Bischöfliches Gymnasium Lange Gasse 2, 8010 Graz Die dunkle Seite des Universums Fachbereichsarbeit aus Physik Vorgelegt bei Mag. Josef Preiß Von Stefan Huber 8.B. Klasse Schuljahr 2002/2003 Vorwort 3 Vorwort Schon früh in meiner Schullaufbahn war ich von den einfachen, klaren Gesetzen und Regeln, die den komplexen Systemen der Natur zugrunde liegen, beeindruckt und entschloss mich daher mein Interesse mehr in den Rahmen der Naturwissenschaft zu stellen. Als ich dann von der Möglichkeit einer Fachbereichsarbeit erfuhr, lenkten mich meine Überlegungen für ein mögliches Thema immer weiter in Richtung der Physik, welche mich dann am Ende durch ihre analysierenden Denkmethoden gänzlich in ihren Bann zog. Schon immer hatte mich der Sternenhimmel fasziniert, was mich schließlich auch dazu bewegte mein Thema im Bereich der Kosmologie zu suchen. Nirgendwo hat der Mensch eine ähnlich schmerzliche Verdrängung aus dem Zentrum der ganzen Welt erfahren als in der Kosmologie. Und diese Vertreibung des Menschen aus der Mitte des Universums fand ihren Höhepunkt in der Forderung einer neuen Form von Materie und Energie, der Dunklen Materie und der Dunklen Energie. Das Thema war damit klar, ich beschloss über die dunkle Seite des Universums zu schreiben. Großes Interesse und Engagement fand ich auch bei meinem Lehrer und Betreuer, Herrn Mag. Josef Preiß, dem ich an dieser Stelle für seine bereitwillige Unterstützung danken möchte. Stefan Huber, Graz am 13.12.2002 Inhaltsverzeichnis 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Inhaltsverzeichnis 4 1. 5 Einleitung 2. Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. Vom Mythos zum Logos Das kopernikanische Weltbild Die Expansion des Universums Der Urknall: Das Standardmodell der Kosmologie 3. Indizien für Dunkle Materie 3.1. 3.2. 3.3. Auftretende Probleme im Standardmodell der Kosmologie Zu hohe Geschwindigkeiten Die kritische Dichte 4. Erscheinungsformen der Dunklen Materie 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. Baryonische Materie HDM: Heiße Dunkle Materie CDM: Kalte Dunkle Materie Dunkle Energie 5. Das Ende 5.1. 5.2. 5.3. Die experimentelle Suche nach Dunkler Materie Die Alternative: MOND Das Ende des Universums 30 32 33 6. Zusammenfassung 36 7. Literaturverzeichnis 37 8. Begleitprotokoll zur Entstehung der Fachbereichsarbeit 38 6 7 8 10 12 15 17 20 22 23 28 Einleitung 5 1. Einleitung Die kosmologische Forschung hatte in den letzten Jahren zu einigen neuen und unerwarteten Erkenntnissen geführt: Wenn unsere bisherigen Modelle der Welt stimmen sollten – und nichts sprach dagegen – dann musste das Universum weit mehr Materie beinhalten als bisher angenommen. Und diese Materie sollte nicht nur die Dichte des Universums drastisch erhöhen, sondern auch in ihrer Erscheinungsform gänzlich allem widersprechen, was menschliche Augen bisher gesehen hatten: Die Idee der Dunklen Materie (und der Dunklen Energie) war geboren. Mit diesen Themen der modernen Kosmologie habe ich mich in der folgenden Arbeit näher auseinandergesetzt. Dabei habe ich mit einer kurzen Einführung in die lange Geschichte der Lehre vom Kosmos begonnen um dem Leser den Einstieg in die kosmologischen Fragestellungen zu erleichtern. Dieser kurze Exkurs in die Vergangenheit führt dann direkt zum heute relativ gesicherten Urknallmodell, welches wiederum die Indizien für die neuartige Materieform liefert. Der zweite Teil der Arbeit soll klären, wofür überhaupt eine neue Form der Materie benötigt wird, während der dritte Teil einen kleinen Einblick in das weite Feld der möglichen Erscheinungsformen bietet. Am Ende der Arbeit steht ein Ausblick in die ferne Zukunft des Universums, die ja auch durch die Auswirkungen der Dunklen Materie, vor allem durch die Wirkung ihrer Masse, mitbestimmt wird. Gleichzeitig zieht sich aber noch ein anderer Aspekt wie ein roter Faden durch die Arbeit, ein Aspekt, der mir persönlich äußerst interessant erscheint: Es ist die immer stärker werdende Verdrängung des Menschen aus dem Zentrum der Welt. Wo er am Anfang die Mitte einnahm, steht er am Ende ganz am Rande, und zwar nicht nur räumlich. Selbst die Bausteine unseres Lebens, die Formen unserer bekannten Materie, sind in der Gesamtheit des Universums nur ein sehr kleiner Teil eines übermächtigen Ganzen. Ich möchte mit dieser Arbeit einerseits einen kleinen Einblick in das Wesen der modernen Kosmologie geben, aber andererseits auch den Menschen in seiner Bedeutung (zumindest aus kosmologischer Sicht) ein wenig durchleuchten. Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 6 2. Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 2.1. Vom Mythos zum Logos Seit jeher kreisen die Gedanken der Menschheit um die Entstehung und Beschaffenheit ihrer Welt und auch um ihre Position in dieser. In zahlreichen Mythen und Geschichten versuchten die Menschen Antworten auf diese Fragen zu geben. So wird die Entstehung der Welt in einem babylonischen Schöpfungsepos auf den Kampf zweier Götter zurückgeführt, wobei der Sieger die Welt aus dem Körper des Besiegten erschuf. 1 In anderen Erzählungen existiert unsere Welt nur aufgrund der Lust eines Götterwesens etwas zu erschaffen, und chinesische Mythen berichten wieder von der Entstehung der Welt aus dem großen „Einssein“, dem unklaren, gestaltlosen Etwas, das den Raum vor der Zeit ausfüllte. 2 All diese Mythen und Erzählungen erzählen auf beeindruckende und phantasievolle Weise vom Anbeginn der Zeit. Sie alle versuchen zu erklären warum wir genau in der Welt leben, die wir täglich um uns herum beobachten; sie stellen Erklärungsversuche dar, die uns zeigen sollen, woher wir kommen und warum es uns gibt. So waren es auch in der griechischen Mythologie Götter, die das Leben und Wirken der Menschen von oben her bestimmten und lenkten. Und dieselben Griechen waren es, die sich mit ihrem Verstand und ihrer Philosophie diesem Diktat durch die Götter zu widersetzen begannen und die Welt ihrer eigenen Logik unterwarfen. Sie waren der Meinung, dass man die Welt und ihre Struktur durch Denken begreifen könne und, dass sie sich durch handfeste Gesetze beschreiben ließe. Sie nahmen Abstand von der Welt der Mythologie und gründeten ihre neuen Weltbilder auf der Festigkeit ihres Verstandes, aber manchmal auch, wie wir sehen werden, auf der Basis ihrer Voreingenommenheit und ihres Stolzes. Der heute weithin bekannte griechische Philosoph Aristoteles versuchte als einer der ersten eine Beschreibung der Welt und des Kosmos zu formulieren. Er schrieb den Himmelskörpern als Zeichen ihrer Vollkommenheit eine Kugelgestalt und eine Kreisbewegung um die Erde zu. So 1 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.14f. 2 Vgl. Harald Fritzsch. Vom Urknall zum Zerfall. Die Welt zwischen Anfang und Ende. 5.Auflage. München: Piper Verlag 2000, S.30. Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 7 räumte er dem Menschen die Position im Zentrum der Welt ein. Damit schuf er das geozentrische Weltbild, welches in weiterer Folge von Claudius Ptolemäus weiterentwickelt und verbessert wurde. Dieser griechische Astronom, der im zweiten Jahrhundert nach Christus in Alexandria lebte, entwickelte dann auch die mathematische Grundlage für das Weltsystem. Aus diesem Grund wird es auch als ptolemäisches Weltbild bezeichnet. Die nachfolgenden antiken Astronomen waren in der Lage zu erkennen, dass die Himmelskörper sich nicht tatsächlich auf Kreisbahnen bewegten. Diese von der Theorie beobachteten Abweichungen wurden mit komplizierten Systemen von Ptolemäus erklärt. 3 Zur damaligen Zeit waren philosophische, gesellschaftliche und naturwissenschaftliche Anschauungen noch sehr eng miteinander verwoben, was an zahlreichen Stellen erkenntlich wird (siehe oben). Max Born schreibt über diese Eigenart der antiken Philosophen: „In diesem Stadium der Erkenntnis ist die Erdoberfläche der ruhende, ewige Grund des Alls. Die Worte „oben“ und „unten“ haben einen absoluten Sinn, und wenn dichterische Phantasie oder philosophische Spekulation die Höhe des Himmels, die Tiefe des Tartarus abzuschätzen unternehmen, so braucht die Bedeutung dieser Begriffe mit keinem Wort erläutert zu werden. (...) Hier schöpft die naturwissenschaftliche Begriffsbildung noch ganz aus der Fülle der subjektiven Gegebenheiten. Das nach Ptolemäus (...) benannte Weltsystem ist die wissenschaftliche Formulierung dieses geistigen Zustandes.“ 4 Heraklit und Aristarch von Samos, zwei griechische Denker, die etwa zur gleichen Zeit wie Aristoteles lebten, entwickelten die Idee eines heliozentrischen Weltbildes mit der Sonne im Mittelpunkt, das sich allerdings im antiken Griechenland nicht behaupten konnte, stellte es doch den Menschen zu sehr an den Rand des Kosmos. Die Erde sollte nun für ungefähr 1500 Jahre das Zentrum der Welt sein. 2.2. Das kopernikanische Weltbild Durch die gute Verträglichkeit mit dem Christentum, das sich nach dem vierten Jahrhundert nach Christus rasch in Europa ausbreitete, wagte niemand das geozentrische Weltbild anzuzweifeln, geschweige denn sich ein anderes zu überlegen. Stellte dieses Weltsystem doch den Menschen genau dorthin, wo man ihn so gerne sah, in den Mittelpunkt der Welt, Gottes Schöpfung. Erst im 3 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.14f. 4 Max Born: Die Relativitätstheorie Einsteins. 6.Auflage. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag 2001, S.8. Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 8 16. Jahrhundert hatte der von der Welt abgeschieden lebende Geistliche Nikolaus Kopernikus die Idee für ein Weltsystem, in dem die Sonne den Mittelpunkt einnahm. Nachdem er diese Idee auch mathematisch formuliert hatte, stellte sich heraus, dass all die Beobachtungen, die man Nachthimmel tätigen konnte, logische Folgerungen des neuen Weltbildes waren und nicht mehr den komplizierten Erklärungen des ptolemäischen Systems bedurften. Die kopernikanische Lehre wurde später von Johannes Kepler und Galileo Galilei weiterentwickelt. Keplers Verdienst war es, herauszufinden, dass sich die Planeten auf Ellipsen um die Sonne, die in einem der Brennpunkte steht, bewegen. Galilei steuerte seine Prinzipien der Mechanik bei, die es dem englischen Mathematiker und Physiker Isaac Newton ermöglichten das kopernikanische Weltsystem zu vollenden. Ihm gelang es mit Hilfe der von ihm stammenden Gesetze der Gravitation auch alle Abweichungen von Keplers Gesetzen, die inzwischen durch bessere Beobachtungsmethoden entdeckt worden waren, zu erklären. Bis zu Einsteins Verfeinerungen des Systems durch die allgemeine Relativitätstheorie zirka 200 Jahre später war Newtons Mechanik vollkommen ausreichend, um alle Geschehnisse im Sonnensystem zu beschreiben. 