Die Entdeckung des X(3872) an Belle Seminarvortrag: Aktuelle Fragestellung der subatomaren Physik Im WS 2010/11 25. Januar 2011 Svende Braun Betreuer: Sören Lange Inhaltsverzeichnis Grundlagen Das Standardmodell Mesonen Gluonen Confinement Parität Ladungskonjugation Charmonium Vergleich mit Positronium Charmonium Spektroskopie Das BELLE-Experiment Das X(3872) Teilchen Schlussfolgerung Das Standardmodell Austauschteilchen der fundamentalen Wechselwirkungen Wechselwirkung Kopplungskonstanten elektromagnetische schwache starke gravitative Mesonen Quark und Antiquark Bosonen Valenzquarks definieren Quantenzahl See-Quarks: Fluktuationen von Quark- Antiquarkpaaren durch Gluonen, ständig erzeugt und anihiliert virtuelle Quarks, bei kleinen Impulsen aufgrund Unschärferelation Konstituentenquarks: in Spektroskopie Valenzquarks effektive Masse zugeordnet, anschaulich: Quarks und Wolke aus Seequarks und Gluonen Selbstorganisation: Spin zu ganzzahlig, Farbe zu farblos Haben reiches Anregungsspektrum Gluonen Austauschteilchen der starken Wechselwirkung Wechselwirkung von Quarks durch Gluonenaustausch, Änderung der Farbladung haben Spin 1 Träger der Farbladung 8 verschiedene Gluonen als Kombination von Farbe und Antifarbe antisym. Koppeln an Farbladung Selbstwechselwirkung QCD beschreibt starke Wechselwirkung Confinement Postulat der QCD: Alle freien Teilchen sind farbneutral Quarks und Gluonen können nicht als freie Teilchen existieren Kraft zwischen Farbladungen wächst mit Abstand und führt zu unendlich hohem Potential Weiße Zustände viel günstiger Es entstehen keine freien Quarks, sondern Quark-Antiquarkpaare aus dem Vakuum erzeugen neue Hadronen Hadronisierung Parität • Geändertes Vorzeichen eines polaren Vektors (Ort r, Impuls p, elektrisches Feld E, Kraft F) • Nicht geändertes Vorzeichen bei axialen (Pseudo-) Vektoren (Drehimpulse: Spin S, Bahn (Orbital) L, Magnetfeld B) Ladungskonjugation Ladungskonjugation kehrt die Vorzeichen aller Ladungen eines Teilchens um • lässt alle weiteren Eigenschaften (Impuls, Spin) unverändert • zweimaliges Umkehren der Ladung erzeugt wieder das Teilchen • Beispiele für Ladungskonjugation: Charmonium J / Quark- Antiquark Grundzustand von Charm-Quarks Gleichzeitig entdeckt 1973 an zwei unabhängig voneinander durchgeführten Experimenten in Stanford und Brookhaven Masse (GeV) • Erzeugt durch e+e- Kollisionen Sub-Struktur des J / Gebundener Zustand von Quark-Antiquark Analogon: Wasserstoff einfachstes gebundenes System Vergleich mit Positronium (ähnliche Masse) Gibt es Anregungszustände? Masse System: 3-4 GeV/c^2 Masse c-Quark: 1,3-1,7 GeV/c^2 Masse System: 1-2 Mev/c^2 Masse Elektron: 511 keV/c^2 Vergleich von Charmonium und Positronium n=2 n=1 • Niedrige Zustände haben ähnliche Struktur • Höhere Zustände unterscheiden sich stark (keine Entartung) Für kleine Abstände muss Potential von Charmonium coulombartig sein Kein reines Coulombpotential, linear anwachsend wegen Confinement Vergleich der Potentiale Positronium Elektromagnetische Wechselwirkung • QED • Coulomb-Potential • Kopplungskonstante Charmonium Starke Wechselwirkung • QCD • Coulomb-Potential + confinement • Kopplungskonstante Potential in Gitter QCD Durch Gitterrechnung veranschaulichen, dass Kraft konstant ist (CM2) zwischen Feldlinien werden Gluonen ausgetauscht („Flußschlauch“) Reichweite der starken WW einige fm Für r >1,35 fm reißt Flußschlauch auseinander, Energie des Farbfeldes reicht aus um neue Paare zu bilden Bei angeregten Zuständen wird Flußschlauch dünner ≙ instabiler Klassisch ≙ Gewicht von 16t Charmonium Spektroskopie Zielsetzung: Überprüfung der Vorhersagen von theoretischen Modellen Suche nach neuen Zustände besseres Verständnis der QCD (bei niedrigen Energien) Wichtige Quantenzahlen: n: Hauptquantenzahl (n=N+1, N=radiale Knoten) L: Bahndrehimpuls (bestimmt Orbital) S: Gesamtspin (0≙Singulett,1≙ Triplett) J: Gesamtdrehimpuls |L-S| ≤ J ≤ |L+S| P: Parität C: Ladungskonjugation 2 Spektroskopische Notationen: Charmonium Spektroskopie Spin-Spin-WW Potentialmodell Spin-Ortsraum (Tensorterm) Mit als Kontaktterm 4 freie Parameter: αS=αS(r), k, mc , σ Pertubativer Ansatz ( αS<1) Nur Ein-Gluon-Austausch betrachtet Schrödinger-Gleichung lösen Spin-Bahn-WW Charmonium Spektroskopie Radiale Dichteverteilung der S-Zustände mit dem Potential von Charmonium Potential für verschiedene K-Werte Im Potentialmodell: αS=const. • eig. abhängig vom Impulsübertrag Q2 