Die Türkei Geographische Merkmale: 1 Gesamtfläche : 780.567 km² 2 Grenzen: Mittelmeer , Ägeische und Schwarze Meer, Grichenland, Bulgarien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Iran, Irak und Syrien. 3 3% der Fläche liegt in Europa(Thrakien), 4 Südöstlich der Dardanellen und des Bosporus erstreckt sich die Halbinsel, die wir als Kleinasien oder Anatolien kennen. 5 8.210 km ihrer Grenze sind Küstengebiete, an die sich fruchtbare Ebenen anschließen, die dann aber bald in das Trockene Hochland übergehen. 6 Durchschnittliche Höhe über dem Meeresspiegel: 1100 m Insgesamt 19 Berggipfel erreichen eine Höhe von über 3500 m, Darunter der höchste Berg der Türkei, der Ararat mit 5.165 m. 1 Es gibt in der Türkei vier grosse Seen : Vansee = 3.738 km² Tuzsee = 1.642 km² Beyşehirsee = 650 km² Eğirdirsee = 486 km² 2 Von den bedeutenden Flüssen der Türkei waren einige auch in der Antike bekannt: Der 1150 km lange Halys (Heutige Kızılırmak) Euphrat (Fırat) Tigris (Dicle) Araxes (Aras) Sangarius (Sakarya) Mäander (B.Menderes) Sarus und Pyramus (Seyhan / Ceyhan) Klima: Das Land umfasst drei Zonen eines gemäßigten Klimas: 3 Mittelmeerklima im Süden 4 Regnerische Schwarmeerklima im Norden 5 Steppenklima im anatolischen Hochland. Bevölkerung: 1 67.8 Mio. Einwohner (2000) 2 Bevölkerungsdichte : 88 Menschen je km². 3 Bev.-Wachstum/Jahr: (in %) : 1,5 4 Kindersterblichkeit: (in %) : 4,5 5 Einwohner pro Arzt: 1176 6 Ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung: Türken 80-88%; Kurden 10-20%; Araber 1.5%; andere 0.3% Hauptstadt: Ankara (3,2 Mio Ew. 2000) Die wichtigsten Städte, geordnet nach ihrer Einwohnerzahl, sind: 1. Istanbul 8,8 Mio 2. Ankara 3,2 Mio 3. Izmir 2,3 Mio 4. Bursa 1,2 Mio 5. Adana 1,1 Mio 6. Gaziantep 862.000 7. Konya 761.000 8. Antalya 606.000 9. Diyarbakır 551.000 10. Mersin 544.000 Staatsform : 1 Die Türkei ist ein Republik mit Einkammerparlament und wurde am 29. Oktober 1923 gegründet. Ihr erster Präsident, Mustafa Kemal Atatürk, wurde nach dem Sturz des osmanischen Reiches vom Parlament gewählt. 2 An der Spitze des Staates steht der Staatspräsident, der auf sieben Jahre in geheimer Wahl mit einer 2/3 Mehrheit der Abgeordneten bestimmt wird. 3 Die 550 Abgeordneten werden für fünf Jahre vom Volk gewählt. (Wahlrecht für Frauen und Männer ab 18 Jahren) 4 Die türkische Regierung wird durch den Ministerpräsidenten, der vom Staatspräsidenten ernannt wird, und seinen Ministern gebildet. Offizielle Landessprache: Türkisch (Daneben wird auch Kurdisch, Arabisch und Armenisch gesprochen) Staatsreligion : Keine Seit osmanischer Zeit mehrheitlich Moslems(heute ca. 99%): Vor allem Hanefiten(sunnitisch, “orthodoxe” ausrichtung des Islam) Ca. 15-20 Mio. Aleviten (schiitische “heterodoxe” Ausrichtung des Islam). Nicht-muslimische Konfessionen: Armenier : ca. 70.000 Grichisch-Orthodoxe: max. 3. 000 Juden : ca. 25.000 Römisch-katholisch und mit Rom unierte Kirchen: max. 20.000 Syrisch-Orthodoxe: ca. 15.000 Verwaltung: Das Land ist in 81 Provinzen aufgeteilt, denen ein Gouverneur vorsteht. Die Städte werden von Bürgermeistern , Magistratsausschüssen und Bürgerausschüssen verwaltet. Dem Dorf steht ein Dorfsbürgermeister (Muhtar) vor. Medien: Insgesamt 280 Fernsehsender (darunter 6 Sttaatlich) , ca. 3.500 Rundfunksender (Regional und überregional) 57 Tageszeitungen mit 6,8 Mio Exemplaren. Auf 1000 Einwohner kommen 180 Radios, 286 Fernseher, 264 Telefone, 117 Handys, 1,7 Faxe, 23,2 PCs und 1,16 Internetzugänge. Gesamtgröße der Armee: Allgemeine Wehrpflicht von 18 Monaten. Die Streitkräfte der Türkei gehören mit 639,000 Mann (Heer 82,2%; Marine 8%; Luftwaffe 9,8%) zu den größten der Welt. 378.000 Reservisten. Daneben Gendarmerie mit 180.000 Mann und einer Reserve von 50.000 Mann. Anteil des Militärbudgets am Staatshaushalt 17,6%. Anteil der Militärausgaben am Bruttosozialprodukt: 4,1% (Weltdurchschnitt 2,8%) Bruttosozialprodukt (2000) : 202 Mrd. US-Dollar Pro-Kopf-BIP (2000) : 3.200,- US-Dollar Jahresinflationsrate: 83 % Wichtigste Außenhandelspartner: Export Deutschland, USA, Großbritannien, Italien, Frankreich, GUS, Import Deutschland, Italien, USA, Frankreich, Großbritannien, GUS, Japan Ausfuhrgüter: Textilien, Obst, Gemüse, Eisen, Stahl, Elektrogeräte, Baumwolle Einfuhrgüter: Maschinen, Erdöl, Elektrogeräte, Eisen, Stahl, Fahrzeuge, chemische Erzeugnisse Industrie: Textilien, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung, Bergbau, Eisen und Stahl, Erdölraffination, chemische Erzeugnisse, Zement, Dünger Rohstoffe: Kohle, Schwefelsäure, Bauxit Mangan, Chrom, Quecksilber, Kupfer, Borat, Zink, Eisenerz Tourismus: 11,6 Mio. Touristen (2001) (Deutsche:25%, Engländer:7%, Russen:6,5%, Holländer:5,5%, Bulgaren:4,7%, Franzosen:4,5%, Amerikaner:3,7%, Österreicher:3,1%, Iraner:2,8%, İtaliener: 2,7%) 10 Mrd. US-Dollar Einkommen. Bildungssystem: 1 Die Schulpflicht beträgt in der Türkei 8 Jahre. 2 Mit 6 Jahren werden die Kinder eingeschult und müssen eine 5 jährige Grund- und eine 3 Jährige Mittelschule besuchen. 3 Die weiterführende Schulbildung besteht aus drei Jahre Gymnasium oder Berufsschule 4 Von der staatlichen Grundschule bis zum Universitätsstudium ist die Ausbildung kostenlos 5 Die Studiengebühren an den Privaten Universitäten betragen zwichen 5.000 und 12.000 US-Dollar pro Jahr. 6 Die Berechtigung zum Studium wird über eine zentraldurchgeführte Aufnahmeprüfung erlangt. 7 53 staatliche und 18 staatlich anerkannte private Stiftungsuniversitäten bieten jährlich 270.000 Studienplätze. 8 1,5 Mio Studenten und 64.000 Akademische Lehrkräfte. 9 64.200 Schulen, 15 Mio. Schüler, 526.000 Lehrer. 10 Nur 180 Schultage im Jahr(EU-Länder:230 Tage). 11 In den staatlichen Grund-und Hauptschulen befinden sich in einer Klasse durchschnittlich 40 Schüler. 12 Es wird in allen Schulen Schuluniform getragen. Es soll die sozialen Unterschiede verdecken. 13 Das Tragen von Kopftüchern ist ausser an Priester-Prädigerschulen(İmam-Hatip) untersagt. 14 Immer noch 13% Analphabeten. 15 Ca. 10% des Staatshaushalts wird für die Bildung ausgesetzt. Atatürks Reformen: 1922 Ende des osmanischen Reiches. Abschaffung des Sultanats. 1923 Ausrufung der Republik durch Mustafa Kemal Atatürk 1924 1.Verfassung: Modernisierung von Zivil- und Strafrecht(nach Schweizer und Italienischer Vorbild). 1924 Abschaffung des Kalifats. 1925 Kleiderreform: Verbot des Schleiers und Fes. 1925 Die Europäische Zeitrechnung erlangt Gültigkeit. 1927 Einführung des lateinischen Alphabets. 1928 Verbot der Heirat mit mehreren Frauen. 1928 Abschaffung des Islam als Staatsreligion. 1931 Die Übernahme des metrischen Systems. 1934 Die Einführung des Frauenwahlrechts. Türken Türken, Staatsangehörige der Türkei. In ethnischer Hinsicht stellen die Türken heute ein Mischvolk dar. Ursprünglich siedelten die Turkvölker in Mittelasien (siehe Turkestan), von wo aus im 11. Jahrhundert n. Chr. die Seldschuken nach Kleinasien vorstießen und zur islamischen Vormacht aufstiegen. Bereits zu dieser Zeit setzte die Vermischung mit Griechen, Kurden, Armeniern, Syrern, Georgiern und anderen Ethnien Klein- und Vorderasiens ein. Die türkische Sprache, zur altaischen Sprachfamilie gehörend, nahm fremde Einflüsse auf. Unter den osmanischen Türken wurde das weit gespannte Osmanische Reich errichtet, und Türken verbreiteten sich auf dem Balkan und im Mittelmeerraum bis nach Afrika. Aus westlicher Sicht wurde die türkische Expansion durch die so genannten Türkenkriege gestoppt, doch finden sich türkischstämmige Bevölkerungsgruppen in vielen Teilen des ehemaligen Osmanischen Reiches. Sei^dej. Gründung der modernen Türkei orientieren sich viele Türken an Europa, wenngleich der islamischen Fundamentalismus auch in der Türkei zahlreiche Anhänger gefunden hat. Bedeutende türkische Bevölkerungsanteile finden sich gegenwärtig u. a. in Deutschland sowie auf Zypern. Die Türkei selbst hat rund 61 Millionen Einwohner. Turkvölker Turkvölker, Sammelbezeichnung für zahlreiche west- und zentralasiatische Völker, deren Angehörige eine der Turksprachen sprechen. Nach sprachlichen Kriterien unterteilt sind dies u. a. im Südwesten des Verbreitungsgebiets die Türkeitürken, Turkmenen, Aserbaidshaner und Gagausen, im Südosten die Uiguren und Usbeken, im Nordwesten die Baschkiren, Tataren, Kasachen und Kirgisen sowie im Nordosten die Tuwiner, Schoren und andere. Eine sprachliche Sonderstellung nehmen die Jakuten und Tschuwaschen ein. In chinesischen Quellen wird der Begriff Türken (Tttfug^erstmals als Bezeichnung für Ethnien verwendet, deren ursprüngliches Siedlungsgebiet vermutlich im Altai lag. Diese erricMeteTrim 6. Jahrhundert das erste der so genannten alttürkischen Reiche, dessen Herrschaftsgebiet sich von der Mongolei bis zum Aralsee erstreckte. Nach seinem Zusammenbruch kam es gegen Mitte des 7. Jahrhunderts unter die Herrschaft der chinesischen Tang-Dynastie. Ende des 7. Jahrhunderts befreiten sich die Türken jedoch von der chinesischen Oberhoheit und gründeten das zweite alttürkische Reich, das Mitte des 8. Jahrhunderts von den Uiguren erobert wurde. In der Folgezeit verbreiteten sich die Alttürken sowie die Turksprachen durch Handel, nomadisierende Viehzucht und militärische Eroberungen über weite Bereiche West- und Zentralasiens; als ein wichtiger integrativer Faktor kam später