HERZLICH WILLKOMMEN! Tötungsdelikte 3, §§ 211, 212, 216, 222 Wiederholung 1 • • • • • • • • • Mord und Totschlag – Verhältnis (Rspr./Lit.) §§ 211 ff. a. F. Statistik: hohe Aufklärung/wenige Fälle § 212 – obj., subj. TB Hemmschwelle – BGHSt 57, 183, § 261 StPO § 212 II – Definition, Fälle = Entscheidungen Todesstrafe (bis?), lebenslange/zeitige Freiheitsstrafe, § 38 BVerfGE 45, 187; 50, 5 - § 57a, § 78 II Kommission zur Reform der Tötungsdelikte MM o/s – täter-, tatbezogen: grausam, m.ggf. M. 2 Wiederholung 2 MM: Heimtücke – bewusstes Ausnutzen der Arg- u Wehrlosigkeit Einschränkung: feindliche Willensrichtung, besonders verwerflicher Vertrauensbruch, tückisch-verschlagenes Verhalten, positive und negative Typenkorrektur -> Rechtsfolgenlösung (BGH) Mordlust (töten um zu töten), Befriedigung des Geschlechtstriebes (direkt = unmittelbar ggfls. Bilder d. Tat, BGHSt 50, 80) Habgier • Ungezügeltes, rücksichtsloses Streben nach Gewinn, „um jeden Preis“ (?) – selbst um den Preis eines Menschenlebens (selbstreferentiell?) • Höhe des Gewinnes irrelevant (vgl. Fischer, § 211, Rn. 13) • Aussicht auf (ohne Tod nicht gegebene) unmittelbare Mehrung des Vermögens • Ersparte Aufwendungen (z. B. Unterhalt) • Hemmungslose, triebhafte Eigensucht • Motivbündel 4 Sonstige niedrige* Beweggründe *Nie: „niedere“, vgl. aber § 354 III – anders wieder § 209 I StPO • Auffangtatbestandsmerkmal? • Akkumulation von Pejorativen – rechtlich/sittlich auf tiefster Stufe stehend, nachgerade verachtenswert (Maßstab – rationaler Kern?) • Tiefste Stufe = Superlativ zur Erläuterung eines Positivs (Ähnl.: § 26: Hervorrufen für Bestimmen) • Rspr: Gesamtwürdigung • Letztlich: Sofern sich ein Grund findet, d. noch verwerfl. ist, ist zu bezweifeln, dass d. des Täters auf tiefster Stufe steht – dageg.: a. d. Stufe ist viel Platz = also gleich • Zorn, Wut, Enttäuschg, Eifersucht – nachvollziehbar? (Diskussion: kulturelle Verwurzelung?) z. B. „Blutrache“ 5 Absicht der Ermöglichung/Verdeckung einer Straftat • Vgl. §§ 214 f. StGB a. F. – (lexetius) • § 214. Wer bei Unternehmung einer strafbaren Handlung, um ein der Ausführung derselben entgegentretendes Hinderniß zu beseitigen oder um sich der Ergreifung auf frischer That zu entziehen, vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. • Straftat, d. h. – keine Ordnungswidrigkeit • Verdeckungsabsicht: nemo tenetur, vgl. § 258 • Insbesondere §§ 212, 13 = §§ 211, 13 6 Empfehlung • Woche der Mordmerkmale • Lektüre von Entscheidungen zu jeweils einem Mordmerkmal samt zustimmenden und ablehnenden Anmerkungen • Anschließend: Diskussion • Überzeugen die Entscheidungen oder die ablehnenden Anmerkungen? 7 Der Vorwurf des Nazi-(Un-)Rechts • • • • Politik d. Jahres 2013 (davor wenige Stimmen) Freisler (Was war der Volksgerichtshof?) Tätertyp: Gibt es den geborenen Mörder? Rechtsprechung seit 1941, z. B. RGSt 76, 297 (Eifersucht, Soldat an der Ostfront); 77, 41 (Eifersuchtstötung, hier aber „gesundes Volksempfinden“) beide Male: Gesamtwürdigung sowie seit 1949 • Vgl. Formulierungen: Anstifter, Gehilfe 8 Historisch - Gesetzesfassungen • 1871: • Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft. • 1941 : • (1) Der Mörder wird mit dem Tode bestraft. • (2) Mörder ist, wer • • • • – aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, – heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder – um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. • (3) Ist in besonderen Ausnahmefällen die Todesstrafe nicht angemessen, so ist die Strafe lebenslanges Zuchthaus. • 1949: Art. 102 GG (Ausnahme: Hessen: Art. 21 I 2 m. Fn. Verweis auf Art. 102 GG) • 1953: Todesstrafe -> Zuchthausstrafe, Abs. 3 weggefallen • 1969: Zuchthausstrafe -> lebenslange Freiheitsstrafe 9 Reformvorschläge • AE-Leben, GA 2008, 193: Regelbeispiele • Deckers/König/Fischer/Bernsmann, NStZ 2014, 9: Abschaffung des Mordes • Mandla, FS-Rössner, 2015, S. 845 • Abschlussbericht der Expertengruppe (20.5.14) zur Reform der Tötungsdelikte (15.6.2015) insges. 