NEWSLETTER 2013 | Nr. 5 5. und 12. März "Musik hat keine

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NEWSLETTER
2013
|
Nr.
5
5. und 12. März
"Musik hat keine politischen Konsequenzen. Aber sie kann uns
glücklich machen mit uns selbst."
(Elliott Carter | 1908-2012)
Liebe Freundinnen und Freunde zeitgenössischer Musik,,
Pure Cello: ein feinerer Einstieg in die Neue Musik ist kaum möglich...
Der Ausnahmecellist David Stromberg spielt am Dienstag, 5. März sechs zeitgenössische
Stücke, die den Klangreichtum, die Ausdrucksmöglichkeiten und die Vielfalt des
Violoncellospiels heutzutage widerspiegeln. Es erklingen Meisterwerke von Jörn Arnecke,
Sidney Corbett, Ruta Paidere, Helmut Lachenmann, Kaija Saariaho und Heeyeon
Jin.
Konzentration auf das Wesentliche.
The Mistake I Am:
Am Dienstag, 12. März entwickeln die herausragenden jungen Musiker Noëlle-Anne
Darbellay (Violine, Stimme,Horn-Violine) und Samuel Stoll (Horn, Marching Band French
Horn und Stimme) eine Performance, die den traditionellen Konzertabend in Frage stellt.
Audio- und videotechnisch intervenieren darüber hinaus die beiden Künstler Francisco
Sierra und Camillo Paravicini.
Die Grenze zwischen Konzert und Musiktheater ist durchlässig...
Inhalt
Dienstag, 5. März 2013 | Pure Cello | David Stromberg
Dienstag, 12. März 2013 | THE MISTAKE I AM | Noëlle-Anne Darbellay + Samuel Stoll
Dienstag, 5. März 2013 |
David Stromberg, Violoncello
Pure Cello
Jörn Arnecke
Dreifacher Klang (2004)
für Violoncello solo
Wo sich bei Alexej Jawlensky die Gegenständlichkeit auflöst, wird der Blick frei für Farben, Formen, Konturen. Was aber
bleibt, wenn der Dreiklang verschwindet? Ein Nachdenken über Musik mit Dreiklang und jenseits davon – uraufgeführt 2004
in der Jawlensky-Galerie Wiesbaden. (Jörn Arnecke)
Jörn Arnecke, 1973 in Hameln geboren, gewann bereits als 30-Jähriger mit dem Hindemith-Preis des Schleswig-Holstein
Musik Festivals einen der wichtigsten Komposi-tionspreise Deutschlands. Besonders tritt er im Musiktheater hervor: Sein
neues Werk "Kryos" (Libretto von Hannah Dübgen) wurde im Mai 2011 an der Oper Bremen uraufgeführt. Gemeinsam mit
dem Autor Falk Richter schrieb er das Musiktheater "Unter Eis" (Premiere im September 2007 bei der RuhrTriennale sowie
im Juni 2008 an der Oper Frankfurt). Im Auftrag der Hamburgischen Staatsoper komponierte er die abendfüllenden
Musiktheater "Butterfly Blues" (nach Henning Mankell, Uraufführung 2005) und "Das Fest im Meer" (Libretto von Francis
Hüsers nach dem Roman von John Berger, Uraufführung 2003) und für die Musikakademie Rheinsberg die Farce für Musik
"Drei Helden" (Text von Francis Hüsers, Uraufführung 2004). Jörn Arnecke studierte Komposition und Musiktheorie bei
Volkhardt Preuß und Peter Michael Hamel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Zuvor spielte er in der
einzigen Zivildienst-Musikgruppe Deutschlands in München und hatte Kompositionsunterricht bei Wilfried Hiller. 1997 / 98
war er einer der letzten Schüler von Gérard Grisey am Pariser Conservatoire National Supérieur.
1997 wurde er als Preisträger des Kompositionswettbewerbs der Freien und Hansestadt Hamburg zum Brahms-Jahr
ausgezeichnet, 1998 errang er den Förderpreis des Göttinger Symphonie Orchesters. Jörn Arnecke war Stipendiat der
"Studienstiftung des deutschen Volkes". Er schrieb Werke im Auftrag der Münchener Biennale, der Expo Hannover, der
Tonhalle Düsseldorf und des Brucknerhauses Linz. Am Pariser IRCAM-Institut war er angestellt für das Internet-Projekt
"Studio en ligne".
