Kirchweih Dietersdorf 2012

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Kirchweih Dietersdorf 2012
-Liedinterpretation 639 „Ein Haus voll Glorie schauet“
1. Ein Lied wird zum Kirchweihfest immer besonders gerne gesungen: „Ein Haus voll
Glorie schauet.“ Wir singen das Lied voller Leidenschaft. Das Kirchengebäude aus
Stein – mächtig und gewaltig – wird uns vor Augen gestellt. Takt und Melodie bringen
die Melodie in die Nähe eines preußischen Marschliedes. Machen wir eine kleine
Zeitreise. Der Jesuit Joseph Mohr hat dieses Lied zwischen 1868 und 1875 auf dem
Hintergrund des Kulturkampfes geschaffen. Die Kirche von Feinden umzingelt und
bedroht, aber sie bleibt standhaft in den Wirren des liberalen Zeitgeistes und des
Kulturkampfes, den Otto von Bismarck gegen die katholische Kirche führte. Später in
der Zeit des Nationalsozialismus wird dieses Lied zum Bekenntnis und Kampflied
gegen das NS-Regime – wobei die Folgenlosigkeit nicht zu übersehen ist, um die
Institution „Kirche“ unversehrt zu bewahren, vielleicht auf Kosten derer, um die man
hätte noch mehr eintreten und Nachteile in Kauf nehmen müssen? Die Entrechteten
und die vom Tode bedrohten. Dieses Lied hat seine eigene Geschichte – und wer
wünscht sich nicht die Geborgenheit und den Schutz unseres Gottes in stürmischen
Zeiten: „Gott wir loben dich, Gott wir preisen dich. O lass im Hause dein uns all
geborgen sein.“
1. Strophe
2. Das Lied „Ein Haus voll Glorie schauet“ hatte ursprünglich 7 Strophen, wobei nur die
1. Strophe in das neue Gotteslob von 1975 aufgenommen wurde. Denn die anderen
Strophen wurden in der Nachkriegszeit allzu sehr als überschwänglich und
triumphalistisch empfunden. Vier neue Strophen mit klarer biblischer Ausrichtung
und geprägt vom zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) kamen hinzu. „Auf Zion
hoch gegründet steht Gottes heilge Stadt, dass sie der Welt verkündet, was Gott
gesprochen hat.“ Kirche ist „Licht der Welt“ und „Stadt auf dem Berg“. Sie darf sich
nicht selbst genügen und in dieser Welt fest einrichten. Diese Bilder vom „Licht der
Welt“ und der „Stadt auf dem Berg“ sind dem Evangelisten Matthäus in seiner
Bergpredigt sehr wichtig. „So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie
eure guten Werke sehen und eueren Vater im Himmel preisen.“ Die Kirche aus
lebendigen Steinen – und das sind wir - ist zum Zeugnis in der Welt herausgerufen. So
braucht man in der Öffentlichkeit der heutigen Gesellschaft nicht nur Solisten,
sondern auch einen kräftigen Chor – wenn es um den Schutz des Sonntages geht, um
den Schutz des menschlichen Lebens, um die Bewahrung der Schöpfung und die
Weitergabe der christlichen Werte in unseren Schulen und Familien: „Herr, wir
rühmen dich, wir bekennen dich, denn du hast uns bestellt, zu Zeugen in der Welt.“
2. Strophe
3. In der dritten Strophe wird das Fundament der Kirche besungen: Jesus Christus. Das
Zweite Vatikanum sagt es so: „Öfter wird die Kirche auch Bauwerk genannt. Der
Herr selbst hat sich mit dem Stein verglichen, den die Bauleute verworfen haben, der
aber zum Eckstein geworden ist. Auf diesem Fundament wird die Kirche von den
Aposteln errichtet und von ihm empfängt sie Festigkeit und Zusammenhalt.“ (II.
