definition und zahlen

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SCHUTZ MACHT SCHULE
THEMENKOMPLEX:
DEFINITION UND ZAHLEN
Inhalte:
Sammlung und Klärung
Definition und Kriterien
Ein Blick auf die Zahlen:
1. Dunkelfeld
2. Hellfeld
3. Opfer
4. Täter*innen
5. Ausmaß sexuellen Missbrauchs in Deutschland
Exkurs: Spezifische Gefährdungsfaktoren (von Kindern mit besonderem Förderbedarf)
Kriterien:
 unbeabsichtigt
 Resultat von Unwissen oder
mangelnder Sensibilisierung
 können Ausdruck einer „Kultur
der Grenzverletzung“ sein
 korrigierbar
Sexuelle Übergriffe
strafrechtlich
relevant
Sexuelle
Grenzverletzungen
Sexueller Missbrauch
§ 174 Schutzbefohlene
§ 176 Kinder (bis 14 Jahre)
§ 182 Jugendliche
Kriterien:
Sexuelle
 nicht zufällig,Gewalt
kein „Versehen“
 Resultat von persönlichen/
fachlichen Defiziten oder
mangelndem Respekt
 können derSexueller
Vorbereitung eines
sexuellenMachtmissMissbrauchs dienen
Sexuelle
 sexuelle Handlungen von
Ausbeutung
Erwachsenen an oder vor Kindern
 Absicht:
Befriedigung eigener sexueller
Bedürfnisse und Machtbedürfnisse
Sexuelle
 Ausnutzung von Unwissenheit,
Misshandlung
Neugier, Vertrauen, Abhängigkeit
 Geheimhaltung
Sexualisierte
GEWALT
brauch
Kinderpornographie
Sexuelle
Belästigung
Vergewaltigung
Sexuelle Nötigung
§ 177
§ 184 b
Exhibitionismus
§ 183
Sexuelle Übergriffe
Kriterien:
Kriterien:
 unbeabsichtigt
 Resultat von Unwissen oder
mangelnder Sensibilisierung
 können Ausdruck einer „Kultur
der Grenzverletzung“ sein
 korrigierbar
 nicht zufällig, kein „Versehen“
 Resultat von persönlichen/
fachlichen Defiziten oder
mangelndem Respekt
 können der Vorbereitung eines
sexuellen Missbrauchs dienen
strafrechtlich
relevant
Sexuelle
Grenzverletzungen
Sexueller Missbrauch
§ 174 Schutzbefohlene
§ 176 Kinder (bis 14 Jahre)
§ 182 Jugendliche
 sexuelle Handlungen von
Erwachsenen an oder vor Kindern
 Absicht:
Befriedigung eigener sexueller
Bedürfnisse und Machtbedürfnisse
 Ausnutzung von Unwissenheit,
Neugier, Vertrauen, Abhängigkeit
 Geheimhaltung
Kinderpornographie
Sexuelle
Belästigung
Vergewaltigung
Sexuelle Nötigung
§ 177
§ 184 b
Exhibitionismus
§ 183
Sexuelle Übergriffe
Sexuelle
Gewalt
Sexueller
Machtmissbrauch
strafrechtlich
relevant
Sexuelle
Grenzverletzungen
Sexueller Missbrauch
§ 174 Schutzbefohlene
§ 176 Kinder (bis 14 Jahre)
§ 182 Jugendliche
Sexuelle
Ausbeutung
Sexualisierte
GEWALT
Sexuelle
Misshandlung
Kinderpornographie
Sexuelle
Belästigung
Vergewaltigung
Sexuelle Nötigung
§ 177
§ 184 b
Exhibitionismus
§ 183
Ein Blick auf die Zahlen:
1. Hellfeld
2. Dunkelfeld
3. Wer sind die Opfer?
4. Wer sind die Täter*innen?
1. Hellfeld
In Deutschland wurden 2013 laut polizeilicher Kriminalstatistik fast 14.000 Fälle sexuellen
Missbrauchs angezeigt.