903 Seiten (L!) 10 Das Verhältnis von Mord und Totschlag • Vgl. Tötungsdelikte • Totschlag als Grundtatbestand, Mord als qualifiz. Totschlag = Tötung unter erschwerenden Merkmalen (Literatur = h. M.) – Plausibilität? – Qualifikation vor Tatbestand? • Mord als eigenständiges Delikt neben dem Totschlag (Rspr) – Plausibilität – Mord ohne Töten? • Relevanz? 11 Täterschaft und Teilnahme bei Mord und Totschlag (vgl. TuT 4 Folien Nr. 11 ff.) • Grundsätzlich trennen: tat- u. täterbezog MM • Beispiel: - Täter § 211, 2. Gruppe (= tatbezogen) Teiln m Kenntn d. MM d. Täters: §§ 211, 26/27 Teiln o Kenntn d. MM d. Täters: §§ 212, 26/27 Wichtig: Keine Differenz bei RSpr u Literat. 12 Teilnahme b. täterbezogenen MM Täter mit täterbezog MM: § 211 - Teilnehmer ohne Kenntnis und selbst ohne MM Rspr.: §§ 212, 16, 26/27 Lit.: §§ 212, 26/27, 28 II, (29) - Teilnehmer mit Kenntnis aber selbst ohne MM RSpr: §§ 211, 26/27, 28 I , 49 I (d. h. § 27 II + § 49 I) Lit.: §§ 212, 26/27, 28 II, (29) 13 - Teilnehmer mit Kenntnis, ohne dieses aber mit anderen MM (der Gruppe 1 oder 3) RSpr.: §§ 211, 26/27 ABER: § 49 I (-) = inkonsequent Lit.: §§ 211, 26/27, 28 II (29) (Sog. gekreuzte MM – BGHSt 23, 39, 40) - Täter o MM: § 212 Teilnehmer mit MM (1/3) RSpr.: §§ 212, 26/27 Lit.: §§ 211, 26/27, 28 II, (29) 14 Tötung auf Verlangen, § 216 • Die Anstiftung zur eigenen Tötung, § 216 (L!) • Was ist ernstlich? – Vorauss: freiverantwort Entscheid, frei von WillMängeln (weder Täuschg, Irrtum noch Zwang – Einsichts- u. Urteilsfähigkeit • Tötungsverlangen bei Tathandlung (kein Widerruf) • Adressatengruppe (auch Pflegepersonal) • Bedingung/Befristung • Probleme: Art. 2 GG – Freiheit, Leben und Sterben – Verzicht auf Leben? Verfügbarkeit? • StrR: lediglich Anerkennung eines Konfliktes, d. h. Täter muss Verlangen kennen u bestimmt worden sein (bestimmender Tatantrieb) 15 § 216: Privilegierung • Nicht angenommen in BGHSt 50, 80: Opfersuche (Entscheidung lesenswert auch in Bezug auf § 211 [Befriedigung des Geschlechtstriebes – Tötungsdelikte 2, Folie. 12], § 168 Arg/Quelle]) • Untergeordnet in einem Motivbündel • Irrtümliche Annahme: § 16 II • Begehen durch Unterlassen? H. M.: (-) BGH 2 StR 145/11, Urt. v. 14.9.11 (L) BGH: § 216 (-) LG Bamberg, Urt. v. 11.4.13, Jug KLs 1107 Js 79081/12 (L) 16 Zusammenfassung • Verhältnis Mord und Totschlag • Tatbezogene Mordmerkmale: Grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln, Heimtücke, Def.? – Einschränkung – Rechtsfolgenlösung • Täterbezogene Mordmerkmale: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebes, Habgier, sonstige niedrigen Beweggründe, Ermöglichungs-, Verdeckungsabsicht • Täterschaft und Teilnahme bei Tötungsdelikten • Naziunrecht und Reform der Tötungsdelikte • Tötung auf Verlangen 17 Vorschau • • • • • • • • • Am Mittwoch, 8. Juni 2016, ist keine Vorlesung Donnerstag, 9. Juni 2016: Wiederholung: Tötungsdelikte 1-3 Suizid und Beihilfe dazu Sterbehilfe § 217 § 213 Fahrlässige Tötung, § 222 Aussetzung, § 221