilsabstand ist ein Maß für die Streuung der Werte. Er ist das Intervall, das durch das untere Quartil (Q1)
und das obere Quartil (Q3) begrenzt wird. In diesem Intervall liegen 50 % aller Werte.
Quartilsabstand = Q3 – Q1
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