KS Nov.2014 Mahayana.pps - Buddha Raum Erlangen eV

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Karsten Schmidt:
Übersicht Mahāyāna / Buddha Raum Erlangen – 01. Nov. 2014
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Geschichtlicher Hintergrund der Entstehung des Mahāyāna
Gedanken zum Verhältnis der frühen Schulen zum Mahāyāna
Die Anfänge gehen bis mindestens in das 1./2. Jh. v. Chr. zurück.
Zentrale Merkmale sind u.a.
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Eine Ausweitung und auch die Lebenssituation von Laien einbeziehende
Erlösungslehre.
Eine Verselbständigung und Loslösung des Prinzips der Buddhaschaft von der
Person des historischen Buddha.
Gleichzeitige Vielfalt von Buddhas/Bodhisattvas
Eine Ausweitung des Gedankens, dass nichts in der Welt einen substanziellen
Wesenskern hat.
Eine stärkere Betonung, dass alles für uns als Bewusstseinsinhalt gegeben ist.
Die stärkere Betonung einer altruistischen Motivation/Mitgefühl
Eine stärker diesseitsgewendete Erlösung.
Eine Ausweitung mythologischer Vorstellungen - die stärkere Bedeutung von
Erlösungshelfern, reinen Ländern, Stupakult etc.
Mehr bildliche Darstellungen.
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Gedanken zum Verhältnis der frühen Schulen zum Mahāyāna
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Mahāyāna keine Abspaltung.
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Das wesentliche gemeinschaftsstiftende Merkmale innerhalb der Mönche und
Nonnen ist bis heute die Ordensregel (Skr. vinaya).
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Die Gemeinschaftszugehörigkeit war weniger auf Lehrmeiningen bezogen. So
konnten Anhänger mahāyānischer Lehren mit solchen, die das Neue ablehnten,
zusammen in einem Kloster leben.
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Wichtige Konzepte des Mahāyāna entstanden neben der Mahāsāṃghika
innerhalb der Sarvāstivādins und Sautrāntikas, überwiegend im nördlichen
Verbreitungsgebiet des Buddhismus.
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König Kanishka I und das Kushanreich
Der Nomadenstamm der Xiongnu (Turkvolk, Gebiet heutiges Nord-China),
unterwirft den Nomadenstamm der Yuèzhī (indo-germanisch, Sprache vermutlich
Tocharisch, dem Persischen verwandt).
Nach einem Aufstand ca. ab 160 v.Chr. Flucht und Wanderung bis nach Baktrien.
141-129 v.Chr. besetzen die Yuèzhī Baktrien und gründen ein eigenes Reich, aus
dem ca. ab dem 1. Jh. das Kushan-Reich entsteht. (Die Kushan waren eine
Stammesgruppe innerhalb der Yuèzhī.)
König Kanishka I gilt als ein wichtiger Förderer des Buddhsismus , vor allem der
Sarvāstivādins . In der Kushan-Zeit entstanden wichtige neue Impulse für
buddhistische Darstellungen.
Neu war auch, das Kanishka I und andere Könige der Kushans den buddhistischen
saṃgha stärker in die Gesellschaft einbezogen und sich vielleicht sogar selbst als
Verkörperungen von Avalokiteśvara, Maitreya oder Amitabha sahen, was zum
Modell wurde für Tibet und Süd-Indien /Śri Lanka, aber auch Ostasien.
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König Kanishka I und das Kushanreich
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König Kanishka I und das Kushanreich
Kanishka I
Buddha mit
Schriftzug Boddo in griechischer Schrift
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König Kanishka I und das Kushanreich
Königliche Siegel - Tamgas
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Buddhistische Kunst in Gandhara
Die Region Gandhara im Gebiet des heutigen Pakistan und Afghanistan
lag im Zentrum des Kushan-Reichs. Sie war geprägt von vielfältigen
kulturellen Einflüssen, als ehemaliger Teil des Achämenidenreichs
persisch, von Alexander her griechisch, von Indien her und durch die
aus Nordchina (Gansu) eingewanderten Yuèzhī/Kushans zentralasiatisch
u.a. In diesem Schmelztiegel entstanden in den ersten beiden
Jahrhunderten die ersten Darstellungen des Buddha, hergestellt von im
griechischen Stil geschulten Handwerkern.