der Islam hinzu, der ab dem 11. Jahrhundert nach und nach in unterschiedlicher Ausprägung übernommen wurde. Grundlegende soziopolitische, wirtschaftliche und religiöse Veränderungen lösten bei zahlreichen Turkvölkern auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sowie der Volksrepublik China die russische Kolonialisierung und anschließende sowjetische Herrschaft sowie die chinesische Oberhoheit aus. 1. EINLEITUNG 2. LAND l. Physische Geographie 2. Flüsse und Seen 3. Klima 4. Flora und Fauna 3. BEVÖLKERUNG 1. Wichtige Städte 2. Sprache 3. Religion 1. Feiertage 4. Soziales 4. BILDUNG UND KULTUR 1. Bildung und Schulwesen 2. Kultureinrichtungen 3. Kunst 4, Medien 5. VERWALTUNG UND POLITIK 1. Legislative 2. Exekutive 3. Judikative 4. Kommunalverwaltung 5. Politische Parteien 6. Verteidigung 6. WIRTSCHAFT 1. Wirtschaftskrise 2000/2001 2. Landwirtschaft 3. Forstwirtschaft und Fischerei 4. Bergbau 5. Industrie 6. Verkehrswesen 7. Währung und Bankwesen 8. Außenhandel 9. Energie 7 GESCHICHTE 1. Der Aufstieg der Osmanen 2. Niedergang des Osmanischen Reiches 3, Die türkische Republik 1. Von der Neutralität zum Bündnis mit dem Westen 2. Der Staatsstreich von 1980 3. Zivilregierungen Türkei EINLEITUNG Türkei, amtlich Republik Türkei (türkisch Türkiye Cumhuriyeti); Republik in Vorderasien und Südosteuropa. Das Staatsgebiet grenzt im Nordwesten an Bulgarien und Griechenland, im Norden an das Schwarze Meer, im Nordosten an Georgien und Armenien, im Osten an den Iran, im Süden an den Irak, an Syrien und an das Mittelmeer sowie im Westen an das Ägäische Meer. Die Hauptstadt der Türkei ist Ankara. Die moderne Republik Türkei ist ein Teil des ehemaligen Osmanischen Reiches und wurde 1923 nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches in der Folge des 1. Weltkrieges von Mustafa Kemal Atatürk gegründet. 2 LAND Der überwiegende Teil der Türkei erstreckt sich auf asiatischem Gebiet zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Der türkische Teil von Thrakien bildet den europäischen Anteil des Landes und umfasst rund drei Prozent der Gesamtfläche. Die Meerengen Dardanellen und Bosporus sowie das zwischen ihnen liegende Marmarameer trennen den europäischen Teil der Türkei vom asiatischen. Innerhalb der Grenzen der Türkei liegen mehrere seismische Zonen; dadurch kommt es im Land häufig zu Erdbeben. Die Gesamtfläche des Landes umfasst 779 452 Quadratkilometer. l Physische Geographie Die Türkei kann in sieben Landschaftsräume untergliedert werden: Thrakien und die an das Marmarameer angrenzenden Gebiete, die Regionen am Ägäischen Meer und am Mittelmeer, das Gebiet am Schwarzen Meer, Westanatolien, das inneranatolische Hochland, das Gebirgsland im Osten des Landes und Südostanatolien. Thrakien und die Gebiete am Marmarameer werden im Landesinneren von einem flachwelligen Hügelland eingenommen. Es ist fruchtbar und wird von zahlreichen Wasserläufen durchzogen. Trotzdem wird nur etwa ein Viertel der Region als Ackerland genutzt. Im Ostteil dieses Gebiets erhebt sich der Uludag" (in der Antike Mysischer oder Bithyrischer Olymp) bis 2 543 Meter. Von den schmalen und hügeligen Küstengebieten am Ägäischen Meer und am Mittelmeer wird nur rund ein Fünftel als Ackertand bewirtschaftet. Im Osten davon, in der Ebene Cukurova, liegt das größte Baumwollanbaugebiet der Türkei. Diese Region ist mit dem Landesinneren durch die Killkjsche Pforte (Külek Bog"azi) im Taurus verbunden. Die anatolische Küstenregion ist überwiegend schmal; sie erhebt sich direkt von der Schwarzmeerküste zum Pontischen Gebirge. Auf Grund der steilen Berghänge werden nur etwa 16 Prozent des Gebiets ackerbaulich genutzt. Westanatolien besteht aus unregelmäßig verlaufenden Bergzügen und tiefen Taleinschnitten, die die stark gegliederte ägäische Küste vom Hochland Inneranatoliens trennen; nur knapp ein Fünftel des Landes ist hier für den Ackerbau geeignet. Das inneranatolische Hochland mit der Hauptstadt Ankara liegt durchschnittlich um l 000 Meter hoch und ist die geographisch größte Region der Türkei. Das Hochland ist vollständig von Gebirgen umschlossen. Höchster Gipfel des inneranatolischen Hochlandes ist der Erciyes Dag"i mit 3 916 Metern. Im Hochgebirgsland im Osten der Türkei vereinigen sich die östlichen Ausläufer von Pontischem Gebirge und Taurus. Dieses ostanatolische Hochland ist die unzugänglichste Gegend der Türkei. Hier liegt der Berg Ararat (Ag"n Dag"»)/ an dem nach der Bibel die Arche Noah landete, und der mit 5 137 Metern der höchste Berg der Türkei ist. In diesem Gebiet entspringen auch die beiden Flüsse Tigris (Diele) und Euphrat (Firat). Der Südosten Anatoliens wird von einem flachwelligen Plateau eingenommen, das im Norden, Osten und Westen von Bergen umgeben ist. Diese Gegend ist Teil des Fruchtbaren Halbmondes und seit der Antike von großer Bedeutung für die Landwirtschaft. 2 Flüsse und Seen Wegen der großen Höhenunterschiede im Land sind in fast allen Russen der Türkei Stromschnellen ausgebildet. Deshalb sind nur wenige Flüsse in Teilabschnitten schiffbar. Aufgrund der jahreszeitlich wechselnden Regenmengen sind einige Russe starken Schwankungen des Wasserstandes unterworfen. Eine Reihe von Fließgewässern führt während des trockenen Sommers kein Wasser. Einige Russe haben jedoch Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie durch Wasserkraft oder liefern das Wasser für Bewässerungsanlagen. Der Kizilirmak ist mit einer Länge von 1150 Kilometern der längste RUSS innerhalb der Landesgrenzen und mündet in das Schwarze Meer. Der Büyük Menderes entwässert Westanatoiien in die Ägäis; wegen seiner vielen Schleifen und Biegungen erhielt er den Namen Mäander. Euphrat und Tigris entspringen in der Osttürkei und münden nach Durchqueren von Syrien und dem Irak in den Persischen Golf. Der Euphrat wird durch den 1990 fertig gestellten Atatürk-Staudamm (169 Meter Höhe, 1,6 Kilometer Breite) aufgestaut. Damit wird sein Wasserfluss um bis zu 90 Prozent reduziert, was Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem hat. Der Vansee im Osten des Landes ist der größte See der Türkei. Er ist - wie auch der Tuz Gölü (Großer Salzsee) - ein Salzsee. Die Süßwasserseen Beysehir, EQridir Gölu und Burdur Gölu liegen alle im Südwesten des Landes. 3 Klima Wegen der großen Ausdehnung und der stark gegliederten Oberfläche hat die Türkei Anteil an verschiedenen Klimazonen. An den Küsten des Mittelmeeres und der Ägäis herrscht .mediterranes j<|ima mit langen, heißen Sommern und milden, feuchten Wintern. In Istanbul liegt die mittlere Januartemperatur bei 5 °C, die mittlere Julitemperatur bei 22 °C. Der mittlere Jahresniederschlag beträgt 720 Millimeter. An der Mittelmeerküste und an der Küste der Ägäis fällt knapp die Hälfte des jährlichen Niederschlags in den Monaten Dezember und Januar. Das Klima im inneranatolischen Hochland hat kontinentalen Charakter mit großen Temperaturunterschieden im Jahresverlauf. Die Sommer sind heißer, die Winter wesentlich kälter als an der Küste. In Ankara beträgt die mittlere Januartemperatur bei 0 °C, die mittlere Julitemperatur bei 24 °C. Das inneranatolische Hochland Hegt im Lee der Randgebirge. Der mittlere Jahresniederschlag beträgt deshalb nur rund 370 Millimeter und ist somit wesentlich geringer als in den küstennahen Regionen. Im Hochland sind die Niederschläge relativ gleichmäßig über das Jahr verteilt. In der Schwarzmeerregion ist das Klima mild, die Niederschlagshöhen können beträchtliche Werte erreichen. Die Jahresmenge nimmt von Westen (um 800 Millimeter) nach Osten (bis 2 000 Millimeter) zu. Im östlichen Hochland sind die Winter kalt und mitunter schneereich. Die höchsten Sommertemperaturen der Türkei herrschen in Südostanatoiien; im Juli und August liegen sie im Schnitt über 30 °C. 4 Flora und Fauna Der Rächen- und Gebietsschutz der Türkei erstreckt sich über etwa 1,4 Prozent (1997) des Landes und umfasst 21 Nationalparks, 36 Wälder, zahlreiche Naturschutzgebiete, wovon zwei zum Weltnaturerbe erklärt worden sind, und mehrere besonders geschützte Gebiete. Das Land beheimatet 2 400 endemische Pflanzenarten. Thrakien und Westanatoiien zeichnen sich durch einen hohen Anteil an mediterraner Vegetation aus; die Flora setzt sich vor allem aus Hartlaubgehölzen und niedrigen, immergrünen Sträuchem (Macchie) zusammen. In den küstennahen Gebieten sind ölbäume verbreitet. Die Randgebirge sind weitflächig mit Wald bedeckt. Im Taurus herrschen Schwarzkiefem, Tannen, Zedern, Eichen und Wacholder vor, im Pontisctien Gebirge sind Buchen- und Eichenmischwälder sowie Wacholderwälder heimisch. In Inneranatolien dominiert eine karge Steppenvegetation mit Gräsern und Krautern. Zur Säugetierfauna gehören die Großraubtiere Braunbär, Wolf, Luchs, Goldschakal und Streifenhyäne; weitere Raubtiere sind Wildkatze, Rotfuchs, Steinmarder, Dachs, Mauswiesel, Tigeriltis und Rschotter. Die Paarhuferfauna ist durch Wildschwein, Reh, Rothirsch und Bezoarziege repräsentiert. Greifvögel sind u. a. mit zahlreichen Adlerarten (See-, Stein-, Kaiser-, Schell-, Schrei-, Zwerg- und Schlangenadler) sowie Geiern (Bart-, Mönchs-, Gänse-und Schmutzgeier) vertreten. Bemerkenswerte Großvögel feuchter Gebiete sind Reiher (Nacht-, Kuh-, Rallen-, Seiden-, Silber-, Purpur- und Graureiher), Rosa- und Krauskopfpelikan, Rosaflamingo, Löffler, Sichler, Weiß- und Schwarzstorch. In den Bergflüssen gibt es viele Forellen. In den Küstengewässern leben Meeresschildkröten, Meerbrassen, Makrelen, Thunfische und Steinbutt, im Schwarzen Meer werden Anchovis gefangen. 