Die ethische Dimension - Rolf

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Die ethische Dimension
ärztlichen Handelns
•
Pf. i.R. Rolf-Michael Turek, Leipzig
Jetzt auch das noch!
1. Medizinisches Grundwissen
2. Medizinisches Fachwissen
3. Verwaltungskunde
4. Computertechnik
5. Gruppendynamik
6. Spiritual-Care
7. Angewandte Philosophie (Medizin-Ethik)
Angewandte Philosophie (Medizin-Ethik)
Auf Betreiben der medizinischen Fakultäten (allen voran der Berliner)
wurde 1861 in Preußen die philosophische Vorprüfung für die angehenden
Ärzte abgeschafft und stattdessen das Physikum eingeführt.
Für Rudolf Virchow kennzeichnet diese Entscheidung den Übergang der
Universität vom philosophischen zum naturwissenschaftlichen Zeitalter.
Welche „guten“ Gründe sprechen dafür medizin-ethische Aspekte
in ärztliche Überlegungen einzubeziehen?
Vorüberlegungen
1. Phänomene/Situationen/Gegenstände/Handlungen
lassen sich aus verschiedenen Perspektiven
betrachten (Mehrdimensionalität)
Das trifft auch auf ärztliches und pflegerisches
handeln zu.
2. Es ist schwierig, andere als die eigene fachspezifische
Dimension in den Blick zu nehmen.
Psychologie
Heilungsprozess
Ethik
.
.
.
QALY
Ist die meistgenutzte Kennzahl in der gesundheitsökonomischen Evaluation.
Als qualitätskorrigiertes Lebensjahr (quality adjusted life year ) ist es eine Kennzahl
für die Bewertung eines Lebensjahres in Relation zur Gesundheit.
Ein QALY von 1 bedeutet ein Jahr in voller Gesundheit, während ein QALY von 0 einem
Versterben entspricht.
QALY ist damit ein Nutzwert für ein Leben(-sjahr).
Q=TxQ
T steht für die Anzahl an gewonnen Jahren
und Q für die gesundheitsbezogene Lebensqualität (zunächst normiert von 0 bis 1).
Man nehme an, dass eine Chemotherapie das Leben eines Patienten im
Durchschnitt um zwei Monate (ungefähr 0,17 Lebensjahre) verlängern kann. Die
Infusionen sind aber mit Nebenwirkungen verbunden und belasten den Patienten
stark. Daher bewertet der Patient seine gesundheitsbezogene Lebensqualität
während der Therapie mit 0,8. Dann entspricht dies einem QALY-Wert von
Q = 0,17 x 0,8 = 0,136.
Idealvorstellung klinischer
Zusammenarbeit
Pflegende
Ärzte und Ärztinnen
Physiotherapeuten
Ergotherapeuten
Jede Entscheidung,
die einen anderen Menschen betrifft
ist eine moralische.
Es geht nicht um das medizinisch-technisch Machbare,
sondern um das medizinisch-ethisch Vertretbare.
Unter welchen Umständen ist der Verzicht bzw. Abbruch einer Therapie
ethisch gerechtfertigter als deren Einleitung bzw. Fortsetzung?
Ethische Konfliktsituationen
Die Medizin hat im Laufe der Zeit eine fast
unüberschaubare Menge von Möglichkeiten geschaffen,
Menschen am Leben zu erhalten, die ohne sie nicht möglich wären.
Allerdings:
In der Steigerung dessen, was möglich ist, steigen auch die Belastungen derer,
die eine Entscheidung herbeiführen, umsetzen oder auch dessen Folgen
tragen (müssen).
Nicht alles das, was medizinisch möglich ist, ist zugleich auch gut!
Nicht alles das, was medizinisch möglich ist,
ist zugleich auch gut!
Nur: Was ist gut?
Gut für mich?
Gut für die Klinik?
Gut für den Patienten?
Gut für die Angehörigen?
Gut für den Arzt?
Gut für die folgenden Generationen?
