SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Glauben ZERSTÖRER ALLER HINDERNISSE GANESHA, EINE DER BELIEBTESTEN GOTTHEITEN DES HINDUISMUS VON MARGARETE BLÜMEL SENDUNG 14.08.2016 / 12.05 UHR Redaktion Religion, Migration und Gesellschaft Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR SWR2 Glauben können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/glauben.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. 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Musik 1 Raga Bhajan Erzählerin: Ganeshas Vater Shiva ist für den Erhalt und die Zerstörung der Welt verantwortlich. Als Mahadeva - „großer Gott“ - hat Shiva einen eigenen Kult und gilt als Herr über alle Welten und alle Wesen, sagt die Indologin Manjiri Bhalerao aus Poona. O-Ton 1 Manjiri Bhalerao “And then you also have a separate cult of Ganesh ..as Vigna Kaharta one who brings obstacles.“ VO Sprecherin Auch um Shivas Sohn Ganesha hat sich ein eigener Kult entwickelt. Anders als Shiva wird Ganesha allerdings erst im dritten Jahrhundert erstmals in den religiösen Texten erwähnt. Als 'Vigna harta' - als jemand, der Hindernisse bringt. 2 Erzählerin: Das hinduistische Pantheon besteht aus an die dreihundertfünfzig Millionen Gottheiten. Die Menschen wenden sich mit grundverschiedenen Anliegen an diese Götter. Einige von ihnen werden vor allem anlässlich einer Hochzeit, andere nur angesichts des Todes oder bei einer Flugzeugtaufe angerufen. Es gibt Göttinnen und Götter, die aus einer weiblichen und einer männlichen Potenz bestehen und solche, die ebenso gutmütig und großzügig wie Verderben bringend sein können. Zu dieser Kategorie gehört auch Ganesha, der Lieblingsgott der Hindus. Atmo 1 Lobgesang Ganeshas Erzählerin: Im Vergleich zu allen anderen hinduistischen Gottheiten hat Ganesha den größten Einfluss. Er allein genießt das Privileg, in jedem Hindutempel vertreten zu sein, gleich ob die heilige Stätte zum Beispiel Shiva, Krishna, Kali oder Lakhsmi gewidmet ist. Und wann immer Hindus einen Tempel aufsuchen, wenden sie sich jedes Mal zuerst an Gott Ganesha und bitten ihn um sein Wohlwollen. Atmo 1 Lobgesang Ganeshas bitte hoch, dann blenden Erzählerin: Ganesha birgt vielerlei Widersprüche in sich: Er ist halb Tier, halb Mensch, kann den Gläubigen alles geben, aber auch alles nehmen und er ist dick und naschsüchtig. Nicht nur seiner Leibesfülle wegen ist Ganesha unverkennbar. Auch sein Elefantenkopf, der durchdringende Blick und der menschliche Körper zeichnen ihn aus. Mal wird der Gott mit vier, dann wieder mit zwei Armen dargestellt. In den Händen hält er eine mit Kuchen gefüllte Schüssel, eine Axt, einen Treibstock und einen abgebrochenen Stoßzahn. Ganesha kann Glück und Erfolg bescheren. Aber er kann sich auch als fleischfressende Fratze mit bleckenden Zähnen manifestieren – dann heißt er Kirtttimukha und ist ein Schrecken erregendes, todbringendes Ungeheuer. Die sonst sehr wohlwollend erscheinende Gottheit besitzt also die Macht, die Vorhaben der Gläubigen zu vereiteln und sowohl Menschen als auch Götter zu Fall zu bringen. Die Indologin Manjiri Bhalerao: O-Ton 2 Manjiri Bhalerao “Initially he was considered as the head.... and also in the rituals.” 