5 Die kopernikanische Wende hatte auf gewisse Weise die Welt auf den Kopf gestellt. Bis dahin war es für absolut notwendig gehalten worden, dass nichts anderes als die Erde, der Planet, auf dem wir leben, im Mittelpunkt des Universums stehen könne. Kopernikus hatte den Menschen aus seiner zentralen Rolle verdrängt und ihn als Bewohner eines vieler Trabanten um die Sonne an den Rand gestellt. Gleichzeitig mit dem Platzwechsel von Erde und Sonne wurde es aber für ein kopernikanisches Universum erforderlich viel größer zu sein als erwartet. Durch die Aufgabe des Sphärengedankens der Griechen war es notwendig, die Sterne als weit entfernte Objekte zu betrachten, als Objekte außerhalb unseres Sonnensystems. Das kleine, behagliche Universum der Griechen mit dem Menschen im Mittelpunkt war gegen ein wesentlich größeres und leereres ausgetauscht worden, in dem unsere Erde nur mehr einer von neun gewöhnlichen Planeten ist. Aber auch dieses Weltbild sollte noch einige bedeutende Änderungen erfahren. 2.3. Die Expansion des Universums Nach der Erkenntnis, dass sich unser Sonnensystem in einem viel größeren Komplex befinden musste, der aus vielen Sternen oder sogar Sonnensystemen bestand, was aus dem kopernikanischen Weltbild hervorging, stellte sich den Astronomen des neunzehnten Jahrhunderts eine weitere Frage: Gibt es noch weitere Galaxien wie die unsere? Ausgangspunkt 5 Vgl. ebda. S.10f Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 9 für die Debatte waren Beobachtungen von Objekten, die zu nebulos und zu groß für gewöhnliche Sterne waren. Der eine Teil der Astronomen bevorzugte die Annahme, dass es sich bei diesen Gebilden lediglich um Nebel innerhalb unserer Galaxie handle, während der andere Teil die Meinung vertrat, dass es weitere „Welteninseln“ ähnlich unserer Galaxie seien. 6 1923 gelang es Edwin Hubble eine Antwort auf diese Frage zu geben. Er richtete sein Teleskop auf einige Sterne in einer nahe gelegenen Galaxie aus, bestimmte deren Entfernung und zeigte, dass diese bei weitem größer war als die Ausdehnung unserer eigenen Galaxie. Die Debatte wurde trotz allem aber nicht allein zugunsten derer entschieden, die auf weitere Galaxien geschlossen hatten, denn nicht alle der damals fragwürdigen Objekte waren in diese Kategorie einzuordnen, einige unter ihnen waren in der Tat interstellare Nebel unserer Galaxie. 7 Die Wichtigkeit dieser Entdeckung ist unbestreitbar, doch war es nicht die einzige, die Hubble durch seine Beobachtungen machte und diese zweite Entdeckung sollte unsere Vorstellung der Welt vollständig verändern. Hubble entdeckte, dass sich alle Galaxien, mit Ausnahme einiger sehr weniger, die sehr nahe zu uns liegen, von uns fortbewegen; und dass ihre Geschwindigkeit proportional zur Entfernung zunehme, dass heißt, je weiter entfernt eine Galaxie, desto schneller eilt sie von uns fort. 8 Allerdings heißt das nicht, dass unsere Galaxie einen Sonderstatus im Universum einnimmt, weil sich alle anderen Galaxien von ihr als Zentrum fortbewegen. Viel mehr ist es das gesamte Universum, das sich ausdehnt, ähnlich einem Kuchen, der aufgeht, wodurch sich alle Galaxien voneinander fortbewegen und umso schneller, je weiter sie auseinander liegen. Eine direkte Folge von Hubbles Entdeckung der Expansion des Universums war die Überlegung, dass alle diese Galaxien früher einmal näher aneinander gelegen haben mussten. Damit war der Grundstein für die Urknalltheorie gelegt. Damit sich aber die Urknalltheorie gegen die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts viel beliebtere Theorie eines statischen Universums durchsetzen konnte, bedurfte es einer weiteren Entdeckung: Die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung, die Arno A. Penzias und Robert W. Wilson in den sechziger Jahren gelang. Die zwei Radioastronomen verzeichneten ein beachtliches Rauschen bei der Wellenlänge von 7,35 cm, was einer Äquivalent-Temperatur von ungefähr 3,5 Grad Kelvin entspricht. Interessant an der Entdeckung war, dass die Intensität des Rauschens weder von Tageszeit oder Jahreszeit noch von der Richtung, in die sie die Antenne 6 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.32ff 7 Vgl. ebda. S.45. 8 Vgl. Steven Weinberg: Die ersten drei Minuten. Der Ursprung des Universums. 4. Auflage. München: Piper Verlag 1977, S.35f Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 10 ausrichteten, abhängig war. Es konnte sich also nicht um ein Störgeräusch von der Erde handeln, und musste seinen Ursprung in einem sehr großen Ausschnitt des Himmels finden.9 Penzias und Wilson selbst erkannten die kosmologische Bedeutung ihrer Entdeckung noch nicht vollständig, aber als auch andere Wissenschaftler von der Entdeckung erfuhren, schloss man schnell auf eine Verbindung der neuen Entdeckung und der bereits vorhandenen Urknalltheorie, die nur auf eine experimentelle Bestätigung wartete. Die Kosmologen gingen davon aus, dass das Universum in seinen Anfängen von einer gewaltigen Strahlung erfüllt gewesen war, welche die Bildung von schwereren Elementen als Wasserstoff und Helium verhinderte, womit deren Häufigkeit im heute beobachteten Universum erklärt wurde. Durch die größere Dichte des frühen Universums war diese Strahlung auch viel heißer als heute, und mit der von Hubble nachgewiesenen Expansion kühlte sich auch diese Strahlung immer mehr ab. Nach weiteren, bestätigenden Experimenten stand außer Frage, dass es sich mit der Entdeckung von Penzias und Wilson um besagte Strahlung handeln musste. 10 Man hatte nun endlich eine wissenschaftliche Basis, um nach dem Ursprung des Universums zu fragen. Womit sich früher Mythen und Legenden beschäftigt hatten, damit beschäftigt sich nun die moderne Kosmologie. In ihr stellen sich wieder die Fragen nach Ursprung der Welt und damit unserer Existenz, und die Frage, warum wir genau diese Welt beobachten und nicht irgendeine andere. Das erste Modell, das die Geschichte des Kosmos eingehend beschreibt ist besagte Urknalltheorie, auch genannt das Standardmodell der Kosmologie. 2.4. Der Urknall: Das Standardmodell der Kosmologie Das Modell einer Urexplosion, eines Urknalls, aus dem die Welt, wie wir sie kennen, entstanden ist, ist bereits in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgegriffen worden. Zu Anfang gab es noch einen starken Widerstand gegen die Theorie, der aber mit der Entdeckung Hubbles und der von Penzias und Wilson in den 60er Jahren schließlich gebrochen wurde. Die Theorie setzte sich durch und ist heute weitgehend anerkannt, weshalb sie auch als Standardmodell bezeichnet wird. Sie beschreibt das Universum fast von seinem Anfang bis heute, wobei zu beachten ist, dass sie umso spekulativer wird, je weiter man in der Zeit zurückgeht. Man kann sich eine leichte Regel merken: Je jünger das Universum, desto dichter und heißer ist es. 11 9 Vgl. ebda. S.58ff 10 Vgl. ebda. S.63f 11 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.52 Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie 11 Im weiteren wird es notwendig sein die Zeit nach dem Anfang in Abschnitte einzuteilen, die sich aus dem natürlichen Ablauf der Dinge ergeben. Eine gleichmäßig chronologische Beschreibung des Prozesses wäre wenig sinnführend, da es im jüngeren Universum turbulenter zuging und die anfänglichen Ereignisse ansonsten zu kurz kommen würden. 1.) 10 –43 Sekunden (alle Zeitangaben beziehen sich auf die jeweilig vergangene Zeit nach der Urexplosion): Was vor dieser Zeit geschah bleibt selbst in den kühnsten Träumen der Extremphysiker unklar; darum gibt es für die Zeit vor den berühmten 10 –43 Sekunden auch keine brauchbare Beschreibung. Es stellt sich die Frage ob es diese jemals geben wird oder sich der absolute Anfang immer unseren Blicken entziehen wird. Im Zeitraum der Überschrift aber trennte sich die Gravitationskraft von den anderen drei Grundkräften, der starken und schwachen Wechselwirkung und der elektromagnetischen Kraft. Man nimmt an, dass zuvor alle vier Grundkräfte miteinander in einer einzigen Kraft vereint waren (höchste Symmetrie). Das Universum ist von einer heißen Ursuppe von Elementareilchen, wie Quarks und Leptonen (z.B.: Elektronen) erfüllt. 2.) 10 –35 Sekunden: Die starke Wechselwirkung trennt sich von der elektroschwachen Kraft, der Verbindung aus schwacher und elektromagnetischer Wechselwirkung. Die Leptonen und Quarks entsprechen in ihrer Form bereits den heutigen Teilchen. 3.) 10 –10 Sekunden: Auch die letzten zwei Kräfte trennen sich auf. Die vier Grundkräfte sind jetzt in ihrer heutigen Form vorhanden. Dieser Zeitpunkt ist auch bereits in Laboratorien überprüfbar; in großen Teilchenbeschleunigern können Energien erzeugt werden, die denen zu jenem Zeitpunkt entsprechen. 4.) 10 –5 Sekunden: Zu diesem Zeitpunkt vereinigten sich die Quarks zu den Elementarteilchen. 5.) Drei Minuten: Leichte Atomkerne werden gebildet, wie Deuterium, Helium und Lithium. Alle schwereren Kerne entstehen erst später in den Kernreaktionen der Sterne. 6.) 100000 Jahre: Aus Elektronen und Atomkernen beginnen sich Atome zu bilden. Das Universum erreicht bis ungefähr eine Million Jahre nach dem Beginn des Urknalls die heutige Zusammensetzung. 