184 73 © R. Plato Teil VII Kurvenintegrale erster und zweiter Art Kurvenintegrale zweiter Art Für eine Parametrisierung E W Œa; b ! Rd einer Kurve C verwenden wir im Folgenden die Notation 73.1 Einführung E .s/ WD E .a C b Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen ist die Berechnung von Kurvenintegralen R C F d sE 2 R (73.1) mit einer gegebenen orientierten Kurve C Rd und einer vektorwertigen stetigen Funktion F W C ! Rd , wobei d 2 gilt. Die Punktnotation in (73.1) symbolisiert das Skalarprodukt. Es soll der Wert des Kurvenintegrals (73.1) Folgendes leisten: R der Wert W D C F d sE 2 R soll in Verallgemeinerung der Formel «Arbeit = Kraft Weg» die Arbeit angeben, die eine Kraft F aufwendet, um einen Massenpunkt entlang einer ebenen oder räumlichen Kurve C zu Rbewegen (dabei ist d 2 ¹ 2; 3 º angenommen). Der Wert C F d sE ist dann identisch mit der Differerenz der potenziellen Energien zwische Anfangs- und Endpunkt der Kurve. s/; a s b: (73.2) Es ist dann E eine Parametrisierung der Kurve C mit entgegengesetzter Orientierung. Definition 73.2. Eine Kurve C Rd besitzt per Definition zwei mögliche Orientierungen: eine wird festgelegt durch eine Parametrierung E W Œa; b ! Rd (und jede andere Parametrisierung gleicher Orientierung), die andere durch E W Œa; b ! Rd (und jede andere Parametrisierung gleicher Orientierung). M In den meisten Fällen lässt sich die Orientierung einer Kurve auf naheliegende Weise benennen. Beispiele sind im Folgenden genannt: Bemerkung. Im Fall einer nichtgeschlossenen Kurve wird eine Orientierung dadurch festgelegt, dass man einen der beiden Randpunkte der Kurve als Anfangsund den anderen Punkt als Endpunkt der Parametrierung wählt. Im Fall einer ebenen geschlossenen Kurve ohne Kreuzungspunkte gibt es eine Orientierung im Uhrzeigersinn und eine entgegen dem Uhrzeigersinn. M RAnalog zum vorigen Fall soll der Ausdruck W D q C E d sE 2 R die Arbeit angeben, die erforderlich ist, um ein Teilchen mit der Ladung q entlang einer ebenen oder räumlichen Kurve C in einem elektrischen Feld der (ortsabhängigen und vektorwertigen) Stärke E W C ! Rd zu bewegen (dabei ist wieder d 2 ¹ 2; 3 º R angenommen). Der Wert q C E d sE 2 R ist dann identisch mit der Spannung zwischen Anfangs- und Endpunkt der Kurve. 73.2 Orientierte Kurven Es wird nun zunächst der oben bereits genannte Begriff der Orientierung einer Kurve präzisiert. Dabei wird deutlich werden, dass jede Kurve C Rd zwei mögliche Orientierungen besitzt; diese lassen sich durch Parametrisierungen von C beschreiben. Definition 73.1. Zwei gegebene Parametrisierungen E1 W Œa1 ; b1 ! Rd und E2 W Œa2 ; b2 ! Rd einer Kurve C Rd besitzen die gleiche Orientierung/Laufrichtung, falls es eine streng monoton wachsende Funktion ' W Œa2 ; b2 ! Œa1 ; b1 mit E2 D E1 ı ' gibt. Andernfalls besitzen sie eine entgegengesetzte Orientierung/Laufrichtung. M 73.3 Unterteilung der Kurve Zur Herleitung einer plausiblen Definition des Kurvenintegrals (73.1) einer vektorwertigen Funktion entlang einer orientierten glatten Kurve mit dazugehöriger Parametrisierung E W Œa; b ! Rd wählt man – wie schon zuvor bei Kurvenintegralen skalarwertiger Funktionen – zunächst Gitterpunkte a D t1 < t1 < t2 < < tn D b (73.3) mit n 2 N und erhält so Kurvensegmente Cj WD E .