3 VO-Sprecherin Anfangs betrachtete man Ganesha vor allem als Anführer der Ganas, einer Heerschar himmlischer Wesen, die Gott Shiva unterstellt sind. Ganesha wurde sehr mächtig. Und wenn er wollte, konnte er den Gläubigen große Schwierigkeiten bereiten. Verehrte man ihn aber gebührend, sah er davon ab. So erlangte Ganesha den Ruf, alle Hindernisse aus dem Weg räumen zu können. Diese Veränderung schlug sich in den Texten, den bildlichen Darstellungen und in den Ritualen nieder. Atmo 2 Ganesha-Mantra O-Ton 3 Priester Trilok Murthy “When devotees perform.. Ganesha is very much pleased... gets grace of Lord Ganesha.“ VO-Sprecher Ganesha ist über jede Form der Anbetung überaus erfreut und er wird dem Gläubigen dafür seine Gunst schenken. Erzählerin: Sagt der Priester Trilok Murthy aus dem Ganesha-Tempel Sri Vinayaka Mandir in Neu-Delhi. Atmo 2 Ganesha-Mantra O-Ton 4 Trilok Murthy „There are various types of special pujas.. in Sanskrit one thousand. VO-Sprecher Wir können viele verschiedene Rituale für Ganesha ausführen. So baden wir die Statuen zum Beispiel und fügen dem Waschwasser wohltuende Essenzen hinzu. Dazu tragen wir heilige Verse vor. Wenn wir diese Mantras singen, erfüllen wir Ganesha mit großer Freude! Danach bieten wir ihm symbolisch 1008 Blumen dar, indem wir alle seine Namen singen. O-Ton 5 Priester-Vortrag Namen Ganpatis Trilok Murthy Sanskrit Atmo 2 Ganesha-Mantra bitte hochziehen, dann blenden O-Ton 6 Manjiri Bhalerao “The beauty of Ganesh lies in his intelligence .. That's why people love him.“ VO-Sprecherin Ganeshas Schönheit beruht auf seiner Intelligenz. Außerdem ist er wohlbeleibt, reitet auf einer kleinen Maus und er kann einfach alles! Deshalb lieben ihn die Menschen. Musik 2 Raga Bhajan ( wie Musik 1 ) 4 Zitatsprecher: Einmal forderten Shiva und Parvati ihre beiden Söhne zu einem Wettstreit heraus. Sieger würde derjenige von ihnen sein, der als erster die Welt umrundet hätte. Ganeshas Bruder Kartikeya setzte sich auf seinen Pfau und flog sogleich los. Ganesha dagegen blieb bei seinen Eltern. Kurz bevor er seinen Bruder heimkehren hörte, schritt er dreimal um Shiva und Parvati herum und bekundete ihnen seine Hingabe. Die Eltern erklärten Ganesha zum Sieger. Denn er hatte die Shastras, die heiligen Schriften verinnerlicht, in denen es heißt, dass die Eltern für ein Kind die Welt, wenn nicht gar das Universum darstellen. Musik 2 Raga Bhajan ( wie Musik 1 ) Erzählerin: Außer von Hindus wird Ganesha auch von Jainas und einem Teil der Buddhisten verehrt. Die Gläubigen bitten ihn vor Antritt einer Reise, vor Vertragsabschlüssen, Prüfungen oder vor dem Bau eines neuen Hauses um sein Wohlwollen. Die Statue des Gottes mit dem abgebrochenen Stoßzahn, der in einer seiner Hände eine Schale voller Süßigkeiten hält, thront über Haus- und Geschäftseingängen und blickt von den Armaturenbrettern indischer Autos und Busse in den Straßenverkehr. Atmo 3 Gläubige rezitieren Erzählerin: In den Tempeln flüstern die Gläubigen ihre Wünsche seiner ständigen Begleiterin ins Ohr – einer Ratte. Ganeshas wendiges, kleines Reittier gilt als Botschafter und enger Vertrauter der Gottheit, sagt die Südasienwissenschaftlerin Katja Eichner. O-Ton 7 Katja Eichner Ganesh, der Elefantengott, bekommt die Ratte zugeordnet. Es ist 'ne sehr lustige Darstellungsweise immer - der große elefantenköpfige Mensch, der da auf der Ratte durch die Welt reitet, 'ne sehr schöne Vorstellung. Man sagt, beide sind fähig, Hindernisse beiseite zu räumen. Also die Ratte, die findet überall Eingang, die kann alle Hindernisse irgendwie beiseite räumen. Und Ganesh ist ja auch dafür zuständig, dass er Hindernisse beiseite räumt. 