3 BEVÖLKERUNG Die Türkei hat etwa 66,5 Millionen Einwohner (2001); dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von 85 Einwohnern je Quadratkilometer. Die am dichtesten besiedelten Gebiete sind der Großraum Istanbul und die Küstenregionen. Die mittlere Lebenserwartung der Bevölkerung liegt bei 71,2 Jahren (2001). Die jährliche Bevölkerungszunahme beträgt rund 1,24 Prozent im Jahr (2001). Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind Türken. Darüber hinaus leben etwa 20 Prozent Kurden sowie Angehörige zahlreicher kleinerer Gruppen wie Araber, Griechen, Armenier und Tscherkessen in der Türkei. Die Angehörigen dieser ethnischen Gruppen haben ihre kulturelle Identität größtenteils bewahrt. Das Gebiet der heutigen Türkei war die Heimat ethnisch und kulturell unterschiedlicher Volksgruppen, angefangen von den Hethitern, Phrygern und Assyrern bis zu den Griechen, Persern, Römern und Arabern (siehe Kleinasien). Die nomadischen Vorfahren der heutigen Türken kamen im 11. Jahrhundert n. Chr. aus Zentralasien, eroberten arabische Gebiete und das Byzantinische Reich und setzten sich als Herrscher ein. Sie verbreiteten bei der ansässigen Bevölkerung die türkische Sprache und Kultur, die auch zum Instrument der Verbreitung des Islam in einer vom Christentum geprägten Region werden sollten. l Wichtige Städte 74 Prozent der Einwohner leben in Städten (1999), während es 1945 nur 25 Prozent waren. Die während der letzten Jahrzehnte verstärkt stattfindende Abwanderung aus ländlichen Regionen in die großen Städte zog weit reichende soziale Konsequenzen nach sich. Die größten Städte des Landes sind Istanbul mit 8,27 Millionen Einwohnern (1997), die Hauptstadt Ankara (2,94 Millionen), Izmir (2,13 Millionen), Adana (1,13 Millionen) und Bursa (1,10 Millionen). 2 Sprache Die Amtssprache der Türkei ist das Türkische, das zu den Turksprachen zählt und als Muttersprache oder Zweitsprache von etwa 90 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird. Türkisch wird seit 1928 in lateinischer Schrift geschrieben (vorher in arabischer Schrift). Die Kurden, die etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sprechen Kurdisch, eine der iranischen Sprachen. Weitere Minderheitensprachen sind Arabisch, Tscherkessisch, Armenisch und Georgisch. 3 Religion Seit 1928 ist der Islam nicht mehr die offizielle Staatsreligion der Türkei, Trotzdem bekennen sich 99 Prozent der Bevölkerung zum Islam; sie sind in der Mehrzahl Sunniten, daneben gibt es auch eine starke alewitische Glaubensgemeinschaft. Rund 0,1 Prozent der Einwohner gehören dem Christentum an. Die jüdische Gemeinde umfasst etwa 20 000 Mitglieder. l Feiertage Die islamischen Feiertage richten sich nach dem Mondkaiender und liegen von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Zu ihnen gehört das drei Tage dauernde §eker Bayrami („Zuckerfest") am Ende des Fastenmonats Ramazan (Ramadan). Das vier Tage dauernde islamische Fest Kurban Bayrami („Opferfest") ehrt die Bereitschaft Abrahams, auf Befehl Allahs seinen einzigen Sohn Isaac zu opfern. Zu dieser Zeit findet auch die Wallfahrt nach Mekka statt. Die weltlichen Feiertage der Türkei orientieren sich am gregorianischen Kalender. Zu ihnen gehören der Neujahrstag (1. Januar), der Tag der Nationalen Souveränität (23. April, gleichzeitig Tag des Kindes), der Atatürk-Gedenktag und Tag der Jugend (19. Mai), der Tag des Sieges (30. August) und der Tag der Republik (29. Oktober). In manchen Gebieten ist auch der Tag vor dem Tag der Republik ein Feiertag. Der Tag der Nationalen Souveränität erinnert an die Eröffnung der Großen Nationalversammlung (Bezeichnung des Parlaments) am 23. April 1923. 4 Soziales Die medizinische Versorgung der sozial schwächeren Bevölkerungsteile wird in der Türkei staatlich finanziert. In ländlichen Gegenden sind medizinische Einrichtungen und medizinisch ausgebildete Fachkräfte knapp. Insgesamt gesehen liegt die Versorgung mit Fachpersonal und Medikamenten weit unter dem europäischen Durchschnitt: 1998 kamen auf einen Arzt 833 Einwohner. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,2 Prozent (1998). 4 BILDUNG UND KULTUR Das von Atatürk eingeführte und von seinen Nachfolgern ausgebaute moderne Schulsystem ist an europäischen Vorbildern orientiert. 1 Bildung und Schulwesen In der Zeit der Gründung der Republik waren über 90 Prozent der Bevölkerung Analphabeten. Atatürk leitete ein umfassendes Bildungsprogramm ein, und in der ersten Verfassung wurde eine allgemeine Schulpflicht für die Grundschule und der gebührenfreie Besuch aller staatlichen Schulen verankert. Es besteht allgemeine Schulpflicht für die Dauer von 8 Jahren (1998). Durch die systematische Förderung des Bildungswesens konnte der Alphabetisierungsgrad auf 96,7 Prozent angehoben werden (2001). In einigen ländlichen Gebieten ist die Ausstattung mit Bildungseinrichtungen noch gering. Der Zugang zu den Universitäten der Türkei ist einem strengen Auswahlverfahren unterworfen. Zu den wichtigsten Hochschuleinrichtungen gehören die Universität Istanbul (1453 gegründet), die Universität der Ägäis (1955) in Izmir, die Universität Ankara (1946) und die Technische Universität des Nahen Ostens (1956) in Ankara. 2 Kultureinrichtungen Zu den staatlich geleiteten kulturellen Institutionen der Türkei gehören die beiden Opernhäuser in Istanbul und Ankara, die Kunstakademie in Istanbul, drei Musikkonservatorien sowie eine Volkstanztruppe. In Istanbul, Edirne, Bursa und in anderen Städten gibt es christliche Kirchen, die zu Moscheen umgebaut wurden, sowie von dem berühmten türkischen Architekten Sinan erbaute Moscheen. Der Sultanspalast Topkapi Sarayi ist heute ein Museum, das die kaiserlichen Schätze und die Reliquien des Propheten Mohammed beherbergt. Das Museum für anatolische Zivilisation in Ankara verfügt u. a. über Exponate aus der Zeit der Hethiter und Phryger. Zu den größten Bibliotheken der Türkei gehören die Nationalbibliothek in Ankara und die Bajasid-Staatsbibliothek in Istanbul. 3 Kunst In der Türkei fand ein allmählicher Übergang von den islamischen Kunsttraditionen des Osmanischen Reiches (siehe islamische Kunst und Architektur) zu einer an westlichen Vorbildern orientierten Kunst statt. Inzwischen suchen immer mehr Künstler neuerlich nach Ausdrucksformen einer spezifisch türkischen Kunst. Die älteste türkische Poesie lebt in der Volksdichtung der Kirgisen fort; ihr Heldenepos Manas wurde mündlich überliefert. Die ersten mystischen Dichtungen stammen von Yunus Emre und anderen Schriftstellern des 14. Jahrhunderts und führten zur Hof- und Gelehrtendichtung oder D/wan-Dichtung. Volkstümlichere Dichtkunst wurde von Minstrels gesungen; diese Tradition hat noch heute Bestand. Kemal Tahir zählt ebenso zu den bedeutendsten modernen Romanautoren der Türkei wie Ya§ar Kemal; zu seinen Werken gehören Ince Memed (1955, Memed, mein Falke}, der preisgekrönte Roman eines modernen Robin Hood, der dem Autor zu seinem internationalen Ruf verhalf, Teneke (1955, Anatollscher Reis} und Bin Bogalar Efsanesi (1971, Das Lied der Tausend Stiere], eine Geschichte, die Mythos und realen Untergang eines Nomadenstammes verbindet. Auch im Ausland bekannt ist Nazim Hikmet, ein Marxist, der seine Gedichte in derbem umgangssprachlichem Türkisch schrieb und freie Verse in die türkische Literatur einführte. Medien 4 In der Türkei gibt es rund 330 Tageszeitungen, von denen die meisten nur eine geringe Auflagenhöhe erreichen. Die einflussreichsten Blätter sind Cumhuriyet, Sabah, Hürriyet, Milliyet und Türkiye; sie werden alle in Istanbul verlegt. Zudem erscheinen viele Wochen- und Monatszeitschriften. Die Regierung betreibt vier nationale Radiosender und fünf Fernsehsender; außerdem sind mehrere private und staatliche Fernsehstationen in Betrieb. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Der Versuch vonseiten der Alliierten und Griechenlands, das Land nach dem I.Weltkrieg aufzuteilen, führte zum türkischen Unabhängigkeitskrieg unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk. Am 29. Oktober 1923 wurde die türkische Republik ausgerufen. Es folgte eine Reihe von Modemisierungsmaßnahmen, darunter im Jahr 1924 die Abschaffung der religiösen Gerichte; 1934 erhielten die Frauen das Wahlrecht. Das Mehrparteiensystem wurde 1946 eingeführt, als die neu gegründete Demokratische Partei durch eine Koalition mit der Republikanischen Volkspartei 62 Parlamentssitze gewann. 1950 errang die Demokratische Partei einen Wahlsieg. Zunehmende Spannungen zwischen den Parteien beschworen eine Staatskrise herauf, die zu einem Militärputsch führte; die Junta führte daraufhin die Staatsgeschäfte von 1960 bis 1961. Im Jahr 1961 wurde eine neue Verfassung angenommen. Bei den darauf folgenden allgemeinen Wahlen gab es keine klaren Mehrheitsverhältnisse, und verschiedene Parteien stellten eine Reihe von Koalitionsregierungen auf. Nach einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Terrorakte in den siebziger Jahren verhängte eine zweite Militärjunta 1980 das Kriegsrecht und löste alle politischen Parteien auf. Nach Billigung einer neuen Verfassung durch den Volksentscheid vom November 1982 wurde Ende 1983 wieder eine Zivilregierung eingesetzt. Die Verfassung von 1982 hat seither Bestand. Die letzten Verfassungsänderungen wurden 1995 vorgenommen. Nationalfeiertag ist der 29. Oktober, der „Tag der Republik", der an die Ausrufung der Republik im Jahr 1923 erinnert. 