Islam Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer Gott und dass Mohammed sein Prophet ist. (Shahada) Mohammed • „Djahiliya“: Polytheismus in Arabien, Juden, Christen (v.a. Arianer u.a. Heterodoxe); Hochgott: Allah („der Gott“) • ca. 570 Geburt von Mohammed, Waise, Onkel: Abu Talib • Heirat mit Chadidja • ab dem Alter von 40 Jahren Visionen, Rückzug ins Gebirge (Hira): „iqra“ – „lies / zitiere / trag vor“ • 96. Sure: „Trag vor im Namen deines Herrn, der erschuf, erschuf den Menschen aus einem Blutklumpen. Trag vor, denn dein Herr ist im Guten unübertrefflich, der durch das Schreibrohr nahe brachte, den Menschen lehrte, was er nicht wusste!“ • Monotheismus (Sure 112: „Sag: Er ist Gott, der Eine. Gott, der Vollkommene. Nicht hat er gezeugt und nicht ist er gezeugt . Und nicht gleich ist ihm einer“) - Gegen Trinitätslehre oder die „Töchter Allahs“ • Gericht • Islam: völlige Hingabe an den Willen Gottes • Tradition: Adam, Abraham u.a., Mose (Tora), David (Psalter), Jesus (Evangelien), Muhammad (Koran) > „Sigel der Propheten“ • Botschaft an die Araber in Mekka > Konflikt • 619 Tod von Chadidja und Abu Talib • 622 HIDSCHRA: Flucht nach Medina, Beginn der Zeitrechnung • 630 Eroberung von Mekka • 632 Tod im Haus der Lieblingsfrau Aisha deren Vater Abu Bakr erster Nachfolger des Propheten wird (Kalif) Der Koran • • • • qur‘an: Rezitation Urkoran im Himmel (präexistent) – in arabisch Unverfälschtes Wort Gottes Stil unachahmbar, birgt alle Geheimnisse, Antworten auf alle Fragen, schönste Dichtung • 114 Suren mit kurzen Überschriften (Die Kuh, Der Stern, Die Rennenden). • jede Sure beginnt: bismi‘llahi‘rrahmani‘rrahimi (Bismala) Die Eröffnende: al-fatiha • „Im Namen Gottes, des barmherzigen, des Erbarmers. Das Lob Gott, dem Herrn der Welten, dem Barmherzigen und dem Erbarmer, dem Herrscher am Tage des Gerichts. Dir dienen wir und dich bitten wir um Hilfe: Leite uns recht auf dem Weg, dem geraden, dem Weg derer, die von deiner Gnade getragen, und nicht dem Weg derer, die dein Zorn waltet, und derer, die in die Irre gehen!“ (Sure 1) 5 Säulen • • • • • shahada: salat: zakat: hadsch: ramadan: Glaubensbekenntnis Ritualgebet Almosen Wallfahrt nach Mekka Fastenmonat Die vier Rechtgeleiteten Kalifen und die Ausbreitung des Islam • Abu Bakr (573-634): Schwiegervater des Mohammed (Aischa); 1. Kalif; Konsolidierung; Quraisch • Omar (592-644): Schwiegervater des Mohammed; große Verbreitung, kriegerische Erfolge: 635 Damaskus, 639-641 Ägypten; 640-644 Persien; ermordet; Quraisch • Othman ibn Affan (-656): Schwiegersohn Mohammeds; weitere Eroberungen: Georgien, Armenien ..., ermordet; erster Omayade, • Ali ibn Abu Talib (600-661): Schwiegersohn Mohammeds (Fatima), Partei des Ali (Schiat Ali) ist überzeugt, dass er der rechte Nachfolger des Propheten sei >>> Schiiten! In Kufa ermordet • Aufstieg des altmekkanischen Hauses Omayya, Line der Quraisch (ehemalige Feinde) • Mu‘awiya (-680): Begründer der Dynastie der Omayyaden, Statthalter von Uthman in Syrien, Verlagerung der Hauptstadt nach Damaskus; Aufbau der Mittelmeerflotte; Konsolidierung; Aufbau eines Staatswesens, Verwaltung, greift Byzanz an • Yasid (644-683): Sohn von Mu‘awiyya, nicht allgemein anerkannt; Aufstand der Söhne des Ali: • Hasan (625-670): seine Nachkommen Scherifen; Titel: Sayyid (grüner Turban) • und Husain (): Schlacht bei Kerbela 680 Tod des Husain als Märtyrer hochverehrt! > Sayyid; • Shiat Ali: Partei Alis > Schiiten (Persien u.a.) • Ausbreitung: 691 Atlantik, 711 Spanien, Indien Tradition • Sunna: Gewohnheit des Propheten • Hadithe: Aussprüche des Propheten (z.B.: „Die Meinungsverschiedenheit in meiner Gemeinde ist ein Zeichen göttlicher Barmherzigkeit“) • Idjma: Konsens der Gelehrten • seit 11.Jh. Tor der Idjtihad (freien Rechtsfindung) geschlossen. Erstarrung • Sharia: Gefüge des umfassenden Rechtssystems (nicht kodifiziert!) • Quiyas: Analogieschluss Theologie und Philosophie • Kalam: Theolog. Diskurs / Philosophie • Mu‘tazila (9.-10Jh.): rationalistische Schule; Lehre: Tauhid (Einheit Gottes); Geschaffenheit des Koran; Gerechtigkeit Gottes; lebt in Schia weiter • Altgläubige: Ahmad ibn Hanbal • Al-Ash‘ari (gest.935): Vermittlung; Unerschaffenheit des Koran; Attribute Gottes „ohne wie“ (bilah kaif); Mensch weder frei noch unfrei (Erwerben der Taten); keine Naturkausalität, sondern „Gewohnheiten Gottes“; setzt sich als Orthodoxie durch Mittelalterliche Philosophie und weitere Entwicklung • • • • • • Ibn Rushd (Averroës) Ibn Sina (Avicenna) Blütezeit im 12. Jh. Sufismus: Mystik >>>>>>>>>>> KOLONIALISMUS<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< Schah Wali Allah (gest. 1762); Naqshbandiya-Orden, Erneuerung der Mystik (Reinigung von neuplatonischen und hindustischen Momenten) Einfluss auf weitere „puritanische“ Strömungen der Orthodoxie > u.a. Taliban • Muhammad Iqbal (1877-1938): Qadiriya-Orden; Anhänger: „Wenn die Welt nicht mit dir einverstanden ist, steh auf gegen sie“; Studium Jura, Cambridge, München, Heidelberg; Dichter; Mystiker in Persischer Sprache Zahlen und Fakten • • • • • • • • • • • • 1,6 Mrd. Gläubige Indonesien ca. 13.