der "Imbrassionen" (Predigt des Leit. Obmannes).

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1. Wenn dein Kind dich morgen fragt …
Papa, sagst du immer die Wahrheit? Papa, was würdest du tun, wenn du 1 000 Euro
finden würdest? Papa, liebst du Mama noch? Papa, wie oft putzt du dir die Zähne?
Kinder sind Paparazzi, sie zerren mit ihren Fragen Dinge ans Licht, die manchmal
besser im Dunkeln blieben. Sie holen mit ihren Fragen Dinge aus der Ferne, die uns
nahe gehen. Ich will, ich kann doch nicht, wie soll ich denn, und vor allem meinen
Kindern, erklären, dass ich doch, also manchmal kann man eben nicht anders, das
lernst du noch früh genug; die Welt ist nicht so, wie du meinst.
Wenn ich so weiterrede, dann rede ich mich noch um Kopf und Kragen. Dann fragt
mich mein Kind morgen nichts mehr, weil ich in seinen Augen alle Glaubwürdigkeit
verspielt habe. Ich wäre dankbar, wenn mich meine Kinder morgen noch fragen
würden. Dazu muss ich mich heute ihren Fragen stellen und vor allen Dingen mit
ihnen reden.
Papa, glaubst du auch an Gott?
Papa, war Jesus wirklich da?
Papa, warum sind Menschen krank?
Kinder fragen nichts anderes als wir. Sie fragen unsere Fragen, als würde es nur ein
paar wenige Fragen auf der Welt geben. Sie fragen:
Wie glaubwürdig bist du?
Welche Werte hast du?
Was willst du mit deinen Zielen erreichen?
Wie gehst du mit Schuld und Versagen um?
Und wer bringt den Müll raus?
Es sind die immer gleichen Fragen, nur manchmal anders verpackt, nicht immer so
offen und direkt, manchmal auch hintersinnig und versteckt, übervorsichtig und klug.
Es bleiben aber die gleichen Fragen, weil es keine Antworten gibt, die ein ganzes
Leben lang halten.
Antworten haben eine Halbwertszeit. Die Fragen hingegen sind ewig.
2. Wenn mein Kind mich morgen fragt …
Meine Kinder fragen nicht morgen, sie fragen vielleicht am Morgen und am Mittag
und am Abend und zwischendrin; sie fragen eigentlich immer: Papa, warum? Warum
gibt es Bäume? Papa, warum sind Menschen da? Papa, warum haben Männer einen
Penis?
Manche Fragen beantworte ich aus dem Stegreif, andere beantworte ich aus dem
Effeff oder aus dem Nichts und wieder andere beantworte ich mit einer Gegenfrage.
Warum fragst du das ausgerechnet mich? Ich bin doch nicht blöd. Dabei fühle ich
mich so. Fragen können einen nervös machen, besonders wenn sie von den eigenen
Kindern kommen.
Papa, warum gibt es Bäume? Mein Gott, wie um Himmels Willen kommt ein
Fünfjähriger auf solch eine Frage? Warum gibt es Bäume? Was für eine hoch
philosophische Frage: Denn zum einen fragt er nach dem, was ist, warum die Welt
so ist, wie sie ist, und nicht anders. Damit fragt er nach Biologie, den
Zusammenhängen von Photosynthese und Ozonloch nach Ökologie und Kommerz.
Warum sind Bäume? Warum gibt es Fragen? Warum ist nicht nichts? Und warum bin
ich nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten? Mit einer Frage stellt sich mir ein
Wust von weiteren Fragen und ich bin raus. „Die Welt ist alles, was der Fall ist“,
meinte zumindest Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus Logicus. Das hilft mir in
dem Moment aber auch nicht weiter.
Das war aber nur die eine Seite der Frage. Zum anderen fragt er mich. Genau mich.