1 Legislative Nach der Verfassung von 1982 ist die Große Nationalversammlung (Einkammerparlament) das gesetzgebende Organ. Sie besteht aus 550 Mitgliedern, die in direkter Wahl auf fünf Jahre gewählt werden. Wahlberechtigt sind alle Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. 2 Exekutive Regierungschef ist der Ministerpräsident, der die Mehrheitspartei bzw. die Mehrheitskoalition repräsentiert. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählte Präsident. Er ernennt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag die Minister. Eine Wiederwahl des Präsidenten ist nicht möglich. 3 Judikative Das türkische Rechtswesen wurde 1923 nach italienischem (Strafrecht) und nach schweizerischem Vorbild (Privatrecht) gestaltet. Nach der Verfassung von 1982 entscheidet das Verfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament verabschiedeten Gesetze. Das Kassationsgericht ist die letzte Berufungsinstanz. Daneben gibt es eine große Zahl nachgeordneter Zivil- und MHitärgerichtshöfe. 4 Kommunalverwaltung Die Türkei ist in 79 Provinzen (II) untergliedert, an deren Spitze ein Gouverneur (Vali) als Regierungsvertreter steht. Die Provinzen sind in Bezirke (il$e) und Gemeinden (Bucak) unterteilt. Den Bezirken kommt nur geringe politische Bedeutung zu. Die Gemeinden können Gemeindesteuern erheben und verfügen über weitere Vollmachten auf lokaler Ebene. 5 Politische Parteien Nach dem Staatsstreich von 1980 wurden sämtliche politischen Parteien aufgelöst. Die Führer der Republikanischen Partei und der Gerechtigkeitspartei wurden für mindestens zehn Jahre von der Übernahme politischer Aufgaben ausgeschlossen. 1983 wurde wieder eine zivile Regierung eingesetzt. Aus den Pariamentswahlen von 1999 gingen als wichtigste politische Parteien hervor: die Demokratische Partei der Unken (DSP; Demokratik So/ Partisi), die Partei der nationalen Bewegung (MHP; Milliyetgi Hareket Partisi), die Tugendpartei (FP; Fazilet Partisi) als Nachfblgepartei der 1998 verbotenen islamistischen Wohlfahrtspartei (RP; Refah Partisi}, die Mutterlandspartei (ANAP; Anavatan Partisi), die Partei des Rechten Weges (DYP; Dotjru Yol Partisi). Die ehemals starke Sozialdemokratische Republikanische Volkspartei (CHP; Cumhuriyet Halk Partisi) ist im neuen Parlament nicht vertreten. Die Partya Karkeren Kurdistan (PKK; Arbeiterpartei Kurdistans) wurde verboten, 6 Verteidigung Die Streitkräfte der Türkei setzen sich aus insgesamt 609 700 Soldaten zusammen (1999). Circa 30 000 Mann sind in der „Türkischen Republik Nordzypern", dem von der Türkei kontrollierten Teil Zyperns, stationiert. Der Grundwehrdienst hat eine Dauer von 18 Monaten und ist für alle türkischen Männer Pflicht. Die Türkei ist Mitglied der Vereinten Nationen (UN) und des Nordatlantischen Verteidigungspaktes (NATO). Sie ist auch ein assoziierter Staat der Europäischen Union. 6 WIRTSCHAFT Die schnelle Industrialisierung und das Wirtschaftswachstum der achtziger Jahre basierten auf der gezielten Förderung der Wirtschaft durch staatliche Investitionen. Neben Erfolgen bei den Beschäftigungs- und Produktionszahlen verzeichnete die Türkei jedoch auch eine hohe Staatsverschuldung und eine hohe Inflationsrate. Das Wirtschaftswachstum, das zu einem Konjunkturaufschwung unter Präsident Turgut Özal führte, kam in den späten achtziger Jahren zum Erliegen. Die Regierung der Ministerpräsidentin Tansu Güter versuchte mit Hilfe eines Kredits vom Internationalen Währungsfonds (IWF) das hohe Staatsdefizit nach Jahren der Budgetüberziehung zu reduzieren. Die Preise stiegen zwischen 1994 und 1995 um rund 150 Prozent an, während die durchschnittlichen Lohnerhöhungen um etwa 30 Prozent hinter dieser Entwicklung zurückblieben. 1999 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 185 691 Millionen US-Dollar (Dienstleistungen 60 Prozent, Industrie 24,3 Prozent, Landwirtschaft 15,8 Prozent), woraus sich ein BIP pro Kopf von 2 880 US-Dollar ergibt. 43 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiteten 1998 in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, 34 Prozent im Dienstleistungsgewerbe und 22 Prozent in der Industrie. Über eine Million türkischer Staatsbürger arbeiten im Ausland, insbesondere in Deutschland und Saudi-Arabien. Der bedeutendste Gewerkschaftsdachverband ist der Bund türkischer Gewerkschaften mit über 1,9 Millionen Mitgliedern. Innerhalb der Türkei besteht hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung ein markantes West-Ost-Gefälle zwischen dem industriell geprägten Westtell und dem mehr auf Landwirtschaft ausgerichteten Ostteil. Außenwirtschaftlich sucht die Türkei eine engere Einblndung in die Europäische Union und strebt nach stärkerer Einflussnahme im zentralasiatischen und im kaukasischen Wirtschaftsraum. l Wirtschaftskrise 2000/2001 Eine hohe Auslandsverschuldung (rund 115 Milliarden US-Dollar) und ein enormes Staatsdefizit belasteten gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Wirtschaft des Landes. Die Regierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit verabschiedete daher ein Reformprogramm, um der türkischen Wirtschaft zur Stabilität zu verhelfen. So sollte beispielsweise die Privatisierung der zahlreichen Staatsbetriebe beschleunigt und die Korruption entschlossener bekämpft werden. Trotz einiger Anfangserfolge (die Inflationsrate sank z. B. unter die 50-Prozent-Marke) geriet das Programm jedoch in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 ins Stocken. Als äußerst brisant erwies sich das marode Bankensystem der Türkei, auf dem ein immenser Schuldenberg lastete. Im Zuge der Überprüfung von Kreditinstituten deckten die türkischen Ermittler bei verschiedenen Privatbanken u. a. Steuerhinterziehungen, Veruntreuungen von Geldern und Verschuldungen in Milliardenhöhe auf. Mindestens zehn Institute wurden unter staatliche Zwangskontrolle gestellt. Der Bankenskandal verunsicherte Anleger und Investoren zusehends. Spekulationen über weitere Bankenzusammenbrüche lösten schließlich einen panikartigen Ansturm auf Devisen und eine massive Kapitalflucht aus. Daraus entwickelten sich Liquiditätsengpässe, die schließlich im November 2000 in einer schweren Finanzkrise mündeten. Ais Gegenmaßnahme gab die türkische Zentralbank mehrere Milliarden US-Dollar aus den staatlichen Währungsreserven frei. Vom Internationalen Währungsfonds erhielt die Türkei einen Sofortkredit von 11,4 Milliarden US-Dollar. Nach einer Zwischenphase folgte im Februar 2001 eine Staats- und Wirtschaftskrise. Vorangegangen war ein Streit zwischen Ministerpräsident Ecevit und Staatspräsident Ahmed Necdet Sezer, bei dem es um die Bekämpfung der Korruption ging. Auch diesmal führten Spekulationen zu einer Welle der Kapitalflucht. Die Zentralbank konnte den Wechselkurs der türkischen Lira nicht stabilisieren und musste den Kurs zwecks Abwertung freigeben. Allein am Tag der Freigabe brach der Wechselkurs der türkischen Lira innerhalb weniger Stunden um 40 Prozent ein. Die Wirtschaftskrise trieb zahlreiche Kleinunternehmen in den finanziellen Ruin, viele Kleinanleger verloren den größten Teil ihres Kapitals. Bei Massenprotesten wurde die Regierung aufgefordert, ein Ende der Krisensituation herbeizuführen. Einige Straßendemonstrationen in verschiedenen türkischen Städten im April 2001 waren von schweren Ausschreitungen mit zahlreichen Verletzten begleitet. Der Internationale Währungsfonds gewährte der Türkei einen weiteren Kredit von sechs Milliarden US-Dollar. 2 Landwirtschaft Seit 1950 erhöhte sich die landwirtschaftliche Produktion durch den vermehrten Einsatz von Maschinen, Düngemitteln und geeigneteren Pflanzensorten. Trotzdem ist die Produktivität vergleichsweise gering, da viele Bauern nach wie vor mit relativ unwirksamen Methoden arbeiten und die meisten Betriebe sehr klein sind. Etwa ein Drittel des Staatsgebiets wird als Ackerland genutzt, ein weiteres Drittel dient als Weideland. Aufgrund der Lage in unterschiedlichen Klimazonen können in der Türkei viele Anbaufrüchte kultiviert werden. Zu den wichtigsten Anbauprodukten gehören Getreide (vor allem Weizen, Gerste, Roggen und Mais), Zuckerrüben sowie Obst und Gemüse (u. a. Zwiebeln, Auberginen, Melonen, Tomaten, Trauben, Äpfel und Zitrusfrüchte). Weitere bedeutende Anbaufrüchte sind Nüsse, Kartoffeln, Baumwolle, Tabak und Oliven. Durch den Bau zahlreicher Stauanlagen konnte der Bewässerungsfeldbau weiter ausgedehnt werden. Auch die Viehwirtschaft ist von Bedeutung. Sie umfasst vor allem die Haltung von Schafen, Ziegen, Rindern, Eseln, Büffeln und Hühnern. 3 Forstwirtschaft und Fischerei Obgleich 13,3 Prozent der Gesamtfläche der Türkei bewaldet sind, ist die Holzindustrie relativ unbedeutend, da nur knapp ein Drittel der Waldfläche wirtschaftlichen Wert besitzt. Rund zwei Drittel des Holzeinschlages werden als Brennholz, der Rest (u. a. Walnussbäume, Zedern und Pappeln) als Nutzholz verwendet. Der Fischfang wird verstärkt gefördert. Die Hauptfanggebiete sind das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Über die Hälfte des Fanges besteht im Allgemeinen aus Anchovis. Daneben werden u. a. noch Makrelen, Sardinen, Barben und Karpfen gefangen. 