Türkei generell - Diethelm Glaser

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Die Türkei
Geographische Merkmale:
1 Gesamtfläche : 780.567 km²
2 Grenzen: Mittelmeer , Ägeische und Schwarze Meer,
Grichenland, Bulgarien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Iran,
Irak und Syrien.
3 3% der Fläche liegt in Europa(Thrakien),
4 Südöstlich der Dardanellen und des Bosporus erstreckt sich die
Halbinsel, die wir als Kleinasien oder Anatolien kennen.
5 8.210 km ihrer Grenze sind Küstengebiete, an die sich
fruchtbare Ebenen anschließen, die dann aber bald in das Trockene
Hochland übergehen.
6 Durchschnittliche Höhe über dem Meeresspiegel: 1100 m
Insgesamt 19 Berggipfel erreichen eine Höhe von über 3500 m,
Darunter der höchste Berg der Türkei, der Ararat mit 5.165 m.
1 Es gibt in der Türkei vier grosse Seen :
Vansee
= 3.738 km²
Tuzsee
= 1.642 km²
Beyşehirsee = 650 km²
Eğirdirsee
= 486 km²
2 Von den bedeutenden Flüssen der Türkei waren einige auch in
der Antike bekannt:
Der 1150 km lange Halys (Heutige Kızılırmak)
Euphrat (Fırat)
Tigris (Dicle)
Araxes (Aras)
Sangarius (Sakarya)
Mäander (B.Menderes)
Sarus und Pyramus (Seyhan / Ceyhan)
Klima:
Das Land umfasst drei Zonen eines gemäßigten Klimas:
3 Mittelmeerklima im Süden
4 Regnerische Schwarmeerklima im Norden
5 Steppenklima im anatolischen Hochland.
Bevölkerung:
1 67.8 Mio. Einwohner (2000)
2 Bevölkerungsdichte : 88 Menschen je km².
3 Bev.-Wachstum/Jahr: (in %) : 1,5
4 Kindersterblichkeit: (in %) : 4,5
5 Einwohner pro Arzt: 1176
6 Ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung:
Türken 80-88%; Kurden 10-20%; Araber 1.5%; andere 0.3%
Hauptstadt: Ankara (3,2 Mio Ew. 2000)
Die wichtigsten Städte, geordnet nach ihrer Einwohnerzahl, sind:
1. Istanbul
8,8 Mio
2. Ankara
3,2 Mio
3. Izmir
2,3 Mio
4. Bursa
1,2 Mio
5. Adana
1,1 Mio
6. Gaziantep
862.000
7. Konya
761.000
8. Antalya
606.000
9. Diyarbakır
551.000
10. Mersin
544.000
Staatsform :
1 Die Türkei ist ein Republik mit Einkammerparlament und wurde
am 29. Oktober 1923 gegründet. Ihr erster Präsident, Mustafa
Kemal Atatürk, wurde nach dem Sturz des osmanischen Reiches
vom Parlament gewählt.
2 An der Spitze des Staates steht der Staatspräsident, der auf sieben
Jahre in geheimer Wahl mit einer 2/3 Mehrheit der Abgeordneten
bestimmt wird.
3 Die 550 Abgeordneten werden für fünf Jahre vom Volk gewählt.
(Wahlrecht für Frauen und Männer ab 18 Jahren)
4 Die türkische Regierung wird durch den Ministerpräsidenten, der
vom Staatspräsidenten ernannt wird, und seinen Ministern
gebildet.
Offizielle Landessprache: Türkisch
(Daneben wird auch Kurdisch, Arabisch und Armenisch gesprochen)
Staatsreligion : Keine
Seit osmanischer Zeit mehrheitlich Moslems(heute ca. 99%):
Vor allem Hanefiten(sunnitisch, “orthodoxe” ausrichtung des Islam)
Ca. 15-20 Mio. Aleviten (schiitische “heterodoxe” Ausrichtung des
Islam).
Nicht-muslimische Konfessionen:
Armenier : ca. 70.000
Grichisch-Orthodoxe: max. 3. 000
Juden : ca. 25.000
Römisch-katholisch und mit Rom unierte Kirchen: max. 20.000
Syrisch-Orthodoxe: ca. 15.000
Verwaltung:
Das Land ist in 81 Provinzen aufgeteilt, denen ein Gouverneur
vorsteht. Die Städte werden von Bürgermeistern , Magistratsausschüssen
und Bürgerausschüssen verwaltet. Dem Dorf steht ein
Dorfsbürgermeister (Muhtar) vor.
Medien:
Insgesamt 280 Fernsehsender (darunter 6 Sttaatlich) ,
ca. 3.500 Rundfunksender (Regional und überregional)
57 Tageszeitungen mit 6,8 Mio Exemplaren.
Auf 1000 Einwohner kommen 180 Radios, 286 Fernseher, 264 Telefone,
117 Handys, 1,7 Faxe, 23,2 PCs und 1,16 Internetzugänge.
Gesamtgröße der Armee:
Allgemeine Wehrpflicht von 18 Monaten. Die Streitkräfte der Türkei
gehören mit 639,000 Mann (Heer 82,2%; Marine 8%; Luftwaffe 9,8%)
zu den größten der Welt. 378.000 Reservisten. Daneben Gendarmerie
mit 180.000 Mann und einer Reserve von 50.000 Mann. Anteil des
Militärbudgets am Staatshaushalt 17,6%.
Anteil der Militärausgaben am Bruttosozialprodukt: 4,1%
(Weltdurchschnitt 2,8%)
Bruttosozialprodukt (2000) : 202 Mrd. US-Dollar
Pro-Kopf-BIP (2000) : 3.200,- US-Dollar
Jahresinflationsrate: 83 %
Wichtigste Außenhandelspartner:
Export Deutschland, USA, Großbritannien, Italien, Frankreich, GUS,
Import Deutschland, Italien, USA, Frankreich, Großbritannien, GUS,
Japan
Ausfuhrgüter:
Textilien, Obst, Gemüse, Eisen, Stahl, Elektrogeräte, Baumwolle
Einfuhrgüter:
Maschinen, Erdöl, Elektrogeräte, Eisen, Stahl, Fahrzeuge, chemische
Erzeugnisse
Industrie:
Textilien, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung, Bergbau, Eisen und
Stahl, Erdölraffination, chemische Erzeugnisse, Zement, Dünger
Rohstoffe:
Kohle, Schwefelsäure, Bauxit Mangan, Chrom, Quecksilber, Kupfer,
Borat, Zink, Eisenerz
Tourismus:
11,6 Mio. Touristen (2001)
(Deutsche:25%, Engländer:7%, Russen:6,5%, Holländer:5,5%,
Bulgaren:4,7%, Franzosen:4,5%, Amerikaner:3,7%, Österreicher:3,1%,
Iraner:2,8%, İtaliener: 2,7%)
10 Mrd. US-Dollar Einkommen.
Bildungssystem:
1 Die Schulpflicht beträgt in der Türkei 8 Jahre.
2 Mit 6 Jahren werden die Kinder eingeschult und müssen eine 5
jährige Grund- und eine 3 Jährige Mittelschule besuchen.
3 Die weiterführende Schulbildung besteht aus drei Jahre
Gymnasium oder Berufsschule
4 Von der staatlichen Grundschule bis zum Universitätsstudium ist
die Ausbildung kostenlos
5 Die Studiengebühren an den Privaten Universitäten betragen
zwichen 5.000 und 12.000 US-Dollar pro Jahr.
6 Die Berechtigung zum Studium wird über eine
zentraldurchgeführte Aufnahmeprüfung erlangt.
7 53 staatliche und 18 staatlich anerkannte private
Stiftungsuniversitäten bieten jährlich 270.000 Studienplätze.
8 1,5 Mio Studenten und 64.000 Akademische Lehrkräfte.
9 64.200 Schulen, 15 Mio. Schüler, 526.000 Lehrer.
10 Nur 180 Schultage im Jahr(EU-Länder:230 Tage).
11 In den staatlichen Grund-und Hauptschulen befinden sich in einer
Klasse durchschnittlich 40 Schüler.
12 Es wird in allen Schulen Schuluniform getragen. Es soll die
sozialen Unterschiede verdecken.
13 Das Tragen von Kopftüchern ist ausser an
Priester-Prädigerschulen(İmam-Hatip) untersagt.
14 Immer noch 13% Analphabeten.
15 Ca. 10% des Staatshaushalts wird für die Bildung ausgesetzt.
Atatürks Reformen:
1922
Ende des osmanischen Reiches. Abschaffung des
Sultanats.
1923
Ausrufung der Republik durch Mustafa Kemal Atatürk
1924
1.Verfassung: Modernisierung von Zivil- und
Strafrecht(nach Schweizer und Italienischer Vorbild).
1924
Abschaffung des Kalifats.
1925
Kleiderreform: Verbot des Schleiers und Fes.
1925
Die Europäische Zeitrechnung erlangt Gültigkeit.
1927
Einführung des lateinischen Alphabets.
1928
Verbot der Heirat mit mehreren Frauen.
1928
Abschaffung des Islam als Staatsreligion.
1931
Die Übernahme des metrischen Systems.
1934
Die Einführung des Frauenwahlrechts.
Türken
Türken, Staatsangehörige der Türkei.
In ethnischer Hinsicht stellen die Türken heute ein Mischvolk dar. Ursprünglich siedelten die
Turkvölker in Mittelasien (siehe Turkestan), von wo aus im 11. Jahrhundert n. Chr. die
Seldschuken nach Kleinasien vorstießen und zur islamischen Vormacht aufstiegen. Bereits
zu dieser Zeit setzte die Vermischung mit Griechen, Kurden, Armeniern, Syrern, Georgiern
und anderen Ethnien Klein- und Vorderasiens ein. Die türkische Sprache, zur altaischen
Sprachfamilie gehörend, nahm fremde Einflüsse auf. Unter den osmanischen Türken wurde
das weit gespannte Osmanische Reich errichtet, und Türken verbreiteten sich auf dem
Balkan und im Mittelmeerraum bis nach Afrika. Aus westlicher Sicht wurde die türkische
Expansion durch die so genannten Türkenkriege gestoppt, doch finden sich
türkischstämmige Bevölkerungsgruppen in vielen Teilen des ehemaligen Osmanischen
Reiches. Sei^dej. Gründung der modernen Türkei orientieren sich viele Türken an Europa,
wenngleich der islamischen Fundamentalismus auch in der Türkei zahlreiche Anhänger
gefunden hat. Bedeutende türkische Bevölkerungsanteile finden sich gegenwärtig u. a. in
Deutschland sowie auf Zypern. Die Türkei selbst hat rund 61 Millionen Einwohner.
Turkvölker
Turkvölker, Sammelbezeichnung für zahlreiche west- und zentralasiatische Völker, deren
Angehörige eine der Turksprachen sprechen.
