Lösung 2

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MMP I – HERBSTSEMESTER 2016 – PROF. DR. CHRISTOPH KELLER
SERIE 2
1. Aufgabe: Gerade und ungerade Funktionen
Es sei g eine ungerade L-periodische Funktion. Dann folgt
Z L2
Z 0
Z
g(x)dx =
g(x)dx +
−L
2
−L
2
Z
L
2
g(x)dx
0
0
=−
Z
L
2
0
0
Z
=
L
2
g(x)dx
g(−y)dy +
Z
L
2
L
2
g(x)dx
g(y)dy +
0
= 0.
Falls f gerade ist, ist
f (x) sin( 2πn
L x)
ungerade. Dann impliziert der erste Schritt, dass das Integral
Z L2
2πn
2
f (x) sin(
x)dx
L − L2
L
gleich 0 ist, was die erste Aussage beweist. Falls f ungerade ist, ist f (x) cos( 2πn
L ) ungerade. Das impliziert
die zweite Aussage.
2. Aufgabe: Riemannsche Zeta-Funktion
(a) Wir nehmen Rücksicht darauf, dass die Funktion cos(αx) gerade ist. Nach Aufgabe 1a) verschwinden die Fourierkoeffizienten von f bezüglich sin(nx). Deswegen reicht es, die Fourierkoeffizienten bezüglich cos(nx) auszurechnen. Im Fall n 6= 0 bekommen wir durch zweifache partielle
Integration
Z
1 π
an =
cos(αx) cos(nx)dx
π −π
Z π
α
=
sin(αx) sin(nx)dx
πn −π
Z π
π
α
α2
= − 2 sin(αx) cos(nx) +
cos(αx) cos(nx)dx.
πn
πn2 −π
−π
Daraus folgt
n2
α2 1
( 2 − 2)
n
n π
Z
π
cos(αx) cos(nx)dx =
−π
und schliesslich
an =
2α sin(απ)(−1)n+1
.
πn2
2α sin(απ)(−1)n+1
.
π(n2 − α2 )
Für den Fall n=0 haben wir
Z π
1
a0 =
cos(αx)dx
2π −π
sin(απ)
=
.
απ
Die Fouriereihe von cos(αx) ist gegeben durch
cos(αx) =
∞
sin(αx) 2α sin(απ) X (−1)n+1
+
cos(nx).
απ
π
n2 − α 2
n=1
1
2
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(b) Die Funktion f ist stetig und von beschränkter Variation. Mit Satz 2.4 konvergiert die Fourierreihe von f also überall gegen f . Wir werten die Fourierreihe von a) an der Stelle x = π aus,
um die erste Formel zu erhalten. Die anschliessende Substitution u = απ liefert schlussendlich
die letzte Formel.
(c) Zunächst entwickeln wir ezz−1 .
z
=
ez − 1
1+
z
2!
1
1
= P∞
.
2
zk
+ z3! + . . .
k=0 (k+1)!
und setzen diese Entwicklung in die Definition ein.
1
=
P∞
zk
k=0 (k+1)!
∞
X
Bn n
z
n!
n=0
Das gibt
1=
X
n,k≥0
Bn
z n+k .
n!(k + 1)!
Koeffizientenvergleich gibt sofort die Gleichungen
B0 = 1
1
B1 z + B0 z = 0,
2
aus denen wir die Werte von B0 und B1 sofort ablesen, nämlich B0 = 1 und B1 = −1/2. Das
erlaubt uns die Definitionsgleichung in der Form
∞
z
z X Bn n
=1− +
z
z
e −1
2 n=2 n!
zu schreiben. Wir schreiben weiter
z
z
1
1 z ez + 1 z ez/2 + e−z/2 +
=
z
+
=
=
ez − 1 2
ez − 1 2
2 ez − 1
2 ez/2 − e−z/2
z
z
= coth( ).
2
2
P∞
Das ist eine gerade Funktion und folglich überleben in 1 + n=2 Bn!n z n nur die geraden Terme,
also B2n+1 = 0 für alle n ≥ 1. Um von hyperbolischen zu trigonometrischen Funktionen zu
gelangen multiplizieren wir z mit 2i:
iz coth(iz) = 1 +
∞
X
B2n
(i2z)2n .