12 12 Vgl. ebda. S.60ff Indizien für Dunkle Materie 12 3. Indizien für Dunkle Materie 3.1. Auftretende Probleme im Standardmodell der Kosmologie Natürlich geht das Standardmodell in seiner eigentlichen Form viel gründlicher auf Details wie Dichte- oder Temperaturwerte zu den verschiedenen Zeiten ein, aber die hier sehr kurz gefasste Beschreibung genügt vollauf, um das Thema der Arbeit ausreichend zu behandeln. Die Urknalltheorie wirkt an sich sehr schlüssig und gut durchdacht, doch weist sie an einigen Stellen Mängel auf, die nicht einfach übersehen werden können. Diese Mängel sind es auch, die im weiteren Verlauf der Kosmologie zur Entstehung der Idee von Dunkler Materie führten. Die Aufgabe der Kosmologie ist es nicht nur eine x-beliebige Theorie für die Entstehung der Welt zu entwickeln, sondern diese auch mit den heutigen Beobachtungen in Einklang zu bringen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns, bevor wir näher auf besagte Mängel eingehen, ein genaueres Bild von der großräumigen Struktur unseres Universums machen. Was schnell durch Beobachtung des Himmels erkannt werden kann, ist, dass sich die sichtbare Materie zu Formationen zusammenballt. Die Sterne bilden Galaxien, die Galaxien bilden Galaxienhaufen, die Haufen bilden wieder Superhaufen. Zwischen diesen Ansammlungen von Materie sind immer wieder weitläufige Leerräume zu beobachten, in denen sich nur sehr wenig Materie befinden kann. Das Standardmodell der Kosmologie hat somit die Aufgabe, auch diese Strukturen zu erklären, und bereits dort tauchen die ersten Probleme auf. 13 Das Universum war in seinen Anfängen aus zwei Bestandteilen zusammengesetzt: Materie und Strahlung. Zwischen diesen zweien gab es starke Wechselwirkungen, die mit der Zeit immer schwächer wurden, wofür die verschiedenen Entkoppelungsprozesse, wie zum Beispiel die Entkoppelung der starken von der elektroschwachen Kraft (siehe oben), verantwortlich waren. Licht beispielsweise wechselwirkt gerne mit geladenen Teilchen, wie sie vor der Bildung der Atome in großen Mengen vorhanden waren. In diesem Fall ist es besser sich Licht als Teilchenstrom zu vergegenwärtigen und nicht als Welle. So kann man sich vorstellen wie Photonen, die Lichtteilchen, immer wieder mit den übrigen Teilchen zusammenstoßen, und sie so daran hindern, sich zu größeren Strukturen zusammenzuballen. Das wiederum heißt, dass sich 13 Vgl. ebda. S68. Indizien für Dunkle Materie 13 keine großräumigen Strukturen bilden konnten, bevor sich nicht die geladenen Elektronen und Protonen zu neutralen Atomen verbunden hatten, da dann die Strahlung nicht mehr so stark mit der Materie wechselwirken kann. Diesen Vorgang nennen die Kosmologen auch die Entkoppelung der Strahlung, die etwa im Zeitraum von 100000 Jahren bis eine Million Jahre nach der Urexplosion vonstatten ging. So konnten sich Strukturen wie Galaxien erst innerhalb der zweiten Hälfte dieses Zeitraumes zusammenballen. 14 Diese Überlegung führt bereits zu einem großen Mangel im Standardmodell. Dieser Mangel folgt aus der Betrachtung der Wirkung der Gravitation im frühen Universum. Die Gravitation ist die Kraft, die zwei Massen dazu veranlasst sich gegenseitig anzuziehen. Wenn man annimmt, dass die gesamte Materie im Universum völlig gleichmäßig verteilt gewesen wäre, würde es dennoch im Verlauf seiner Geschichte zu leichten Dichteschwankungen an gewissen Stellen kommen. Das würde eine Massenkonzentration bewirken, die wiederum eine größere Anziehung auf die umliegende Materie bewirkt, so dass es von selbst zu einer Zusammenballung von Materie kommt. Das scheint sehr gut mit unseren Beobachtungen von Galaxien und Galaxienhaufen zusammenzupassen, hat aber einen Haken. Man darf nicht vergessen, dass das Universum ständig expandiert. Berechnungen zeigen schnell, dass die Gravitationskraft nicht ausgereicht hätte um in oben beschriebenem Zeitrahmen Materie schnell genug zusammenzuziehen, bevor sie von der Expansion zu weit auseinander getrieben worden wäre. Das heißt, dass sich nach der Entkoppelung von Materie und Strahlung Strukturen hätten bilden können, wenn nicht die Expansion die Materie zu weit verstreut hätte. 15 Wir beobachten aber heute Galaxien und dergleichen Strukturen im Universum, folglich muss irgendetwas anders geschehen sein als bisher gedacht. In den sechziger und siebziger Jahren entwarfen daraufhin die Kosmologen Theorien, um das Problem zu lösen. Sie postulierten Turbulenzen, die sich in dem chaotischen Gemisch aus Materie und Strahlung ohne Zweifel gebildet haben würden, die Materiewirbel erzeugten, die schnell genug Materie rund um sich ansammeln konnten, um Verdichtungen zu erreichen, die den heute beobachteten Galaxien entsprechen. Diese Wirbel würden sich exakt in dem Zeitrahmen gebildet haben, der ausreichte, um Materieverdichtungen in Galaxiengröße zu ermöglichen. Diesen Theorien galten nicht nur als sehr unwahrscheinlich, sie lösten auch keineswegs das Problem. Sie formulierten nur die Frage anders: Zuvor hatte man gefragt, warum wir Strukturen der leuchtenden Materie im heutigen Universum beobachten, nach der Formulierung der Turbulenz- Theorien fragte man, warum es im frühen Universum zur Entstehung gerade dieser Wirbel gekommen war. Die Idee 14 Vgl. ebda. S.70ff 15 Vgl. ebda. S.73f Indizien für Dunkle Materie 14 erwies sich als Irrweg und die Theorien wurden in den siebziger Jahren aufgegeben. 16 Man suchte also nach anderen Lösungen für das Problem und entwarf dafür das isotherme Modell, wonach zur Zeit der Entstehung der Atome zumindest überall im Universum die Temperatur gleich war, denn die Strahlung habe sich ungeachtet der Materie gleichmäßig verteilt. Aus dieser Annahme würde folgen, dass sich langsam Materie an verschiedenen Stellen in unterschiedlichem Ausmaß zusammenballen würde. Jedoch gibt es auch hier wieder ein Problem: Es bleibt einfach nicht genug Zeit für einen gemächlichen Aufbau der großräumigen Strukturen unseres Universums, wie er aus dieser Annahme hervorgehen würde. 17 Da sich auch dieser Denkansatz als Irrtum erwies, nahm man einfach das Gegenteil an, dass nämlich die Strahlung nicht gleichmäßig im Universum verteilt gewesen war. Überall dort, wo es eine Materiekonzentration gegeben hätte, wäre auch eine Strahlungskonzentration zu bemerken gewesen. Das aber führt zu einem Widerspruch mit einer Beobachtung, die uns selbst auf das Modell des Urknalls hin verwiesen hat, mit der Beobachtung der kosmischen Hintergrundstrahlung. Denn diese erscheint, wie oben dargelegt, in allen Himmelsrichtungen mit derselben Intensität, woraus wir schließen können, dass diese Strahlung sehr gleichmäßig im Universum verteilt gewesen war, als sie sich von der Materie entkoppelte. 18 All das weist darauf hin, dass irgendetwas im Standardmodell der Kosmologie fehlt, denn wie sonst erklären wir uns die Entstehung von Galaxien oder Galaxienhaufen, geschweige denn die riesigen Leerräume zwischen ihnen. Eine korrekte Theorie des Urknalls muss diese Beobachtungen in einem expandierenden Universum erklären können. Ein sehr naheliegender Gedanke ist nun der, dass irgendetwas eine Materieverdichtung schon vor der Entkoppelung der Strahlung verursacht hat. Und dieses irgendetwas muss die Eigenschaft besitzen, dass es nicht mit der Strahlung wechselwirkt, denn sonst hätte es sich nicht, wie die leuchtende Materie, verdichten können. Die Kosmologie geht hier also den umgekehrten Weg: Sie kennt das heutige Erscheinungsbild des Universums und schließt daraus auf frühere Vorgänge, die es zu dem machten, was es ist. Aber außer den bisher besprochenen Unstimmigkeiten im Standardmodell gibt es noch andere Denkansätze, die uns zum selben Resultat zu führen scheinen. 16 Vgl. ebda. S.76f 17 Vgl. ebda. S.77f 18 Vgl. ebda. S.79 Indizien für Dunkle Materie 3.2. 15 Zu hohe Geschwindigkeiten Der Ausdruck Fixstern kann den Laien leicht in die Irre führen, scheint dieser Ausdruck ja eine Bewegungslosigkeit zu postulieren; in Wahrheit aber bewegt sich auch unsere Sonne um den Mittelpunkt der Milchstraße, die Galaxie rotiert. Auch diese Rotationen werden von Astronomen beobachtet und analysiert. Einige interessante Aspekte haben sich in den letzten Jahren aus diesen Beobachtungen ableiten lassen. Die Astronomen erwarteten sich Ähnlichkeiten zwischen den bekannten Bewegungen der Planeten im Sonnensystem und den Bewegungen der verschiedenen Sterne und Gaswolken in Galaxien. Doch ihre Erwartungen wurden nicht erfüllt. Um näher auf das Problem eingehen zu können müssen zuerst drei Formen von Rotation unterschieden werden. 1.) Die Rotation eines starren Körpers: Beobachtet man beispielsweise die Drehung einer Schallplatte, so erkennt man schnell, dass sich ein von der Mitte weiter entfernter Punkt schneller bewegt als einer, der der Mitte näher ist. Das ergibt sich aus der starren Konstruktion der Scheibe: ein äußerer Punkt muss einen längeren Weg gleich schnell wie ein innerer zurücklegen. 2.) Die Rotation der Planeten im Sonnensystem: Merkur, der sonnennächste Planet, braucht für einen Umlauf um die Sonne 88 Erdentage, während die Erde dafür bekanntlich 365 Tage beansprucht. Dieser Unterschied ist jedoch nicht allein mit der längeren Umlaufbahn der äußeren Planeten begründet, sondern auch mit einer langsameren Geschwindigkeit dieser. 3.) Die Rotation von Sternen um das Galaxienzentrum: In einer Spiralgalaxie brauchen entferntere Sterne und Gaswolken ebenfalls länger für einen Umlauf als dem Zentrum nähere Objekte, im Gegensatz zur Rotation der Körper unseres Sonnensystems ändert sich ihre Geschwindigkeit nicht. Unabhängig von ihrer Lage und ihrer Entfernung vom Zentrum der Spiralgalaxie bewegen sich Sterne mit derselben Geschwindigkeit. 19 Bis heute ist in keiner Galaxie eine sonnensystemähnliche Rotation beobachtet worden; das ist eine wichtige Tatsache, wenn wir bedenken, dass die Rotationsgeschwindigkeit in engem Zusammenhang mit der Gravitationskraft steht. Je weiter ein Himmelskörper von einer großen Materieansammlung entfernt ist, desto schwächer wirkt die anziehende Gravitationskraft auf ihn und desto langsamer würde er um das Materiezentrum rotieren. 19 Vgl. John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S.138. Indizien für Dunkle Materie 16 Nun sind aber keine langsameren Geschwindigkeiten von Himmelskörpern in Galaxien zu beobachten, selbst wenn sie 150000 oder 200000 Lichtjahre vom Zentrum der leuchtenden Materie (also der Materie, von der uns das meiste sichtbare Licht erreicht) entfernt sind. Es muss also auch in den Außenzonen und noch weit außerhalb der Spiralarme einer Galaxie genügend Materie vorhanden sein um die Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne und Gaswolken in diesen Bereichen zu bewirken. Hier taucht zum ersten Mal ein wichtiger neuer Grundsatz der Astronomie auf, den James Trefil folgendermaßen formulierte: „Die Emission von Licht oder anderer Strahlung aus einer bestimmten Region steht in keinem Zusammenhang mit der Anwesenheit von Materie in dieser Region.“ 20 Der Großteil der Materie einer Galaxie bleibt zwar für unsere Instrumente unsichtbar, aber aufgrund ihrer Auswirkung auf die Rotationsgeschwindigkeiten der Himmelskörper kann davon ausgegangen werden, dass es sie gibt. Diese Geschwindigkeiten ermöglichen es sogar ihren Anteil an der Galaxienmasse zu schätzen; der Anteil der unsichtbaren Masse ist mindestens zehnmal so groß wie der Anteil der sichtbaren Masse. Das heißt, dass mindestens 90 Prozent der Masse einer Galaxie aus einer Form von Materie besteht, die wir nicht beobachten können, da sie keinerlei Strahlung abgibt und die bis vor einigen Jahren von Astronomen und auch Kosmologen nicht einmal vermutet worden war. 21 Außer diesen Rotationsgeschwindigkeiten in Galaxien sorgten noch andere Geschwindigkeiten für Aufregung unter Astronomen und Kosmologen: Die Geschwindigkeiten der einzelnen Galaxien in Galaxienhaufen. Auch hier gibt es wieder einen engen Zusammenhang mit der Gravitationskraft. Wenn man die Masse eines Galaxienhaufens kennt, kann man die Geschwindigkeit berechnen, mit der sich eine Galaxie bewegen müsste, um die Gravitation zu überwinden und den Haufen zu verlassen. Ein Analogon dazu gibt es auch im Bezug auf die Erde: Die Geschwindigkeit, die eine Rakete mindestens benötigt, um dem Gravitationsfeld der Erde zu entkommen, nennt man Fluchtgeschwindigkeit. Beobachtungen von Galaxien haben ergeben, dass die meisten von ihnen die Fluchtgeschwindigkeit, um dem Galaxienhaufen zu entkommen, überschreiten, sofern die leuchtende Materie den einzigen Lieferanten von Masse darstellt. Die verschiedenen Galaxienhaufen drohen also zu zerfallen. 