Diese umfassen:
12.437 Anzeigen wegen sexuellem Kindesmissbrauch
1.084 Anzeigen wegen sexuellem Missbrauch an Jugendlichen
460 Anzeigen wegen Missbrauchs an minderjährigen Schutzbefohlenen
Diese Zahlen sind seit 2010 fast gleich geblieben.
www.beauftragter-missbrauch.de
1. Hellfeld
Problematik:
• nur ein Teil der Straftaten gegen die körperliche Selbstbestimmung wird der
Polizei bekannt
• die Umstände des sexuellen Missbrauchs beeinflussen das Anzeigeverhalten
(z.B. werden unbekannte Täter eher angezeigt)
• das Anzeigeverhalten und die Intensität der Verbrechensbekämpfung
beeinflusst die PKS
• erfasst werden Anzeigen, nicht Verurteilungen oder eingestellte Verfahren
Die PKS liefert ein nur sehr ungenaues Abbild des Ausmaßes von sexuellem Missbrauch.
http://www.bka.de/nn_229440/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/pks__node.ht
ml?__nnn=true
2. Dunkelfeld
= strafrechtlich relevante Delikte, die nicht angezeigt werden bzw. der Polizei nicht bekannt
werden.
„Die Zahl der Betroffenen wird in der Forschung 20 – 30 – mal höher geschätzt“.
Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) 2013
„Es ist von einer Unterschätzung der tatsächlichen Häufigkeit sexueller Gewalt gegen
Kinder auch in repräsentativen Dunkelfeldbefragungen auszugehen.“
Deutsches Jugendinstitut (DJI) 2010
2. Dunkelfeld
Problematik retrospektive Untersuchungen:
• unterschiedliche Definitionen von „sexueller Gewalt“
• unterschiedliche Repräsentativität der Studien
• unterschiedliche Befragungsinstrumente
• Erinnerungsverzerrungen
• Probleme der Antwortbereitschaft
2. Dunkelfeld
Das Ausmaß der von sexueller Gewalt betroffenen Kinder liegt nach deutschen
retrospektiven Studien zwischen:
12,5 % und 29 % bei den Mädchen
4 % und 8,2 % bei den Jungen
(Enders 2012, S. 18/ 19)
2. Dunkelfeld
Dunkelfeldschätzungen lassen vermuten,
„dass in Deutschland etwa jedes vierte Mädchen und jeder zwölfte Junge sexuelle Gewalt
erlebt.“
(Bange und Deegener 1996)
3. Wer sind die Opfer?
Geschlecht
Etwa 2/3 der Opfer sind Mädchen, etwa 1/3 Jungen.
Alter
1/3 aller Missbrauchsfälle beginnen vor dem 10. Lebensjahr
(vgl. Enders, 2012)
4. Wer sind die Täter?
Geschlecht
ca. 80% männliche Täter
ca. 20% weibliche Täterinnen
Alter
etwa 1/3 der Täter ist jünger als 21 Jahre, 2/3 sind Erwachsene ab 21 Jahren.
Soziale Schicht
Sie kommen aus allen sozialen Schichten.
Bezug zum Opfer
30 % Familienangehörige
50 % Menschen aus dem außerfamiliären sozialen Nahfeld
20 % Fremde
(vgl. Enders, 2012.)
5. Ausmaß sexuellen Missbrauchs in Deutschland
Derzeit gibt es keine belastbaren Zahlen, wie viele der heutigen Kinder und Jugendlichen
von sexuellem Missbrauch betroffen sind.
Vom Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten wurde dafür eine Expertise in Auftrag
gegeben. Die Ergebnisse werden ab Mitte 2015 erwartet.
www.beauftragter-missbrauch.de
(Stand : Mai 2015)
Exkurs: Spezifische Gefährdungsfaktoren I
Gesellschaftliche Gefährdungsfaktoren :
(nach Senn 1993, Walter 2005)
„Bei sexuellem Missbrauch scheint es nicht die tatsächliche Behinderung zu sein, die die Vulnerabilität erzeugt, sondern
eher die Erziehung, die das Kind erhalten hat, die Art der Bildung und die Umgebung, der sich Kinder mit
Entwicklungsstörungen befinden und die das Risiko sexuellen Missbrauchs erhöhen.