% Pakistan 11,1 Indien 10,3 Bangladesch 9,3 Ägypten, Nigeria 5 Iran, Türkei 4,7 Algerien 2,2 Marokko 2 IN DEUTSCHLAND CA. 5% DER BEVÖLKERUNG IN FRANKREICH 8% IN SACHSEN 0,1% Islamisches Erwachen • Napoleon in Ägypten • Im 19. Jahrhundert innere Erneuerung des osmanischen Reichs, Verbindung – Koran und Menschenrechte – Rafi at-Tahtawi: Besuch in Frankreich – Hatt-i serif von Gülhane (1839): Minimalkodes moderner Menschenrechte (Osman. Reich) – Positive Aufnahme europäischer Innovationen: • Aufklärung, Technik, Wissenschaft • Sayyid Ahmad Khan (1817-1898) – indisch-moslemischer Modernist; – Gründer der Aligarh–Universität; – Ziel Wiederherstellung des Islam mit moderner europäischer Bildung: Islamische Aufklärung – Trennung von Religion und Staat! – Loyale Kritik an England (Sepoy Aufstand 1857) – Historiker, Jurist, Theologe, Politiker – Promotor des Urdu Djamal ad-Din al-Afghani (1838-1897) • • • • • • • • • • Ein maßgeblicher Erneuerer des Islam; Politischer Aktivist; antikolonial; Nähe zur Mutazila (Rationalismus) Ulama (islamische Gelehrte) haben durch ihre geistige Erstarrung die Rückständigkeit der islamischen Kultur zu verantworten Islam als überlegene Zivilisation/Kultur Gegen den proeuropäischen Kurs Ahmad Khans Gegen Materialismus, Darwinismus, Atheismus Westen habe seine geistigen Grundlagen aus dem Islam: soziale Gleichheit, Volkssouveränität, Streben nach Wissen, ethnische Gleichheit Besinnung auf Urgemeinde des Propheten Panislamismus • Muhammad Abduh (1849-1905) • • • • Konnte als 12jähriger Koran auswendig Studium an Al-Azhar in Kairo Schüler Al-Afghanis: Neo-Mu‘tazilit; Prinzipien: Willens- und Gedankenfreiheit – Wiedereröffnung der Tore des Idjtihad – Öffnung der Koraninterpretation – Sunna (des Propheten), idschma (Konsens der Rechtsgelehrten), qiyas (Analogieschluss) – Freimaurer! • Grundlagen der Salafiyya – Bewegung – Salaf (die Altvorderen: Urgemeinde) – Rückprojektion der Aufklärung in Urislam • Zusammenarbeit mit brit. Verwaltung Ägypten – Jurist, liberaler Reformer, Theologe • Panislamismus Sati al-Husri (1880-1968) • ägypt. muslimischer Nationalismus • Panarabismus • Säkularer Sozialismus (Baath-Partei) Hassan al Banna (1906-1949) • Sufi-Mystiker, geprägt von Al Afghani und Abduh • Dorfschullehrer; Predigt den Massen,islamisch-sozialistische Massenbewegung • Gegen: Säkularismus Ägyptens; Rassismus der Kolonialherren, Panarabismus; christliche Mission; Zionismus /Israel; politische Entrechtung der muslim. Völker, Reichtum der Oligarchen, Autokratie der Monarchen • Für Islamisierung der Gesellschaft • Gründer der Muslimbrüder • Vater des Islamismus • Wird ermordet • Muslimbrüder seit 50iger Jahre wichtigste Opposition in Ägypten Hassan al-Banna: Aufbruch zum Licht (1936), Einige Schritte der prakt. Reform • • • • • • • • • • • Erstens: Auf dem Gebiet von Politik, Justiz und Verwaltung: 1) Beendigung des Parteienwesens und Orientierung der politischen Kräfte der Nation in einer Richtung als einer einzigen Front. 2) Reform des Rechts in dem Sinn, daß es mit der islamischen Gesetzgebung in allen ihren Ableitungen in Einklang steht. 3) Stärkung der Armee und Erhöhung der Zahl der Jugendabteilungen; moralische Aufrüstung der Jugend auf der Grundlage des Dschihad. 4) Stärkung der Verbindungen zwischen sämtlichen islamischen Regionen, insbesondere zwischen den arabischen Regionen; als erster Schritt zur ernsthaften Prüfung praktischer Maßnahmen in der Frage des erloschenen "Kalifats". 5) Förderung des Geistes des Islam in den Ämtern der Regierung in dem Sinn, daß die Beamten insgesamt sich aus eigenem Empfinden den Lehren des Islam verpflichtet wissen. 6) Kontrolle des persönlichen Verhaltens der Beamten und Aufhebung der Trennung zwischen privater und dienstlicher Sphäre. 7) Festsetzung der Arbeitszeiten in den Ämtern im Sommer und im Winter, um die Erfüllung der religiösen Pflichten zu erleichtern und die vielen Nachtwachen zu unterbinden. 8) Beendigung der Bestechung und Günstlingswirtschaft und ausschließliche Berücksichtigung der Qualifikation und der gesetzlichen Kriterien. 