Nach sprachlichen Kriterien unterteilt sind dies u. a. im Südwesten des Verbreitungsgebiets die
Türkeitürken, Turkmenen, Aserbaidshaner und Gagausen, im Südosten die Uiguren und Usbeken,
im Nordwesten die Baschkiren, Tataren, Kasachen und Kirgisen sowie im Nordosten die Tuwiner,
Schoren und andere. Eine sprachliche Sonderstellung nehmen die Jakuten und Tschuwaschen ein.
In chinesischen Quellen wird der Begriff Türken (Tttfug^erstmals als Bezeichnung für Ethnien
verwendet, deren ursprüngliches Siedlungsgebiet vermutlich im Altai lag. Diese erricMeteTrim
6. Jahrhundert das erste der so genannten alttürkischen Reiche, dessen Herrschaftsgebiet sich von
der Mongolei bis zum Aralsee erstreckte. Nach seinem Zusammenbruch kam es gegen Mitte des
7. Jahrhunderts unter die Herrschaft der chinesischen Tang-Dynastie. Ende des 7. Jahrhunderts
befreiten sich die Türken jedoch von der chinesischen Oberhoheit und gründeten das zweite
alttürkische Reich, das Mitte des 8. Jahrhunderts von den Uiguren erobert wurde. In der Folgezeit
verbreiteten sich die Alttürken sowie die Turksprachen durch Handel, nomadisierende Viehzucht
und militärische Eroberungen über weite Bereiche West- und Zentralasiens; als ein wichtiger
integrativer Faktor kam später der Islam hinzu, der ab dem 11. Jahrhundert nach und nach in
unterschiedlicher Ausprägung übernommen wurde. Grundlegende soziopolitische, wirtschaftliche
und religiöse Veränderungen lösten bei zahlreichen Turkvölkern auf dem Gebiet der ehemaligen
Sowjetunion sowie der Volksrepublik China die russische Kolonialisierung und anschließende
sowjetische Herrschaft sowie die chinesische Oberhoheit aus.
1. EINLEITUNG
2. LAND
l. Physische Geographie 2. Flüsse und Seen 3. Klima 4. Flora und Fauna
3. BEVÖLKERUNG
1. Wichtige Städte 2. Sprache 3. Religion 1. Feiertage 4. Soziales
4. BILDUNG UND KULTUR
1. Bildung und Schulwesen 2. Kultureinrichtungen 3. Kunst 4, Medien
5. VERWALTUNG UND POLITIK
1. Legislative 2. Exekutive 3. Judikative 4. Kommunalverwaltung 5. Politische Parteien
6. Verteidigung
6. WIRTSCHAFT
1. Wirtschaftskrise 2000/2001 2. Landwirtschaft 3. Forstwirtschaft und Fischerei 4.
Bergbau 5. Industrie 6. Verkehrswesen 7. Währung und Bankwesen 8.
Außenhandel 9. Energie
7 GESCHICHTE
1. Der Aufstieg der Osmanen 2. Niedergang des Osmanischen Reiches 3, Die türkische
Republik 1. Von der Neutralität zum Bündnis mit dem Westen 2. Der Staatsstreich von 1980
3. Zivilregierungen
Türkei
EINLEITUNG
Türkei, amtlich Republik Türkei (türkisch Türkiye Cumhuriyeti); Republik in Vorderasien und
Südosteuropa. Das Staatsgebiet grenzt im Nordwesten an Bulgarien und Griechenland, im
Norden an das Schwarze Meer, im Nordosten an Georgien und Armenien, im Osten an den Iran,
im Süden an den Irak, an Syrien und an das Mittelmeer sowie im Westen an das Ägäische
Meer. Die Hauptstadt der Türkei ist Ankara.
Die moderne Republik Türkei ist ein Teil des ehemaligen Osmanischen Reiches und wurde
1923 nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches in der Folge des 1. Weltkrieges
von Mustafa Kemal Atatürk gegründet.
2
LAND
Der überwiegende Teil der Türkei erstreckt sich auf asiatischem Gebiet zwischen Mittelmeer und
Schwarzem Meer. Der türkische Teil von Thrakien bildet den europäischen Anteil des Landes
und umfasst rund drei Prozent der Gesamtfläche. Die Meerengen Dardanellen und Bosporus
sowie das zwischen ihnen liegende Marmarameer trennen den europäischen Teil der Türkei
vom asiatischen. Innerhalb der Grenzen der Türkei liegen mehrere seismische Zonen; dadurch
kommt es im Land häufig zu Erdbeben. Die Gesamtfläche des Landes umfasst 779 452
Quadratkilometer.
l
Physische Geographie
Die Türkei kann in sieben Landschaftsräume untergliedert werden: Thrakien und die an das
Marmarameer angrenzenden Gebiete, die Regionen am Ägäischen Meer und am Mittelmeer, das
Gebiet am Schwarzen Meer, Westanatolien, das inneranatolische Hochland, das Gebirgsland im
Osten des Landes und Südostanatolien.
Thrakien und die Gebiete am Marmarameer werden im Landesinneren von einem flachwelligen
Hügelland eingenommen. Es ist fruchtbar und wird von zahlreichen Wasserläufen durchzogen.
Trotzdem wird nur etwa ein Viertel der Region als Ackerland genutzt. Im Ostteil dieses Gebiets
erhebt sich der Uludag" (in der Antike Mysischer oder Bithyrischer Olymp) bis 2 543 Meter. Von den
schmalen und hügeligen Küstengebieten am Ägäischen Meer und am Mittelmeer wird nur rund ein
Fünftel als Ackertand bewirtschaftet. Im Osten davon, in der Ebene Cukurova, liegt das größte
Baumwollanbaugebiet der Türkei. Diese Region ist mit dem Landesinneren durch die Killkjsche
Pforte (Külek Bog"azi) im Taurus verbunden.
Die anatolische Küstenregion ist überwiegend schmal; sie erhebt sich direkt von der
Schwarzmeerküste zum Pontischen Gebirge. Auf Grund der steilen Berghänge werden nur etwa 16
Prozent des Gebiets ackerbaulich genutzt. Westanatolien besteht aus unregelmäßig verlaufenden
Bergzügen und tiefen Taleinschnitten, die die stark gegliederte ägäische Küste vom Hochland
Inneranatoliens trennen; nur knapp ein Fünftel des Landes ist hier für den Ackerbau geeignet. Das
inneranatolische Hochland mit der Hauptstadt Ankara liegt durchschnittlich um l 000 Meter hoch und
ist die geographisch größte Region der Türkei. Das Hochland ist vollständig von Gebirgen
umschlossen. Höchster Gipfel des inneranatolischen Hochlandes ist der Erciyes Dag"i mit 3 916
Metern.
Im Hochgebirgsland im Osten der Türkei vereinigen sich die östlichen Ausläufer von Pontischem
Gebirge und Taurus. Dieses ostanatolische Hochland ist die unzugänglichste Gegend der Türkei.
Hier liegt der Berg Ararat (Ag"n Dag"»)/ an dem nach der Bibel die Arche Noah landete, und der mit
5 137 Metern der höchste Berg der Türkei ist. In diesem Gebiet entspringen auch die beiden Flüsse
Tigris (Diele) und Euphrat (Firat). Der Südosten Anatoliens wird von einem flachwelligen Plateau
eingenommen, das im Norden, Osten und Westen von Bergen umgeben ist. Diese Gegend ist Teil
des Fruchtbaren Halbmondes und seit der Antike von großer Bedeutung für die Landwirtschaft.
2
Flüsse und Seen
Wegen der großen Höhenunterschiede im Land sind in fast allen Russen der Türkei Stromschnellen
ausgebildet. Deshalb sind nur wenige Flüsse in Teilabschnitten schiffbar. Aufgrund der jahreszeitlich
wechselnden Regenmengen sind einige Russe starken Schwankungen des Wasserstandes
unterworfen. Eine Reihe von Fließgewässern führt während des trockenen Sommers kein Wasser.
Einige Russe haben jedoch Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie durch Wasserkraft
oder liefern das Wasser für Bewässerungsanlagen. Der Kizilirmak ist mit einer Länge von 1150
Kilometern der längste RUSS innerhalb der Landesgrenzen und mündet in das Schwarze Meer. Der
Büyük Menderes entwässert
Westanatoiien in die Ägäis; wegen seiner vielen Schleifen und Biegungen erhielt er den Namen
Mäander. Euphrat und Tigris entspringen in der Osttürkei und münden nach Durchqueren von
Syrien und dem Irak in den Persischen Golf. Der Euphrat wird durch den 1990 fertig gestellten
Atatürk-Staudamm (169 Meter Höhe, 1,6 Kilometer Breite) aufgestaut. Damit wird sein Wasserfluss
um bis zu 90 Prozent reduziert, was Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem hat.
Der Vansee im Osten des Landes ist der größte See der Türkei. Er ist - wie auch der Tuz Gölü
(Großer Salzsee) - ein Salzsee. Die Süßwasserseen Beysehir, EQridir Gölu und Burdur Gölu liegen
alle im Südwesten des Landes.
3
Klima
Wegen der großen Ausdehnung und der stark gegliederten Oberfläche hat die Türkei Anteil an
verschiedenen Klimazonen. An den Küsten des Mittelmeeres und der Ägäis herrscht .mediterranes
j<|ima mit langen, heißen Sommern und milden, feuchten Wintern. In Istanbul liegt die mittlere
Januartemperatur bei 5 °C, die mittlere Julitemperatur bei 22 °C. Der mittlere Jahresniederschlag
beträgt 720 Millimeter. An der Mittelmeerküste und an der Küste der Ägäis fällt knapp die Hälfte des
jährlichen Niederschlags in den Monaten Dezember und Januar.
Das Klima im inneranatolischen Hochland hat kontinentalen Charakter mit großen
Temperaturunterschieden im Jahresverlauf. Die Sommer sind heißer, die Winter wesentlich kälter
als an der Küste. In Ankara beträgt die mittlere Januartemperatur bei 0 °C, die mittlere
Julitemperatur bei 24 °C. Das inneranatolische Hochland Hegt im Lee der Randgebirge. Der
mittlere Jahresniederschlag beträgt deshalb nur rund 370 Millimeter und ist somit wesentlich
geringer als in den küstennahen Regionen. Im Hochland sind die Niederschläge relativ gleichmäßig
über das Jahr verteilt.
In der Schwarzmeerregion ist das Klima mild, die Niederschlagshöhen können beträchtliche Werte
erreichen. Die Jahresmenge nimmt von Westen (um 800 Millimeter) nach Osten (bis 2 000
Millimeter) zu. Im östlichen Hochland sind die Winter kalt und mitunter schneereich. Die höchsten
Sommertemperaturen der Türkei herrschen in Südostanatoiien; im Juli und August liegen sie im
Schnitt über 30 °C.