Vat./LG 6,4). Die christliche Gemeinde bedarf immer wieder der Erinnerung, der
Vergewisserung und der Bestärkung auf welchem Fundament sie eigentlich steht, um
sich nicht irgendwo zu verlieren: „Du bist Geschöpf Gottes; begleitet von Jesus
Christus, den Auferstandenen, gestärkt im Heiligen Geist – dem himmlischen
Jerusalem entgegen.“ Freilich gibt es viele Spaltungen – damals wie heute. Paulus
klagte einmal darüber. Er schreibt im 1. Korintherbrief: „Ich meine damit, dass jeder
von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus – ich halte zu Apollos – ich zu
Kephas - ich zu Christus. Ist denn Christus zerteilt?“ Mit den Kindern der 3. Klasse
habe ich vergangene Woche ein Haus der Christen gemalt; Christen, die miteinander
wohnen und in Frieden auskommen sollen. Wir haben verschiedene Räume der
katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche betreten und kennengelernt – mit
all den verschiedenen Traditionen. Was das Fundament ausmacht ist Jesus, der
Christus (Gesalbte): das Credo, die Bibel, die Taufe. „Lass fest auf diesem Grund uns
stehn zu aller Stund.“
3. Strophe
4. Die 4. Strophe ist meine Lieblingsstrophe, weil ich viele Kirchen kenne, die eine
Konstruktion gleich eines Zeltes haben. Gott hat in seinem Sohn sein Zelt mitten unter
den Menschen aufgeschlagen. „Seht die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er
wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei
ihnen sein.“ Freilich: Noch ist das Dasein Gottes unter den Menschen verborgen; nicht
immer können wir ihn verstehen – in unseren Lebenslagen; aber er ist unter uns in
menschlichen Gebärden: besonders in seinem Wort, in den Sakramenten.
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im Sakrament der Taufe – „Du bist Kind Gottes“;
im Sakrament der Eucharistie – „Ich bin in euerer Mitte“;
im Sakrament der Versöhnung – „Deine Schuld ist Dir vergeben“;
im Sakrament der Firmung – „Du bist gestärkt mit den Gaben des Heiligen
Geistes“;
im Sakrament der Ehe – „Ihr seid mit mir und meiner Liebe verbunden.“
im Sakrament der Krankensalbung – „Du bist gerettet, denn Du stehst in
Gottes Gnade.“
im Sakrament der Priesterweihe – „Du bist gesendet, um Gottes Heil zu
verkünden“
In dieser Gemeinschaft ereignen sich die großen rettenden und offenbarenden Taten Jesu –
auch heute noch, so dass die Menschen in den verschiedensten Lebenssituationen erfahren
dürfen, wie Jesus retten und dass man ihm vertrauen kann.
4.Strophe
5. Das pilgernde Gottesvolk – ein wunderbares Bild, mit dem das Zweite Vatikanische
Konzil die Kirche unserer Zeit beschrieben hat. Laien, Priester und Bischöfe gehören
zu diesem Gottesvolk. Jeder mit seiner Aufgabe, aber alle sind sie gemeinsam auf dem
Weg – am Reich Gottes mitzubauen. Jahrzehnte sind seit dem Konzil vergangen, aber
dieses „Gemeinsam-auf-dem-Weg-Sein“ ist ein Anspruch an uns alle geblieben. Wir
wissen aber: Kirche ist nicht perfekt, ist nicht schon der Himmel, vielmehr „lenkt sie
unseren Blick auf das himmlische Jerusalem und gibt uns die Hoffnung, dort Gottes
Frieden zu schauen.“ (vgl. Präfation vom Kirchweihfest). Die Kirche auf dem Weg –
ein dynamisches Bild, das nicht Stillstand und Resignation vermittelt, sondern
geistlichen Aufbruch und Aktion – immer wieder neu – dem Himmel entgegen!
Dieses Bild vermittelt die Kirchengemeinde St. Kilian in Dietersdorf. Vergelt`s Gott
allen, die in dieser Gemeinde immer wieder diesen Aufbruch verkörpern: vor allem
den Mitgliedern Kirchenverwaltung und des Pfarrgemeinderates, den
Wortgottesleitern, den Organisten, den Ministranten, Lektoren, Putzfrauen und allen
Helferinnen und Helfern, die oft im Hintergrund arbeiten und wirken – Vergelt´ s
Gott. Das Miteinander-Unterwegssein bedeutet auch, an den Traditionen festzuhalten
und gleichzeitig Neues zu wagen. Auch das zeichnet die Gemeinde von Dietersdorf
aus. „Gott wir loben dich, Gott wir preisen dich. O lass im Hause dein uns all
geborgen sein.“
5. Strophe
Literaturhinweise:
Schöttler, Heinz-Günther, Ein Haus voll Glorie schauet? Die wechselhafte Geschichte eines
Kirchenliedes an den Bruchkanten der Moderne
Seuffert, Josef, Werkbuch zum Gotteslob, Bd. 7, Freiburg i. Br. 1978, 251-254.
König, Franz, Gedanken für ein erfülltes Leben, Wien 2004.
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