9) Sämtliche Aktivitäten der Regierung müssen entsprechend den Bestimmungen und Lehren des Islam vollzogen werden. Die Organisation der offiziellen Feierlichkeiten, Empfänge und öffentlichen Zusammenkünfte sowie die Führung der Gefängnisse und Krankenhäuser darf nicht im Widerspruch zu den Lehren des Islam erfolgen. Die Einteilung der Arbeitszeiten darf nicht mit den Gebetszeiten kollidieren. 10) Verwendung und Ausbildung der Absolventen der Azhar-Universität in den Diensten von Armee und Verwaltung. • • • • • • • • • • • Zweitens: Auf dem Gebiet des Sozialen und der Bildung: 1) Gewöhnung des Volkes an die Respektierung der öffentlichen Sitten; Aufstellung diesbezüglicher Instruktionen unter dem Schutz des Gesetzes und Verschärfung der Strafen für moralische Vergehen. 2) Die Frage der Frau muß in einer Weise gelöst werden, die ihre Förderung und ihren Schutz gleichermaßen gemäß den Lehren des Islam gewährleistet. Diese gesellschaftliche Grundfrage darf nicht der tendenziösen Willkür beider Extreme - Untertreibung und Übertreibung - überlassen werden. 3) Unterbindung der öffentlichen und heimlichen Prostitution; Ansehen jeder Art von Unzucht als ein Verbrechen, dessen Täter die Strafe der Auspeitschung erhält. 4) Unterbindung aller Arten von Glückspiel wie Spiele, Lotterien, Wettkämpfe und Klubs. 5) Bekämpfung des Alkohols und aller Rauschmittel, deren Verbot die Nation von den verderblichen Folgen erlöst. 6) Erziehung der Frauen in den Regeln weiblichen Anstandes, um das flirt- und gefallsüchtige Verhalten zu unterbinden. Verschärftes Augenmerk diesbezüglich im Blick auf Lehrerinnen, Schülerinnen, Ärztinnen, Studentinnen und ihresgleichen. 7) Revision der Lehrpläne für Mädchen und unbedingte Erarbeitung solcher Unterrichtsprogramme für sie, die sich von denen der Jungen auf vielen Stufen des Unterrichts unterscheiden. 8) Geschlechtertrennung an den Universitäten. Jedes ungesetzliche Alleinsein zwischen Männern und Frauen ist als Vergehen zu betrachten, für welches die jeweiligen Betroffenen bestraft werden. 9) Förderung von Eheschließung und Nachkommenschaft durch alle geeigneten Mittel; Erarbeitung einer Gesetzgebung, welche die Familie schützt und zu ihrer Gründung motiviert, so daß das Problem der Ehe gelöst wird. 10) Schließung der Ballsäle und Tanzlokale; Verbot von Tanz und Ähnlichem. • • • • • • • • • • 19) Geltung der hisba; Bestrafung desjenigen, der erwiesenermaßen in einem Punkt den Lehren des Islam zuwidergehandelt oder den Islam angegriffen hat. Darunter fallen zum Beispiel das Fastenbrechen im Ramadan, vorsätzliches Unterlassen des Gebets, die Beleidigung der Religion und Ähnliches. 20) Anschluß der Primarschulen auf den Dörfern an die Moscheen und ihrer beider Einbeziehung in ein vollständiges Reformprogramm im Blick auf Unterrichtende, Hygiene und bestmögliche Betreuung, so daß die Kleinen zum Gebet und die Großen zur Wissenschaft erzogen werden. 21) Bestimmung des Religionsunterrichts als Hauptfach in allen Schulstufen und -Typen einschließlich der Universitäten. 22) Förderung der Koran-Memoration in den öffentlichen freien Schulen. Die auswendige Beherrschung des Koran ist Voraussetzung für die Erlangung der wissenschaftlichen Diplome im Bereich der religiösen und philologisch-philosophischen Fächer. Ein Teil des Koran muß in jeder Schule memoriert werden. 23) Aufstellung einer klaren Bildungspolitik zur Förderung des Unterrichts und Hebung seines Niveaus, zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Formen des Unterrichts und zur Annäherung zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus in der Nation. Die erste Stufe des Unterrichts dient in besonderer Weise der vorzüglichen Erziehung zu patriotischem Geist und integrem Charakter. 24). Besondere Pflege der arabischen Sprache in allen Stufen des Unterrichts und ihre ausschließliche Bevorzugung gegenüber allen Fremdsprachen im Bereich der ersten Unterrichtsstufen. 25) Besondere Pflege der Geschichte des Islam, der nationalen Geschichte und nationalen Erziehung sowie der Geschichte der muslimischen Zivilisation. 26) Das Nachdenken über den besten Weg, um die Kleidung in der Nation sukzessive zu vereinheitlichen. 27) Beendigung der ausländischen Verfremdung in den Haushalten im Blick auf Sprache, Sitten, Kleidung, Kindermädchen, Ammen usw.; Ägyptisierung aller dieser Dinge, vornehmlich in den Häusern der gehobenen Klassen. • • • • • • • • • • • Drittens: Auf dem Gebiet der Wirtschaft: 1) Organisation der Sozialsteuer (zakät) hinsichtlich Einnahme und Ausgabe gemäß den Lehren der barmherzigen Scharia. Verwendung der Sozialsteuer in den unabdingbaren Bereichen der Wohlfahrt, wie Heime für die Bedürftigen, Armen und Waisen. Ebenso muß die Sozialsteuer für die Stärkung der Armee verwandt werden. 