Er fragt nicht irgendwen, sondern mich! Mich, den er für den hält, der alles weiß und
wissen muss. Soll ich ihm jetzt schon sagen, dass ich nicht der bin, für den er mich
hält? „Hör mal zu, mein Sohn, fragen kannst du, soviel du willst, aber erwarte von
deinem Papa nicht allzu viel.“
Ist es nicht zu früh für diese Enttäuschung?
Soll ich ihn noch ein wenig in dem Glauben lassen, dass Väter alles wissen und
reparieren können? Aber - Offenheit und Ehrlichkeit, das könnte, das müsste mein
Sohn doch als Erstes von mir erwarten.
„Papa, warum gibt es denn nun Bäume?“ Manchmal frage ich zurück: „Was meinst
denn du?“ Die Erklärungen von ihm sind meist kurz und einfach: „Weil die Vögel
darin ihre Nester bauen“, oder „Weil die Blätter doch irgendwo hängen müssen“. Ihm
helfen seine eigenen Erklärungen meist mehr als meine, die von Biologie oder
Ökologie handeln. Und mich bringen sie zum Nachdenken. Kinder fragen oft klug,
wir, entschuldigt das harte Wort, scheißen oft nur klug.
Vielleicht hätte ich ihm einfach die Geschichte vom Baum im Garten erzählen sollen:
Weil Gott die Welt wollte, so wie wir dich wollten. Dahinter steckt ein Wille, einer, der
will, dass etwas ist und bleibt und nicht vergeht. Deswegen gibt es Bäume.
Und weil alles, was ist, also auch die Bäume, ein wenig eine Versuchung ist, weil die
Menschen immer alles haben wollen, weil wir manchmal denken, sie sind nur für uns
da. Dabei sind sie nur da, weil er sie wollte. Damit wir das lernen, dafür gibt es auch
Bäume.
Aber das ist mir damals alles nicht eingefallen. Sondern erst viel später und da wollte
er wissen, warum die Flugzeuge am Himmel Linien malen und die Sonne abends rot
wird und die Augen in der Nacht nichts sehen. Und warum ich manchmal auf seine
Fragen nicht antworte.
3. Wenn mein Kind mich morgen fragt ...
Ist euch das schon mal aufgefallen, dass Gott am Anfang der Bibel nicht fragt? Es
gibt zunächst keine Fragen. Das hängt nur damit zusammen, dass er noch
niemanden zum Fragen hatte. So lange der Mensch noch im Paradies war, war er
einfach kein Gegenüber für Gott. Denn der Mensch tat ja alles, was Gott von ihm
wollte. Fraglos. Erst als er sich als selbständiges Wesen zeigte, als er etwas tat, was
Gott nicht wollte, wurde er zum Menschen. Menschwerdung hat also etwas mit
Ungehorsam und Fragen zu tun.
Erst als der Mensch Mensch wurde, fragte Gott ihn. Keine leichten Fragen. Nein,
wenn Gott fragt, dann haben es die Fragen in sich und sind schwer zu beantworten.
„Adam, wo bist du?“, war die erste Frage Gottes an sein Geschöpf. Oder genauer:
„Mensch, wo bist du?“ Ich glaube, dass das überhaupt die einzige Frage ist und die
einzige sein wird, die er uns dann noch einmal stellen wird, wenn auch wir ihm von
Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Mensch, wo bist du? Die Frage fordert
eine Ortsbestimmung. Nicht, wer bist du? Oder was? Sondern wo? Wo stehst du?
Auf meiner Seite? Oder wo bist du? Wo finde ich dich? Auch das wohnt in der Frage:
Wo kann ich dich finden, damit ich dich abholen kann. Immer aber stellt die Frage
zuerst die Distanz fest, die Distanz zwischen ihm und uns. Und die gilt es ja wieder
zu verringern.
„Kain, wo ist dein Bruder Abel?“, das war die zweite Frage.
Auch die steht vor uns. Wo ist dein Bruder, Abel?