4
Flora und Fauna
Der Rächen- und Gebietsschutz der Türkei erstreckt sich über etwa 1,4 Prozent (1997) des Landes
und umfasst 21 Nationalparks, 36 Wälder, zahlreiche Naturschutzgebiete, wovon zwei zum
Weltnaturerbe erklärt worden sind, und mehrere besonders geschützte Gebiete. Das Land
beheimatet 2 400 endemische Pflanzenarten. Thrakien und Westanatoiien zeichnen sich durch
einen hohen Anteil an mediterraner Vegetation aus; die Flora setzt sich vor allem aus
Hartlaubgehölzen und niedrigen, immergrünen Sträuchem (Macchie) zusammen. In den
küstennahen Gebieten sind ölbäume verbreitet. Die Randgebirge sind weitflächig mit Wald bedeckt.
Im Taurus herrschen Schwarzkiefem, Tannen, Zedern, Eichen und Wacholder vor, im
Pontisctien Gebirge sind Buchen- und Eichenmischwälder sowie Wacholderwälder heimisch. In
Inneranatolien dominiert eine karge Steppenvegetation mit Gräsern und Krautern.
Zur Säugetierfauna gehören die Großraubtiere Braunbär, Wolf, Luchs, Goldschakal und
Streifenhyäne; weitere Raubtiere sind Wildkatze, Rotfuchs, Steinmarder, Dachs, Mauswiesel,
Tigeriltis und Rschotter. Die Paarhuferfauna ist durch Wildschwein, Reh, Rothirsch und
Bezoarziege repräsentiert. Greifvögel sind u. a. mit zahlreichen Adlerarten (See-, Stein-,
Kaiser-, Schell-, Schrei-, Zwerg- und Schlangenadler) sowie Geiern (Bart-, Mönchs-, Gänse-und
Schmutzgeier) vertreten. Bemerkenswerte Großvögel feuchter Gebiete sind Reiher (Nacht-,
Kuh-, Rallen-, Seiden-, Silber-, Purpur- und Graureiher), Rosa- und Krauskopfpelikan,
Rosaflamingo, Löffler, Sichler, Weiß- und Schwarzstorch. In den Bergflüssen gibt es viele
Forellen. In den Küstengewässern leben Meeresschildkröten, Meerbrassen, Makrelen,
Thunfische und Steinbutt, im Schwarzen Meer werden Anchovis gefangen.
3
BEVÖLKERUNG
Die Türkei hat etwa 66,5 Millionen Einwohner (2001); dies entspricht einer Bevölkerungsdichte
von 85 Einwohnern je Quadratkilometer. Die am dichtesten besiedelten Gebiete sind der
Großraum Istanbul und die Küstenregionen. Die mittlere Lebenserwartung der Bevölkerung
liegt bei 71,2 Jahren (2001). Die jährliche Bevölkerungszunahme beträgt rund 1,24 Prozent im
Jahr (2001).
Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind Türken. Darüber hinaus leben etwa 20 Prozent
Kurden sowie Angehörige zahlreicher kleinerer Gruppen wie Araber, Griechen, Armenier und
Tscherkessen in der Türkei. Die Angehörigen dieser ethnischen Gruppen haben ihre kulturelle
Identität größtenteils bewahrt.
Das Gebiet der heutigen Türkei war die Heimat ethnisch und kulturell unterschiedlicher
Volksgruppen, angefangen von den Hethitern, Phrygern und Assyrern bis zu den Griechen,
Persern, Römern und Arabern (siehe Kleinasien). Die nomadischen Vorfahren der heutigen
Türken kamen im 11. Jahrhundert n. Chr. aus Zentralasien, eroberten arabische Gebiete und
das Byzantinische Reich und setzten sich als Herrscher ein. Sie verbreiteten bei der
ansässigen Bevölkerung die türkische Sprache und Kultur, die auch zum Instrument der
Verbreitung des Islam in einer vom Christentum geprägten Region werden sollten.
l
Wichtige Städte
74 Prozent der Einwohner leben in Städten (1999), während es 1945 nur 25 Prozent waren. Die
während der letzten Jahrzehnte verstärkt stattfindende Abwanderung aus ländlichen Regionen
in die großen Städte zog weit reichende soziale Konsequenzen nach sich. Die größten Städte
des Landes sind Istanbul mit 8,27 Millionen Einwohnern (1997), die Hauptstadt Ankara (2,94
Millionen), Izmir (2,13 Millionen), Adana (1,13 Millionen) und Bursa (1,10 Millionen).
2
Sprache
Die Amtssprache der Türkei ist das Türkische, das zu den Turksprachen zählt und als
Muttersprache oder Zweitsprache von etwa 90 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird. Türkisch
wird seit 1928 in lateinischer Schrift geschrieben (vorher in arabischer Schrift). Die Kurden, die etwa
20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sprechen Kurdisch, eine der iranischen Sprachen.
Weitere Minderheitensprachen sind Arabisch, Tscherkessisch, Armenisch und Georgisch.
3
Religion
Seit 1928 ist der Islam nicht mehr die offizielle Staatsreligion der Türkei, Trotzdem bekennen sich 99
Prozent der Bevölkerung zum Islam; sie sind in der Mehrzahl Sunniten, daneben gibt es auch eine
starke alewitische Glaubensgemeinschaft. Rund 0,1 Prozent der Einwohner gehören dem
Christentum an. Die jüdische Gemeinde umfasst etwa 20 000 Mitglieder.
l
Feiertage
Die islamischen Feiertage richten sich nach dem Mondkaiender und liegen von Jahr zu Jahr
unterschiedlich. Zu ihnen gehört das drei Tage dauernde §eker Bayrami („Zuckerfest") am Ende des
Fastenmonats Ramazan (Ramadan). Das vier Tage dauernde islamische Fest Kurban Bayrami
(„Opferfest") ehrt die Bereitschaft Abrahams, auf Befehl Allahs seinen einzigen Sohn Isaac zu
opfern. Zu dieser Zeit findet auch die Wallfahrt nach Mekka statt. Die weltlichen Feiertage der Türkei
orientieren sich am gregorianischen Kalender. Zu ihnen gehören der Neujahrstag (1. Januar), der
Tag der Nationalen Souveränität (23. April, gleichzeitig Tag des Kindes), der Atatürk-Gedenktag und
Tag der Jugend (19. Mai), der Tag des Sieges (30. August) und der Tag der Republik (29. Oktober).
In manchen Gebieten ist auch der Tag vor dem Tag der Republik ein Feiertag. Der Tag der
Nationalen Souveränität erinnert an die Eröffnung der Großen Nationalversammlung (Bezeichnung
des Parlaments) am 23. April 1923.
4
Soziales
Die medizinische Versorgung der sozial schwächeren Bevölkerungsteile wird in der Türkei staatlich
finanziert. In ländlichen Gegenden sind medizinische Einrichtungen und medizinisch ausgebildete
Fachkräfte knapp. Insgesamt gesehen liegt die Versorgung mit Fachpersonal und Medikamenten
weit unter dem europäischen Durchschnitt: 1998 kamen auf einen Arzt 833 Einwohner. Die
Arbeitslosenquote beträgt 6,2 Prozent (1998).
4
BILDUNG UND KULTUR
Das von Atatürk eingeführte und von seinen Nachfolgern ausgebaute moderne Schulsystem ist an
europäischen Vorbildern orientiert.
1
Bildung und Schulwesen
In der Zeit der Gründung der Republik waren über 90 Prozent der Bevölkerung Analphabeten.
Atatürk leitete ein umfassendes Bildungsprogramm ein, und in der ersten Verfassung wurde eine
allgemeine Schulpflicht für die Grundschule und der gebührenfreie Besuch aller staatlichen Schulen
verankert. Es besteht allgemeine Schulpflicht für die Dauer von 8 Jahren (1998). Durch die
systematische Förderung des Bildungswesens konnte der Alphabetisierungsgrad auf 96,7 Prozent
angehoben werden (2001). In einigen ländlichen Gebieten ist die Ausstattung mit
Bildungseinrichtungen noch gering.
Der Zugang zu den Universitäten der Türkei ist einem strengen Auswahlverfahren unterworfen. Zu
den wichtigsten Hochschuleinrichtungen gehören die Universität Istanbul (1453 gegründet), die
Universität der Ägäis (1955) in Izmir, die Universität Ankara (1946) und die Technische Universität
des Nahen Ostens (1956) in Ankara.
2
Kultureinrichtungen
Zu den staatlich geleiteten kulturellen Institutionen der Türkei gehören die beiden Opernhäuser in
Istanbul und Ankara, die Kunstakademie in Istanbul, drei Musikkonservatorien sowie eine
Volkstanztruppe. In Istanbul, Edirne, Bursa und in anderen Städten gibt es christliche Kirchen, die
zu Moscheen umgebaut wurden, sowie von dem berühmten türkischen Architekten Sinan erbaute
Moscheen. Der Sultanspalast Topkapi Sarayi ist heute ein Museum, das die kaiserlichen Schätze
und die Reliquien des Propheten Mohammed beherbergt. Das Museum für anatolische Zivilisation in
Ankara verfügt u. a. über Exponate aus der Zeit der Hethiter und Phryger. Zu den größten
Bibliotheken der Türkei gehören die Nationalbibliothek in Ankara und die Bajasid-Staatsbibliothek in
Istanbul.
3
Kunst
In der Türkei fand ein allmählicher Übergang von den islamischen Kunsttraditionen des
Osmanischen Reiches (siehe islamische Kunst und Architektur) zu einer an westlichen Vorbildern
orientierten Kunst statt. Inzwischen suchen immer mehr Künstler neuerlich nach Ausdrucksformen
einer spezifisch türkischen Kunst.
Die älteste türkische Poesie lebt in der Volksdichtung der Kirgisen fort; ihr Heldenepos Manas wurde
mündlich überliefert. Die ersten mystischen Dichtungen stammen von Yunus Emre und anderen
Schriftstellern des 14. Jahrhunderts und führten zur Hof- und Gelehrtendichtung oder
D/wan-Dichtung. Volkstümlichere Dichtkunst wurde von Minstrels gesungen; diese Tradition hat
noch heute Bestand. Kemal Tahir zählt ebenso zu den bedeutendsten modernen Romanautoren der
Türkei wie Ya§ar Kemal; zu seinen Werken gehören Ince Memed (1955, Memed, mein Falke}, der
preisgekrönte Roman eines modernen Robin Hood, der dem Autor zu seinem internationalen Ruf
verhalf, Teneke (1955, Anatollscher Reis} und Bin Bogalar Efsanesi (1971, Das Lied der Tausend
Stiere], eine Geschichte, die Mythos und realen Untergang eines Nomadenstammes verbindet.
Auch im Ausland bekannt ist Nazim Hikmet, ein Marxist, der seine Gedichte in derbem
umgangssprachlichem Türkisch schrieb und freie Verse in die türkische Literatur einführte.
Medien
4
In der Türkei gibt es rund 330 Tageszeitungen, von denen die meisten nur eine geringe
Auflagenhöhe erreichen. Die einflussreichsten Blätter sind Cumhuriyet, Sabah, Hürriyet, Milliyet und
Türkiye; sie werden alle in Istanbul verlegt. Zudem erscheinen viele Wochen- und
Monatszeitschriften. Die Regierung betreibt vier nationale Radiosender und fünf Fernsehsender;
außerdem sind mehrere private und staatliche Fernsehstationen in Betrieb.
