Predigt „Welches ist der richtige Gott?“ 1 25.Sept. 2016; Pfr. B. Botschen Welches ist der richtige Gott? Zuerst möchte ich euch fragen: Wie geht es euch mit diesem Titel? „Um Himmels willen“, sagen die einen, „so kann man doch nicht fragen!“ Als ob es so etwas wie einen richtigen oder falschen Gott gibt! Wenn man es korrekt sagen will, muss man es heute so sagen: „Für mich ist der christliche Gott der richtige, für dich vielleicht ein anderer.“ Aber wir haben herausfordernde Titel gerne und deshalb lautet das Thema: „Welches ist der richtige Gott?“ 1. Was die Bibel sagt Zunächst schauen wir uns an, was dazu in der Bibel steht. Immerhin ist sie die Grundlage unseres Glaubens. Schon das Alte Testament ist ganz klar. Von den Völkern ringsherum wurden verschiedene Götter angebetet. Aber am Anfang der 10 Gebote heisst es: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Beim Prophet Jesaja steht ein Satz, der für hundert andere steht. Hier sagt Gott: „Ich bin Gott, und sonst keiner mehr.“ (Jes.46,9). Zwei Kapitel davor sagt Gott: „Ausser mir ist kein Gott.“ (Jes.44,6b). Gleichzeitig kritisiert die Bibel, dass viele Menschen sich ihre eigenen Götter machen: „Das Holz gibt den Leuten Brennholz; davon nimmt er und wärmt sich; auch zündet er es an und bäckt Brot; aber daraus macht er auch einen Gott und betet ihn an; er macht einen Götzen daraus und kniet davor nieder.“ (Jes.44,15). Im Neuen Testament geht es genauso weiter. Das Christentum trifft auf ein Umfeld, das von römischen Göttern geprägt ist. Aber der Auftrag von Jesus an seine Jünger lautet nicht: „Ihr könnt schon von mir reden, aber lasst allen Menschen ihren Glauben.“ Sondern er sagt: „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker.“ (Matth.28,19a). So predigen seine Nachfolger überall und treffen dabei auf andere Religionen, unter anderem in Lystra. Weil Paulus ein Wunder getan hat, sagen die Leute: „Die Götter sind auf die Welt gekommen.“ Sie nennen Barnabas, den Begleiter von Paulus, Zeus – das ist ja der Göttervater bei den Römern. Bei Paulus sagen sie: „Das ist der Gott Hermes.“ Als das Paulus mitbekommt, ist er entsetzt und ruft: „Was macht ihr da? Wir sind nur Menschen aus Fleisch und Blut wie ihr. Mit unserer Predigt wollen wir doch gerade erreichen, dass ihr euch von diesen toten Götzen abwendet und dafür an den lebendigen Gott glaubt …“ (Apg.14,15). 2. Kann man das heute noch sagen? Die grosse Frage ist: Darf man das heute noch genauso sehen? Ich bringe euch ein Beispiel. Ein evangelischer Pfarrer in Deutschland, in Bremen, sagt Anfang 2015 in einer Predigt: „Es gibt nur einen wahren Gott. Wir können keine Gemeinsamkeit mit dem Islam haben.“ Dann sagt er auch noch: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Den zweiten Satz finde ich etwas problematisch. Natürlich, wenn ein islamischer Prediger in einem islamischen Land wie Saudiarabien sagen würde: „Das Christentum gehört nicht zu Saudiarabien“, das würden alle normal finden. Aber bei uns löst so etwas stärkste Reaktionen aus. Die Staatsanwaltschaft von Bremen nimmt Ermittlungen gegen diesen Pfarrer auf wegen „Volksverhetzung“. Der Bürgermeister meldet sich zu Wort. Er sagt: „Hier wird zum Religionskampf aufgerufen.“ Der leitende Redakteur von Radio Bremen fordert die Bremer Evangelischen zum Predigt „Welches ist der richtige Gott?“ 2 25.Sept. 2016; Pfr. B. Botschen Aufstand gegen solche „Hassprediger“ auf. Der oberste Repräsentant der Kirche spricht von „geistiger Brandstiftung“. Komisch: Von jedem anderen Gläubigen erwarten wir, dass er seinen Glauben für wahr hält. Natürlich sagt ein Mohammedaner: „Allah ist der einzige Gott!“ Dürfen wir so etwas nicht sagen? Ich vermute, wir sind verletzt durch all die Religionskriege, die es über Jahrhunderte gegeben hat. Wir erleben mit dem islamistischen Terror fast täglich, wie schlimm es ist, wenn eine Religion fanatisch vertreten wird. Im Mittelalter ist dem Christentum das Thema Nächstenliebe komplett verloren gegangen. Diese Welt hat so viele Kriege im Namen der Religion gesehen. 3. Der Elefant Aber müssen wir überhaupt das biblische Denken übernehmen? Wäre es nicht besser und friedlicher, wir leben nach dem Bild vom Elefanten? Das geht so: Wir sind alle wie Menschen mit verbundenen Augen. Wir suchen alle nach Gott. Der eine erwischt den Elefant am Schwanz und sagt: „So ist Gott!“ Andere erwischen seinen Rüssel und sagen: „So ist Gott!“ Die dritten erwischen ein Bein und sagen: „Gott ist so!“ Was alle nicht bemerken: In Wirklichkeit ist es natürlich der gleiche Elefant, der gleiche Gott. Es entstehen dann so Sätze, wie: „Das Christentum ist für mich Wahrheit, dieser Gott ist für mich der richtige Gott. Für dich ist dein Gott richtig.