„Soll ich der Hüter meines Bruders sein?“ Die Antwort ist ein Hammer! Eine
Gegenfrage! Mutig war er schon, der Kain. Aber die Antwort bzw. Gegenfrage taugte
nichts. Wir müssen uns fragen, ob dies nicht auch die Antwort ist, die wir in der Regel
geben. Gottes Fragenkatalog ist sehr klein. Übrigens der von Jesus auch. Sucht mal
nach den Fragen und stellt sie zusammen. Das reicht für einen ganzen Gottesdienst.
4. Wenn dein Kind dich morgen fragt
Nicht nur Gott und die Kinder fragen, auch Jugendliche, und Erwachsene hören auch
nicht auf zu fragen. Und Eltern erst mal, was die fragen können! Und Großeltern? Die
Fragen scheinen im Alter erst so richtig zuzunehmen. Alle Generationen fragen,
haben ihre Fragen. Jeder fragt sein ganzes Leben. Das ganze Leben ist eine einzige
Fragerei. Ich habe die Lebensabschnitte mal nach ihren Fragen gefragt.
1. Die Fragen der Kindheit und Jugend
Erste nachgeburtliche Fragen
Mama? Wo bist du? Wann gibt es was zu essen?
Frühkindliche Fragen
Wo bin ich? Wer ist da? Wann gibt es was zu
essen?
Kindliche Fragen
Wo ist die Fernbedienung? Wer macht das weg?
Wann gibt es was zu essen?
Erste jugendliche Fragen
Wer bin ich? Warum ist das so? Wann gibt es was
zu essen?
Jugendliche Fragen
Wer bist du? Wem gehört das? Wann gibt es was zu
essen?
Teenager-Fragen
Was soll das? Wer sagt das? Wann gibt es was zu
essen?
Spätpubertäre Fragen
Was guckst du? Was kostet das? Wann gibt es was
zu essen?
2. Fragen der ersten Beziehungen
Erste Beziehungsfragen
Wie heißt du? Wo wohnst du? Wohin gehen wir
essen?
Zweite Beziehungsfragen
Wie geht’s dir? Was denkst du? Was kochen wir?
Dritte Beziehungsfragen
Wie war ich? Wann kommst du? Willst du was
essen?
Vierte Beziehungsfragen
Wer war denn das? Und wo warst du? Wann kochst
du?
Fünfte Beziehungsfragen
Was soll das? Wo willst du hin? Was kocht da?
Sechste Beziehungsfragen
Was mach ich jetzt? Wer will mich? Und wie kocht
man?
3. Elternfragen
An Neugeborene
Wie geht das? Wann macht das? Was kriegt das zu
essen?
An Kleinkinder
Wo bist du? Was machst du? Was hast du
gegessen?
An Kindergartenkinder
Was liebst du? Wer holt dich am Sonntag ab? Wer
macht dir was zu essen?
An Schulkinder
Wann machst du das? Wo hast du das her? Was
willst du essen?
Eltern fragen Teenager 1
Was soll das? Wer bezahlt das? Wer gibt dir was zu
essen?
Eltern fragen Teenager 2
Wo warst du? Wo hast du das her? Willst du nichts
essen?
Eltern fragen Twens
Was glaubst du? Was wird das nur? Und was ist mit
Essen?
Eltern fragen erwachsene Kinder Wann sieht man dich? Was wird aus dir? Wer will
was zu essen?
4. Vorletzte Fragen
Frühsenile Fragen
Was sagst du? Was wird schon wieder? Wer macht
mir was zu essen?
Mittelsenile Fragen
Wo bin ich? Was soll ich noch? Wer mag das denn
essen?
Spätsenile Fragephase
Wer bist du? Wo sind meine Zähne? Wann gibt es
was zu essen?
5. Letzte Fragen
Mama? Wo bin ich? Gibt’s hier wirklich nichts zu
essen?