5
VERWALTUNG UND POLITIK
Der Versuch vonseiten der Alliierten und Griechenlands, das Land nach dem I.Weltkrieg aufzuteilen,
führte zum türkischen Unabhängigkeitskrieg unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk. Am 29.
Oktober 1923 wurde die türkische Republik ausgerufen. Es folgte eine Reihe von
Modemisierungsmaßnahmen, darunter im Jahr 1924 die Abschaffung der religiösen Gerichte; 1934
erhielten die Frauen das Wahlrecht.
Das Mehrparteiensystem wurde 1946 eingeführt, als die neu gegründete Demokratische Partei
durch eine Koalition mit der Republikanischen Volkspartei 62 Parlamentssitze gewann. 1950 errang
die Demokratische Partei einen Wahlsieg. Zunehmende Spannungen zwischen den Parteien
beschworen eine Staatskrise herauf, die zu einem Militärputsch führte; die Junta führte daraufhin die
Staatsgeschäfte von 1960 bis 1961. Im Jahr 1961 wurde eine neue Verfassung angenommen. Bei
den darauf folgenden allgemeinen Wahlen gab es keine klaren Mehrheitsverhältnisse, und
verschiedene Parteien stellten eine Reihe von Koalitionsregierungen auf. Nach einer Zeit
wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Terrorakte in den siebziger Jahren verhängte eine
zweite Militärjunta 1980 das Kriegsrecht und löste alle politischen Parteien auf. Nach Billigung einer
neuen Verfassung durch den Volksentscheid vom November 1982 wurde Ende 1983 wieder eine
Zivilregierung eingesetzt. Die Verfassung von 1982 hat seither Bestand. Die letzten
Verfassungsänderungen wurden 1995 vorgenommen. Nationalfeiertag ist der 29. Oktober, der „Tag
der Republik", der an die Ausrufung der Republik im Jahr 1923 erinnert.
1
Legislative
Nach der Verfassung von 1982 ist die Große Nationalversammlung (Einkammerparlament) das
gesetzgebende Organ. Sie besteht aus 550 Mitgliedern, die in direkter Wahl auf fünf Jahre gewählt
werden. Wahlberechtigt sind alle Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.
2
Exekutive
Regierungschef ist der Ministerpräsident, der die Mehrheitspartei bzw. die Mehrheitskoalition
repräsentiert. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählte
Präsident. Er ernennt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag die Minister. Eine
Wiederwahl des Präsidenten ist nicht möglich.
3
Judikative
Das türkische Rechtswesen wurde 1923 nach italienischem (Strafrecht) und nach schweizerischem
Vorbild (Privatrecht) gestaltet. Nach der Verfassung von 1982 entscheidet das Verfassungsgericht
über die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament verabschiedeten Gesetze. Das
Kassationsgericht ist die letzte Berufungsinstanz. Daneben gibt es eine große Zahl nachgeordneter
Zivil- und MHitärgerichtshöfe.
4
Kommunalverwaltung
Die Türkei ist in 79 Provinzen (II) untergliedert, an deren Spitze ein Gouverneur (Vali) als
Regierungsvertreter steht. Die Provinzen sind in Bezirke (il$e) und Gemeinden (Bucak) unterteilt.
Den Bezirken kommt nur geringe politische Bedeutung zu. Die Gemeinden können
Gemeindesteuern erheben und verfügen über weitere Vollmachten auf lokaler Ebene.
5
Politische Parteien
Nach dem Staatsstreich von 1980 wurden sämtliche politischen Parteien aufgelöst. Die Führer der
Republikanischen Partei und der Gerechtigkeitspartei wurden für mindestens zehn Jahre von der
Übernahme politischer Aufgaben ausgeschlossen. 1983 wurde wieder eine zivile Regierung
eingesetzt. Aus den Pariamentswahlen von 1999 gingen als wichtigste politische Parteien hervor:
die Demokratische Partei der Unken (DSP; Demokratik So/ Partisi), die Partei der nationalen
Bewegung (MHP; Milliyetgi Hareket Partisi), die Tugendpartei (FP; Fazilet Partisi) als
Nachfblgepartei der 1998 verbotenen islamistischen Wohlfahrtspartei (RP; Refah Partisi}, die
Mutterlandspartei (ANAP; Anavatan Partisi), die Partei des Rechten Weges (DYP; Dotjru Yol
Partisi). Die ehemals starke Sozialdemokratische Republikanische Volkspartei (CHP; Cumhuriyet
Halk Partisi) ist im neuen Parlament nicht vertreten. Die Partya Karkeren Kurdistan (PKK;
Arbeiterpartei Kurdistans) wurde verboten,
6
Verteidigung
Die Streitkräfte der Türkei setzen sich aus insgesamt 609 700 Soldaten zusammen (1999). Circa 30
000 Mann sind in der „Türkischen Republik Nordzypern", dem von der Türkei kontrollierten Teil
Zyperns, stationiert. Der Grundwehrdienst hat eine Dauer von 18 Monaten und ist für alle türkischen
Männer Pflicht.
Die Türkei ist Mitglied der Vereinten Nationen (UN) und des Nordatlantischen Verteidigungspaktes
(NATO). Sie ist auch ein assoziierter Staat der Europäischen Union.
6
WIRTSCHAFT
Die schnelle Industrialisierung und das Wirtschaftswachstum der achtziger Jahre basierten auf der
gezielten Förderung der Wirtschaft durch staatliche Investitionen. Neben Erfolgen bei den
Beschäftigungs- und Produktionszahlen verzeichnete die Türkei jedoch auch eine hohe
Staatsverschuldung und eine hohe Inflationsrate. Das Wirtschaftswachstum, das zu einem
Konjunkturaufschwung unter Präsident Turgut Özal führte, kam in den späten achtziger Jahren zum
Erliegen. Die Regierung der Ministerpräsidentin Tansu Güter versuchte mit Hilfe eines Kredits vom
Internationalen Währungsfonds (IWF) das hohe Staatsdefizit nach Jahren der Budgetüberziehung
zu reduzieren. Die Preise stiegen zwischen 1994 und 1995 um rund 150 Prozent an, während die
durchschnittlichen Lohnerhöhungen um etwa 30 Prozent hinter dieser Entwicklung zurückblieben.
1999 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 185 691 Millionen US-Dollar (Dienstleistungen 60
Prozent, Industrie 24,3 Prozent, Landwirtschaft 15,8 Prozent), woraus sich ein BIP pro Kopf von 2
880 US-Dollar ergibt.
43 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiteten 1998 in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, 34 Prozent
im Dienstleistungsgewerbe und 22 Prozent in der Industrie. Über eine Million türkischer
Staatsbürger arbeiten im Ausland, insbesondere in Deutschland und Saudi-Arabien. Der
bedeutendste Gewerkschaftsdachverband ist der Bund türkischer Gewerkschaften mit über 1,9
Millionen Mitgliedern.
Innerhalb der Türkei besteht hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung ein markantes
West-Ost-Gefälle zwischen dem industriell geprägten Westtell und dem mehr auf Landwirtschaft
ausgerichteten Ostteil. Außenwirtschaftlich sucht die Türkei eine engere Einblndung in die
Europäische Union und strebt nach stärkerer Einflussnahme im zentralasiatischen und im
kaukasischen Wirtschaftsraum.
l
Wirtschaftskrise 2000/2001
Eine hohe Auslandsverschuldung (rund 115 Milliarden US-Dollar) und ein enormes Staatsdefizit
belasteten gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Wirtschaft des Landes. Die Regierung unter
Ministerpräsident Bülent Ecevit verabschiedete daher ein Reformprogramm, um der türkischen
Wirtschaft zur Stabilität zu verhelfen. So sollte beispielsweise die Privatisierung der zahlreichen
Staatsbetriebe beschleunigt und die Korruption entschlossener bekämpft werden. Trotz einiger
Anfangserfolge (die Inflationsrate sank z. B. unter die 50-Prozent-Marke) geriet das Programm
jedoch in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 ins Stocken. Als äußerst brisant erwies sich das
marode Bankensystem der Türkei, auf dem ein immenser Schuldenberg lastete. Im Zuge der
Überprüfung von Kreditinstituten deckten die türkischen Ermittler bei verschiedenen Privatbanken u.
a. Steuerhinterziehungen, Veruntreuungen von Geldern und Verschuldungen in Milliardenhöhe auf.
Mindestens zehn Institute wurden unter staatliche Zwangskontrolle gestellt.
Der Bankenskandal verunsicherte Anleger und Investoren zusehends. Spekulationen über weitere
Bankenzusammenbrüche lösten schließlich einen panikartigen Ansturm auf Devisen und eine
massive Kapitalflucht aus. Daraus entwickelten sich Liquiditätsengpässe, die schließlich im
November 2000 in einer schweren Finanzkrise mündeten. Ais Gegenmaßnahme gab die türkische
Zentralbank mehrere Milliarden US-Dollar aus den staatlichen Währungsreserven frei. Vom
Internationalen Währungsfonds erhielt die Türkei einen Sofortkredit von 11,4 Milliarden US-Dollar.
Nach einer Zwischenphase folgte im Februar 2001 eine Staats- und Wirtschaftskrise.
Vorangegangen war ein Streit zwischen Ministerpräsident Ecevit und Staatspräsident Ahmed
Necdet Sezer, bei dem es um die Bekämpfung der Korruption ging. Auch diesmal führten
Spekulationen zu einer Welle der Kapitalflucht. Die Zentralbank konnte den Wechselkurs der
türkischen Lira nicht stabilisieren und musste den Kurs zwecks Abwertung freigeben. Allein am Tag
der Freigabe brach der Wechselkurs der türkischen Lira innerhalb weniger Stunden um 40 Prozent
ein. Die Wirtschaftskrise trieb zahlreiche Kleinunternehmen in den finanziellen Ruin, viele
Kleinanleger verloren den größten Teil ihres Kapitals. Bei Massenprotesten wurde die Regierung
aufgefordert, ein Ende der Krisensituation herbeizuführen. Einige Straßendemonstrationen in
verschiedenen türkischen Städten im April 2001 waren von schweren Ausschreitungen mit
zahlreichen Verletzten begleitet. Der Internationale Währungsfonds gewährte der Türkei einen
weiteren Kredit von sechs Milliarden US-Dollar.
2
Landwirtschaft
Seit 1950 erhöhte sich die landwirtschaftliche Produktion durch den vermehrten Einsatz von
Maschinen, Düngemitteln und geeigneteren Pflanzensorten. Trotzdem ist die Produktivität
vergleichsweise gering, da viele Bauern nach wie vor mit relativ unwirksamen Methoden arbeiten
und die meisten Betriebe sehr klein sind. Etwa ein Drittel des Staatsgebiets wird als Ackerland
genutzt, ein weiteres Drittel dient als Weideland. Aufgrund der Lage in unterschiedlichen
Klimazonen können in der Türkei viele Anbaufrüchte kultiviert werden. Zu den wichtigsten
Anbauprodukten gehören Getreide (vor allem Weizen, Gerste, Roggen und Mais), Zuckerrüben
sowie Obst und Gemüse (u. a. Zwiebeln, Auberginen, Melonen, Tomaten, Trauben, Äpfel und
Zitrusfrüchte). Weitere bedeutende Anbaufrüchte sind Nüsse, Kartoffeln, Baumwolle, Tabak und
Oliven. Durch den Bau zahlreicher Stauanlagen konnte der Bewässerungsfeldbau weiter
ausgedehnt werden. Auch die Viehwirtschaft ist von Bedeutung. Sie umfasst vor allem die Haltung
von Schafen, Ziegen, Rindern, Eseln, Büffeln und Hühnern.