Von 2001 bis 2009 war er Teilzeitprofessor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Die Freie
und Hansestadt Hamburg verlieh ihm 2003 das Bach-Preis-Stipendium. Im Februar und März 2004 lebte Jörn Arnecke mit
einem Stipendium der Bundeskünstlerförderung im Deutschen Studienzentrum Venedig (Foto: Michael Wagener). Von 2004
bis 2008 wurde er bei der Edition Gravis, Bad Schwalbach (Inhaber: Dr. Rudolf Lück) verlegt. Inzwischen erscheinen seine
Werke, auch die älteren, bei den Internationalen Musikverlagen Hans Sikorski, Hamburg.
Sidney Corbett
Two Spring Flowers (2005)
für Violoncello solo
Iris - Blue Violet
Sidney Corbett ist 1960 in Chicago geboren, studierte Musik und Philosophie an der University of California, San Diego, der
Yale University, wo er 1989 promovierte, sowie 1985 bis 1988 an der Hamburger Musikhochschule bei György Ligeti. Seit
1985 ist Corbett vorwiegend in Europa tätig. Seine Werke, die Bühnen-, Orchester-, Instrumental-, Solo- und Vokalliteratur
umfassen, erhielten zahlreiche Preise und Auszeichnungen im In- und Ausland und werden weltweit aufgeführt. Seit 2006 ist
Corbett Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mannheim und ist auch Leiter des
dortigen Forums für Neue Musik. Ein besonderer Schwerpunkt seiner jüngeren Arbeit liegt im Bereich des Musiktheaters.
Beispiele hierfür sind die Kammeroper „X UND Y", das 2002 beim Eclat Festival Stuttgart uraufgeführt wurde, das szenische
Werk „Paradiso“, nach Dante, für Sprecherin und Streichquartett (2002 in Basel uraufgeführt), die Oper NOACH, nach einem
Libretto von Christoph Hein, das im Bremer Theater in der Spielzeit 2001/02 uraufgeführt wurde sowie die Kammeroper
KEINE STILLE AUSSER DER DES WINDES, nach Texten von Fernando Pessoa (eingerichtet von Simone de Mello), erneut im
Auftrag des Bremer Theaters, die im Januar 2007 uraufgeführt worden ist. Seine jüngste Oper, „UBU: Eine Groteske“, wurde
im April 2012 im Musiktheater-im-Revier Gelsenkirchen uraufgeführt. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Gattung
Lied bzw. Vokalmusik. Es entstanden Zyklen zu Texten von Christine Lavant, Barbara Köhler, Paul Klee und anderen.
Literarische Bezüge finden sich aber auch zu seiner Instrumentalmusik, so z.B. zu seinem Werk "Yael" für Violine und
Orchester, das durch Texte von Edmond Jabès inspiriert wurde, oder in seiner 3. Sinfonie, "Breathing the Water", für
Sopran, Trompete, Kontrabaß und Streichorchetser, uraufgeführt durch die Staatskapelle Berlin, in der Texte von Denise
Levertov und Amal Al-Jubouri gegenübergestellt werden. Ein weiteres Beispiel ist das Werk "Kykloi", nach einem Text von
Barbara Köhler, für Sopran und Kammerorchester, das im Rahmen des Festivals Wien Modern 2009 uraufgeführt wurde.
Sein neuestes Werk dieser Gattung, „Rasch“, für Sopran und Kammerensemble nach Texten von Roland Barthes wurde in
einer erweiterten Fassung im Mai 2012 im Folkwang Museum Essen uraufgeführt. Zu den Werken der letzten Zeit gehören
außerdem das Orchesterwerk “Among the Lemmings“ das durch das Staatsorchester Cottbus im März 2010 uraufgeführt
wurde, sowie das groß angelegte Klavierquintett, das im Mai 2010 durch dem Pianisten Severin von Eckhardstein und das
Utrecht Streichquartett uraufgeführt wurde. Derzeit arbeitet er an einem Werk für das Ensemble Aventure, das von der
Siemens-Stiftung in Auftrag gegeben wurde. Seine neue Oper nach dem Roman, „Das Große Heft“ von Agota Kristof, für das
Theater Osnabrück, wird im März 2013 uraufgeführt. Veröffentlichungen seiner Musik liegen u.a. bei den Labels Kreuzberg
Records, Cybele Records, Mode Records, CRI, Edition Zeitklang und Ambitus Records vor. 2011 ist eine CD-Veröffentlichung
mit seiner Musik für und mit Violine auf dem Label Blue Griffin erschienen, eingespielt von der Geigerin Sarah Plum und
2013 wird eine neue Portrait-CD veröffentlicht werden, eingespielt vom Modern Art Ensemble, auf dem Label Edition
Kopernikus. Sidney Corbett lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berlin.