2) Verbot des Zins-Wuchers (ribä) und dementsprechende Organisation der Banken. Die Regierung hat diesbezüglich mit gutem Beispiel voranzugehen durch Verzicht auf Zinsgewinne in ihren eigenen Projekten wie der Kreditbank, den Industriekrediten und anderen Unternehmungen. 3) Förderung und Vermehrung der Wirtschaftsunternehmen und Anstellung arbeitsloser Einheimischer in ihnen. Die in ausländischer Hand befindlichen Wirtschaftsunternehmen müssen in das ausschließliche Interesse der Nation überführt werden. 4) Schutz der Allgemeinheit vor dem Druck der Monopolgesellschaften durch deren Verpflichtung zur Beugung unter das Gesetz. Der größtmögliche Nutzen für die Allgemeinheit muß verwirklicht werden. 5) Verbesserung der sozialen Lage der kleinen Beamten durch Anhebung ihrer Rangstufen unter Beibehaltung ihrer Zuschüsse und Kompensationen, bei gleichzeitiger Herabsetzung der Rangstufen der höheren Beamten. 6) Reduzierung der staatlichen Ämter, insbesondere im Bereich der überbesetzten Stellen, und Beschränkung auf das Notwendigste. Sorgfältiges Bemühen um gerechte Verteilung der Arbeit unter den Beamten. 7) Förderung der landwirtschaftlichen und industriellen Beratungsstellen. Verbesserung der Lage von Bauern und Arbeitern auf dem Gebiet der Produktion. 8) Berücksichtigung der technischen und sozialen Belange der Arbeiter und Hebung ihres Lebensstandards in allen Bereichen. 9) Nutzung der natürlichen Ressourcen, wie Brachland, stillgelegte Bergwerke und anderes. 10) Vorrangige Durchführung von Unternehmungen im Bereich primärer Bedürfnisse Sayyid Abul Ala Maududi (1903-1979) • • • • Theokratie (?) > republikanisches Kalifat Absolute Souveränität Gottes Repräsentanz der Souveränität durch Kalif Kalif wird vom Volk gewählt. Das republikanische Kalifat Hüten Sie sich bei dem Begriff der Stellvertretung vor dem Mißverständnis, daß diese den Schatten Gottes auf Erden, das Papsttum oder Gottesgnadentum bedeuten würde. Denn der Koran hat bestimmt, daß dieser Status des Kalifats bzw. der Stellvertretung weder das Recht nur eines einzelnen Menschen, einer Dynastie noch einer bestimmten Klasse ist. Vielmehr ist dies das Recht der Gesamtheit aller, welche die Souveränität Gottes anerkennen und an die Superiorität des göttlichen Gesetzes glauben, das ihnen von Gott durch seine Propheten und Gesandten offenbart worden ist: »Gott hat denjenigen von euch, die glauben und tun, was recht ist, versprochen, daß er sie zu Nachfolgern (Stellvertretern) bestellen wird“ (Koran 24,55). Dies macht das islamische Kalifat »demokratisch", im Gegensatz zu politischen Konzepten wie das Kaisertum, Papsttum oder die Theokratie - dem religiösen Staat -,wie sie in der Tradition des Westens bekannt sind. Allerdings ist dabei grundsätzlich zu beachten, daß jenes System, das der Westen heute als »Demokratie« bezeichnet, das Attribut der Souveränität total und ausschließlich der Allgemeinheit bzw. dem Volk zuerkennt. Dagegen ist in unserem System der Demokratie, das wir mit dem Begriff des Kalifats bezeichnen, die Allgemeinheit lediglich das Subjekt des Kalifats (der Stellvertretung), keinesfalls jedoch der Souveränität selbst. Zwar erhebt auch unser Verständnis von Demokratie den Anspruch, daß die Regierung nur aufgrund des allgemeinen Willens des Volkes zustandekommen und abgelöst werden darf- so wie in der Demokratie des Westens die Regierung zur Regelung der Angelegenheiten des Staates durch den allgemeinen Volkswillen gebildet und beendet wird. Jedoch besteht der Unterschied zwischen uns und ihnen darin, daß sie ihr Verständnis der Demokratie auf das Prinzip ungezügelter Freiheit des Menschen gründen, während wir glauben, daß das demokratische Kalifat an das Gesetz Gottes gebunden ist. • • • • • • Sayyid Qutb (1906-1966): zunächst Mitstreiter von Nasser, Reise in die USA, Rückbesinnung auf Islam; In Ägypten 1954 inhaftiert, schließl. hingerichtet. Wegmarken: „Maobibel der islamischen Revolution“ Islam als universale Befreiungsdeklaration für alle Menschen: Der Dschihad im Islam • Diese Religion ist die allgemeine Deklaration der Befreiung des Menschen auf der Erde vom Dienst an den Dienern (Gottes) und ebenso der Befreiung des Menschen vom Dienst an sich und seinen Leidenschaften - denn auch dies fällt unter den Dienst an den Dienern. • Diese Befreiung geschieht durch die Deklaration des alleinigen Gott-Seins und Herr-Seins Gottes gegenüber allen Menschen auf der Erde. • Diese Deklaration des alleinigen Herr-Seins Gottes gegenüber den Menschen bedeutet: Die universale Revolution gegenüber allen Formen der durch den Menschen Gott entzogenen Souveränität in allen ihren Formen und Systemen, die totale Rebellion gegen jede Ordnung auf der ganzen Erde, in der die Entscheidung, in welcher Form auch immer, in der Hand der Menschen liegt. Oder um es anders auszudrücken: in der das Gott-Sein in irgendeiner Form den Menschen zuerkannt wird, so daß die Entscheidung, die das letzte Wort hat, den Menschen zugewiesen wird - eine Ordnung, in der die Quelle der Gewalten die Menschen sind: Dies aber ist die Vergöttlichung der Menschen , welche die einen zu Herren der anderen anstelle Gottes macht. • Der Islam mußte auftreten, um ein gesellschaftliches, wirtschaftliches und politisches System zu errichten, das der Befreiungsbewegung die faktische Konkretisierung erlaubt, nachdem die etablierte Macht beseitigt worden ist - egal ob diese rein politischer Natur ist, sich mit dem Rassismus [i.e. Zionismus und Kolonialismus] liiert hat oder aber innerhalb der einen Rasse auf der Klassendiskriminierung [vgl. Sozialismus Nassers ] beruht. Es war keinesfalls die Absicht des Islam, die Menschen zur Annahme seiner Glaubenslehre zu zwingen. Aber der Islam ist nicht nur Glaubenslehre. Der Islam ist, wie wir gesagt haben, die universale Deklaration der Befreiung des Menschen von dem Diener-Sein gegenüber den Dienern. Denn er hat von Anfang an die Beseitigung der Systeme und Regierungen zum Ziel, die auf der Grundlage beruhen, daß die Souveränität von Menschen beansprucht wird und daß der Mensch sein Diener-Sein dem Menschen erweist. Wenn dies geschehen ist, sind die Menschen wirklich freie Individuen in der Wahl ihrer Glaubenslehre nachdem der politische Druck auf sie aufgehoben worden ist und ihr Herz und ihr Verstand von der erleuchteten Botschaft erreicht worden sind ... Der schiitische Islamismus Allgemeine Charakterisierung der Schia und Entwicklung Persiens: • Imam: Nachfolger Alis (Ali selbst ist der erste Imam) • Ismailiya: Fünferschia; Zaidiya: Siebenerschia; Imamiya: Zwölferschia (Hauptrichtung; Iran) • Letzter Imam Muhammad al-Mahdi 941 in „Verborgenheit“ (gaiba) entrückt; seine Wiederkehr wird erwartet: sichtbare Leitung der Gemeinde; gerechte Regierung der Welt (vgl. Messias in Judentum, Christus im Christentum) • Rechtsgelehrte als Vertreter des kommenden Imam: al-fuqaha, al-ulama • Auslegung des göttlichen Gesetzes nach dem Maßstab der Vernunft: idschtihad • Unter Dynastie der Safiwiden (1501-1722) wird Iran durchgehend schiitisch; Entstehen des Klerus (Mullahs) • Seit Reza Schah (1925) Säkularisierung nach türkischem Vorbild • 1977 Sturz von Schah Reza Pahlawi • Ayatollah Khomeini: wilayat al-faqih, Herrschaft des Gottesgelehrten, Prinzip der stellvertretenden Regierungsausübung durch den Rechtsgelehrten (auch in schiitischer Tradition revolutionär). Ruhollah al-Khomeini • Wilayat al-faqih • Teilweise streng antikolonalistisch, antiwestlich • Rationale Argumentation nach der natürlichen Theologie (Gegensatz zu al-Maududi) • Ausgeprägtes Naturrechtsdenken • Aber Doppelspitze: – Demokratisch legitimierte Regierung: Ministerpräsident (heute Rohani) – Der Rechtsgelehrte (faqih) bzw. Führer (rahbar): Staatsoberhaupt, Chef der Streitkräfte (heute Chamenei) • Relative und absolute Statthalterschaft – Sachkompetenz der Rechtsgelehrten, kollektiv (v.a. Ayatollahs) – Metaphysische Kompetenz der Imame, singulär (warten auf Mahdi) – Faktisch: weitestgehende Kompetenzen Wilayat al-Faqih • Voraussetzungen für das Amt des Staatsoberhaupts in der Zeit der Verborgenheit – Diese Kriterien sind Kenntnis des Gesetzes und Sinn für Gerechtigkeit. Viele Rechtsgelehrte der Gegenwart erfüllen diese Bedingungen. Wenn sie sich einigen, sind Sie in der Lage, einen islamischen Weltstaat der allgemeinen Gerechtigkeit zu schaffen. • Statthalterschaft des Rechtsgelehrten – Wenn ein fähiger Mann, der die beiden oben genannten Eigenschaft besitzt, auftritt und eine Regierung bildet, verfügte über die gleichen Vollmachten der Statthalterschaft, über die Seine Heiligkeit, der hochedle Prophet, für die Verwaltung der Gesellschaft verfügte. – Die Statthalterschaft des Rechtsgelehrten ist eine relative Angelegenheit; sie wird durch Ernennung übertragen, ein Akt, der vergleichbar ist mit der Ernennung eines Vormunds für Minderjährige. – Die Statthalterschaft und die Ausübung der Staatsgewalt durch einen Imam bedeuten nicht, dass er keine geistliche Stellung hat. Ihm obliegenden geistige Aufgaben, die von denjenigen Verpflichtungen, die sich aus der Machtausübung ergeben, verschieden sind. Es handelt sich um das universelle göttliche Kalifat, das die Imame zuweilen erwähnt haben. Dies ist ein absolutes Kalifat, nach welchem, dem religiösen Sachwalter alles untergeordnet ist. Nach den Vorschriften unserer Religion Kann niemand den geistigen Rang eines Imam erreichen nicht einmal ein Erzengel oder ein Prophet. Nach einigen Überlieferungen waren der hochedle Prophet und einige Imame vor der Erschaffung der Welt Lichtstrahlen in der Finsternis des Himmels. Sie waren prädestiniert über allen Menschen zu stehen. • Muhammad Hussein Fadlallah (1935-2010) – Geistiger Mentor der Hisbollah – Teilweise liberal • Wahabismus in Saudi-Arabien Islamische Erneuerung Al-Afghani, Abduh, u.a. Al-Banna, Qutb (Ägypten) Reformislam Ali Shariati, Khomeini (Iran) Muslimbrüder Salafisten Maududi (Indien, Pakistan) Nasr Hamid Abu Zaid Mohammad M. Shabestari Abolkarim Soroush Mouhanand Khourchide Der innere Konflikt des Islam • „Obschon die gemeinhin wahrgenommene Interpretation des Islam in vielen Fällen nicht die Ideen der Religion-und der Glaubensfreiheit widerspiegelt, existiert eine andere Interpretation des Islam, die auf den ursprünglichen Quellen des Islam basiert und die in Einklang ist mit der Freiheit der Religion des Glaubens, wie sie in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegt worden ist.“ (Mullah Mohsen Kadivar, geb. 1959; zit. n. Amirpur, Den Islam neu denken 31) • „Die richtige Frage ist nicht: Sind Islam und Demokratie vereinbar oder nicht? Die Frage ist: Sind die Muslime heute bereit, diese Vereinbarkeit entstehen zu lassen?“ „Das Christentum hat sich gewandelt, das Judentum auch. Warum dürfen die Muslime ihre Religion nicht reformieren? (Mohammad M. Shabestari (geb. 1936); zit. N. Amirpur 32) • Im Iran traditionell zwei Richtungen: – Geistlichkeit soll sich in Politik einmischen (Minderheitenmeinung) – Geistlichkeit soll sich von Politik fernhalten – „Quietismus“ (Mehrheitsmeinung!) – Trennung von Kirche und Staat hier angelegt! • Ein System von “checks and balances“ • Wenn nicht der Revolutionsführer quasidiktatorische Vollmachten hätte! Immer wieder: Ein neuer Aufbruch • „Wir behaupten nicht mehr, dass ein wahrhaft religiöser Staat demokratisch sein kann, wir behaupten, dass er demokratisch sein muss“ • (Abdolkarim Soroush) „In den 50 Jahren, die seit dem Ende der Kolonialherrschaft und der Gründung des islamischen Staates vergangen sind, wurden im Namen des Islams Regierungen an die Macht gebracht und gestürzt, republikanische Grundwerte beschworen und Autoritarismus verteidigt, Monarchien, Autokratien, Oligarchien, Theokratien gerechtfertigt und Terrorismus, Zwiespalt und Feindseligkeit geschürt. Die Frage bleibt: Taugt der Islam heute zum Aufbau einer wirklich liberalen Demokratie im Namen Osten? Kann die moderne islamische Stadt Vernunft und Offenbarung miteinander in Einklang bringen, und eine demokratische Gesellschaft auf der Basis der sittlichen Ideale aufbauen, die Prophet Mohammed vor 1400 Jahren in Medina formuliert hat? Er kann nicht nur, er muss. In der muslimischen Welt hat diesen Prozess bereits begonnen. Die wichtigste Lektion, die aus der gescheiterten europäischen „Zivilisierungsmission“ zu lernen ist, lautet, das Demokratie, soll sie ein dankbarer und dauerhafter Weg sein, nicht von außen importiert werden darf. Sie muss vielmehr im Inneren wachsen auf dem Boden einer vertrauten Mentalität. Und sie muss sich einer verständlichen, einleuchtenden Sprache bedienen, um von den einheimischen verstanden zu werden“ – Reza Aslan: Kein Gott außer Gott 276f. Abdolkarim Soroush (Hajj Hosein Dabbaq, geb. 1945, Teheran) • Einer der weltweit bedeutendsten muslimischen Intellektuellen – Studium der islam. Philosophie, klass. Disziplinen (fiqh, usul al-fiqh, tafsir), Studium der Pharmazie; Arbeit als Labordirektor – Studium in England (Pharmazie, Geschichte, Philosophie); Promotion in Chemie, Beschäftigung mit Marxismus und Theologie im Umfeld von Khomeini; Kritik an Volksmoschahedddin mit Karl Popper (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde) • Theoretiker der islamischen Republik – Bis 1984 mehrere politische Ämter, danach Forschungstätigkeit, Beschäftigung mit westlicher Kultur und Philosophie (Verhältnis von Religion und Moderne) – Unterrichtet Philosophie der Religion, Epistemologie, vergleichende Philosophie, Philosophie der empirischen Wissenschaften, Mystik • Nach dem Tod Khomeinis Kritik am System – Kritik am „Ständesystem“ bzw. Klerus, der für die Erstarrung verantwortlich sei. • Seit 2000 Exil – Harvard, Yale, Berlin, Leiden etc. – 