5. Wenn dein Kind dich morgen fragt ...
Ich habe festgestellt, dass in den Regionen in Deutschland überall ein wenig anders
gefragt wird.
Der Sachse zum Beispiel fragt immer noch mal nach: „Nü?“ Nach nahezu jedem Satz
stellt er am Ende noch mal alles in Frage. Nicht, dass er unsicher ist, nein, als
Rheinländer des Ostens will er die Kommunikation nicht einfach mit seinem Satz
beenden. „Nü?“ heißt einfach „Und was sagst du dazu?“ Sehr sympathisch und fast
weise will er das Gesagte nicht einfach so in den Raum stellen und in ihm stehen
lassen. Fakten mögen Fakten sein, aber man kann sich doch trotzdem darüber mal
austauschen. „Wir gönnen doch och nichts dafür, dass im Osten de Sonne unterjeht.
Nü?“
Der Rheinländer fragt nicht, er „frägt“. Die Frage sei seine wahre Natur, heißt es bei
Konrad Beikircher. Hier sei er zu Hause. „Isch jelaube, ich seh nisch rischtisch?“ Am
liebsten fragt der Rheinländer sich selbst: Ich glaube, ich sehe nicht richtig? – Wer
sollte das auch sonst beurteilen können? Aber der Rheinländer fragt sich das eben.
Denn nur dann kann er weiterreden. Nich? Er fragt sich selber und tritt so öffentlich
zu sich in einen inneren Dialog. Alles mit Hilfe der Frage. Er braucht dann niemanden
mehr, mit dem er sich unterhalten kann. Von wegen; mit dem zweiten sieht man
besser. Der Rheinländer schafft das ganz alleine.
Der Bayer hingegen kann mit Fragen oft nicht viel anfangen. Selbst das berühmte:
„Host mi?“ klingt mehr als Drohung und sollte tunlichst nicht mit einer weiteren Frage
gereizt werden. Dabei möchte ich zur Ehrenrettung anführen, dass der Oberbayer
sein „Grüß Gott?“ immer in Frageform stellt. Also in hannoverischem Hochdeutsch:
“Würdest du für mich Gott von mir grüßen?“ Wer würde nicht? Wenn auch vielleicht
nicht gleich, sondern lieber erst etwas später.
Der Berliner distanziert sich gerne mit der Frage: „Ick jelob, ick spinne?“ Hier wird
zunächst nur geglaubt, was andere schon längst wissen. Damit ist er dann scheinbar
fein raus. Und für nichts mehr verantwortlich. Sein Glaube sagt ihm nur, dass er
spinnt. Wer das jetzt auf die Politiker in Berlin bezieht, der könnte Recht …, also ich
will das aber eigentlich nicht ...
„Hä?“ Der Norddeutsche fragt kurz und hart. „Hä?“ Zu Deutsch: „Ich bin mir nicht
ganz sicher, dass ich das richtig verstanden habe, kannst du das freundlicherweise
noch mal wiederholen?“ Der Norddeutsche ist sich halt nie ganz sicher. Das kommt
vom Meer. Das kommt und geht ja so hin und her, so dass immer ein Rest
Unsicherheit bleibt, wie viel Quadratmeter denn die Länder Niedersachsen und
Schleswig Holstein nun wirklich umfassen.
Der Schwabe beherrscht die Kunst der fraglosen Frage. Also er kann auch ohne
Fragezeichen fragen. „Desch käm ma so nit sage.“ Er hat, so scheint es, ein wenig
Angst vor der offenen Frage. So fragt er indirekt im Hauptsatz und benutzt dazu den
Konjunktiv. „Desch käm ma so nit sage“, zu Hochdeutsch: „Das könnte man so nicht
sagen. Man könnte also auch anders.“ Aber wie? Doch danach fragt der Schwabe
dann nicht mehr ernstlich, sondern da lässt er lieber die anderen ran. Denn so lange
hat er Ruhe und kann sich seiner Arbeit widmen: „Sollen die andren doch schwätzet,
mir schaffet lieber.“
Der Preuße sah in der Frage schon immer eine Bedrohung. „Noch Fragen?“ Wer
wollte da noch? Ich nicht. So schüchterte der die Menschen ein, besonders die
Rheinländer, die doch so gerne auf Fragen geantwortet hätten.