3 Forstwirtschaft und Fischerei
Obgleich 13,3 Prozent der Gesamtfläche der Türkei bewaldet sind, ist die Holzindustrie relativ
unbedeutend, da nur knapp ein Drittel der Waldfläche wirtschaftlichen Wert besitzt. Rund zwei
Drittel des Holzeinschlages werden als Brennholz, der Rest (u. a. Walnussbäume, Zedern und
Pappeln) als Nutzholz verwendet.
Der Fischfang wird verstärkt gefördert. Die Hauptfanggebiete sind das Mittelmeer und das
Schwarze Meer. Über die Hälfte des Fanges besteht im Allgemeinen aus Anchovis. Daneben
werden u. a. noch Makrelen, Sardinen, Barben und Karpfen gefangen.
4 Bergbau
Die Türkei verfügt über Vorkommen an Steinkohle, Braunkohle, Eisenerz und Chrom; das Land
ist einer der bedeutendsten Chromerzförderer der Welt. Im Südosten wird Erdöl gefördert.
Darüber hinaus gibt es kleinere Vorkommen an Blei-, Zink-, Kupfer- und Silbererz.
5 Industrie
Führende Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie sind Nahrungsmittel, Textilien, Eisen und
Stahl, Erdöl, chemische Produkte, Fahrzeuge, Papier und Zigaretten. Die bedeutendsten
Industriestandorte sind Istanbul, Ankara, Izmir und Bursa.
6 Verkehrswesen
Die staatliche Eisenbahn der türkischen Republik verfügt über ein Schienennetz mit einer Länge
von 8 607 Kilometern (1998). Das Straßennetz umfasst 385 960 Kilometer (1999). Die
führenden Häfen der Türkei sind Istanbul und Izmir; weitere wichtige Hafenstädte sind Trabzon,
Giresun, Samsun sowie Zonguldak am Schwarzen Meer und Iskenderun und Mersin im Süden.
Die nationale Fluggesellschaft Turkish Airlines bietet Inlands- und Auslandsflüge an.
Internationale Flughäfen befinden sich in Istanbul, Ankara, Adana, Antalya und Izmir.
7
Währung und Bankwesen
Währungseinheit der Türkei Ist die Türkische Ura, bestehend aus 100 Kuru§. Die Zentralbank
der Republik Türkei (1930 gegründet) ist die Notenbank des Landes. Daneben gibt es eine
Reihe von Staatsbanken wie die Landwirtschaftsbank der Republik Türkei (1863 gegründet), die
die wirtschaftliche Entwicklung des Landes unterstützen, sowie mehrere Geschäftsbanken. Die
bedeutendste Börse der Türkei ist in Istanbul.
8
Außenhandel
Die jährlichen Importkosten der Türkei sind im Allgemeinen höher als die Exporterlöse, die
Handelsbilanz ist dementsprechend negativ. Importiert werden vorwiegend Erdöl, Maschinen,
chemische und pharmazeutische Produkte, Düngemittel, Eisen und Stahl sowie Fahrzeuge.
Hauptexportgüter sind Textilien, Obst und Gemüse, chemische Erzeugnisse, Metalle, Tabak und
Weizen. Der Tourismus ist für die Türkei eine wichtige Devisenquelle. Die Haupthandelspartner des
Landes sind Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Russland und die
USA.
Im März 1995 stimmte die Europäische Union (EU) der Aufnahme der Türkei in die Zollunion zu (seit
dem 1. Januar 1996 in Kraft getreten). Allerdings ist bis jetzt dem Wunsch der Türkei, vollständig in
die EU aufgenommen zu werden, nicht entsprochen worden. Ursache hierfür sind Differenzen
zwischen der EU und der Türkei (z. B. Spannungen zwischen Türkei und Griechenland,
Kurdenpolitik der Türkei, Einhaltung der Menschenrechte).
9 Energie
30,75 Prozent des Gesamtenergiebedarfs erzeugen Wasserkraftwerke (1999). Eine große
Wasserkraftanlage befindet sich am Euphrat in der Nähe von Eläzig". Rund 40 Prozent des
Energiebedarfs erzeugen Wärmekraftwerke. Hier ist als zweiter großer Energieträger Erdöl zu
nennen. Im April 1995 unterzeichneten Aserbaidshan und die Türkei ein Abkommen, das den
türkischen Anteil in einem Projekt zur Erschließung der aserbaidshanischen Ölfelder auf 6,75
Prozent erhöhte. Schätzungen zufolge enthalten diese Ölfeider im Kaspischen Meer 3,8 Millionen
Barrel Rohöl, das über eine Pipeline zu einem türkischen Mittelmeerhafen transportiert werden soll.
7
GESCHICHTE
Zur Geschichte des Gebiets der heutigen Türkei vor der Herrschaft der Osmanen siehe Kleinasien.
In Anatoiien entwickelten die aus dem Hochland des Landesinneren stammenden Hethiter (um
1900-1200 v. Chr.) die erste Hochkultur des Landes. Sie wurde von den Seevölkern (Ägäische
Wanderung) zerstört, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts v. Chr. in Kleinasien und Syrien
einfielen. Eine der ersten Zerstörungen Trojas fand wahrscheinlich während dieser Überfälle statt.
Eines der Seevölker, die Phryger, errichtete ein Königreich, das im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. in
Anatoiien zu einer Vormachtstellung gelangte. Während dieser Zeit gründeten die Griechen Milet,
Ephesos, Priene und eine Reihe weiterer Städte an der ägäischen Küste in lonien. Um 700 v. Chr.
fielen die Kimmerier - ein Nomadenvolk, das sich später im Westen Kleinasiens niederließ - in das
phrygische Reich ein und zerstörten es. Im 7. Jahrhundert v. Chr. kamen die Lyder an die ägäische
Küste und gründeten ein Reich mit der Hauptstadt
Sardes (Sardis), die 546 v. Chr. von den Persern unter Kyros (Cyrus) dem Großen erobert
wurde.
Von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis zum Jahr 333 v. Chr. gehörte der Großteil Kleinasiens,
einschließlich Anatoliens, zum Perserreich, wobei die griechischen Städte eine gewisse
Autonomie hatten. Im 4. Jahrhundert v. Chr. setzte der Verfall des Persischen Reiches ein, und
333 v. Chr., nach der Schlacht von Issos, wurde es vom siegreichen Makedonischen Reich
Alexanders des Großen abgelöst. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. wurde Kleinasien allmählich
von den Römern erobert.
Nach der Teilung des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde Kleinasien Teil des
Oströmischen Reiches (Byzantinisches Reich), mit der Hauptstadt Konstantinopel (heute
Istanbul) auf der europäischen Seite des Bosporus genau gegenüber der Westküste Anatoliens.
Während des 11. Jahrhunderts fielen die Seldschuken in Kleinasien ein. 1055 eroberten sie
Bagdad und 1071 schlug der Seldschukensultan Alp Arslan die byzantinische Armee in der
Schlacht bei Manzikert. Im 12. Jahrhundert verwüsteten die Seldschuken große Teile Ost- und
Mittelanatoliens. Obwohl zu dieser Zeit das Hauptziel der Seldschuken nicht die Eroberung von
Byzanz, sondern die Abwehr der Fatimiden und der aus Ägypten ausgehenden heterodoxen
(von der herrschenden Lehre abweichend) schiitischen Islam war, drängten doch einige
Mitglieder der Selschukendynastie den Nomaden nach. Sie errichteten das Sultanat Rum
(Hauptstadt: Konya), das Anatolien im 12. und 13 Jahrhundert beherrschte.
Der Großteil der Nomaden, die zu den anfänglichen Siegen der Seldschuken beigetragen
hatten, wurde bald in den Westen Anatoliens abgedrängt, wo Grenzkolonien gegen die letzten
byzantinischen Abwehrstellungen aufrechterhalten wurden. Das Suttanjrt von Rum versuchte
sich am Seldschukenreich von Bagdad zu orientieren; doch die große AnzahLypn Christen
innerhalb der Reichsgrenzen und die Überlagerung einer lebendigen christlichen Tradition durch
den Islam ließen eine Sozialstruktur entstehen, die sich deutlich von der anderer islamischer
Staaten unterschied. Dieses Sozialgefüge lieferte auch die Basis für die einzigartigen
Regierungs- und Sozialsysteme der Osmanen, die sich ab dem 14. Jahrhundert allmählich
herauszukristallisieren begann.
Die Seldschuken in Bagdad und Konya wurden bald von den einfallenden Mongolen unter
Dschingts Khan besiegt: 1258 wurde Bagdad erobert. Die turkmenischen Nomadenstämme
Anatoliens bildeten in dieser Zeit der Wirren eine Reihe von Fürstentümern, die formell unter der
Oberhoheit Rums standen, aber von den Mongolen kontrolliert wurden.
l
Der Aufstieg der Osmanen
Die günstige geographische Lage seines im Nordwesten Anatoliens gelegenen kleinen
Fürstentums ermöglichte es Osman I. Ghasi, dem Gründer der osmanischen Dynastie, die
Schwäche des Byzantinischen Reiches auszunutzen und reiche Beute bei Oberfällen auf
christliches Gebiet zu machen. Er eroberte u. a. die byzantinischen Städte Eskisehir, Bilecik,
Yarhisar und Yenisehir und sein Sohn die Provinzhauptstadt Bursa (1326), Die Osmanen
kontrollierten damit das fortgeschrittene Verwaltungs-, Finanz- und Militärwesen der Provinz;
Bursa wurde ihre Hauptstadt. Allmählich gelang ihnen die Expansion ihres Reiches auf das
turkmenische Gebiet im Westen Anatoliens (siehe Osmanisches Reich).
Die Expansion des Osmanischen Reiches auf europäischem Boden begann gegen Ende der
Herrschaftszeit Orhans. Osmanische Soldaten standen auch als Söldner im Dienst von
byzantinischen Herrschern: Johannes VI. Kantakuzenos konnte sich so 1347 den Thron sichern; als
Gegenleistung durften diese osmanischen Söldner byzantinische Besitzungen in Thrakien und
Makedonien plündern, und die Tochter des Kaisers wurde mit Orhan verheiratet. Die Söldner
schlugen ihre Lager auch auf der Halbinsel Gallipoii auf, um von dort aus die noch verbleibenden
byzantinischen Besitzungen in Europa zu überfallen.
