Wintersemester 2015/2016 Allgemeine Chemie – Basis Praxis Seminar zum Praktikum 1. Teil : Anorganische Chemie – Basis Praxis Koordinationsverbindungen und Komplexometrie Hydroxokomplexe Bildung von Isopolyoxo-Kationen 2[Fe(OH2)6]3+ 2[Fe(OH)(OH2)5]2+ 1<pH<3 - H 2O [(H2O)4Fe(µ-OH)2Fe(H2O)4]4+ [(H2O)5Fe(µ-O)Fe(H2O)5]4+ Bei pH-Werten über 3 bilden sich zunächst höhernukleare Isopolyoxo-Kationen wie: Hydroxokomplexe Bildung von Isopolyoxo-Kationen 2[Fe(OH2)6]3+ 2[Fe(OH)(OH2)5]2+ 1<pH<3 - H 2O [(H2O)4Fe(µ-OH)2Fe(H2O)4]4+ [(H2O)5Fe(µ-O)Fe(H2O)5]4+ Bei pH-Werten über 3 bilden sich zunächst höhernukleare Isopolyoxo-Kationen, Dann bei pH>>3 Fe2O3 • x H2O ( „Fe(OH)3“) Fe2O3 • x H2O reagiert im wässrigen Milieu nicht sauer und bleibt unlöslich bis pH = 14. Hydroxokomplexe Löslichkeit von Metallhydroxiden / Bildung Komplexer Ionen • Hydroxide höherwertiger Metalle sind schlechter löslich • Puffersysteme nötig, damit einige Metalle nicht als komplexe Anionen in Lösung gehen Stabilität von Komplexen Für die Komplexbildung und die Komplexstabilität gilt das Massenwirkungsgesetz: Bruttostabilitätskonstante βn und individuelle Stabilitätskonstante Kn ← [MLn] M + n L→ βn = K1• K2 Kn βn= [MLn] [M][L]n Stabilität von Ammin-Komplexen [M(H2O)6]2+ Ki(stab) = [M(H2O)5NH3]2+ [M(NH3)6]2+ ... [M(NH3)i] [M(NH3)i-1][NH3] M pK1 pK2 pK3 pK4 pK5 pK6 Ni2+ Co2+ Co3+ Cu2+ Ag+ 2.8 2.1 2.2 1.6 1.7 1.1 1.2 0.8 0.7 0.0 0.2 -0.6 4.1 3.2 3.5 3.8 2.9 2.1 ΣpK1-4 ΣpK1-6 7.8 5.6 8.5 5.2 35.1 12.6 Chelate Einzähnige Liganden : Komplexbildung erfolgt stufenweise, dadurch keine scharfe Änderung am Äquivalenzpunkt, also für eine quantitative Bestimmung nicht geeignet. Chelate: Komplexbildung in einem Schritt, dadurch großer „Sprung“ am Äquivalenzpunkt (steiler Kurvenanstieg), damit für eine quantitative Bestimmung sehr gut geeignet Einzähnige Liganden Chelate Komplexometrie Komplexometrie Maßanalytisches Verfahren zur Bestimmung von Ionen, wobei diese mit Hilfe von Komplexbildnern in stabile Chelate überführt werden. Im Wasserbereich wird damit u.a. die Wasserhärte bzw. Gesamtwasserhärte der Ionen von Calcium und Magnesium bestimmt. Für die komplexometrische Bestimmung des Gehaltes an Ca2+- und Mg2+-Ionen wird bevorzugt das gut lösliche und in hoher Reinheit herstellbare Dinatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure (Dihydrat) verwendet. Sechszähnig EDTA EDTA = Ethylendiamintetraessigsäure-Dinatriumsalz („Titriplex III“, „Idranal“, „Komplexon“) - Aminopolycarbonsäure - Ist als neutrales Molekül eine vierprotonige Säure d.h., die Komplexbildung ist pH-abhängig pH-abhängiger Protonierungsgrad von EDTA EDTA-Komplexe Stabilität von EDTA-Komplexen in Äbhängigkeit vom pH-Wert Komplexometrie Prinzip der Komplexometrie: Man verwendet sehr wenig von einem „Metallindikator“, der mit dem Metall-Ion einen Komplex bildet, der stabiler ist als der des Metall-Ions mit Wasser, aber weniger stabil als der Komplex des Metall-Ions mit dem Titrationsmittel, z.B. EDTA. In der Lösung haben wir dann [M(H2O)n]m+ und [M(Ind)]z+. (A) Als erstes reagiert der „schwächste“ Komplex [M(H2O)n]m+ + EDTAH22- [M(EDTA)]x+/- + n H2O + 2H+ (B) Wenn alles Wasser verdrängt ist, kommt als nächstes die Verdrängung der sehr geringen Menge Metallindikator (unmittelbar vor dem Äquivalenzpunkt) [M(Ind)z-] + EDTAH22- [M(EDTA)]x+/- + Ind y- + 2H+ (C) [M(Ind)]z- und Ind y- haben intensive, aber unterschiedliche Farben, daher kommt es bei der Verdrängung des Indikators zu einem