Highlights der Astronomie APOD vom21.11.2004: die kollidierenden Galaxien NGC 2207 und IC 2163 Wechselwirkende Galaxien und Galaxienentwicklung Was ist zu sehen? ● zwei Galaxien, nahe beieinander ● verbindende Materiebrücken ● gemeinsamer “Nebel” um beide Galaxien ● ● sehr viel blaues “Licht” in den Spiralarmen der linken Galaxie (NGC 2207) weniger im Innern der rechten (IC 2163) stehen diese beiden Galaxien nur zufällig nebeneinander oder sind sie wirklich nebeneinander? Was passiert wirklich? ● ● ● ● ● ● die beiden Galaxien befanden sich auf Bahnen, die sich soweit nähern, dass sie sich gegenseitig einfangen dabei fliegen die beiden Galaxien entweder ganz nahe aneinander vorbei, oder sogar durch sich hindurch sie werden nicht mehr auseinander kommen und irgendwann sogar zu einer Galaxie verschmelzen durch die starken Gezeitenkräfte werden Struktur, Gas, Sterne stark beeinflusst und modifiziert solche Wechselwirkungen sind nicht unüblich, vielleicht sogar normal und notwendig für die Entwicklung von Galaxien unsere beiden Galaxien befinden sich noch in einer frühen Phase ihrer Verheiratung Galaxien ● ● Galaxien sind Ansammlungen von – Sternen (etwa 1011, Bereich von 109 – 1012, typische Masse eines Sterns bei 1 M⊙) – Gas zwischen den Sternen (Interstellare Materie; etwa 10% der Galaxienmasse, 10% des ISM wiederum in Staubform) – dunkle Materie, typischerweise 10­mal soviel Masse wie in Sternen drei Typen – Spiralgalaxien – elliptische Galaxien – Zwerggalaxien (sphärische, elliptische, irreguläre) Morphologie – das Hubble­Diagramm ● Galaxien haben unterschiedliches Erscheinungsbild ● Hubble ordnete morphologische Typen (willkürlich) ● auch unterschiedliche Eigenschaften? ● Zusammenhang zwischen diesen morphologischen Typen? Spiralgalaxien ● ● ● ● ● Scheibe mit Spiralarmstruktur und zentraler Verdickung (bulge) zwei Hauptklassen: normale (S) und Balken­ (SB) ­ Spiralen; letztere zeigen balkenförmige Struktur vom Bulge ausgehend weitere Unterklassen (a, ab, b, bc, c, cd, d) entsprechend dem Verhältnis Bulge zu Scheibe werden "früh" bis "spät" genannt Bezeichnung ohne jede wirkliche Bedeutung! ebenso Spiralgalaxien = "Spättyp" ohne Bedeutung Elliptische Galaxien ● Galaxien mit etwa elliptischen Isophoten ● keine weitere Struktur ● ● ● ● ● Elliptizität =1­b/a (a, b: große bzw. kleine Hauptachse), von 0 bis etwa 0.7 Unterklassen En, mit n=10; E0: kreisförmige Isophoten offensichtlich Projektions­Effekte wichtig, daher Klassifikation nicht unbedingt aussagefähig andererseits Elliptizität auch nicht nur projektions­ bedingt elliptische Galaxien = "Frühtyp" ­ ohne Bedeutung Morphologie Die Hubble­Sequenz illustriert mit echten Galaxienaufnahmen Ein Bilderbuch: Elliptische Galaxien M49 (E1) im Virgo­Haufen M32 (E2); Zwerggal. Begleiter von M31 M86 (S0 oder E0?) im Virgo­Haufen NGC5128 (Cen A); E0; pekuliär wg. Radio und Röntgen­Emission; Staubband M110 (E6); Zwerggal. Begleiter von M31 M59 (E5) im Virgo­Haufen ... noch mehr Bilder: Spiralgalaxien M64 (Sab) in Coma Berenices NGC1300 (SBc) M31 (Sb) Andromeda­Nebel M33 (Sc) lokale Gruppe M104 (Sab) Sombrero­Galaxie M58 (SBc) Virgo­Haufen M102 (S0); Spindel­ Galaxie im Drachen ... und immer noch mehr schöne Bilder IC4182: Irr (Spiral) SMC (Irr) LMC (SBm) NGC2276 (Sc) NGC5383 (SBb) NGC2685 (S0p) Unsere Milchstraße ● Typ: Sbc ● bekannte Komponenten sind: ● – Scheibe mit Spiralarmen – zentraler Bulge – sphärischer Halo Entfernung zum Zentrum (in Richtung Sternbild Sagittarius) R0 = 8.5 kpc ● Geschwindigkeit der Sonne um Zentrum 220 km/sec ● Durchmesser der Scheibe etwa 50 kpc ● Halo mindestens ebenso groß ● M = 1.3 x 1012 M⊙; L = 3.6 x 1010 L⊙ Entstehung und Entwicklung von Galaxien ● Galaxien finden sich auch bei höchsten Rotverschiebungen, also selbst im frühesten (soweit bekannt) Universum ● entstehen also bereits sehr bald nach dem Urknall (< 1 Gyr) ● sehen auch im frühesten Universum fast genauso aus wie jetzt ● entwickeln sich also schnell ● ● ● ● entstehen entweder als Ganzes aus überdichten Bereichen der intergalaktischen Materie (“monolithisch”) oder durch Verschmelzen von kleineren Protogalaxien (“hierarchisch”) dieser Prozess dauert heute noch an das Verschmelzen bedeutet nicht nur eine Vergrößerung, sondern auch Störung, bis Umwandlung der