Œtj ; tj C1 / D ¹ E .t/ j tj t tj C1 º (73.4) für j D 1; 2; : : : ; n 1. Die kurzen Kurvensegmente Cj werden nun durch Tangentenstücke approximiert (siehe (71.5) und Abbildung 156 auf Seite 179), ® ¯ Cj E .tj / C d sEj j 0 1 mit d sEj WD E 0 .tj /tj E .tj C1 / für j D 1; 2; : : : ; n 1: E .tj / © R. Plato Abschnitt 73 Kurvenintegrale zweiter Art Weiter ist die Funktion F auf den kurzen Tangentensegmenten jeweils nahezu konstant, d. h. F .E .tj / C d sEj / F .E .tj // für 0 1 für j D 1; 2; : : : ; n 158 dargestellt. 1. Die Situation ist in Abbildung F ............. F .... F ........ ........... .... . .... ............. F .... E .t / E .t / E .t / E .t / F F F Daher kann F .E .tj // d sEj (73.5) j D1 als Näherung für das Kurvenintegral (73.1) verwendet werden, wobei das Multiplikationssymbol in (73.5) für das Skalarprodukt steht. Die Plausibilität der Formel (73.5) soll anhand der Situation erläutert werden, dass F .x/ E eine in dem Punkt xE 2 C wirkende Kraft ist. In der oben betrachteten Situation stimmt der Betrag der geleisteten Arbeit entlang des geraden Weges von E .tj / nach E .tj / C d sEj mit dem Produkt jPF .E .tj //j jd sEj j F .E .tj // E 0 .tj /tj Rb a F .E .t// E 0 .t/ dt: (73.7) Die Approximation der riemannschen Summen an das Integral wird in der Regel umso besser sein, je feiner die Zerlegung der Kurve gewählt wird. Damit ist folgende Setzung plausibel: Abb. 158: Tangentiale Approximationen an Kurve im Kraftfeld; stückweise konstante Approximation des Kraftfeldes nX1 nX1 j D1 E .t / F F .E .tj // d sEj D j D1 F F 73.4 Definition des Kurvenintegrals für Vektorfelder nX1 F F über j D 1; 2; : : : ; n 1 liefert die Formel (73.5) für die Arbeit entlang von Geradenstücken. Das noch zu definierende Kurvenintegral der Funktion F über die orientierte Kurve C ergibt sich unter Anwendung der Betrachtungen aus Abschnitt 73.3 als Näherung von riemannschen Summen der Form F F F F . .......... . ..... ............................................ ............. ................ ............ . .............................. 2 . ....... ................................. . ............................... ... ....... ........... ....... ..... ....... ..... .... ..... ...... .... .. .......... ..... . . . . . . ... ... .. ... ........ ... ... .... . ... ... ... ......... ... . ... ... ...... ... ...... ... ........ .. .. . .... .. ... . 1 3 ... 5 ... ....... ... . .. ......... . . . . .. .. . . . . . . . ... ... ... ... .. ....... ... .... .. ...... ..... ..... ... . .... . . . . ... .. .. . ... .... .. .. .... .... ..... ... ... ..... ..... ....... ... ..... ...... . . . . . ...... ...... .. ....... ....... ......... ... ............... ......... .. .. ...................................................... .. ... ... ....... ... . ....... ................................................................................ .... ......... ..... ....... . ....... .................... .......... ....... . ............. ... .... 4 ........ ......... ............. ............ ..... .......... . .............. ........ .......... .. .. . . . ....... ...... 185 Definition 73.3. Das Kurvenintegral zweiter Art einer stetigen vektorwertigen Funktion F W C ! Rd entlang einer orientierten glatten Kurve C Rd ist definiert durch R F d sE D C jPF .E .tj //j jd sEj j D jF .E .tj // d sEj j: Weglassen des Betrags im letzten Ausdruck liefert die vorzeichenbehaftete Arbeit (negativ = zu leistende Arbeit, positiv = gewonnene Energie), und Summation a F .E .t// E 0 .t/ dt; (73.8) wobei E W Œa; b ! Rd eine zur Orientierung von C passende stetig differenzierbare Parametrisierung sei. Im Fall einer geschlossenen Kurve schreibt man für die linke Seite von (73.8) auch R ı F d sE: (73.9) C M Häufig wird R anstelle der linken Seite von (73.8) die Notationen E F d sE verwendet. Damit wird zugleich die Orientierung des Kurvendurchlaufs angegeben. Weitere synonyme Varianten für die linke Seite von (73.8) sind die beiden Notationen R (73.6) überein. Hierbei bezeichnet PF .E .tj // die Orthogonalprojektion des Vektors F .E .tj // auf die durch den Richtungsvektor d sEj aufgespannte Gerade. Gemäß Lemma 35.5 auf Seite 77 gilt Rb RC C F .x/ E d x; E F1 dx1 C R C F2 dx2 C C R C Fd dxd : Beispiel. Sei F W R2 ! R2 ; .x; y/ ֏ .x 2 C y; x 2 y/ und E W Œ 0; 1 ! R2 ; t ֏ .t; t 2 / mit der dazugehörigen orientierten Kurve C . Dann gilt R F d sE D C R 1 t2 C t2 1 t4 0 D2 t3 3 C t6 6 2t dt D R1 0 2t 2 C 2t 5 dt ˇ1 ˇ D 2. 1 C 1 / D 2 0 3 6 3 6 D 1: M 186 © R. Plato Teil VII Kurvenintegrale erster und zweiter Art Bemerkung. Wir gehen noch kurz auf die Einheit des Kurvenintegrals vektorwertiger Funktionen ein. Es ist Œ E 0 .t/ D Œ EŒ .tt / und damit F d s E D Œ F Œ E 0 Œ t D Œ F Œ E : C R Z. B. gilt also im Fall (es werden SI-Einheiten verwendet) R Œ E D m und Œ F D N D kg m s 2 die Identität Œ C F d sE D Nm D J. M 73.5 Allgemeine Rechenregeln für Kurvenintegrale vektorwertiger Funktionen In diesem Abschnitt bezeichne C durchweg eine orientierte glatte Kurve in Rd . Satz 73.4 (Linearität des Integrals). Für zwei vektorwertige stetige Funktionen F W C ! Rd und G W C ! R und Konstanten ˛; ˇ 2 R gilt die Identität R .˛F C ˇG/ d sE D ˛ C R F d sE C ˇ C nX1 kD1 R Ck t 1 F d sE: (73.11) Bemerkung. Besitzt eine Kurve C Rd eine Parametrisierung, die lediglich stückweise stetig differenzierbar ist, so kann – wie schon bei den Integralen skalarer Funktionen entlang von Kurven R– die Formel (73.11) zur Definition des Kurvenintegrals C F d sE verwendet werden. M Beispiel. Wir berechnen das Kurvenintegral zweiter Art des Vektorfeldes F W R2 ! R2 ; .x; y/ ֏ .xy 2 ; x 2 y/ entlang des Weges D 1 C 2 , wobei 1 die