FETALES ALKOHOLSYNDROM eine (un)heimliche Krankheit? Geschichtliches • Ein lange bekanntes Problem • „Gewiss, Du bist unfruchtbar und hast keine Kinder; aber Du sollst schwanger werden und einen Sohn gebären. Nimm dich jedoch in acht und trink weder Wein noch Bier und iss nichts Unreines!“ (Buch der Richter 13, 3-4). • „Törichte, betrunkene und gedankenlose Frauen bringen Kinder zur Welt, die wie sie selbst mürrisch und schlaff sind.“ Aristoteles • 1968 französische Studie untersucht 127 Kinder alkoholkranker Mütter und findet ähnliche Anomalien bei allen • 1973 Artikel im ‚Lancet‘ beschreibt erstmals diagnostische Kriterien und prägt den Namen der Störung • FAS Risikofaktoren für mütterlichen Alkoholkonsum an sich; erhöhte Risiken in der Schwangerschaft • suchtkranke Eltern • Vorbekannte Suchtproblematik • Rauchen • Sexueller Missbrauch • Gewalttätige Umgebung • Niedriges Bildungsniveau- und hohes Bildungsniveau • Höheres Lebensalter • Trinkender Partner • Ungewollte Schwangerschaft • Geringe Inanspruchnahme von Voruntersuchungen • regelmässiger Alkoholkonsum • Konsum im ersten Schwangerschaftsdrittel • Gleichzeitiger Konsum anderer Substanzen Das ‚Gesicht‘ des FAS • Weit auseinanderstehende Augen • Kleiner Kopf • Schwach ausgeprägtes Philtrum • Kurze Lidspalte • Kleines Kinn • Dünne Oberlippe • Wenig ausgeformte Ohrmuscheln • ... Bei Schädigung in der 3. Schwangerschaftswoche! Diagnose FAS • Gesicht auffällig? • Niedriges Geburtsgewicht? • Kleiner Kopf? • Intelligenzminderung? • Epilepsie? • Störung von Sprache, visueller Wahrnehmung, Feinmotorik, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Sozialverhalten? • Bestätigter mütterlicher Alkoholkonsum während der Schwangerschaft? • Keines dieser Symptome ist spezifisch Man soll alles so einfach wie möglich machen, aber nicht noch einfacher Einstein FASD Fetal Alcohol Spectrum Disorder • Überbegriff • Bezeichnet eine Reihe von körperliche, psychischen und Verhaltensproblemen, die Kinder betreffen können, deren Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben • FAS das voll ausgeprägte Syndrom Zahlen • 2 von 1000 in Deutschland geborener Kinder hat FAS • Das sind 1800 Betroffene jedes Jahr • Expertenschätzung: nur 10% aller Betroffenen weisen das Vollbild auf• Das hiesse: 18000 Neugeborene mit FASD jedes Jahr • Damit ist FASD die häufigste und als einzige vollständig vermeidbare Ursache fetaler Schädigung FASD- eine dimensionale Diagnose im Dschungel der Symptome • Kognitiv • Intelligenzminderung; erheblich unterschiedliche Fähigkeiten; schlechtes Gedächtnis; schwankende ‚Tagesform‘, schlechte Selbstreflexion, unflexibles Denken • Exekutiv • Schlechte Planung; schlechtes Urteilsvermögen; geringe Impuskontrolle; Desorganisation; schlechte Konzentration, Unfähigkeit zum Belohnungsaufschub; fehlende Zukunftsorientierung FASD- eine dimensionale Diagnose im Dschungel der Symptome • Emotional • Gefühle werden nicht erkannt und adäquat geäussert; Aggressionen • sozial • Versteht soziale Signale nicht; Distanzlosigkeit; wenig Emphatie; schlechte Bindungsfähigkeit; Externalisieren von Schuld; übermässiges Einfordern von Aufmerksamkeit • Hoch anfällig für Suchterkrankung und Delinquenz FASD- eine dimensionale Diagnose im Dschungel der Symptome • Medizinisch- neurologisch • Schlechtes Gleichgewicht, schlechte Koordination; Ess- und Schlafstörungen; Epilepsie; Allergien • Sprache • Extrem redselig; ahmt Redemuster anderer nach; gering ausgeprägtes Sprachverständnis Kein Blick fürs ‚grosse ganze,‘also • Kann man Gelerntes nicht generalisieren • Man spart nicht • Isst und schläft auf der Arbeit, egal wie der Chef es findet • Versteht nicht, warum der andere nun böse ist • Kann das eigene Handeln nicht begründen • Versteht nicht die Konsequenzen der eigenen Handlungen • Nimmt sich, was einem gefällt und tut, was gerade im Kopf ist • Lernt nicht aus Erfahrungen • Lügt, schlecht.. Differenzialdiagnosen, so weit das Auge reicht... • Genetische Defekte • Chronische Erkrankung von Mutter oder Kind • Fehl- oder Mangelernährung • Stoffwechselerkrankungen • Andere Toxine (Medikamente, Substanzen?) • ADHS • Bipolar • Dissoziale Persönlichkeit • Borderline • Schlechte Sozialisation, Gewalt, Missbrauch • Mangelnde Förderung • Böse? Blöd? Schlecht erzogen? Will nur nicht? Warum wird nicht mehr getan? Thesen • Bei Kleinkindern schwierige, bei Erwachsenen schwierigste • • • • • Diagnosestellung Erkrankung wird im Medizinstudium kaum erwähnt und auch im Facharztstudium wenig berührt Hohe Stigmatisierung von Suchtkranken- führt zu Verschweigen und Vertuschen Starker Einfluss der Alkohollobby (Werbeverbot für Alkohol?) Mythen- ein bisschen Alkohol ist sogar gesund (was ist ‚ein bisschen?‘) Unklarheit, wie viel Alkohol nun wirklich schadet • Die allgemeine Abneigung, sich die älteste, bekannteste und beliebteste aller Drogen vermiesen zu lassen.... Was könnte man tun? • ‚Dran denken‘- Diagnostizieren, früh! • Eltern und insbesondere Pflegeeltern ernst nehmen und • • • • unterstützen Ein angstfreies, stabiles Zuhause bieten Klare Regeln aufstellen Feste Bezugspartner bieten Schulische und soziale Förderung • Medikamente –es gibt keine Anti-FASD-Pille, aber Agressionen und Impulsivität können vermindert werden. • In der gesamten Schwangerschaft KEIN Alkohol- niemand weiss, wie viel und ab wann es schadet Vielen Dank für Ihr Interesse Bei Fragen: FASD Deutschland e.V. Hügelweg 4 49809 Lingen Tel.: +49 591 7106700 info(at)fasd-deutschland.de