Der Ausbau des osmanischen Fürstentums in ein großes Reich, das Südosteuropa, Anatolien und
die arabische Welt umfasste, geschah zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert: Das Reich unter
Murad I. und Bayazit I. (genannt: Yildinm) erstreckte sich von der Donau bis zum Euphrat. Murads
größter militärischer Erfolg war der Sieg in der Schlacht auf dem Amselfeld im Kosovo (1389), In der
er die vereinigten Heere der Balkanvölker von Serbien, Bosnien und Bulgarien schlug. Murad selbst
fiel in der Schlacht, doch sein Sohn Bayazit führte die Armee zum Sieg und eroberte in den
nächsten Jahren einen Großteil der turkmenischen Fürstentümer Anatoliens.
Der Aufstieg der Osmanen zur führenden Macht in Anatolien stellte eine Bedrohung für das
Interessengebiet des Mongolenherrschers Tamerlan (Timur-i Läng) dar, der kurze Zeit zuvor große
Teile des heutigen Iran sowie Zentralasiens erobert hatte. Tamerlan griff 1402 die Osmanen in
Anatolien an und besiegte Bayazit.
Bayazits Enkel, Murad II., setzte in Serbien und Bulgarien osmanische Verwaltungsbeamte ein und
sicherte somit die osmanische Vorherrschaft in Europa bis zur Donau. Sein Sohn Mohammed II.
setzte diese Politik fort und besiegte die letzten noch freien christlichen Fürstentümer südlich der
Donau. Seine Eroberungen erreichten ihren Höhepunkt in der Einnahme von Konstantinopel (1453)
sowie in der Unterwerfung Anatoliens bis hin zum Euphrat. Bayazit II. beendete die
Eroberungspolitik zugunsten einer Festigung der Teile des Reiches, die von seinen Vorgängern
besetzt worden waren. Selim I. benutzte dagegen die ihm übertassenen territorialen und
verwaltungsmäßigen Machtgrundlagen, um das Mameluckenreich in Ägypten zu zerstören (1517);
außerdem eroberte er Syrien, Palästina und Arabien in einem einzigen Feldzug und gliederte so das
Kernland der alten islamischen Kalifate dem Osmanischen Reich an. Süleiman II., der Prächtige,
setzte die Expansion fort: Er überschritt die Donau, eroberte Ungarn und belagerte 1529 Wien; im
Osten eroberte er den Rest Anatoliens sowie das alte Zentrum der Abbasiden und Seldschuken im
Irak.
2
Niedergang des Osmanischen Reiches
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann in einer Reihe von Kriegen, den Türkenkriegen
und In den Russisch-Türkischen Kriegen, in denen das Osmanische Reich besiegt werden konnte,
der allmähliche Niedergang des Reiches (der so genannten orientalischen Frage), der erst mit dem
Ende des 1. Weltkrieges seinen Abschluss finden sollte.
Nach der zweiten vergeblichen Belagerung Wiens im Jahr 1683 traten die Osmanen den Rückzug
vom Balkan an. 1699 im Vertrag von Karlowitz mussten sie auch Ungarn und Siebenbürgen
aufgeben. Bis zum Frieden von Jassy (1792) hatten die Osmanen ihre Gebiete nördlich der Donau
verloren und sich von der Krim und den Gebieten östlich vom Dnjestr bis Russland zurückgezogen.
1830 erklärte sich Griechenland für unabhängig, zwischen 1833 und 1839 eroberte Muhammad Ali,
der ägyptische Vizekönig, Teile Anatoliens und das Sultanat konnte nur durch die europäischen
Großmächte vor der Auflösung bewahrt werden. Im Berliner Vertrag von 1878 wurden Rumänien,
Serbien und Montenegro unabhängig von der Türkei.
Das Osmanische Reich stagnierte in fast allen gesellschaftlichen Bereichen. Die ersten Reformen
des
Reiches
in
Verwaltung,
Armee,
Bildungsund
Rechtswesen
waren
von
Zentraiisierungsbestrebungen der Tanzimat, einer Reformbewegung zwischen 1839 und 1878, und
Liberalisierungstendenzen (mehr Rechte und Freiheiten für den Einzelnen; Gleichstellung von
Muslimen und Nichtmuslimen) bestimmt. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden
zahlreiche Reformen und eine Verfassung gefordert, die 1876 von Sultan Abd ül-Hamid II.
verkündet, aber bereits 1878 zeitweilig (Auflösung des Parlaments) wieder aufgehoben wurde. Der
Zerfall des Vielvölkerreiches konnte nicht mehr verhindert werden: Kreta, Bosnien-Herzegowina,
Bulgarien gingen verloren, bis 1885 wurden die osmanischen Besitzungen in Europa auf
Makedonien, Albanien und Thrakien reduziert. Die Türkei musste auch auf die
Herrschaftsansprüche in Nordafrika verzichten: Algerien wurde 1830 von Frankreich eingenommen
und auch Tunesien fiel 1881 vom Osmanischen Reich ab; Großbritannien besetzte Ägypten (1882),
und Italien annektierte Libyen (1912). Im Zuge der Baikankriege (1912-1913) verlor das Osmanische
Reich außer Ostthrakten alle europäischen Gebiete.
Inzwischen hatte sich eine neue politische Gruppierung von jungen türkischen Offizieren gebildet,
das Komitee für Einheit und Fortschritt, das besonders unter den Armeeoffizieren auf dem Balkan
zahlreiche Anhänger hatte. Die so genannten Jungtürken erreichten die Wiedereinsetzung der
Verfassung. Mit einem Aufstand der makedonischen Truppen begann 1908 der Staatsstreich der
Jungtürken, der mit dem Sturz des autokratischen Regimes des Sultans endete. Die Jungtürken
forderten die Trennung von Staat und Religion, setzten Reformen in Handel, Bankwesen und Armee
in Gang. Ab 1913 bildeten sie unter Enver Pascha eine Diktatur.
Während des 1. Weltkriegs ließ die Regierung des Osmanischen Reichs mehrere hunderttausend
Armenier in das östliche Anatollen deportieren. Bei den dabei vollzogenen Massakern kamen die
meisten Armenier ums Leben. Internationale Organisationen wie der Europarat bewerteten dies als
Genozid. Dies wurde von türkischen Regierungen zurückgewiesen, die die damaligen Regierungen
des Osmanischen Reichs auch vom Vorwurf der Verantwortung für das Massensterben der
armenischen Bevölkerung freisprachen.
Als Ergebnis des 1. Weltkrieges zerfiel das Osmanische Reich, das auf der Seite der Mittelmächte
stand, endgültig. Die Niederlage Deutschlands läutete das Ende ein. Zwischen
1917 und 1918 hatten die Briten mit ersten Offensiven im Irak und in Syrien begonnen. Als es
1918 zum Waffenstillstand von Mudros kam, hatte die Türkei bereits alle Gebiete mit
Ausnahme von Anatolien verloren. Im Oktober 1918 trat das jungtürkische Kabinett zurück.
Die Türkei war gezwungen, den Friedensvertrag von Sevres (1920) zu unterzeichnen, durch
den sie nicht nur die arabischen Provinzen aufgeben, sondern auch eine Teilung Anatoliens
hinnehmen mussten. Seit 1919 hatte Mustafa Kemal Atatürk den nationalen Widerstand
organisiert und 1922 die griechischen Truppen besiegt (siehe Griechisch-Türkische Kriege):
Griechenland hatte in den Friedensverträgen von Neuilly (1919) und Sevres u. a. Ostthrakien,
die nordägäischen Inseln und das Gebiet um Smyrna (heute Izmir) als Völkerbundsmandat
zugesprochen bekommen, und Italien hatte seine Ansprüche auf den Oodekanes an
Griechenland abgetreten. Das Mandat militärisch durchzusetzen scheiterte; die Türken
eroberten am 9. September 1922 Smyrna. Ein Jahr später trat die Republik der Türkei an seine
Stelle. Im Frieden von Lausanne (1923) endete die dreitausendjährige Siedlungsgeschichte der
Griechen in Kleinasien, das ebenso türkisch wurde wie Ostthrakien, die Inseln Tenedos und
Imvros; der Dodekanes wurde wieder italienisch. 1,5 Millionen Griechen wurden nach
Griechenland umgesiedelt, 500 000 Türken aus Griechenland in die Türkei.
3 Die türkische Republik
Am 1. November 1922 war die osmanische Dynastie für beendet erklärt und das Reich
aufgelöst worden. In den ersten 15 Jahren ihres Bestehens stand die türkische Republik unter
der Führung von Atatürk und gründete sich auf sechs grundlegende Prinzipien, die in der
Verfassung verankert waren: Republikanismus, basierend auf der Prämisse der
Volkssouveränität; türkischer Nationallsmus, der den Ruhm der türkischen Vergangenheit und
das Bedürfnis der Türken nach einem eigenen, nach modernen Prinzipien und ohne
Einmischung von außen geschaffenen Staat betonte; Populismus, der die Idee einer alle
wirtschaftlichen und sozialen Interessen vertretenden Großen Nationalversammlung verkörpert;
Säkularismus beziehungsweise Laizismus, der die vollständige Trennung von religiösen
muslimischen Einrichtungen und Staatsgeschäften fordert; Etatismus, der für eine staatliche
Lenkung der wichtigsten Wirtschaftssektoren sowie der übrigen Sektoren stand und eine
schnelle wirtschaftliche Entwicklung zum Ziel hatte; und Revolutionismus, der vorschrieb, dass
alle Umwälzungen sofort und in vollem Umfang durchgeführt werden müssen, damit die
Entwicklung der modernen türkischen Gesellschaft so schnell wie möglich stattfinden könne.
Die Jahre unter der Präsidentschaft Atatürks waren gekennzeichnet durch erheblichen
wirtschaftlichen Fortschritt und eine allgemeine Entwicklung des Landes. Die Türkei konnte
Strömungen, die Vergeltung forderten, verhindern und nahm enge diplomatische Beziehungen
mit ihren ehemaligen Gebieten im Balkan auf. Gleichzeitig stellte sie auch ihre laizistische
Politik in den Vordergrund und ging Bündnissen mit ihren muslimischen Nachbarstaaten im
Osten aus dem Weg.
3.1
Von der Neutralität zum Bündnis mit dem Westen
Atatürks Nachfolger im Präsidentenamt wurde 1938 sein enger Mitarbeiter Ismet Inönü, der die
Innenpolitik von Atatürk fortsetzte. Während des gesamten 2. Weltkrieges verfolgte Inönü eine
Politik der Neutralität. Erst Im Februar 1945 erklärte die Türkei Deutschland und Japan den
Krieg. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion, die Türkei zu sowjetischem Einflussgebiet zu
machen und forderte die Kontrolle über die Ostprovinzen der Türkei sowie über die Meerengen.
Daraufhin akzeptierte die Türkei die von dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman
angebotenen Unterstützungsmaßnahmen und ging enge militärische und wirtschaftliche
Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ein. 1952 trat die Türkei dem Nordatlantischen
Verteidigungspakt (Wort/7 Atlantic Treaty Organization; NATO) bei.