Die Saarländer fragen erst gar nicht; aus lauter Angst, dass man sie übersieht.
Stattdessen singen sie vom Frieden und essen Fleischwurst.
Die Hesse hebbe sich die Frache bis zum Schluss uff, in der Hoffnung, dass sie
vergesse werde. So können sie brutalstmögliche Aufklärung fordere, ohne das se je
ebbes preisgebbe müsse.
Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser, als man glaubt.
Da wechseln sich Fragen und Antworten ab in der sicheren Gewissheit, die Zeche
zahlt eh ein anderer.
Jo, was ham wir noch? Sorbisch verstehe ich nicht und die Westfalen haben ihre
Fragen gerade beantwortet.
Bleibt noch zu fragen, woher ich denn komme. Woher kann schon einer kommen, der
sich die Fragen selbst stellt?
6. Nachklang
Es gibt auch mehrere Berufstände, die quasi Berufsfrager sind: „Kann ich mal Ihren
Fahrschein sehen?“ oder „Haben Sie was getrunken?“ oder in der verschärften Form:
„Wo waren sie am Montag um 12 Uhr 30?“ Das macht schon Eindruck. Oder: „Wie
viel ist 53 durch 12?“ und: „Wie lange dauerte der Dreißigjährige Krieg?“ Manche
Berufe bleiben so schnell in unangenehmer Erinnerung, und das nur, weil sie immer
fragen.
Merke: Wer viel fragt, bekommt einen ungenehmen Beigeschmack.
Dabei wird unser Leben im Alltag immer fragloser. Früher, beim Einkauf, das war es
geradezu ein Fragemarathon, den man zu absolvieren hatte. „Darf´s ein bisschen
mehr sein?“ - „Am Stück oder geschnitten?“ Oder „Haben Sie heute Bananen?“
„Machen Sie Witze?“
Der Einkauf ist heute fraglos werden. Natürlich gibt es Bananen. Die Wurst liegt
schon fertig abgepackt da und geschnitten werden heute nur noch die Kunden. Man
könnte ja gefragt werden. Die Frage stelle ich mir dann heute auch selbst: „Wer soll
das bezahlen, wer hat so viel Geld?“ Und im Schnellrestaurant lautet die Frage nur
noch stereotyp: normal oder maxi?
Genau genommen werden wir aber gar nicht mehr gefragt. Denn „Draußen gibt’s nur
Kännchen.“ Meist steht am Eingang ein Schild, das keine Fragen offen lässt.
„Nichtraucher“, „Hunde müssen draußen bleiben“, „Zahlen an der Kasse“.
Wer heute noch in Frage stellen will, wird Politiker oder Pfarrer. Die einen fragen,
damit sie keine Antworten geben müssen, und die anderen antworten, damit sie
keine Fragen gestellt kriegen. Was jetzt zu welchem Berufstand gehört, kann ich
nicht sagen.
So sind am Ende alle stets betroffen, der Vorhang fällt und alle Fragen…
7. Abschluss mit Segen
Vielleicht habt ihr euch ja in den letzten Tagen gefragt: Was kann ich denn tun bei all
den vielen und vor allen Dingen offenen Fragen? Also, wenn ihr mich fragen würdet,
dann würde ich euch sagen:
Seid einfach ein wenig barmherziger. Barmherziger mit euren Nächsten, die vielleicht
nicht die richtigen Fragen stellen oder die falschen Antworten geben. Seid
barmherziger mit ihnen. Und fragt mal wieder die Ungefragten. Ihr werdet ein Wunder
erleben. Wie viele Menschen werden von niemandem mehr gefragt! Die simple
Frage an unseren Nachbarn „Entschuldigung, könnten Sie mir vielleicht den Weg
zeigen?“ könnte der erste menschliche Kontakt seit Wochen sein. Seid barmherziger
und fragt die Ungefragten.