(2n)!
n=1
Durch die Rechnung
iz coth(iz) = zi
eiz + e−iz
2 cos(z)
= iz
= z cot(z).
eiz − e−iz
2i sin(z)
bekommen wir
∞
X
B2n
z cot(z) = 1 +
(−1)n (2z)2n .
(2n)!
n=1
Nun schreiben wir die Formel aus Teilaufgabe b) für 0 < u < π folgendermassen um:
u cot(u) = 1 + 2
∞
X
u2
.
u2 − n2 π 2
n=1
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Zur Vereinfachung schreiben wir xn = u/nπ und erhalten so
u cot(u) = 1 − 2
∞
X
x2n
1 − x2n
n=1
∞ X
∞
X
=1−2
=1−2
=1−2
=1−2
n=1 k=0
∞ X
∞
X
x2k+2
n
x2k
n
n=1 k=1
∞ X
∞
X
k=1
∞
X
k=1
1 u2k
n2k π 2k
n=1
ζ(2k) 2k
u ,
π 2k
wobei wir in der zweiten
die Tatsache ausnutzen, dass für 0 < u < π, |xn | ≤ 1 gilt, und
PZeile
∞
2
die geometrische Reihe k=0 x2k
n gegen 1/(1 − xn ) konvergiert. Aufgrund absoluter Konvergenz
konnten wir danach umordnen. Anschliessender Koeffizientenvergleich zwischen beiden Formeln
für z cot(z) liefert den gesuchten Ausdruck.
3. Aufgabe: Fleisch grillieren
(a) Um die angegebene Formel zu erhalten, nutzen wir den Hinweis aus. Wir machen eine ungerade
2a-periodische Fortsetzung von f . Dann sind a0 und die Fourierkoeffizienten bezüglich cos( nπ
a x)
gleich Null. Dann hat die fortgesetzte Funktion f folgende Fourierreihendarstellung:
f (x) =
∞
X
bn sin(
n=1
nπ
x).
a
Auf (0, a) konvergiert die Fourierreihe, da dort f stetig differenzierbar ist. Auf den Randpunkten
folgt Gleichheit durch Einsetzen. Die bn ’s sind gegeben durch
Z
Z
1 a
2 a
nπ
nπ
bn =
f (x) sin( x)dx =
f (x) sin( x)dx.
a −a
a
a 0
a
(b) Angenommen u sei eine Lösung, die für jedes feste t ≥ 0 als Funktion von x die Voraussetzungen
von Aufgabenteil a) erfüllt. Dann entwickeln wir u in eine Fouriereihe wie in Teil a):
X
nπ
u(x, t) =
un (t) sin( x).
a
n≥1
Die Fourierkoeffizienten sind
un (t) =
1
2a
Z
Z
a
a
u(x, t) sin(
−a
nπ
x)dx
a
Wir berechnen
d
1
un (t) =
dt
a
nπ
x)dx
a
0
Z a
1
nπ
=D
∂ 2 u(x, t) sin( x)dx,
a 0 x
a
∂t u(x, t) sin(
wobei wir im ersten Schritt ausgenutzt haben, dass u von der Klasse C 1 ist. Zweimal partiell
integrieren liefert
d
n2 π 2
un (t) = −D 2 un (t).
dt
a
Diese DGL wird hat die eindeutige Lösung
un (t) = e−D
n2 π 2
a2
t
un (0).
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Es gilt
1
un (0) =
a
Z
a
f (x) sin(
0
nπ
x)dx = bn .
a
Also folgt
un (t) = bn e−D(
nπ 2
a ) t
,
wobei bn die Fourierkoeffizienten von f sind. Es ergibt sich somit
X
nπ 2
nπ
bn e−D( a ) t sin( x).
u(x, t) =
a
n≥1
Die Reihe und alle ihre partiellen gleidweisen Ableitungen konvergieren für t > 0 lokal gleichmässig. u erfüllt also die Differentialgleichung und die Randbedingungen, und entspricht für
t = 0 der konvergenten Fourier–Reihe von f , erfüllt also die Anfangsbedingungen.
(c) Die Wärmeleitungsgleichung (WLG) ist eine lineare partielle Differentialgleichung. Deswegen
gilt das Superpositionsprinzip für sie, d.h. die Summe zweier Lösungen der WLG ist auch eine
Lösung.