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Buddhistische Kunst in Gandhara
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Buddhistische Kunst in Gandhara
anikonische Darstellungen
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Buddhistische Kunst in Gandhara
anikonische Darstellungen
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Buddhistische Kunst in Gandhara
Buddha Shakyamuni
Apollo
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Buddhistische Kunst in Gandhara
links Buddha Shakyamuni
recht Bodhisattva Vajrapani (Skr. wörtl. Vajrahalter)
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Buddhistische Kunst in Gandhara
Vajrapani – Beschützer des
Buddha mit Donnerkeil,
Vorbild Herakles (rechts)
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Buddhistische Kunst in Gandhara
Bodhisattva Maitreya
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Inhaltliche Entwicklungen im Mahāyāna
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Buddha, Buddhas und Bodhisattvas
• Mahāsāṃghika (Skr., „große Gemeinschaft“) ,
ab dem 2. Jh.v.Chr. kam die Vorstellung auf, dass der historische Buddha
immer schon als dem unerlösten saṃsārischen Dasein enthoben, d.h. als
lokottara (Skr., „überweltlich“), im Gegensatz zu laukika (Skr., „weltlich“) zu
denken sei.
•Lokottaravāda (Skr., „Lehre von der Überweltlichkeit“ [des Buddha]).
•„Buddha-Prinzip“ (Skr. buddha-dhātu) als etwas, das jedem Wesen
innewohnt – im ausgebildeten Mahāyāna etablierte sich dafür der Begriff
tathāgatagarbha (Skr. „der Keim des So-Gegangenen/Vollendeten“).
• Andere Ausrichtung der mahāyānischen Erlösung als „nicht-fixiertes“ (Skr.
apratiṣṭhita), d.h. aktives Nirvāṇa, auch im Sinne von zwischen Saṃsāra und
Nirvāṇa bzw. den Dualismus Saṃsāra/Nirvāṇa auch überwunden habend.
•Das eigentliche Ziel ist aber nicht mehr das Nirvāṇa, sondern die
Buddhaschaft bzw. die Befreiungserfahrung, die der frühe Buddhismus nur
dem Buddha zuschrieb: das „unübertreffliche und vollkommene Erwachen“
(Skr. anuttarasamyaksaṃbodhi).
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Buddha, Buddhas und Bodhisattvas
•Die zentrale Figur dieses neuen Ideals ist der voller Mitgefühl im Saṃsāra
agierende, werdende Buddha, d.h. der Bodhisattva.
•„Buddha-Feld“ oder „Buddha-Land“ (Skr. buddhakṣetra) entstehen zu
lassen, d.h. einen Raum, in dem ideale Bedingungen herrschen, um die
Befreiung zu verwirklichen. Am bekanntesten ist das sukhāvatī (Skr., „das
Glückselige“) genannte „Buddha-Land“ des Buddha Amitābha bzw.
Amitāyus (Skr., „unermeßliches Licht“ bzw. „unermeßliches Leben“).
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Buddha, Buddhas und Bodhisattvas
Unter dem Einfluss der Vijñānavāda/Yogācāra-Schulen formulierte klassisch
gewordene Ausprägung der Lehre von den „drei Körpern“ (Skr., trikāya)
unterscheidet drei Ebenen:
 Der „Manifestations“- oder „Verwandlungskörper“ (Skr.
nirmāṇakāya) bezeichnet die leiblich erscheinenden Buddhas, durch die
das Buddha-Prinzip sich zum Wohle aller Wesen im unerlösten Dasein
manifestiert.
 Der „Körper des Genießens“ (Skr. saṃbhogakāya) verweist auf die
überweltlichen Buddhas, die den Praktizierenden in visionären
Meditationszuständen zugänglich sind.
 Der „Dharma-Körper“ (Skr. dharmakāya) schließlich steht für das
allen Buddhas gemeinsame Buddha-Prinzip, das dann identisch ist mit
der „Dharma-Natur“ (Skr. dharmatū), dem „Bereich des Dharma“ (Skr.
dharmadhātu), der „Soheit“ (Skr. tathatā), der „Leerheit“ (Skr. śūnyatā)
etc. und den anderen synonymen Bezeichnungen für die
Befreiungswirklichkeit.
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Dimensionen der Leerheit (Skr. śūnyatā)
 Substanzlosigkeit
„Lehre von kein Selbst habend“ (Skr. anātmavāda)
pudgalanairātmya (Skr., „ohne substanzielles Selbstsein der Person“)
dharmanairātmya (Skr., „ohne substanzielles Selbstsein der Daseinskonstituenten“)
„ohne Eigensein“ existierend (Skr. asvabhāva)
 Relationalität / Bedingtheit
„abhängiges Entstehen“ (Skr. pratītyasamutpāda)
„Ursache“ (Skr. hetu) und „Bedingung“ (Skr. pratyaya)
 Erscheinung / Illusion
„Illusion“ (Skr. māyā u.a.), „Traum“ (Skr. svapna), „mentales Konstrukt“ (Skr.
kalpanā, parikalpa), „abhängige Bezeichnung“ (Skr. prajñaptir-upādāya) oder einer
„bloßen Bezeichnung“ (Skr. prajñapti-mātra)
 Unbestimmtheit
„unbestimmbar“ (Skr. animitta, wörtl.: „zeichenlos“), „ohne Vielheit“ (Skr.
niṣprapañca), „frei von unterscheidenden Vorstellungen“ (Skr. avikalpa, nirvikalpa),
„undenkbar“ (Skr. acintya), „Nicht-Denken“ (Skr. acitta), „nicht zu erfassen“ (Skr.