Seid barmherziger mit euren Nächsten, die die falschen Antworten geben.
Das heißt nicht, dass ihr ihre falschen Antworten stehen lassen müsst. Nein, im
Gegenteil. Barmherzigkeit im Sinn Jesu heißt, den falschen Antworten eine Frage
entgegensetzen: „Warum denkt ihr so Böses in euren Herzen?“ und den falschen
Fragen eine Antwort geben: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Barmherzigkeit im Sinne Jesu heißt, den Menschen zu sehen, jenseits seiner
Fragwürdigkeiten. Barmherzigkeit im Sinne Jesu heißt, dem Menschen nachzugehen
und nicht ungefragt zu lassen.
Lasst uns barmherziger auch mit uns selbst sein. Den Perfektionismus, die eigenen
Ansprüche mal ruhen lassen. Für eine Probe, einen Tag. Das hilft schon. Danach hat
man dann wieder Kraft für die wesentlichen Dinge.
Lasst uns barmherziger werden. Und lasst uns das Beten wieder neu lernen. Denn
im Beten verwandeln sich unsere Fragen; sie drehen sich. Aus: „Gott, wie konntest
du das zulassen?“ wird „Mein Gott, wie konnte ich das zulassen?“. Doch dabei bleibt
das Gebet nicht stehen. Die Fragen verwandeln sich weiter: „Gott, was wird aus
mir?“ Und sie wandelt sich nochmals in die Frage: „Was wird aus meinem
Nächsten?“ Und unsere Frage wird zur Antwort: „Gott, hilf mir.“ Denn dies ist die
Antwort auf die erste und vielleicht letzte Frage Gottes an uns: „Mensch, wo bist du?“
- „Ich bin hier, mein Gott, hilf mir.“
Ich lade euch ein, mit mir zu beten:
Gott, himmlischer Vater, wenn unsere Kinder uns morgen fragen, was sollen wir
ihnen sagen? Wir haben das alles nicht gewusst? Wir standen hilflos dabei?
Und sie werden uns weiterfragen: Wie konntet ihr das nur zulassen? Was werden wir
ihnen dann sagen? Ihr an unserer Stelle hättet das auch nicht anders gemacht?
Werdet erst mal erwachsen? Warum fragt ihr ausgerechnet mich?
Und dann werden sie sich vielleicht abwenden von uns und wir stehen alleine mit der
Frage: Und was wird nun aus mir?
Wenn unsere Kinder uns morgen fragen, dann soll Friede sein, mehr als heute.
Wenn unsere Kinder uns morgen fragen, dann sollen die Tiere Lebensraum haben
und die Menschen eine Heimat. Wenn unsere Kinder uns morgen fragen, dann
sollten wir einen Schritt weiter sein auf dem Weg zu dir, Gott. Wenn sie uns fragen,
wie habt ihr das gemacht, dann würden wir gerne antworten: Mit Gottes Hilfe kann
man über Mauern springen, werden Blinde sehend, kehrt der Friede ein und wird die
Liebe leben.
Bruder Christus, hilf uns, deinen Visionen treu zu bleiben, nicht nachzulassen, nicht
aufzugeben, denn du bist auch in den Schwachen mächtig.
Heiliger Geist, sende uns hinaus in die Welt, damit wir dein Lob anstimmen, mit
Trompeten, Posaunen, mit Bigband, Jazz und Choral das Lied der Liebe singen.
Lasst uns einen Moment innehalten und für die beten, die uns besonders am Herzen
liegen.
- Stille
- Unser Vater im Himmel…
Geht als Gesegnete des Herrn.
Amen
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