deutlichen Farbumschlag. (D) Titrationsverlauf A B C D Komplexometrie Komplexometrische Methoden - Direkte Titration (im Praktikum!) - Rücktitration - Substitutionstitration - Indirekte Titration Wichtig ist: - Hohe Komplexstabilität: Komplexierung muss schnell und quantitativ erfolgen - Verfügbarkeit geeigneter Indikatoren Titrationsarten - Indirekte Titration Diese Methode kann angewandt werden für Kationen und Anionen, die selbst keine Chelatkomplexe bilden. Beispiel: Ag+ 2 Ag+ + [Ni(CN)4]2- 2 [Ag(CN)2]- + Ni2+ Die freigesetzten Ni2+-Ionen werden anschließend mit EDTA zurücktitriert. Beispiel: SO42Das in der Lösung befindliche Sulfat wird quantitativ mit einem Überschuss BaCl2 gefällt. SO42- + BaCl2 BaSO4 + 2 Cl- Nicht umgesetztes Ba2+ wird dann komplexometrisch bestimmt. Der Gehalt an SO42- ergibt sich aus der Differenz zwischen der anfangs eingesetzten Menge Ba2+ und der komplexometrisch bestimmten Menge an Ba2+. Titrationsarten - Rücktitration Man fügt der Probe eine Lösung bekannter Konzentration eines Komplexbildners hinzu. Nach Erwärmen der Lösung bildet sich der Komplex mit dem zu bestimmenden Kation. Der überschüssige Teil des Komplexbildners wird dann mit einem anderen geeigneten Kation zurücktitriert. Der Komplex mit diesem Kation muss dabei weniger stabil sein als der des zu bestimmenden Kations. Beispiel: Ni2+, Al3+, Hg2+, Co2+, Cr3+ - Substitutionstitration Diese Methode nutzt ebenfalls die unterschiedlichen Komplexstabilitäten. Zunächst wird ein (relativ instabiler) Komplex mit dem Komplexbildner hergestellt. (z. B [MgY]2- mit EDTA). Dieser wird mit einem Metallion M2+ umgesetzt, das einen stabileren Komplex bildet. M2+ + [MgY]2- [MY]2- + Mg2+ Die so freigesetzten Mg2+-Ionen werden anschließend mit EDTA zurücktitriert. Beispiel: Mn2+ Zwei Beispiele für „Metallindikatoren“ Eriochromschwarz T - dreibasige Säure H2Indweinrot HInd2pH 6.3 blau Ind3pH 11.5 orange - Arbeitsbereich pH 7 - 11 (mit Puffer einhalten, „Indikatorpuffertablette“) - Farbumschlag rot - grau - grün (Umschlag deutlicher durch Zusatz von Methylrot) Calconcarbonsäure - Arbeitsbereich pH > 12, Farbumschlag violett / reinblau - Calcium neben großen Mengen Magnesium bestimmbar Gravimetrie Gravimetrie: Die Gravimetrie benutzt zur quantitativen Bestimmung die Massenbestimmung der Reaktionsprodukte von Fällungsreaktionen. Hierbei wird der zu bestimmende Anteil der Analysensubstanz in eine schwerlösliche Verbindung überführt. Voraussetzungen für gravimetrisch nutzbare Reaktionen: • Gültigkeit der stöchiometrischen Gesetze • Streng definierte Zusammensetzung des Niederschlags (Fällungsform) bzw. Umwandlung in eine geeignete Wägeform • Bildung eines schwerlöslichen Niederschlages • Schnelle und vollständige Abtrennung des Niederschlages von der Lösung • möglichst kleiner gravimetrischer Faktor der Wägeform Gravimetrie Vorteile: • geringer apparativer Aufwand, Eichung von Geräten entfällt • Ergebnisse lassen sich mit hoher Präzision erhalten Nachteile: • relativ zeitaufwendig • nicht automatisierbar, keine Serienanalysen möglich • Protokoll muss sehr exakt befolgt werden (größtes Problem im Praktikum) Gravimetrische Grundoperationen: • Lösen der Analysensubstanz • Fällen eines schwerlöslichen Niederschlages • Abtrennen des Niederschlages von der Lösung • Auswaschen des Niederschlages • Trocknen und/oder Glühen des Niederschlages • Auswiegen der Wägeform Gravimetrische Bestimmung von Nickel Reaktion: O N OH H O+N N Ni2+ + 2 Ni