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anupalambha)
Dimensionen der Leerheit (Skr. śūnyatā)
 Provisorische Geltung von Bestimmungen/Konzepten
„zweifache Wahrheit“ (Skr. satyadvaya) –
1. „verhüllte Wahrheit“ (Skr. saṃvṛtisatya) / „konventionelle Wahrheit“ (Skr.
vyavahārasatya)
2. „höchste Wahrheit“ (Skr. paramārthasatya)
„geschickte Mittel“ (Skr. upāya)
 Weltzugewandtheit / Akzeptanz
akzeptieren „so wie es ist“ (Skr. yathābhūtam), „Soheit“ (Skr. tathatā) oder „Soheit
der Wirklichkeit“ (Skr. bhūtatathatā)
 Erlösungspotenzial / Erlösungsziel
„Dharma-Natur“ (Skr. dharmatā), „Buddha-Natur“ (Skr. buddhatā), der „Keim des
Vollendeten“ (Skr. tathāgatagarbha), der „Gipfel der Wirklichkeit“ (Skr. bhūtakoṭi),
die eigentliche Wirklichkeit im Sinne der „Dasheit“ (Skr. tattva), „höchste
Wahrheit“ (Skr. paramārthasatya), „Dharma-Körper“ (Skr. dharmakāya)
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Dimensionen der Leerheit (Skr. śūnyatā)
 Tätiges Mitgefühl
„Mitleid“ (Skr. karuṇā), bodhicitta, der „Erleuchtungsgeist“ oder
„Erleuchtungsgedanke“
 Selbstüberwindung
„Leerheit der Leerheit“ (Skr. śūnyatāśūnyatā )
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Mahāyānische Schulbildungen
Madhyamaka (Skr., „Lehre vom mittleren Weg“)
Nāgārjuna (tibetische Darstellung)
Es gibt so gut wie keine gesicherten
Informationen über ihn. Vermutlich lebte und
wirkte er im 2./3. Jahrhundert n. Chr. in
Südindien.
Traditionell verbreitet ist der Bericht, er habe
von den Nāgas (mythische Schlangenwesen),
die Texte der „Vollkommenheit der Erkenntnis“
(Prajñāpāramitā) erhalten, um sie der Welt zu
übermitteln.
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Madhyamaka (Skr., „Lehre vom mittleren Weg“)
Der Name dieser Schule leitet sich her aus dem Ausdruck „mittlerer Weg“
(Skr. madhyamāpratipad, P. majjhimāpaṭipadā), der schon früh als
Selbstcharakterisierung der buddhistischen Lehren diente.
Die „Mitte“, um die es hier vor allem geht, ist die zwischen den Extremen
„Sein“ (Skr. bhāva) und „Nichtsein“ (Skr. abhāva) bzw. „Existenz“ (Skr.
astitva) und „Nicht-Existenz“ (Skr. nāstitva).
Unter Berufung auf das Kaccāyanagotta-Sutta schreibt Nāgārjuna in
seinen Merkversen der Lehre des Mittleren Weges (Skr.
Mūlamadhyamakakārikā):
„Sagt man, ‚es ist‘, hält man an ewiger Dauer fest. Sagt man, ‚es ist nicht‘,
hat man die Vorstellung des Aufhörens [der Dinge]. Deshalb möge sich der
Verständige nicht auf die beiden [Ansichten], ‚es ist‘ und ‚es ist nicht‘,
festlegen lassen.“ (MMK 15.10)
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Madhyamaka (Skr., „Lehre vom mittleren Weg“)
Für die Interpretation interessant sind bereits die ersten Zeilen des
Widmungsverses, welcher den Text einleitet; dort heißt es u.a.:
„Ihn, den völlig Erwachten, den besten aller Lehrer, verehre ich, der die
beglückende, alle Entfaltung (prapañca) auflösende Lehre vom
abhängigen Entstehen (pratītyasamutpāda) verkündete.“
„abhängigen Entstehen“ (Skr. pratītyasamutpāda)
„Entfaltung“ (Skr. prapañca)
„aufzulösen“ (Skr. upaśama, auch „beruhigen“).