Es ist offensichtlich, dass die Funktion
x
g(x) = (T2 − T1 ) + T1
a
der WLG und den Randbedingungen aus c) genügt. Angenommen ist u(x, t) eine Lösung des
Anfangswertproblems aus c), dann ist die Summe ũ(x, t) = u(x, t) − g(x) auch eine Lösung des
Randwertproblems aus b). Folglich ergibt sich für die Lösung u(x, t)
X
nπ 2
nπ
x
u(x, t) =
bn e−D( a ) t sin( x) + (T2 − T1 ) + T1 .
a
a
n≥1
(d) Für x = 0, a gilt u(x, t) = g(x). Für x ∈ (0, a) konvergiert die Fourierreihe von f absolut, es
folgt also für jedes solche x
X
π 2
nπ
|u(x, t) − g(x)| ≤ e−D( a ) t
(t → ∞)
|bn || sin( x)| → 0
a
n≥1
da letztere Summe endlich ist. Also stellt sich im Limes t → ∞ die lineare Temperaturverteilung
g(x) ein. Anhand des Faktors vor der Summe sehen wir, dass die Garzeit mit dem Quadrat der
Fleischdicke skaliert.
4. Aufgabe: Integration von nicht-stetigen Funktionen
(a) Für jede Untermenge von R ist das äussere Lebesgue Mass definiert. Wir berechnen das äussere
Lebesgue Mass von Q. Sei {q1 , q2 , . . . } eine Aufzählung der rationalen Zahlen. Es gilt
µ∗ (Q) = µ∗ (∪∞
i=1 {qi }) ≤
∞
X
µ∗ ({qi }) = 0,
i=1
wo wir die Tatsache ausnutzen, dass Punke auf R stets das äussere Mass Null haben. Nach Satz
1.2 aus dem Appendix des Skriptes ist Q Lebesque–messbar und hat das Lebesgue Mass Null.
(b) Da es in jeder Umgebung von rationalen Zahlen irrationale Zahlen gibt und umgekehrt in jeder
Umgebung von irrationalen Zahlen rationale Zahlen gibt, ist jede Treppenfunktion, die kleiner
als f ist, kleiner gleich Null und jede Treppenfunktion, die grösser als f ist, grösser gleich 1. Also
ist f nicht Riemann-integrierbar.
Wir behaupten, dass f Lebesgue-integrierbar ist mit Integral Null: Da f eine einfache Funktion
ist, müssen wir zeigen, dass Q ∩[a, b] Lebesgue-messbar ist und Mass Null hat. Nach Satz 1.2
reicht es wieder aus zu zeigen, dass Q ∩[a, b] äusseres Mass Null hat. Dies geht wie in Aufgabenteil
(a).
(c) Wir behaupten, dass g Riemann-integrierbar ist mit Riemann-Integral Null. Damit ist dann g
auch Lebesgue-integrierbar mit Lebesgue-Integral Null. Da
R 1 g ≥ 0 reicht es zu gegebenem > 0
eine Treppenfunktion t ≥ g auf [a, b] zu konstruieren mit 0 t(x)dx ≤ . Es gilt
q
g −1 (1/p) = { : q = 1, . . . , p − 1}.
p
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SERIE 2
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Ferner ist die Menge
g −1 ([1/n, 1]) = {
q
: q = 1, . . . , p − 1, p = 1, . . . , n}
p
endlich. Dies nutzen wir aus: Sei = n1 > 0. Wähle n12 > δ > 0 klein genug, sodass alle Intervalle
[ pq − δ, pq + δ] mit q = 1, . . . , p − 1 und p = 1, . . . , n paarweise disjunkt sind. Setze
Ap =
p−1
[
q
q
[ − δ, + δ]
p
p
q=1
A=
n
[
Ap
B = [0, 1] \ A.
p=1
Es folgt, dass
t=
n
X
p=1
χAp
1
1
+ χB
p
n
eine Treppenfunktion mit t ≥ g und
Z 1
n
X
1
1
1
t(x)dx =
(p − 1)2δ + |B| ≤ 2nδ + ≤ 3
p
n
n
0
p=1
ist.
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