Ruta Paidere
Das Feuer wahrnehmen (2005)
für Violoncello solo
Feuer ist ein sehr symbolischer Begriff, der (auch) in der lettischen Mythologie gefürchtet und angebetet wird, es ist quasi
das Leben selbst in all dessen Aspekten. In mehr als der Hälfte aller lettischer Volkslieder wird dieses für die heidnischen
Völker besonders bedeutsame Naturphänomen erwähnt.
In diesem Fall steht "Feuer" vordergründig für die timbrale Atmosphäre in dem Stück, doch im Hintergrund spielt auch die
Semantik dieses Wortes eine Rolle ebenso wie die stillen und gleichzeitig kraftvollen Geräusche, die das Brennen
charakterisieren. Der Kontrast zwischen der unglaublichen Energie des Feuers und den konzentrierten und leisen
Begleitgeräuschen ist prägend für den formalen Aufbau dieser 2005 entstandenen Komposition gewesen. (Ruta Paidere)
Ruta Paidere wurde 1977 in Tukums, einer kleinen lettischen Stadt an der Küste des baltischen Meeres geboren, wo sie auch
ihre erste musikalische Ausbildung erhielt. Der weitere Weg führte sie nach Riga, wo sie im Jahr 1998 die musiktheoretische
Ausbildung am renommierten Jázeps Medins Musikcollege abschloss. In dieser Zeit wurde sie mehrmals bei Wettbewerben
junger lettischer Komponisten ausgezeichnet. 1998 folgte das Kompositions- und Musiktheorie-Studium, später das Studium
der Klavierpädagogik an der Hamburger Musikhochschule. 2003 ergänzte sie ihre Ausbildung am Dartington College of arts
in England und erhielt im gleichen Jahr den DAAD Preis.
R. Paideres Werke sind u. a. bei verschiedenen Festivals zeitgenössischer Musik aufgeführt worden, zum Beispiel beim
"Budapester Spring", bei "Arena" in Riga, "Tenso days" in Berlin und "Musica" in Strasbourgh. Es entstanden Auftragswerke
für die Kulturstiftung NRW und Deutschlandfunk Köln, den Radio Chor Riga, die Festivals "ADEvantgarde" und "Klangzeit
Münster" oder die Sommerakademie für zeitgenössische Musik OPUS XXI. Sie schrieb auch Hörspiel-und Theatermusik und
ist als Pianistin an vielen Aufführungen zeitgenössischer Musik beteiligt.
Seit 2007 ist Ruta Paidere Mitglied des lettischen Komponistenverbandes. Sie war Stipendiatin der Oscar und Vera Ritter und
der Pro Musica Viva Stiftung. 2005 erhielt sie den Hermann und Annemarie Rauhe Preis für zeitgenössische Kammermusik
und 2007 wurde sie mit dem Bach Preis-Stipendium der Stadt Hamburg ausgezeichnet.
Zurzeit unterrichtet Ruta Paidere an der Hamburger Musikhochschule und am Hamburger Konservatorium.
Helmut Lachenmann
Pression (1969)
für Violoncello solo
Das Stück ist entstanden im Zusammenhang mit Vorstellungen von einer "instrumentalen Musique concrète". Gemeint ist
damit eine Musik, in welcher die Schallereignisse so gewählt und organisiert sind, daß man die Art ihrer Entstehung
mindestens so wichtig nimmt wie die resultierenden akustischen Eigenschaften selbst. Diese Eigenschaften wie Klangfarbe,
Lautstärke usw. klingen also nicht um ihrer selbst willen, sondern sie beschreiben beziehungsweise signalisieren die
konkrete Situation: Man hört ihnen an, unter welchen Bedingungen, mit welchen Materialien, mit welchen Energien und
gegen welche Widerstände eine Klang- oder Geräusch-Aktion ausgeführt wird. Dieser Aspekt wirkt allerdings nicht von
selbst. Er muß durch eine Kompositionstechnik erst einmal freigelegt und unterstützt werden, die den üblichen, hier aber
störenden Hör-Gewohnheiten stillschweigend, aber konsequent den Weg verstellt. In diesem ganz friedlichen Unterfangen
liegt möglicherweise das öffentliche Ärgernis ...