22 Es gibt nun zwei mögliche Deutungen für diesen Sachverhalt. Einerseits könnte man behaupten, 20 James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.103. 21 Vgl. ebda. S.109f 22 Vgl. ebda. S.112f Indizien für Dunkle Materie 17 dass sich die Galaxienhaufen wirklich gerade im Zerfallsstadium befinden und die Beobachtungen daher zufällig in diesem Moment stattfinden. Aber dieses Argument scheint auf sehr wackeligen Beinen zu stehen, konfrontiert mit der Tatsache, dass diese „zu hohen Geschwindigkeiten“ in vielen Galaxienhaufen auftreten. Es wäre ein gewaltiger Zufall, dass die meisten dieser Haufen sich so entwickelt haben, dass sie gerade jetzt auseinanderbrechen. Andererseits könnte man wieder von einer bisher unentdeckten Form von Materie ausgehen, die genug Masse besitzt, um die Galaxien mit Hilfe der Gravitationskraft zurückzuhalten. Diese zweite Interpretation ist inzwischen weithin von Astronomen und Kosmologen akzeptiert. 23 Es scheint also vieles für die Anwesenheit einer bisher unbekannten Form von Materie zu sprechen, der sogenannten Dunklen Materie. Allerdings gibt es noch ein weiteres wichtiges Indiz für ihre Existenz. 3.3. Die kritische Dichte Hubble beobachtete die Expansion des Universums. Aus dieser Beobachtung folgte das Urknallmodell, das den Beginn der Welt anschaulich beschreibt. Infolgedessen stellte sich den Kosmologen nun eine weitere Frage: Wie wird die Zukunft des Universums aussehen? Das endgültige Schicksal des Universums hängt im Grunde genommen lediglich von einer Größe ab, der kritischen Dichte. Gravitation ballt Materie zusammen; die Galaxien entfernen sich aber voneinander; die Gravitation ist abhängig von der Menge der vorhandenen Materie, von der Materiedichte. Ist diese Dichte in unserem Universum größer als ein bestimmter Wert, der Wert der kritischen Dichte, dann reicht die Gravitation aus die Expansion zu stoppen und die Galaxien wieder kollabieren zu lassen. In diesem Fall würde es ähnlich dem Urknall einen sogenannten Endknall geben, man spricht dann von einem geschlossenen Universum. Ist die Materiedichte kleiner als die kritische Dichte, dann kann die Gravitation die Expansion zwar noch verlangsamen, aber nie mehr aufhalten, das Universum würde sich ewig ausdehnen, man spricht von einem offenen Universum. Die dritte Möglichkeit wäre, dass die Materiedichte genau der kritischen Dichte entspricht: Das Universum würde dann im Unendlichen zum Stillstand kommen, man spricht von einem flachen Universum. (Im Moment scheint entgegen diesen drei Möglichkeiten, die sich aus der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins ergeben, alles auf eine beschleunigte Expansion des Universums hinzuweisen, doch dazu mehr in Kapitel 4.4.) Die Kosmologen wüssten gerne welchen Wert die tatsächliche Materiedichte einnimmt, nehmen aber 23 Vgl. ebda. S.113 Indizien für Dunkle Materie 18 aus folgenden Gründen an, dass sie sich im sehr nahen Bereich um die kritische Dichte befinden muss. 24 Es gibt zwei interessante Aspekte im Zusammenhang mit der kritischen Dichte am Urknallmodell. Der erste lässt sich am einfachsten mit dem Beispiel eines auf der Spitze stehenden Bleistiftes erklären. Steht der Bleistift genau auf der Spitze wird er nicht umfallen, ist er jedoch nur ganz leicht auf eine Seite geneigt, wird er sehr schnell seine stabile Lage verlieren und umfallen. Um dies nun mit der kritischen Dichte in Verbindung zu bringen ist es wichtig eine neue Größe einzuführen, Omega. Dieses Omega bezeichnet das Verhältnis der tatsächlichen Massendichte zur kritischen Dichte. Im Falle eines flachen Universums, das der stabilen Lage des Bleistifts entspricht, wäre Omega genau 1. Physiker haben nun gezeigt, dass es sich mit diesem Wert ähnlich verhält wie mit einem Bleistift, der nicht stabil auf seiner Spitze steht, sondern leicht schräg geneigt ist: War der Wert von Omega am Beginn des Universums nur etwas kleiner als 1, so würde er sehr rasch gegen Null gehen. War der Wert etwas größer als 1, würde er sehr rasch unbegrenzt anwachsen. Berechnungen zeigten, dass die tatsächliche Massendichte eine Sekunde nach dem Urknall mit einer Genauigkeit von 1:1015 mit der kritischen Dichte übereingestimmt haben muss, damit es heute überhaupt noch ein Universum wie unseres geben kann. Denn betrüge Omega beispielsweise 0,99999999999999, dann wäre die tatsächliche Dichte im Universum sehr schnell auf einen vernachlässigbaren Wert geschrumpft und Galaxien hätten sich niemals bilden können. Betrüge Omega dagegen 1,00000000000001, so wäre das Universum bereits wieder kollabiert bevor sich Galaxien hätten bilden können. Die Existenz von Galaxien verlangt also eine Übereinstimmung von 1:1015 zwischen der tatsächlichen Materiedichte und der kritischen Dichte eine Sekunde nach dem Urknall. 25 Der zweite interessante Aspekt ergibt sich aus Alan Guths Inflationärer Theorie des Universums. In Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie kommt die Gravitation als Kraft nicht vor. Viel mehr verzerrt dort die Materie den Raum um sich herum und bewirkt so beispielsweise die Bahn der Erde um die Sonne (eine genauere Erklärung der Theorie ist aus Platzmangel leider nicht möglich). 26 Ist nun die tatsächliche Materiedichte größer als die kritische Dichte, krümmt sich der Raum sozusagen in sich selbst zurück. Man kann sich analog dazu die Gestalt einer Kugel vorstellen; an einem Ende steht der Urknall, am anderen der Endknall. Ist die tatsächliche Dichte 24 Vgl. Alan Guth: Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts. Die Theorie des inflationären Universums. München: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. 2002, S.50f 25 Vgl. ebda. S.52ff 26 Vgl. Harald Fritzsch: Die verbogene Raum-Zeit. Newton, Einstein und die Gravitation. München: Piper Verlag 1997, S.141ff Indizien für Dunkle Materie 19 nun kleiner, kommt es zu keinem Endknall, die Krümmung des Raumes ist genau umgekehrt zur ersten, man kann sich hier analog eine Sattelfläche vorstellen. Entspricht nun der tatsächliche Wert dem der kritischen Dichte, ist der Raum nicht gekrümmt, das Universum ist flach. 27 Guths Inflationäre Theorie des Universums wird aus Theorien hergeleitet, die die Trennung der starken Wechselwirkung von der elektroschwachen bei 10-35 Sekunden nach dem Urknall beschreiben. Zu den vielen Prozessen, die zu dieser Zeit abliefen, soll auch eine sehr rasche Ausdehnung des Universums gehört haben, die Inflation. Das Universum habe sich um einen Faktor 1050 in kürzester Zeit ausgedehnt. Würde sich ein einzelnes Proton in einem Atomkern so gewaltig ausdehnen, würde es mehr Platz beanspruchen als das gesamte bis heute bekannte Universum bieten könnte. Diese Inflation liefert einen sehr wichtigen Aspekt: Es ist völlig gleichgültig wie chaotisch die Materie vor der Inflation verteilt gewesen war, die schnelle Ausdehnung dehnte den Raum weit genug, um immer zu einem flachen Universum zu führen. Laut Guths Theorie muss also die tatsächliche Dichte mit einer Ungenauigkeit von 1:1050 der kritischen Dichte entsprechen. 28 Die leuchtende Materie des Universums liefert einen sehr geringen Prozentsatz dieser kritischen Dichte, obwohl sie nur ungefähr einem Proton pro Kubikmeter Raumvolumen entspricht, nämlich lediglich 1 bis 2%. Aus den Beobachtungen der Sternen- und Galaxienbewegungen schließen die Astronomen auf weitere Materie; inkludiert man diese Überlegungen, erhält man circa 30% des kritischen Werts.29 Die zwei oben besprochenen Aspekte des Urknallmodells fordern nun einen Prozentwert von 100. Der Kosmos muss demnach voll von einer anderen Art von Materie sein, der Dunklen Materie. Diese sendet keinerlei Strahlung und ist deshalb von uns noch nicht beobachtet worden, sie tritt überhaupt nur durch die Gravitation mit dem übrigen Kosmos in Wechselwirkung. Aus diesem Grund gibt es über ihre Beschaffenheit die kühnsten Überlegungen, welche im Folgenden behandelt werden. 27 Vgl. ebda. S.329f 28 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.143ff 29 Vgl. ebda. S.141ff Erscheinungsformen der Dunklen Materie 20 4. Erscheinungsformen der Dunklen Materie 4.1. Baryonische Materie Die Materie, aus der sich die für den Menschen gewöhnlichen Dinge zusammensetzen, besteht bereits aus einer Vielzahl an Teilchen. Der naheliegendste Gedanke der Astronomen war es somit, von einer Dunklen Materie auszugehen, die in ihrer Form diesen bekannten Teilchen gleicht. Die bekannten Teilchen lassen sich in die Gruppe der Bosonen, Teilchen, die Kräfte übertragen (z.B.: Photonen oder Gluonen), und die Gruppe der Fermionen, die sogenannten Masseteilchen, einteilen. Die Fermionen kommen ihrerseits wieder in verschiedenen Formen vor. Zu ihnen gehören die Protonen und die Neutronen, aus denen sich gewöhnliche Atomkerne zusammensetzen; diese zwei gehören zur Gruppe der Baryonen (der schweren Teilchen). Die sehr leichten Elektronen befinden sich in den Atomhüllen, und gehören zur Familie der Leptonen (der leichten Teilchen). Diese Familie besteht aus drei Teilchenpaaren, zwei schwereren Kopien des Elektrons, den - und -Teilchen, und drei Neutrinos (diese sind den oben genannten Leptonen zugeordnet). Leptonen und Baryonen werden auch als Elementarteilchen bezeichnet, obwohl sich die Neutronen und Protonen noch aus jeweils drei Quarks zusammen. Unter den Quarks können wieder drei verschiedene Paare unterschieden werden, wobei sich die gewöhnlichen Kernteilchen immer nur aus up- und down-Quarks zusammensetzen. Mit diesen Teilchen lassen sich die vier Grundkräfte, die starke, die schwache, die elektromagnetische Wechselwirkung und die Gravitation erklären. 