Mit anderen Worten: Die Gesellschaft hat eine Situation geschaffen, in der Kinder mit entwicklungsbedingter Behinderung
beigebracht wird, `gute Opfer` zu sein.“(Senn 1993, S.37)
Minorität
Kinder mit besonderem Förderbedarf leben in einer Welt, die von Erwachsenen ohne Behinderung bestimmt wird.
Sie stehen in einem starken Abhängigkeitsverhältnis und sind somit gefährdet, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden.
Isolation
Kinder mit besonderem Förderbedarf leben häufiger in räumlich und sozial isolierten Lebenswelten. Sie werden in
förderspezifischen Schulen unterrichtet und teilweise auch nachmittags in speziellen Gruppen betreut.
Durch diese soziale und räumliche Isolation werden Rahmenbedingungen geschaffen, die den Täterstrategien
entgegenkommen.
Doppelte Tabuisierung
„Das `Tabu im Tabu`, das durch das Absprechen der Sexualität behinderter Menschen (Anm. der Verfasserin: der Sexualität
von Kindern, und dann auch noch Kindern mit besonderem Förderbedarf) und durch das Ausnutzen ihrer Abhängigkeit von
Bezugspersonen geprägt ist, macht die Situation noch aussichtsloser, die Opfer noch hilfloser und das Schweigen noch
schwieriger zu brechen.“ (Seligmann 1996, S.74)
Exkurs: Spezifische Gefährdungsfaktoren II
Zusätzliches Machtgefälle
Unsere Gesellschaft ist geprägt durch patriarchalische Macht- und Gewaltverhältnisse.
Ebene Erwachsene und Kinder
Ebene Männer und Frauen
Ebene Menschen ohne Behinderung und Menschen mit besonderem Förderbedarf
Da es bei sexualisierter Gewalt immer um das Ausnutzen von Macht geht, sind Kinder mit besonderem Förderbedarf, im
speziellen Mädchen, einem erhöhten Risiko sexualisiert Gewalt ausgesetzt.
Mangelnde sexuelle Aufklärung
Häufig werden Kinder mit besonderem Förderbedarf nur unzureichend über Sexualität aufgeklärt. Jedoch brauchen
besonders diese Kinder Unterstützung und Begleitung, wenn es um die Themen Grenzachtung, Intimität, Körper und
Sexualität geht.
Unglaubwürdigkeit
Während es bei Kindern ohne Behinderung schon schwer fällt, Andeutungen oder Aussagen über erfahrene sexualisierte
Gewalt zu glauben, ist dies bei Kindern mit besonderem Förderbedarf noch gravierender.
Exkurs: Spezifische Gefährdungsfaktoren III
Institutionelle und strukturelle Gefährdungsfaktoren:
Fremdbestimmte Abhängigkeit
Häufig besteht in Schulen mit besonderem Förderbedarf, in Wohngruppen und Tagesgruppen ein deutliches
Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Kindern und den Lehrkräften bzw. dem Betreuungspersonal. Die Kinder sind häufig
sehr fremdbestimmt, haben wenig Möglichkeit, Grenzen zu setzen und eigene Bedürfnisse und Ängste anzubringen.
Aufgrund der besonderen Förderung besteht ein enges Verhältnis zum Kind, so dass die Grenzen teilweise verschoben oder
nicht mehr adäquat wahrgenommen werden. Umso schwieriger für diese Kinder, Grenzüberschreitungen zu erkennen und
sich dann Hilfe zu holen.
Zu hochschwellige Beratungs- und Hilfsangebote
Das Hilfs- und Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf ist viel zu hochschwellig angelegt. Sinnvoll
wäre es, den Kindern solche Angebote regelmäßig vorzustellen und ihnen Möglichkeiten zu verschaffen, Hilfs- und
Beratungsangebote aufzusuchen.
Unzureichende Präventionsangebote
Häufig werden Präventionsangebote gegen sexualisierte Gewalt an Schulen mit besonderem Förderbedarf nicht
konsequent durchgeführt. Sexuelle Aufklärung, das Thema Grenzachtender Umgang und Informationen zu sexueller Gewalt
werden kaum mit den Kindern behandelt.