Natürlich spielt hierbei auch die Klang-Verfremdung eine wichtige Rolle. Sie hat so weder expressive noch absolut akustische
Bedeutung. Sie ergibt sich keineswegs als Extremfall, sondern ganz logisch und ohne äußerliche Spekulation aus der
Notwendigkeit, die erwähnten energetischen Bedingungen, unter denen Schall erzeugt wird, abzuwandeln, sie in ihren
verschiedenen Abstufungen aufeinander zu beziehen, das heißt: zu komponieren.
In diesem Sinn ist Pression ein Modell. Abgewandelt und komponiert werden hier Druckverhältnisse bei Klang-Aktionen am
Cello. Der reine, "schöne volle" Celloton ist darin also nur ein Sonderfall unter verschiedenen Möglichkeiten des
Bogendrucks, der Bogenhaltung, der Bogenführung an einer bestimmten Strichstelle, bei besonderer Präparierung dieser
Stelle durch die linke Hand des Spielers usw., wobei alle diese Gegebenheiten, die hier zusammenwirken, einzeln für sich
abgewandelt werden können. Im Fall des schönen, professionellen Cellotons ist - wie bei allen für unsere Gesellschaft
"schönen" Klängen - das Verhältnis von Aktion und Resultat besonders ausgewogen, was Anstrengung und Widerstand
betrifft. Woanders, etwa bei äußerstem Druck der gleitenden Fingerkuppe über die aufgelegte Bogenstange, ist das
Verhältnis viel komplizierter: Ein kaum zu hörendes Klangresultat kündet gleichsam von einem maximalen Kraftaufwand.
Das mag ein bloßes Spiel sein: Es ist auf jeden Fall ein Angebot an den Hörer, zu hören: anders zu hören und seine
Hörgewohnheiten und die dahinter verborgenen ästhetischen Tabus anhand einer charakteristischen Provokation bewußt zu
machen und zu überprüfen. Es ist außerdem ein Versuch über die Verständlichkeit, und dies anhand einfacher konkreter
Spannungsprozesse, die es nicht zu entschlüsseln, sondern zunächst ganz realistisch zu erfahren gilt. Hören heißt hier auf
keinen Fall wieder: zustimmend mitvollziehen, sondern heißt: Rückschlüsse ziehen, umschalten - denken. (Helmut
Lachenmann, 1972)
Helmut Lachenmann verweigert sich vorgegeben Hörerwartungen: "Die Schönheit von Musik ist für mich untrennbar an das
Niveau der Anstrengung gebunden." Der gebürtige Stuttgarter, Jahrgang 1935, studierte in seiner Heimatstadt Musiktheorie
und Kontrapunkt bei Johann Nepomuk David und Komposition bei Luigi Nono in Venedig. 1962 trat er erstmals bei der
Biennale in Venedig und den Darmstädter Ferienkursen als Komponist in die Öffentlichkeit. Seit den 1980er Jahren bilden
seine Werke den Programmschwerpunkt zahlreicher Konzertreihen und Festivals für zeitgenössische Musik. 2005 war er
Composer in Residence beim Lucerne-Festival. Einen Höhepunkt seiner kompositorischen Karriere bildete 1997 die
Uraufführung seiner Oper "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern". Außerdem ist Helmut Lachenmann seit 1966 ein
gesuchter Lehrer: Er war u.a. Dozent für Musik an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg, Koordinator für das
Kompositionsstudio der Darmstädter Ferienkurse sowie Professor an den Musikhochschulen Hannover und Stuttgart.
Daneben unterrichtete er auf der ganzen Welt in zahlreichen Seminaren. Lachenmann, der Mitglied mehrerer
Kunstakademien ist, erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, so den Kompositionspreis der Stadt Stuttgart, den
Hamburger Bach-Preis, den Musikpreis der Ernst-von- Siemens-Stiftung, den Berliner Kunstpreis und den "Leone d'oro" der
Biennale di Venezia für sein Lebenswerk. 2010 wurde Helmut Lachenmann mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Kaija Saariaho
Spins und Spells (1997)
für Violoncello solo
The title evokes the two gestures which are at the origin of the work: on the one hand the pattern which I call "spinning
tops" turning around on the one spot or undergoing changes, and on the other, timeless moments, centred on the sound
colour and texture.
The entire piece unfolds either around or between these two gestures. I chose to re-tune the instrument in order to
personalise the harmonic writing: the fifths are replaced by structures favouring major sixths and minor thirds.
Challenged by this scodatura, the sonority of Spins and Spells reminds me of the music and the instrumental colours of
another age, far older than those of the cello that we know, although seen and transformed again through my own universe.