5 Erzählerin: Vor den meist in Bronze gegossenen Statuen der Ratte stehen die Tempelbesucher Schlange, bis sie an der Reihe sind und die Weggefährtin ihres Gottes mit der Übermittlung ihrer Anliegen betrauen können. Atmo 3 Gläubige rezitieren Erzählerin: Ein kleines Stück weiter stockt die Menschenmenge im Tempel nochmals dort, wo die Gläubigen Ganesha auf eigens dazu angebrachten Wandtafeln mitteilen können, was ihnen am Herzen liegt. In allen Landessprachen schreiben die Anhänger des Gottes ihre Bitten und Nöte nieder - mit Kugelschreibern, Filzstiften oder auch einfach mit den Fingern. Atmo 3 Gläubige rezitieren bitte hoch und blenden Erzählerin: Auch wenn Hindu-Kinder ihre ersten Schreibversuche machen, setzen die Gläubigen auf ihren Lieblingsgott. Die Eltern beauftragen einen Priester damit, ein Ritual durchzuführen, um Ganesha zu erfreuen und sein Wohlwollen zu gewinnen. Der Gott aller gutgemeinten Unternehmungen, der Schutzpatron der Künstler und Schriftsteller soll den Kleinen dabei helfen, das Alphabet zu lernen und die Tücken ihrer Muttersprache sicher zu umschiffen. Bei dieser Gelegenheit macht man die Kinder auch mit einer besonders beliebten Anrufung Ganeshas vertraut. Atmo 4 Ganesha-Mantra Om Sri Ganeshaya Namah Zitatsprecher: Ganesh Beseitiger aller Hindernisse, dessen Form Pranava, der Urklang, ist, Verkörperung von Weisheit, Oh Vinayaka, Gewährer von Glück, der Du die Süßspeise Modaka in Deinen Händen hältst! Oh Elefantenköpfiger! Gegrüßet seist Du. Om Gam Ganapataye Namaha. Atmo 4 Ganesha-Mantra Om Sri Ganeshaya Namah bitte hoch 6 Erzählerin: Der wohlgenährte Gott wird von einem Teil der Gläubigen als ihr Hauptgott verehrt. Es sind die „Ganapatyas“, Hindus, die meist aus dem westindischen Bundesstaat Maharasthra oder aus Südindien stammen. Die Mitglieder dieser Hindu-Denomination sind im Allgemeinen eher unauffällig. Mit einer Ausnahme: Vor größeren Tempelfesten lassen sich einige von ihnen einen roten Kreis auf die Stirn und das Gesicht eines Elefanten auf die Schulter malen. Atmo 4 Audio Ganesha-Mantra Om Sri Ganeshaya Namah bitte hoch und weg Erzählerin: Im Kastensystem, einer hierarchischen Einordnung der Hindus in verschiedene Gruppen, sind die Ganapatyas weit oben angesiedelt. Sie gehören einer der höheren Kasten an und sorgen unter anderem dafür, dass in ganz Indien Ganesha-Tempel errichtet, unterhalten und den religiösen Vorgaben gemäß betrieben werden. Dazu gehören unter anderem ganz spezielle Zeremonien, betont der Priester Trilok Murthy: O-Ton 8 Priester Trilok Murthy “Chanting of Lord Ganesha's mantras will have the effect ... creates a vibration in the entire atmosphere.“ VO-Sprecher Ein Teil der Rituale besteht aus Anrufungen Ganeshas. Es ist wichtig, den Gesang dieser rituellen Texte mit einer weiteren Zeremonie zu verbinden, die wir Ganapati Hawan nennen. Unter anderem wird dabei reines Butterfett in das heilige Feuer im Tempel gegossen. Und noch einmal zurück zu den Anrufungen Ganeshas, zu den Mantras – der Rhythmus, der Klang und die Aussprache dieser vedischen Silben sind sehr wirkmächtig. Die Umgebung, die gesamte Atmosphäre ist von der Vibration der Mantras durchdrungen. Atmo 5 Ganpati-Sloka-Gesang im Tempel Erzählerin: Die Angehörigen der Ganapatya-Gemeinschaft halten nicht nur die Vorgaben für die Rituale akribisch ein. Auch die Herstellung der GaneshaStatuen nach den in religiösen Schriften dargelegten Regeln, den Shilpashastras, liegt den Ganapatyas am Herzen. O-Ton 9 Priester Trilok Murthy “The idol of Lord.... There are nearly... You can witness.