Inönü leitete innenpolitisch zu dieser Zeit eine allgemeine Demokratisierung des Landes ein: u. a.
wurden jetzt auch Oppositionsparteien zugelassen. Bei den Wahlen 1950 siegte die Demokratische
Partei, die sich für eine stärkere Liberalisierung der Wirtschaft einsetzte.
Unter Vorsitz von Präsident Celäl Bayar, in Verbindung mit Ministerpräsident Adnan Menderes und
Außenminister Fuat Köprülü, war die Demokratische Partei von 1950 bis 1960 die führende
politische Kraft der Türkei. In dieser Zeit erlebte die Wirtschaft des Landes einen raschen
Aufschwung, aber auch starke soziale Spannungen. 1960 wurde die Regierung in einem unblutigen
Militärputsch durch General Cemal Gürsel gestürzt. Menderes und einige andere Politiker wurden
der Korruption beschuldigt, zum Tod verurteilt und 1961 gehängt. Die neue Verfassung orientierte
sich an wirtschaftlichen und sozialen Vorstellungen anderer demokratischer Staaten.
Die politischen Parteien hatten sich in zwei große Lager gespalten: in die Republikanische
Volkspartei und die Gerechtigkeitspartei. Die Republikanische Volkspartei war unter ihrem Führer
Bülent Ecevit sozialdemokratisch ausgerichtet, die Gerechtigkeitspartei unter Süleiman Demirel
stand in der Tradition Atatürks. Daneben gab es noch mehrere kleinere (kommunistische und
sozialistische, nationale und islamistische) Parteien. Auch die seit 1950 existierenden
Gewerkschaften schlössen sich zu linken bzw. rechten Dachverbänden zusammen. Die Türk Iş
vereinigte in sich rechtsorientierte Gewerkschafter, und im Bund Fortschrittlicher Gewerkschaften
waren kommunistische und andere linke Arbeitnehmer organisiert. In der Mitte der sechziger Jahre
übten beide Organisationen einen großen Einfluss auf viele gesellschaftliche Bereiche aus.
Die Verfassung von 1961 erschwerte eine Mehrheitsbildung, und die politischen
Auseinandersetzungen verlagerten sich mehr und mehr auf die Straße. In dieser Phase politischer
Instabilität entwickelten sich rechts- wie linksgerichtete, zum Teil gewaltbereite Gruppen, die
Terrorakte verübten. 1971 intervenierte das türkische Militär erneut, das aber bereits wieder 1972
eine zivile Regierung installierte. Die innenpolitischen Spannungen, vor allem aufgrund der
schlechten Wirtschaftslage, nahmen aber nicht ab, sondern zu. Es wurde der nationale Notstand
ausgerufen, und es kam zu brutalen Unterdrückungsmaßnahmen der staatlichen Sicherheitskräfte.
Außenpolitisch war es 1974 zu einer größeren Krise gekommen, als die Türkei als Antwort auf einen
von Griechenland inszenierten Putsch, bei dem sich Zypern zur selbständigen Republik erklärt
hatte, das nördliche Drittel der Insel besetzte und eine „Türkische Republik Nordzypern" ausrief, die
aber international nicht anerkannt wurde. Die Vereinigten Staaten stellten nach dem Einmarsch auf
Zypern ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei ein, worauf wiederum die
Türkei mit der vorübergehenden Schließung aller amerikanischen Stützpunkte im Land reagierte.
Die türkischen Truppen blieben im Norden Zyperns stationiert; die Türkei unterstützte weiterhin eine
türkisch-zypriotische Regierung.
3.2
Der Staatsstreich von 1980
Die Regierung von Süleiman Demirel (1979-1980) behielt außenpolitisch die enge Bindung an den
Westen bei, scheiterte aber in der Innen- und Wirtschaftspolitik. Da sich die Situation nicht änderte,
verübten Extremisten rechter und linker Gruppen weiterhin Terrorakte. Am 12. September 1980
putschte die Armee unter der Führung des Generalstabchefs Kenan Evren. Als Staatspräsident und
Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (Admiral Bülent Ulusu wurde Ministerpräsident) setzte
er die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. Alle politischen Aktivitäten wurden
untersagt, Tausende verhaftet und die Presse zensiert.
3.3
Zivilregierungen
Die neue Verfassung, die 1982 in einem Referendum angenommen wurde, schrieb die
„demokratisch legitimierte" politische Machtposition des Militärs fest. Evren wurde im selben Jahr mit
90,6 Prozent der Stimmen für eine siebenjährige Amtszeit zum Staatspräsidenten gewählt; 1983
gab er seine militärischen Funktionen auf. Aus der Stichwahl bei den Partamentswahlen im
November 1983 ging die konservative Mutterlandspartei (die Armee hatte eine rechtsgerichtete
Gruppierung unterstützt) als Siegerin hervor, und ihr Vorsitzender Turgut Özal wurde
Regierungschef. 1989 wurde Özal zum ersten zivilen Staatsoberhaupt seit 1960 gewählt, und
Yildtnm Akbulut übernahm das Amt des Ministerpräsidenten (Regierungschefs). Akbuluts Nachfolger
wurde 1991 Mesut Yilmaz, der wurde wiederum 1993 von Tansu Qller, einer
Wirtschaftswissenschaftlerin, die an der Spitze der Partei des Rechten Weges (DYP) stand,
abgelöst.
Während des Golfkrieges 1991 unterstützte die Türkei die Alliierten, entsandte aber keine eigenen
Truppen. Nach Ende des Golfkrieges flüchteten Hunderttausende Kurden nach einem erfolglosen
Aufstand gegen die irakische Regierung in das kurdische Siedlungsgebiet in der Türkei. Viele
wurden in der Nähe der Grenze vorübergehend unter den Schutz alliierter Truppenverbände
gestellt. In dieser im Südosten der Türkei gelegenen Region herrscht seit 1984 Bürgerkrieg. Alle
bisherigen türkischen Regierungen haben die Autonomiebestrebungen der 15 Millionen Kurden
massiv mit militärischen Mitteln bekämpft. Der politische und militärische Arm der
Unabhängigkeitsbewegung ist die Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistan; PKK). Bei
den Kämpfen sind bis 1994 über 14 000 Menschen getötet worden.
Im März 1995 verkündete die Regierung von Tansu Ciller die Absicht, die PKK zu vernichten, und
nahm den größten jemals gestarteten Angriff gegen die Rebellen auf, wobei die türkische Armee 40
Kilometer in die von den Vereinten Nationen ausgewiesene Schutzzone des Kurdengebiets im
Nordosten des Irak eindrang. Zur selben Zeit versuchte Tansu QHers Regierung, liberalere Gesetze
zu verabschieden, um die kurdischen Nationalisten wieder in die politische Struktur eingliedern und
die kurdischen Schulen wieder öffnen zu können.
Die Regierungen der westlichen Länder kritisieren weiterhin die aus der Türkei gemeldeten
Menschenrechtsverletzungen, die im Bericht des amerikanischen Außenministeriums vom Februar
1995 zusammengefasst waren, und verurteilen das Verschwinden und die Ermordung
von Kurden sowie die fortgesetzte Schikanierung, Einschüchterung und Inhaftierung von
Menschenrechtsbeobachtem, Journalisten, Rechtsanwälten und Wissenschaftlern.
Am 24. Dezember 1995 fanden die türkischen Parlamentswahlen statt. Aus diesen Wahlen ging
erstmals in der Geschichte der modernen Türkei mit der Wohlfahrtspartei (RP) eine islamistische
Partei als stärkste politische Kraft hervor. Die Partei des Rechten Weges (DYP) wurde zweitstärkste,
die national-liberale Mutterlandspartei (ANAP) drittstärkste Partei. Für eine Regierungsbildung fand
die RP keinen Koalitionspartner. Der ANAP-Vorsitzende Mesut Yllmaz und Tansu Qller
unterzeichneten ein Koalitionsprotokoll. Yllmaz übernahm im März 1996 das Amt des
Ministerpräsidenten, trat aber nach einem Misstrauensvotum im Juni zurück. Präsident Demirel
erteilte daraufhin Necmettin Erbakan, dem Vorsitzenden der Wohlfahrtspartei, den Auftrag zur
Bildung einer neuen Regierung. Tansu Qller, deren Partei DYP mit der RP die Regierungskoalition
bildet, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin und Außenministerin. Erbakan und Qller
verständigten sich auf eine gemeinsame Regierung, die zuerst von Erbakan, später von Qiller
geführt werden sollte.
Im Juni 1997 trat, nachdem seine Partei die Mehrheit im Parlament verloren hatte, Ministerpräsident
Erbakan zurück. Daraufhin beauftragte Demirel den Oppositionspolitiker Mesut Yilmaz von der
Mutterlandspartei mit der Regierungsbildung. Yilmaz führte eine Regierungskoalition seiner Partei
mit der Partei für eine demokratische Türkei und der Demokratischen Partei der Linken. Zu den
erklärten Zielen der neuen Regierung gehört das entschiedene Vorgehen gegen Islamisten und
kurdische Separatisten sowie die baldige Aufnahme in die EU, die der Türkei aber von zahlreichen
Mitgliedsstaaten derzeit noch wegen Menschenrechtsverletzungen verwehrt wird.
Nachdem Mesut Yilmaz im November 1998 wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament gestürzt
worden war, amtierte in der Türkei nur eine geschäftsführende Regierung. Der designierte türkische
Ministerpräsident Yalim Erez gab Anfang Januar 1999 den Auftrag zur Regierungsbildung an
Staatspräsident Süleyman Demirel zurück. Daraufhin bildete der Sozialdemokrat und ehemalige
Ministerpräsident Bülent Ecevit am 11. Januar eine Minderheitsund Übergangsregierung mit
Vollmachten bis zu den nächsten Parlamentswahlen, die am 18. April 1999 stattfanden. Ecevit
bildete nach diesen um ein Jahr vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung eine Koalition aus
Demokratischer Partei der Linken (DSP), Partei der nationalen Bewegung (MHP) und
Mutterlandspartet (ANAP). Das Regierungsbündnis von Ministerpräsident Ecevit verfügt im
Parlament über 351 der 550 Sitze.
Im Januar 2000 einigten sich Aserbaidshan, Georgien und die Türkei auf den Bau einer Erdölleitung
vom Kaspischen Meer zum Mittelmeer. Die l 730 Kilometer lange Leitung soll von Baku in
Aserbaidshan über Georgien bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan angelegt werden.
Die Große Nationalversammlung wählte am 5. Mai 2000 Ahmet Necdet Sezer zum neuen
Staatsoberhaupt der Türkei, nachdem der amtierende Präsident Süleiman Demirel nach
siebenjähriger Amtszeit nicht wieder kandidieren durfte. Die Regierungschefs der Türkei und
Russlands, Bülent Ecevit und Michail Kasjanow, einigten sich im Oktober 2000 auf eine
Zusammenarbeit beider Staaten in der Energie- und in der Rüstungspolitik.
