Proseminar Mathematisches Problemlösen Thema: Polynome Referentin: Evelyn Kondziela 27.07.2006 Definition: Ein Polynom ist eine Funktion p (x ) der Form n p ( x) a i x i a n x n a n 1 x n 1 ... a 2 x 2 a1 x a 0 (1) i 0 Dabei heißen die Zahlen a 0 ,..., a n die Koeffizienten von p . Ist a n 0 , so heißt a n der Leitkoeffizient von p . In diesem Fall heißt die Zahl n der Grad von p und p ein Polynom n -ten Grades. Wir nennen p normiert, falls a n 1 ist. Die speziellen Polynome a n x n heißen auch Monome. Nullstellen von Polynomen: Als Nullstellen oder Wurzeln eines Polynoms werden jene Werte von x bezeichnet, für die der Funktionswert p (x ) null ist. Mit Hilfe des folgenden Satzes lassen sich Polynome in ein Produkt von Linearfaktoren zerlegen: Hauptsatz der Algebra: Ist p( x) an x n an 1 x n 1 ... a2 x 2 a1 x a0 ein komplexes Polynom vom Grad n , so gibt es eindeutig bestimmte Zahlen x1 ,..., xn (die Nullstellen des Polynoms), so dass p( x) ( x x n )( x x n 1 )...( x x 2 )( x x1 ) . Die Nullstellen von Polynomen ersten, zweiten, dritten und vierten Grades lassen sich mit Formeln explizit berechnen, dagegen lassen sich Polynome höheren Grades nur in Spezialfällen exakt faktorisieren. Aufgabe 1: a) Sei das Polynom p durch (1) gegeben. Beweisen Sie die Taylor – Formel ak = 1 (k ) p (0), k |N. k! (2) Hier definieren wir ergänzend a k = 0 für k n = deg p . b) Seien p und q zwei Polynome. Ferner sei p( x) q( x) für alle x |R. Beweisen Sie, dass n m und a k bk für alle k 0,1,..., n ist. Lösung: a) Es ist p (k ) = dk dx k n n j 0 j 0 aj x j aj n = aj j ( j 1) ( j k 1) x j k , j k , 0, j k , { j 0 n = a j k j [ j ( j 1) ( j k 1)] ( j k )! j k x ( j k )! n = a l k dk j x dx k l k (l k )! l x l! (mit l j k ). Einsetzen von x 0 ergibt n p (k ) (0) = a l k l k (l k )! l k! 0 a k a k k! , l! 0! was mit (2) übereinstimmt. b) Folgt aus ak = 1 (k ) 1 (k ) p (0) = q (0) = bk . k! k! Definition: Für zwei Polynome p und q sei g das Polynom vom größtmöglichen Grad und mit Leitkoeffizient 1, das sowohl p, als auch q teilt. Dann heißt g der größte gemeinsame Teiler von p und q (Bezeichnung g = ggT(p,q)). Aufgabe 2: Sie p ein Polynom, das eine mehrfache Nullstelle (Wurzel mit Vielfachheit > 1) hat. Dann ist ggT( p , p ’) ≠ 1, also deg (ggT( p , p ’)) ≥ 1. Lösung: Sei x = c eine (mindestens) doppelte Nullstelle. Dann ist p durch (x – c)2 teilbar: p = s(x – c)2. Es ist also p ’(x) = s’(x)(x – c)2 + 2s(x – c). Also ist p’ ebenfalls durch x – c teilbar. Daraus folgt deg(ggT( p , p ’)) ≥ 1. Fundamentalsatz der Algebra: Sei p ein Polynom vom Grad n ≥ 1. Seien x1 , , x J alle komplexen Nullstellen von p , und 1 , , J ihre Vielfachheiten. Dann ist 1 J n . Beispiel: Die Polynomgleichung p( x) x 5 5x 4 17 x 3 13x 2 0 hat die Lösung |L = { 0 ( 2) ,1,2 3i,2 3i }. Die Lösung 0 wird dabei doppelt gezählt, was aus der zerlegten Form des Polynoms ersichtlich ist: p( x) x x( x 1)( x 2 3i)( x 2 3i ) Anmerkung: Bei Polynomen mit reellen Koeffizienten ist die konjugierte Zahl einer Nullstelle wieder eine Nullstelle. Das heißt, ist x iy eine Nullstelle, so auch x iy . ______ n n n k 0 k 0 k 0 ___ Beweis: Mit f ( z ) a k x k und f ( ) 0 ist f ( ) a k k a k k f ( ) 0 0 . Daraus folgt, dass nicht – reelle Nullstellen bei Polynomen mit reellen Koeffizienten immer paarweise auftreten, das heißt, die Anzahl der komplexen Nullstellen ist gerade. Daraus kann man folgern, dass jedes Polynom mit reellen Koeffizienten und ungeradem Grad eine reelle Nullstelle hat. Aufgabe 3: Finden Sie den Rest bei Division von p = x2005 + 10x1000 + 7 durch q = x2 – 1. Lösung: Es sei x2005 + 10x1000 + 7 = s(x) (x2 – 1) + ax + b. Setzen wir die Nullstellen x = 1 und x = –1 des Polynoms q in diese Gleichung ein, so erhalten wir zwei lineare Gleichungen für a und b: 12005 + 10 * 11000 + 7 = 18 = a + b, (–1)2005 + 10 * (–1)1000 + 7 = -a + b. Das ergibt b= 1 1 (18 + 16) = 17 und a = (18 – 16) = 1. 