“ 7 VO-Sprecher Ganesha-Statuen werden in den alten Schriften, den Puranas, ganz genau beschrieben. Ob es sich um seine Augen, die Ohren, den Rüssel, den Bauch oder den Stoßzahn handelt – nichts wird dem Zufall überlassen. Es gibt vierundsechzig verschiedene Möglichkeiten, Ganesha darzustellen. Jeder dieser Statuen wendet man sich mit individuellen Anliegen zu. Allein in unserer großen Tempelhalle haben wir zweiunddreißig verschiedene Ausführungen Ganeshas. Atmo 6 Außenatmo Ganesha - Pilgerreise Erzählerin: Die diversen Darstellungen des Gottes können die Gläubigen auch während einer etwas mühevollen, aber sehr beliebten Pilgerreise bewundern. Drei Tage dauert diese Wallfahrt, die Ganeshas Anhänger durch Teile des westindischen Bundesstaates Maharashtra führt. Über Stock und Stein fahren die Pilger im gemieteten Kleinbus oder mit dem Taxi. Übernachtet wird in sehr einfachen Herbergen, die meist nicht einmal einen Ventilator besitzen, der den Reisenden während der schwül-heißen Sommerhitze Erleichterung bieten könnte. Doch das religiöse Verdienst, das die Gläubigen sich erhoffen, macht in ihren Augen alle Mühen wett. Atmo 6 Außenatmo Ganesha-Pilgerreise Erzählerin: Acht Ganesha-Tempel besuchen sie im Zuge ihrer Wallfahrt. Und immer wieder können sie andere Abbildungen und Statuen der Gottheit bestaunen. Mal kommt Ganesha mit einer stilisierten Schlinge daher, mithilfe derer er seine Anhänger aus ihren weltlichen Problemen herauszieht. Dann wieder ist er mit einer Axt bewehrt, dem Symbol für die Zerstörung aller Bindungen und Wünsche. Immer jedoch bestechen die Statuen durch ihre kleinen, aber durchdringenden Augen, die über die „innere Schau“ verfügen - die Fähigkeit, den Geist Gottes in allem und jedem sehen zu können. Atmo 6 Außenatmo Ganesha – Pilgerreise Erzählerin: Ganesha-Anhänger, wie der aus Delhi stammende Gopal Das und seine Frau, begeben sich nicht zum ersten Mal auf diese Wallfahrt, die sogenannte Ashtavinayak. Für sie steht fest: Wer die mit der Asthavinayak verbundene Mühsal auf sich nimmt, gewinnt das Wohlwollen der Gottheit in besonderem Maße. 8 O-Ton 10 Pilger “Ashtavinayak ... back to Morgaon.” VO Sprecher 'Ashtavinayak' - das bedeutet acht Ganesha-Tempel. Wir sollen unsere Pilgerreise hier in Morgaon beginnen, dann nach Siddhatek weiterfahren und im Anschluß die restlichen Tempel besuchen. Meine Frau und ich machen das seit achtzehn Jahren so. Jedes Jahr. Am Ende der Pilgerfahrt kommen wir dann erneut hierher zurück. Erzählerin: Die Ganesha-Wallfahrt bietet den Gläubigen auch immer wieder Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Während solcher Begegnungen kommt häufig „das Wunder von Ganesha” zur Sprache, ein Ereignis, das im September 1995 stattgefunden hat. Musik 3 Raga Erzählerin: Am 21. September des Jahres 1995 verbreitete sich in Indien die Nachricht, eine Ganesha-Statue in einem Tempel Delhis habe ihren Rüssel in das vor ihr stehende Behältnis getaucht und die darin befindliche Milch getrunken. Bald darauf stand das Land