Strecke von .1; 1/ nach .2; 1/ und 2 die Strecke von .2; 1/ nach .2; 2/ bezeichnet. Hier ist C1 CC2 F d sE D R C1 F d sE C R C2 F d sE C2 .t/ D 2 t ; 1 t 2: Es gilt 1 E10 .t/ D E20 .t/ D ; 0 0 1 1 t 2; ; und damit R F d sE D C1 R2 1 F .E1 .t// E10 .t/ dt D t 2 t D2 D R2 t dt D F d sE D C R2 F .E2 .t// E20 .t/ dt D R 2 1 1 D4 R2 1 2 R 2 t 1 t t D2 R 2 2t 2 0 4t 1 t dt D 4 2 j t D1 D 2 .4 R C F d sE D 3 2 dt 1/ D 32 ; j t D1 D 21 .4 2 t2 0 1 1 1/ D 6: 15 . 2 C6D dt M 73.6 Umkehrung der Orientierung, Unabhängigkeit von der Parametrisierung Umkehrung der Orientierung bewirkt bei Kurvenintegralen vektorwertiger Funktionen einen Vorzeichenwechsel: Satz 73.6 (Umorientierung der Kurve). Es sei C eine orientierte glatte Kurve in Rd und F W C ! Rd sei eine vektorwertige stetige Funktion. Es bezeichne C die gleiche Kurve wie C , jedoch mit entgegengesetzter Orientierung. Dann gilt R Beweis. Der Beweis wird hier nicht geführt. R ; 1 t 2; G d sE: (73.10) C Satz 73.5 (Zerlegung der Kurve). Sei F W C ! Rd eine vektorwertige stetige Funktion. Dann gilt für jede Unterteilung der Kurve C in Teilkurven C1 ; C2 ; : : : ; Cn die Identität F d sE D C C1 .t/ D Daraus ergibt sich R Beweis. Der Beweis ist einfach, wird hier jedoch nicht geführt. R mit C F d sE D R C F d sE: (73.12) Beweis. Sei E W Œa; b ! Rd eine stetig differenzierbare Parametrisieung der Kurve C . Es stellt dann E W Œa; b ! Rd ; s ֏ E .a C b s/ eine Parametrisierung von C dar, und man berechnet leicht R F d sE D C ./ D Rb D D a F .E .s// E 0 .s/ ds F ..a E Cb a ./ R a Rb s// E 0 .a C b F .E .t// E 0 .t/ dt D b R C F d sE: Rb a s/ . 1/ ds F .E .t// E 0 .t/ dt Dabei folgt die erste Identität aus der Definition des Kurvenintegrals vektorwertiger Funktionen, und die © R. Plato Abschnitt 73 Kurvenintegrale zweiter Art Identität ./ resultiert aus der mehrdimensionalen Kettenregel. Weiter ergibt sich ./ aus der Substitutionsregel (siehe Satz 47.6 auf Seite 117). Die letzten beiden Identitäten gelten per Definition (siehe (45.3) auf Seite 113 sowie (73.8) auf Seite 185). 187 Die Stammfunktion eines Vektorfeldes ist nicht nur aus mathematischer Sicht von Bedeutung. Sie liefern in den Anwendungen z. B. die Differenz der potenziellen Energien oder die Spannungsdifferenz, jeweils zwischen zwei Punkten betrachtet. M Den Beweis des folgenden für die Anwendungen bedeutsamen Resultats führt man genauso wie den von Satz 73.6. Beispiel 73.9. Das konstante Vektorfeld F .x/ E D aE für xE 2 Rd mit d 2 und einem konstanten Vektor aE 2 Rd besitzt die Stammfunktion Satz 73.7. Der Wert des Kurvenintegrals zweiter Art einer vektorwertigen Funktion entlang einer orientierten Kurve ist unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der eine gewählte Parametrisierung die Kurve durchläuft. f .x/ E D aE xE C c D a1 x1 C a2 x2 C C ad xd C c Die Arbeit, die ein Kraftfeld bei der Bewegung eines Massenpunktes entlang eines vorgegebenen Weges verrichtet, ist also unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der