Latein als zweite Fremdsprache Ja oder Nein? Die folgenden Erklärungen zum Fach Latein sollen als Hilfe bei der Wahl der zweiten Fremdsprache dienen: Warum hat mir das niemand gesagt? Für eine Reihe von Studienfächern, so für viele Fremdsprachen, für Germanistik, Geschichte, Archäologie und Theologie benötigt man ein Latinum. Welchen Umfangs die verlangten Lateinkenntnisse sind, ist von Hochschule zu Hochschule und von Abschluss zu Abschluss verschieden. In der Schule kann man das Latinum wie folgt erreichen: Beginnt man in Klasse 6 mit Latein, hat man am Ende der 9. Klasse das Kleine Latinum und am Ende der 10. Klasse das Latinum (jeweils bei mindestens ausreichenden Leistungen). Warum ist mir das nie klar geworden? Im Lateinunterricht lernt man, wie Grammatik „funktioniert“, wie die Grundstrukturen einer Sprache aussehen und nach welchem grammatischen System auch die Muttersprache aufgebaut ist. Im Lateinunterricht lernt man dass zahllose Fremd- und Lehnwörter aus dem Lateinischen stammen. Der Lateinunterricht kann damit auf ein besseres Verständnis wissenschaftlicher Terminologie oder ein effektiveres Erlernen der modernen romanischen Sprachen vorbereiten. Warum habe ich das nicht gelernt? „Lateinunterricht ist Deutschunterricht“ sagt ein didaktischer Grundsatz. Damit ist folgendes gemeint: Beim Übersetzen aus dem Lateinischen gilt es, das Gesagte und Gemeinte genau zu erfassen und es ebenso genau, klar und angemessen im Deutschen zu formulieren. Beim Übersetzen denkt man auch über die Muttersprache nach und erkennt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Lateinischen und dem Deutschen. Bei der Suche nach treffenden Formulierungen für die Übersetzung aus dem Lateinischen wird die muttersprachliche Kompetenz geschult. Warum habe ich das nicht gewusst? Gegenstand des Lateinunterrichts sind nicht nur die Sprache und das Übersetzen von Texten, sondern auch die antike Welt und die antike Kultur: So erhält man Einblicke in Geschichte, Kunst und Kultur, Literatur und Philosophie sowie den Alltag in der römischen Antike – einer Welt, die wesentlich anders ist als unsere heutige. Man kann die reichhaltige Rezeption antiker Stoffe bis in die Neuzeit verfolgen. So stammt die Idee zu Romeo und Julia nicht ursprünglich von Shakespeare, sondern von Ovid. Welche Voraussetzungen brauche ich, um Latein zu lernen? Das Erlernen der lateinischen Sprache stellt hohe Anforderungen an die Ausdauer der Schülerinnen und Schüler. Die Lehrbuchphase dauert insgesamt drei Jahre. In dieser Zeit müssen Vokabeln, Grammatik und die lateinische Syntax konsequent gelernt und fortlaufend wiederholt werden. In der darauf folgenden Lektürephase kommt noch ein autorenspezifisches Vokabular hinzu, das zusätzlich gelernt werden muss. Es bedarf also eines gewissen Durchhaltevermögens, auch wenn der Lernstoff langweilig erscheint. Der Schüler kann seine Kenntnisse nicht – wie in der modernen Fremdsprache – im Gespräch überprüfen und weiter entwickeln, sondern muss sich ständig im Übersetzen lateinischer Texte üben. Dies verlangt ein besonders exaktes Vorgehen. Hier ist Gewissenhaftigkeit, Geduld und Genauigkeit gefragt. In der Lektürephase werden die Schüler zunehmend mit langen und komplexen lateinischen Satzgebilden konfrontiert. Diese müssen Schritt für Schritt in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Das erfordert nicht nur Geduld und Ausdauer, sondern auch eine gewisse Freude am Knobeln. Viele Schüler mit Lese-Rechtschreibschwäche wählen Latein, um die Schwierigkeiten französischer Rechtschreibung zu umschiffen. Das ist sicher eine kluge Entscheidung, aber sie sollten bedenken, dass es auch im Lateinischen ganz eigene Schwierigkeiten gibt. Die Entscheidung, welche der beiden Fremdsprachen gewählt wird, sollte nicht von der Wahl des besten Freundes abhängig gemacht werden! Man sollte sich nicht von dem Vorurteil leiten lassen, dass eine der beiden Fremdsprachen die vermeintlich schwerere oder die leichtere sei. Rom: Blick auf das Forum Romanum