4 Bergbau Die Türkei verfügt über Vorkommen an Steinkohle, Braunkohle, Eisenerz und Chrom; das Land ist einer der bedeutendsten Chromerzförderer der Welt. Im Südosten wird Erdöl gefördert. Darüber hinaus gibt es kleinere Vorkommen an Blei-, Zink-, Kupfer- und Silbererz. 5 Industrie Führende Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie sind Nahrungsmittel, Textilien, Eisen und Stahl, Erdöl, chemische Produkte, Fahrzeuge, Papier und Zigaretten. Die bedeutendsten Industriestandorte sind Istanbul, Ankara, Izmir und Bursa. 6 Verkehrswesen Die staatliche Eisenbahn der türkischen Republik verfügt über ein Schienennetz mit einer Länge von 8 607 Kilometern (1998). Das Straßennetz umfasst 385 960 Kilometer (1999). Die führenden Häfen der Türkei sind Istanbul und Izmir; weitere wichtige Hafenstädte sind Trabzon, Giresun, Samsun sowie Zonguldak am Schwarzen Meer und Iskenderun und Mersin im Süden. Die nationale Fluggesellschaft Turkish Airlines bietet Inlands- und Auslandsflüge an. Internationale Flughäfen befinden sich in Istanbul, Ankara, Adana, Antalya und Izmir. 7 Währung und Bankwesen Währungseinheit der Türkei Ist die Türkische Ura, bestehend aus 100 Kuru§. Die Zentralbank der Republik Türkei (1930 gegründet) ist die Notenbank des Landes. Daneben gibt es eine Reihe von Staatsbanken wie die Landwirtschaftsbank der Republik Türkei (1863 gegründet), die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes unterstützen, sowie mehrere Geschäftsbanken. Die bedeutendste Börse der Türkei ist in Istanbul. 8 Außenhandel Die jährlichen Importkosten der Türkei sind im Allgemeinen höher als die Exporterlöse, die Handelsbilanz ist dementsprechend negativ. Importiert werden vorwiegend Erdöl, Maschinen, chemische und pharmazeutische Produkte, Düngemittel, Eisen und Stahl sowie Fahrzeuge. Hauptexportgüter sind Textilien, Obst und Gemüse, chemische Erzeugnisse, Metalle, Tabak und Weizen. Der Tourismus ist für die Türkei eine wichtige Devisenquelle. Die Haupthandelspartner des Landes sind Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Russland und die USA. Im März 1995 stimmte die Europäische Union (EU) der Aufnahme der Türkei in die Zollunion zu (seit dem 1. Januar 1996 in Kraft getreten). Allerdings ist bis jetzt dem Wunsch der Türkei, vollständig in die EU aufgenommen zu werden, nicht entsprochen worden. Ursache hierfür sind Differenzen zwischen der EU und der Türkei (z. B. Spannungen zwischen Türkei und Griechenland, Kurdenpolitik der Türkei, Einhaltung der Menschenrechte). 9 Energie 30,75 Prozent des Gesamtenergiebedarfs erzeugen Wasserkraftwerke (1999). Eine große Wasserkraftanlage befindet sich am Euphrat in der Nähe von Eläzig". Rund 40 Prozent des Energiebedarfs erzeugen Wärmekraftwerke. Hier ist als zweiter großer Energieträger Erdöl zu nennen. Im April 1995 unterzeichneten Aserbaidshan und die Türkei ein Abkommen, das den türkischen Anteil in einem Projekt zur Erschließung der aserbaidshanischen Ölfelder auf 6,75 Prozent erhöhte. Schätzungen zufolge enthalten diese Ölfeider im Kaspischen Meer 3,8 Millionen Barrel Rohöl, das über eine Pipeline zu einem türkischen Mittelmeerhafen transportiert werden soll. 7 GESCHICHTE Zur Geschichte des Gebiets der heutigen Türkei vor der Herrschaft der Osmanen siehe Kleinasien. In Anatoiien entwickelten die aus dem Hochland des Landesinneren stammenden Hethiter (um 1900-1200 v. Chr.) die erste Hochkultur des Landes. Sie wurde von den Seevölkern (Ägäische Wanderung) zerstört, die gegen Ende des 12. Jahrhunderts v. Chr. in Kleinasien und Syrien einfielen. Eine der ersten Zerstörungen Trojas fand wahrscheinlich während dieser Überfälle statt. Eines der Seevölker, die Phryger, errichtete ein Königreich, das im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. in Anatoiien zu einer Vormachtstellung gelangte. Während dieser Zeit gründeten die Griechen Milet, Ephesos, Priene und eine Reihe weiterer Städte an der ägäischen Küste in lonien. Um 700 v. Chr. fielen die Kimmerier - ein Nomadenvolk, das sich später im Westen Kleinasiens niederließ - in das phrygische Reich ein und zerstörten es. Im 7. Jahrhundert v. Chr. kamen die Lyder an die ägäische Küste und gründeten ein Reich mit der Hauptstadt Sardes (Sardis), die 546 v. Chr. von den Persern unter Kyros (Cyrus) dem Großen erobert wurde. Von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis zum Jahr 333 v. Chr. gehörte der Großteil Kleinasiens, einschließlich Anatoliens, zum Perserreich, wobei die griechischen Städte eine gewisse Autonomie hatten. Im 4. Jahrhundert v. Chr. setzte der Verfall des Persischen Reiches ein, und 333 v. Chr., nach der Schlacht von Issos, wurde es vom siegreichen Makedonischen Reich Alexanders des Großen abgelöst. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. wurde Kleinasien allmählich von den Römern erobert. Nach der Teilung des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde Kleinasien Teil des Oströmischen Reiches (Byzantinisches Reich), mit der Hauptstadt Konstantinopel (heute Istanbul) auf der europäischen Seite des Bosporus genau gegenüber der Westküste Anatoliens. Während des 11. Jahrhunderts fielen die Seldschuken in Kleinasien ein. 1055 eroberten sie Bagdad und 1071 schlug der Seldschukensultan Alp Arslan die byzantinische Armee in der Schlacht bei Manzikert. Im 12. Jahrhundert verwüsteten die Seldschuken große Teile Ost- und Mittelanatoliens. Obwohl zu dieser Zeit das Hauptziel der Seldschuken nicht die Eroberung von Byzanz, sondern die Abwehr der Fatimiden und der aus Ägypten ausgehenden heterodoxen (von der herrschenden Lehre abweichend) schiitischen Islam war, drängten doch einige Mitglieder der Selschukendynastie den Nomaden nach. Sie errichteten das Sultanat Rum (Hauptstadt: Konya), das Anatolien im 12. und 13 Jahrhundert beherrschte. Der Großteil der Nomaden, die zu den anfänglichen Siegen der Seldschuken beigetragen hatten, wurde bald in den Westen Anatoliens abgedrängt, wo Grenzkolonien gegen die letzten byzantinischen Abwehrstellungen aufrechterhalten wurden. Das Suttanjrt von Rum versuchte sich am Seldschukenreich von Bagdad zu orientieren; doch die große AnzahLypn Christen innerhalb der Reichsgrenzen und die Überlagerung einer lebendigen christlichen Tradition durch den Islam ließen eine Sozialstruktur entstehen, die sich deutlich von der anderer islamischer Staaten unterschied. Dieses Sozialgefüge lieferte auch die Basis für die einzigartigen Regierungs- und Sozialsysteme der Osmanen, die sich ab dem 14. Jahrhundert allmählich herauszukristallisieren begann. Die Seldschuken in Bagdad und Konya wurden bald von den einfallenden Mongolen unter Dschingts Khan besiegt: 1258 wurde Bagdad erobert. Die turkmenischen Nomadenstämme Anatoliens bildeten in dieser Zeit der Wirren eine Reihe von Fürstentümern, die formell unter der Oberhoheit Rums standen, aber von den Mongolen kontrolliert wurden. l Der Aufstieg der Osmanen Die günstige geographische Lage seines im Nordwesten Anatoliens gelegenen kleinen Fürstentums ermöglichte es Osman I. Ghasi, dem Gründer der osmanischen Dynastie, die Schwäche des Byzantinischen Reiches auszunutzen und reiche Beute bei Oberfällen auf christliches Gebiet zu machen. Er eroberte u. a. die byzantinischen Städte Eskisehir, Bilecik, Yarhisar und Yenisehir und sein Sohn die Provinzhauptstadt Bursa (1326), Die Osmanen kontrollierten damit das fortgeschrittene Verwaltungs-, Finanz- und Militärwesen der Provinz; Bursa wurde ihre Hauptstadt. Allmählich gelang ihnen die Expansion ihres Reiches auf das turkmenische Gebiet im Westen Anatoliens (siehe Osmanisches Reich). Die Expansion des Osmanischen Reiches auf europäischem Boden begann gegen Ende der Herrschaftszeit Orhans. Osmanische Soldaten standen auch als Söldner im Dienst von byzantinischen Herrschern: Johannes VI. Kantakuzenos konnte sich so 1347 den Thron sichern; als Gegenleistung durften diese osmanischen Söldner byzantinische Besitzungen in Thrakien und Makedonien plündern, und die Tochter des Kaisers wurde mit Orhan verheiratet. Die Söldner schlugen ihre Lager auch auf der Halbinsel Gallipoii auf, um von dort aus die noch verbleibenden byzantinischen Besitzungen in Europa zu überfallen. Der Ausbau des osmanischen Fürstentums in ein großes Reich, das Südosteuropa, Anatolien und die arabische Welt umfasste, geschah zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert: Das Reich unter Murad I. und Bayazit I. (genannt: Yildinm) erstreckte sich von der Donau bis zum Euphrat. Murads größter militärischer Erfolg war der Sieg in der Schlacht auf dem Amselfeld im Kosovo (1389), In der er die vereinigten Heere der Balkanvölker von Serbien, Bosnien und Bulgarien schlug. Murad selbst fiel in der Schlacht, doch sein Sohn Bayazit führte die Armee zum Sieg und eroberte in den nächsten Jahren einen Großteil der turkmenischen Fürstentümer Anatoliens. Der Aufstieg der Osmanen zur führenden Macht in Anatolien stellte eine Bedrohung für das Interessengebiet des Mongolenherrschers Tamerlan (Timur-i Läng) dar, der kurze Zeit zuvor große Teile