Kopf. Fünfzig Millionen Inder wollten am „Wunder von Ganesha” teilhaben. Binnen kurzem war landesweit die Milch ausverkauft, weil alle in den örtlichen Tempel oder an den Familienaltar eilten, um “ihrer” Ganesha-Statue Schalen voller Milch vorzusetzen – in der Hoffnung, Gott Ganesha werde sie leertrinken. Musik 3 Raga hoch, dann wieder unterlegen Erzählerin: Doch das Mysterium, das manche schon mit dem Wunder der blutenden Marienstatuen gleichsetzten, hatte bald ein Ende: Die mit Milch gefüllten Behältnisse blieben unberührt. Musik 3 Raga Erzählerin: Wissenschaftliche Erklärungen, der Verweis auf eine Massenhysterie und Verschwörungstheorien, die religiöse Organisationen und Parteien des Betrugs und der Agitation bezichtigten, wurden laut. Am Ende aber wurde das Rätsel um „das Wunder von Ganesha” nie gelöst. Musik 3 Raga bitte hoch und blenden 9 Atmo 7 Hymne Erzählerin: Ganeshas Verehrung findet einmal im Jahr ihren Höhepunkt, wenn sein Geburtstag gefeiert wird. Das Datum, das sich nicht am Sonnen-, sondern am Mondkalender orientiert, ist jedes Jahr ein anderes. Dieses Jahr fällt Ganeshas Ehrentag Ganesh Chaturthi auf den 5. September. Die Indologin Manjiri Bhalerao: O-Ton 11 Manjiri Bhalerao “People love him... So they move around and take holidays.“ VO-Sprecherin Die Leute lieben ihn – nicht zuletzt, weil sie seinetwegen und ihm zu Ehren das Ganesh Chaturthi feiern können. Dies ist eine Zeit, in der im Namen Ganeshas alles möglich ist! Die Gläubigen genießen die zehn Tage des Festes sehr – den meisten gelingt es, die Sorgen des Alltags für kurze Zeit zu vergessen. Es wird ausgelassen getanzt, reichlich gegessen und getrunken. Und die Legenden, wie etwa die um Ganeshas Streit mit dem Mond, machen die Runde! Musik 4 Raga Bhajan ( wie Musik 1 ) Zitatsprecher: Einmal hatte Ganesha eine ungeheure Menge seiner Lieblingssüßigkeit verzehrt. Gerade ritt er auf seiner Ratte heimwärts, als eine Schlange dem flinken Nagetier hinterrücks ein Bein stellte. Unversehens fiel der Gott herab, sein prallgefüllter Bauch platzte auf und die Konfektkugeln, die Ganesha zuvor gegessen hatte, rollten aufs Pflaster. Der Mond, der das genau verfolgt hatte, lachte über diesen Anblick, bis er auf den Rücken fiel. Gott Ganesha aber war darüber so erzürnt, dass er den Mond für immer vom Himmelsgrund verbannte. Musik 4 Raga Bhajan ( wie Musik 1 ) bitte hoch, dann wieder unterlegen Zitatsprecher: Ohne den Mond gab es weder Nacht noch Zwielicht. Die Liebenden auf der Erde klagten, die Alten fanden keinen Schlaf und seufzten und selbst die Götter murrten, dass der immerzu von hellem Licht erfüllte Himmel sie reizbar und streitsüchtig machte. Da gab Ganesha ihren Bitten nach. Er ließ den Mond an seinen Himmelsplatz zurückkehren, doch fortan musste er sich in einen Turnus fügen, in dessen Folge er jedes Mal von neuem zu einer dünnen Sichel schrumpfen sollte. 