(Kaija Saariaho, 26thJune 1997)
Kaija Saariaho, (*1952 in Helsinki) studierte an der Sibelius-Akademie in Helsinki bei dem Avantgardisten Paavo Heininen
und gründete mit Magnus Lindberg und anderen die Gruppe Open Ears. Sie setzte ihr Ausbildung dann in Freiburg im
Breisgau bei Brian Ferneyhough und Klaus Huber fort, nahm an den Darmstädter Ferienkursen teil und studierte ab 1982
am IRCAM im Centre Pompidou in Paris, wo sie 2010 noch immer lebte, computergestützte Komposition und Arbeit mit dem
Tonband und Live-Elektronik.
Es entstanden Kompositionen wie Verblendungen (1984), ein Wechselspiel zwischen Orchester und Tonband sowie Du
Cristal (1989) und …à la Fumée (1990) unter Verwendung von Live-Elektronik. Unter dem Einfluss der spectralists, einer
französischen Komponistengruppe, deren Kompositionen auf der Computeranalyse des Klangspektrums einzelner Töne auf
verschiedenen Instrumenten basieren, wandte sich Saariaho einem Stil zu, der von lang gehaltenen Bassnoten und der
Verwendung mikrotonaler Intervalle geprägt ist. In diesem Stil komponierte sie ihr bekanntestes Werk, Graal théâtre für
Violine und Orchester (1994-97).
Saariahos Werke wurden bei internationalen Festivals in London (1989), Jakarta (1989), Paris (1989, 1991) und Wien
(1993) aufgeführt. Sie erhielt 1986 den Kranichsteiner Musikpreis der Darmstädter Ferienkurse, 1988 den Prix Italia für
Stillleben, 1989 den Ars Electronica Prize für Stillleben und Io und 2000 den Musikpreis des Nordischen Rates für Lonh sowie
zusammen mit Michael Daugherty den Stoeger Prize. 1999 dirigierte Kurt Masur mit dem New York Philharmonic Orchestra
ihre Komposition Oltra mar für Chor und Orchester.
Bei den Salzburger Festspielen dirigierte Kent Nagano 2000 mit großem Erfolg ihre erste Oper L’Amour de loin (auf ein
Libretto von Amin Maalouf nach der Biografie des Troubadours Jaufré Rudel La Vida Breve) auf. 2006 fand die Uraufführung
ihrer Oper Adriana Mater an der Opéra Bastille in Paris statt. 2010 wurde in Lyon Saariahos dritte Oper Émilie uraufgeführt.
Das Libretto zu dieser Einpersonenoper schrieb wiederum Amin Maalouf, Dirigent war Kazushi Ono.
Für L'Amour de loin wurde Saariaho mit dem Grawemeyer Award für Musik ausgezeichnet. Im Januar 2009 wurde Saariaho
mit dem Heidelberger Künstlerinnenpreis, dotiert mit 5.000 Euro, ausgezeichnet. Auf Einladung von Walter Fink erschien sie
im jährlichen Komponistenporträt des Rheingau Musik Festival 2010, als zweite Frau nach Sofia Gubaidulina. Im
Metternichsaal von Schloss Johannisberg erklangen unter anderem Sept Papillons für Violoncello solo (2000), gespielt von
Anssi Karttunen, und Quatre Instants für Sopran und Klavier (2002) mit Pia Freund und David Lively. 2011 erhielt sie den
Léonie-Sonning-Musikpreis. 2011 wurde der Einspielung ihrer Oper L'Amour de loin durch das Deutsche SymphonieOrchester Berlin und den Rundfunkchor Berlin unter der Leitung von Kent Nagano der Grammy Award in der Kategorie Best
Opera Recording zuerkannt.
Heeyeon Jin
Wassertropfen (2010)
für Violoncello solo
Ein Wassertropfen fällt auf ein Blatt, bleibt für sich, ein weiterer Tropfen fällt, die Tropfen fallen fortdauernd hintereinander.
Wasser versammelt sich zusammen, die Quelle, der Bach, der See, das Meer. Der Tropfen verdampft, steigt auf und kehrt
als sich ergießende Wolke zurück, kreisende Wiederkehr.
Die Reise des Wassertropfens assoziiert für mich verschiedene Farben des Celloklanges.