des heutigen Iran sowie Zentralasiens erobert hatte. Tamerlan griff 1402 die Osmanen in Anatolien an und besiegte Bayazit. Bayazits Enkel, Murad II., setzte in Serbien und Bulgarien osmanische Verwaltungsbeamte ein und sicherte somit die osmanische Vorherrschaft in Europa bis zur Donau. Sein Sohn Mohammed II. setzte diese Politik fort und besiegte die letzten noch freien christlichen Fürstentümer südlich der Donau. Seine Eroberungen erreichten ihren Höhepunkt in der Einnahme von Konstantinopel (1453) sowie in der Unterwerfung Anatoliens bis hin zum Euphrat. Bayazit II. beendete die Eroberungspolitik zugunsten einer Festigung der Teile des Reiches, die von seinen Vorgängern besetzt worden waren. Selim I. benutzte dagegen die ihm übertassenen territorialen und verwaltungsmäßigen Machtgrundlagen, um das Mameluckenreich in Ägypten zu zerstören (1517); außerdem eroberte er Syrien, Palästina und Arabien in einem einzigen Feldzug und gliederte so das Kernland der alten islamischen Kalifate dem Osmanischen Reich an. Süleiman II., der Prächtige, setzte die Expansion fort: Er überschritt die Donau, eroberte Ungarn und belagerte 1529 Wien; im Osten eroberte er den Rest Anatoliens sowie das alte Zentrum der Abbasiden und Seldschuken im Irak. 2 Niedergang des Osmanischen Reiches In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann in einer Reihe von Kriegen, den Türkenkriegen und In den Russisch-Türkischen Kriegen, in denen das Osmanische Reich besiegt werden konnte, der allmähliche Niedergang des Reiches (der so genannten orientalischen Frage), der erst mit dem Ende des 1. Weltkrieges seinen Abschluss finden sollte. Nach der zweiten vergeblichen Belagerung Wiens im Jahr 1683 traten die Osmanen den Rückzug vom Balkan an. 1699 im Vertrag von Karlowitz mussten sie auch Ungarn und Siebenbürgen aufgeben. Bis zum Frieden von Jassy (1792) hatten die Osmanen ihre Gebiete nördlich der Donau verloren und sich von der Krim und den Gebieten östlich vom Dnjestr bis Russland zurückgezogen. 1830 erklärte sich Griechenland für unabhängig, zwischen 1833 und 1839 eroberte Muhammad Ali, der ägyptische Vizekönig, Teile Anatoliens und das Sultanat konnte nur durch die europäischen Großmächte vor der Auflösung bewahrt werden. Im Berliner Vertrag von 1878 wurden Rumänien, Serbien und Montenegro unabhängig von der Türkei. Das Osmanische Reich stagnierte in fast allen gesellschaftlichen Bereichen. Die ersten Reformen des Reiches in Verwaltung, Armee, Bildungsund Rechtswesen waren von Zentraiisierungsbestrebungen der Tanzimat, einer Reformbewegung zwischen 1839 und 1878, und Liberalisierungstendenzen (mehr Rechte und Freiheiten für den Einzelnen; Gleichstellung von Muslimen und Nichtmuslimen) bestimmt. In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Reformen und eine Verfassung gefordert, die 1876 von Sultan Abd ül-Hamid II. verkündet, aber bereits 1878 zeitweilig (Auflösung des Parlaments) wieder aufgehoben wurde. Der Zerfall des Vielvölkerreiches konnte nicht mehr verhindert werden: Kreta, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien gingen verloren, bis 1885 wurden die osmanischen Besitzungen in Europa auf Makedonien, Albanien und Thrakien reduziert. Die Türkei musste auch auf die Herrschaftsansprüche in Nordafrika verzichten: Algerien wurde 1830 von Frankreich eingenommen und auch Tunesien fiel 1881 vom Osmanischen Reich ab; Großbritannien besetzte Ägypten (1882), und Italien annektierte Libyen (1912). Im Zuge der Baikankriege (1912-1913) verlor das Osmanische Reich außer Ostthrakten alle europäischen Gebiete. Inzwischen hatte sich eine neue politische Gruppierung von jungen türkischen Offizieren gebildet, das Komitee für Einheit und Fortschritt, das besonders unter den Armeeoffizieren auf dem Balkan zahlreiche Anhänger hatte. Die so genannten Jungtürken erreichten die Wiedereinsetzung der Verfassung. Mit einem Aufstand der makedonischen Truppen begann 1908 der Staatsstreich der Jungtürken, der mit dem Sturz des autokratischen Regimes des Sultans endete. Die Jungtürken forderten die Trennung von Staat und Religion, setzten Reformen in Handel, Bankwesen und Armee in Gang. Ab 1913 bildeten sie unter Enver Pascha eine Diktatur. Während des 1. Weltkriegs ließ die Regierung des Osmanischen Reichs mehrere hunderttausend Armenier in das östliche Anatollen deportieren. Bei den dabei vollzogenen Massakern kamen die meisten Armenier ums Leben. Internationale Organisationen wie der Europarat bewerteten dies als Genozid. Dies wurde von türkischen Regierungen zurückgewiesen, die die damaligen Regierungen des Osmanischen Reichs auch vom Vorwurf der Verantwortung für das Massensterben der armenischen Bevölkerung freisprachen. Als Ergebnis des 1. Weltkrieges zerfiel das Osmanische Reich, das auf der Seite der Mittelmächte stand, endgültig. Die Niederlage Deutschlands läutete das Ende ein. Zwischen 1917 und 1918 hatten die Briten mit ersten Offensiven im Irak und in Syrien begonnen. Als es 1918 zum Waffenstillstand von Mudros kam, hatte die Türkei bereits alle Gebiete mit Ausnahme von Anatolien verloren. Im Oktober 1918 trat das jungtürkische Kabinett zurück. Die Türkei war gezwungen, den Friedensvertrag von Sevres (1920) zu unterzeichnen, durch den sie nicht nur die arabischen Provinzen aufgeben, sondern auch eine Teilung Anatoliens hinnehmen mussten. Seit 1919 hatte Mustafa Kemal Atatürk den nationalen Widerstand organisiert und 1922 die griechischen Truppen besiegt (siehe Griechisch-Türkische Kriege): Griechenland hatte in den Friedensverträgen von Neuilly (1919) und Sevres u. a. Ostthrakien, die nordägäischen Inseln und das Gebiet um Smyrna (heute Izmir) als Völkerbundsmandat zugesprochen bekommen, und Italien hatte seine Ansprüche auf den Oodekanes an Griechenland abgetreten. Das Mandat militärisch durchzusetzen scheiterte; die Türken eroberten am 9. September 1922 Smyrna. Ein Jahr später trat die Republik der Türkei an seine Stelle. Im Frieden von Lausanne (1923) endete die dreitausendjährige Siedlungsgeschichte der Griechen in Kleinasien, das ebenso türkisch wurde wie Ostthrakien, die Inseln Tenedos und Imvros; der Dodekanes wurde wieder italienisch. 1,5 Millionen Griechen wurden nach Griechenland umgesiedelt, 500 000 Türken aus Griechenland in die Türkei. 3 Die türkische Republik Am 1. November 1922 war die osmanische Dynastie für beendet erklärt und das Reich aufgelöst worden. In den ersten 15 Jahren ihres Bestehens stand die türkische Republik unter der Führung von Atatürk und gründete sich auf sechs grundlegende Prinzipien, die in der Verfassung verankert waren: Republikanismus, basierend auf der Prämisse der Volkssouveränität; türkischer Nationallsmus, der den Ruhm der türkischen Vergangenheit und das Bedürfnis der Türken nach einem eigenen, nach modernen Prinzipien und ohne Einmischung von außen geschaffenen Staat betonte; Populismus, der die Idee einer alle wirtschaftlichen und sozialen Interessen vertretenden Großen Nationalversammlung verkörpert; Säkularismus beziehungsweise Laizismus, der die vollständige Trennung von religiösen muslimischen Einrichtungen und Staatsgeschäften fordert; Etatismus, der für eine staatliche Lenkung der wichtigsten Wirtschaftssektoren sowie der übrigen Sektoren stand und eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung zum Ziel hatte; und Revolutionismus, der vorschrieb, dass alle Umwälzungen sofort und in vollem Umfang durchgeführt werden müssen, damit die Entwicklung der modernen türkischen Gesellschaft so schnell wie möglich stattfinden könne. Die Jahre unter der Präsidentschaft Atatürks waren gekennzeichnet durch erheblichen wirtschaftlichen Fortschritt und eine allgemeine Entwicklung des Landes. Die Türkei konnte Strömungen, die Vergeltung forderten, verhindern und nahm enge diplomatische Beziehungen mit ihren ehemaligen Gebieten im Balkan auf. Gleichzeitig stellte sie auch ihre laizistische Politik in den Vordergrund und ging Bündnissen mit ihren muslimischen Nachbarstaaten im Osten aus dem Weg. 3.1 Von der Neutralität zum Bündnis mit dem Westen Atatürks Nachfolger im Präsidentenamt wurde 1938 sein enger Mitarbeiter Ismet Inönü, der die Innenpolitik von Atatürk fortsetzte. Während des gesamten 2. Weltkrieges verfolgte Inönü eine Politik der Neutralität. Erst Im Februar 1945 erklärte die Türkei Deutschland und Japan den Krieg. Nach dem Krieg versuchte die Sowjetunion, die Türkei zu sowjetischem Einflussgebiet zu machen und forderte die Kontrolle über die Ostprovinzen der Türkei sowie über die Meerengen. Daraufhin akzeptierte die Türkei die von dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman angebotenen Unterstützungsmaßnahmen und ging enge militärische und wirtschaftliche Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ein. 1952 trat die Türkei dem Nordatlantischen Verteidigungspakt (Wort/7 Atlantic Treaty Organization; NATO) bei. Inönü leitete innenpolitisch zu dieser Zeit eine allgemeine Demokratisierung des Landes ein: u. a. wurden jetzt auch Oppositionsparteien zugelassen. Bei den Wahlen 1950 siegte die Demokratische Partei, die sich für eine stärkere Liberalisierung der Wirtschaft einsetzte. Unter Vorsitz von Präsident Celäl Bayar, in Verbindung mit Ministerpräsident Adnan Menderes und Außenminister Fuat Köprülü, war die Demokratische Partei von 1950 bis 1960 die führende politische Kraft der Türkei. In dieser Zeit erlebte die Wirtschaft des Landes einen raschen Aufschwung, aber auch starke soziale Spannungen. 