Galaxien von Wechselwirkungen betroffen .... ● ● ● ● ● hohe Dichte in Galaxien­Haufen legt nahe, dass Wechselwirkungen zwischen den Mitgliedern stattfinden entweder durch Gezeiten­Kräfte oder direkte "Kollisionen" ähnliches gilt für Zwerg­Galaxien in der Umgebung großer Galaxien, wie in der Lokalen Gruppe Dominanz von Ellipsen in Zentren von Galaxien­Haufen: – Hinweis auf Entstehungsprozess des Haufens? – oder Resultat der Wechselwirkungen? liefern Wechselwirkungen Schlüssel zum Verständnis der Hubble­Sequenz? weitere Hinweise auf Wechselwirkungen ● ● ● ● ● ● mindestens 50% aller Scheiben in Galaxien sind verbogen ("warped disks") auch die der Milchstraße elliptische Galaxien haben häufig (50%) Schalenstruktur in Sternverteilung heißes Gas in reichen Galaxien=Haufen, angereichert mit Metallen: durch Gezeitenkräfte aus Galaxien entfernt? bottom­up Szenario der Galaxienentstehung: große Galaxien entstehen aus Verschmelzen von kleineren heutige Wechselwirkungen sind Teil dieses Prozesses der Merger­Tree Wechselwirkungen ­ Beispiele Seyferts Sextett in enger Wechselwirkung: ein Objekt Hintergrund, eines nur "tidal tail" M51 ("whirlpool galaxy"; NGC 5194 und 5195); 10 Mpc entfernt erste Galaxie, in der Spiralstruktur sichtbar war (Earl of Rosse, 1845). NGC 6872 eine verzerrte Spiralgalaxie "Die Antennen" NGC 4038/4039: mit Vielzahl neu entstandener massereicher Sternhaufen (blau ­> jung) und Gas­Strömen: Kollision führt zu Verlust von Gas! Tadpole and Mice NGC 4676("The Mice") Stephans Quintett Stephans Quintett im Röntgen blau: heißes Gas, vom Chandra­Röntgensatellit beobachtet spricht für Stöße (Shocks) zwischen den Galaxien, die zu starker Aufheizung des Gases führen (6 106 K) Cartwheel­Galaxie im Radio eine Materiebrücke zur Schuldigen? Mergers in einem entfernten Galaxienhaufen 81 Galaxien in MS1054­03 (2500 Mpc), davon 13 in Wechselwirkung (Hubble Space Telescope) Stern­Kollisionen? Modellgalaxie in Box­Form: 5 kpc = 5 10 21 cm 50 kpc = 5 10 22 cm effektive Fläche 2.5 10 44 cm 2 Radius eines typischen Sterns 1011cm, also Fläche 1022 cm2 davon 1011 Sterne, also insgesamt max. Sternfläche 1033 cm2 Sterne füllen etwa 4 10­12 des Galaxienquerschnitts aus Wenn nun 1011 Sterne durch unsere Galaxie fliegen (Boxen treffen frontal aufeinander), ist die Wahrscheinlichkeit einer Sternkollision immer noch knapp unter 1 Gas ● ● ● im Gegensatz zu Sternen füllt Gas den Raum aus daher wechselwirkt das Interstellare Gas der beiden Galaxien es wird komprimiert, nachgeschleppt, durch erhöhte Temperatur und Druck herausge­ blasen, etc. einige Ergebnisse von Simulationen (s. auch Barnes, Univ. Hawaii: www.ifa.hawaii.edu/~barnes) Zeitskalen 108­109 J. 2 identische, gegeneinander gekippte Spiralgalaxien, nur Gas, 3 Komponenten (Farben) Entstehung eines massiven, gebundenen Objekts in einem “tidal tail” ; Vorläuferobjekte sind grün (Gas) und blau (Sterne) Reaktion einer Scheibengalaxie: Halo (Dunkle Materie in rot, Bulge Sterne gelb, Scheibensterne blau, Gas grün) Milchstraße und Andromeda­Nebel obwohl 770 kpc entfernt, nimmt M31 immer noch 2.5o am Himmel ein! Relativgeschwindigkeit zur Galaxis 119 km/s ­> Verschmelzen in ca. 6.3 Mrd. Jahren ­> elliptische Galaxie? Sagittarius Zwerggalaxie (Sgr DEG) nächste Zwerggalaxie, nur 28 kpc entfernt, in Richtung Sagittarius, also Zentrum der Milch­ straße, daher erst 1994 entdeckt diese Galaxie wird gerade von unserer Milchstraße verschlungen Sgr Gezeitenstrom, Bahn von Sgr DEG Folgen der Wechselwirkungen ● ● ● ● ● Verschmelzen ­> aus kleinen Galaxien werden große Gas­ und Strukturverlust ­> aus Spiralgalaxien werden elliptische ● gegenrotierende Kerne ● multiple Kerne in cD­Galaxien ● mehr Ellipsen in (reichen) Haufen Gezeitenkräfte lösen Sternentstehung aus ­> Starburst­Galaxien Stoßheizung des Gases ­> Röntgen­Emission Wechselwirkungen sind nicht selten und exotisch, sondern essentiell für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien M51 – Beispiel für induzierte Sternentstehung im Röntgen: heißes Gas nach Interaktion im Infraroten: Verteilung des kühlen Gases im Sichtbaren: die hellen Punkte sind neu entstandene Sternhaufen, einige 106 Jahre alt und 107 M⊙ schwer. ... und das nächste Mal APOD vom28.11.04: Carinae Massereiche Sterne, Vorläufer von Supernovae