dieser Weg durchlaufen wird. 73.7 Potenzial, Wegunabhängigkeit 73.7.1 Einführung für xE 2 Rd (mit c 2 R konstant), wie man leicht nachrechnet. M Beispiel 73.10. Das Vektorfeld F .x/ E D a) Eine differenzierbare Funktion f W D ! R heißt Stammfunktion von F , falls rf .x/ E D F .x/ E für jedes xE 2 D gilt. Die Funktion f nennt man dann Potenzial von F . b) Man nennt die Funktion F Potenzialfeld oder konservatives Feld oder auch Gradientenfeld, falls sie eine Stammfunktion besitzt. M Hier bezeichnet rf .x/ E den Gradienten der Funktion f im Punkt xE (siehe Definition 54.5 auf Seite 131). Die Terminologie aus Teil a) der Definition 73.8 bedeutet, dass jede Stammfunktion von F ein Potenzial von F darstellt und umgekehrt. Bemerkung. Oft wird eine Stammfunktion selbst auch als Potenzial bezeichnet. Für eine Stammfunktion f eines Vektorfeldes F und jede Konstante c 2 R ist auch f C c eine Stammfunktion von F . Weitere Stammfunktionen besitzt F nicht. Anders als im eindimensionalen Fall besitzt nicht jedes stetige Vektorfeld eine Stammfunktion. Hinreichende und notwendige Kriterien für die Existenz einer Stammfunktion werden in den Abschnitten 73.7.3 beziehungsweise 73.7.5 vorgestellt. xE 2 Rd ; xE ¤ 0E ; mit d 2 ist in der Mechanik von besonderer Bedeutung (siehe nachfolgendes Beispiel). Es besitzt die Stammfunktion f .x/ E D 1=j xE j; xE 2 Rd ; xE ¤ 0E , wie man leicht nachrechnet: Ausgeschrieben gilt Wir stellen nun einige zentrale Begriffe für Vektorfelder vor. Definition 73.8. Sei F W D ! Rd eine Funktion mit einem offenen Definitionsbereich D Rd . xE ; j xE j3 1=2 f .x/ E D .x12 C x22 C C xd2 / ; und unter Anwendung der Kettenregel erhält man dann @f .x/ E @xk D 1 .x12 2 C x22 C C xd2 / D .x12 C x22 C C xd2 / 3=2 3=2 2xk xk D xk jx E j3 M für k D 1; 2; : : : ; d . 73.7.2 Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung für Vektorfelder Es folgt nun das zentrale Resultat zur Integration vektorwertiger Funktionen entlang von Kurven. Satz 73.11 (Wegunabhängigkeit). Es sei C Rd eine orientierte glatte Kurve. Weiter sei F W D ! Rd eine vektorwertige stetige Funktion, die eine Stammfunktion f W D ! R besitze, wobei D Rd eine offene Menge mit C D ist. a) Ist C nichtgeschlossen mit Anfangspunkt cE und Endpunkt dE, so gilt R C F d sE D f .dE / f .E c /: (73.13) Rb) Im Fall einer geschlossenen Kurve C gilt die Identität ıC F d sE D 0. 188 © R. Plato Teil VII Kurvenintegrale erster und zweiter Art Beweis. Sei E W Œa; b ! Rd eine stetig differenzierbare Parametrisierung von C . Die Aussage des Satzes ergibt sich nach einigen elementaren Umformulierungen: R C F d sE D D ./ Rb D a Rb a Rb a F .E .t// E 0 .t/ dt rf .E .t// E 0 .t/ dt ./ f 0 .E .t//E 0 .t/ dt D ./ D f .E .b// Rb ¯ d ® f .E .t// dt a dt f .E .a//: Hierbei stellt ./ wegen rf .x/ E > D f 0 .x/ E lediglich eine Umformulierung dar, und ./ ist eine leichte Folgerung aus der Kettenregel zur Differenziation von Funktionen mehrerer Veränderlicher (siehe Satz 55.8 auf Seite 134). Die Identität ./ folgt direkt aus dem Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung für Funktionen von einer Veränderlichen (siehe Satz 45.7 auf Seite 113). Bemerkung 73.12. a) Es stellt Satz 73.11 eine Erweiterung des Hauptsatzes der Differenzial- und Integralrechnung für Kurvenintegrale vektorwertiger Funktionen dar. Dieses Resultat liefert eine Methode zur Berechnung solcher Integrale. Umgekehrt liefert sie ebenso eine Methode zur Berechnung eines Potenzials. b) Weiter bedeutet Satz 73.11, dass inR der vorliegenden Situation der Wert des Integrals C F d sE lediglich von Anfangs- und Endpunkt der Kurve abhängt. Der konkrete Verlauf der Kurve dazwischen hat keinen Einfluss auf den Wert dieses Integrals. Man spricht dann von Wegunabhängigkeit des Kurvenintegrals und schreibt in diesem Fall auch R dE cE F d sE WD WD R dE cE R dE cE F d xE F1 dx1 C F2 dx2 C C Fd dxd WD R C ist. Mit Hilfe von Satz 73.11 auf der vorherigen Seite erhält man I D f .1; 1/ f .0; 0/ D 1 1 0 0 D 1: Auf die Berechnung der angegebenen Stammfunktion wird hier nicht eingegangen. Das ist Thema des Abschnitts 73.7.4. M 73.7.3 Notwendiges Kriterium für die Existenz eines Potenzials Wir stellen nun ein notwendiges Kriterium für die Existenz eines Potenzials vor. Satz 73.13. Besitzt ein stetig differenzierbares Vektorfeld F W D ! Rd ein Potenzial, so gilt @Fi @xj D @Fj auf @xi 1 i; j d: D; Beweis. Das folgt direkt aus dem Satz von Schwarz (siehe Satz 57.3 auf Seite 138). Ist f eine Stammfunktion von F , so gilt nach diesem Satz @Fi @xj D @2 f @xj @xi D @2 f @xi @xj D @Fj auf @xi D; 1 i; j d: Ein Beispiel zu Satz 73.13 wird in Beispiel 73.16 auf der nächsten Seite nachgereicht. Bemerkung 73.14. a) Die Aussage (73.15) bedeutet, dass die Jacobi-Matrix F 0 .x/ E von F in jedem Punkt xE 2 D symmetrisch ist. b) Aus Symmetriegründen genügt es, die Bedingungen in (73.15) für Indizes i und j mit 1 i < j d zu überprüfen. c) Die Bedingungen in (73.15) sind i. Allg. nicht hinreichend für die Existenz einer Stammfunktion (siehe Beispiel 73.17 auf der nächsten Seite). Hinreichende Kriterien werden im nachfolgenden Abschnitt betrachtet. M F d sE: Hier bezeichnet cE D E .a/ den Anfangs- und dE D E .b/ den Endpunkt der Kurve. c) Satz 73.11 gilt auch für stückweise glatte Kurven. M Beispiel. Wir berechnen im Folgenden den Wert des Kurvenintegrals (73.15) 73.7.4 Berechnung eines Potenzials Im Falle der Existenz einer Stammfunktion f W D ! R eines Vektorfeldes F W D ! Rd mit D Rd kann man diese durch geeignete Integrationen und anschließende Koeffizientenvergleiche erhalten. a) Es gilt I D R .1 ; 1 / .0 ; 0 / ydx C xdy: (73.14) Das zugehörige Vektorfeld F .x; y/ D .y; x/; x; y 2 R, besitzt die Stammfunktion f .x; y/ D xy C c , sodass das Kurvenintegral (73.14) tatsächlich wegunabhängig f .x1 ; x2 ; : : : ; xd / D R Fk .x1 ; : : : ; xk C ck .x1 ; : : : ; xk 1 ; xk ; xkC1 ; : : : ; xd / dxk 1 ; xkC1 ; : : : ; xd /; k D 1; : : : ; d: