EU-Erbrechtsverordnung Dr. Max Wieland Rechtsanwalt Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht EU-ErbrechtsVO Einführung Überblick Regelungsinhalte Inkrafttreten Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich Internationales Privatrechtsregeln vor und nach Inkraftreten Einheitliche Anknüpfungskriterien zum Erbstatut Neues Testaments- und Erbvertragsstatut Zuständigkeit Nachlasszeugnis Einführung Kein neues vereinheitlichtes Erbrecht: Nationales Erbrecht bleibt unangetastet. Kein vereinheitlichtes Erbschaftsteuerrecht Nationale Besteuerungshoheit • BRD: Weltweiter Nachlass • Österreich: dzt. keine Erbschaftssteuer Regelungsinhalte vereinheitlichte Regeln zum anwendbaren nationalen Erbrecht Welches nationale Erbrecht ist anwendbar? Internationale Rechtszuordnung erforderlich: Nachlassvermögen in mehreren Staaten Ausländer mit Nachlassvermögen im Inland Inländer mit Wohnsitz im Ausland Regelungsinhalte internationale Zuständigkeit der Behörden / Gerichte Vollstreckung von Urteilen in Erbsachen im Ausland Internationaler Nachweis der Erbberechtigung - Nachlasszeugnis EU-ErbrechtsVO Inkrafttreten Verordnung = unmittelbar anwendbares Recht Beschluss des EU Parlaments und Rates vom 4.7.2012, veröffentlicht am 20.07.2012 Inkrafttreten Art. 84 • 17.08.2015 null Uhr EU-ErbVO Definition sachlicher Anwendungsbereich • • • • • • • Erbrecht: Rechtsnachfolge von Todes wegen, Art 1 Abs 1, Art 3, Abs 1)a) Exkurs: Rechtsnachfolge im Todesfall: Grundsatz der Universalsukzession Übergang von allen Vermögensrechten und Pflichten = Gesamtrechtsnachfolge Vermögen: Immobilien, Mobilien, Forderungen, Rechte z.B. Urheberrechte, Patente, Markenrechte, Grundpfandrechte Schulden: Darlehensverbindlichkeiten, nicht erfüllte Verträge, Schadensersatzansprüche, Schuldbeitritte, Eventualverbindlichkeiten aus Bürgschaften, öffentlich rechtliche Verbindlichkeiten: Steuern vom Einkommen, speziell Unternehmer: Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, latente Steuern bei Betriebsvermögen, familienrechtliche Verbindlichkeiten: ehegüterrechtliche Forderungen, Unterhalt Räumlicher Anwendungsbereich Universelle Geltung, Art 20 EU-ErbVO Vorrangig: völkerrechtliche Verträge z.B. Deutschland mit Iran, Türkei und Russland, USA, Art 75 Keine Geltung in den Mitgliedsstaaten Dänemark, Irland, Vereinigtes Königreich Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich, Art 1 Abs 2 • Personenstand, Familienverhältnisse und ähnliche Verhältnisse • Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, ges. Vertretung • Verschollenheit, Todesvermutung, keine Todesdefinition • Eheliche Güterrecht • Unterhaltspflichten, soweit nicht vTw. • Zuwendungen und Begründung von Rechten, die nicht dem Erbrecht unterliegen (z.B. Lebensversicherungen) • Gesellschaftsrecht • Sachenrecht und sachenrechtliche Register • Formgültigkeit mdl. Testamente • Steuerrecht, Zollrecht Wie erfolgt die Rechtsnachfolge vTw.: • Gesetzliche Erbfolge: geregelt nach dem Grad der Verwandtschaft, Ehe, Lebenspartnerschaft, Lebensgemeinschaft (z.B. in Kroatien, Slowenien, Serbien) • Testamentarische Erbfolge: Anordnung durch den Erblasser z.B. Bestimmung von Erben und sonstigen Begünstigten, Vermächtnisnehmern Wie erfolgt der Rechtsübergang: • Vonselbsterwerb (direkter Rechtsübergang auf den Erben mit dem Todeszeitpunkt, Ausschlagungsrecht des Erben) • Nachlass als Rechtsperson (Rechtsübergang auf den Erben mit Annahme, Durchführung eines Verfahrens) • Administratoren des Nachlasses (UK) als Rechtsnachfolger – Übertragung auf die Erben Unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Ländern • • • • • • • http://www.successions-europe.eu Universalsukzession Frankreich: direkte Rechtsnachfolge mit dem Tod von regulären Erben, Annahme unter Vorbehalt und unbeschränkte Annahme mit Haftung für den Nachlass, 10 jährige Frist für Ausschlagung, längstens bis zur Annahme Italien: Rechtsnachfolge erst mit Annahme, die konstitutiv wirkt, Annahme, Ausschlagung, Annahme unter Vorbehalt der Inventarerrichtung Luxemburg: Universalsukzession mit dem Erbfall: Annahme, Ausschlagung, Ausschlagung unter Vorbehalt der Inventarerrichtung Schweiz: Universalsukzession mit Ausschlagungsrecht , 3 Monate Österreich: Erbanfall mit dem Tod, Verlassenschaft ist eigene Rechtsperson, Rechtsnachfolge durch Annahme (bedingt, unbedingt) und Einantwortung, Deutschland: Vonselbsterwerb mit Todesfall; Ausschlagung binnen Ausschlussfrist von 6 Wochen ab Kenntnis Todesfall = ges. Erbfolge; ab Kenntnis vom gerichtlich eröffneten Testament; keine Ausschlagung bei vorheriger Annahme; 6 Monate bei Erbfall im Ausland, oder Auslandsaufenthalt des Erben Kollisionsanknüpfung bis zum 16.08.2015, 24 Uhr • • • • • • • • • • • • • • • Österreich: Staatsbürgerschaft Deutschland: Staatsbürgerschaft - Wahlrecht für in Deutschland gelegene Immobilien Schweiz: Anknüpfung letzter Wohnsitz mit Wahlrecht des Heimatrechts, für Schweizer kann das Heimatrecht beschränkt werden auf Immobilien Luxemburg: gewöhnlicher Aufenthalt, Immobilien Belegenheitsstaat Italien: Staatsbürgerschaft, Wahlrecht des Rechts am Aufenthaltsort Frankreich: bewegliche Gegenstände nach Recht am Aufenthaltsort, unbewegliche nach dem Landesrecht, keine Rechtswahl Spanien: Staatsangehörigkeit, bei Nachlassabwicklung in Spanien, Spanisches Recht. Großbritannien: Recht des Domizils, auf Dauer angelegter Aufenthaltsort, Immobilien: Erbrecht am Belegenheitsort Niederlande: Staatsangehörigkeit, bei Aufenthaltswechsel ins Ausland länger 5 Jahre: Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort, Immobilien: Rechtswahl Belegenheitsort Polen: Staatsangehörigkeit mit Wahlmöglichkeiten: Recht am Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt zum Todeszeitpunkt oder bei Testamentserrichtung Slowenien: Staatsangehörigkeit Slowakei: Staatsangehörigkeit Tschechien: Staatsangehörigkeit (ab 01.01.2014 neues Recht) Ungarn: Staatsangehörigkeit Erbstatut vor Inkrafttreten der EUErbVO • Vor 17.08.2015: Art 25 EGBGB; § 28 österr. IPRG Staatsbürgerschaft Doppelte Staatsbürgerschaft: engste Verbindung Art 5 EGBGB Rechtswahl für in Deutschland belegene Immobilien, Art 25 Abs 2 EGBGB Erbstatut vor Inkrafttreten der EUErbVO Geltung für den gesamten Nachlass Ausnahme von der Anknüpfung an die Staatsbürgerschaft: Art 3a Abs 2 EGBGB: Ortsrecht für Gegenstände im Ausland, die dort bes. Bestimmungen unterliegen Rückverweisungen werden vom deutschen Recht anerkannt, Art 4 Abs 1, 2 EGBGB Normenkonfliktfall • Staatsangehörigkeit vs. Ausländisches Ortsrecht • Beispiel: Deutscher mit Wohnsitz in der Schweiz • Nachlass in Deutschland: deutsches Erbstatut • Nachlass in Schweiz: schweiz. Recht • Folge Nachlassspaltung – letztwillige Verfügungen sind nach jeweiligem Erbstatut zu beurteilen Fallbeispiel Erbfall vor dem 17.08.2015 • • • • • • • • österreichisches Ehepaar lebt seit 30 Jahren in Deutschland Keine letztwilligen Verfügungen Kinder leben in Deutschland und Frankreich Privatvermögen in Deutschland: Immobilie in München, je hälftiges Miteigentum der Eheleute Privatvermögen in Klagenfurt aus Erbschaft nach der Mutter des Ehemanns, Privatvermögen der Ehefrau: Wertpapierguthaben nach den Eltern Ehemann verstirbt am 25.05.2014 in Österreich Vater des Ehemanns lebt noch, es gibt einen Bruder Erbfall vor 17.08.2015 • Eheleute vererben nach österr. Recht, Anknüpfung: Heimatrecht nach der Staatsbürgerschaft, § 28 IPRG • Überlebender Ehegatte (Ehefrau) erbt 1/3, Kinder erben 2/3 untereinander zu gleichen Anteilen • Vater des Ehemanns erbt nichts, § 757 ABGB, § 730, 731 ABGB • Ehefrau hat lebenslängliches Wohnrecht an der gemeinsamen Immobilie :gesetzliches Vorausvermächtnis § 758 ABGB (wird bei der Auseinandersetzung häufig übersehen) • Fallvariante: • keine Kinder: der Vater des Ehemanns und der Bruder erben 1/3, die Ehefrau 2/3 Erbfall vor dem 17.08.2014 • Das deutsche Erbrecht findet keine Anwendung; • Die Verlassenschaft ist vorrangig in Österreich abzuhandeln, da der Ehemann in Österreich Vermögen hatte. • Fremdrechtserbschein in Deutschland Ab 17.08.2015 anwendbares Erbrecht • Zukünftige Anknüpfung: gewöhnlicher Aufenthalt • Anwendung des Erbrechts am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts • Wahlrecht: Anknüpfung an das Recht der Staatsbürgerschaft • Indirektes Wahlrecht: Festschreibung des zum Zeitpunkt der Testierung geltenden Rechts Erbfall ab dem 17.08.2015 Gleiche Fallkonstellation: österr. Ehepaar, seit 30 Jahren in Deutschland lebend Ehemann verstirbt am 30.08.2015 Ab 17.08.2015 gilt die neue Erbrechtsverordnung: • Der Ehemann vererbt nach deutschem Recht: • Neue Anknüpfung: gewöhnlicher Aufenthalt Erbfall ab 17.08.2015 • Folgen des deutschen Rechts: • Ehefrau erbt zu ¼, 1931 Abs 1 BGB. • Keine Erhöhung des Ehegattenerbrechts um güterrechtlichen Zugewinnausgleich ¼ • Österr. Güterstand sieht Gütertrennung vor: § 1233 ABGB • Folge: ausländische Gütertrennung ist mit der dt. Gütertrennung zu vergleichen: • Bei vergleichbarer Gütertrennung: Erbteil mit Abkömmlingen zu gleicher Quote, ab 3. Kind feste Quote zu ¼ • Keine lebenslanges Wohnrecht • Vater des Ehemanns erbt nicht. Erbfall ab 17.08.2015 • Abwandlung: Keine Kinder vorhanden oder haben Erbverzicht/Ausschlagung erklärt: • Ehefrau erbt zu 1/2, 1931 Abs. 1 BGB, Vater und Bruder erben die andere Hälfte • Vermeidungsstrategie: letztwillige Erbeinsetzung der Ehefrau „Wahlmöglichkeiten“ zum Erbstatut Wandelbares Erbrecht durch Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts: Ortsrecht Faktisches Erbrechtstatut Wahlerbstatut: Festlegung durch letztwillige Verfügung – Heimatrecht nach der Staatsbürgerschaft Wählbares Erbrecht durch letztwillige Erklärung Neu: wählbares Erbvertragsstatut Reichweite des anzuwendenden Rechts, Art 23 • Eintritt Erbfall, Zeitpunkt, Ort • Testierfreiheit / Beschränkungen, Pflichtteilsrechte, Ansprüche nahestehender Personen • Testierfähigkeit, Erbfähigkeit, Enterbung, Erbunwürdigkeit • Berechtigte, Anteilsbestimmung, Ausgleichung /Anrechnung lebzeitiger Zuwendungen • Vom Erblasser angeordnete Pflichten • Nachlassansprüche des Ehegatten / Lebenspartners • Rechtsübergang / Haftung für Nachlassverbindlichkeiten / Gläubigerbefriedigung • Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker • Nachlassteilung Erbrechtsstatut Art 21, 22 • Grundsatz: Gewöhnlicher Aufenthalt Art 21 Abs 1 EuErbVO • Keine Legaldefinition: autonome EU-rechtliche Auslegung erforderlich Definition dauernder Aufenthalt • Daseinsmittelpunkt einer Person als Schwerpunkt der familiären, sozialen und beruflichen Beziehungen • Natürlicher Wille zur Begründung reicht aus • Zeitliche begrenzte Auslandsaufenthalte reichen nicht aus, solange ein Rückkehrwille besteht • Es gibt nur einen gewöhnlichen Aufenthalt: • Minderjährige haben eigenen gewöhnlichen Aufenthalt- Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern • Demenz: natürlicher Wille maßgeblich, gilt nicht für erzwungenen Aufenthalt Erwägungsgrund 23 • Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts sollte die mit der Erbsache befasste Behörde eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände • des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vornehmen • und dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigen, insbesondere die Dauer und die • Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit • zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt • sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele dieser Verordnung eine besonders • enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen. Problemfälle • verschiedene internationale Wohnorte • Grenzpendler, „Wanderleben“, Winterbirds, berufliche Ortsveränderung • grenzübergreifende Familienbeziehungen • Mehrere gleichwertige Anknüpfungen, Z.B. Selbstgenutzte Wohnhäuser in Österreich, Deutschland und Frankreich Vermeidung : Rechtswahl in letztwilliger Verfügung: nur Heimatrecht Ausnahme vom gewöhnlichen Aufenthaltsort Art 21 Abs 2 • offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat Beispiel: Erbfall kurz nach Umzug, engere Bindung zu anderem Staat aus Gesamtschau – jedoch keine Auffangklausel(Erwägung 25) Beispiel für offensichtlich nähere Verbindung zu anderem Staat : • Aufenthalt in Grenznähe zur Miete, wesentliches Vermögen und Einkünfte, soziale Absicherung und soziale Beziehungen im Nachbarstaat Wahlrecht Art 22 kein Bestimmungsrecht des gewöhnlichen Aufenthalts durch letztwillige Anordnung Wahl des Erbrechts nach der StaatsangehörigkeitHeimatrecht in letztwilliger Verfügung ausdrücklich oder konkludent Mehrfachstaatsangehörige: Wahlrecht zwischen den Erbrechten der betreffenden Länder Wahlzeitpunkt: Staatsangehörigkeit bei der Verfügung oder zum Todeszeitpunkt Wahl des Erbrechts • Vorteil der Rechtswahl: Rechtssicherheit, insbesondere bei unklarem gewöhnlichen Aufenthalt, • Nachteil: Die Abweichung vom Erbrecht des aktuellen gewöhnlichen Aufenthaltsorts kann bei auf einander abgestimmten Verfügungen (z.B. unter gemischtnationalen Ehegatten) zu inkompatiblem Recht führen Ausdrückliche Rechtswahl Bestimmung des Erbrechts nach der Staatsangehörigkeit (Recht des Staates dem der Erblasser angehört) durch letztwillige einseitige Verfügung: Beispiel: Letztwillige Verfügung: Ich, N. N. , österr. Staatsbürger/-in, verfüge für meinen Nachlass die Anwendbarkeit des österr. Erbrechts. Weitere Verfügungen treffe ich nicht. Datum, Ort, Unterschrift Ziel: Es wird nach dem gesetzlichen Erbrecht Österreichs vererbt. Davon abweichende letztwillige Regelungen sind ggf. zusätzlich anzuordnen. Konkludente Bestimmung • Testamente ohne ausdrückliche Wahl des Rechts der Staatsangehörigkeit: • Voraussetzung: • Andeutung der Wahl in der Verfügung • Erklärungsbewusstsein • Z.B. Nutzung landesspezifischer erbrechtlicher Bestimmungen / Begriffe, ggf. Ort der Verfügung, ggf. auch Sprache