D. Aussetzung (§ 221 StGB)

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Grundkurs Strafrecht II
PD Dr. Luís Greco
Teil 2: Straftaten gegen das Leben. D. Aussetzung
D. Aussetzung (§ 221 StGB)
„(1) Wer einen Menschen
1.in eine hilflose Lage / versetzt oder
2.in einer hilflosen Lage im Stich läßt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat
oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist,
und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren
Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei
Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu
erkennen, wenn der Täter
1.die Tat gegen sein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur
Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, oder
2.durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers
verursacht.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die
Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des
Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu
erkennen.“
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Teil 2: Straftaten gegen das Leben. D. Aussetzung
I. Allgemeine Bemerkungen
Rechtsgut: Leben, körperliche Unversehrtheit.
Konkretes Gefährdungsdelikt.
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II. Tatbestand
1. Abs. 1 Nr. 1
„Hilflose Lage“ = Situation, in der das Opfer nicht imstande ist,
sich vor abstrakten Gefahren für Leib und Leben zu schützen.
„Versetzen“ = verursachen
Ortsveränderung nicht erforderlich (BGHSt 52, 153,
156 f.).
2. Abs. 1 Nr. 2
„in seiner Obhut haben, zum Beistand verpflichtet sein“:
Garantenstellung
„Im-Stich-lassen“
Ortsveränderung ebenfalls nicht erforderlich. (vgl.a.
frühere Gesetzesfassung: „Verlassen“)
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II. Tatbestand
…
3. Gefahr des Todes o. schwerer Gesundheitsschädigung
konkrete Gefahr = Zustand, in dem es vom Zufall
abhängt, ob es zur Rechtsgutsverletzung kommt.
„dadurch“ = Kausalität + objektive Zurechnung
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3. Gefahr des Todes o. schwerer Gesundheitsschädigung
…
„schwere Gesundheitsschädigung“
Begriff taucht auch in anderen Vorschriften auf (z.B.: §§ 113 II Nr. 2; 218 II Nr. 2;
225 III Nr. 1; 239 III Nr. 2; 250 I Nr. 1c; 306b I StGB).
Er erfasst:
- alle Erfolge des § 226 StGB;
- vergleichbar schwere Erfolge
z.B.: ernste langwierige Krankheit; die
erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft und
anderer körperlicher Fähigkeiten.
- weniger schwere Erfolge (str.), bejahend BGH NJW 2002, 2043.
- auch zu bejahen, wenn intensivmedizinische Maßnahmen oder umfangreiche und
langwierige Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit
und/oder zur sonstigen Beseitigung der Tatfolgen notwendig sind (BGH NStZ-RR
2007, 304).
Körperliche, seelische und berufliche Besonderheiten des Opfers sind zu
berücksichtigen (BGH NJW 2002, 2043).
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II. Tatbestand
…
4. Erfolgsqualifikationen, Abs. 2 Nr. 2, 3
„verursacht… durch die Tat“ = Erfolgsqualifikation, § 18 StGB
einschlägig.
Erfolgsqualifizierter Versuch nach § 221 II Nr. 2, III StGB (P)
- Nach h.A. möglich.
- Mm.: die Erfolgsqualifikation macht die Tat erst zum Verbrechen und
begründet somit die Versuchsstrafbarkeit. Überschreitung des Wortlauts
von § 18 StGB: („Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat
eine schwerere Strafe…“)
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III. Sonstige Fragen, insb.
Konkurrenzen
Abs. 1 Nr. 2 tritt regelmäßig hinter Abs. 1 Nr. 1 zurück.
§ 221 StGB tritt regelmäßig hinter § 212 StGB zurück;
bleibt die Tötung nur versucht, Tateinheit.
Qualifikation bei eigenem Kind nicht übersehen, Abs. 2
Nr. 1.
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