1960 wurde die Regierung in einem unblutigen Militärputsch durch General Cemal Gürsel gestürzt. Menderes und einige andere Politiker wurden der Korruption beschuldigt, zum Tod verurteilt und 1961 gehängt. Die neue Verfassung orientierte sich an wirtschaftlichen und sozialen Vorstellungen anderer demokratischer Staaten. Die politischen Parteien hatten sich in zwei große Lager gespalten: in die Republikanische Volkspartei und die Gerechtigkeitspartei. Die Republikanische Volkspartei war unter ihrem Führer Bülent Ecevit sozialdemokratisch ausgerichtet, die Gerechtigkeitspartei unter Süleiman Demirel stand in der Tradition Atatürks. Daneben gab es noch mehrere kleinere (kommunistische und sozialistische, nationale und islamistische) Parteien. Auch die seit 1950 existierenden Gewerkschaften schlössen sich zu linken bzw. rechten Dachverbänden zusammen. Die Türk Iş vereinigte in sich rechtsorientierte Gewerkschafter, und im Bund Fortschrittlicher Gewerkschaften waren kommunistische und andere linke Arbeitnehmer organisiert. In der Mitte der sechziger Jahre übten beide Organisationen einen großen Einfluss auf viele gesellschaftliche Bereiche aus. Die Verfassung von 1961 erschwerte eine Mehrheitsbildung, und die politischen Auseinandersetzungen verlagerten sich mehr und mehr auf die Straße. In dieser Phase politischer Instabilität entwickelten sich rechts- wie linksgerichtete, zum Teil gewaltbereite Gruppen, die Terrorakte verübten. 1971 intervenierte das türkische Militär erneut, das aber bereits wieder 1972 eine zivile Regierung installierte. Die innenpolitischen Spannungen, vor allem aufgrund der schlechten Wirtschaftslage, nahmen aber nicht ab, sondern zu. Es wurde der nationale Notstand ausgerufen, und es kam zu brutalen Unterdrückungsmaßnahmen der staatlichen Sicherheitskräfte. Außenpolitisch war es 1974 zu einer größeren Krise gekommen, als die Türkei als Antwort auf einen von Griechenland inszenierten Putsch, bei dem sich Zypern zur selbständigen Republik erklärt hatte, das nördliche Drittel der Insel besetzte und eine „Türkische Republik Nordzypern" ausrief, die aber international nicht anerkannt wurde. Die Vereinigten Staaten stellten nach dem Einmarsch auf Zypern ihre militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei ein, worauf wiederum die Türkei mit der vorübergehenden Schließung aller amerikanischen Stützpunkte im Land reagierte. Die türkischen Truppen blieben im Norden Zyperns stationiert; die Türkei unterstützte weiterhin eine türkisch-zypriotische Regierung. 3.2 Der Staatsstreich von 1980 Die Regierung von Süleiman Demirel (1979-1980) behielt außenpolitisch die enge Bindung an den Westen bei, scheiterte aber in der Innen- und Wirtschaftspolitik. Da sich die Situation nicht änderte, verübten Extremisten rechter und linker Gruppen weiterhin Terrorakte. Am 12. September 1980 putschte die Armee unter der Führung des Generalstabchefs Kenan Evren. Als Staatspräsident und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (Admiral Bülent Ulusu wurde Ministerpräsident) setzte er die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. Alle politischen Aktivitäten wurden untersagt, Tausende verhaftet und die Presse zensiert. 3.3 Zivilregierungen Die neue Verfassung, die 1982 in einem Referendum angenommen wurde, schrieb die „demokratisch legitimierte" politische Machtposition des Militärs fest. Evren wurde im selben Jahr mit 90,6 Prozent der Stimmen für eine siebenjährige Amtszeit zum Staatspräsidenten gewählt; 1983 gab er seine militärischen Funktionen auf. Aus der Stichwahl bei den Partamentswahlen im November 1983 ging die konservative Mutterlandspartei (die Armee hatte eine rechtsgerichtete Gruppierung unterstützt) als Siegerin hervor, und ihr Vorsitzender Turgut Özal wurde Regierungschef. 1989 wurde Özal zum ersten zivilen Staatsoberhaupt seit 1960 gewählt, und Yildtnm Akbulut übernahm das Amt des Ministerpräsidenten (Regierungschefs). Akbuluts Nachfolger wurde 1991 Mesut Yilmaz, der wurde wiederum 1993 von Tansu Qller, einer Wirtschaftswissenschaftlerin, die an der Spitze der Partei des Rechten Weges (DYP) stand, abgelöst. Während des Golfkrieges 1991 unterstützte die Türkei die Alliierten, entsandte aber keine eigenen Truppen. Nach Ende des Golfkrieges flüchteten Hunderttausende Kurden nach einem erfolglosen Aufstand gegen die irakische Regierung in das kurdische Siedlungsgebiet in der Türkei. Viele wurden in der Nähe der Grenze vorübergehend unter den Schutz alliierter Truppenverbände gestellt. In dieser im Südosten der Türkei gelegenen Region herrscht seit 1984 Bürgerkrieg. Alle bisherigen türkischen Regierungen haben die Autonomiebestrebungen der 15 Millionen Kurden massiv mit militärischen Mitteln bekämpft. Der politische und militärische Arm der Unabhängigkeitsbewegung ist die Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistan; PKK). Bei den Kämpfen sind bis 1994 über 14 000 Menschen getötet worden. Im März 1995 verkündete die Regierung von Tansu Ciller die Absicht, die PKK zu vernichten, und nahm den größten jemals gestarteten Angriff gegen die Rebellen auf, wobei die türkische Armee 40 Kilometer in die von den Vereinten Nationen ausgewiesene Schutzzone des Kurdengebiets im Nordosten des Irak eindrang. Zur selben Zeit versuchte Tansu QHers Regierung, liberalere Gesetze zu verabschieden, um die kurdischen Nationalisten wieder in die politische Struktur eingliedern und die kurdischen Schulen wieder öffnen zu können. Die Regierungen der westlichen Länder kritisieren weiterhin die aus der Türkei gemeldeten Menschenrechtsverletzungen, die im Bericht des amerikanischen Außenministeriums vom Februar 1995 zusammengefasst waren, und verurteilen das Verschwinden und die Ermordung von Kurden sowie die fortgesetzte Schikanierung, Einschüchterung und Inhaftierung von Menschenrechtsbeobachtem, Journalisten, Rechtsanwälten und Wissenschaftlern. Am 24. Dezember 1995 fanden die türkischen Parlamentswahlen statt. Aus diesen Wahlen ging erstmals in der Geschichte der modernen Türkei mit der Wohlfahrtspartei (RP) eine islamistische Partei als stärkste politische Kraft hervor. Die Partei des Rechten Weges (DYP) wurde zweitstärkste, die national-liberale Mutterlandspartei (ANAP) drittstärkste Partei. Für eine Regierungsbildung fand die RP keinen Koalitionspartner. Der ANAP-Vorsitzende Mesut Yllmaz und Tansu Qller unterzeichneten ein Koalitionsprotokoll. Yllmaz übernahm im März 1996 das Amt des Ministerpräsidenten, trat aber nach einem Misstrauensvotum im Juni zurück. Präsident Demirel erteilte daraufhin Necmettin Erbakan, dem Vorsitzenden der Wohlfahrtspartei, den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Tansu Qller, deren Partei DYP mit der RP die Regierungskoalition bildet, wurde stellvertretende Ministerpräsidentin und Außenministerin. Erbakan und Qller verständigten sich auf eine gemeinsame Regierung, die zuerst von Erbakan, später von Qiller geführt werden sollte. Im Juni 1997 trat, nachdem seine Partei die Mehrheit im Parlament verloren hatte, Ministerpräsident Erbakan zurück. Daraufhin beauftragte Demirel den Oppositionspolitiker Mesut Yilmaz von der Mutterlandspartei mit der Regierungsbildung. Yilmaz führte eine Regierungskoalition seiner Partei mit der Partei für eine demokratische Türkei und der Demokratischen Partei der Linken. Zu den erklärten Zielen der neuen Regierung gehört das entschiedene Vorgehen gegen Islamisten und kurdische Separatisten sowie die baldige Aufnahme in die EU, die der Türkei aber von zahlreichen Mitgliedsstaaten derzeit noch wegen Menschenrechtsverletzungen verwehrt wird. Nachdem Mesut Yilmaz im November 1998 wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament gestürzt worden war, amtierte in der Türkei nur eine geschäftsführende Regierung. Der designierte türkische Ministerpräsident Yalim Erez gab Anfang Januar 1999 den Auftrag zur Regierungsbildung an Staatspräsident Süleyman Demirel zurück. Daraufhin bildete der Sozialdemokrat und ehemalige Ministerpräsident Bülent Ecevit am 11. Januar eine Minderheitsund Übergangsregierung mit Vollmachten bis zu den nächsten Parlamentswahlen, die am 18. April 1999 stattfanden. Ecevit bildete nach diesen um ein Jahr vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung eine Koalition aus Demokratischer Partei der Linken (DSP), Partei der nationalen Bewegung (MHP) und Mutterlandspartet (ANAP). Das Regierungsbündnis von Ministerpräsident Ecevit verfügt im Parlament über 351 der 550 Sitze. Im Januar 2000 einigten sich Aserbaidshan, Georgien und die Türkei auf den Bau einer Erdölleitung vom Kaspischen Meer zum Mittelmeer. Die l 730 Kilometer lange Leitung soll von Baku in Aserbaidshan über Georgien bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan angelegt werden. Die Große Nationalversammlung wählte am 5. Mai 2000 Ahmet Necdet Sezer zum neuen Staatsoberhaupt der Türkei, nachdem der amtierende Präsident Süleiman Demirel nach siebenjähriger Amtszeit nicht wieder kandidieren durfte. Die Regierungschefs der Türkei und Russlands, Bülent Ecevit und Michail Kasjanow, einigten sich im Oktober 2000 auf eine Zusammenarbeit beider Staaten in der Energie- und in der Rüstungspolitik. Tür|ke, der; -n, -n [2: viell. nach älter Türke = eingedrillte Gefechtsübung, dann: staatliche Maßnahme, die in der österreichisch-ungarischen Monarchie unter Ausnutzung der Furcht vor den Türkeneinfällen getroffen wurde]: 1. Ew.: wir hatten Hunger und beschlossen, zum -n (ugs.; in ein türkisches Restaurant) zu gehen. 