Beurteilung von Verfügungen vor dem 17.08.2015 • Art 83 Abs 4 Fiktion der Rechtswahl: • Wurde eine Verfügung von Todes wegen nach dem Heimatrecht der Staatsbürgerschaft (Art 22 EU-ErbVO) errichtet, dann bleibt diese Rechtswahl verbindlich. Verfügungen vor 17.08.2015 Art 83 Abs 2 Rechtswahl bleibt wirksam, wenn sie den Bestimmungen nach der ErbRVO entspricht, oder zum Zeitpunkt der Errichtung wirksam nach dem Ortsrecht im Aufenthaltsstaat oder nach der Staatsbürgerschaft verfügt wurde Testamentsstatut: Fiktive Rückbeziehung des Erbfalls auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung, Art 24 EU-VO Keine Änderung des Testamentsstatuts durch Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts = wirksames Testament bleibt wirksam Testamentsstatut • Testierfähigkeit (Mindestalter, Geschäftsfähigkeit) • Einsetzungsbeschränkungen (z.B. Verbot nach § 14 HeimG, ) • Zulässigkeit der Stellvertretung bei Errichtung der Verfügung v.Tw. • Auslegung der Verfügung • Wirkung der Täuschung, Nötigung, Irrtum, Willensmängel und Testierwillen betreffende Fragen • Recht zur Änderung der bereits getroffenen Verfügung Vom Testamentsstatut nicht erfasst: • • • • Wirkungen des materiellen Erbrechts Rechte der Pflichtteilsberechtigten, gesetzliche Erbquoten, Art und Weise des Rechtsübergangs, der Ausschlagung, Annahme, der Gemeinschaft mehrerer Erben, • der Rechtsinstitute der Nachlassverwaltung Beispiel Testamentsstatut • Österreicher, gewöhnlicher Aufenthalt in Italien bis 1988, seit 1989 in Deutschland, lebt zur Miete, seit 1985 verheiratet, österr. Güterrecht Vermögen: 3 Mio € Mietshaus in Wien, Wert 2,6 Mio € Bankguthaben in Deutschland 400.000 € • Testament: • Mein letzter Wille: • Meinen Sohn S.N. setze ich, N.N., als Alleinerbin ein. Meiner Ehefrau F.N. vermache ich mein Haus in Wien • Rom, 14.05.1985 Unterschrift Todesfall vor dem 17.08.2015 Anwendbares Erbrecht: Heimatrecht, Österreich Wirksamkeit des Testaments: Österr. Recht Problem: Sohn ist durch Vermächtnis (Wert 2,6 Mio.) belastet, erhält weniger als den Gegenwert seines Pflichtteils (1/3 = 1000.000 €) Aufstockungsanspruch des Sohnes gegen die Ehefrau als Vermächtnisnehmerin iHv. 600.000 € Todesfall ab 17.08.2015 Testamentsstatut: Österr. Recht Anwendbares Erbrecht Ortsrecht : Deutsches Recht? Erbausschlagung erforderlich?, § 2306 BGB Nein, da Fiktion einer Rechtswahl nach Österr. Recht, Art 83 Abs 4 EUErbVO Fallabwandlung • Testament wird am 17.08.2015 errichtet, gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland • Erbfall 31.12.2015 • Testamentsstatut: Deutsches Recht • Erbstatut: Deutsches Recht mangels Rechtswahl des Heimatrechts • Sohn muss ausschlagen, um wenigstens den Pflichtteil zu erhalten, § 2306 BGB Erbvertragsstatut • • • • Legaldefinition Erbvertrag: Vereinbarung, auch aufgrund gegenseitiger Testamente, zur Begründung, Änderung, Entziehung von Rechten am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer, an dieser Vereinbarung beteiligter Personen • mit oder ohne Gegenleistung Fallgestaltungen: • • • • Erblasser und Erbe Erblasser und Erblasser wechselseitig Erblasser und Erblasser und weitere Erben Vorgenannte Vertragspartner und nicht am Vertrag beteiligte Begünstigte z.B. Schlusserben • Erblasser und Erbverzichtender • Erblasser und Pflichtteilsverzichtender Erbverträge im Sinne der EU-VO • Pflichtteilsverzicht, Erbverzicht: Erbvertrag ja • Schenkung auf den Todesfall, 2301 BGB: ja • lebzeitig vollzogene Schenkung unter Überlebensbedingung: nein • Verträge zu Gunsten Dritter auf den Todesfall: nein • Zuwendungsverzichtsvertrag, § 2352 BGB: ja • Erbschaftsverträge, § 311 Buchst. b Abs. 4, 5 BGB: m.E. nein • Erbschaftskauf: m.E. nein Sonderfall gemeinschaftliches Ehegattentestament • Gemeinschaftliches Ehegatten-TestamentErbvertrag? - gesonderte Legaldefinition in § 3 c) EUErbVO: gemeinschaftliches Testament • Ein von zwei oder mehreren Personen errichtetes Testament • Materielle Wirkungen maßgeblich: Berliner Testament: Bindungswirkungen sind gegeben förmlicher Widerruf, Wechselbezüglichkeit Ehegattentestament • In Österreich nicht verbindlich = keine Erbvertrag • In Deutschland = Verbindlich nach h.M. Erbvertrag iSd. EU-VO Exkurs: dt. Ehegüterrecht • Güterrechtliche Erhöhung der Ehegattenerbquote um ein Viertel nach der dt. Zugewinngemeinschaft: • Problem: gemischtnationale Ehen mit dt. Güterstand • Deutsches Ehegüterrecht durch: - Gms. Aufenthalt in Deutschland bei Heirat - Rechtswahl des dt. Ehegüterrechts Zugewinnausgleich im Todesfall • Im Todesfall pauschalierter Zugewinnausgleich: Erhöhung der Erbquote des überlebenden Ehegatten von ¼ um ein ¼ auf die hälftige Erbquote • Fragestellung: • bei Versterben des nichtdeutschen Ehegatten: Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten? Zugewinnausgleich im Todesfall • • • • • • • Erhöhung des Erbteils Ehegüterrechtliche Zuordnung? Oder Erbrechtliche Zuordnung? Heutige Lösung: güterrechtliche Zuordnung Für EUErbVO ungeklärt Keine höchstrichterliche Rechtsprechung Beispiel • österreichischer Staatsbürger und deutsche Staatsbürgerin sind verheiratet, sie leben in Deutschland, der österreichische Staatsbürger verstirbt vor dem 17. August 2015, österreichisches Erbrecht, das österreichische Recht kennt keine Erhöhung der Erbquote aufgrund des Güterstandes. Nach erbrechtlichem Kollisionsrecht keine Erhöhung der Erbquote der Ehefrau (1/3) Beispiel Güterrechtliche Lösung: • Erhöhung der Erbquote: ja, falls dt. Güterrecht anwendbar Lösungsansätze Kein Zugewinnausgleich durch Erhöhung der Erbquote, schuldrechtlicher Zugewinnausgleich Güterrechtliche Qualifizierung: Erbquotenerhöhung jedoch maximal bis zur Erquote ½ Erhöhung der Erbquote nach ausländischem Recht um ¼ Vermeidung: Festlegung der Erbquote durch letztwillige Verfügung Änderung durch EUErbVO? • Art 1 Abs 2 d EUErbVO • Ehegüterrecht vom Regelungsbereich der Verordnung ausgenommen • Art 11 des Entwurfs GüterrechtsVO: güterrechtliche Auseinandersetzungen als Folge der Trennung oder des Todes eines Ehegatten sind dem Güterrecht vorbehalten Erbvertragsstatut: • Zulässigkeit • materielle Wirksamkeit • Bindungswirkung Zulässigkeit, Art 25 Abs 2 EU-ErbVO • Anwendbares Erbrecht zum Zeitpunkt der Vertragsschließung für jeden davon betroffenen Nachlass: Gesonderte Prüfung nach den einzelnen anwendbaren Landesrechten materielle Wirksamkeit , Art 26 • Testierfähigkeit (Mindestalter, Geschäftsfähigkeit) • Einsetzungsbeschränkungen (z.B. Verbot nach § 14 HeimG, ) • Zulässigkeit der Stellvertretung bei Errichtung der Verfügung v.Tw. • Auslegung der Verfügung • Wirkung der Täuschung, Nötigung, Irrtum, Willensmängel und Testierwillen betreffende Fragen Bindungswirkung • Bindung der Erbvertragsschließenden an den Vertrag, • Verbot / Beschränkung einseitig abweichender Testierung, • Voraussetzungen für die Aufhebung • Umfang der Bindungswirkung ist nicht definiert Anknüpfung mat. Wirksamkeit und Bindungswirkung: • Engste Verbindung des Vertrages zu den für die Zulässigkeit maßgeblichen Rechtsstatuten. • Kriterien, Abschlussort z.B. bei notarieller Beurkundung, Ort des Vermögens Rechtswahl des Erbvertragsstatuts • Art 25 Abs 3: Rechtswahl nur für die Zulässigkeit, materielle Wirksamkeit, Bindungswirkungen und Auflösung: • Wahl des Heimatrechts von einem Vertragsbeteiligten, dessen Nachlass betroffen ist • Keine Wahl des materiellen Erbrechts • Beispiel: Ehepaar Deutsche und Österreicher schließen eine Erbvertrag und wählen für das Erbvertragsstatut Deutsches Recht. Rechtwahlklausel in Testament • Für die Erbfolge in meinem gesamten Nachlass sowie für Fragen der Rechtswirksamkeit dieses Testaments wähle ich deutsches Erbrecht, unabhängig vom Ort meines gewöhnlichen Aufenthaltes im Zeitpunkt meines Todes. • Die nachstehenden Verfügungen treffe ich unabhängig davon, ob und in welchem Umfang diese Rechtswahl Wirkungen entfaltet; sie sollen in jedem Fall Bestand haben. (Formulierung von Notar Dr. Mario Leitzen, ZEV 2013, S. 128) Rechtswahlklausel in Erbvertrag Erbvertragsstatut • (1) Für Wirksamkeit und Bindungswirkungen dieses Erbvertrages (bzw. gemeinschaftlichen Testaments) soll insgesamt das (deutsche) Recht gelten. Dies verfügt ein jeder von uns einzeln sowie wir beide gemeinschaftlich mit erbvertraglicher Bindungswirkung, soweit gesetzlich zulässig. Die Bindungswirkung soll sich, soweit gesetzlich zulässig, auch auf die Wahl des anwendbaren Erbrechts erstrecken. (Formulierung von Notar Dr. Mario Leitzen, ZEV 2013, S. 128) Rechtswahlklausel in Erbvertrag materielle Rechtswahl • (2) Für die Erbfolge in seinen gesamten Nachlass wählt *Herr/Frau** (bei deutscher Staatsangehörigkeit nur eines Erblassers) / ein jeder von uns (bei deutscher Staatsangehörigkeit beider Erblasser) deutsches Erbrecht, unabhängig vom Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Zeitpunkt seines Todes. (Formulierung von Notar Dr. Mario Leitzen, ZEV 2013, S. 128) Reichweite der Bindungswirkung Testamentsvollstreckung Dauertestamentsvollstreckung Erbengemeinschaften Auseinandersetzungsverbot Bindungswirkung und lebzeitige Schenkungen in Benachteiligungsabsicht, §§ 2287, 2288 BGB Bindungswirkung • Auswirkung auf lebzeitige Schenkungen §§ 2287, 2288 BGB: Schutz vor den Nachlass schmälernden Schenkungen in Benachteiligungsabsicht • Die Schenkung ist wirksam, Erbe kann aber Zuwendung nach Erbfall zurückfordern, soweit eine Bereicherung vorhanden • Art 1 g) EuErbVO auf lebzeitige Zuwendungen ist EUErbVO nicht anwendbar Beispiel • Beispiel: Ehepaar Österreicher und Deutsche: gewöhnl. Aufenthalt in Deutschland • Erbvertrag: Gegenseitige Erbeinsetzung, Schlusserbe wird der Sohn, Erbvertragsstatut ist dt. Recht. • Erbfall der Deutschen am 17.08.2015 Österreicher wird Alleinerbe, Sohn wird sein Schlusserbe • Wiederverheiratung des Österreichers am 02.05.2016: • Bindungswirkung des Erbvertrags: der neue Ehepartner kann nicht als Erbe eingesetzt werden zur Umgehung: lebzeitige Schenkungen an die zweite Ehefrau. • Schlusserbe kann nach Erbfall die Entreicherung des Nachlasses geltend machen Fallvariante • Bindungswirkung bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland: • fraglich Vermeidungsstrategie: • Fortgeltung des dt. Erbrechts durch Trennung des Nachlassvermögens vom ausländischen Erbvertragsbeteiligten im Wegzugsfall • erbvertragliche Bedingungen: für den Fall des Wegzugs aus Deutschland geänderte Erbfolge, • Anordnung von Vor- und Nacherbschaft • Vermächtnisse, die bei Wegzug zu erfüllen sind • Bedingte Testamentsvollstreckung • Gesellschaftsrechtliche Bindung des Vermögens Staatliche Beschränkungen der Rechtsnachfolge Art. 30 • unabhängig vom Erbstatut aufgrund familiärer sozialer oder wirtschaftlicher Erwägungen, int. Geltungsanspruch: z.B. Höfeordnung, § 14 öst. Wohnungseigentumsgesetz • Regelungen zur Vererblichkeit von Gesellschaftsrechten sind bereits aus Regelungsbereich der VO ausgenommen • (z.B. in Gesellschaftsverträgen enthaltene Beschränkungen, wie und wer als Rechtsnachfolger Gesellschafter werden kann, Einziehungsklauseln) Kollisionsrecht ggü. Drittstaaten Art 34 • Drittstaaten z.B. Schweiz, andere Nicht- EU Staaten; Großbritannien, Irland, Dänemark als EU Staaten, • Grundsatz: Rückverweis auf das Erbrecht eines EU-Mitgliedsstaats wird angenommen. • kein Rückverweis: bei Rechtswahl Art 22 abweichende Anknüpfung Art 21 Abs 2 Form, Art 27 • Regelung für Testamente und neu auch für Erbverträge • Ortsform bei Errichtung, Vertragsschluss • Form nach Heimatstaat • Lageort unbeweglichen Vermögens, beschränkt für diese Immobilien Verfahrensrecht Zuständigkeit: Gerichte des Mitgliedstaats des gewöhnl. Aufenthalts im Todeszeitpunkt, Art 4 Einvernehmliche Gerichtsstandvereinbarung der Erben bei erbl. Rechtswahl, Art 5 Gerichtliche Unzuständigkeitserklärung auf Antrag eines Beteiligten bei Rechtswahl Subsidiäre Zuständigkeit bei fehlendem Aufenthalt in Mitgliedsstaat: Belegenheit des Vermögens , Art 10 Notzuständigkeit, Art 11 Für Ausschlagung und Annahme: Mitgliedsstaat des letzten gewöhnlichen Aufenthalt, Art 13 Hinweise zur Annahme / Ausschlagung Deutschland: Vonselbsterwerb mit Todesfall; Ausschlagung Ausschlussfrist von 6 Wochen ab Kenntnis Todesfall = ges. Erbfolge; 6 Wochen ab Kenntnis vom gerichtlich eröffneten Testament; keine Ausschlagung bei vorheriger Annahme; 6 Monate bei Erbfall im Ausland, oder Auslandsaufenthalt des Erben Irrtumsanfechtbarkeit der Annahme / Ausschlagung Deutschland: Haftungsbeschränkung für Nachlassverbindlichkeiten auch nach Annahme möglich Ausschlagung ggf. zur Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen erforderlich, § 2306 BGB Annahme / Ausschlagung in Österreich • Österreich • Annahme der Erbschaft erforderlich, • Mit Annahme persönliche Haftung für alle Nachlassverbindlichkeiten • Ausnahme • Sog. bedingte Annahmeerklärung, Ziel: Haftungsbeschränkung auf den Nachlass Europ. Nachlasszeugnis, Art 62 ff Antrag Formular mit Detailangaben zum Erbfall, Art 65 Wirkung in allen Mitgliedsstaaten, Art 69 Rechtsvermutung bzgl ausgewiesener Erben Vermächtnisnehmern, Testamentsvollstreckern, Nachlassverwaltern Gutglaubensschutz, Nachweis durch begl. Abschrift, Gültigkeitsdauer 6 Monate, erneuerbar Berichtigung, Widerruf Art 71 Vollstreckung, Art 39 ff • Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in den Mitgliedsstaaten ohne erneute Sachprüfung Erbschaftssteuerrecht Österreich : dzt. keine Erbschaftssteuer, Grunderwerbssteuer, Anzeigepflicht, „Strafsteuer“ bei unterlassener Anzeige Deutschland: Weltnachlass, abhängig vom Aufenthalt des Erblassers, Erben, sonstiger Begünstigter in Deutschland, oder Belegenheit z.B. Grundstücke, Unternehmen in Deutschland Dr. Max Wieland Rechtsanwalt Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht Leuchtenbergring 3 81677 München Tel.: 089 4130940 email: [email protected] homepage: www.radrwieland.de