ADHS und Begleitstörungen, medikamentöse Therapie Veranstaltung für Eltern und Fachkräfte Samstag 12.09.2015 Heike Seysen Sozialarbeiterin Dr. med. Wolfgang Kömen Kinder- und Jugendarzt Workshop! – Vorstellung der Referenten – Einführung Fr. Seysen – Vortrag Dr. Kömen – Diskussion: • Bitte nutzen Sie die ausgelegten Karten, formulieren Sie Fragen! ADHS- Irgendwie anders Bild ADHS – nur eine Mode-Diagnose? • Negative Öffentlichkeitsarbeit • Häufigste neuropsychiatrische Erkrankung • Pharmakologisch am besten therapierbar • Konkurrenz zur Pädagogik? Dr. med. W. Kömen Mittendrin statt außen vor! • Kinder mit ADHS verdienen die gleichen Chancen wie Kinder ohne ADHS • Viele Kinder müssen jeden Tag um Selbstverständliches kämpfen: – um Anerkennung – um die Chance, ihre Zukunftsträume zu verwirklichen – um das Recht auf eine Platz in unsere Gesellschaft Quelle:Leitlinien der Dt. Ges. f. Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. AWMF online; Leitlinie der AG ADHS der Kinder- und Jugendärzte, AWMF online Dr. med. W. Kömen ADHS – Symptome Dr. med. W. Kömen Begleiterkrankungen • Lese- und/oder Rechtschreibschwäche (Legasthenie) • Rechenschwäche (Dyskalkulie) • Sprach-, Sprechstörungen • Oppositionelle Verhaltensstörung • Angst, depressive Störungen • Zwangsstörungen • Visuelle und/oder auditive Wahrnehmungsstörung • Ticstörungen • Somatisierungsstörung Dr. med. W. Kömen Begleiterkrankungen AD(H)S (allein) Oppositionelles Trotzverhalten 31% 40% 11% TicStörung 34% 14% Störung des Sozialverhaltens Dr. med. W. Kömen affektive Störung / Angststörung n = 579 Jensen et al., Archives of General Psychiatry, MTA study; 1999 Begleiterkrankungen • • • • • • Substanzmissbrauch Multimediasucht Anpassungsstörungen Delinquenz Störung des Sozialverhaltens Depressive Störungen Dr. med. W. Kömen Symptome versus Beeinträchtigungen • Symptome: – Unaufmerksam: • Ablenkbar, vergesslich, kann Anweisungen nicht zuhören oder befolgen – Hyperaktiv: • Unfähig, ruhig zu sitzen, übermäßiges Reden, kann nicht abwarten, Bewegungsdrang – impulsiv : • Handelt, ohne Nachdenken, unterbricht Gespräche Beeinträchtigungen: – beeinträchtigtes Anpassungsvermögen • Schlechte soziale Anpassung • Familiäre Probleme – Nicht altersentsprechende geistige Entwicklung – Lernschwierigkeiten – Schlechte schulische/ berufliche Leistung – Geringes Gespür für Gefahr Dr. med. W. Kömen Beeinträchtigungen betreffen verschiedene Bereiche • Sozialer Bereich: – Schwierigkeiten beim Aufbau und Erhalten von Freundschaften mit Gleichaltrigen – Keine Hobbys oder Vereine – Schlechte soziale Integration • Bei den Betroffenen selbst: – Geringes Selbstbewusstsein, fehlende Eigenmotivation – Erhöhtes Unfallrisiko – Erhöhtes Risiko für Drogenmissbrauch – Höhere Kriminalitätsrate Dr. med. W. Kömen Beeinträchtigungen betreffen verschiedene Bereiche • Schule: – Schlechte schulische Leistung im Verhältnis zum IQ – Probleme mit Ganztagsschule/Betreuung • Zuhause: – – – – – – – Schwierigkeiten der Eltern-Kind-Interaktion Erziehung gelingt nicht, Eltern ziehen sich zurück Fehlende Ritualisierung Unfähigkeit zu entspannen Therapieadhärenz, Krankheitsakzeptanz Schädlicher Multimediagebrauch, keine „Bücher“ Dr. med. W. Kömen Einschlafprobleme Beeinträchtigungen können langfristige Auswirkungen haben • Eine Studie mit 1001 Erwachsenen, die angaben, an ADHS zu leiden, ergab ein höheres Risiko für: – Schulisches Versagen – weitere psychische Erkrankungen: Depression, Borderline-Störung etc. – Beeinträchtigungen im Arbeitsleben – Drogenmissbrauch – Verkehrswidrigkeiten – Verhaftung – Verminderte Lebensqualität – Sexuelle Probleme Biedermann et al., 2006 Dr. med. W. Kömen ADHS bei Erwachsenen (nach Dr. Astrid Neuy-Bartmann) • Im Erwachsenenalter stehen die Begleiterkrankungen im Vordergrund und das ADHS wird oft übersehen. Dr. med. W. Kömen Moderne AD(H)S-Therapie Nicht-medikamentöse Therapie medikamentöse Therapie Behandlung der ADHS Eltern als Coach Andere Hilfen zur soziale Integration Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele • Steigerung der Aufmerksamkeit • Verringerung der (ungebremsten) Aktivität • Verringerung der Impulsivität • • • • • Soziale Integration Selbstorganisation und Selbststrukturierung Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung Aufbau eines stabilen Selbstwertgefühls Schule und Berufsausbildung entsprechend der Begabung • Aus- und Aufbau von Ressourcen nach Dr. Kohns Moderne Therapieziele Im Rahmen des multimodalen Therapieansatzes Nicht: Heilung sondern: Kompetenz im Umgang mit dem Wahrnehmungs- und Reaktionsstil bei ADHS Nicht gegen die Symptomatik sondern Lernen, damit umzugehen Moderne Therapieziele Eine gesunde Identitätsentwicklung und eine kompetente Beziehungsfähigkeit durch ein angemessenes Selbstwertgefühl und eine befriedigende Leistungsfähigkeit nach Dr. Kohns Moderne Therapieziele Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Moderne Therapieziele Dr. med. W. Kömen Einflüsse bei ADHS Motivation Rituale Vereine Therapie Dopamin Dr. med. W. Kömen Drogen Kick Multimedia Frustration Moderne AD(H)S-Therapie Nicht-medikamentöse Therapie medikamentöse Therapie Behandlung der ADHS Eltern als Coach Andere Hilfen zur soziale Integration Dr. med. W. Kömen Moderne AD(H)S-Therapie Dr. med. W. Kömen Medikamentenwirkung Schriftprobe eines AD(H)S-Kindes vor (links) und nach Einnahme von Stimulantien (rechts) Dr. med. W. Kömen Vorurteile bei medikamentöser Therapie • „AD(H)S ist rein soziogen und psychogen bedingt und muss rein sozio- und psychotherapeutisch behandelt werden.“ • „Medikamente sollen Kinder disziplinieren und die Auseinandersetzung mit der Umwelt unterdrücken.“ • „Psychopharmaka werden Kindern sehr häufig verordnet.“ • „MPH macht abhängig oder erhöht das Suchtrisiko.“ Quelle: Church of Scientology™ Dr. med. W. Kömen R. Hubbard, Scientology Vorurteile bei medikamentöser Therapie Dr. med. W. Kömen MTA-Studie ‚Normalisierung‘ des Verhaltens**, in % 68 56 34 25 „Community care“ Verhaltenstherapie Pharmakotherapie Pharmako + Verhaltenstherapie * MTA = Multimodal Treatment Study of Children with ADHD Kinder, Ergebnisse nach 14 Monaten ** n = 579 Quelle: Swanson et al., J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 2001; 40:168-179 Dr. med. W. Kömen Moderne medikamentöse AD(H)S-Therapie • • • • • • Macht nicht abhängig, wirkt nicht euphorisierend Verbessert nicht die Intelligenz Verändert nicht die Persönlichkeit „stellt nicht ruhig“ Erzeugt keine Toleranzentwicklung Sollte nicht nur morgens zur Schule gegeben werden! • Wirkung sollte den ganzen „Tag“ vorhanden sein! • Kein plötzlicher Wirkbeginn, kein plötzlicher Wirkabfall (Rebound-Phänomen)! Dr. med. W. Kömen Moderne medikamentöse AD(H)S-Therapie • Kinder- und Jugendarzt in entscheidender Rolle • Multimodal • Individualisiert – – – – Zielorientierte Behandlungsplanung Lösungen finden für Schwierigkeiten Coaching! Motivierende Gesprächsführung! • Auf Persönlichkeitsentwicklung zielend • Einbezug des Umfeldes, Kooperation mit Schulen, Behörden, sozialen Einrichtungen, Krankenkassen • Krankheitsakzeptanz – mein ADHS – Positive Seiten herausstellen! • Therapieziel: der ganze Tag! Dr. med. W. Kömen Nutzen einer multimodalen Behandlung • Bessere Leistungen in der Schule / am Arbeitsplatz • Verbesserte soziale Entwicklungen und Familienbeziehungen • Bessere Eigenwahrnehmung und besseres Selbstwertgefühl • Reduziertes Risiko für negative, langfristige Ergebnisse: – – – – – Oppositionelles Verhalten Depression Angststörung Drogenmissbrauch Antisoziales verhalten • Verringerung der Kriminalitätsrate um 32 – 41 % Langberg and Becker, 2012; The MTA Cooperative Group, 1999; Philpsen et al., 2012; Biedermann et al., 1999; Lichtenstein et al., 2012 Dr. med. W. Kömen ADHS-Therapie hilf auch langfristig Selbstwertgefühl 90% Soziales Umfeld 83% Schulische Leistung 71% Ergebnisse der Auswertung von 351 wissenschaftlichen Studien zur Langfolgen bei ADHS, nach Shaw M. et. Al., 2012 Dr. med. W. Kömen ADHSSymptome dominieren Negative Rückmeldung Begabungen werden nicht genutzt Depression Frustration Störung emotional/ sozial Aggression Dr. med. W. Kömen Moderne AD(H)S-Therapie ADHSSymptome kompensiert positive Rückmeldung Erfolg Begabungen werden genutzt Positives Verhalten emotional/ sozial Dr. med. W. Kömen • ADHS ist keine Mode-Diagnose • Enge Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Behörden, Therapeuten und Ärzten erforderlich • Multimodale, individualisierte Therapie Dr. med. W. Kömen