30 Baryonen Leptonen Protonen Elektronen, -Teilchen, -Teilchen Neutronen Elektron-Neutrinos , -Neutrinos, -Neutrinos Tabelle1: Die bekanntesten Elementarteilchen 30 Vgl. John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S.111f Erscheinungsformen der Dunklen Materie 21 Für die Frage nach der Dunklen Materie sind von diesen Teilchen die bedeutendsten die Baryonen und die Neutrinos (siehe Kapitel 4.2). Die Formen von baryonischer Dunkler Materie könnten von Wasserstoffgas über dem Jupiter ähnliche Planeten, kleine Sterne, die kaum Strahlung abgeben, bis zu schwarzen Löchern reichen. Jedoch ist die Menge an baryonischer Materie aus folgendem Grund sehr begrenzt: Etwa drei Minuten nach dem Urknall begann die Bildung leichter Atomkerne (siehe Kapitel 2.4). Das Tempo der Erzeugung der leichten Kerne hing von zwei Faktoren ab: der Temperatur und der Massendichte. Die Temperatur bestimmte die Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Teilchen, von welcher es abhing, ob die gebildeten Kerne stabil blieben. Außerdem musste die Temperatur hoch genug gewesen sein, damit es den Protonen gelingen konnte die elektrische Abstoßung zu überwinden und die starke Wechselwirkung in Erscheinung treten zu lassen (die Wirkung der starken Wechselwirkung hat nur eine sehr kurze Reichweite). Die Dichte der Materie hingegen bestimmte die Häufigkeit der Zusammenstöße. Je größer die Massendichte also war, desto mehr leichte Kerne konnten sich bilden. Da sich Deuterium, oder auch schwerer Wasserstoff, nur zu dieser Zeit im Universum bildete, und nicht mehr in Sternen neu gebildet wird (zumindest nicht als Endprodukt), und man seine Häufigkeit sogar hier auf der Erde relativ genau bestimmen kann, ist es möglich auf die baryonische Materiedichte drei Minuten nach dem Urknall zu schließen. Durch die schwierigeren Messungen der Lithium-Häufigkeit im Universum ist der Wert genauer festlegbar: Der Anteil der baryonischen Materie im Universum beträgt nicht mehr als 20-30% der kritischen Dichte. 31 Des Weiteren ist nicht anzunehmen, dass baryonische Materie einen großen Teil der Dunklen Materie ausmacht, da dies zu einer ungleichförmigeren Verteilung der Hintergrundstrahlung führen würde, als bisher beobachtet wurde. Allerdings kann genauso wenig ausgeschlossen werden, dass von den 30% des Anteils an der kritischen Dichte der größere Teil solchen Gebilden wie braunen Zwergen (sehr leuchtschwachen Sternen), Jupiterähnlichen oder schwarzen Löchern zukommt, während die restliche sichtbare und sehr leuchtstarke baryonische Materie nur 1-2% der kritischen Dichte ausmacht. Dann bliebe jedoch zu erklären, warum es so viele sehr kleine Sterne, und sehr viele so große Planeten gäbe und sich so wenig Materie zu größeren Strukturen zusammengeballt habe. Auch bei Schwarzen Löchern treten schwerwiegende Fragen auf, weshalb sich die Kosmologen auf der Suche nach Dunkler Materie größtenteils anderen Bereichen zuwandten. 32 31 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.148ff 32 Vgl. ebda. S.152ff Erscheinungsformen der Dunklen Materie 22 4.2. HDM: Heiße Dunkle Materie Das zweite „gewöhnliche“ Teilchen, das für lange Zeit für Kosmologen von Interesse war, war das Neutrino. In den Standardtheorien der Teilchenphysik galt das Neutrino bis in die achtziger Jahre als masseloses Teilchen, das bei Kernreaktionen auftritt. In den frühen achtziger Jahren wurden jedoch Experimente vorgelegt, die eine winzige Masse des Neutrinos postulierten. Was das für die Kosmologie bedeutete, wird erst vorstellbar, wenn man eine Ahnung hat, wie viele dieser Teilchen überhaupt in unserem Universum existieren. Dafür gibt es eine leichte Regel: Auf jede Kernreaktion, die jemals stattgefunden hat, kommt ein Neutrino. Kurz nach dem Urknall kam etwa eine Milliarde Neutrinos auf ein Proton, bis jetzt sind es natürlich weit mehr. Eine winzige Masse für jedes dieser unzähligen Teilchen würde die Kosmologen nahe an die kritische Dichte heranbringen, und das Problem der dunklen Materie wäre gelöst. Jedoch tauchten auch hier wieder Probleme auf. Wegen der sehr geringen Masse würden sich die Neutrinos sehr schnell, nahe der Lichtgeschwindigkeit bewegen. Aufgrund dieser hohen Geschwindigkeit, man spricht daher auch von Heißer Dunkler Materie (HDM), würde sich die Neutrinostrahlung kurz nach dem Urknall im ganzen Kosmos annähernd homogen verteilen. Die Dichtefluktuationen, die notgedrungen auftreten würden, wären sehr gering und nur für sehr weiträumige Strukturen ausschlaggebend. Aufgrund solcher Grundlagen hätten sich zuerst Materieansammlungen im Bereich von Superhaufen zusammengeballt, die dann in Galaxienhaufen, Galaxien und einzelne Sterne zerfallen wären. So eine Entstehung des heutigen Bildes des Universums hätte einerseits zu viel Zeit beansprucht und andererseits sprechen Beobachtungen von Sternen, die fast so alt wie das Universum selbst sind, dagegen.33 Das Universum würde daher, wenn die Neutrinos die gesamte restliche Masse aufbringen würden, nicht so aussehen wie wir es wahrnehmen. Es war also für die Kosmologen keine Überraschung, als zahlreiche Nachprüfungen des ausschlaggebenden Experiments erwiesen, dass das Neutrino entweder keine Masse besitze oder diese so gering sei, dass sie für kosmologische Fragestellungen belanglos sei. 34 33 Vgl. John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S.86f 34 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.175 Erscheinungsformen der Dunklen Materie 23 4.3. CDM: Kalte Dunkle Materie Kosmologische Überlegungen haben in den letzten Jahren zu der Überzeugung geführt, dass das Universum die kritische Masse besitzt, doch selbst nach Einbeziehung aller möglichen Erscheinungsformen baryonischer Materie und der Neutrinomassen erhält man nur knapp 30% des erwarteten Werts. Folglich müsste es noch andere Erscheinungsformen der Materie geben, die bisher noch nicht entdeckt wurden. Dass diese Materieformen bisher noch unentdeckt blieben spricht dafür, dass sie nicht wie bekannte Teilchen an den gewöhnlichen Wechselwirkungen (starke, schwache, elektromagnetische Kraft), außer an der Gravitation, teilnehmen. Physiker in aller Welt erdachten nun die sonderbarsten Formen dieser Materie, die im folgenden eingehender behandelt werden, wobei zu bedenken bleibt, dass keine dieser Materieformen bis heute wirklich beobachtet oder experimentell nachgewiesen wurde. Axionen Physiker sind seit längerer Zeit der Meinung, dass jede Reaktion zwischen Elementarteilchen einer gewissen CPT- Symmetrie gehorcht, wobei C für „charge conjugation“ (Ladungskonjugation; das Ersetzen von Teilchen durch Antiteilchen), P für „parity transformation“ (Paritätstransformation; das Vertauschen von links und rechts im Spiegel) und T für „time reversal“ (Umkehrung der Zeitrichtung) steht. Man glaubte früher, die Welt sei hinsichtlich C,P und T, jedes für sich genommen, symmetrisch. Man fand jedoch heraus, dass dies nicht stimmt. Die Welt, durch einen gewöhnlichen Spiegel gesehen, unterscheidet sich geringfügig von der direkt beobachteten Welt. Genauso unterscheiden sich auch zeitumgekehrte Reaktionen oder Reaktionen, bei denen Teilchen mit Antiteilchen vertauscht wurden, von gewöhnlichen Reaktionen. Später fanden Physiker heraus, dass sich diese Unterschiede beinahe aufhoben, wenn man die drei Symmetrien miteinander kombinieren würde; aber eben nur beinahe. Dieses „Beinahe“ bereitet Physikern großes Kopfzerbrechen, denn warum sollte die Welt nur „beinahe“ symmetrisch sein? 1977 fanden Roberto Peccei und Helen Quinn eine Antwort auf diese Frage, die in weiterer Folge zu der Annahme eines hypothetischen Teilchens führte, das Axion genannt wurde. Laut Theorie sollte dieses Teilchen in einer ungeheuren Menge im Universum existieren (es sollte häufiger sein als Neutrinos oder Photonen), eine sehr kleine Masse besitzen und sehr selten mit gewöhnlicher Materie in Wechselwirkung treten. Jedoch bewege sich dieses Teilchen mit einer sehr langsamen Geschwindigkeit fort, so dass es nicht zu Erscheinungsformen der Dunklen Materie 24 den Problemen käme, die bei Theorien mit Heißer Dunkler Materie auftreten. Die große Zahl dieser Teilchen würde trotz der kleinen Masse (weniger als ein Millionstel der Neutrinomasse) die Möglichkeit für ein flaches Universum bieten. Unter allen hypothetischen Dunklen Materieformen ist die der Axionen eine der vielversprechendsten. 35 Monopole Es gibt zwei Varianten der elektrischen Ladung, die positive und die negative. Ein Elektron ist beispielsweise Träger der negativen Ladung. Auch beim Magnetismus, der der Elektrizität so ähnlich ist, dass beide durch ein Gleichungssystem beschrieben werden, gibt es zwei Ausführungen, Nordpol und Südpol, doch wurde hier noch kein isolierter Pol, ein sogenannter Monopol, entdeckt. Die Physik fordert diese an keiner Stelle, aber sie verbietet sie auch nicht. 1974 zeigten zwei Forscher, dass die Symmetriebrechungen kurz nach dem Urknall (damit sind die verschiedenen Trennungen der Kräfte gemeint; siehe oben) eigentlich zur Erzeugungen freier Monopole führen müssten, die ungefähr 1016 mal so massiv wie Protonen wären. Auf der Erde gibt es keine Möglichkeit so massereiche Teilchen zu erzeugen, und selbst wenn man die nötige Energie besäße, die unsere derzeitigen Möglichkeiten um einen Faktor 1014 übertrifft, wäre dies nicht möglich, da Monopole Defekte in der Struktur der Raumzeit darstellen, die zu ihrer Erzeugung einen hochenergetischen Zustand des gesamten Universums voraussetzen. Allerdings spricht nichts dagegen, dass einige Monopole kurz nach dem Urknall gebildet wurden, und dank ihrer großen Masse doch beträchtlich zur Gesamtmasse des Universums beitragen. Jedoch gilt auch dies als sehr unwahrscheinlich, was durch die inflationäre Theorie des Universums bedingt wird. Diese besagt, dass der Raumzeitbereich, der sich während der Inflation rasch ausdehnte, so klein gewesen wäre, dass er nicht mehr als ein oder zwei Monopole hätte enthalten können. Als Kandidaten für Dunkle Materie sind sie daher sehr unwahrscheinlich. 36 Quark-Klumpen Ein weiterer sehr unwahrscheinlicher Kandidat für Dunkle Materie, der aber dennoch nicht als unmöglich betrachtet werden kann, ist der Quark-Klumpen. Die Idee dazu hatte Ed Witten 1984. Gewöhnliche Baryonen bestehen aus up- und down-Quarks. Es gibt aber daneben noch andere 35 Vgl. ebda. S.188f 36 Vgl. John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S.125ff Erscheinungsformen der Dunklen Materie 25 Quarks, wie etwa das strange-Quark, das viel massereicher als eines der anderen beiden ist. Während des Urknalls gab es genug Energie, dass die Möglichkeit bestand auch Baryonen aus up-, down- und strange-Quarks zu bilden. Diese Quark-Klumpen wären laut Witten sogar noch stabiler als gewöhnliche Baryonen, hätten Radien zwischen 0,001 und 10 cm und entsprechend Massen im Bereich von 106 und 108 Gramm und wären dichter als Kerne von Neutronensternen. Jedoch gibt es keinen Hinweis auf, geschweige denn einen Beweis für ihre Existenz. Wittens Rechnungen zeigten im Laufe der Zeit sogar, dass Neutrinos die Quark-Klumpen im frühen Universum zerstören würden, wenn sie weniger Masse hätten als ein Planet, etwa 1027 Gramm, was sie zu wenig verheißungsvollen Kandidaten für Dunkle Materie macht. 