“ Wenn das wahr wäre, warum waren Christen in der Bibel bereit, für ihren Glauben zu sterben, wenn sie doch genauso den römischen Göttern hätten nachfolgen können? Warum ertragen Christen unendlich viel Verfolgung in islamischen Ländern, wenn sie doch genauso gut Allah anbeten könnten? Man muss sich bewusst sein: Diese Haltung ist vielleicht modern geworden, aber sie ist das absolute Gegenteil von dem, was die Bibel sagt. Aber warum soll gerade das Christentum mit seiner Vorstellung von Gott recht haben? Schauen wir uns kurz bei den grossen Weltreligionen um: Der Buddhismus hat zwar spannende Ideen, aber einen persönlichen Gott kennt er nicht. Für die Frage nach Gott scheidet er aus. Der Hinduismus ist das andere Extrem: Er kennt Millionen von Göttern. Das erinnert an diese Stelle im Alten Testament, wo beschrieben wird, wie sich alle ihren eigenen Gott machen. Dem steht die jüdisch-christlich-islamische Richtung gegenüber, die grundsätzlich sagt: Es gibt einen Gott. Das Christentum baut auf dem Judentum auf. Natürlich beten wir denselben Gott an wie die Juden. Wir teilen uns ja die Offenbarung über Gott im Alten Testament. Wir unterscheiden uns nur bei der Frage, ob Jesus der verheissene Retter ist oder nicht. Der Islam entsteht 600 Jahre nach dem Christentum durch Mohammed. Mohammed kennt einiges vom Christentum. So wird Abraham im Koran in 25 Suren erwähnt. Jesus ist für Mohammed ein wichtiger Prophet. Die Botschaft vom Engel an Maria, dass sie als Jungfrau einen Sohn auf die Welt bringen wird – all das steht auch im Koran. Mohammed kann sich aber nicht vorstellen, dass der Prophet Jesus gekreuzigt wird und so heisst es im Koran: „Sie haben Jesus verwechselt und einen ihm ähnlichen gekreuzigt.“ Mohammed übernimmt manche christlichen Vorstellungen, entwickelt aber ein anderes Bild von Gott. Deshalb beginnen der Islam und das Christentum ihren Weg Predigt „Welches ist der richtige Gott?“ 3 25.Sept. 2016; Pfr. B. Botschen ganz unterschiedlich. Der Islam setzt von Anfang an auf Kriege zur Verbreitung seines Glaubens und kann sich dabei auf den Koran berufen. Bis heute werden viele Christen in islamisch geprägten Ländern wegen ihres Glaubens verfolgt. Auf der anderen Seite die Christen, die diesem sanftmütigen Jesus nachfolgen und in den ersten Jahrhunderten mit ihrer Fürsorge für Kranke und Schwache auffallen. Wir haben ein dunkles Mittelalter erlebt, in dem viel von dem, was Jesus gesagt hat, vergessen ging. Aber heute sind es die christlichen Nationen, die in die Armut dieser Welt investieren. In Indien hat mir ein Moslem erzählt, dass er die Christen achtet, weil es auffällt, wie sie alle Menschen gleich achten und sich bemühen, die Not zu lindern. Ich behaupte: Es ist nicht alles das Gleiche. Man darf über alles diskutieren, aber am Schluss darf ich trotzdem sagen: Ich bin aus Überzeugung Christ. Ich glaube, dass Gott so ist, wie Jesus ihn beschrieben hat. 4. Toleranz richtig verstanden Warum soll es aber nicht möglich sein, eine klare Überzeugung zu haben und trotzdem den Glauben von anderen zu achten? Es gibt in der Bibel, bei Jeremia, eine spannende Episode: Gott klagt, dass sein Volk so bereitwillig anderen Göttern hinterher läuft. Er sagt zu Jeremia: „Geh zu den Rechabitern (einer Gruppe innerhalb vom Volk Israel) … führe sie in des Herrn Haus und schenke ihnen Wein ein.“ Das macht Jeremia, aber die Leute sagen: „Wir trinken keinen Wein. Unsere Vorfahren haben uns gesagt: Trinkt keinen Wein, baut keine Weinberge an, baut euch auch kein Haus, sondern wohnt in Zelten.“ Und Gott lobt die Rechabiter. Wie sinnvoll diese Vorschriften sind, darum geht es nicht. Aber sie waren ihren Überzeugungen gegenüber treu und diese Treue ist es, die Gott lobt (Jer.35). Deshalb können auch wir es achten, wenn Menschen treu nach ihrem Glauben leben und ihn ernst nehmen. Ich achte die Hingabe von Hindus, die manchmal alles machen, um errettet zu werden und ich denke mir: „So ernst müssten auch wir Christen unseren Glauben nehmen.“ Ich achte den grossen Respekt, den Mohammedaner ihrem Gott gegenüber haben und ich frage mich: „Müssten wir Gott nicht auch mit mehr Respekt und Ehrfurcht begegnen?“ Wer bin ich, dass ich andere Menschen hassen sollte, wo doch Jesus zwar glasklar war, aber gleichzeitig gütig und voller Liebe zu den Menschen? Meiner Meinung nach entspricht dieses Verhalten der Bibel: Ich darf meine Überzeugung haben. Ich glaube nicht, dass alle Religionen den gleichen Gott anbeten. Aber Gott achtet – das zeigt das Beispiel der Rechabiter – Treue. Deshalb habe ich Achtung davor, wenn ich sehe, wie andere Menschen Gott suchen. Ich denke, dass auch ein Mohammedaner mehr mit so einer klaren Haltung anfangen kann, als mit einem Gegenüber, das sagt: „Gell, letztlich haben wir doch den gleichen Gott.“ Einen Menschen, der mit Hingabe seinen Glauben lebt, könnte er wohl achten. Mit dem „Wir haben doch den gleichen Gott“ dagegen würde man über seinen Glauben verfügen. Wir können klar glauben und trotzdem zur Versöhnung beitragen. AMEN.