Der Ausdruck prapañca bezieht sich einerseits auf die „Entfaltung“ der
verschiedenen Gegebenheiten des Daseinserlebens, gleichzeitig aber auf
die sprachlichen Mittel der Erfassung dieser Gegebenheiten, durch eine
differenzierte „Entfaltung“ von Begriffen. Wenn Nāgārjuna von einer
„Auflösung/Beruhigung“ der „Entfaltung“ spricht (Skr. prapañcopaśama),
bezieht er sich daher auf die sprachlich erschlossene Daseinserfahrung.
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Madhyamaka (Skr., „Lehre vom mittleren Weg“)
Programmatisch der folgende Vers:
„Erlösung kommt durch die Vernichtung von Karma und Anhaftungen.
Karma und Anhaftungen kommen aus unterscheidenden Vorstellungen
(vikalpa), sie kommen aus der begrifflichen Entfaltung (prapañca). Die
Entfaltung aber wird in der Leerheit vernichtet.“ (MMK 18.05)
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Vijñānavāda (Skr. „Lehre vom Bewusstsein“)
Vasubandhu (tibetische Darstellung)
Zusammen mit seinem Halbbruder Asanga gilt
Vasubandhu (4. Jh.) der Tradition nach als
Begründer der Yogācāra/Vijñānavāda—Lehren.
Nach tibetischen Quellen stammen beide aus
Gandhara, wo Vaibhāṣika-Sarvāstivāda
und Sautrāntika stark vertreten waren. Selber in
der Sarvāstivāda-Linie ordiniert verfasste er eine
Zusammenstellung dieser Lehren und kritisierte
sie aus der Sicht des Sautrāntika im
Abhidharmakośa . Sein Bruder Asanga soll ihn
zum Mahāyāna gebracht haben.
Vijñānavāda-Elemente bereits im Sautrāntika z.B. : „Verbindungsbewusstsein“
(Skr. pratisandhivijñāna) als „Träger“ (Skr. āśraya) karmischer Einprägungen, die
dort als „Samen“ (Skr. bīja) hinterlegt sind.
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Vijñānavāda (Skr. „Lehre vom Bewusstsein“)
Im Zentrum stehen Begriffe/Aussagen wie „nur Geist“ (Skr. citta-mātra), „nur
Bewusstsein“ (Skr. vijñāna-mātra) oder „nur mentale Manifestation“ (Skr.
vijñāpti-mātra). Sinn dieser Aussagen ist jedoch nicht, ein idealistischontologisches Urteil zu formulieren bezüglich der Nichtexistenz der
extramentalen Welt.
Man konzentriert sich auf die Erfahrungen in deren Unmittelbarkeit. In
diesem Zustand schwindet der konzeptionelle Unterschied zwischen Subjekt
und Objekt – im Hinblick auf das Problem der Anhaftung meist anschaulich
bezeichnet als der „Ergreifende“ (Skr. grāhaka) und das „Ergriffene“ (Skr.
grāhya) – und damit eine zentrale Bedingung für das Entstehen von Leid.
Wenn man sich überdies klar macht, dass die leidhaften Erfahrungsaspekte
entscheidend einer Konstruktionsleistung des eigenen Bewusstseins
entspringen, dann ist durch Veränderung der daran beteiligten Prozesse auch
eine Überwindung des Leidens möglich.
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Vijñānavāda (Skr. „Lehre vom Bewusstsein“)
Anders als bei den Mādhyamikas hält man es für angebracht, über das
Konstatieren der Nichtexistenz absoluten Seins auch von der „Existenz der
Nichtexistenz“ (Skr. abhāvasya-bhāva) zu sprechen, wodurch die Leerheit als
etwas erscheint, dem ein positives Sein zukommt.
In der Praxis wird die Leerheit durch Etablieren einer Haltung verwirklicht,
welche sich auf den unmittelbaren Erfahrungsvollzug konzentriert und ihn frei
hält von verdinglichten Inhalten. Für den Meditierenden ist dabei diese
Abwesenheit verdinglichter Inhalte – d.h. die realisierte Leerheit – zugleich
etwas Anwesendes, da dieses Realisieren sich in einer entsprechenden
Qualität des Bewusstseins manifestiert und somit der Leerheit eine mentale
Präsenz verleiht. Die Leerheit wird hier zwar positiv bestimmt, aus der Sicht
des Yogācāra/Vijñānavāda ergibt sich dadurch aber keine verdinglichende
Anhaftung, weil die ausgesagte Existenz sich nur auf den Bereich des
Mentalen bezieht.
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