37 Supersymmetrie und Schattenuniversen Eine große Zahl an möglichen Kandidaten für Dunkle Materie ergibt sich aus einem weiteren Symmetrieprinzip, der sogenannten Supersymmetrie. 1971 wurde nachgewiesen, dass es zu den bisher bekannten Symmetrien (wie etwa den CPT-Symmetrien) noch eine weitere, mathematisch mögliche geben kann. Diese läuft darauf hinaus, dass bei Energien, die denen entsprechen, die das Universum innehatte als alle vier Grundkräfte vereint waren - noch vor besagten 10-43 Sekunden nach dem Urknall -, die Unterschiede zwischen Bosonen und Fermionen verschwinden. Die Supersymmetrie gilt somit als höchste Form der Symmetrie: Es gibt keine Unterschiede mehr zwischen Kraftteilchen und Materieteilchen. Den Physikern wurde Anfang der siebziger Jahre klar, dass es laut Supersymmetrie für jedes Materieteilchen ein entsprechendes Kraftteilchen geben müsse, dass also alle Teilchen paarweise vorkommen. Diese Teilchenpaare sind als Superpartner bekannt. Als die Physiker versuchten dieses Symmetrieprinzip in das Standardmodell der Teilchenphysik einzugliedern, stellten sie fest, dass keines der bisher bekannten Teilchen als Superpartner für eines der anderen Teilchen in Frage kam. Das heißt, dass es für jedes bekannte Materieteilchen (wie etwa Elektronen oder Quarks) im Universum noch unbekannte supersymmetrische Kraftteilchen geben muss: so würde der Superpartner des Elektrons das Selektron (supersymmetrisches Elektron), der des Quarks das Squark sein. Genauso müsste es auch für alle Kraftteilchen entsprechende Superpartner geben: in diesem Falle wurden die bekannten Teilchen einfach mit der Nachsilbe –ino erweitert, der supersymmetrische Partner des Photons hieße demnach Photino. 38 37 Vgl. ebda. S.127f 38 Vgl. Brian Greene: Das elegante Universum. Superstrings, verborgene Dimensionen und die Suche nach der Weltformel. Berlin: Berliner Taschenbuch Verlag 2002, S.205f Erscheinungsformen der Dunklen Materie 26 Da es der Supersymmetrie gelingt Materie und Kraft auf diese Weise zu vereinigen und die Physiker davon ausgehen, dass die Natur auch diese Symmetrie wie alle anderen verwirklicht hat, erscheint sie aufgrund ihrer Attraktivität als vielversprechender Ausgangspunkt für weitere Überlegungen. Die von ihr geforderten Teilchen könnten ohne weiteres den Platz der Dunklen Materie im Universum einnehmen. Dass keines dieser Teilchen bis jetzt entdeckt wurde, könnte damit zusammenhängen, dass die Energien der Teilchenbeschleuniger noch nicht ausreichen, diese wahrscheinlich sehr schweren Superpartner zu erzeugen. Besondere Anwendung findet die Supersymmetrie in den modernen Superstringtheorien, in denen die bis dahin punktförmigen Elementarteilchen durch Stringschleifen ersetzt werden. Einige dieser Stringtheorien würden sogar ein ganzes Universum aus sogenannter Schattenmaterie postulieren, das parallel zu unserem eigenen Universum existiert. Die zwei Universen trennten sich ebenfalls 10-43 Sekunden nach dem Urknall, und würden heute nur noch über die Gravitation miteinander wechselwirken, was diese Idee ideal für die Suche nach Dunkler Materie macht. 39 Kosmische Strings Kosmische Strings (nicht zu verwechseln mit den Superstrings der Stringtheorien) sind lange eindimensionale Objekte im Raum, die als Defekte der Raumzeit zur Zeit von 10-35 Sekunden nach dem Urknall entstanden sind. Die Entstehung kosmischer Strings ist vergleichbar mit den Nahtstellen auf einer Eisoberfläche, die dort entstehen, wo verschieden angeordnete Eiskristalle aufeinandertreffen. In diesen Defekten in der kristallinen Struktur des Eises ist Energie gespeichert, da sich das Eiswachstum in ihrer Nähe nach dem Verlauf der Defekte orientiert. Der Defekt hat also die Energie einen neu entstandenen Eiskristall in die günstigste (am wenigsten energieverbrauchende) Richtung zu drehen. Aufgrund dieses erhöhten Energieinhalts (gegenüber den restlichen Eisbereichen) besitzt der Defekt auch eine geringfügig höhere Masse als das umliegende Eis, was sich aus Einsteins Formel E = mc² ergibt. Etwas vergleichbares wäre auch zur Zeit der Entkoppelung der starken von der elektroschwachen Kraft geschehen. Da damals das Universum aber eine gewaltig höhere Energie besaß, wären auch die Energieinhalte der kosmischen Strings immens, wodurch sie über eine gewaltige Masse und Gravitationsanziehung verfügten. Ein Stück String mit einer Länge, die dem Durchmesser eines Atoms entspricht würde eine Million Tonnen wiegen. Strings sind sozusagen Objekte aus reiner Energie. Nachdem sich 39 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S.190 Erscheinungsformen der Dunklen Materie 27 die kosmischen Strings im frühen Universum gebildet hätten, wären sie keine statischen Objekte geblieben, sondern peitschten mit annähernder Lichtgeschwindigkeit durch den Raum. Wie der Physiker Niel Turok zeigte, hätten sich zwei Stringstücke, die sich überkreuzten, getrennt und es wären zwei neue Strings entstanden. Aufgrund der hohen Masse der kosmischen Strings und ihrer Stabilität gegenüber der Strahlung, die damals das Universum ausfüllte und die Zusammenballung baryonischer Materie verhinderte, hätten sie die Keime für die großräumigen Strukturen im heutigen Universum bilden können. Es hätten sich später, als der Strahlungsdruck nachließ, leicht baryonische Materie, sowie natürlich auch jegliche Form Dunkler Materie um die kosmischen Strings heran anordnen können. Daraus wären dann im weiteren Verlauf der Zeit die heutigen Strukturen, wie Superhaufen im Großen und Galaxien im Kleinen, entstanden. Computersimulationen Turoks zeigten sogar eine gute Übereinstimmung des simulierten Universums mit dem realen. 40 So gesehen müsste in jeder Galaxie ein „kleines“ Stück String vorhanden sein, um das herum sich die Galaxie bildete, doch auch Strings halten nicht ewig. Durch die Schwingungen und Eigenbewegungen verloren die kosmischen Strings im Laufe der Zeit Energie, wodurch ihre eigene Energie immer weiter sank, bis sie am Ende gänzlich verschwunden waren. Danach dürften bis heute nur sehr große Exemplare der kosmischen Strings erhalten geblieben sein, wie die in den größten Superhaufen. Alle anderen wären bis heute wahrscheinlich schon „verstrahlt“.41 Wie oben bereits angedeutet wurde sind viele Kosmologen heutzutage der Ansicht, dass sich die Dunkle Materie nicht aus einer einzigen oben genannten Form zusammensetzt. So geht man viel mehr davon aus, dass es sowohl Axionen als auch die Teilchen der Supersymmetrie in einem Universum mit kosmischen Strings geben kann. So wie es ja auch unter den gewöhnlichen Teilchen eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, so kann es auch mehrere Gesichter der Dunklen Materie geben, wobei natürlich unter den Kandidaten die äußerst fragwürdigen von den eher wahrscheinlichen unterschieden werden müssen, obwohl alle bisher genannten nicht experimentell nachgewiesen werden konnten. Allerdings gab es auch auf der dunklen Seite des Universums in letzter Zeit eine überraschende neue Entdeckung. 40 Vgl. ebda. S.195ff 41 Vgl. ebda. S.205f Erscheinungsformen der Dunklen Materie 4.4. 28 Dunkle Energie Zwei Indizien überzeugten die Astrophysiker davon, dass der größte Teil des Universums aus einer sogenannten Dunklen Energie besteht. Zum ersten zeigte sich, dass ferne Supernovae (Sternexplosionen) heute lichtschwächer sind als erwartet. Das wurde vor allem durch die Beobachtung der rund 10 Milliarden Lichtjahre entfernten Supernova „1997ff“ bestätigt. Diese Erkenntnisse wiesen darauf hin, dass sich die Expansion des Universums nicht wie angenommen verlangsamt sondern beschleunigt. Das zweite Indiz lieferten Messungen der Temperaturschwankungen in der kosmischen Hintergrundstrahlung, die im Endeffekt die Flachheit des Universums postulieren. Da aber nach Einbeziehung aller Beobachtungsdaten und Berechnungen baryonische und dunkle Materie nur etwa ein Drittel zur kritischen Dichte beitragen, muss der Rest in der mysteriösen, das Universum aufblähenden Dunklen Energie stecken. 42 Die Beobachtungen der Supernovae 1998 erwiesen, dass die kosmische Konstante, die schon Einstein in seine Gleichungen einführte, aber dann wieder verwarf, Realität sei. Der Anteil dieser Energie übersteige sogar den Materieanteil beträchtlich. Allerdings stellen sich den Physikern auch Probleme mit der neuen Entdeckung. Man könnte zwar die Dunkle Energie mit den Energien des Vakuums, die aus der Quantentheorie hervorgehen, gleichsetzen, allerdings ergeben sich dabei erhebliche Unterschiede zwischen den Berechnungen und den Beobachtungen: Den Berechnungen zufolge müsste der Wert der Dunklen Energie 10 120 mal höher sein als gemessen, was natürlich völlig unmöglich ist, da unter den Bedingungen einer so schnellen Expansion kein Leben möglich wäre. Eine weitere Frage, die sich im Zusammenhang mit der Dunklen Energie stellt ist die nach dem Zeitpunkt: Warum wurde sie erst bemerkbar als sich Galaxien zu bilden begannen, während in der Zeit davor der Kosmos von der baryonischen und Dunklen Materie bestimmt wurde. 43 Manche Physiker erklären den Wert der Dunklen Energie mit einer bisher unentdeckten Symmetrie in den physikalischen Gesetzen, so dass sich die anziehenden Effekte der Gravitation und die abstoßenden Effekte der Dunklen Energie beinahe aufheben und die Vakuumenergie fast Null ist. Andere Theoretiker vermuten wiederum die Wirkung eines neuartigen Feldes, das den Raum durchzieht. Eine weitere Erklärungsstrategie hält sich an das anthropische Prinzip: „Nur 42 Vgl. Rüdiger Vaas: Die mysteriöse Dunkle Energie. In: Bild der Wissenschaft 7 / 2001, S.50 43 Vgl. ebda. 52 Erscheinungsformen der Dunklen Materie 29 dort, wo die Dunkle Energie einen lebensfreundlichen Wert besitzt, können sich Kosmologen über diesen Wert auch Gedanken machen.“44 Paul J. Steinhardt, Robert R. Caldwell und Rahul Dave postulierten dagegen schon 1998 die Existenz eines Quantenfeldes, das sie Quintessenz nannten, und welches gravitativ abstoßend wirke. Der Vorteil dieser Hypothese besteht darin, dass die Quintessenz-Energie im Gegensatz zur Kosmologischen Konstanten zeitlich veränderlich ist, und sie nicht von Anfang an exakt auf den heutigen Wert abgestimmt sein muss, wodurch sie auf natürliche Weise durch Wechselwirkung mit der übrigen Materie diesen Wert erreichen konnte. Laut den Physikern Gia Dvali und seinen Kollegen ist die Dunkle Energie ein Effekt verborgener, von der Stringtheorie geforderter, Raumdimensionen. Die Gravitationen sei dann die einzige Kraft, die die Dimensionsgrenzen überschreiten könnte und in unsichtbare Räume entweichen würde. Dies erkläre auch die Schwäche dieser Kraft, die um einen Faktor 1033 schwächer ist als die zweitschwächste Naturkraft, die Schwache Wechselwirkung. So wäre der Eindruck einer beschleunigten Expansion des Universums bloß eine Täuschung. 