2. (oft als diskriminierend empfunden) a) (ugs.) etw., was dazu dient, etwas nicht Vorhandenes, einen nicht existierenden Sachverhalt vorzuspiegeln: ein grandioser T.; *einen -n bauen/(veraltend:) stellen (etw. in der Absicht, jmdn. zu täuschen, als wirklich, als echt hinstellen); b) (Ferns., Rundf. Jargon) wie eine dokumentarische Aufnahme präsentierte, in Wahrheit aber nachgestellte Aufnahme: die Szene war ein T. © Duden - Deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001. [CD-ROM]. tür|ken <sw. V.; hat> (ugs.; oft als diskriminierend empfunden): fingieren, fälschen: ein Interview t.; getürkte Autounfälle. © Duden deutsches Universalwörterbuch. 4. Aufl. Mannheim 2001. [CD-ROM]. SYMBOLE UND IHRE BEDEUTUNGEN Die Zahl Sieben: Besonders in der Tradition Westasiens ist die Sieben eine heilige, mystische und Magische Zahl. Sie Symbolisiert die kosmische und spirituelle Ordnung und Vollendung eines natürlichen Zyklus : 1 Sieben Wochentage 2 Vier siebentägigen Phasen des Mondes, aus denen der 28-tägige Mondkalender besteht. 3 In der Bibel ist der siebte Tag von Gott gesegnet. 4 Im Judentum gibt es sieben Feste und Reinigungen, jedes siebte Jahr ist ein Sabbatjahr und man spricht von sieben Pfeilern der Weisheit ( ). 5 Im Islam, wo die Zahl Sieben die Vollkommenheit symbolisiert, gibt es sieben Himmel, Erden, Meere, Höllen und Tore zum Paradies. In Mekka gehen die Pilger sieben mal um die Kaaba. Die Zahl Vierzig: Die höchste Zahl von gröerem symbolischem Gewicht ist die Vierzig. In der Jüdisch-christlichen wie in der islamischen Tradition definiert sie bedeutsame Perioden der spirituellen Vorbereitung, der Erprobung, der Reinigung, der Bue, des Wartens und Fastens. Ein Bezug ist die uralte Vorstellung, der Sterbeprozess sei erst nach vierzig Tagen vollkommen abgeschlossen. Die römer hielten die Todesmahlzeit daher am vierzigsten Tag nach dem Todesfall ab. Der Begriff „Quarantäne“ ist von der vierzig tägigen Wartefrist abgeleitet, die der Hafen von Marseille im 14.Jh. allen Schiffen auferlegte, die aus Seuchenländern kamen. In der frühen Geschichtsschreibung wird die Vierzig eher als symbolische denn als präzise Zahl verwendet; 1 2 3 4 5 In der Bibel dauert die Sintflut vierzig Tage und Nächte, Die Israeliten wandern vierzig Jahre durch die Wüste, Moses verbringt vierzig Tage und Nächte auf dem Berg Sinai, David und Solomo regieren je vierzig Jahre, Jesus verbringt vierzig Tage fastend in der Wüste(ebenso lange dauert die Fastenzeit des Kirchenjahres); er prädigt vierzig Monate und fährt vierzig Tage nach seiner Auferstehung in den Himmel. 6 Mohammed soll im Alter von vierzig Jahren von Gott berufen worden sein. Berühmte Persönlichkeiten aus Anatolien 1 HOMER aus Smyrna (İzmir) (Epischer Dichter aus der Antike, Dichter der Ilias und Odyssee) 2 HERODOD aus Halikarnassos (Vater der Geschichtsschreibung) 3 AESOP aus Phrygia (Kütahya) (Berühmter Fabelerzähler, ehemaliger Sklave aus dem 6.Jh.v.Chr.) 4 HİPPODAMUS aus Miletos (Milet) (Philosoph und erster Städteplaner aus Anatolien) 5 Hl. PAULUS aus Tarsos (Tarsus) 6 Hl. NIKOLAUS aus Myra (Derme) Atatürk, Mustafa Kemal EINLEITUNG Atatürk, Mustafa Kemal (1881-1938), türkischer Soldat, nationalistischer Führer und Staatsmann, gründete die Republik Türkei und war ihr erster Präsident (1923-1938). Den Namen Atatürk („Vater der Türken") verlieh ihm 1934 die Große Nationalversammlung als Anerkennung für seine herausragenden Dienste für die türkische Nation. Atatürk wurde am 12. März 1881 in Saloniki (heute Thessaloniki, Griechenland) als Sohn eines einfachen Beamten und Holzhändlers geboren. Als Atatürk fünf Jahre alt war, ging er auf die Militärschulen in Saloniki und Monastir, Zentren des antitürkischen, griechischen und slawischen Nationalismus. Ab 1899 besuchte er die Militärakademie in Istanbul, die er im Januar 1905 als Stabshauptmann abschloss. 2 SOLDAT UND REVOLUTIONÄR Wegen seiner Aktivitäten in der geheimen Jungtürkenbewegung, die sich gegen die autokratische Regierung des Osmanischen Reiches richtete, wurde Atatürk in Syrien stationiert, was praktisch einem Exil gleichkam. Dort gründete er 1906 die geheime Vaterlands- und Freiheitsgesellschaft. Nachdem er im darauf folgenden Jahr nach Saloniki versetzt worden war, schloss er sich dem Komitee für Vereinigung und Fortschritt (KVP) an, das für die Jungtürkenrevolution im Juli 1908 verantwortlich war. Er gehörte jedoch nicht zum inneren Kreis des KVP und spielte deshalb in der Revolution kaum eine Rolle. Atatürk kämpfte in Libyen gegen Italien (1911-1912) und wurde im November 1911 zum Major befördert. Während der Balkankriege (1912-1913) organisierte er die Verteidigung der Dardanellen und wurde im Oktober 1913 Militärattache in Bulgarien. Während des 1. Weltkrieges, in dem die Türkei an der Seite Deutschlands kämpfte, machte sich Atatürk militärisch in der Gailipoli-Kampagne (1915) einen Namen, wo er bei der Abwehr der Alliierten eine entscheidende Rolle spielte. Danach diente er im Kaukasus und in Syrien. Dort gab man ihm kurz vor Unterzeichnung des Waffenstillstands im Oktober 1918 das Kommando über eine Spezialeinheit der Armee. Als er nach Istanbul zurückkehrte, beobachtete er mit Sorge, wie die alliierten Siegermächte die Aufteilung Anatoliens vorbereiteten. Die griechische Armee besetzte Izmir an der anatolischen Küste am 15. Mai 1919 und beging ein Massaker an der Bevölkerung. Atatürk, der zum Inspekteur der Dritten Armee In Anatolien ernannt worden war, begann sofort, die türkische Nationalbewegung zu einigen und eine Verteidigungsarmee aufzustellen. Zunächst mussten die Nationalisten jedoch gegen das Regime des osmanischen Sultans in Istanbul kämpfen, der anscheinend die Aufteilung des Staatsgebiets akzeptieren wollte. 1920 war die Regierung in Istanbul schließlich völlig in Misskredit geraten, weil sie die Besetzung der Hauptstadt durch die Alliierten zuließ und den Friedensvertrag von Sevres unterzeichnete, der Teile Anatoliens unter griechische Kontrolle stellte. In der Zwischenzeit hatte Atatürk im April 1920 eine provisorische Regierung in Ankara gebildet. Nach anfänglichen Rückschlägen gewann er entscheidende Schlachten gegen die griechischen Truppen bei Sakarya (August 1921) und Dumlupinar (August 1922) und zog im September in Izmir ein. 3 FÜHRER DES VOLKES Nachdem Atatürk mit der Bedrohung von außen fertig geworden war, konnte er sich der inneren zuwenden, die von den konservativen Kräften um den Sultan ausging. Am 1. November 1922 wurde das Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober 1923 die Republik ausgerufen; Atatürk wurde ihr erster Präsident. Er gründete im August 1923 die Volkspartei (wurde 1924 in Republikanische Volkspartei umbenannt) und baute eine Ein-Parteien-Regierung auf, die mit Ausnahme zweier kurzer Experimente mit Oppositionsparteien (1924-1925 und 1930) bis 1945 Bestand hatte. Mit Hilfe seines enormen Ansehens und seiner Ausstrahlung konnte Atatürk weit reichende Reformprogramme durchsetzen und so einen modernen und weltlichen Staat schaffen. Zu den Reformen gehörten: die Abschaffung des Kalifats, also der religiösen Herrschaftsgewalt der Sultane, und anderer islamischer Einrichtungen; die Einführung von Gesetzen, Kleidung und Kalender nach westlichem Vorbild sowie der Gebrauch des lateinischen Alphabets. Des Weiteren wurde die Verfassungsklausel, die den Islam als Staatsreligion festlegte, aufgehoben (1928). Die Ideologie des Regimes, als Kemallsmus oder Atatürkismus bezeichnet, wurde 1931 formuliert und gründete auf sechs Prinzipien: RepujaiiJjajTisjmis, Nationalismus, Populismus, Dirigismus, Säkularismus und Revolutionismus. 1919 war Atatürk noch Erster unter Gleichen, doch bereits 1926 hatte er alle politischen Gegner ausgeschaltet, wobei ihm eine angebliche Verschwörung gegen ihn als Begründung diente. Obwohl er als Autokrat regierte, stützte sich sein Regime praktisch auf eine Allianz aus ziviler und militärischer Bürokratie, dem neu aufgekommenen Bürgertum und den Landbesitzern. Atatürks vorrangiges Ziel war es, sein Volk vor Erniedrigungen zu bewahren und die Türkei in eine moderne Nation des 20. Jahrhunderts umzuwandeln. Dieses Ziel verfolgte er mit absoluter Entschlossenheit und mit politischem Gespür. Sein vielleicht wichtigster Wesenszug war der politische Realismus. So konnte Atatürk seine Reformen ohne verheerende Abenteuer durchführen und die Türkei in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Atatürk starb in Istanbul am 10. November 1938. ANADOLU Anatolien Griechisch: anatole "Sonnenaufgang, Osten" entspricht lat. oriens Spätrömisch: praefectus praetorio per Orientem; comes Orientis, griech.: komes tes Anatoles; (milites) Orientales, griech.: Anatolikoi Byzantinische Themen: Anatolikon, Armeniakon, Opsilion etc. Arabische Geographen und Historiker des 9. und 10. Jh.: al-natulus, al-na.tulik Türkisch: Anadolu