Exkurs: Spezifische Gefährdungsfaktoren IV
Persönliche Gefährdungsfaktoren:
Verminderte (körperliche) Selbstbestimmung
Kinder mit besonderem Förderbedarf benötigen häufiger intensive Betreuung und Unterstützung. So ist es schwer zu
erkennen, wann eine wohlwollende Förderung zu einer grenzverletzenden Handlung wird.
Kommunikationsbarrieren
Wie bereits erwähnt, werden Kinder mit besonderem Förderbedarf in der Regel unzureichend aufgeklärt und verfügen über
wenig Wissen zum Thema Sexualisierte Gewalt. Da es diesen Kindern grundsätzlich schwer fällt, sich verbal klar zu äußern,
fehlen ihnen in diesem Bereich häufig Begriffe und auch die Vorstellung. Aber wie soll ein Kind etwas so Schwieriges sagen,
wenn auch noch die Worte fehlen?!
Psychische Abhängigkeit
Viele Kinder mit besonderem Förderbedarf entwickeln eine enge Beziehung zu den Lehrkräften und zum
Betreuungspersonal. Dies kann zu Abhängigkeit führen und zu der Angst, die Bezugsperson zu verlieren, wenn sich das Kind
in unangenehmen Situationen wehrt.
Geringes Selbstwertgefühl
Um sich gegen Grenzüberschreitungen zu wehren, sind Selbstbewusstsein und Selbständigkeit notwendig. Häufig haben
aber Kinder mit besonderem Förderbedarf die Erfahrung gemacht, dass sie „fehlerhaft“ sind, „nicht gut genug“, und nicht in
der Lage, für sich selbst zu entscheiden. So fällt es diesen Kindern besonders schwer, eigene Grenzen wahrzunehmen und
das Recht zu haben, diese Grenzen auch einzufordern.
Distanzlosigkeit
Viele Kinder mit besonderem Förderbedarf haben nie einen angemessenen Umgang mit Nähe und Distanz gelernt! So fällt
es ihnen schwer, ihre eigenen Grenzen und die der anderen zu erkennen und zu respektieren. Zum einen, weil sie teilweise
aus Familien kommen, in denen die Grenzen oft und teilweise auch massiv und gewalttätig überschritten wurden. Zum
anderen aber auch, weil sie auf die besondere Unterstützung angewiesen sind und somit Grenzen anders definiert werden.
Literatur:
Sexuelle Gewalt gegen Kinder in Familien. Expertise im Rahmen des Projekts Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen
in Institutionen. Deutsches Jugendinstitut e.V. (Hrsg.): München 2010.
Abschlussbericht des DJI-Projektes sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen.
DJI München 2011.
Grenzen achten. Schutz vor sexuellem Missbrauch in Institutionen. Ein Handbuch für die Praxis Enders, Ursula (Hrsg.) :.
Köln 2012.
Handwörterbuch Sexueller Missbrauch, Bange, Dirk/ Körner, Wilhelm (Hrsg.) Göttingen 2002.
Kinder mit sexualisierter Gewalterfahrung unterstützen, Gebrande, Julia:. Opladen, Berlin, Toronto. 2014
Prävention von sexueller Gewalt, Institut für Qualitätssicherung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH),
Landesseminar Berufliche Bildung Kronshagen, Präventionsbüro PETZE Kiel (Hrsg.). 2013.
„Was macht ihr Sohn denn da?“ – Geistige Behinderung und Sexualität, Achilles, Ilse, Reinhardt, München 2005
Sexualerziehung bei Jugendlichen mit körperlicher und geistiger Behinderung. Unterrichtsmaterialien (Förderschule),
Ehlers, Cathrin, Persen, Buxtehude 2009
Auch wir dürfen Nein sagen! Sexueller Missbrauch von Kindern mit einer geistigen Behinderung. Eine Handreichung zur
Prävention. Gerdtz, Maike Edition S, Heidelberg. 2003
Sexueller Missbrauch von Kindern. Ansätze einer Prävention für die Sonderschulpädagogik, Seligmann, Sylvia, Kovac,
Hamburg 1996
Gegen jedes Recht. Sexueller Missbrauch und geistige Behinderung, Senn, Charlene, Donna Vita, Berlin. 1993
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