und damit nach Unschärferelation vom Abstand r der Quarks αS=αS(r) für kleine Abstände α groß, nicht-pertubativ Charmonium Thermschema bis n=3, L=4 Elektron-Positron Kollisionen an KEK-B • Asymmetrischer Elektron-Positron-Collider Lorentzboost erhöht Lebensdauer • Umfang 3.016 km • im Linac auf gewünschte Energien beschleunigt • Elektronen im HER bei 8 GeV • Positronen im LER bei 3.5 GeV • Innerhalb des BELLE-Detektors zur Kollision gebracht • Schwerpunktsenergie 10.58 GeV • Luminosität Ziel: • Verletzung der CP-Symmetrie • Zerfall von B-Mesonen Das BELLE-Experiment Messgrößen: Impuls p, Ladung q, Energie E anhand Reichweite und WW im Detektor Teilchen bestimmen Charmonium-Zerfall in Elektronen oder Myonen Resonanzen Langlebige Zustände feste Masse und definierte Quantenzahlen zuordnen Teilchen Maxima im 1/s Abfall des Wirkungsquerschnittes Kurzlebige Teilchen nicht direkt im Detektor zu sehen und dessen Masse als Identifikation zu messen über Zerfallsprodukte kurzlebiger Resonanzen auf diese schließen bei Vielzahl von Reaktionen invariante Masse bestimmter Kombination von Zerfallsprodukten berechnen, eintragen in Histogramm, Resonanz zu sehen wenn Mutterteilchen existiert Strahlenergie von 10.58GeV entspricht Y(4S) Resonanz Detektorauflösung exponential tail auf Grund von Bremsstrahlung bestimmt durch die Addition der invarianten Masse der Zerfallsprodukte, sie folgt aus der Energie-Impuls-Beziehung Reaktion bei BELLE Experiment bei fester Strahlenergie e+ e+ KK J/ψ ππ++ B 11 Resonanzen/s e+ Y(4S) B e- πe- Die letzten Teilchen werden in verschiedenen Detektoren gesehen und deren 4er-Impuls sowie die Energie bestimmt Ein neues Teilchen: das X(3872) Zuerst gesehen bei Belle MC Simulation beinhaltet Auflösungsvermögen der Detektoren und bekannte Reaktionen mit Wirkungsquerschnitt Ein neues Teilchen: das X(3872) X(3872) als Mutterteilchen von angeregtes Charmonium Charmonium aus BMesonen Zerfall Bestätigung durch andere Experimente In e+e- Kollidern wie BarBar und Belle In Proton-Antiproton Kollidern CDF-II und D0 Eigenschaften des X(3872) X(3872) bricht Isospin • ρ0(770) ist Mutterteilchen von π+π• hat Isospin 1 • π+π- kann zu Isospin 0 koppeln • Charmonium hat Isospin 0 X J/ψ+ρ0 J/ψ+π+π- Eigenschaften des X(3872) weiterer Zerfall: X J/ψ unwahrscheinlicher um Faktor 6 Signal kleiner Quantenzahlen des X(3872) • Wegen Zerfall in zwei neutrale Teilchen, die identisch mit ihren Antiteilchen sind C=+1 (aus Erhaltungssätzen) Nur diese Zustände kommen nach Standardmodell in Frage: Was ist das X(3872)? Nahester Kandidat nach Potentialmodell Anhand Winkelverteilungen: J=1, P=+1 1++ favorisiert Allerdings: Vergleich mit Potentialmodell liefert zu starke Abweichungen passt nicht ins Potentialmodell Was ist das X(3872)? Ist X kein Charmonium Zustand? Großer Radius X liegt unterhalb der Schwelle der DD* Paar Produktion m=3872.5 MeV Masse des X negative Bindungsenergie von – impliziert Betrachtung als Molekül Interpretation Ist X ein Meson-Meson-Molekül oder 4 Quark-Zustand? Charmonium-Spektroskopie zukünftige Projekte Belle Weitere Datenauswertungen BES 3 e+e--Kollision Bejing, China PANDA Kollision GSI Darmstadt ab 2017 Schlussfolgerungen Beobachtung neuer angeregter Charmonium Zustände bei BELLE und anderen Experimenten X(3872) nicht durch Potentialmodell vorhergesagt passt nicht in das Modell Isospinverletzung Was ist dieser Zustand? Interpretation nicht trivial! Neue Experimente (BES-III, PANDA) werden diese Zustände weiter untersuchen Quellen Neue stark-wechselwirkende Teilchen: Ihre Entdeckung und ihre Überraschenden Eigenschaften, Jens Sören Lange, JLU Physikalisches Kolloquium 11.Juni 2007 The X, the Y and the Z- New Charmonium and Charmonium-like States at BELLE, Jens Sören Lange, Seminar KVI Groningen 20.Mai 2008 Untersuchungen zur invarianten Vierteilchenmasse des Zerfalls , Bachelorarbeit von Matthias Ullrich, SS 2008 Suche nach Charmoniumzuständen mit Proton-Antiproton Endzuständen im Rahmen des Belle-Experimentes, Bachelorarbeit von Milan Wagner, September 2010 Vorlesungsskript zur Experimentalphysik 5 Kern- und Teilchenphysik, Prof. Dr. Michael Düren, WS 2010/2011 http://www-ik.fzk.de/~drexlin/ktp10/ktp_19.pdf http://www-ik.fzk.de/~drexlin/ktp10/ktp_18.pdf http://www.physi.uniheidelberg.de/~herrmann/PHYSIK5_WS04/V15H.pdf http://pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/teilchen/ss08/CPT.pdf Auflösungsvermögen der Detektoren