45 Zusammenfassend kann man ohne weiteres behaupten, dass selbst die Bausteine des Menschen in diesem Universum eine Rarität darstellen, und der größte Teil des Kosmos aus Materie und Energie zusammengesetzt ist, die bis vor wenigen Jahren noch nicht einmal erahnt wurde. Es ist nun zwar möglich die Zusammensetzung des Universums bis auf einige wenige Prozent genau anzugeben, aber über die wahre Beschaffenheit der Anteile besteht weiterhin große Unklarheit. Dunkle Energie CDM: Axionen?, 65% kosmische Strings?, 30% Superpartner?, Quarkklumpen?, Monopole? HDM und Strahlung: Neutrinos, Photonen, etc. 0,3% Baryonische Materie: Gas 4%, Sterne 0,5%, 4,53% schwere Elemente 0,03% Tabelle 2: Zusammensetzung des Universums 44 Ebda. S.54 45 Vgl. ebda. S.54 Das Ende 30 5. Das Ende 5.1. Die experimentelle Suche nach Dunkler Materie Zur Bestätigung benötigt jede noch so gute Theorie am Ende immer noch das Experiment, und obwohl in der modernen Kosmologie und Physik einige große Theoriegebäude scheinbar auf die Existenz der Dunklen Materie angewiesen sind, konnte bisher noch kein Experiment einen direkten Nachweis für diese erbringen. Schon aus den oben besprochenen Theorien geht hervor, dass Dunkle Materie sehr schwer nachzuweisen ist, womit das Defizit an experimentellen Beweisen gerne erklärt wird, doch viele Experimentalphysiker haben es sich dennoch zur Aufgabe gemacht, die Existenz der Dunklen Materie endgültig zu verifizieren. Der erste Weg die Bestandteile der Dunklen Materie ausfindig zu machen geht über Teilchenbeschleuniger. In diesen Maschinen können Teilchenstrahlen aus Elektronen oder Positronen (den Antiteilchen der Elektronen), oder Protonen oder Antiprotonen auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Dann werden sie entweder auf ruhende Ziele (Atomkerne) oder auf entgegenkommende Antiteilchen geschossen. Bei den folgenden Kollisionen werden hohe Energien frei, die sich in weiterer Folge zu den Massen von Teilchen umwandeln können. Auf diese Weise wurden schon zahlreiche Teilchen entdeckt, die jedoch allesamt aus gewöhnlicher Materie bestehen. Natürlich sind auch die Energien bei den Kollisionen begrenzt, je nachdem wie leistungsfähig der jeweilige Teilchenbeschleuniger ist. Viele Theorien fordern für die Teilchen der Dunklen Materie, wie zum Beispiel für die supersymmetrischen Teilchen, sehr hohe Massen (das Photino hätte die 23fache Protonmasse). Wenn also bisher kein solches Teilchen in einem Experiment nachgewiesen wurde, heißt das nicht, dass es nicht existiert, sondern, dass vielleicht nur die Energien bisher zu niedrig waren. Man bemüht sich daher ständig darum, immer größere Beschleuniger zu errichten um den Teilchen der Dunklen Materie nachzuspüren. 46 Eine andere Möglichkeit um den erlösenden Nachweis zu erbringen benötigt hochsensible Siliziumdetektoren. Physiker nehmen an, dass der Raum gleichmäßig mit Dunkler Materie 46 Vgl. James Trafil: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992, S. 213ff Das Ende 31 ausgefüllt ist. Die Erde würde sich daher durch eine Substanz aus Dunkler Materie hindurchbewegen, die man als Wind der Dunklen Materie bezeichnen könnte. Es geht nun darum diesen „Wind“ aufzuspüren. Wenn ein Teilchen der Dunklen Materie mit einem der Atome in einem Siliziumkristall zusammenstieße, so geriete das getroffene Atom in eine Schwingung, welche sich durch den Kristall fortsetzen würde und auf der Oberfläche von hochsensiblen Detektoren nachgewiesen werden könnte. Natürlich könnten auch Teilchen bekannter Materie solche Schwingungen erzeugen, weshalb es wichtig ist zu beachten, dass die Bewegung der Dunklen Materie aufgrund ihrer seltenen Wechselwirkung mit gewöhnlicher Materie nicht der Bewegung von leuchtender Materie in einer Galaxie folgt. Die Erde würde daher in einem Halbjahr gegen den Wind der Dunklen Materie ansteuern, während sie ihn im nächsten Halbjahr im Rücken hätte. Es gäbe folgendermaßen einmal mehr Zusammenstöße im Siliziumkristall und einmal weniger. Diesen Unterschied wollen Physiker messen und so einen Beweis für die Dunkle Materie erbringen. 47 Eine weitere Möglichkeit ergibt sich wieder aus der Beobachtung des Himmels. Laut Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie erfährt auch Licht in der Nähe eines massereichen Objekts eine nachweisbare Krümmung. Dadurch könnte das Licht einer Galaxie, das ein sehr massereiches Schwarzes Loch passiert, von diesem so gekrümmt werden, dass zwei Lichtstrahlen, die das Schwarze Loch auf entgegengesetzten Seiten passiert hätten, in einem Punkt gebündelt würden. Auf der Erde erhielte man dann zwei oder mehrere verschiedene Bilder der fernen Galaxie. Solche massereichen Objekte wie dieses Schwarze Loch fungieren als sogenannte Gravitationslinsen. Bisher wurden zwar einige dieser Gravitationslinsen entdeckt, allerdings wurden alle als bekannte Galaxien erkannt. Es wäre aber genauso möglich, dass Dunkle Materie, wie Kosmische Strings, solche Gravitationslinsen darstellen könnte, was die Astronomen dazu führt um so mehr Ausschau nach scheinbaren Mehrfachbildern im Kosmos zu halten. 48 47 Vgl. ebda. S. 219ff 48 Vgl. John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S.213f Das Ende 5.2. 32 Die Alternative: MOND Die Schwierigkeiten, die bei den Experimenten zum Nachweis der Dunklen Materie auftauchen, bewegen einige Physiker über alternative Erklärungen für diverse Probleme, die oben als Indizien für Dunkle Materie behandelt wurden, nachzudenken. Die einzige Alternative, die sich seit den 80er Jahren neben den Standardtheorien der Dunklen Materie halten konnte, ist die Theorie einer Modifizierten Newton’schen Dynamik, kurz MOND genannt. Innerhalb dieser Theorie wird eine Modifikation des zweiten Newton’schen Gesetzes, demnach Kraft das Produkt der zwei Faktoren Masse und Beschleunigung ist, gefordert. Es wird eine neue Naturkonstante namens a0 eingeführt, die die Dimension einer Beschleunigung hat (sie entspricht 10-10 ca. Meter pro Sekundenquadrat, was nur einem Hundertmilliardstel der Gravitationskonstanten g mit 10 Metern pro Sekundenquadrat auf der Erde entspricht). Ist die betrachtete Beschleunigung groß gegen a0 so gelten die bekannten Gesetze: Die Kraft ist proportional zur Beschleunigung. Ist die Beschleunigung allerdings klein gegen a0, so wird die Kraft proportional zum Quadrat der Beschleunigung. Im Falle der beobachteten Beschleunigungen in Galaxien, sagt MOND eine kleinere Kraft, und damit eine kleinere Masse voraus als die gewöhnliche Newton’sche Dynamik. Die aus den „alten“ Gesetzen folgende Massendiskrepanz (siehe Kap. 3.2) würde einfach wegfallen, Dunkle Materie wäre nicht mehr vonnöten. 49 Bereits oben wurde das problematische Verhalten innerhalb von Galaxien erwähnt, dass die Rotationsgeschwindigkeiten der weit vom Zentrum entfernten Objekte, wie Sterne oder Gas, nicht wie früher angenommen abnehmen, sonder einen konstanten Wert anstreben. Diese Beobachtungen sagt MOND weit besser voraus als die Theorien der Dunklen Materie. Genauso lassen sich auch scheinbare Massediskrepanzen durch MOND besser beschreiben. Probleme mit der alternativen Theorie ergeben sich nur dort, wo Beschleunigungen kleiner als die Konstante a0 werden und wo Effekte der Relativitätstheorie zum Tragen kommen. Da sich die meisten Kosmologen mehr an die Theorien der Dunklen Materie hielten ist es noch nicht gelungen die Modifizierte Newton’sche Dynamik mit den Relativitätstheorien in einem Gleichungssystem zu vereinen. Ein weiterer schwerwiegender Makel der Theorie taucht auf, wenn man Kerne von Galaxienhaufen betrachtet. Dort gelingt es MOND nicht die gesamte Dunkle Materie wegzuerklären. Des Weiteren ist es, wie im Fall der Dunklen Materie, schwierig MOND 49 Vgl. Mordehai Milgrom: Gibt es Dunkle Materie? In: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2002 S.37 Das Ende 33 experimentell zu beweisen, da die Beschleunigungen im Sonnensystem bei weitem höher sind als ein brauchbarer Wert und sich daher die minimalen Auswirkungen der Modifikation nicht nachweisbar sein würden. Man hofft, in Zukunft auch diese minimalen Abweichungen mit besseren technischen Mitteln beobachten zu können. 50 So gut sich die alternative Theorie auch eignet das heute beobachtbare Universum zu beschreiben, so wenig ist es ihr möglich auf die Kosmologie angewandt zu werden. MOND lässt sich zwar auf fertig ausgebildete Systeme anwenden, aber kann nicht die Zeit davor beschreiben. Außerdem fehlt MOND eine zu Grunde liegende Theorie, obwohl versucht wird, die Modifizierte Dynamik mit Erscheinungen, wie der durch die Dunkle Energie erzeugten Beschleunigung, zu verbinden. Dabei erscheint erstaunlich, dass a0 beinahe dem Produkt der Lichtgeschwindigkeit und der Hubble-Konstante, der gegenwärtigen Expansionsrate des Universums, entspricht. Sollte diese Nähe nicht nur Zufall sein, so könnte das dafür sprechen, dass MOND mehr ist als nur eine gute Beschreibung der astronomischen Beobachtungen, und vielleicht sogar mit lokalen physikalischen Gesetzen, wie dem Trägheitsgesetz, in Verbindung gebracht werden kann. So legt MOND nahe, dass Trägheit keine inhärente Eigenschaft von Körpern ist, sondern auf ihrer Wechselwirkung mit dem übrigen Universum beruht. Trotz diesen Versuchen die neue Theorie in größere Modelle einzubauen sind sich viel Forscher sicher, dass MOND keine fundamentale Wahrheit ausdrückt. Viel mehr sei die Theorie nur Beschreibung dessen, was in der Natur beobachtet wird und würde sich, sobald die Modelle der Dunklen Materie besser ausgearbeitet seien, automatisch aus diesen ergeben. MOND wäre demnach nur eine Folge der Auswirkungen der Dunklen Materie. 