2 2 Der Rest ist also durch r(x) = 17x + 1 gegeben. Aufgabe 4: Faktorisieren Sie das Polynom p(x) = x4 + 4 über |R. (Faktorisieren heißt hier als Produkt zweier oder mehrerer Polynome mit reellen Koeffizienten darstellen.) Lösung: Wir finden erst alle vier Nullstellen von p – es sind alle vier komplexen vierten Wurzeln aus –4: x1 = 1 + i, x2 = –1 + i, x3 = –1 – i, x4 = 1 – i. Also ist die vollständige Faktorisierung x4 + 4 = (x – 1 – i)(x + 1 – i)(x + 1 + i)(x – 1 + i). _ _ Da aber x1 = x4 und x2 = x4 ist, sind die Produkte (x – 1 – i) (x – 1 + i) = (x – 1)2 – i2 = x2 – 2x + 2 und (x + 1 – i)(x + 1 + i) = (x + 1)2 – i2 = x2 + 2x + 2 Polynome mit reellen Koeffizienten. Die Antwort lautet also x4 + 4 = (x2 – 2x + 2)( x2 + 2x + 2). Das ist die bekannte Faktorisierung von Sophie Germain. Aufgabe 5: Welche von den Polynomen p1(n) = n2 – 1, p2(n) = n2 + 1, p3(n) = n5 – 1, p4(n) = n4 + 4, ergeben bei jedem natürlichen n ≥ 3 eine zusammengesetzte Zahl? Lösung: Die Polynome p1, p3 und p4 kann man faktorisieren: p1(n) = n2 – 1 = (n – 1)(n + 1), p3(n) = n5 – 1 = (n – 1)(n4 + n3 + n2 + n + 1), p4(n) = n4 + 4 = (n2 + 2n + 2)(n2 – 2n + 2). Jeder Faktor ist dabei ≥ 2, denn n – 1 ≥ 2, n + 1 ≥ 4, n4 + n3 + n2 + n + 1 ≥ 34, n2 + 2n + 2 ≥ 2, n2 – 2n + 2 ≥ 2. Daher nehmen diese Polynome für n ≥ 3 stets zusammengesetzte Werte an. Auf p2 trifft diese Aussage nicht zu: beispielsweise ist p2(4) = 17 eine Primzahl. Aufgabe 6: a) Zeigen Sie, dass das Polynom Pn(x) = 1 + x x2 xn + +…+ 1 2! n! keine doppelte Nullstelle hat. b) Zeigen Sie, dass das Polynom p(x) = nxn + 1 – (n + 1)xn + 1 eine doppelte Nullstelle hat. Lösung: a) Angenommen, x = c sei eine doppelte Nullstelle von Pn(x). Dann ist auch c für die Ableitung Pn’(x) = 1 + x x2 x n1 + +…+ = Pn – 1(x) 1 2! (n 1)! eine Nullstelle. Daraus folgt Pn – 1(c) = 0. Dann ist auch n c 0 = Pn(c) – Pn – 1(c) = . n! Das ergibt einen Widerspruch, da c ≠ 0 ist. b) Es ist p(1) = n – (n + 1) + 1 = 0. Wir zeigen, dass p durch (x – 1)2 teilbar ist. Dies ist zu der Bedienung äquivalent, dass die Ableitung p’ durch x – 1 teilbar ist. Es ist tatsächlich p’(1) = ((n + 1)nxn – n(n + 1)xn – 1)|x = 1 = 0; also ist x = 1 eine Nullstelle von p’. Aufgabe 7: Seien α und β reelle Zahlen. Finden Sie das Minimum von α2 + β2 unter der Bedingung, dass das Polynom p(x) = x4 + αx3 + βx2 + αx + 1 stets reelle Nullstellen hat. Lösung: Ein solches so genanntes reziprokes Polynom hat die Nullstellen a , 1 1 , b und . a b Es ist also p(x) = (x – a )(x – = (x2 – ( a + 1 1 )(x - b )(x – ) a b 1 1 )x + 1)(x2 – ( b + )x + 1) a b = (x2 – cx + 1)(x2 – dx + 1) = (x4 + (– d – c)x3 + (1 + cd + 1)x2 + (–d – c)x + 1, wobei c = a + 1 1 und d = b + ist. Natürlich ist |c| ≥ 2 und |d| ≥ 2 (und dies ist auch a b die einzige Bedingung an c und d). Das ergibt α = –(d + c), β = 2 + cd. Zu minimieren ist die Summe da |cd| ≥ 4 ist α2 + β2 = (c + d)2 + (2 + cd)2 ≥ (2 + cd)2 ≥ (2 – 2*2)2 = (–2)2 = 4. Dieses Minimum wird erreicht für c = –d und cd = –4, also für c = 2 und d = –2 (oder umgekehrt). Das entspricht den Nullstellen a = entsprechende Polynom p(x) = x4 – 2x2 + 1 ist. 1 1 = 1, b = = –1, wobei das a b Literatur: - Materialien von Frau Dr. Grinberg V. V. Prasolov (2004): Polynomials. Berlin: Springer-Verlag http://www.mathproject.de/Funktionen/4_5.html http://de.wikipedia.org/wiki/Polynom http://www.num.math.uni-goettingen.de/hohage/Numerik1/interpolation.pdf