Islam - Bildungsportal Sachsen

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Islam
Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer Gott
und dass Mohammed sein Prophet ist.
(Shahada)
Mohammed
• „Djahiliya“: Polytheismus in Arabien, Juden, Christen
(v.a. Arianer u.a. Heterodoxe); Hochgott: Allah („der
Gott“)
• ca. 570 Geburt von Mohammed, Waise, Onkel: Abu
Talib
• Heirat mit Chadidja
• ab dem Alter von 40 Jahren Visionen, Rückzug ins
Gebirge (Hira): „iqra“ – „lies / zitiere / trag vor“
• 96. Sure: „Trag vor im Namen deines Herrn, der
erschuf, erschuf den Menschen aus einem
Blutklumpen. Trag vor, denn dein Herr ist im Guten
unübertrefflich, der durch das Schreibrohr nahe
brachte, den Menschen lehrte, was er nicht wusste!“
• Monotheismus
(Sure 112: „Sag: Er ist Gott, der Eine. Gott,
der Vollkommene. Nicht hat er gezeugt und
nicht ist er gezeugt . Und nicht gleich ist ihm
einer“) - Gegen Trinitätslehre oder die
„Töchter Allahs“
• Gericht
• Islam: völlige Hingabe an den Willen Gottes
• Tradition: Adam, Abraham u.a., Mose (Tora),
David (Psalter), Jesus (Evangelien),
Muhammad (Koran) > „Sigel der Propheten“
• Botschaft an die Araber in Mekka > Konflikt
• 619 Tod von Chadidja und Abu Talib
• 622 HIDSCHRA: Flucht nach Medina, Beginn
der Zeitrechnung
• 630 Eroberung von Mekka
• 632 Tod im Haus der Lieblingsfrau Aisha
deren Vater Abu Bakr erster Nachfolger des
Propheten wird (Kalif)
Der Koran
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qur‘an: Rezitation
Urkoran im Himmel (präexistent) – in arabisch
Unverfälschtes Wort Gottes
Stil unachahmbar, birgt alle Geheimnisse,
Antworten auf alle Fragen, schönste Dichtung
• 114 Suren mit kurzen Überschriften (Die Kuh, Der
Stern, Die Rennenden).
• jede Sure beginnt: bismi‘llahi‘rrahmani‘rrahimi
(Bismala)
Die Eröffnende: al-fatiha
• „Im Namen Gottes, des barmherzigen, des
Erbarmers. Das Lob Gott, dem Herrn der
Welten, dem Barmherzigen und dem
Erbarmer, dem Herrscher am Tage des
Gerichts. Dir dienen wir und dich bitten wir
um Hilfe: Leite uns recht auf dem Weg, dem
geraden, dem Weg derer, die von deiner
Gnade getragen, und nicht dem Weg derer,
die dein Zorn waltet, und derer, die in die Irre
gehen!“ (Sure 1)
5 Säulen
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shahada:
salat:
zakat:
hadsch:
ramadan:
Glaubensbekenntnis
Ritualgebet
Almosen
Wallfahrt nach Mekka
Fastenmonat
Die vier Rechtgeleiteten Kalifen und die Ausbreitung des Islam
• Abu Bakr (573-634): Schwiegervater des Mohammed (Aischa); 1.
Kalif; Konsolidierung; Quraisch
• Omar (592-644): Schwiegervater des Mohammed; große
Verbreitung, kriegerische Erfolge: 635 Damaskus, 639-641 Ägypten;
640-644 Persien; ermordet; Quraisch
• Othman ibn Affan (-656): Schwiegersohn Mohammeds; weitere
Eroberungen: Georgien, Armenien ..., ermordet; erster Omayade,
• Ali ibn Abu Talib (600-661): Schwiegersohn Mohammeds (Fatima),
Partei des Ali (Schiat Ali) ist überzeugt, dass er der rechte
Nachfolger des Propheten sei >>> Schiiten! In Kufa ermordet
• Aufstieg des altmekkanischen Hauses Omayya, Line der Quraisch
(ehemalige Feinde)
• Mu‘awiya (-680): Begründer der Dynastie der
Omayyaden, Statthalter von Uthman in Syrien,
Verlagerung der Hauptstadt nach Damaskus; Aufbau
der Mittelmeerflotte; Konsolidierung; Aufbau eines
Staatswesens, Verwaltung, greift Byzanz an
• Yasid (644-683): Sohn von Mu‘awiyya, nicht allgemein
anerkannt; Aufstand der Söhne des Ali:
• Hasan (625-670): seine Nachkommen Scherifen; Titel:
Sayyid (grüner Turban)
• und Husain (): Schlacht bei Kerbela 680 Tod des Husain
als Märtyrer hochverehrt! > Sayyid;
• Shiat Ali: Partei Alis > Schiiten (Persien u.a.)
• Ausbreitung: 691 Atlantik, 711 Spanien, Indien
Tradition
• Sunna: Gewohnheit des Propheten
• Hadithe: Aussprüche des Propheten (z.B.: „Die
Meinungsverschiedenheit in meiner Gemeinde ist
ein Zeichen göttlicher Barmherzigkeit“)
• Idjma: Konsens der Gelehrten
• seit 11.Jh. Tor der Idjtihad (freien Rechtsfindung)
geschlossen. Erstarrung
• Sharia: Gefüge des umfassenden Rechtssystems
(nicht kodifiziert!)
• Quiyas: Analogieschluss
Theologie und Philosophie
• Kalam: Theolog. Diskurs / Philosophie
• Mu‘tazila (9.-10Jh.): rationalistische Schule;
Lehre: Tauhid (Einheit Gottes); Geschaffenheit
des Koran; Gerechtigkeit Gottes; lebt in Schia
weiter
• Altgläubige: Ahmad ibn Hanbal
• Al-Ash‘ari (gest.935): Vermittlung;
Unerschaffenheit des Koran; Attribute Gottes
„ohne wie“ (bilah kaif); Mensch weder frei noch
unfrei (Erwerben der Taten); keine
Naturkausalität, sondern „Gewohnheiten
Gottes“; setzt sich als Orthodoxie durch
Mittelalterliche Philosophie und
weitere Entwicklung
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Ibn Rushd (Averroës)
Ibn Sina (Avicenna)
Blütezeit im 12. Jh.
Sufismus: Mystik
>>>>>>>>>>> KOLONIALISMUS<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<
Schah Wali Allah (gest. 1762); Naqshbandiya-Orden,
Erneuerung der Mystik (Reinigung von neuplatonischen und
hindustischen Momenten) Einfluss auf weitere
„puritanische“ Strömungen der Orthodoxie > u.a. Taliban
• Muhammad Iqbal (1877-1938): Qadiriya-Orden; Anhänger:
„Wenn die Welt nicht mit dir einverstanden ist, steh auf
gegen sie“; Studium Jura, Cambridge, München, Heidelberg;
Dichter; Mystiker in Persischer Sprache
Zahlen und Fakten
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1,6 Mrd. Gläubige
Indonesien
ca. 13.%
Pakistan
11,1
Indien
10,3
Bangladesch
9,3
Ägypten, Nigeria 5
Iran, Türkei
4,7
Algerien
2,2
Marokko
2
IN DEUTSCHLAND CA. 5% DER BEVÖLKERUNG
IN FRANKREICH
8%
IN SACHSEN
0,1%
Islamisches Erwachen
• Napoleon in Ägypten
• Im 19. Jahrhundert innere Erneuerung des osmanischen Reichs,
Verbindung
– Koran und Menschenrechte
– Rafi at-Tahtawi: Besuch in Frankreich
– Hatt-i serif von Gülhane (1839): Minimalkodes moderner
Menschenrechte (Osman. Reich)
– Positive Aufnahme europäischer Innovationen:
• Aufklärung, Technik, Wissenschaft
• Sayyid Ahmad Khan (1817-1898)
– indisch-moslemischer Modernist;
– Gründer der Aligarh–Universität;
– Ziel Wiederherstellung des Islam mit moderner
europäischer Bildung: Islamische Aufklärung
– Trennung von Religion und Staat!
– Loyale Kritik an England (Sepoy Aufstand 1857)
– Historiker, Jurist, Theologe, Politiker
– Promotor des Urdu
Djamal ad-Din al-Afghani (1838-1897)
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Ein maßgeblicher Erneuerer des Islam;
Politischer Aktivist; antikolonial;
Nähe zur Mutazila (Rationalismus)
Ulama (islamische Gelehrte) haben durch ihre
geistige Erstarrung die Rückständigkeit der
islamischen Kultur zu verantworten
Islam als überlegene Zivilisation/Kultur
Gegen den proeuropäischen Kurs Ahmad Khans
Gegen Materialismus, Darwinismus, Atheismus
Westen habe seine geistigen Grundlagen aus dem
Islam: soziale Gleichheit, Volkssouveränität, Streben
nach Wissen, ethnische Gleichheit
Besinnung auf Urgemeinde des Propheten
Panislamismus
• Muhammad Abduh (1849-1905)
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Konnte als 12jähriger Koran auswendig
Studium an Al-Azhar in Kairo
Schüler Al-Afghanis: Neo-Mu‘tazilit;
Prinzipien: Willens- und Gedankenfreiheit
– Wiedereröffnung der Tore des Idjtihad
– Öffnung der Koraninterpretation
– Sunna (des Propheten), idschma (Konsens der
Rechtsgelehrten), qiyas (Analogieschluss)
– Freimaurer!
• Grundlagen der Salafiyya – Bewegung
– Salaf (die Altvorderen: Urgemeinde)
– Rückprojektion der Aufklärung in Urislam
• Zusammenarbeit mit brit. Verwaltung Ägypten
– Jurist, liberaler Reformer, Theologe
• Panislamismus
Sati al-Husri (1880-1968)
• ägypt. muslimischer Nationalismus
• Panarabismus
• Säkularer Sozialismus (Baath-Partei)
Hassan al Banna (1906-1949)
• Sufi-Mystiker, geprägt von Al Afghani und Abduh
• Dorfschullehrer; Predigt den Massen,islamisch-sozialistische
Massenbewegung
• Gegen: Säkularismus Ägyptens; Rassismus der
Kolonialherren, Panarabismus; christliche Mission; Zionismus
/Israel; politische Entrechtung der muslim. Völker, Reichtum
der Oligarchen, Autokratie der Monarchen
• Für Islamisierung der Gesellschaft
• Gründer der Muslimbrüder
• Vater des Islamismus
• Wird ermordet
• Muslimbrüder seit 50iger Jahre wichtigste Opposition in
Ägypten
Hassan al-Banna: Aufbruch zum Licht (1936), Einige Schritte der prakt. Reform
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Erstens: Auf dem Gebiet von Politik, Justiz und Verwaltung:
1) Beendigung des Parteienwesens und Orientierung der politischen Kräfte der Nation in einer
Richtung als einer einzigen Front.
2) Reform des Rechts in dem Sinn, daß es mit der islamischen Gesetzgebung in allen ihren
Ableitungen in Einklang steht.
3) Stärkung der Armee und Erhöhung der Zahl der Jugendabteilungen; moralische Aufrüstung der
Jugend auf der Grundlage des Dschihad.
4) Stärkung der Verbindungen zwischen sämtlichen islamischen Regionen, insbesondere zwischen
den arabischen Regionen; als erster Schritt zur ernsthaften Prüfung praktischer Maßnahmen in der
Frage des erloschenen "Kalifats".
5) Förderung des Geistes des Islam in den Ämtern der Regierung in dem Sinn, daß die Beamten
insgesamt sich aus eigenem Empfinden den Lehren des Islam verpflichtet wissen.
6) Kontrolle des persönlichen Verhaltens der Beamten und Aufhebung der Trennung zwischen
privater und dienstlicher Sphäre.
7) Festsetzung der Arbeitszeiten in den Ämtern im Sommer und im Winter, um die Erfüllung der
religiösen Pflichten zu erleichtern und die vielen Nachtwachen zu unterbinden.
8) Beendigung der Bestechung und Günstlingswirtschaft und ausschließliche Berücksichtigung der
Qualifikation und der gesetzlichen Kriterien.
9) Sämtliche Aktivitäten der Regierung müssen entsprechend den Bestimmungen und Lehren des
Islam vollzogen werden. Die Organisation der offiziellen Feierlichkeiten, Empfänge und öffentlichen
Zusammenkünfte sowie die Führung der Gefängnisse und Krankenhäuser darf nicht im
Widerspruch zu den Lehren des Islam erfolgen. Die Einteilung der Arbeitszeiten darf nicht mit den
Gebetszeiten kollidieren.
10) Verwendung und Ausbildung der Absolventen der Azhar-Universität in den Diensten von Armee
und Verwaltung.
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Zweitens: Auf dem Gebiet des Sozialen und der Bildung:
1) Gewöhnung des Volkes an die Respektierung der öffentlichen Sitten; Aufstellung diesbezüglicher
Instruktionen unter dem Schutz des Gesetzes und Verschärfung der Strafen für moralische
Vergehen.
2) Die Frage der Frau muß in einer Weise gelöst werden, die ihre Förderung und ihren Schutz
gleichermaßen gemäß den Lehren des Islam gewährleistet. Diese gesellschaftliche Grundfrage darf
nicht der tendenziösen Willkür beider Extreme - Untertreibung und Übertreibung - überlassen
werden.
3) Unterbindung der öffentlichen und heimlichen Prostitution; Ansehen jeder Art von Unzucht als
ein Verbrechen, dessen Täter die Strafe der Auspeitschung erhält.
4) Unterbindung aller Arten von Glückspiel wie Spiele, Lotterien, Wettkämpfe und Klubs.
5) Bekämpfung des Alkohols und aller Rauschmittel, deren Verbot die Nation von den verderblichen
Folgen erlöst.
6) Erziehung der Frauen in den Regeln weiblichen Anstandes, um das flirt- und gefallsüchtige
Verhalten zu unterbinden. Verschärftes Augenmerk diesbezüglich im Blick auf Lehrerinnen,
Schülerinnen, Ärztinnen, Studentinnen und ihresgleichen.
7) Revision der Lehrpläne für Mädchen und unbedingte Erarbeitung solcher Unterrichtsprogramme
für sie, die sich von denen der Jungen auf vielen Stufen des Unterrichts unterscheiden.
8) Geschlechtertrennung an den Universitäten. Jedes ungesetzliche Alleinsein zwischen Männern
und Frauen ist als Vergehen zu betrachten, für welches die jeweiligen Betroffenen bestraft werden.
9) Förderung von Eheschließung und Nachkommenschaft durch alle geeigneten Mittel; Erarbeitung
einer Gesetzgebung, welche die Familie schützt und zu ihrer Gründung motiviert, so daß das
Problem der Ehe gelöst wird.
10) Schließung der Ballsäle und Tanzlokale; Verbot von Tanz und Ähnlichem.
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19) Geltung der hisba; Bestrafung desjenigen, der erwiesenermaßen in einem Punkt den Lehren
des Islam zuwidergehandelt oder den Islam angegriffen hat. Darunter fallen zum Beispiel das
Fastenbrechen im Ramadan, vorsätzliches Unterlassen des Gebets, die Beleidigung der Religion und
Ähnliches.
20) Anschluß der Primarschulen auf den Dörfern an die Moscheen und ihrer beider Einbeziehung in
ein vollständiges Reformprogramm im Blick auf Unterrichtende, Hygiene und bestmögliche
Betreuung, so daß die Kleinen zum Gebet und die Großen zur Wissenschaft erzogen werden.
21) Bestimmung des Religionsunterrichts als Hauptfach in allen Schulstufen und -Typen
einschließlich der Universitäten.
22) Förderung der Koran-Memoration in den öffentlichen freien Schulen. Die auswendige
Beherrschung des Koran ist Voraussetzung für die Erlangung der wissenschaftlichen Diplome im
Bereich der religiösen und philologisch-philosophischen Fächer. Ein Teil des Koran muß in jeder
Schule memoriert werden.
23) Aufstellung einer klaren Bildungspolitik zur Förderung des Unterrichts und Hebung seines
Niveaus, zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Formen des Unterrichts und zur Annäherung
zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus in der Nation. Die erste Stufe des Unterrichts dient in
besonderer Weise der vorzüglichen Erziehung zu patriotischem Geist und integrem Charakter.
24). Besondere Pflege der arabischen Sprache in allen Stufen des Unterrichts und ihre
ausschließliche Bevorzugung gegenüber allen Fremdsprachen im Bereich der ersten
Unterrichtsstufen.
25) Besondere Pflege der Geschichte des Islam, der nationalen Geschichte und nationalen
Erziehung sowie der Geschichte der muslimischen Zivilisation.
26) Das Nachdenken über den besten Weg, um die Kleidung in der Nation sukzessive zu
vereinheitlichen.
27) Beendigung der ausländischen Verfremdung in den Haushalten im Blick auf Sprache, Sitten,
Kleidung, Kindermädchen, Ammen usw.; Ägyptisierung aller dieser Dinge, vornehmlich in den
Häusern der gehobenen Klassen.
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Drittens: Auf dem Gebiet der Wirtschaft:
1) Organisation der Sozialsteuer (zakät) hinsichtlich Einnahme und Ausgabe gemäß den Lehren der
barmherzigen Scharia. Verwendung der Sozialsteuer in den unabdingbaren Bereichen der
Wohlfahrt, wie Heime für die Bedürftigen, Armen und Waisen. Ebenso muß die Sozialsteuer für die
Stärkung der Armee verwandt werden.
2) Verbot des Zins-Wuchers (ribä) und dementsprechende Organisation der Banken. Die Regierung
hat diesbezüglich mit gutem Beispiel voranzugehen durch Verzicht auf Zinsgewinne in ihren
eigenen Projekten wie der Kreditbank, den Industriekrediten und anderen Unternehmungen.
3) Förderung und Vermehrung der Wirtschaftsunternehmen und Anstellung arbeitsloser
Einheimischer in ihnen. Die in ausländischer Hand befindlichen Wirtschaftsunternehmen müssen in
das ausschließliche Interesse der Nation überführt werden.
4) Schutz der Allgemeinheit vor dem Druck der Monopolgesellschaften durch deren Verpflichtung
zur Beugung unter das Gesetz. Der größtmögliche Nutzen für die Allgemeinheit muß verwirklicht
werden.
5) Verbesserung der sozialen Lage der kleinen Beamten durch Anhebung ihrer Rangstufen unter
Beibehaltung ihrer Zuschüsse und Kompensationen, bei gleichzeitiger Herabsetzung der Rangstufen
der höheren Beamten.
6) Reduzierung der staatlichen Ämter, insbesondere im Bereich der überbesetzten Stellen, und
Beschränkung auf das Notwendigste. Sorgfältiges Bemühen um gerechte Verteilung der Arbeit
unter den Beamten.
7) Förderung der landwirtschaftlichen und industriellen Beratungsstellen. Verbesserung der Lage
von Bauern und Arbeitern auf dem Gebiet der Produktion.
8) Berücksichtigung der technischen und sozialen Belange der Arbeiter und Hebung ihres
Lebensstandards in allen Bereichen.
9) Nutzung der natürlichen Ressourcen, wie Brachland, stillgelegte Bergwerke und anderes.
10) Vorrangige Durchführung von Unternehmungen im Bereich primärer Bedürfnisse
Sayyid Abul Ala Maududi (1903-1979)
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Theokratie (?) > republikanisches Kalifat
Absolute Souveränität Gottes
Repräsentanz der Souveränität durch Kalif
Kalif wird vom Volk gewählt.
Das republikanische Kalifat
Hüten Sie sich bei dem Begriff der Stellvertretung vor dem Mißverständnis, daß diese den
Schatten Gottes auf Erden, das Papsttum oder Gottesgnadentum bedeuten würde.
Denn der Koran hat bestimmt, daß dieser Status des Kalifats bzw. der Stellvertretung
weder das Recht nur eines einzelnen Menschen, einer Dynastie noch einer bestimmten
Klasse ist.
Vielmehr ist dies das Recht der Gesamtheit aller, welche die Souveränität Gottes
anerkennen und an die Superiorität des göttlichen Gesetzes glauben, das ihnen von Gott
durch seine Propheten und Gesandten offenbart worden ist:
»Gott hat denjenigen von euch, die glauben und tun, was recht ist, versprochen, daß er
sie zu Nachfolgern (Stellvertretern) bestellen wird“ (Koran 24,55).
Dies macht das islamische Kalifat »demokratisch", im Gegensatz zu politischen Konzepten
wie das Kaisertum, Papsttum oder die Theokratie - dem religiösen Staat -,wie sie in der
Tradition des Westens bekannt sind. Allerdings ist dabei grundsätzlich zu beachten, daß
jenes System, das der Westen heute als »Demokratie« bezeichnet, das Attribut der
Souveränität total und ausschließlich der Allgemeinheit bzw. dem Volk zuerkennt.
Dagegen ist in unserem System der Demokratie, das wir mit dem Begriff des Kalifats
bezeichnen, die Allgemeinheit lediglich das Subjekt des Kalifats (der Stellvertretung),
keinesfalls jedoch der Souveränität selbst.
Zwar erhebt auch unser Verständnis von Demokratie den Anspruch, daß die Regierung
nur aufgrund des allgemeinen Willens des Volkes zustandekommen und abgelöst werden
darf- so wie in der Demokratie des Westens die Regierung zur Regelung der
Angelegenheiten des Staates durch den allgemeinen Volkswillen gebildet und beendet
wird. Jedoch besteht der Unterschied zwischen uns und ihnen darin, daß sie ihr
Verständnis der Demokratie auf das Prinzip ungezügelter Freiheit des Menschen
gründen, während wir glauben, daß das demokratische Kalifat an das Gesetz Gottes
gebunden ist.
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Sayyid Qutb (1906-1966):
zunächst Mitstreiter von Nasser,
Reise in die USA, Rückbesinnung auf Islam;
In Ägypten 1954 inhaftiert, schließl. hingerichtet.
Wegmarken: „Maobibel der islamischen Revolution“
Islam als universale Befreiungsdeklaration für alle Menschen:
Der Dschihad im Islam
• Diese Religion ist die allgemeine Deklaration der Befreiung des Menschen auf der
Erde vom Dienst an den Dienern (Gottes) und ebenso der Befreiung des Menschen
vom Dienst an sich und seinen Leidenschaften - denn auch dies fällt unter den
Dienst an den Dienern.
• Diese Befreiung geschieht durch die Deklaration des alleinigen Gott-Seins und
Herr-Seins Gottes gegenüber allen Menschen auf der Erde.
• Diese Deklaration des alleinigen Herr-Seins Gottes gegenüber den Menschen
bedeutet: Die universale Revolution gegenüber allen Formen der durch den
Menschen Gott entzogenen Souveränität in allen ihren Formen und Systemen, die
totale Rebellion gegen jede Ordnung auf der ganzen Erde, in der die Entscheidung,
in welcher Form auch immer, in der Hand der Menschen liegt. Oder um es anders
auszudrücken: in der das Gott-Sein in irgendeiner Form den Menschen zuerkannt
wird, so daß die Entscheidung, die das letzte Wort hat, den Menschen zugewiesen
wird - eine Ordnung, in der die Quelle der Gewalten die Menschen sind: Dies aber
ist die Vergöttlichung der Menschen , welche die einen zu Herren der anderen
anstelle Gottes macht.
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Der Islam mußte auftreten, um ein gesellschaftliches,
wirtschaftliches und politisches System zu errichten, das der
Befreiungsbewegung die faktische Konkretisierung erlaubt,
nachdem die etablierte Macht beseitigt worden ist - egal ob diese
rein politischer Natur ist, sich mit dem Rassismus [i.e. Zionismus
und Kolonialismus] liiert hat oder aber innerhalb der einen Rasse
auf der Klassendiskriminierung [vgl. Sozialismus Nassers ] beruht.
Es war keinesfalls die Absicht des Islam, die Menschen zur
Annahme seiner Glaubenslehre zu zwingen. Aber der Islam ist
nicht nur Glaubenslehre. Der Islam ist, wie wir gesagt haben, die
universale Deklaration der Befreiung des Menschen von dem
Diener-Sein gegenüber den Dienern. Denn er hat von Anfang an
die Beseitigung der Systeme und Regierungen zum Ziel, die auf
der Grundlage beruhen, daß die Souveränität von Menschen
beansprucht wird und daß der Mensch sein Diener-Sein dem
Menschen erweist. Wenn dies geschehen ist, sind die Menschen
wirklich freie Individuen in der Wahl ihrer Glaubenslehre nachdem der politische Druck auf sie aufgehoben worden ist und
ihr Herz und ihr Verstand von der erleuchteten Botschaft erreicht
worden sind ...
Der schiitische Islamismus
Allgemeine Charakterisierung der Schia und Entwicklung Persiens:
• Imam: Nachfolger Alis (Ali selbst ist der erste Imam)
• Ismailiya: Fünferschia; Zaidiya: Siebenerschia; Imamiya: Zwölferschia
(Hauptrichtung; Iran)
• Letzter Imam Muhammad al-Mahdi 941 in „Verborgenheit“ (gaiba)
entrückt; seine Wiederkehr wird erwartet: sichtbare Leitung der
Gemeinde; gerechte Regierung der Welt (vgl. Messias in Judentum,
Christus im Christentum)
• Rechtsgelehrte als Vertreter des kommenden Imam: al-fuqaha, al-ulama
• Auslegung des göttlichen Gesetzes nach dem Maßstab der Vernunft:
idschtihad
• Unter Dynastie der Safiwiden (1501-1722) wird Iran durchgehend
schiitisch; Entstehen des Klerus (Mullahs)
• Seit Reza Schah (1925) Säkularisierung nach türkischem Vorbild
• 1977 Sturz von Schah Reza Pahlawi
• Ayatollah Khomeini: wilayat al-faqih, Herrschaft des Gottesgelehrten,
Prinzip der stellvertretenden Regierungsausübung durch den
Rechtsgelehrten (auch in schiitischer Tradition revolutionär).
Ruhollah al-Khomeini
• Wilayat al-faqih
• Teilweise streng antikolonalistisch, antiwestlich
• Rationale Argumentation nach der natürlichen Theologie
(Gegensatz zu al-Maududi)
• Ausgeprägtes Naturrechtsdenken
• Aber Doppelspitze:
– Demokratisch legitimierte Regierung: Ministerpräsident (heute
Rohani)
– Der Rechtsgelehrte (faqih) bzw. Führer (rahbar): Staatsoberhaupt, Chef
der Streitkräfte (heute Chamenei)
• Relative und absolute Statthalterschaft
– Sachkompetenz der Rechtsgelehrten, kollektiv (v.a. Ayatollahs)
– Metaphysische Kompetenz der Imame, singulär (warten auf Mahdi)
– Faktisch: weitestgehende Kompetenzen
Wilayat al-Faqih
• Voraussetzungen für das Amt des Staatsoberhaupts in der Zeit der
Verborgenheit
– Diese Kriterien sind Kenntnis des Gesetzes und Sinn für Gerechtigkeit. Viele
Rechtsgelehrte der Gegenwart erfüllen diese Bedingungen. Wenn sie sich
einigen, sind Sie in der Lage, einen islamischen Weltstaat der allgemeinen
Gerechtigkeit zu schaffen.
• Statthalterschaft des Rechtsgelehrten
– Wenn ein fähiger Mann, der die beiden oben genannten Eigenschaft besitzt,
auftritt und eine Regierung bildet, verfügte über die gleichen Vollmachten der
Statthalterschaft, über die Seine Heiligkeit, der hochedle Prophet, für die
Verwaltung der Gesellschaft verfügte.
– Die Statthalterschaft des Rechtsgelehrten ist eine relative Angelegenheit; sie
wird durch Ernennung übertragen, ein Akt, der vergleichbar ist mit der
Ernennung eines Vormunds für Minderjährige.
– Die Statthalterschaft und die Ausübung der Staatsgewalt durch einen Imam
bedeuten nicht, dass er keine geistliche Stellung hat. Ihm obliegenden geistige
Aufgaben, die von denjenigen Verpflichtungen, die sich aus der
Machtausübung ergeben, verschieden sind. Es handelt sich um das universelle
göttliche Kalifat, das die Imame zuweilen erwähnt haben. Dies ist ein
absolutes Kalifat, nach welchem, dem religiösen Sachwalter alles
untergeordnet ist. Nach den Vorschriften unserer Religion Kann niemand den
geistigen Rang eines Imam erreichen nicht einmal ein Erzengel oder ein
Prophet. Nach einigen Überlieferungen waren der hochedle Prophet und
einige Imame vor der Erschaffung der Welt Lichtstrahlen in der Finsternis des
Himmels. Sie waren prädestiniert über allen Menschen zu stehen.
• Muhammad Hussein Fadlallah (1935-2010)
– Geistiger Mentor der Hisbollah
– Teilweise liberal
• Wahabismus in Saudi-Arabien
Islamische Erneuerung
Al-Afghani,
Abduh, u.a.
Al-Banna,
Qutb (Ägypten)
Reformislam
Ali Shariati,
Khomeini (Iran)
Muslimbrüder
Salafisten
Maududi
(Indien,
Pakistan)
Nasr Hamid
Abu Zaid
Mohammad M.
Shabestari
Abolkarim
Soroush
Mouhanand
Khourchide
Der innere Konflikt des Islam
• „Obschon die gemeinhin wahrgenommene Interpretation des Islam in
vielen Fällen nicht die Ideen der Religion-und der Glaubensfreiheit
widerspiegelt, existiert eine andere Interpretation des Islam, die auf den
ursprünglichen Quellen des Islam basiert und die in Einklang ist mit der
Freiheit der Religion des Glaubens, wie sie in der allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte festgelegt worden ist.“
(Mullah Mohsen Kadivar, geb. 1959; zit. n. Amirpur, Den Islam neu
denken 31)
• „Die richtige Frage ist nicht: Sind Islam und Demokratie vereinbar oder
nicht? Die Frage ist: Sind die Muslime heute bereit, diese Vereinbarkeit
entstehen zu lassen?“
„Das Christentum hat sich gewandelt, das Judentum auch. Warum dürfen
die Muslime ihre Religion nicht reformieren?
(Mohammad M. Shabestari (geb. 1936); zit. N. Amirpur 32)
• Im Iran traditionell zwei Richtungen:
– Geistlichkeit soll sich in Politik einmischen
(Minderheitenmeinung)
– Geistlichkeit soll sich von Politik fernhalten –
„Quietismus“ (Mehrheitsmeinung!)
– Trennung von Kirche und Staat hier angelegt!
• Ein System von “checks and balances“
• Wenn nicht der Revolutionsführer quasidiktatorische
Vollmachten hätte!
Immer wieder: Ein neuer Aufbruch
• „Wir behaupten nicht mehr, dass ein wahrhaft religiöser Staat
demokratisch sein kann, wir behaupten, dass er demokratisch sein muss“
•
(Abdolkarim Soroush)
„In den 50 Jahren, die seit dem Ende der Kolonialherrschaft und der Gründung des
islamischen Staates vergangen sind, wurden im Namen des Islams Regierungen an
die Macht gebracht und gestürzt, republikanische Grundwerte beschworen und
Autoritarismus verteidigt, Monarchien, Autokratien, Oligarchien, Theokratien
gerechtfertigt und Terrorismus, Zwiespalt und Feindseligkeit geschürt. Die Frage
bleibt: Taugt der Islam heute zum Aufbau einer wirklich liberalen Demokratie im
Namen Osten? Kann die moderne islamische Stadt Vernunft und Offenbarung
miteinander in Einklang bringen, und eine demokratische Gesellschaft auf der
Basis der sittlichen Ideale aufbauen, die Prophet Mohammed vor 1400 Jahren in
Medina formuliert hat?
Er kann nicht nur, er muss. In der muslimischen Welt hat diesen Prozess bereits
begonnen. Die wichtigste Lektion, die aus der gescheiterten europäischen
„Zivilisierungsmission“ zu lernen ist, lautet, das Demokratie, soll sie ein dankbarer
und dauerhafter Weg sein, nicht von außen importiert werden darf. Sie muss
vielmehr im Inneren wachsen auf dem Boden einer vertrauten Mentalität. Und sie
muss sich einer verständlichen, einleuchtenden Sprache bedienen, um von den
einheimischen verstanden zu werden“
– Reza Aslan: Kein Gott außer Gott 276f.
Abdolkarim Soroush
(Hajj Hosein Dabbaq, geb. 1945, Teheran)
•
Einer der weltweit bedeutendsten muslimischen Intellektuellen
– Studium der islam. Philosophie, klass. Disziplinen (fiqh, usul al-fiqh, tafsir), Studium der
Pharmazie; Arbeit als Labordirektor
– Studium in England (Pharmazie, Geschichte, Philosophie); Promotion in Chemie,
Beschäftigung mit Marxismus und Theologie im Umfeld von Khomeini; Kritik an
Volksmoschahedddin mit Karl Popper (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde)
•
Theoretiker der islamischen Republik
– Bis 1984 mehrere politische Ämter, danach Forschungstätigkeit, Beschäftigung mit westlicher
Kultur und Philosophie (Verhältnis von Religion und Moderne)
– Unterrichtet Philosophie der Religion, Epistemologie, vergleichende Philosophie, Philosophie
der empirischen Wissenschaften, Mystik
•
Nach dem Tod Khomeinis Kritik am System
– Kritik am „Ständesystem“ bzw. Klerus, der für die Erstarrung verantwortlich sei.
•
Seit 2000 Exil
– Harvard, Yale, Berlin, Leiden etc.
– 2008 7th topmost intellectual persons of the world;
– „Martin Luther“ des Islam
•
Wandelbarkeit der religiösen Erkenntnis
– Glaubenwissen abhängig von Zeit und Stand der Wissenschaft und der allg. Kultur
– „Wenn es ein religiöses Gesetz in dieser Absolutheit gibt, dann nur beim Gesetzgeber also
Gott“ (zit. n. Amirpur 186).
– Möglichkeit unendlicher Erkenntniszunahme, Annäherungscharakter von Erkenntnis
– Ziel der Religion kann nicht zu humanen Konzepten im Widerspruch stehen.
– Koran als offener Text, der zu Interpretationen einlädt
– Verhärtung der Religion als modernes Phänomen, Rückkehr zu einer alten Pluralität der
Deutungen (Idschtihad)
•
Trennung zwischen Religion und religiösen Erkenntnis
– Religion: widerspruchsfrei, vollkommen; rel. Erkenntnis: widersprüchlich, relativ
– Unterscheidung von veränderlichem und unveränderlichem Aspekt der Religion
– Kritik an vali-ye faqih (Oberstem Rechtsgelehrten) Khamenei; (keine Unfehlbarkeit)
•
Eine religiös-demokratische Regierung (religious democracy)
– Trennung von Staat und Religion
– Säkulare Demokratie schütze am besten die Religion
– Beachtung der universalen Menschenrechte
• „Freie Gesellschaften, ob religiös oder areligiöses sind göttlich (das heißt mit Gottes
willen im Einklang) und menschlich; in totalitären Gesellschaften aber bleibt wieder die
Menschheit noch die Gottheit übrig“ (zit. n. Amirpur 195).
•
Gegen die Ideologisierung der Religion
– „In der ideologisierten Gesellschaft ideologisiert die Regierung Gesellschaft, aber in einer
religiösen Gesellschaft macht die Gesellschaft die Regierung religiös. In einer ideologisierten
zum Gesellschaft herrscht eine offizielle Interpretation der Ideologie, aber in einer religiösen
Gesellschaft gibt es verschiedene Interpretationen keine offizielle Interpretation der Religion.
... Die Religion nimmt die Färbungen der verschiedenen Gesellschaften an, aber es kommt
nicht eine bestimmte Färbung der Religion dabei heraus“ (zit. n. Amirpur 199)
• Herrschaft über den Koran?
– „Aber der Prophet ist auch, auf eine andere Weise der Schöpfer der Offenbarung. Was
er von Gott erhält, ist der Inhalt der Offenbarung. Dieser Inhalt kann also den Menschen
nicht dargeboten werden, denn er geht über ihren Verstand und sogar über Worte
hinaus. Er ist formlos. Die Aufgabe des Propheten besteht darin, das Formlose zu
formen, um es zugänglich zu machen. Wie ein Dichter überführt der Prophet die
Inspiration in Sprache, die erkennt, in den Stil, den er beherrscht und die Bilder und das
Wissen, das besitzt.“
– „Die menschliche Perspektive auf den Koran macht es möglich, zwischen den
essentiellen und den akzidentellen Aspekten der Religion zu unterscheiden. Einige Teile
der Region sind historisch und kulturell bestimmt und heute nicht mehr relevant. Das gilt
zum Beispiel für die Körperstrafen die Koran vorgeschrieben sind wenn der Prophet In
einer anderen Umgebung gelebt hätte, wären diese Strafen vermutlich nicht in seiner
Botschaft gewesen.“ (Zit. n. Amirpur 199f.)
Mohammad Mojtahed Shabestari
(geb. 1936)
•
Schiitischer Geistlicher
– Koranexeget, Lehre beim berühmtesten Exegeten und Philosophen
•
In 60iger Aufenthalt in Deutschland, Studium der Hermeneutik (Gadamer)
– „Was unter einem bestimmten historischen Horizont formuliert wurde, braucht, um unter
einem anderen historischen Horizont verstanden zu werden, eine Art inhaltlicher Übersetzung
und eine neue Formulierung.“
•
•
Eine objektive Lesart ist nicht möglich, Interpretation ist immer
kontextbezogen.
Liest den Koran als einen historischen Text.
– Der Koran als Erzählung
– Der Koran als prophetische Lesart der Welt
– Kritik an der dogmatischen Lesart der herrschenden Kleriker
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Für einen spirituellen Islam, für die quietistische Tradition (Trennung von Staat
und Religion)
Die Basis allen Glaubens sind Gedankenfreiheit und der freie Wille des
Menschen
– Rezeption protestantische Theologie (Tillich); Kritik am „Theismus“
– Persönliche Glaubenserfahrung im Vordergrund
Mouhanad Khourchide
(geb. 1971)
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Geb. in Beirut (Palästinenser); aufgewachsen in Saudi-Arabien
Studium der islam. Theologie und Soziologie in Wien und Beirut
Seit 2010 Professor für islam. Theologie in Münster
„Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion“ (2012)
– Baut eine Brücke zur neuzeitlichen Denkart der Freiheit! Rezeption von Kant,
Aufklärung, Menschenrechten etc.
– Gottesdienst ist Dienst am Menschen
– Scharia als juristisches System steht im Widerspruch zum Islam selbst,
Stattdessen sechs Prinzipien:
1. Monotheismus,2.Unantastbarkeit der menschlichen Würde, 3. Gerechtigkeit, 4. Freiheit des
Menschen, 5. Gleichheit aller Menschen,6. Soziale Verantwortlichkeit
– Humanistische Koranhermeneutik (einschließlich histor. Bewusstsein)
• Religiöse Befreiung und politische Befreiung hängen zusammen
• „Es bleibt abzuwarten, wer das nächste Kapitel in der Geschichte des
Islams schreiben wird. Aber es lässt sich schon heute sagen, wir den Krieg
zwischen den Kräften der Reform und den Kräften der Gegenreform
letztlich gewinnen wird. Was Muhammad von 1400 Jahren in Mekka eine
Revolution in Gang setzte, Um die 80 heimischen, starken und
ungerechten Verhältnisse der Stammesgesellschaft durch die radikal neue
Vision der von Gott geschenkten Moral und der sozialen Gleichheit zu
ersetzen, zerrissen das Gewebe der traditionellen arabischen Gesellschaft.
Erst nach Jahren der Gewalt der Zerstörung konnte der Hidschas von
seinen „falschen Idolen“ befreit werden.
Und es wird noch viele Jahre dauern, ehe der Islam von seinen
neuen falschen Idolen der Frömmelei und des Fanatismus befreit ist, die
von jenen angebetet werden, welchen Muhammads Vision der Toleranz
und Eintracht durch ihre eigenen Ideen von Hass und Zwietracht ersetzt
haben.
Doch diese Befreiung wird kommen, die Reform ist nicht mehr
aufzuhalten. Die Zeit der islamischen Reformation hat begonnen. Wir
leben mitten in ihr.“
– Reza Aslan: Kein Gott außer Gott 290
Das Abendland
• Das Abendland als Europäische Union?
– 94% der EU-Bevölkerung = abendländisch, d.h. katholisch oder protestantisch
(Ausnahme: Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Zypern)
– Große wirtschaftliche und kulturelle, politische und religiöse Unterschiede
– Der global player EU oder die Formation der Kulturräume: USA, China, Indien,
Russland, Südamerika
– Die Not-wendigkeit der Union (nach innen und außen)
• Das Abendland als Kulturgemeinschaft
– Wertegemeinschaft: Demokratie, Menschenrechte, liberaler Staat,
Individualismus, Pluralismus ... Die Notwendigkeit der Besinnung auf sich
selbst.
– Die Not-wendigkeit zur Selbstfindung zwischen Säkularität und Sakralität
– Unklare Rolle der Religion?
• Das Abendland in Gefahr
– plurale Untergänge: Rom, Dunkles Zeitalter, Pest, Reformation (und Folgen),
frz. Revolution, Nationalismen (WK I), Ideologie (WK II und Kalter Krieg) ... „Die
Islamisierung des Abendlandes“
– Innere Aushöhlung
– Russland
(vgl. Zeit von letzter Woche)
– Finanzmärkte
– Islam(ismus)
Der Islam
• Sehr heterogene Größe, keine politische, kulturelle, religiöse Einheit
• Islam im Aufbruch oder Islam in Aufruhr?
• Es gibt reformatorische Kräfte im Islam. Diese werden in der islamischen
Welt breit rezipiert Aber Wechselspiel aus Fortschritt und Rückschritt:
– Demokratiebewegung im Iran: Chatami > Ahmahdinedschad > ???
– Islamischer Frühling > Bürgerkrieg, Militärdiktatur > ???
• Es bleibt: Die Not-wendigkeit zur Selbsttransformation
– „Die Zeit der islamischen Reformation hat begonnen. Wir leben mitten in ihr.“
(Aslan)
– „So kommen zwei Dinge zusammen: Eine gesellschaftliche Notwendigkeit und
eine Religion, die in der Geschichte oft bewiesen hat, dass sie das Potential zu
Pluralität und Anpassungsfähigkeit hat und Ambiguitäten ertragen und
integrieren kann. Der Islam ist so rein wie Regenwasser und er hat als er in die
Geschichte an unterschiedlichen Orten Gestalt gewann, die verschiedenen
Farben, Geschmäcker und Gerüche der Tradition angenommen, auf die er traf.
Das wird auch jetzt wieder geschehen: mit dem Islam im 21. Jahrhundert im
Islam in Deutschland im Islam in Europa“. (Amirpur 243)
• „Den Muslimen“ die Möglichkeit der Transformation absprechen?
Warnung vor Essentialismus:
– „Die Katholiken“ als undeutsch (19. Jh), unmodern, undemokratisch (19. Jh.)
– „Die Deutschen“ als unverbesserliches Volk von Kriegstreibern und
Weltherrschern?
Der Islam und das Abendland
• Feindliche Geschwister bzw. ein altes Ehepaar
– Islam und Christentum gehen aus der jüdisch-griechischen Antike hervor
(Neuwirth)
– Der Eine nicht ohne den Anderen: Die gemeinsame Geschichte
• Das Andere, der Fremde
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Bereits im Koran eine ambivalente Rezeption der Juden und Christen
Im Christentum der Islam als Irrglaube, Häresie
Romantische Verklärung oder der westöstliche Diwan
Die dunkle Bedrohung oder Macht und Gegenmacht (bei weitgehender
Unkenntnis) >>> Das Ressentiment
• Die Kolonialisierung und Globalisierung
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Das schwere Erbe des Kolonialismus
Emanzipation
Gemeinsam Leben in der einen Welt
Migration
• Das Not-Wendige
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Die wechselseitige Kenntnisnahme
Die islamische Aufklärung und Europas Angst vor Religion (Casanova)
Das Problem der Ungleichzeitigkeit
Eine Zukunft nur gemeinsam ...
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