2008 7th topmost intellectual persons of the world; – „Martin Luther“ des Islam • Wandelbarkeit der religiösen Erkenntnis – Glaubenwissen abhängig von Zeit und Stand der Wissenschaft und der allg. Kultur – „Wenn es ein religiöses Gesetz in dieser Absolutheit gibt, dann nur beim Gesetzgeber also Gott“ (zit. n. Amirpur 186). – Möglichkeit unendlicher Erkenntniszunahme, Annäherungscharakter von Erkenntnis – Ziel der Religion kann nicht zu humanen Konzepten im Widerspruch stehen. – Koran als offener Text, der zu Interpretationen einlädt – Verhärtung der Religion als modernes Phänomen, Rückkehr zu einer alten Pluralität der Deutungen (Idschtihad) • Trennung zwischen Religion und religiösen Erkenntnis – Religion: widerspruchsfrei, vollkommen; rel. Erkenntnis: widersprüchlich, relativ – Unterscheidung von veränderlichem und unveränderlichem Aspekt der Religion – Kritik an vali-ye faqih (Oberstem Rechtsgelehrten) Khamenei; (keine Unfehlbarkeit) • Eine religiös-demokratische Regierung (religious democracy) – Trennung von Staat und Religion – Säkulare Demokratie schütze am besten die Religion – Beachtung der universalen Menschenrechte • „Freie Gesellschaften, ob religiös oder areligiöses sind göttlich (das heißt mit Gottes willen im Einklang) und menschlich; in totalitären Gesellschaften aber bleibt wieder die Menschheit noch die Gottheit übrig“ (zit. n. Amirpur 195). • Gegen die Ideologisierung der Religion – „In der ideologisierten Gesellschaft ideologisiert die Regierung Gesellschaft, aber in einer religiösen Gesellschaft macht die Gesellschaft die Regierung religiös. In einer ideologisierten zum Gesellschaft herrscht eine offizielle Interpretation der Ideologie, aber in einer religiösen Gesellschaft gibt es verschiedene Interpretationen keine offizielle Interpretation der Religion. ... Die Religion nimmt die Färbungen der verschiedenen Gesellschaften an, aber es kommt nicht eine bestimmte Färbung der Religion dabei heraus“ (zit. n. Amirpur 199) • Herrschaft über den Koran? – „Aber der Prophet ist auch, auf eine andere Weise der Schöpfer der Offenbarung. Was er von Gott erhält, ist der Inhalt der Offenbarung. Dieser Inhalt kann also den Menschen nicht dargeboten werden, denn er geht über ihren Verstand und sogar über Worte hinaus. Er ist formlos. Die Aufgabe des Propheten besteht darin, das Formlose zu formen, um es zugänglich zu machen. Wie ein Dichter überführt der Prophet die Inspiration in Sprache, die erkennt, in den Stil, den er beherrscht und die Bilder und das Wissen, das besitzt.“ – „Die menschliche Perspektive auf den Koran macht es möglich, zwischen den essentiellen und den akzidentellen Aspekten der Religion zu unterscheiden. Einige Teile der Region sind historisch und kulturell bestimmt und heute nicht mehr relevant. Das gilt zum Beispiel für die Körperstrafen die Koran vorgeschrieben sind wenn der Prophet In einer anderen Umgebung gelebt hätte, wären diese Strafen vermutlich nicht in seiner Botschaft gewesen.“ (Zit. n. Amirpur 199f.) Mohammad Mojtahed Shabestari (geb. 1936) • Schiitischer Geistlicher – Koranexeget, Lehre beim berühmtesten Exegeten und Philosophen • In 60iger Aufenthalt in Deutschland, Studium der Hermeneutik (Gadamer) – „Was unter einem bestimmten historischen Horizont formuliert wurde, braucht, um unter einem anderen historischen Horizont verstanden zu werden, eine Art inhaltlicher Übersetzung und eine neue Formulierung.“ • • Eine objektive Lesart ist nicht möglich, Interpretation ist immer kontextbezogen. Liest den Koran als einen historischen Text. – Der Koran als Erzählung – Der Koran als prophetische Lesart der Welt – Kritik an der dogmatischen Lesart der herrschenden Kleriker • • Für einen spirituellen Islam, für die quietistische Tradition (Trennung von Staat und Religion) Die Basis allen Glaubens sind Gedankenfreiheit und der freie Wille des Menschen – Rezeption protestantische Theologie (Tillich); Kritik am „Theismus“ – Persönliche Glaubenserfahrung im Vordergrund Mouhanad Khourchide (geb. 1971) • • • • Geb. in Beirut (Palästinenser); aufgewachsen in Saudi-Arabien Studium der islam. Theologie und Soziologie in Wien und Beirut Seit 2010 Professor für islam. Theologie in Münster „Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion“ (2012) – Baut eine Brücke zur neuzeitlichen Denkart der Freiheit! Rezeption von Kant, Aufklärung, Menschenrechten etc. – Gottesdienst ist Dienst am Menschen – Scharia als juristisches System steht im Widerspruch zum Islam selbst, Stattdessen sechs Prinzipien: 1. Monotheismus,2.Unantastbarkeit der menschlichen Würde, 3. Gerechtigkeit, 4. Freiheit des