10 Götter und Menschen aber, die am Ehrentag Ganeshas zum Mond aufschauen, müssen sich danach vor Streitigkeiten und Gerüchten hüten. Musik 4 Raga Bhajan (wie Musik 1) / bitte hoch und blenden Erzählerin: Schon Wochen vorher werden in ganz Indien Statuen und Festwagen für den Geburtstag Ganeshas gezimmert. Familien, die den Festtag daheim begehen, schmücken ihren Hausaltar mit Blumen, kleiden die Statuen neu ein und überreichen ihrem Gott Reis und seine Leibspeise – in Butter gewälzte süße Konfektkugeln. Ein Priester haucht der für diesen Anlass angefertigten Tonfigur Ganeshas symbolisch Leben ein. Atmo 8 Ganesh Chaturthi Erzählerin: In ganz Indien ist während des Ganesh Chaturthi auf vielen Straßen kein Durchkommen. Gemüsekarren rumpeln über den Asphalt, Gefährte, die durch frischen Anstrich und goldflirrende Brokatdecken aufgewertet worden sind, um nun die kolossalen Statuen von Gott Ganesha befördern zu dürfen. Atmo 9 Ganesh Chaturthi Erzählerin: Neben den Wagen laufen außer Rand und Band geratene Kinder hin und her. Gestandene Männer schlagen entrückt die Trommeln, die sie sich umgehängt haben. Frauen in ihren schönsten Saris versuchen mit Mann und Kindern Schritt zu halten, um den Rest der Familie nur ja nicht aus den Augen zu verlieren. Atmo 9 Ganesh Chaturthi Erzählerin: Segensrufe werden ausgebracht und die Anhänger tanzen mit ihren Ganesha-Figuren auf den Schultern neben den Festwagen her, während ein schweißüberströmter Polizist versucht, mit seinem Gummiknüppel einen aus dem Takt geratenen Frauen-Chor zu dirigieren. Atmo 10 Ganesh Chaturthi mit „Chor“ 11 Erzählerin: Die Zahl der Gläubigen lässt sich meist kaum noch überblicken. Und überall Ganeshas: Als über acht Meter in die Höhe ragende Statue blickt die Gottheit mit dem Elefantenrüssel von einem mit kühl-blauer Seide ausgeschlagenen Podest auf die Menschen herunter. Dann wieder auf einer Drehbühne: Mit erhobenen Händen und strengem Lächeln weist Ganesha den Todesgott Yama in seine Schranken. Atmo 11 Priesterrezitation O-Ton 12 Katja Eichner: Wenn man weiß, dass er derjenige ist, der die Probleme beiseite räumt, der uns Schwierigkeiten und Hindernisse überstehen lässt und dass er auch noch dafür zuständig ist, dass wir erfolgreich im Leben sind - also ich denke, da bleibt Ihnen doch nichts Anderes übrig, als ihn zu mögen, oder? Atmo 11 Priesterrezitation bitte unter d. folg. Text blenden Erzählerin: Am Ende finden die Statuen des hinduistischen Lieblingsgottes im Wasser ihre letzte Heimat. Traditionsgemäß bringen die Ganesha-Anhänger sie zu Fuß, auf Handkarren oder kleinen Pritschenwagen zum Meer, einem Fluss oder einem kleinen Weiher. Die Gläubigen setzen sich ihre Bronze- oder Tonfigur auf den Kopf und schreiten damit zum Wassersaum. Dreimal tauchen die Menschen mit ihrem Ganesha unter, murmeln eine Segensformel, lassen die Statue los und schauen ihr nach, wie sie davontreibt. Entstehung - Erhaltung - Zerstörung - Neubeginn. Nachdem Gott Ganesha Gestalt angenommen hatte und er Gast der Gläubigen geworden war, schließt sich der spirituelle Zyklus nun, indem seine Anhänger ihre Statuen den Elementen überantworten. Musik 5 Raga Bhajan O-Ton 13 Manjiri Bhalerao “We always believe that our fate lies in his hand … And you get this by doing all these rituals all over your life. “ VO-Sprecherin Wir sind seit jeher davon überzeugt, dass unser Schicksal in seinen Händen liegt. Indem wir Ganesha verehren, bitten wir ihn darum, unser Leben sorgenfrei zu gestalten und alles in gute Bahnen zu lenken. Die Zeremonien, die wir für Ganesha vollführen, die Teilnahme am Ganesh Chaturthi – all das bringt spirituelles Verdienst. Und damit sichern wir uns günstige Voraussetzungen für unsere nächste Wiedergeburt. Es ist also sehr bedeutsam, ein Leben lang die ihm zugedachten Rituale zu erfüllen. 12 Musik 5 Raga Bhajan 13