Ich habe bildlich graphisch skizziert, formal in verwandte Verläufe gebracht, die sich vor allem in der Klangfarbe
unterscheiden: ausgespielter Haupt-Ton, Oktavierung des Einzeltones, Flageolette aus dem Haupt-Ton heraus und
allmähliche Hinwendung zur Geräuschhaftigkeit. (Heeyeon Jin (2010))
Heeyeon Jin wurde 1982 in Suwon, Südkorea geboren, studierte Komposition von 2001-2005; Bachelor Komposition an der
Ewha Wonams University in Seoul (Korea) bei So Hyeon Lee. Danach studierte sie von 2005-2007 bei Prof. Chung-Iek
Chang und seit Oktober 2008 Master Komposition bei Prof. Peter Michael Hamel an der HfMT. Sie ist die erste Frau, die an
der Hamburger Musikhochschule den neu eingerichteten Masterstudiengang Komposition absolviert.
Heeyeon Jins Werke wurden zahlreich aufgeführt und durch Preise ausgezeichnet, z.B. 2002 hat sie den 2. Preis im
Wettbeweb für ein Lied, in Seoul, und 2003 den Preis “Seoul Komposition Musikfestival” erhalten. Dann wurde sie 2006 vom
“Nong Projekt”, Seoul beauftragt und gespielt. 2007 ist sie nach Deutschland gekommen, und seit 2008 lebt sie in Hamburg.
Dort hat sie auch viele Aufführungen, z.B. "Neues aus Hamburg - NDR das neue werk", “Klingende Naturbilder in HelmsMuseums”, Gastspiel im Rahmen des „Blurred Edges“ Festival 2010 in Hamburger Sprechwerk, “Bewegung und Magie” im
Klangcontainer vor den Deichtorhallen, "LANGE NACHT" auf Kampnagel und "Als Flieder mir jüngst im Garten blüht..."
Barlachhaus KLANG UND FORM.
2010 gestaltete sie die Musik für einen kurzen Film von Seungwon Park “Fast-Food Konzert”; der Film wurde in Leipzig
angenommen und vorgeführt. 2010 gingen Ihre Werke in die Endausscheidung beim “Composers Competition 'Eduardo
Ocón' 2010”, Spanien und “Antonín Dvořák Composition Competition Committee”, Prag, schließlich gewann sie beim IBLA
GRAND PRIZE-Wettbewerb 2010, New York, USA.
Ab März 2011 hat sie einen Lehrauftrag für Musik und Komposition in Südkorea.
David Stromberg,
1969 geboren, absolvierte sein Violoncello-Studium an der Hamburger Hochschule für Musik und
Theater in der Klasse von Prof. Wolfgang Mehlhorn sowie am Musikinstitut Schloss Edsberg in Stockholm bei Prof. Frans
Helmerson. Wesentliche Impulse erhielt er in Meisterkursen bei Boris Pergamentschikow, Ralph Kirshbaum, Wolfgang
Boettcher, Dimitri Ferschtman, Siegfried Palm und Ralph Gothoni. Im Jahr 2011 war er als Solist und Kammermusiker in
Hamburg zu hören in der Musikhochschule, auf Kampnagel, im Reinbeker Schloss, bei Feldtmann kulturell, in der Freien
Akademie der Künste und des Weiteren bei den „Chiffren“ in Kiel, im Kloster Ebstorf, bei der 33. Studienwoche für Neue
Musik in Lüneburg und in der Oper Bremen. CD–Aufnahmen sind bei den Labels Wergo, Edition Zeitklang und dem AllegraMusikverlag veröffentlicht. Aktuell im Handel erhältlich ist seine CD für Kinder: „Ein Cello erzählt aus seinem Leben“, verlegt
beim Klassik-Label „New Classical Adventures“. Seine Bearbeitungen von Meisterwerken der Romantik für Cello und
Bläserquintett erscheinen im Sikorski Musikverlag.
www.davidstromberg.de
Hier können Sie die Werke ansehen und anhören.
http://www.davidstromberg.de/aufnahmen/ (Unter dem Menupunkt „Video“)
Dienstag, 12. März 2013 |
THE MISTAKE I AM
Noëlle-Anne Darbellay, Violine, Stimme und Horn-Violine
Samuel Stoll, Horn, Marching Band French Horn und Stimme
Francisco Sierra, Velintriloquist
Camillo Paravicini, Video
Moritz Müllenbach
STRUCKT2 surround 4.1 (2011)
für Violine und 4.1 Horn
Vier Hörner bechern frontal ins Publikum. Was eine Heimkinoanlage kann, schafft ein Hornist mit Gartenschläuchen auch
ohne Elektronik. Mittendrin kämpft eine Violine um Gehör und ermutigt zu einem Dialog, in welchem die Signalhörner
schliesslich ihre skurrile und melancholische Seite entdecken.