Menschen, 5. Gleichheit aller Menschen,6. Soziale Verantwortlichkeit – Humanistische Koranhermeneutik (einschließlich histor. Bewusstsein) • Religiöse Befreiung und politische Befreiung hängen zusammen • „Es bleibt abzuwarten, wer das nächste Kapitel in der Geschichte des Islams schreiben wird. Aber es lässt sich schon heute sagen, wir den Krieg zwischen den Kräften der Reform und den Kräften der Gegenreform letztlich gewinnen wird. Was Muhammad von 1400 Jahren in Mekka eine Revolution in Gang setzte, Um die 80 heimischen, starken und ungerechten Verhältnisse der Stammesgesellschaft durch die radikal neue Vision der von Gott geschenkten Moral und der sozialen Gleichheit zu ersetzen, zerrissen das Gewebe der traditionellen arabischen Gesellschaft. Erst nach Jahren der Gewalt der Zerstörung konnte der Hidschas von seinen „falschen Idolen“ befreit werden. Und es wird noch viele Jahre dauern, ehe der Islam von seinen neuen falschen Idolen der Frömmelei und des Fanatismus befreit ist, die von jenen angebetet werden, welchen Muhammads Vision der Toleranz und Eintracht durch ihre eigenen Ideen von Hass und Zwietracht ersetzt haben. Doch diese Befreiung wird kommen, die Reform ist nicht mehr aufzuhalten. Die Zeit der islamischen Reformation hat begonnen. Wir leben mitten in ihr.“ – Reza Aslan: Kein Gott außer Gott 290 Das Abendland • Das Abendland als Europäische Union? – 94% der EU-Bevölkerung = abendländisch, d.h. katholisch oder protestantisch (Ausnahme: Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Zypern) – Große wirtschaftliche und kulturelle, politische und religiöse Unterschiede – Der global player EU oder die Formation der Kulturräume: USA, China, Indien, Russland, Südamerika – Die Not-wendigkeit der Union (nach innen und außen) • Das Abendland als Kulturgemeinschaft – Wertegemeinschaft: Demokratie, Menschenrechte, liberaler Staat, Individualismus, Pluralismus ... Die Notwendigkeit der Besinnung auf sich selbst. – Die Not-wendigkeit zur Selbstfindung zwischen Säkularität und Sakralität – Unklare Rolle der Religion? • Das Abendland in Gefahr – plurale Untergänge: Rom, Dunkles Zeitalter, Pest, Reformation (und Folgen), frz. Revolution, Nationalismen (WK I), Ideologie (WK II und Kalter Krieg) ... „Die Islamisierung des Abendlandes“ – Innere Aushöhlung – Russland (vgl. Zeit von letzter Woche) – Finanzmärkte – Islam(ismus) Der Islam • Sehr heterogene Größe, keine politische, kulturelle, religiöse Einheit • Islam im Aufbruch oder Islam in Aufruhr? • Es gibt reformatorische Kräfte im Islam. Diese werden in der islamischen Welt breit rezipiert Aber Wechselspiel aus Fortschritt und Rückschritt: – Demokratiebewegung im Iran: Chatami > Ahmahdinedschad > ??? – Islamischer Frühling > Bürgerkrieg, Militärdiktatur > ??? • Es bleibt: Die Not-wendigkeit zur Selbsttransformation – „Die Zeit der islamischen Reformation hat begonnen. Wir leben mitten in ihr.“ (Aslan) – „So kommen zwei Dinge zusammen: Eine gesellschaftliche Notwendigkeit und eine Religion, die in der Geschichte oft bewiesen hat, dass sie das Potential zu Pluralität und Anpassungsfähigkeit hat und Ambiguitäten ertragen und integrieren kann. Der Islam ist so rein wie Regenwasser und er hat als er in die Geschichte an unterschiedlichen Orten Gestalt gewann, die verschiedenen Farben, Geschmäcker und Gerüche der Tradition angenommen, auf die er traf. Das wird auch jetzt wieder geschehen: mit dem Islam im 21. Jahrhundert im Islam in Deutschland im Islam in Europa“. (Amirpur 243) • „Den Muslimen“ die Möglichkeit der Transformation absprechen? Warnung vor Essentialismus: – „Die Katholiken“ als undeutsch (19. Jh), unmodern, undemokratisch (19. Jh.) – „Die Deutschen“ als unverbesserliches Volk von Kriegstreibern und Weltherrschern? Der Islam und das Abendland • Feindliche Geschwister bzw. ein altes Ehepaar – Islam und Christentum gehen aus der jüdisch-griechischen Antike hervor (Neuwirth) – Der Eine nicht ohne den Anderen: Die gemeinsame Geschichte • Das Andere, der Fremde – – – – Bereits im Koran eine ambivalente Rezeption der Juden und Christen Im Christentum der Islam als Irrglaube, Häresie Romantische Verklärung oder der westöstliche Diwan Die dunkle Bedrohung oder Macht und Gegenmacht (bei weitgehender Unkenntnis) >>> Das Ressentiment • Die Kolonialisierung und Globalisierung – – – – Das schwere Erbe des Kolonialismus Emanzipation Gemeinsam Leben in der einen Welt Migration • Das Not-Wendige – – – – Die wechselseitige Kenntnisnahme Die islamische Aufklärung und Europas Angst vor Religion (Casanova) Das Problem der Ungleichzeitigkeit Eine Zukunft nur gemeinsam ...