Tür|ke, der; -n, -n [2: viell. nach älter Türke = eingedrillte Gefechtsübung, dann: staatliche
Maßnahme, die in der österreichisch-ungarischen Monarchie unter Ausnutzung der Furcht vor
den Türkeneinfällen getroffen wurde]: 1. Ew.: wir hatten Hunger und beschlossen, zum -n (ugs.;
in ein türkisches Restaurant) zu gehen. 2. (oft als diskriminierend empfunden) a) (ugs.) etw.,
was dazu dient, etwas nicht Vorhandenes, einen nicht existierenden Sachverhalt vorzuspiegeln:
ein grandioser T.; *einen -n bauen/(veraltend:) stellen (etw. in der Absicht, jmdn. zu täuschen,
als wirklich, als echt hinstellen); b) (Ferns., Rundf. Jargon) wie eine dokumentarische Aufnahme
präsentierte, in Wahrheit aber nachgestellte Aufnahme: die Szene war ein T.
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001. [CD-ROM].
tür|ken <sw. V.; hat> (ugs.; oft als diskriminierend empfunden): fingieren, fälschen: ein
Interview t.; getürkte Autounfälle.
© Duden deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001. [CD-ROM].
SYMBOLE UND IHRE BEDEUTUNGEN
Die Zahl Sieben:
Besonders in der Tradition Westasiens ist die Sieben eine heilige, mystische und Magische Zahl.
Sie Symbolisiert die kosmische und spirituelle Ordnung und Vollendung eines natürlichen
Zyklus :
1 Sieben Wochentage
2 Vier siebentägigen Phasen des Mondes, aus denen der 28-tägige Mondkalender besteht.
3 In der Bibel ist der siebte Tag von Gott gesegnet.
4 Im Judentum gibt es sieben Feste und Reinigungen, jedes siebte Jahr ist ein Sabbatjahr
und man spricht von sieben Pfeilern der Weisheit ( ).
5 Im Islam, wo die Zahl Sieben die Vollkommenheit symbolisiert, gibt es sieben Himmel,
Erden, Meere, Höllen und Tore zum Paradies. In Mekka gehen die Pilger sieben mal um
die Kaaba.
Die Zahl Vierzig:
Die höchste Zahl von gröerem symbolischem Gewicht ist die Vierzig.
In der Jüdisch-christlichen wie in der islamischen Tradition definiert sie bedeutsame Perioden
der spirituellen Vorbereitung, der Erprobung, der Reinigung, der Bue, des Wartens und Fastens.
Ein Bezug ist die uralte Vorstellung, der Sterbeprozess sei erst nach vierzig Tagen vollkommen
abgeschlossen. Die römer hielten die Todesmahlzeit daher am vierzigsten Tag nach dem
Todesfall ab.
Der Begriff „Quarantäne“ ist von der vierzig tägigen Wartefrist abgeleitet, die der Hafen von
Marseille im 14.Jh. allen Schiffen auferlegte, die aus Seuchenländern kamen.
In der frühen Geschichtsschreibung wird die Vierzig eher als symbolische denn als präzise Zahl
verwendet;
1
2
3
4
5
In der Bibel dauert die Sintflut vierzig Tage und Nächte,
Die Israeliten wandern vierzig Jahre durch die Wüste,
Moses verbringt vierzig Tage und Nächte auf dem Berg Sinai,
David und Solomo regieren je vierzig Jahre,
Jesus verbringt vierzig Tage fastend in der Wüste(ebenso lange dauert die Fastenzeit des
Kirchenjahres); er prädigt vierzig Monate und fährt vierzig Tage nach seiner
Auferstehung in den Himmel.
6 Mohammed soll im Alter von vierzig Jahren von Gott berufen worden sein.
Berühmte Persönlichkeiten aus Anatolien
1 HOMER aus Smyrna (İzmir)
(Epischer Dichter aus der Antike, Dichter der Ilias und Odyssee)
2 HERODOD aus Halikarnassos
(Vater der Geschichtsschreibung)
3 AESOP aus Phrygia (Kütahya)
(Berühmter Fabelerzähler, ehemaliger Sklave aus dem
6.Jh.v.Chr.)
4 HİPPODAMUS aus Miletos (Milet)
(Philosoph und erster Städteplaner aus Anatolien)
5 Hl. PAULUS aus Tarsos (Tarsus)
6 Hl. NIKOLAUS aus Myra (Derme)
Atatürk, Mustafa Kemal
EINLEITUNG
Atatürk, Mustafa Kemal (1881-1938), türkischer Soldat, nationalistischer Führer und
Staatsmann, gründete die Republik Türkei und war ihr erster Präsident (1923-1938). Den
Namen Atatürk („Vater der Türken") verlieh ihm 1934 die Große Nationalversammlung als
Anerkennung für seine herausragenden Dienste für die türkische Nation. Atatürk wurde am
12. März 1881 in Saloniki (heute Thessaloniki, Griechenland) als Sohn eines einfachen
Beamten und Holzhändlers geboren. Als Atatürk fünf Jahre alt war, ging er auf die
Militärschulen in Saloniki und Monastir, Zentren des antitürkischen, griechischen und
slawischen Nationalismus. Ab 1899 besuchte er die Militärakademie in Istanbul, die er im
Januar 1905 als Stabshauptmann abschloss.
2
SOLDAT UND REVOLUTIONÄR
Wegen seiner Aktivitäten in der geheimen Jungtürkenbewegung, die sich gegen die
autokratische Regierung des Osmanischen Reiches richtete, wurde Atatürk in Syrien
stationiert, was praktisch einem Exil gleichkam. Dort gründete er 1906 die geheime
Vaterlands- und Freiheitsgesellschaft. Nachdem er im darauf folgenden Jahr nach Saloniki
versetzt worden war, schloss er sich dem Komitee für Vereinigung und Fortschritt (KVP) an,
das für die Jungtürkenrevolution im Juli 1908 verantwortlich war. Er gehörte jedoch nicht
zum inneren Kreis des KVP und spielte deshalb in der Revolution kaum eine Rolle.
Atatürk kämpfte in Libyen gegen Italien (1911-1912) und wurde im November 1911 zum
Major befördert. Während der Balkankriege (1912-1913) organisierte er die Verteidigung der
Dardanellen und wurde im Oktober 1913 Militärattache in Bulgarien. Während des 1.
Weltkrieges, in dem die Türkei an der Seite Deutschlands kämpfte, machte sich Atatürk
militärisch in der Gailipoli-Kampagne (1915) einen Namen, wo er bei der Abwehr der
Alliierten eine entscheidende Rolle spielte. Danach diente er im Kaukasus und in Syrien.
Dort gab man ihm kurz vor Unterzeichnung des Waffenstillstands im Oktober 1918 das
Kommando über eine Spezialeinheit der Armee. Als er nach Istanbul zurückkehrte,
beobachtete er mit Sorge, wie die alliierten Siegermächte die Aufteilung Anatoliens
vorbereiteten.
Die griechische Armee besetzte Izmir an der anatolischen Küste am 15. Mai 1919 und
beging ein Massaker an der Bevölkerung. Atatürk, der zum Inspekteur der Dritten Armee In
Anatolien ernannt worden war, begann sofort, die türkische Nationalbewegung zu einigen
und eine Verteidigungsarmee aufzustellen. Zunächst mussten die Nationalisten jedoch
gegen das Regime des osmanischen Sultans in Istanbul kämpfen, der anscheinend die
Aufteilung des Staatsgebiets akzeptieren wollte. 1920 war die Regierung in Istanbul
schließlich völlig in Misskredit geraten, weil sie die Besetzung der Hauptstadt durch die
Alliierten zuließ und den Friedensvertrag von Sevres unterzeichnete, der Teile Anatoliens
unter griechische Kontrolle stellte. In der Zwischenzeit hatte Atatürk im April 1920 eine
provisorische Regierung in Ankara gebildet. Nach anfänglichen Rückschlägen gewann er
entscheidende Schlachten gegen die griechischen Truppen bei Sakarya (August 1921) und
Dumlupinar (August 1922) und zog im September in Izmir ein.
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FÜHRER DES VOLKES
Nachdem Atatürk mit der Bedrohung von außen fertig geworden war, konnte er sich der inneren
zuwenden, die von den konservativen Kräften um den Sultan ausging. Am 1. November 1922 wurde
das Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober 1923 die Republik ausgerufen; Atatürk wurde ihr
erster Präsident. Er gründete im August 1923 die Volkspartei (wurde 1924 in Republikanische
Volkspartei umbenannt) und baute eine Ein-Parteien-Regierung auf, die mit Ausnahme zweier
kurzer Experimente mit Oppositionsparteien (1924-1925 und 1930) bis 1945 Bestand hatte.
Mit Hilfe seines enormen Ansehens und seiner Ausstrahlung konnte Atatürk weit reichende
Reformprogramme durchsetzen und so einen modernen und weltlichen Staat schaffen. Zu den
Reformen gehörten: die Abschaffung des Kalifats, also der religiösen Herrschaftsgewalt der Sultane,
und anderer islamischer Einrichtungen; die Einführung von Gesetzen, Kleidung und Kalender nach
westlichem Vorbild sowie der Gebrauch des lateinischen Alphabets. Des Weiteren wurde die
Verfassungsklausel, die den Islam als Staatsreligion festlegte, aufgehoben (1928). Die Ideologie des
Regimes, als Kemallsmus oder Atatürkismus bezeichnet, wurde 1931 formuliert und gründete auf
sechs Prinzipien: RepujaiiJjajTisjmis, Nationalismus, Populismus, Dirigismus, Säkularismus und
Revolutionismus. 1919 war Atatürk noch Erster unter Gleichen, doch bereits 1926 hatte er alle
politischen Gegner ausgeschaltet, wobei ihm eine angebliche Verschwörung gegen ihn als
Begründung diente. Obwohl er als Autokrat regierte, stützte sich sein Regime praktisch auf eine
Allianz aus ziviler und militärischer Bürokratie, dem neu aufgekommenen Bürgertum und den
Landbesitzern.
Atatürks vorrangiges Ziel war es, sein Volk vor Erniedrigungen zu bewahren und die Türkei in eine
moderne Nation des 20. Jahrhunderts umzuwandeln. Dieses Ziel verfolgte er mit absoluter
Entschlossenheit und mit politischem Gespür. Sein vielleicht wichtigster Wesenszug war der
politische Realismus. So konnte Atatürk seine Reformen ohne verheerende Abenteuer durchführen
und die Türkei in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Atatürk starb in Istanbul am 10. November
1938.
ANADOLU
Anatolien
Griechisch: anatole "Sonnenaufgang, Osten" entspricht lat. oriens
Spätrömisch: praefectus praetorio per Orientem;
comes Orientis, griech.: komes tes Anatoles;
(milites) Orientales, griech.: Anatolikoi
Byzantinische Themen: Anatolikon, Armeniakon, Opsilion etc.
Arabische Geographen und Historiker des 9. und 10. Jh.: al-natulus, al-na.tulik
Türkisch: Anadolu
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