Gut für …
Die Ethik als Teilgebiet der Philosophie versucht (u.a.) eine Antwort zu finden
auf die Frage nach dem „Guten“.
Ethik fragt:
Was ist das „Gute“/ das „Übel“?
Entscheidungen nicht zwischen „richtig“ und „falsch“
nicht zwischen „möglich“ und „unmöglich“
sondern zwischen „gut“ und „weniger gut“
bzw. zwischen „übel“ und „weniger übel“
Das Übliche
Das Angeordnete
(Stammesmoral)
(Herschermoral)
Freie Entscheidung
(Ethik)
1.
Steigerung der technischen Möglichkeiten in das menschliche Leben
einzugreifen
2.
Pluralismus der Lebens- und Wertvorstellungen in unserer
Gesellschaft
3.
4.
Veränderung des Selbstverständnisses der verschiedenen
Berufsgruppen
„Aufgeklärte“ (und mündige) Patienten und Angehörige
In Medizin und Pflege gelten die
„Prinzipien mittlerer Reichweite“
• Respekt vor der Autonomie des Patienten
• Fürsorgepflicht des Arztes (“salus aegroti suprema lex“)
• Nichtschadensgebot („primum nil nocere“)
• Gerechtigkeit
• Wahrhaftigkeit
• Zuverlässigkeit
Zwischen diesen verschieden Prinzipien
kann es zu Spannungen kommen.
Leiden
lindern
Leben
erhalten
2. Zwischen den verschieden Prinzipien kann es zu
Spannungen kommen.
Instrument
Leben erhalten
Krankheiten heilen
(oder
vermeiden)
Leiden lindern
Leiden lindern
Auch zwischen diesen Prinzipien kann es zu Spannungen kommen:
Die Intensivmedizin verbraucht derzeit 13%
aller Aufwendungen für die
Gesundheitsvorsorge in Deutschland.
Dabei verursacht ein relativ kleiner Anteil
von schwerkranken Intensivpatienten (8%)
einen überproportionalen hohen Anteil der
entstehenden Kosten (fast 50%).
Leben erhalten
Gerechtigkeit
Dem Patienten soll nichts vorenthalten
werden, was anderen Patienten in
vergleichbaren Situationen zugestanden
wird.
Dem Patienten soll aber auch nicht etwas
gewährt werden, was keinen Erfolg
verspricht und was Ressourcen
vergeudet, die anderen Patienten fehlen
könnten .
In der Medizin gelten vier „Prinzipien mittlerer Reichweite“
Die Aufgabe des Arztes ist es, unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechtes
des Patienten:
 Leben zu erhalten,
 Gesundheit zu schützen und wieder herzustellen sowie
 Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tode beizustehen.
(§1, Abs. 2 der Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte)
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Unter welchen Umständen ist der Verzicht bzw. Abbruch einer Therapie
ethisch gerechtfertigter als deren Einleitung bzw. Fortsetzung?
Die von der Entscheidung Betroffenen finden auf diese Frage nicht selten sehr unterschiedliche Antworten.
Nichtschaden
(„primum nil nocere“)
Klassischer
Heilungsauftrag
Forschungsauftrag
Medizin
Lebensverlängerung
Gerechte Verteilung
knapper Güter
Kostenträger
Patient
Angehörige
Linderung von Leiden
Linderung von Leiden
Pflege
„Care“ (Fürsorge)
Unter welchen Umständen ist der Verzicht bzw. Abbruch einer Therapie
ethisch gerechtfertigter als deren Einleitung bzw. Fortsetzung?
Die von der Entscheidung Betroffenen finden auf diese Frage nicht selten sehr unterschiedliche Antworten.
Vermeidung bzw.
Linderung von Leiden
Klassischer
Heilungsauftrag
Forschungsauftrag
Medizin
Linderung von Leiden
Gerechte Verteilung
knapper Güter
Kostenträger
Angehörige
Linderung von Leiden
Linderung von Leiden
Pflege
„Care“ (Fürsorge)
Unter welchen Umständen ist der Verzicht bzw. Abbruch einer Therapie
ethisch gerechtfertigter als deren Einleitung bzw. Fortsetzung?
