Medienethik zwischen Publizistik und Ökonomie Individual-, Organisations- Professionsethik 02. Oktober 2009; IPMZ, HS 3.02; 10.15-11.45 Uhr Prof. Dr. Vinzenz Wyss [email protected] Forschungsleiter IAM, ZHAW Winterthur Zürcher Fachhochschule 1 Modell zum Bedingungsgefüge journalistischer Ethik I • Das Individuum handelt im Rahmen der Profession und ihrer Berufsvorstellungen und unter den Bedingungen des jeweiligen Medienunternehmens. • Dieses wiederum ist eingebettet in ein Mediensystem, das nach rechtlichen, ökonomischen und politischen Vorgaben und auch nach technologischen Gegebenheiten ausgestaltet ist. • Das Mediensystem selbst erfährt wiederum seine Prägungen von wesentlichen Strömungen innerhalb der Gesellschaft. Und diese werden philosophisch reflektiert. Das folgenden Modell hilft, den Zugang zu der Frage nach der Verantwortlichkeit finden, ebenso wie es analytische Kategorien für die Eingrenzung ethischer Fragestellungen liefert. Vergleiche Ebenenmodell von Loretan (1994) Zürcher Fachhochschule 2 Modell zum Bedingungsgefüge journalistischer Ethik II Medienethische Fragen, die Beschreibung von Konfliktfeldern, praktische Dilemmata, Perspektiven für mögliche Korrektive und Handlungsorientierungen können anhand dieses Modells präziser gefasst und Interdependenzen aufgezeigt werden. 3 Zürcher Fachhochschule Modell zum Bedingungsgefüge journalistischer Ethik III Medienethik auf mehreren Ebenen Bei diesen Gegenüberstellungen wird das Problem der Reichweite der Verantwortlichkeit verschieden akzentuiert. Überwindung dieser Polarisierung durch die Formulierung sechs verschiedener Ebenen bzw. medienethischen Inhaltsbereichen (Loretan 1994: 61f.) 1. metaethischen Ebene 2. gesellschaftspolitischen Ebene 3. medienpolitischen Ebene 4. Organisationsebene 5. berufsbezogenen Ebene 6. personalen Ebene Zürcher Fachhochschule 4 Individual-, Professions- Organisationsethik • Nach dem Verpflichtungsbereich der Medienethik kann unterschieden werden zwischen Individualethik, Organisationsethik und Professionsethik. (Die in diesem Zusammenhang auch genannte Publikumsethik, Stapf 2006:131 ff, lassen wir weg; es fehlt an handlungsfähigen Adressaten; ausgenommen dort, wo die Presseräte Publikumsvertreter integriert haben – Schweiz, Grossbritannien). Zürcher Fachhochschule 5 Individualethik: • Die Individualethik beabsichtigt, die einzelnen Journalisten handwerklich und moralisch für richtige Entscheide zu rüsten. Ihr Ziel ist die Verständigung in der öffentlichen Kommunikation, ihre Methode der Appell an den tugendhaften Journalisten (Boventer 1988: 175). – Kritiker werfen ihr vor, die Berufsrealität des Drucks aus Medienunternehmen und inserierender Wirtschaft zu verkennen (Saxer 1992: 109). Zürcher Fachhochschule 6 Berufsethik • In den Vordergrund rückt hier zurecht die Branche, die Journalisten, Verleger, Intendanten und allenfalls Publikumsvertreter zusammenfasst. Da die Entscheidungs- und Gestaltungsmacht ungleich verteilt ist, braucht es alle vier, um den Qualitätsjournalismus nachhaltig zu sichern. Zürcher Fachhochschule 7 Institutions- und Organisationsethik: • Diese vom Systemtheoretiker Niklas Luhmann beeinflusste Richtung legt das Gewicht auf die Rahmenbedingungen der Medieninstitutionen, die das ethische Verhalten der Journalisten im einzelnen Medienhaus stark prägen. Das Unternehmen hat mehr Einfluss als Recht und Markt; denn es prägt auch die tägliche Routine (Saxer 1992: 117). – Kritiker monieren die Reduktion des Journalismus auf seine Praxis (mit Hinweisen Stapf 2006: 130). Zürcher Fachhochschule 8