Stefan Wirth
Lunules éléctriques (2012)
für Violine und Horn
In "Lunules éléctriques" werden die Violine und das Horn nicht so sehr als duettierende Partner verwendet sondern bilden
einen einzigen vielschichtigen Klangkörper. Dabei bilden z.B. die Flatterzunge des Horns mit den Tremoli der Violine
gewissermaßen elektromagnetische Felder oder das eine Instrument bewegt sich auf den Obertönen des anderen.
Schliesslich intonieren kurz vor Schluss die beiden Instrumente eine Art fünfstimmigen Choral - und da sieht man sie dann
für einen Augenblick an der Decke funkeln: die elektrischen Halbmöndchen, von denen Arthur Rimbaud in "Le bateau ivre"
spricht...
Max E. Keller
il filo (2009)
für Horn und Violine
Il filo (der Faden) benennt das Grundthema: der ausgehaltene Ton, aus dem sich allmählich anderes herauslöst, abspaltet
und auch konträr entgegenstellt. Die beiden Instrumente beginnen im Einklang, wobei der ausgehaltene Ton bald
rhythmisiert und mit einem Nebenton umspielt wird. Nach der Aufspaltung des Einklanges in die kleine None, soz. ein
falscher Einklang, übernimmt die Geige den Faden in höchsten Tönen, das Horn stellt ihm tiefe, rhythmische Floskeln
entgegen. Während die Violine nun ihren Faden rhythmisiert, dehnt das Horn den Schlusston seiner Figuren, so dass – nach
einem kurzen, turbulenten Intermezzo – das Horn den Faden in der Tiefe aufgreift. Der Rollentausch wird vollzogen, und die
Violine entwickelt Figuren, die sich zur Mitte des Tonraumes hin bewegen und den Schlusston verlängern, zugleich steigt das
Horn aus der Tiefe auf, so dass sich die beiden Instrumente auf dem gleichen Ton wieder finden. Im Schlussabschnitt
spinnen beide gleichzeitig oder wechselseitig am gleichen Faden, verlassen ihn, umspielen ihn und geben ihm individuelle
Farben.
Juliana Hodkinson
ALL MY FRIENDS REALLY ARE SUPERHEROES (2011)
für Hornsolo und Live-Elektronik
All my friends really are superheroes, for horn and electronics, was commissioned by Samuel Stoll, and first performed by
him at Tate Britain, London, on 1st April 2011, during a Microtonal Projects/Late at Tate event.
Juliana Hodkinson has created instrumental music, electroacoustic orchestral works, installations, semi-staged object pieces,
electronic performances, and soundtracks for fashion videos, using field recordings, instruments, samples, voice, text and
foley. In 2012 she made new works commissioned by Louisiana Museum of Modern Art and Interfilm Festival.
Manos Tsangaris
Guten Tag, wie heißen Sie ... (2011)
Gedicht für Violine, Horn und Projektion
Guten Tag, wie heissen Sie ...
Vielleicht hat die Liebe ja wie ein Blitz eingeschlagen.
Das wünschen wir uns manchmal, als ob dann alles so einfach wäre.
Der Mensch zündet sich (ist er da selbst gemeint?) in der Nacht ein Licht an.
Es geht um Erleuchtung, und die ganze Welt macht mit!
(Sonst gülte es ja nicht.)
Liebe, Lichtgeschwindigkeit, so ein Chaos, das eine Welt gebären können muss.
(Sonst ist es ja keines!)
Und das alles in Violine und Horn,
in Farbe und in Wörtern, die zu den beiden gehören.
Zu fürchten wäre aber, wenn man vor Licht das Licht nicht sähe, eines ins andere versenkt. Versengt?
Manchmal denke ich, dass in der allerersten Begegnung eigentlich alles, was man sich denken kann, schon verborgen ist.
Georgy Dorokhov
counter-exposition (2012)
für zwei Spieler DE
"This work i wrote in the police department after the one of meeting counter the falsification in the election in Russia. But
this work is not political. This is the study of the sound objects and the sound effects. Simply superimposed events that we
had in this place shut down"
Jean-Luc Darbellay
Arboroso (2012)
für Horn-Violine und Marching Band French Horn DE
Arboroso ist ein Auftragswerk des Duos Noëlle-Anne Darbellay und Samuel Stoll für die internationale Tournee 2012/13, wo
fast nur Uraufführungen gespielt werden. Das Stück für „Trichtergeige“ und „mutiertes Marschmusikwaldhorn“ (die Ventile
bedienen verschieden lange Gartenschläuche, die im Raume verteilt sind) arbeitet mit den sich daraus ergebenden
Veränderungen und Färbungen des Klanges.