N OH N+ Dimethylglyoxim -O N O H Struktur des Ni-DMG-Komplexes Die Fällung erfolgt aus einer ammoniakalischen alkoholischen Lösung von Dimethylglyoxim FNi = M(Ni) = 0.2032 M([Ni(DMG)2]) m(Ni) = FNi . m([Ni(DMG)2]) F wird als gravimetrischer Faktor bezeichnet Grundlagen der ElektronenAbsorptionsspektroskopie Nach dem verwendetem Wellenlängenbereich wird die ElektronenAbsorptionsspektroskopie häufig auch UV-vis Spektroskopie genannt UV-vis Spektroskopie Das Spektrometer UV-vis Spektroskopie Das Spektrometer Meist zwei Strahlungsquellen: W-Halogenlampe für vis Deuteriumlampe für UVBereich Dispergierendes Element: Optisches Gitter oder Prisma Probe: i.d.R. Lösung der Substanz in einer Quarzküvette (geringe Absorption im relevanten Wellenlängenbereich) Detektor: je nach Wellenlänge; bei UV- und vis-Licht sind das meist Si-Photodioden UV-vis Spektroskopie Das Spektrum I0 I Transmission T = 0.12 I I0 0.10 Absorption Absorption A = -lg T 0.08 Das Lambert-Beer‘sche Gesetz: 0.06 A=c•d•ε 0.04 Schichtdicke: d / cm 0.02 Konzentration: c / mol/l 0.00 400 600 800 1000 λ / nm 1200 molarer Extinktionskoeffizient: ε / l mol-1 cm-1 UV-vis Spektroskopie Das Spektrum Das Lambert-Beer‘sche Gesetz: I0 A=c•d•ε I 12 0.12 10 ε / L mol cm 0.08 8 -1 Absorption -1 0.10 0.06 0.04 6 4 0.02 2 0.00 0 400 600 800 1000 λ / nm 1200 400 600 800 1000 λ / nm 1200 UV-vis Spektroskopie Das Spektrum Das Lambert-Beer‘sche Gesetz: A=c•d•ε I 12 ε ist eine komplexspezifische, 10 molare Größe. Somit erlaubt der Vergleich eines bekannten 8 Extinktionskoeffizientens einer -1 ε / L mol cm -1 I0 Verbindung mit dem gemessenen ε 6 der selben, selbst synthetisierten 4 Verbindung eine Abschätzung über 2 die Reinheit. 0 Übergänge geben Auskunft über 400 600 800 1000 λ / nm 1200 elektronische Eigenschaften. UV-vis Spektroskopie Das Spektrum Das Lambert-Beer‘sche Gesetz: I0 A=c•d•ε I 12 ε ist u.a. stark von der Komplexgeometrie und der Elektronenkonfiguration abhängig: 8 -1 ε / L mol cm -1 10 ungefähres ε 6 Übergang 4 d-d Oktaeder für Fe3+, Mn2+ 1-10 0.1 2 d-d Tetraeder 100 0 CT-Übergang 103-104 400 600 800 1000 λ / nm 1200 UV-vis Spektroskopie Ansetzen der zu messenden Lösung -Abschätzen von ε der zu untersuchenden Bande -Berechnung der benötigten Konzentration zum Erreichen der erwünschten Absorption (i.d.R. ~1) -Exaktes Abwiegen (Analysenwaage) der ungefähr benötigten Masse für bekanntes Volumen, der molaren Masse und der Absorption -Verlustfreies Überführen der Einwaage in einen Meßkolben -Zugabe des Lösungsmittels bis knapp unter die Markierung, Lösen und dann exaktes Auffüllen bis der Meniskus der Lösung mit Markierung überein stimmt. UV-vis Spektroskopie Die Messung -Benötigt wird das Verhältnis I/ I0, direkt kann aber nur eine Intensität bestimmt werden -Spülen der Küvette mit dem Lösungsmittel, in dem später die Messung durchgeführt wird (mehrmalig) -Befüllen der Küvette, ins Gerät stellen, Messkammer schließen und Aufnahme der Grundlinie I0 über den gesamten Wellenlängenbereich. -Spülen der selben Küvette mit der zu messenden Lösung (mehrmalig), Befüllen der Küvette, ins Gerät stellen, Messkammer schließen und Aufnahme der Absorption über den gesamten Wellenlängenbereich. -Für den Ausdruck das Spektrum mit Absorptionsmaxima und der zugehörigen Wellenlänge beschriften und sinnvollen Bereich auswählen UV-vis Spektroskopie Das menschliche „vis-Spektrometer“ Eine Verbindung erscheint dem Betrachter als Komplementärfarbe seines Absorptionsspektrums