Patient
?
Was wünschen sich Patienten?
1. Wie sieht die Entscheidungspraxis aus?
2. Ethische Entscheidungskriterien bei Konflikten
um die Frage der Therapiebegrenzung oder
Fortsetzung der Therapie
2.
2.
2.
2.
Aktuell erklärter Wille
des aufgeklärten und
einwilligungsfähigen Patienten
Daraus leitet sich die Pflicht ab,
den Patienten angemessen aufzuklären.
Therapeutische Aufklärung
(Sicherheitsaufklärung)
Selbstbestimmungsaufklärung
Diagnoseaufklärung
Verlaufsaufklärung
Risikoaufklärung
Aufgabe: Eine für Patienten und Angehörige verständliche Sprache finden und sprechen!
Das erfordert hohe kommunikative Bereitschaft und Kompetenz!
2.
2.
Fazit:
Das, was als (heute) als medizinisch-ethisch vertretbar angesehen werden
kann, lässt sich nicht eindeutig beantworten.
Das Treffen von Entscheidungen wird herausgefordert durch:
1.
Steigerung der technischen Möglichkeiten in das menschliche Leben
einzugreifen (erhöht die Handlungsalternativen)
2.
Pluralismus der Lebens- und Wertvorstellungen in unserer
Gesellschaft
3.
„Aufgeklärte“ (und mündige) Patienten und Angehörige
4.
Veränderung des Selbstverständnisses der verschiedenen
Berufsgruppen
Statt Einzelentscheidungen bedarf es hohe kommunikative Kompetenz
und einen („gewaltfreien“) ethischen Diskurs zwischen den Betroffenen.
Kontinentale Tradition
Angelsächsische Tradition
Würde
Wert
(dignitas)
(utilis)
- Objektformel "Die Menschenwürde ist
getroffen, wenn der konkrete
Mensch zum Objekt, zu einem
bloßen Mittel, zur vertretbaren
Größe herabgewürdigt wird.“
Günter Dürig
Ablehnung quantifizierender
Betrachtungsweise
Es ist unzulässig, menschliches Leben zum
Schutz anderer Leben zu opfern.
(z.B. Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar 2006)
- Werte(Güter)abwägung -
„the greatest good for the greatest number“
(Adam Smith)
Was einen Wert hat, ist miteinander
vergleichbar.
quantifizierende Betrachtungsweise
Es ist zulässig, menschliches Leben zum Schutz
anderer Leben zu opfern.
(z.B. Luftsicherheitsgesetze in: USA, Kanada,
Frankreich, Niederlande, Polen, Slowakei, Russland, …)
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Wem gehört der menschliche Körper?
Deontologisches Prinzip
der Menschenwürde
Utilitaristisches Prinzip
der Selbstverfügung
Dritte Formulierung des kantschen
Kategorischen Imperativs
(Selbstzweckformel)
Menschliche Handlungen sind
moralisch geboten, wenn sie
Leidzustände mindern bzw.
Glückszustände mehren.
„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in
deiner Person, als in der Person eines jeden
anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß
als Mittel brauchst.“
– AA IV, 429
Es ist Ausdruck der Achtung einer Person, dem
Einzelnen weitgehend unbeschränkte
Verfügungsgewalt über seinen Körper
einzuräumen.
Prinzip der Unverfügbarkeit
über die menschliche Person
Prinzip der Freiheit schließt die
Verfügbarkeit über die eigene Person ein
- Absolutes Tötungsverbot -
- „justified killing“ -
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Beratungsstrategien
Fallbezogene
Stationsrunden
Allgemeine
Stationsberatung
Etablierung von
Ethikberatung
Individuelle
Fallberatung
Entwicklung von
Ethik-Leitlinien
Herzlichen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
Aber nun lasst uns darüber reden!
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