Stephen Crowe
Crazy Bitch Fantastic (2012)
für Violine und Marching Band French Horn DE
This piece was written as revenge because Sam thought that the piece I'd originally written was too conservative. He said:
"It does look nice, but too nice, just like new music, we want the fucked up crazy bitch fantastic music of you, get it man,
get drunk till 8am (no sleep) directly to work and compose some crazy shit man that only you can do and nobody else
man." So that's what I did.
Aleksander Gabrys
Bestiarium (2012)
für Violine, Horn und Stimmen DE
"Bestiarium" ist eine Musik-Psycho-Szene, in der Artikulationen, Gesänge, Gespräche mit sich selber, zwischen den
Ausführern, zu und mit dem Publikum zu einer Reflexion über das eigene Sein führen sollen. Was die Bestien in uns sind:
alle(s) draussen für jeden einzelnen Zuschauer-Zuhörer-Spieler, der eine Art von Tiertrainer für die eigene Umgebung ist
(resp. eigenes Verständnis der Welt, eigene Grenzen der Weltanschauung), Fragen wo verbleibt das kollektive Ziel des
Lebens oder wie sieht die Hierarchie in vertieften Vision von verarmten Zeiten aus, einen Weg durch verschiedene Akte von
Selbstzuständen, wo Musik entsteht als Nebeneffekt von interpersonellen Dramachen die manchmal naiv oder komisch,
umgänglich ausgedrückt werden, weckt Bestiarium eine Veränderung von der Bedeutung der Musiker in eine Art von
Individualisierenden Musik-Tiertrainer. Das Stück entstand 2012 und ist Noëlle-Anne Darbellay, Samuel Stoll und dem
Publikum gewidmet.
Noëlle-Anne Darbellay
(1980) studierte bei Karen Turpie in Utrecht und Stefan Muhmenthaler in Genf. Seither
Assistentin für neue Musik. Weiter erhielt sie wichtige Impulse von David Takeno, Siegfried Palm, Bruno Canino. Auftritte als
Solistin u.a. an den ISCM World New Music Days, "Music Documents" Tokyo, Philharmonie Luxemburg, Musiksommer Ernen.
Rege Aktivität als Kammermusikerin und Gast u.a. beim Nouvel Ensemble Contemporain, Kammerorchester Basel, Chaarts.
Samuel Stoll
(1979) studierte bei Jakob Hefti in Luzern und Experimentelles Musiktheater bei Georges Aperghis in
Bern. Freiberuflicher Musiker und Performer. Mitglied bei Ensemble Linea Strasbourg, Ensemble Tzara Zürich und Ensemble
apparat Berlin, sowie regelmäßiger Gast beim Klangforum Wien, Kammerensemble Neue Musik Berlin, Collegium Novum
Zürich, ensemble adapter, und ensemble mosaik. www.samuelstoll.com
Francisco Sierra, Bildender Künstler und Musiker, geboren 1977 in Santiago de Chile. Einzelausstellungen u.a. im
Kunsthaus Aarau, Kunsthaus Langenthal, Willhelm Hack Museum Ludwigshafen am Rhein und der Galerie Gregor Staiger in
Zürich. Eidgenössicher Kunstpreis und mehrfacher Preisträger der Kiefer Hablitzel Stiftung. Künstlerbiografie und
Dokumentation unter www.fsierra.ch
Camillo Paravicini, Bildender Künstler, geboren 1987 in Luzern. Studien an der Glasgow School of Arts und der écal
Lausanne. Gruppenausstellungen u.a. bei Arratia/Beer Berlin, Kunstmuseum Luzern, Northern Gallery for Contemporary Art
in Sunderland, Kunsthaus Baselland. Künstlerbiografie und Dokumentation unter www.camilloparavicini.com
FONDATION ISABELLE ZOGHEB
Ob zeitgenössisches Recital, oder wilde Konzertperformance:
den Überblick über das aktuelle Musikschaffen gewinnen Sie in der „Unerhörten Musik“.
Wir laden Sie ein!
Mit herzlichen Grüßen,
Ihre Rainer Rubbert und Martin Daske
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