Taubnesseln „Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut“. Dieses finnische Sprichwort trifft wohl vor allem für die Taubnesseln zu, denn vom Wuchs und von der Blüte her sind diese Wildpflanzen durchaus zur Gartenzierde (und für die Vase) geeignet. Was zuerst wie eine Brennnessel aussieht, entwickelt sich schnell zu einem hübschen Blümchen. Als Lippenblütler zeigen die Taubnesseln einen vier-kantigen Stängel, kreuz-gegenständige Blätter und die typischen, in Ober- und Unterlippe geteilten Blüten. Sie sind nahe verwandt mit den bekannten Mittelmeerkräutern Salbei, Rosmarin oder auch der Melisse. Dabei werden die Blüten der Taubnesseln je nach Art bis zu zwei Zentimeter groß. Es gibt weiße, rote und auch gelb blühende Arten, die aufgrund des aufrechten, akkuraten Wuchses meist eine sehr ansprechende Erscheinung abgeben. Kein Wunder also, dass es durchaus auch Zierformen der Taubnesseln gibt, z. B. die Varietät Lamium maculatum „Beacon Silver“, die einen etwa 25 cm hohen Teppich aus silbrig panaschierten Blättern bildet und dazu reichlich Blüten in einem hellen lila Ton. Allen Zierformen gemeinsam sind die „verzüchteten“ Blätter, die dann halt nicht mehr sofort an Brennnesseln denken lassen, so wie die der Wildformen. Und womöglich ist es lediglich diese Ähnlichkeit zu den Brennnesseln, die den Taubnesseln neben ihrem Namen (Taubnessel = „taube“ Brennnessel) auch die Einstufung als Unkraut einbrachte. Ungebeten und zahlreich kommen vor allem die rotblühenden Arten, also die purpurrote Taubnessel, die gefleckte (dunkle Flecken auf der Unterlippe) und die stängelumfassende Taubnessel (stiellose Blätter schmiegen sich dicht um die Sprossspitze). Diese Arten finden sich mitten in den Blumenbeeten, aber auch an Zäunen, Wegrändern und im Acker. Dort muss schon eine Totalherbizid mit Glyphosat (z.B. Roundup oder Keeper) her, um die robuste Pflanze zu vergiften. Dabei lässt sie sich von Hand recht gut jäten, auch die Samen sind eher kurz keimfähig. Lediglich die häufige weiße Taubnessel bildet unterirdische Ausläufer aus, die überwintern und damit noch einen gewissen „Jätwiderstand“ bieten. Allerdings ist diese weiße Taubnessel eher gartenfern an Wegrändern zu finden, ebenso wie die gelb blühende „Goldnessel“, die Waldränder bevorzugt. Allen Taubnesseln, und von ihnen gibt es etwa 40 Arten, ist ihre Ungiftigkeit gemeinsam, so wie ihre Verwendbarkeit in der Küche und als Heilkraut. In der Signaturenlehre wurde die weiße Taubnessel dem „Element“ Wasser, so wie den Planeten Venus und dem Mond zugerechnet. Entsprechend besitzt sie kühlende, reizmildernde, weibliche Eigenschaften. In China, wo die Pflanze ebenso wie in Europa heimisch ist heißt es „Kraut der lächelnden Mutter“.(Als Pendant gilt die Brennnessel, die dem Mars zugeordnet, den männlichen Pol repräsentiert – eine gewisse Aggressivität ist ja durchaus feststellbar...) So findet die Taubnessel vor allem Anwendung in der Frauenheilkunde. Sie gilt als probates Mittel gegen den Weißfluss (Fluor), ist aber generell zur Stärkung der Unterleibsorgane geeignet. Aufgrund ihrer Inhaltsstoffe ist auch tatsächlich eine Wirkung auf die Schleimhäute zu erwarten: die Saponine „waschen“ als Seifenstoffe die Schleimhäute sauber, die Schleimstoffe beruhigen sie wieder. Es kommen Taubnesselspezifische Inhaltsstoffe (Iridoidglykoside, spez. Flavanoide) hinzu, die darüber hinaus entzündungswidrig und schleimhautbefeuchtend wirken. Taubnesseltee kann man daher bei allen Schleimhautproblemen anwenden und zwar innerlich und äußerlich. Man nimmt dazu im allgemeinen die Blüten, die aus den fünf-zipfeligen Kelchen gelöst und schonend getrocknet werden. Bei Atemwegs- oder Magen/Darmbeschwerden werden drei Tassen Tee pro Tag getrunken, bei Unterleibsproblemen werden zusätzlich Sitzbäderempfohlen (3 EL Blüten pro Bad). Die gelbe Taubnessel ist gleich verwendbar, die roten Taubnesseln sind bei gefärbten Ausfluss, so wie bei Krampfadern und Hämorrhoiden angesagt. Taubnesseln eignen sich sehr gut in Mischungen mit anderen Heilkräutern, deren Wirkung sie unterstützen. In der Homöopathie können bei wiederkehrenden Blasen- und Nierenproblemen Tiefpotenzen der weißen Taubnessel versucht werden. Als Wildgemüse sollte man die Taubnesseln eher mischen. Die einzelnen Arten variieren geschmacklich stark, was man individuell austesten sollte. Meist dominiert ein Pilzgeschmack. Die Blüten hingegen schmecken eher süßlich und sind unbedingt zur Dekoration geeignet oder auch für einen milden Haustee, der gemäß den Kräutergelehrten des 16. Jahrhunderts „dem Gesicht eine frische Farbe gibt“. Übrigens ist es auch ökologisch sinnvoll die Taubnesseln blühen zu lassen, denn sie bieten den immer bedrohteren Bienen wertvolle Nahrung. Zwar erfolgt die Bestäubung durch die langrüsseligen Hummeln, die Bienen helfen sich aber, indem sie Löcher in die Blüten beißen und so an den Nektar gelangen. Steckbrief Name: Taubnessel, Bienensaug Herkunft: Europa, Asien, Nordafrika, inzwischen auch in Nordamerika heimisch Standort: bevorzugt nährstoffreiche, eher feuchte Böden Nutzung: Blüten und Kraut als Tee für innerliche und äußerliche Anwendung Sprossspitzen als Wildgemüse Heilwirkung: entzündungshemmend, reizlindernd gut bei Frauenleiden, v.a. Ausfluss generell für Schleimhäute Inhaltsstoffe: Gerbstoffe, ätherische Öle, Saponine und Schleimstoffe Cholin, Iridoidglykoside, Flavonoide Während die rote und die gelbe Taubnessel eigentlich noch ganz gut von dem stechenden Bruder unterscheidbar ist, ist bei der weißen Taubnessel manchmal nur ein „Stechtest“ zur Unterscheidung geeignet. Zumindest, solange noch keine Blüten da sind.