Diagnostik und Arzneimitteltherapie bei FASD Dr. med. Karin Hameister Fachklinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie Sozialpädiatrisches Zentrum FASD- Fachtag Köln am 15.03.2017 Diagnostik und Arzneimitteltherapie bei FASD 1. Datenlage 2. Diagnostik im Team 3. Biologische Ursachen 4. (Medikamentöse) Therapie 5. Take home FASD Mütterlicher Alkoholkonsum während der SSH führt zu Schäden beim ungeborenen Kind! ... häufigste erklärbare Ursache für Entwicklungsstörungen im Kindesalter (Feick et al. 2006, IOGT 2004) ... für nicht genetisch verursachte angeborene Störungen (Kopera-Frye, Connor, Streissguth 2000) ... kann alle Dimensionen der Entwicklung betreffen ... Lebenslang und 100 % vermeidbar 1. DATENLAGE Alkoholkonsum • 9,5 Mio. Menschen in Dtl. konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskantem Ausmaß • 1,8 Mio. Erw. sind abhängig • 27 Mrd. €/ Jahr – volkswirtschaftliche Kosten (Drogenbericht 2015) Alkohol Frauen – Männer in Deutschland Alkoholkonsum in der Schwangerschaft • keine verlässlichen Daten in Dtl. über die Prävalenz • Probleme bei der Datenerhebung sind z.B. Stichprobenwahl, Informations-Bias, Underreporting, etc. • 14% der Schwangeren konsumieren gelegentlich Alkohol in der Schwangerschaft (KiGGS-Studie: 0,4% -1% alkoholkrank) • GEDA, 2012: 20% moderater • 8% riskanter Konsum (RKI, 2012) • Dt. Frauen 3 X häufiger als Frauen mit Migrationshintergrund • Es trinken dt., ältere und sozioökonomisch höher gestellte Frauen häufiger und mehr Alkohol Prävalenz FAS- Spektrum • Keine verlässlichen Daten • Europa: 0,2- 8,2/ 1000 Geburten • USA: 0,2- 4,5/ 1000 Geburten • Kanada: 1% • 2 – 4 % für FASD- Spektrum • 3000-4000 Neugeborene mit FASD in Dtl. (Spohr 2012) • Prävalenz in Risikogruppen, z.B. Pflegekindern 15%? (Feldmann 2002) • Prävalenz Trisomie 21 0,1-0,2% CP 0,3% 2. DIAGNOSTIK IM TEAM Blickdiagnose FASD • Wachstum/ Mikrocephalie • Gesicht: typische Auffälligkeiten • ZNS: Entwicklung, Verhalten, Lernen Blickdiagnose FASD • Wachstum/ Mikrocephalie • Gesicht: typische Auffälligkeiten • ZNS: Entwicklung, Verhalten, Lernen • Alkohol in der SSH ? • Differentialdiagnostik Diagnostik Diagnostik Diagnostik Diagnostik Differentialdiagnostik Lern- und Verhaltensstörung Oppositionelles Verhalten Störung des Sozialverhaltens Pychot. Hyperakt. Tiefgreifende Entwicklungsstörung Intelligenzminderung Lern- und Verhaltensstörung i.R. FASD Organisch bedingte Hyperakt. Psychoreaktive Verhaltensstörung i.R. Bindungsstörung Landgraf M, Heinen F. S3-Leitlinie; Diagnostik des Fetalen Alkoholsyndroms. 2016; AWMF S3 - Leitlinie (Landgraf, Heinen 2012, 2016) • Evidenz- und konsensbasierte LL, fachverbändeübergreifend mit einheitlich anwendbaren Empfehlungen für die diagnostischen Kriterien das Vollbildes FAS • Vorbilder zur Entwicklung waren die LL aus USA und Canada, insbes. der 4-digit-code von Astley • Diagnostik setztsetzt ein interdisziplinäres Team von Diagnostik ein interdisziplinäres Team Fachleuten voraus!voraus! AE, PS, ET,PS, ST,ET, SDST, ... SD ... von Fachleuten AE, • S3-Leitlinie für FAS –Vollbild und Spektrumstörung www.awmf.org/.../022-025l_S3_Fetales_AlkoholSyndrom_Diagnostik_ FASD als Spektrumstörung FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) = beschreibender Begriff = Spektrumstörung = variable Syndromausprägung FAS = Vollbild der Erkrankung (10 %) „Blickdiagnose“ pFAS = nicht alle typischen Auffälligkeiten Vulnerable Zeitfenster gegenüber Teratogenen 93,3 % Spezifität und Sensitivität für Alkoholkonsum durch Mekoniumanalyse Fettsäurenethylester Am sensitivsten: 4 verschiedene FS addiert (Palmitat, Linol, Oleat, Stearat) (Januar 2012) Vergleich von mütterlichen Befragungen und Mekoniumanalysen 4,26 fach höhere Inzidenz von pränatalem Alkoholkonsum bei Mekoniumanalysen als bei Befragungen Analyse von Phosphatiylethanol aus getrocknetem Bluttropfen bei routinemäßiger Ng-Untersuchung kosteneffektiv und effizient Cut-off im Paper (>20 ng/ml), aber noch kein festgelegter Cut-Off bekannt Validität noch nicht gesichert, HWZ von einigen Tagen (ALCOHOLISM: CLINICAL AND EXPERIMENTAL RESEARCH Vol. 37, No. 6 June 2013) Risikobewertung „Zwei Mütter, die dieselbe Menge trinken, können sehr unterschiedliche Alkoholspiegel haben und unterschiedlich betroffene Kinder gebären.“ (Prof. Löser, 1995) Aufgrund der multifaktoriellen individuellen Risikofaktoren kann man keine „Schädigungsschwelle“ angeben!!!! 3. BIOLOGISCHE URSACHEN Alkohol ist ein Zellgift Keine lineare Abhängigkeit zw. Dosis und Schädigung Kognition Mausmodell: Anatomische Untersuchung der Gehirnstrukturen und –dicke Kortikale Oberfläche reduziert Absolute Neuronenanzahl um 8% reduziert GABA-erge Neurone um >30% im gesamten Kortex andere Studien: Korrelation mit Verhaltensstörungen (Alcohol 49;2015; 571-580) 4. (MEDIKAMENTÖSE ) - THERAPIE Therapie der Zukunft ? • Stammzelltherapie Therapeutische Ansätze: • Pränatale Zufuhr von Antioxidatien über Ernähungsergänzungsmittel • Folsäure • Choline • neuroaktive Peptide und neurotrophe Wachstumsfaktoren Medikamentöse Therapie • Keine kausale Therapie • Medikamentöse Therapie am Symptom und Komorbidität ausgerichtet • ADHS: MPH; LDX • Ängstlich : Atomoxetin • Affektlabil: Guanfacin • • • • Impulsiv: Risperidon u.a. Neuroleptika .... Heilpädagogik und Verhaltenstherapie Unterstützung des familiären Systems verbessert die Lebensqualität des FAS - Patienten 5. TAKE HOME Es gibt keine „Grenzwerte“ in der Schwangerschaft und in der Stillperiode Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Essen 12.12.12 Hameister 35 www.lebenszentrum-koenigsborn.de