51 5.3. Das Ende des Universums Ob nun eine Modifikation der Newton’schen Gesetze oder das Modell der Dunklen Materie und Energie sich am Ende als wahr erweist, sei dahingestellt. Niemand weiß, was die Zukunft an neuen Überraschungen bereithält und was Experimentalphysiker in den nächsten Jahren entdecken werden. Eines aber kann man als sicher gelten lassen: Das Universum hat nur zwei Möglichkeiten zu einem Ende zu finden; entweder setzt es seine Expansion in alle Ewigkeit fort oder es beginnt in ferner Zukunft wieder zu kollabieren und endet in einem Endknall. Bis vor einigen Jahren war man sich zunehmend sicher, dass Ersteres geschehen werde, doch mit den 50 Vgl. ebda. S. 37-39 51 Vgl. ebda. S. 40 Das Ende 34 Postulaten nach Dunkler Materie wurde man plötzlich mit viel mehr Materie konfrontiert als jemals gedacht und ein geschlossenes Universum erschien nicht mehr als zu unwahrscheinlich. In den letzten Jahren wiesen wieder einige Gedankengebäude, wie die inflationäre Theorie des Universums oder Überlegungen zur Dunklen Energie, auf die Möglichkeit eines flachen Universums hin, was ebenfalls mit einer Expansion bis in die Ewigkeit gleichzusetzen ist, da ein flaches Universum erst in der Unendlichkeit seiner Expansion Einhalt gebietet. Allerdings gelten alle Tatsachen in der Naturwissenschaft nur so lange als gesichert bis sie einmal widerlegt werden, weshalb es noch immer Verfechter der Idee von einem geschlossenen Universum gibt. Diesen Gedanken weiterverfolgend ergaben sich in letzter Zeit einige interessante Aspekte. Die Wissenschaft unterscheidet bis heute zehn voneinander verschiedene Zeitpfeile, die alle darauf hindeuten, dass die Zeit nur in eine, die uns gewohnte, Richtung läuft, von der Vergangenheit in die Zukunft. Die Physik stellt über diese vielen Zeitpfeile einen alle vereinenden: Die Expansion des Universums. Die Zeit läuft in diese Richtung, solange unser Universum expandiert. Da die meisten physikalischen Versuche zeitsymmetrisch sind, das heißt, es gibt keine Unterschiede in den Ergebnissen, wenn man die Zeitrichtung umkehrt (indem man beispielsweise einen Film rückwärts abspielt), ergab sich für die Kosmologen die Möglichkeit, dass sich auch der Fluss der Zeit umkehren könne, und vielleicht nicht einmal im gesamten Universum einheitlich sei. So wäre es möglich, dass die Zeit in einem kollabierenden Universum rückwärts laufe, dass Menschen sterben würden bevor sie geboren würden und sich an ihre Zukunft erinnerten, dass zerbrochene Teetassen vom Boden auf Tische sprängen und sich zusammensetzten, dass Schwarze Löcher ständig Materie auswerfen würden und Sterne Licht aufsaugten. Auf diese Weise würden der Endknall und der Urknall zu identischen Ereignissen zusammenfallen und das ganze Universum würde sich selbst in sich zurückschließen. Allerdings würden informationsverarbeitende Systeme nichts von dieser Zeitumkehr bemerken, da diese Umkehr auf fundamentalster Ebene stattfinden würde und sich mit der Zeit auch jegliches Verhalten, sei es von Menschen oder Maschinen, umkehren würde. So würde man nicht beobachten, dass die Uhren immer langsamer gingen, schließlich stehen blieben und die Zeiger dann in die umgekehrte Richtung liefen. Laut manchen Überlegungen wäre es sogar möglich, dass im bekannten Universum zeitumgekehrte Zeitinseln existierten, die sich als Dunkle Materie bemerkbar machen würden, was wieder einen Bezug zu der anderen Seite der Kosmologie herstellt. 52 Die Idee zu einer möglichen Umkehr der Zeit während der Kontraktionsphase des Universums 52 Vgl. Rüdiger Vaas: Wenn die Zeit rückwärts läuft. In: Bild der Wissenschaft 12 / 2002 S.46-55 Das Ende 35 Stammt ursprünglich von dem Physiker Stephen Hawking. Seine Rechnungen ergaben am Ende, dass die Zeit unwiderruflich in eine Richtung wies, was von manchen Physikern auf einen halbherzigen Umgang mit der Quantentheorie zurückgeführt wird. Hawking tat danach seinen Gedanken als Irrtum ab und beschäftigte sich nicht weiter damit.53 Andere Physiker und Kosmologen griffen jedoch die Idee wieder auf und kamen zu dem oben beschriebenen Ergebnis. Während das Universum auf der einen Seite ein Ende in Form eines brennend heißen Feuertodes vorfindet, wird es auf der anderen Seite mit einer trostlosen ewigen Kälte konfrontiert.54 Wenn das Universum, worauf sehr vieles hindeutet, flach ist, dann werden in vielen Jahren die Sterne ihre Tätigkeit einstellen und zu weißen Zwergen, Neutronensternen und Schwarzen Löchern zusammenfallen. Die schwarzen Löcher werden mit der Zeit verdampfen, die Protonen werden zerfallen. Das einzige Überbleibsel einer so komplexen Welt, wie der unseren, werden einige wenige Elementarteilchen und sehr viele Photonen bilden. Der Raum wird sich bis in die Unendlichkeit ausdehnen und von allem Leben wird nicht mehr übrig sein als Strahlung. 1014 Jahre Die gewöhnliche Sterntätigkeit wird eingestellt 1017 Jahre In den Galaxien wird ein dynamische Gleichgewicht erreicht 20 10 Jahre Gravitationsstrahlung wirkt auf Galaxien 1031-36 Jahre Protonenzerfall 1064 Jahre Quantenverdampfung Schwarzer Löcher Abb. 1: Die ferne Zukunft eines sich immer weiter ausdehnenden Weltalls. 55 Die Zukunft des Universums sieht also keinesfalls rosig aus, doch ist die Relevanz dieser Erkenntnis für den Menschen mehr als fraglich, werden wir ja mit ziemlicher Sicherheit keines der beiden Enden miterleben. Umso erstaunlicher erscheint es dann, dass so ein Wesen, das erst seit etwa drei Millionen Jahren existiert, etwas so faszinierendes wie das Universum begreifen kann, und seine Gedanken in Richtungen lenkt, wohin nicht einmal modernste Maschinen sehen können, und fordert, dass mehr als 90% der Materie, die es umgibt, völlig anders ist als die, aus der es selbst besteht, einfach daher, weil sein Geist es ihm so eingibt. 53 Vgl. Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Hamburg: Rowohlt Verlag 1991, S.185ff 54 Vgl. Steven Weinberg: Die ersten drei Minuten. Der Ursprung des Universums. 4. Auflage. München: Piper Verlag 1977, S.162 55 John Gribbin. Martin Rees: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994, S. 104 Zusammenfassung 36 6. Zusammenfassung Schon in der Frühgeschichte der Menschheit zimmerten sich die Menschen ihre eigenen Weltsysteme. Diese wurden im Laufe der Zeit immer weiter verbessert und führten am Ende dazu, dass es für das kleine Wesen Mensch möglich wurde, über Aspekte seiner Welt zu diskutieren, die Milliarden Jahre zurückliegen oder erst in Milliarden Jahren sein werden. Dieses schließlich entwickelte, gut durchdachte kosmologische Weltsystem verlangte auch nach einer neuartigen Form von Materie und Energie, die wir niemals werden sehen können, und auch nur mit gut ausgetüftelten Experimenten aufspüren können. Allerlei Probleme mit dem Standardmodell, wie das Zeitproblem der Galaxienentstehung, die hohen Geschwindigkeiten von Galaxien in Galaxienhaufen, die neue inflationäre Theorie des Universums, führten dazu, dass Wissenschaftler begannen sich die sonderbarsten Materieformen auszudenken, vor allem mit der Eigenschaft möglichst schwer ausfindig zu machen zu sein. Eine Flut von neuen hypothetischen Teilchen überschwemmte dann die Experimentalphysiker, denen es trotz aufwendiger Versuche bis heute nicht gelang, eines der Teilchen nachzuweisen. Damit sahen andere Physiker bereits das Ende der Theorien über Dunkle Materie gekommen und dachten über andere Lösungen für die bekannten Probleme nach. Darauf erwiderten die Befürworter der Dunklen Materie kurzerhand, dass all diese Lösungen ganz automatisch aus ihren Theorien hervorgingen. Das Rätsel der dunklen Seiten des Universums ist bis heute nicht gelöst. Wir wissen bis auf einen Bruchteil einer Sekunde genau über den Anfang der Welt bescheid, können mit ziemlicher Sicherheit über das Ende dieser Welt diskutieren, aber können nichts genaues über ihre Zusammensetzung sagen. Und doch ist es immer wieder erstaunlich wie sicher sich der Mensch seines Verstandes ist, mit welcher Leichtigkeit die Wissenschaft mit Begriffen wie Raum und Zeit spielt, wie sie einfach für 90% der Materie unbekannte Formen postuliert, und das alles aufgrund der Denkleistung eines aus kosmologischer Sicht so kurzlebigen und kleinen Wesens. Der Mensch hat sich zwar durch seine neuen Weltsysteme aus der Mitte des Universums hinausgestellt, aber er hat diese Zentralität eingetauscht, gegen die Möglichkeit etwas so gewaltiges wie den Kosmos, ja selbst die Welt an sich, nicht nur beschreiben zu können, sondern am Ende sogar ein wenig zu verstehen. Literaturverzeichnis 37 7. Literaturverzeichnis Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. 6.Auflage. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag 2001 Fritzsch, Harald: Vom Urknall zum Zerfall. Die Welt zwischen Anfang und Ende. 5.Auflage. München: Piper Verlag 2000 Ders.: Die verbogene Raum-Zeit. Newton, Einstein und die Gravitation. München: Piper Verlag 1997 Greene, Brian: Das elegante Universum. Superstrings, verborgene Dimensionen und die Suche nach der Weltformel. Berlin: Berliner Taschenbuch Verlag 2002 Gribbin, John / Rees, Martin: Ein Universum nach Maß. Bedingungen unserer Existenz. Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 1994 Guth, Alan: Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts. Die Theorie des inflationären Universums. München: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. 2002 Hawking, Stephen: Eine kurze Geschichte der Zeit. Hamburg: Rowohlt Verlag 1991 Milgrom, Mordehai: Gibt es Dunkle Materie? In: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2002 Trafil, James: Fünf Gründe, warum es die Welt nicht geben kann. Die Astrophysik der Dunklen Materie. Hamburg: Rowohlt Verlag 1992 Vaas, Rüdiger: Die mysteriöse Dunkle Energie. In: Bild der Wissenschaft 7 / 2001 Ders.: Wenn die Zeit rückwärts läuft. In: Bild der Wissenschaft 12 / 2002 Weinberg, Steven: Die ersten drei Minuten. Der Ursprung des Universums. 4. Auflage. München: Piper Verlag 1977 Begleitprotokoll zur Entstehung der Fachbereichsarbeit 8. 38 Begleitprotokoll zur Entstehung der Fachbereichsarbeit Mai 2002: Beschluss eine Fachbereichsarbeit im Fach Physik zu schreiben Mai – September 2002: Einlesen in diverse, Kosmologie behandelnde, Bücher September 2002: Festlegung des Themas auf Dunkle Materie und Einlesen in diverse Literatur 23.9. 2002: Ausarbeitung der Disposition und des Titels / Vorlage beim Landesschulrat 17.10. 2002: Erneute Vorlage beim Landesschulrat Oktober 2002: Ausarbeitung des ersten Teils der Arbeit Ende Oktober 2002: Vorlage des Kapitels „Die Entwicklungsgeschichte der Kosmologie und die Urknalltheorie“ beim Betreuer November 2002: Weiteres Ausarbeiten 26.11. 2002: Vorlage des Kapitels „Indizien für Dunkle Materie“ beim Betreuer Dezember 2002: Korrekturen an bereits vorhandenen Teilen der Arbeit und Ausarbeitung der übrigen Teile 10.12. 2002: Vorlage des Kapitels „Erscheinungsformen der Dunklen Materie“ beim Betreuer 16.12. 2002: Vorlage des Gesamtkonzepts (mit bereits überarbeiteten Kapiteln) 20.12. 2002: Besprechung des Gesamtkonzepts